Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg

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Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
www.lebenshilfe-vorarlberg.at          Zeitschrift der Lebenshilfe Vorarlberg | Ausgabe 1/18

     Den Aufbruch
     zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das
     braucht Mut und Unterstützung.
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
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Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
IN DIESER AUSGABE                                                  3

THEMEN                                            VORWORT

                                 SEITE

                                    4
DAS THEMA:                                        Aufbruch! Wohin? Wozu?

                                                  „Allem Neuen wohnt ein Zauber inne.“ Ja, aber bis es soweit
Aufbruch (in die Zukunft)

                                                  ist, ist es oft ein langer Weg. Denn jeder Aufbruch muss genau
                                                  geplant werden, mit einem klaren Ziel vor Augen und dem Wil-
                                                  len, Mühen und Anstrengungen auf sich zu nehmen, um die-
                                                  ses Ziel zu erreichen. Ähnlich wie bei einer Bergtour. Man
                                                  verlässt frühmorgens die Komfortzone und weiß, dass der Auf-
                                                  stieg schweißtreibend sein wird. Aber die Freude, wenn das
                                                  Ziel erreicht ist, überwiegt und treibt uns immer wieder zu
                                                  neuen Aufbrüchen an.

                                                  Die Lebenshilfe als Unternehmen, aber auch jeder einzelne
                                                  Mensch mit Behinderungen und seine Angehörigen – wir alle
                                                  sind immer wieder vor die Alternative gestellt, weiter zu ma-
                                   15             chen wie bisher oder etwas Neues zu wagen. Ob sich ein Auf-
Neu gewählte Selbstvertreter       16             bruch mit allen Unwägbarkeiten gelohnt hat, können wir erst
SCHREIB & KUNST WERKSTATT

„5 Fragen an“: Martina Rüscher     18             im Nachhinein beurteilen. Es braucht Mut, sich von alten Ge-
                                                  wohnheiten zu trennen und es macht nur Sinn, wenn man
                                                  weiß, wohin man will.
                                   19
Gastkommentar zum Trialog:         24             Denken Sie zum Beispiel an den Wechsel von einem voll be-
MAGAZIN

„Arbeit statt Beschäftigung!“                     gleiteten Wohnplatz zum selbständigen Wohnen. Oder von
Neues Erwachsenenschutzgesetz      26             einer Werkstätte zu einem integrativen Arbeitsplatz. Oder vom
                                                  früher allgemein gültigen Prinzip der Integration zum überge-
                                                  ordneten Prinzip der Inklusion. Oder nehmen Sie her, sich ein-
                                   28             fach auf neue Menschen einzulassen. Immer wieder Auf-
                                                  brüche, von denen man nicht genau weiß, ob sie gelingen.
KURZMELDUNGEN

                                                  In dieser Ausgabe unserer Zeitschrift wollen wir Ihnen unter-
                                                  schiedliche Beispiele zeigen, wo Menschen den Aufbruch ge-
                                                  wagt haben. Denn: Den Mutigen gehört die Zukunft! Wagen
                                                  wir Neues! Wagen wir den Aufbruch!
INFORMATION & BERATUNG

TERMINE                            30

                                                  Dr. Gabriele Nußbaumer
                                                  Präsidentin der Lebenshilfe Vorarlberg
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    Marlies Vigl (r.) moderierte ihren Un-
    terstützerkreis ganz selbstbewusst.

    Unten: Bezugsbegleiterin Andrea
    Peter (M.) unterstützt Marlies Vigl
    bei ihren beruflichen Zielen. Derzeit
    arbeitet Marlies Vigl in der Werk-
    stätte Götzis-Eichbühel.
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
THEMA: AUFBRUCH                                                              5

Die eigene Zukunft gestalten,
erfordert Mut
Sein Leben selbst zu gestalten, ist
für Erwachsene selbstverständlich.                        Mich hat überrascht, wie klar Marlies
Menschen mit Behinderungen, wie
Marlies Vigl, wollen das auch. Sie                        sagte, was sie will.“
brauchen dafür nur etwas mehr Un-

                                             habe ich eine Einladung gemacht und            Bregenz fahren, um meine Mutter zu be-
terstützung.

Marlies Vigl ist 48 Jahre alt und arbeitet   selbst an alle verteilt“, erinnert sich Mar-   suchen. Auch Radfahren möchte ich
in der Werkstätte Götzis-Eichbühel.          lies Vigl. Neben den drei Geschwistern         wieder üben – da ich keine Anfälle (Epi-
Werktags fährt sie mit einer Mitbewoh-       waren verschiedene Begleitpersonen             lepsie) mehr habe. Die Medikamente
nerin mit dem Bus vom Wohnhaus in der        aus der Lebenshilfe und ihre Freundin          helfen.“
Bahnhofstrasse hinauf zur Werkstätte.        Karolina Wabnig aus dem Wohnhaus
Nur montags ist sie sehr früh zu Fuß un-     beim Treffen des Unterstützerkreises           Besonders im Arbeitsbereich entstanden
terwegs in die Bäckerei Matt, wo sie Ge-     dabei. „Ich habe fast alles alleine ge-        Ideen für die Zukunft. „Marlies ist nun be-
schirr abwäscht oder mit dem Besen           macht. Annette (Omann) hat geschrie-           reit, in Firmen zu schnuppern. Das wol-
fegt: „Sie sind zufrieden mit mir. Immer     ben und Fotos gemacht. Wenn ich nicht          len wir jetzt konkret angehen. Allerdings
wenn ich komme, sagen sie ‚Hallo, freut      weiter gekommen wäre, hätte mir Walter         braucht Marlies dabei die Gewissheit,
uns, dass du da bist‘. Danach gehe ich       geholfen“, beschreibt die 48-Jährige den       dass es trotz allem Neuen auch so blei-
am Vormittag ins Loackerhuus, ins AR-        Abend. Eine Aufgabe der Gäste war es,          ben kann wie es ist. Auf dem Weg wird
Telier zum Malen.“ Für die gebürtige         sich zu überlegen was Marlies bisher für       uns auch Walter Zaponig unterstützen“,
Hörbranzerin ist es wichtig, dass alles      eine Entwicklung gemacht hat. Danach           so Andrea Peter von der Werkstätte Göt-
eine gewisse Struktur hat und Gewohn-        schrieben sie ihre Stärken und Gaben           zis-Eichbühel. Im Bereich Wohnen gibt
tes verleiht ihr Sicherheit. Trotzdem war    jeweils auf. „Es hat mir Spaß gemacht.         es die Idee der eigenen Wohnung im
sie bereit sich mehr mit ihrer „Persönli-    Und mich gefreut, dass so viel aufge-          Wohnhaus. „So wie sie meine Freundin
chen Zukunftsplanung“ (PZP) auseinan-        schrieben wurde“, so Marlies Vigl.             Karolina hat. Wenn es eine Möglichkeit
der zu setzen.                                                                              gibt, könnte ich es mir vorstellen“, sieht
„Die Anfrage kam letztes Jahr aus dem                                                       Marlies Vigl positiv in die Zukunft.
Wohnhaus. Schon länger hatten ihre Be-       Doch nicht nur für sie war der Abend
                                             Umsetzung der Ziele

zugsbegleiterinnen Ester Burtscher           etwas Besonderes, sondern auch für
(Wohnhaus) und Andrea Peter (Werk-           ihren Bruder Walter Vigl: „Zuerst konnte                      Was ist PZP?
stätte) gemeinsam geschaut, wie sie          ich mir nicht vorstellen, was mich erwar-
                                                                                              INFO
Marlies unterstützten können, ihre Angst     tet. Umso überraschter war ich als Mar-
vor Neuem zu verringern und herauszu-        lies so klar sagte, was sie will und wo wir     In der Lebenshilfe Vo
                                                                                                                      rarlberg ist
finden, was sie möchte. Mit Hilfe der        ihr helfen sollen. Früher wäre das nicht        „Zielwärts – Persönlich
                                                                                                                       e Zukunfts-
‚Persönlichen Zukunftsplanung‘ wollten       denkbar gewesen. Der Unterstützerkreis          planung“ (PZP) die zentra
                                                                                                                         le Dienst-
wir nun konkrete Zukunftsziele mit ihr er-   ist eine sehr gute Sache. Wir haben mit          leistung, wenn es um
                                                                                                                            die Le-
arbeiten“, erklärt Walter Zaponig vom        ihr konkrete Zukunftsziele formuliert und        bensgestaltung von    Me  ns ch en mit
„Zielwärts – PZP“-Team.                      wer sie wobei unterstützen wird, um das           Behinderungen geht.
                                                                                                                        Mi t  einem
                                             jeweilige Ziel zu erreichen.“                     „Unterstützerkreis“ for
                                                                                                                        mu rt die
                                                                                                                            lie
                                                                                                                           ihr Leben
                                                                                               begleitete Person Ziele für
Nach einigen Gesprächen wurde auf An-        Als nächstes ging es an die Umsetzung.
Unterstützung für die Zukunft
                                                                                                                        an der Ver-
                                                                                               und gemeinsam wird
fang Dezember ein Unterstützerkreis          Marlies Vigl begann mit einer Begleitper-         wirklichung gearbeitet.
                                                                                                                            Ein we-
vorbereitet. „Wir haben zusammen ge-         son das Fahren mit den Öffentlichen                sentlicher Bestandteil
                                                                                                                        von PZP ist
sessen und eine Präsentation gemacht         Verkehrsmitteln zu üben, um unabhän-                                  individuelle Hin-
– was ich mir zutraue, was ich auspro-       giger zu sein: „Damit ich mich wohlfühle,
                                                                                                das achtsame und
                                                                                                                      nis se der Per-
                                                                                                sehen auf die Bedürf
bieren möchte und so. Und wen ich ins        haben wir den Weg nach Dornbirn ge-                son. Und das auch für
                                                                                                                          Menschen
Loackerhuus einladen möchte. Dafür           übt. Irgendwann möchte ich alleine nach             mit hohem und höchste
                                                                                                                            m Unter-
                                                                                                 stützungsbedarf.
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                             Raphael Michler (l.) und Oliver
                             Thurnher (beide Werkstätte Fra-
                             stanz) mit Magdalena Borg.

    Kilian Zizer (l.) bringt immer die
    Pferde auf die Weide. Oder hilft
    Magdalena Borg (r.) mit den
    Schafen.

    Oben: Raphael Michler und Oliver
    Thurnher (v.l.) kümmern sich um
    die Kälber im Stall.
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
THEMA: AUFBRUCH                                                            7

Begleitung für Menschen mit
herausforderndem Verhalten
                                           eine 1:1-Begleitung notwendig. Nur so       dass wir Kontakt zu allen Familienmit-
                                           kann ich auf jeden individuell eingehen     gliedern haben – sei es zu Magdalena
Der Bauernhof der Familie Borg in

                                           und entsprechend der jeweiligen Situa-      und ihrer kleinen Tochter, ihren Eltern
Nenzing-Beschling ist für Oliver

                                           tion handeln. Beide fahren gerne mit        Christoph und Sonja oder ihren Groß-
Thurnher und Kilian Zizer ein ganz

                                           mir, mit dem Landbus von der Werk-          eltern. Alle fragen immer, ob wir was
besonderer Arbeitsort. Die beiden

                                           stätte hierher – eine Bushaltestelle ist    brauchen oder sie helfen können“, freut
Beschäftigten der Werkstätte Fra-

                                           gleich in der Nähe des Hofes.“              sich der Bezugsbegleiter.
stanz erlernen neue Fertigkeiten und
erleben Tier-Therapie auf eine indi-

                                           Am Bauernhof angekommen, ziehen             Das stetige Wiederholen der Tätig-
viduelle Weise.

In der Werkstätte Frastanz werden          sich Raphael Michler und Oliver Thurn-      keiten ist für die Beschäftigten übrigens
Menschen mit hohem Unterstützungs-         her ihre Arbeitskleidung an. Sie haben      sehr wichtig, um Routine zu bekom-
bedarf begleitet. Dabei wird viel Augen-   dafür einen eigenen Raum zur Verfü-         men. Mit der Zeit können sie so Teil-
merk auf Sorgfalt im Alltag, auf           gung. Danach werden die jeweiligen          schritte selbst erledigen und erfahren,
Angebotsvielfalt und auf die persönli-     Aufgaben besprochen und die beiden          was Selbstbestimmung ist. „Unser Ziel
che Gestaltung der Unterstützung ge-       machen sich an die Arbeit. Besonders        ist es, dass Menschen mit unterschied-
legt. Ein ganz spezielles Begleitungs-     gerne füttert Oliver Thurnher die Käl-      lichem Unterstützungsbedarf Bezug zu
angebot ist jenes auf dem Bauernhof        ber. Aber auch Ausmisten und Füttern        den Tieren aufbauen und wir ihnen
der Familie Borg. „Seit über drei Jahren   der anderen Kühe gehört dazu. „Wir          Spaß an der Arbeit vermitteln können.
kommen drei Beschäftigte der Werk-         helfen zudem bei Gartenarbeiten oder        Durch die Einbindung in den Bauern-
stätte einmal wöchentlich zu mir zur       beim Abbauen defekter Zäune. Für Ki-        hof-Alltag erfahren sie auch Anerken-
Tiergestützten Therapie mit unseren        lian Zizer ist es etwa eine fixe Aufgabe,   nung für die geleistete Arbeit und
Hoftieren. Im Sommer haben wir dann        die Pferde in den Auflauf zu begleiten.     erleben Inklusion – die selbstverständ-
die ersten Gespräche bezüglich Arbei-      Er hatte von Anfang an keine Angst vor      liche Teilhabe“, skizziert Raphael Mich-
ten am Hof geführt. Für mich stellte es    ihnen und macht das besonders gerne.        ler. Nach den ersten erfolgreichen
eine gute Alternative zur Beschäftigung    Mit Hilfe seiner Kommunikations-            Monaten, sehen alle positiv in die Zu-
in der Werkstätte dar und für uns be-      Mappe mit Symbolen erzählt er dann in       kunft und so wird ein dritter Beschäftig-
deutet es Hilfe bei den täglichen Arbei-   der Werkstätte immer voller Freude          ter bald mit seiner Arbeit am Bauernhof
ten. Meine Eltern waren immer schon        von seinen Erlebnissen am Bauern-           der Familie Borg beginnen.
sehr offen und sozial eingestellt. Daher   hof“, so Raphael Michler.
haben sie auch gleich zugestimmt“, er-
zählt Magdalena Borg, Sozialarbeiterin                                                               KONTAKT &
und ausgebildete Tier-Therapeutin. Mit     Neben fixen Tätigkeiten, die die beiden
                                           „Mitanand“ erleben
                                                                                         INFO        INFORMATION
September 2017 startete die Zusam-         alleine verrichten, hilft man der Familie
menarbeit, die rein auf gegenseitiger      zum Beispiel, die Schafe auf die Weide
Unterstützung basiert und ohne finan-      zu bringen oder gemeinsam Mais zu
                                                                                          Andreas Bartl
zielle Gegenleistungen erfolgt.            häckseln. Ein besonderes Highlight ist
                                                                                                                  r
                                                                                          Geschäftsbereichsleite
                                           für die Beschäftigten, wenn sie nach
                                                                                                                ige  n“
                                                                                          „Arbeiten & Beschäft
                                           getaner Arbeit mit dem Traktor oder
                                                                                          Tel.: 0 55 23 506-101 00

Mittlerweile arbeitet Kilian Zizer immer   dem Stapler mitfahren dürfen. „Das
Individuelle Begleitung                                                                                             .at
                                                                                          E-Mail: arbeiten@lhv.or
am Montag- und Donnerstagvormittag         Schöne an der Arbeit hier ist auch,
                                                                                                                   lberg.at
                                                                                           www.lebenshilfe-vorar
und Oliver Thurnher am Freitagvormit-
tag auf dem Bauernhof in Beschling.
Begleitet werden die beiden von Werk-
stätten-Mitarbeiter Raphael Michler:                   Sie erhalten Anerkennung für ihre
„Um beiden die volle Aufmerksamkeit
und das entsprechende Unterstüt-                       Leistung und erleben Inklusion.“
zungsangebot bieten zu können, ist
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
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Eva-Maria Strolz bespricht mit Be-
gleiterin Silke Milhalm (r.) die Auf-
gaben für die Woche.

Das Wäschewaschen hat Eva-
Maria Strolz im Wohnhaus gelernt
und das hilft ihr jetzt, es in der
eigenen Wohnung selbständig zu
erledigen.
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
THEMA: AUFBRUCH                                                             9

Selbständiges Wohnen
mit individueller Begleitung
                                              genem Mietvertrag. Zur Unterstützung          sie ab und zu noch ihre ehemaligen Mit-
                                              sind vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter    bewohnerinnen und Mitbewohner im
Ein ganz neuer Lebensabschnitt hat

                                              aus dem Bereich ‚Selbständiges Woh-           Wohnhaus.“
für Eva-Maria Strolz begonnen. Im Fe-

                                              nen‘ abwechselnd und für zwei Stunden
bruar ist sie in die erste eigene Woh-

                                              pro Tag vor Ort. Sie helfen ihr, den Haus-    Am Wochenende braucht Eva-Maria
nung in Hohenems gezogen.

In der eigenen Wohnung zu leben, war          halt zu erledigen, einkaufen zu gehen         Strolz so gut wie keine Begleitung mehr.
für Eva-Maria Strolz zunächst befremd-        oder die Freizeit zu gestalten. Falls Eva-    Sie hat sich ihre Freizeit schon gut orga-
lich. „Als man mich gefragt hat, war ich      Maria sonst mal Hilfe braucht, kann sie       nisiert und besucht regelmäßig auch ihre
nicht gleich begeistert. Ich habe dann        über die Wiese zu unserem Wohnhaus            Eltern in Lauterach. „Ich habe schon ei-
gesagt, dass ich mir die Wohnung zuerst       gehen, was ihr Sicherheit gibt“, berichtet    niges ausprobiert – wie Schwimmen
einmal anschaue und dann entscheide           Andreas Dipold, Geschäftsbereichsleiter       oder Tanzen beim Tanzhaus Hohenems.
ich“, erinnert sich die 34-Jährige. Denn      Wohnen.                                       Am liebsten würde ich Tischfußball spie-
fast 16 Jahre lang hatte sie in Wohnhäu-                                                    len, aber ich weiß nicht, ob es da einen
sern der Lebenshilfe Vorarlberg mit Be-                                                     Verein gibt. Auch koche ich ab und zu
gleitung gewohnt – zuerst in Feld-            Auch Bezugsbegleiterin Silke Milhalm          was – Kleinigkeiten. Aber Kochen und
                                              Struktur zur Orientierung

kirch-Gisingen und seit 2009 im Wohn-         aus dem Wohnhaus Kehlermähder be-             Backen kann ich. Seit ich in der Woh-
haus Dornbirn-Kehlermähder in einem           gleitet Eva-Maria Strolz in die Selbstän-     nung bin, ist Leuten schon aufgefallen,
eigenen Zimmer. „Die letzten drei Jahre
waren eine recht schwierige Zeit. Eva-
Maria ist emotional sehr feinfühlig und
wenn sie etwas nicht will, ist es schwierig               Es ist schon positiv aufgefallen, wie
das umzusetzen“, berichtet ihre Mutter
Elke Strolz. Umso erstaunter war die                      ich mich verändert habe.
ganze Familie als Eva-Maria ihnen Ende
letzten Jahres ihre Entscheidung mit-
teilte: „Die Wohnung hat mir gut gefallen,    digkeit. Zusammen haben die beiden            wie ich mich verändert habe. Und das
auch wenn noch keine Möbel drin wa-           einen Plan erstellt, der ihr eine Tages-      freut mich.“
ren. Ich habe ein Plakat gebastelt mit der    struktur vorgibt und hilft, die anfallenden
Überschrift ‚Eva zieht um‘ und Kärtchen,      Tätigkeiten nach und nach zu erledigen.
wo d’rauf stand, wann ich umziehe und         Eine davon ist etwa das Wäschewa-             Besonders ihren Eltern sind die Fort-
                                                                                            „Wir sind stolz auf sie“

wohin genau. Das habe ich dann meiner         schen: „Das habe ich schon im Wohn-           schritte aufgefallen und die Mutter er-
Familie präsentiert. Ich habe die Karten      haus gelernt. Ein Zivi hat mir auch           klärt: „Es ist schön zu sehen, wie sie sich
vorgelesen und die Kinder meiner              gezeigt, wie man ein Spannleintuch rich-      absolut positiv entwickelt hat und wir
Schwester haben sie dann jeweils aufs         tig faltet. Zum Einkaufen fahre ich ge-       sind sehr stolz auf sie! Wobei wir
Plakat geklebt.“                              nauso mit dem Bus, wie zur Arbeit zum         schauen wollen, wie es sich in Zukunft
                                              Beispiel in die Fachwerkstätte nach           entwickelt – wenn die erste Euphorie
                                              Dornbirn. Die Bushaltestelle ist gleich       vielleicht abschwächt. Die richtige Be-
Dann ging alles recht flott, da die Zwei-     vorne an der Hauptstrasse.“                   gleitung ist uns wichtig und da müssen
Umzug als Herausforderung

Zimmer-Wohnung in Hohenems mit Ter-           Silke Milhalm war eine der Befürworte-        wir erst noch Vertrauen in die neuen Be-
rasse und kleinem Gartenanteil schon          rinnen für den Umzug, da sie Potential        gleitpersonen aufbauen. Aber wir sind
bezugsbereit war. Eine Küche musste           gesehen hat, wobei „man sie schon ab          offen für ein gutes ‚Miteinander‘. Denn
bestellt, weitere Möbel ausgesucht, Ge-       und zu etwas antreiben muss, dass sie         wir sind dankbar für diese Lösung. Für
schirr sowie Waschmaschine gekauft            etwas erledigt. Allerdings ist sie in der     die Zukunft wünschen wir uns ein ganz
werden. Am 12. Februar erfolgte dann          kurzen Zeit viel selbständiger und ruhi-      normales Verhältnis mit Eva-Maria, wie
der Umzug, bei dem alle Familienmitglie-      ger geworden. Der Struktur-Plan soll ihr      mit unserer anderen erwachsenen Toch-
der tatkräftig mithalfen. „Eva-Maria ist      Sicherheit geben und dass alles gut           ter. Aber bei allem ist uns am wichtigs-
selbst Mieterin dieser gemeinnützigen         funktioniert. Auch die sozialen Kontakte      ten, dass sie glücklich ist!“
Wohnung der Wohnbauselbsthilfe mit ei-        sind besser geworden und so besucht
Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
10

     Elke Kopf (Stauden Kopf, o.) erwar-
     tet Norbert Häusle schon mit der
     Lieferung. Richard Nägele (r.) liefert
     und etikettiert die Sunnahof-Eier
     direkt im Köpflemarkt in Röthis.

                 Richard Nägele (l.) mit dem neuen
                 Lasten-Fahrrad und Dieter Stein-
                 acher (Obmann „The Friends of Nü-
                 ziders“), Fabian Nachbaur, Norbert
                 Häusle und Thomas Lampert (v.l.).
THEMA: AUFBRUCH                                                         11

„Der Sunnahof bringt’s“:
Umweltfreundlich und besonders
Fast 1.000 Kilometer haben Norbert
Häusle und Richard Nägele seit Jän-
ner mit dem neuen Lasten-Fahrrad                         Die Zustellung soll für die Beschäftigten
zurückgelegt. Auf diese umwelt-
freundliche Weise transportieren sie                     noch mehr Kontakte ermöglichen.“
hofeigene Setzlinge, Obst und Eier

                                             seither mit dem Fahrrad zum Postamt
zu Firmenkunden.

Aufbruch-Stimmung herrscht am Bio-           nach Rankweil.                              „Die Idee für die Zustellung per Lasten-
                                                                                         Spenden machten es möglich

Bauernhof der Lebenshilfe in Göfis: Ri-                                                  Rad hatte letztes Jahr einer unserer
chard Nägele ist gerade dabei die                                                        Praktikaten, der seine Ausbildung an
letzten Jungpflanzen aus der Gärtnerei       Bei der Staudengärtnerei Kopf werden        der Kathi-Lampert-Schule in Götzis ab-
                                             Im Bezirk Feldkirch unterwegs

für die Zustellung einzuladen. Mit dem       die beiden Fahrradboten und ihre Liefe-     solvierte. Durch die Zustellung sollten
Lasten-Fahrrad mit E-Motor kann er bis       rung schon erwartet. Mitarbeiter Dietmar    für die Beschäftigten noch mehr Kon-
zu 100 Kilogramm transportieren. Seit        Wehinger hilft beim Ausladen. Die Drei      takte geschaffen werden und damit ge-
Jänner ist er werktags immer am Nach-        kennen sich, da Dietmar Wehinger ein-       lebte Inklusion. Wir haben bei Ralf
mittag unterwegs: „Das Team der Gärt-        mal die Woche am Sunnahof in der            Hollenstein, dem Experten für Lasten-
nerei richtet die Kisten mit Gemüse-         Landwirtschaft arbeitet: „Immer am          Fahrräder, in Lustenau nachgefragt, es
setzlingen oder Blumen her und ich           Montag arbeite ich dort. Sonst arbeite      mittels Probe-Fahrrad ausprobiert und
lade sie dann ein. Dazu kommen noch          ich hier in der Gärtnerei – schon seit 20   dann ein eigenes über ihn gekauft“, er-
hofeigene Eier für den Köpflemarkt in        Jahren.“ Die Staudengärtnerei zählt zu      klärt Geschäftsführer Thomas Lampert.
Röthis. Wichtig ist, alles gut zu befesti-   den langjährigen Kunden des Sunnahof.       Möglich wurde die Anschaffung aller-
gen.“ Noch Schutzweste und Helm an-          „Wir fanden von Anfang an die Idee und      dings nur durch eine großzügige Spen-
ziehen und schon geht es zum ersten          das Begleitungskonzept des Sunnahof         de der „Friends of Nüziders“. „Wir unter-
Zustellungsort, der Staudengärtnerei         toll. Die Zusammenarbeit klappt seit        stützen seit vielen Jahren verschiedene
Kopf in Sulz.                                Jahren bestens und wir haben gerne die      Organisationen – darunter den Sunna-
                                             Zustellung per Lasten-Fahrrad auspro-       hof. Für die diesjährige Spende hat Tho-
Heute ist auch Norbert Häusle, der           biert. Sprit zu sparen und der Umwelt       mas Lampert das Lasten-Fahrrad vor-
zweite Fahrradbote des Sunnahof, mit         etwas Gutes zu tun, ist ein super Ziel.     geschlagen und so haben wir gerne
dabei. Normalerweise liefert er jeweils      Ich kann mir gut vorstellen, dass wir die   3.500 Euro gesponsert“, so Obmann
morgens selbst Hof-Produkte mit dem          Lieferung von einmal auf zweimal die        Dieter Steinacher. Dazu kommt noch die
Lasten-Fahrrad aus. „Wir haben zuerst        Woche ausbauen“, berichtet Elke Kopf.       Spende des langjährigen Kooperations-
eine Fahrradprüfung gemacht. Danach                                                      partners, der illwerke VKW von 500 Euro.
hat man mich gefragt, ob ich auch zu-        Dann geht es weiter zum Köpflemarkt
stellen möchte. Vorher habe ich mit          nach Röthis. Dort werden die Sunnahof-      „Aktuell trainieren wir mit weiteren Kan-
einem Rollkoffer mit Kiste Eier zuge-        Eier nicht nur zugestellt: „Schon seit      didatinnen und Kandidaten, die die
stellt. Dafür bin ich mit dem Bus gefah-     über einem Jahr erhalten wir die Sun-       Fahrradprüfung abgelegt haben. Mit
ren. Jetzt mache ich es mit dem              nahof-Eier. Seit Richard Nägele sie mit     dem zweiten, gebrauchten E-Fahrrad
Fahrrad“, erzählt der 54-Jährige, der        dem Lasten-Fahrrad jeden Mittwoch-          begleite ich sie und übe mit ihnen die
sonst im Bereich Landwirtschaft arbei-       nachmittag zustellt, bringt er auch die     Wegstrecken. Passende Regenbeklei-
tet. Zu den Kunden, die er mit Eiern be-     Preisetiketten an und sortiert die          dung macht die Zustellung bei jedem
liefert, gehören die Bäckerei Hosp           Schachteln ins Kühlregal. Das ist sehr      Wetter möglich. Durch Mundpropagan-
(Frastanz), das Antonius Haus (Feld-         angenehm und wir haben keine Arbeit         da sind schon einige Kunden dazu ge-
kirch), das Gasthaus Löwen (Feldkirch),      mehr damit“, erzählt Inhaberin Silvia       kommen. Wir versuchen auch alle
die bugo Bücherei (Göfis) oder das           Kopf. Als Dank gibt es für den Fahrrad-     möglichen internen Botengänge mittels
Gasthaus Schützenhaus (Feldkirch).           boten dann auch was zur Stärkung – ein      Fahrrad zu bewerkstelligen“, so Sun-
Aber auch die hauseigene Post bringt er      Getränk und einen Leberkäsesemmel.          nahof-Mitarbeiter Fabian Nachbaur.
12

     Siegfried Müller (r.) mit Ausbildner
     Siegfried Gächter.

     Unten: Das Tischlerei-Team (l.) fer-
     tigte verschiedene Möbel für den
     neuen Zwergengarten in Meinin-
     gen. Siegfried Müller (r.) beim Ar-
     beiten im IAZ Röthis.
THEMA: AUFBRUCH                                                          13

Ausbildung für mehr Chancen
am Arbeitsmarkt
                                           Jährige. Schnell zeigte sich, dass der       ger darf er vielleicht noch werden“, er-
                                           damals schüchterne Jugendliche sehr          zählt Ausbildner Siegfried Gächter.
Im Integrativen Ausbildungszentrum

                                           geschickt war und mehr Fähigkeiten
(IAZ) der Lebenshilfe Vorarlberg wer-

                                           auch in schulischer Hinsicht mitbrachte.     Siegfried Müller arbeitet auch gerne an
den Jugendliche mit Beeinträchti-

                                           „Die theoretische Ausbildung absolvie-       den verschiedenen Maschinen, wo er
gungen an drei Standorten und in

                                           ren die Jugendlichen bei der Teilqualifi-    zum Beispiel Holzteile für Sitzbänke für
zehn Berufsfeldern ausgebildet. Ei-

                                           kation in der jeweiligen Berufsschule –      den Zwergengarten in Meiningen zuge-
ner davon ist Siegfried Müller, der

                                           bei Sigi ist das die Landesberufsschule      schnitten hat. „Im ersten Jahr werden
kurz vor seinem Abschluss steht.

Konzentriert arbeitet Siegfried („Sigi“)   in Dornbirn. Er ist ein sehr guter Schüler   einem die Werkzeuge erklärt. Erst im
Müller an seinem Werkstück für die Ab-     und wird besonders für seinen positiven      zweiten Jahr darf man an den großen
schlussprüfung Ende Juni. Der 21-Jäh-      Einfluss auf das Klassenklima ge-            Maschinen arbeiten. Aber nur wenn
rige absolviert seit September 2015 eine   schätzt“, so die Sozialpädagogin.            man keine Medikamente nehmen muss
Ausbildung in der Tischlerei im IAZ in                                                  und auch sonst die Aufmerksamkeit
Röthis. Zu Beginn war allerdings nicht                                                  passt“, erklärt er. Etwas aufgeregt ist er
klar, ob der Jugendliche mit Beeinträch-   Zur Arbeit und in die Berufsschule fährt     schon, wenn er an die Abschlussprü-
                                           Lernen für die Zukunft

tigungen eine Ausbildung absolvieren       Siegfried Müller mit öffentlichen Ver-       fung denkt. Doch die Aussicht dann bes-
kann. „Sigi arbeitete bereits drei Jahre   kehrsmitteln. Im IAZ Röthis erhält er        sere Chancen auf einen fixen Arbeits-
an einem integrativen Arbeitsplatz, dann   eine duale Ausbildung. Für die prak-         platz zu haben, motiviert: „Ich würde
wurde die Firma geschlossen. Für ihn       tische Ausbildung stehen sowohl fach-        gerne in Bludenz in einer Tischlerei ar-
und seine Mutter war eine Ausbildung       lich qualifizierte als auch pädagogisch      beiten, wo Zirbenbetten gemacht wer-
als gute Zukunftsbasis vorstellbar. Beim   ausgebildete Begleitpersonen zur Ver-        den. Aber vielleicht kann ich dort zuerst
‚Praktischem Clearing‘ haben wir ge-       fügung.                                      ein Praktikum machen.“

                                                                                        Nach dem Abschluss hat Siegfried Mül-
           Er hat sich sehr weiter entwickelt –                                         ler drei Monate Zeit (gesetzliche Behal-
                                                                                        tefrist) einen Arbeitsplatz zu finden,
           handwerklich und persönlich.                                                 bevor er sich beim AMS melden müsste.
                                                                                        Bei der Suche wird er ebenfalls von sei-
                                                                                        nen Ausbildnern unterstützt. Die ersten
schaut, ob er die entsprechenden Fä-       Während seiner Ausbildung absolvierte        Gespräche bezüglich Jobcoaching mit
higkeiten mitbringt“, erklärt Carmen Ka-   er bereits ein Praktikum in einer exter-     der Firma „dafür“ finden demnächst statt.
ger, Sozialpädagogin des IAZ Röthis.       nen Tischlerei. Seit den Semesterferien
Beim „Praktischen Clearing“ lernen die     heißt es nun aber Lernen für die Ab-
Jugendlichen verschiedene Berufsbilder     schlussprüfung und neben den Auf-
kennen und es werden berufsspezi-          tragsarbeiten auch das praktische                          Integratives
fische Tests durchgeführt. Danach wird     Abschlussstück anzufertigen. Bei letzte-      INFO         Ausbildungs-
gemeinsam mit dem Jugendlichen, sei-       rem muss gezeigt werden, dass man                          zentrum
nen Angehörigen und in diesem Fall         die Zinken-Verbindung beherrscht.
dem Systempartner ifs (Institut für So-    Keine leichte Aufgabe, da hier eine spe-
                                                                                                                   mit Beein-
                                                                                          Etwa 60 Jugendliche
zialdienste) die weitere Vorgangsweise     ziell angefertigte Holz-Verbindung er-
                                                                                                                   an den drei
                                                                                          trächtigungen werden
festgelegt.                                stellt werden muss. „Aber Sigi wird das
                                                                                                                      iven Aus-
                                                                                          Standorten des Integrat
                                           sicher gut meistern. Er hat sich in den
                                                                                                                  Z) – IAZ Rö-
                                                                                          bildungszentrums (IA
Das „Praktische Clearing“ dauerte bei      Jahren sehr weiter entwickelt – in hand-
                                                                                                                  Hotel Viktor
                                                                                           this, IAZ Wolfurt und
Siegfried Müller drei Wochen. „Mir hat     werklicher und persönlicher Hinsicht.                            au sg eb ildet. Das
                                                                                           (Viktorsberg) –
die Arbeit in der Tischlerei am besten     Aus dem schüchternen Jungen ist ein
                                                                                                                i Au  sbildungs-
                                                                                           Angebot umfasst dre
gefallen und dann habe ich hier in Rö-     zuverlässiger und genau arbeitender
                                                                                                                  ze hn  Berufs-
                                                                                            formen und das in
this angefangen“, erinnert sich der 21-    junger Mann geworden. Etwas kritikfähi-
                                                                                                                    nte tives-
                                                                                                                        gra
                                                                                            feldern. Mehr: www.i
                                                                                            ausbildungszentrum.at
14                                                    THEMA: AUFBRUCH

Praktikum als Orientierung
für die berufliche Zukunft
                                               dern etwas zu unternehmen und Spaß              das zeigt einem, dass man die Arbeit
                                               zu haben. „Je nach Wetter unternehme            richtig macht“, freut sich Laura Häm-
Drei Monate dauert das Praktikum

                                               ich draußen etwas mit ihnen oder wir            merle. Auch sie hat sich zum Bleiben in
von Laura Hämmerle und Ines Stem-

                                               gehen hierher nach Hohenems. Ihre El-           der Lebenshilfe entschieden, allerdings
mer im Familienservice. Eine gute

                                               tern können die freie Zeit für Ge-              in der Werkstätte Götzis-Eichbühel. „Mir
Möglichkeit, Erfahrungen zu sam-

                                               schwisterkinder oder für ihre Paarbe-           hat die Arbeit dort sehr gut gefallen. Ich
meln, bevor sie in ihr zukünftiges Be-

                                               ziehung nutzen“, so Ines Stemmer. Für           werde in der Werkstätte arbeiten und
rufsleben aufbrechen.

Im Familienservice in Hohenems                 die 22-Jährige aus Nüziders sind die fle-       nebenbei noch eine Ausbildung in der
herrscht reges Treiben. Während einige         xiblen Arbeitszeiten kein Problem und           Kathi-Lampert-Schule machen.“
Kinder im Bällebad toben, sind Laura           daher hat sie sich zum Bleiben entschie-
Hämmerle und Ines Stemmer mit Maxi-            den: „Ich mag es, mit Menschen mit Be-
milian dabei, den Gymnastikball zu tes-        hinderungen zu arbeiten und kreativ die         Im Fokus des Familienservice steht, den
                                                                                               Unterstützung für die ganze Familie

ten. Die beiden jungen Frauen ab-              Zeit mit ihnen zu gestalten. Es gefällt mir     Eltern eine Unterstützung anzubieten,
solvieren seit März ihr Praktikum beim         auch, sie dabei zu unterstützen, selb-          die sich nach ihren individuellen Be-
Familienservice der Lebenshilfe Vorarl-        ständiger zu werden. Da der Familien-           dürfnissen richtet und dem sie absolut
berg. Dieses ist Teil ihrer Ausbildung in      service auch einen Standort in Bat-             vertrauen können. Angeboten wird indi-
der Schule für Sozialbetreuungsberufe          schuns hat, werde ich dort erstmal am           viduelle Begleitung für Kinder, Jugend-
(SOB) in Bregenz, wo sie Ende Juni ihr         Samstag die Wochenend-Gäste beglei-             liche sowie Erwachsene mit Behinde-
Diplom im Bereich „Familienarbeit“ ab-         ten und auch direkt Familien zuhause            rungen. Dabei unterstützt das Team di-
solvieren. „Während unserer Ausbildung         unterstützen.“                                  rekt in der Familie – also zuhause – und
müssen wir einige Praktika absolvieren,                                                        außerhalb der Familie. Für die Beglei-
wie etwa im Familienbereich. Da ich                                                            tung an den Wochenenden oder in der
schon ein Praktikum in der Werkstätte          Beide haben neue Erfahrungen im                 Ferienzeit stehen dem Familienservice
                                               Arbeit wird geschätzt

Götzis-Eichbühel gemacht habe, wollte          Praktikum gemacht, wie etwa das Ver-            zwei Standorte zur Verfügung: Bat-
ich im Familienservice diesen Bereich          trauen der Eltern zu gewinnen. Aber             schuns und Hohenems. Zudem gibt es
abdecken“, erzählt die 21-jährige Laura        auch den richtigen Umgang mit den Kin-          ein umfangreiches Angebot an Freizeit-
Hämmerle. Besonders das selbständige           dern aus Verständnis und Konsequenz             aktivitäten. Mehr unter www.lebenshilfe-
Arbeiten sagen ihr und Ines Stemmer            zu üben. „Es braucht schon Geduld und           vorarlberg.at/mobile_dienste
sehr zu. Beide begleiten jeweils zwei          man muss immer schauen, was die Kin-
Familien mit ihren Kindern zuhause. Zu         der gerade machen. Von den Eltern er-
ihren Aufgaben gehört es, mit den Kin-         fahren wir große Wertschätzung und

Ines Stemmer und Laura Hämmerle (v.l.) absolvieren beim Familienservice ihr Praktikum. Mit Maximilian (r.) probieren sie das Klangspiel aus.
15

SCHREIB & KUNST                                                                                          Die „SCHREIB & KUNST WERK-
                                                                                                         STATT“ wird in Wort und Bild von
                                                                                                         Menschen mit Behinderungen ge-

WERKSTATT                                                                                                staltet. Lassen Sie sich überra-
                                                                                                         schen.

Selbstvertretung auf einem
NEUEN Weg
                                                     Michaela Wagner-Braito und Georg                    häuser zu besuchen, werden wir wieder
                                                     Matzak, Geschäftsbereichsleiter Mobile              vermehrt ankurbeln. Das ist sehr
Seit Ende Februar 2018 gibt es wie-

                                                     Dienste, dabei.                                     wichtig, damit wir Kontakt zu allen Men-
der neu gewählte Selbstvertreter in

                                                     Nun was Hartwig Lorenz betrifft: Er hat             schen mit Behinderungen haben. Im
der Lebenshilfe Vorarlberg. Endlich

                                                     vorher noch gar nichts mit der Selbst-              Gespräch erfahren wir ihre Anliegen.
wieder ein 4er-Team, welches ver-

                                                     vertretung zu tun gehabt – ist also ein
suchen möchte, für andere Men-

                                                     Neuling in dem Bereich. Aber das macht
schen mit Behinderungen da zu sein.

Wer sind die neuen Selbstvertreter?                  gar nichts – im Gegenteil!                          Im Juni werden wir 4 Selbstvertreter und
                                                                                                         Was steht noch an?

Klaus Brunner (47 Jahre), Robert Wil-                                                                    der gesamte Selbstvertreter-Beirat der
helm (40 Jahre), Siegfried Glössl (58                                                                    Lebenshilfe bei einem Kongress in Wien
Jahre) und Hartwig Lorenz (50 Jahre).                Vieles! Uns ist unter anderem das                   dabei sein. Da 2017 schon das 2. „Fest
                                                     Was wollen wir alles bewegen?

Gerne stelle ich euch die beiden Neuen               Thema Barrierefreiheit in jeder Form                der Inklusion“ über die Bühne ging und
im Team vor: Robert Wilhelm bringt                   sehr wichtig. Seien es die baulichen                dieses sehr gut angekommen ist, wür-
schon einige Erfahrungen mit ins                     Barrieren, die Barrieren in den Köpfen              den wir es sehr gerne für 2019 wieder
Selbstvertungs-Team. Denn zum einen                  oder die sprachlichen Barrieren. Der                organisieren. Das wird wieder eine Her-
ist er Werkstattsprecher im Loackerhuus              letzte Punkt wird oft vergessen. Leichte            ausforderung, da dies sehr viel Zeit in
in Götzis und zum anderen ist er Selbst-             Sprache ist für alle Menschen wichtig,              Anspruch nimmt. Aber das ist noch nicht
vertretungs-Beirat der Lebenshilfe Vor-              besonders aber für Menschen mit ho-                 alles. Auch Gespräche mit Politikerinnen
arlberg, welcher sich 3 Mal im Jahr trifft.          hem Unterstützungs-Bedarf. Unsere                   und Politikern sind vorgesehen. Wir
Hier sind auch Geschäftsführerin                     Aufgabe, die Werkstätten und Wohn-                  wollen ihnen Verbesserungsvorschläge
                                                                                                         in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit
                                                                                                         machen. Damit es den Menschen mit
                                                                                                         Behinderungen besser geht. Warum
                                                                                                         sind wir so dahinter? Wir wissen eben
                                                                                                         selbst am besten, was wir benötigen
                                                                                                         und was nicht!
                                                                                                                                  Klaus Brunner
                                                                                                                                  Selbstvertreter

                                                                                                                       KONTAKT &
                                                                                                           INFO        INFORMATION
                                                                                                           Klaus Brunner
                                                                                                           Selbstvertreter
                                                                                                                                     3
                                                                                                           Tel.: 0 55 23 506- 100 50
                                                                                                                               etung @lhv.or.at
                                                                                                           E-Mail: selbstvertr
                                                                                                                                   g (au ßer am
                                                                                                           Erreichbarkeit: Monta
                                                                                                                                   g
                                                                                                            Nachmittag) bis Freita
Vorne: Klaus Brunner (l.) und Hartwig Lorenz (r.). Hinten: Robert Wilhelm (l.), Siegfried Glössl (r.).
16                                             SCHREIB & KUNST WERKSTATT

Peer-Beratung:
Wo kann ich euch weiterhelfen?
                                                möchten, sind bei mir ebenfalls richtig.        Freizeitgestaltung weiterhelfen, über
                                                Beim Fahr-Training begleite ich die             den Kultur-Pass informieren und Fahr-
Als Peer-Beraterin konnte ich in den

                                                Person mit dem Bus oder dem Zug,                Begleitung anbieten. Die Beratung ist
letzten 2 Jahren schon einigen Men-

                                                zum Beispiel zu Vereinen, anderen Le-           übrigens kostenlos. Wann und wie ihr
schen mit Behinderungen weiter-

                                                benshilfe-Standorten oder einer Ver-            mich erreichen könnt, erfahrt ihr in der
helfen. Sie kamen mit unterschied-

                                                anstaltung. Damit sie es lernen und             roten Kontakt-Box unten.
lichen Fragen zu mir.

Menschen mit Behinderungen konnte               einmal selbständig können.
ich seit 2015 schon bei Problemen am
Arbeitsplatz helfen oder Tipps für die
Freizeitgestaltung geben. Auch be-              Für 2018 plane ich auch wieder, re-
                                                Aktuelle Beratungs-Angebote                                                 Cindy Eksarhos

gleite ich seit einiger Zeit einen jungen       gelmäßig Besuche in Wohnhäusern
                                                                                                                            Peer-Beraterin

Mann aus Bregenz. Wir fahren zusam-             und Werkstätten zu machen. Als erstes
men mit dem Zug nach Götzis in die              werde ich das Wohnhaus in Feldkirch-
Volkshochschule zum Deutschkurs.                Gisingen besuchen und danach das
Nach dem Kurs begleite ich ihn wieder           Wohnhaus in Götzis. Bei den Be-                                KONTAKT &
nach Hause.                                     suchen biete ich Hilfe bei allen mög-
                                                                                                  INFO         INFORMATION
                                                lichen Problemen an, wie zum Beispiel
                                                Lebensqualität, Trauer, Wut oder wel-
Aber ich biete nicht nur Fahr-Be-               che Möglichkeiten es zur Selbsbe-
Expertin für viele Themen                                                                         Cindy Eksarhos

gleitung an. Ich bin auch Expertin in           stimmung gibt. Wenn ich vor Ort bin,
                                                                                                  Peer-Beratung

„leichter Sprache“, kenne mich beim             stelle ich mich und meine Arbeit zuerst
                                                                                                  Tel.: 0 55 23 506-100 57
                                                                                                                           lhv.or.at
Kultur-Pass, Krankenhaus-Pass und               immer vor. Dann zeige ich Menschen
                                                                                                  E-Mail: cindy.eksarhos@

Behinderten-Ausweis aus. Wenn ihr               mit Behinderungen („Peers“) und ihren                                       Überblick:
also so einen braucht, kann ich euch            Begleiterinnen sowie Begleitern mein
                                                                                                   Beratungs-Zeiten im
                                                                                                                               g,
                                                                                                   Wann: Montag bis Freita
Informationen dazu geben. Auch kenne            Peer-Beratungs-Plakat. Das Plakat                                          er  na ch tele-
ich mich in der Lebenshilfe Vorarlberg          erkläre ich ihnen auch. Ich rede mit den
                                                                                                   8.00 bis 12.00 Uh r, od
                                                                                                                             .
gut aus und kann euch die Zuständigen           „Peers“ und den Begleitpersonen. Zum
                                                                                                   fonischer Vereinbarung

zum Beispiel für „Persönliche Zukunfts-         Schluss gebe ich allen eine Visiten-                Wo: Lebenshilfe Vorarlbe
                                                                                                                             rg,
planung“, Arbeiten oder Wohnen nen-             Karte und ein Informations-Blatt.                                           s,
nen. Personen die Hilfe bei der Be-             In diesem Jahr möchte ich besonders
                                                                                                    Büro von Cindy Eksarho
                                                                                                    Gartenstrasse 2, Götzis
nützung der öffentlichen Verkehrsmittel         Menschen mit Behinderungen bei der

Cindy Eksarhos (l.) besucht auch Lebenshilfe-Standorte. Hier im Gespräch mit Silvia Kupfer (r.) in der Werkstätte Dornbirn-Riedgasse.
SCHREIB & KUNST WERKSTATT                                                               17

Behindert sein oder behindert
werden – das ist hier die Frage

Dominic Gessner (l.) schreibt ab sofort für die „Schreib und Kunst Werkstatt“ der Lebenshilfe-Zeitschrift. Oben: Dominic (r.) ist gemeinsam mit
Vera Reinckens und Karl Ludwig Nachbaur Werkstatt-Sprecher im Kleinwalsertal. Rechts: Die Arbeitsgruppe der Werkstätte Kleinwalsertal.

                                                 vielen Fähigkeiten, der aber manchmal            Katalog alle kennen und vor allem auch
                                                 von der Gesellschaft behindert wird.             die richtigen Bezeichnungen im Alltag
Vor meinem Unfall benutzte auch ich

                                                 Mir ist aber auch klar, dass es manch-           verwenden würden.
das Wort „Behinderte“ ein wenig

                                                 mal Bezeichnungen für eine bestimmte
abfällig. Ich machte mir keine Ge-

                                                 Personengruppe braucht, damit ein-               Wir im Kleinwalsertal haben zum
danken darüber, wie sich das für an-

                                                 deutig ist, über wen gesprochen wird.            Beispiel eine Arbeitsgruppe, in der wir
dere vielleicht anfühlt, als behindert

                                                 Für mich passt „Menschen mit Beein-              unter anderem über dieses Thema der
bezeichnet oder abgestempelt zu

                                                 trächtigungen“ am besten.                        richtigen Begrifflichkeiten reden. Viel-
werden.

Aber nach meinem Unfall bin ich jetzt                                                             leicht ist das ja auch eine Anregung für
doch ein bisschen sensibilisiert für das                                                          andere Standorte der Lebenshilfe Vor-
Thema. Für mich hört sich das wie ein            Ich würde mir wünschen, dass man mit             arlberg, eine solche Arbeitsgruppe ins
                                                 Achtsamer Umgang

Schimpfwort an. Es stört mich, wenn              den Begriffen achtsamer umgeht, sie              Leben zu rufen.
man mich als „Behinderten“ bezeich-              vorsichtiger verwendet. Es gibt in der
net. Weil ich ja dann darauf reduziert           Lebenshilfe Vorarlberg einen Begriffe-
werde. Ich bin aber doch in erster Linie         Katalog, in dem steht, was geht und
ein Mensch. Und dazu noch einer mit              was nicht. Es wäre schön, wenn den
                                                                                                                           Dominic Gessner
                                                                                                                         Redaktionsmitglied
18                                         SCHREIB & KUNST WERKSTATT

5 Fragen an:
Martina Rüscher
Seit Ende Jänner ist Martina Rüscher
Landtagsvizepräsidentin. In den Auf-
gabenbereich der 45-Jährigen fallen
seither auch die Anliegen von Men-
schen mit Behinderungen. Ganz klar,
dass Klaus Brunner, Cindy Eksarhos
und Dominic Gessner mehr darüber
wissen wollten.

Wollten Sie schon immer Landtags-

Nein, da ich eigentlich Tirolerin bin und
vizepräsidentin werden?

erst durch meinen Mann nach Andels-
buch gekommen bin. Aber für mich war
von Anfang an klar, dass ich mitgestal-
ten möchte. Dann kam vor 18 Jahren
die Anfrage für die Gemeindevertretung
und seit 2014 bin ich auch Abgeordnete
im Landtag. Als Gabriele Nußbaumer
Ende 2017 ihr Amt zurücklegte, habe ich
mich gefreut, dass ich als Nachfolgerin
                                            Dominic Gessner, Klaus Brunner, Martina Rüscher und Cindy Eksarhos (v.l.). im Landtagssaal.

in Frage komme. Doch damit war noch         tiviert mich, wie sie das Leben positiv         reden. Dies geschieht im Land bereits
nicht alles fix, da ich noch von 36 Abge-   sehen und es macht Mut, auch bei                durch den Monitoring-Ausschuss, wo
ordneten gewählt werden musste. Die         Rückschlägen wieder weiterzumachen.             sie mit kontrollieren, ob ihre Rechte ein-
Angelobung war ein ganz besonderer                                                          gehalten werden. Aus meiner berufli-
Moment und auch das Vertrauen, das                                                          chen Erfahrung in der Öffentlichkeits-
mir entgegengebracht wurde. In meinen                                                       arbeit weiß ich aber, dass besonders
                                            Wie sieht Ihre persönliche Erfahrung

Aufgabenbereich fallen seitdem The-         Seit vielen Jahren unterstütze ich den          beim Thema Barrierefreiheit Betroffene
                                            mit Inklusion aus?

men zu Gesundheit, Frauen, Kinderbe-        Verein „Integration Vorarlberg“. Zudem          einbezogen werden sollten. Denn nur
treuung und Menschen mit Behin-             habe ich als Kommunikations-Beraterin           sie wissen, was sie wirklich brauchen
derungen.                                   etwa beim Chancenpreis des Landes               und auch Sinn macht.
                                            mitgearbeitet. Im Alltag fehlt leider oft die
                                            Möglichkeit, mit Menschen mit Behinde-
                                            rungen in Kontakt zu treten und so gibt
Was ist Ihnen in Bezug auf Menschen                                                         Wo sehen Sie die Herausforderung

Die Anliegen von Menschen mit Behin-        es Berührungsängste. Daher war es für           In der Gesellschaft gibt es immer mehr
mit Behinderungen wichtig?                                                                  für die Zukunft?

derungen sind mir sehr wichtig. Meine       mich wichtig, dass meine drei Kinder            Neid, Ängste, etc., die das friedvolle Mit-
Vorgängerin hat schon viel erreicht, wie    von Anfang an eine Integrationsklasse           einander erschweren. Daher sollten wir
etwa den Krankenhaus-Pass oder in           besuchen. Sie haben gelernt, sich ge-           mehr hinhören und nachfragen. Die
Bezug auf leichte Sprache. Das soll gut     genseitig zu helfen und dass auch je-           Herausforderung für die Zukunft ist also,
fortgeführt werden. Besonders möchte        mand mit einer Beeinträchtigung etwas           ein gutes Miteinander aktiv zu leben.
ich mich für selbständiges Wohnen und       besser kann als sie selbst. Ganz selbst-        Dafür ist es unter anderem wichtig, dass
Arbeiten sowie ein persönliches Budget      verständlich ist für sie heute, den Men-        Menschen mit Behinderungen direkt
einsetzen. Die Unterstützung soll 1:1 bei   schen zu sehen und nicht seine Be-              sagen, was sie wollen und wo es Pro-
der Person ankommen. Mich beein-            einträchtigungen oder seine Herkunft.           bleme gibt. Auch der Vorarlberger Moni-
drucken immer wieder Begegnungen                                                            toring-Ausschuss sollte noch weiter
und persönliche Geschichten – egal ob                                                       ausgebaut werden, damit noch mehr
die Beeinträchtigung aufgrund eines         Menschen mit Behinderungen sollten              Menschen mitreden können.
                                            Wo sollten wir mitreden dürfen?

Unfalls oder seit Geburt besteht. Es mo-    bei allen Themen, die sie betreffen mit-
MAGAZIN                                                                        19

Neu: Professionelles Deeskalations-
management (ProDeMa®)
                                           sieben Deeskalationstrainerinnen und             soll dadurch die Begleitung noch per-
                                           -trainer mit den Schulungen unserer              sonenbezogener gestaltet und auf die
In der Lebenshilfe Vorarlberg gibt es

                                           Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter be-             individuellen Bedürfnisse eingegangen
seit einigen Jahren die „Arbeits-

                                           gonnen. Organisiert werden diese von             werden. Zudem sollen die begleiteten
gruppe (AG) Gewaltschutz“, die sich

                                           unserer Lebenshilfe-Akademie“, so der            Personen sensibilisiert werden, so
mit Problemen und Fragen rund um

                                           Geschäftsbereichsleiter.                         dass sie selbst Konflikte besser erken-
das Thema Gewalt und Prävention

                                                                                            nen und entsprechend Hilfe bei Be-
beschäftigt. Für die Geschäftslei-

                                           Bei den dreitägigen Schulungen kön-              zugspersonen einholen“, berichtet
tung stellt das Thema Deeskalation

                                           nen maximal 16 Begleitpersonen teil-             Georg Matzak abschließend.
und Gewaltschutz eine primäre Hal-

                                           nehmen. Inhaltlich werden die „7 De-
tungsfrage dar.

Daher entschloss man sich 2017 für die     eskalationsstufen“ anhand von Theo-
Einführung des professionellen Dees-       rie, Übungen, Videoanalyse und freien
kaltionsmanagements nach den Grund-        Szenen vermittelt. Dazu ist angedacht,
lagen des Instituts ProDeMa® für die       dass immer das gesamte Team eines
                                                                                                             KONTAKT &
                                                                                              INFO
Lebenshilfe Vorarlberg GmbH und die        Standortes geschult wird. Damit das                               INFORMATION
Sunnahof GmbH. Zwei Mitglieder der         möglich ist, werden zwei bis drei
Geschäftsleitung, darunter Geschäfts-      Durchgänge nötig sein, die nicht weit               Georg Matzak
bereichsleiter Georg Matzak, absolvier-    auseinander liegen.                                 Geschäftsbereichsleite
                                                                                                                           r
ten zuerst am Institut die praxisnahe                                                          Mobile Dienste
Ausbildung zum Deeskalationstrainer.                                                           Tel.: 0 55 23 506-103 00
„ProDeMa® ist ein umfassendes, pra-        Ziel ist es, allen Mitarbeiterinnen und
                                           Umsetzung im Alltag
                                                                                                                               .at
                                                                                               E-Mail: beratung@lhv.or
xisorientiertes und evaluiertes innerbe-   Mitarbeitern den richtigen Umgang in                              sh ilfe -vo rar lbe rg.at
                                                                                               www.leben
triebliches Präventions-, Handlungs-       Alltagssituationen zu vermitteln und wie
und Trainingskonzept im Zusammen-          sie Konflikte bereits im Vorfeld erken-
hang mit dem Thema Gewaltschutz.           nen und so verhindern können. „Auch
Die Einführung dieses Konzepts an
allen unseren Standorten ist ein weite-
rer wichtiger Meilenstein auf dem Weg
zu einem umfassenden Gewaltschutz-
konzept und der Verbesserung der Le-
bensqualität von begleiteten Personen
– besonders jener mit aggressiven
und/oder herausfordernden Verhal-
tensweisen“, erklärt Georg Matzak.

Um nun einen flächendeckenden und
Schulungen für Begleitpersonen

fachlich fundierten Umgang an den Le-
benshilfe-Standorten zu gewährleisten,
haben sechs weitere Trainerinnen und
Trainer, ihre ProDeMa-Ausbildung mit
Ende April 2018 abgeschlossen. „Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wur-
den nach einem definierten Anforde-
rungsprofil ausgesucht und stammen
aus den Bereichen Wohnen, Arbeiten,
Mobile Dienste und dem Sunnahof. Ei-
nige davon waren schon Mitglied in der
AG Gewaltschutz. Mit Mai haben nun
                                           Die DeeskaltionstrainerInnen der Lebenshilfe (v.l.): Erik Schwabe, Ulrike Schallert, Rupert
                                           Breuß, Benno Scherrer, Georg Matzak, Birgit Loacker und Judith Zankl.
20                             DAS INTERVIEW

Gibt es in der Lebenshilfe Österreich
auch einen Angehörigen-Beirat?
                                                                  und kann auch die Einrichtung von Pro-
                                                                  jektgruppen empfehlen, um effizient Er-
                      Missverständnisse entstehen meist
Interview mit
                                                                  gebnisse zu erzielen. Ein Thema, das
                      nicht, weil es verschiedene Ansich-

                                                                  den Beirat immer wieder beschäftigt, ist
                      ten gibt, sondern, weil man sich der
Andrea Feuerstein
                                                                  das „Loslassen“, wenn Kinder mit Be-
                      anderen Ansicht nicht bewusst ist.

                                                                  hinderungen erwachsen werden.
                      Kommunikation und Austausch sind
                      hier die tragende Brücke, um zu ver-

                                                                  Als Vertretung der Lebenshilfe Vorarl-
                      mitteln.
Vorsitzende des
                      Um verschiedene Sichtweisen und Er-         berg agiert Andrea Feuerstein (Ange-
Angehörigen-Beirats   fahrungen einzuholen und diese bei          hörige) im Beirat. Im Interview gibt sie
                      Entscheidungen zu berücksichtigen,          einen Einblick in die Funktion und die
der Lebenshilfe       führt die Lebenshilfe Österreich einen      Handlungen des Gremiums.
                      Angehörigen-Beirat mit Vertretungen
Vorarlberg            aus den verschiedenen Bundeslän-
                      dern. Ihr Vorsitzender ist auch einer der
                                                                  Wie sehen Ihre Aufgaben und Ver-

                      drei Vizepräsidenten der Lebenshilfe        In Vorarlberg gibt es seit vielen Jahren
                                                                  antwortlichkeiten als Beirat aus?

                      Österreich. Das Gremium der Angehö-         einen Angehörigen-Beirat des Lebens-
                      rigen tagt viermal im Jahr.                 hilfe Vereins mit vier bis acht Mitglie-
                                                                  dern, der aktuelle Themen aufgreift und
                                                                  bearbeitet. Als Vorsitzende bin ich auch
                                                                  im Vorstand der Lebenshilfe Vorarlberg
                      Der Angehörigen-Beirat hat im We-

                        die beratende und unterstützende          vertreten und bringe dort die bearbeite-
                      sentlichen zwei Aufgabenbereiche:

                        Funktion bei der Entscheidungsfin-        ten Themen ein.
                        dung des Bundesverbandes
                        die Erarbeitung von Themen, die           Als Mutter einer 30-jährigen Tochter mit
                        Angehörige unmittelbar betreffen          hohem Unterstützungsbedarf kann ich
                                                                  meine Erfahrungen aus Angehörigen-
                      Die beratende und unterstützende            sicht einbringen. Genauso wichtig sind
                      Funktion kommt vor allem bei grund-         mir Gespräche mit anderen Angehöri-
                      sätzlichen und strategischen Themen         gen, um einen möglichst breiten Zu-
                      zum Tragen. Der Beirat empfiehlt dem        gang zu aktuellen Themen zu erhalten.
                      Präsidium die gegebenenfalls not-           Voraussetzung für ein konstruktives
                      wendige Bereitstellung von Ressour-         Mitwirken im Angehörigen-Beirat Öster-
                      cen (Arbeitszeit, Sachaufwendungen)         reich ist dabei die Trennung von eige-
DAS INTERVIEW                                                        21

nen Interessen und denen anderer An-       gen und Themenforen, wie zum Bei-
gehöriger.                                 spiel jenes am 16. Mai unter dem Titel
                                           „Menschen mit hohem Unterstützungs-
Wo sehen Sie die Herausforderun-           bedarf“ in Salzburg.
gen und Chancen des Angehörigen-

Angehörige haben eines gemeinsam:
Beirats für die Lebenshilfe?               Kann man schon einen Ausblick auf

im Fokus steht immer das Wohl des ei-
                                           zukünftige Aktivitäten geben? Wenn

genen Kindes, der Schwester oder des       Kernthemen sind Gesundheit, Kran-
                                           ja, was sind die Kernthemen?

Bruders. Hier liegt naturgemäß viel        kenhausaufenthalt, Prophylaxe, Se-                   Mitglieder des
Herzblut und viel Engagement darin,        xualität, Gewalt und der große Bereich    INFO       Angehörigen-
gemeinsam das Bestmögliche zu errei-       „Wohnen“. Besonders bereichernd ist                  Beirates
chen.                                      die Kommunikation im jährlichen Tria-
                                           log von Angehörigen, Menschen mit
                                                                                                                      nder
                                                                                      Bernhard Schmid, Vorsitze
Besonders wertvoll ist in diesem Zu-       Behinderungen und Fachkräften. Hier
                                                                                                                 tes  / Vi-
                                                                                      des Angehörigen-Beira
sammenhang der Austausch unter An-         können nachhaltig gute Veränderun-
                                                                                                                   ilfe
                                                                                      zepräsident der Lebensh
gehörigen und auch mit Selbstvertre-       gen passieren.
                                                                                                                     är der
                                                                                      Österreich, Generalsekret
terinnen bzw. Selbstvertretern – die be-                                              Lebenshilfe Wien
sondere Form der Empathie und das
                                                                                                                    ol
                                                                                       Werner Andergassen, Tir
Sich-Öffnen für neue, andere Sichtwei-
                                           Zu welchen Themen und wie kann                                              rreich
                                                                                       Christa Buchne  r,  Ob erö ste
sen. Angehörige sind gleichberechtigte
                                           man mit dem Angehörigen-Beirat                                            lbe rg
                                                                                       Andrea Feuerste    in, Vorar
Partnerinnen bzw. Partner im Dialog        Meiner Erfahrung nach gibt es immer
                                           Kontakt aufnehmen?
                                                                                                               ma  rk
                                                                                       Werner Franz, Steier
mit dem Vorstand und gestalten die Zu-     wieder drängende Themen oder auch           Evis Halo, Salzburg
kunft der Lebenshilfe mit.                 Probleme, die die Gruppe der Men-
                                                                                                                       urg
                                                                                       Hannelore Luschan, Salzb
                                           schen mit Behinderungen und damit
                                                                                                                      ntin
                                                                                        Ruth Oblak, Vize-Präside
                                           Angehörige betreffen und gelöst wer-         Kärnten
                                           den wollen.
Welche Themen beschäftigen mo-                                                                                        sidentin
                                                                                        Friederike Pospischil, Prä
Derzeit arbeiten wir an: Co-Behinde-
mentan den Angehörigen-Beirat?
                                                                                        Niederösterreich
rungen, Gesundheit und medizinische        Gerne greifen wir auch konkrete Anfra-
                                                                                                                         Ober-
                                                                                         Helga Scheidl, Präsidentin
Versorgung, lebenslanges Lernen und        gen auf. Dafür nehmen Sie bitte mit           österreich
dem neuen Erwachsenenschutzgesetz.         Georg Matzak, Geschäftsbereichsleiter         Brigitta Weiss, Wien
                                           Mobile Dienste der Lebenshilfe Vorarl-
Zudem hat der Beirat eine Veranstal-       berg, unter Tel.: 0664 500 55 35 oder
tungsreihe mit dem Titel „Achtung-fer-     mit mir (Andrea Feuerstein) unter Tel.:
tig-loslassen“ ausgearbeitet. Hierbei      0664 181 91 68 Kontakt auf.
geht es um das Thema „Loslassen“,
wenn Kinder mit Behinderungen er-
wachsen werden. Wir besuchen auch
Standorte mit Vorbildwirkung und betei-
ligen uns an österreichweiten Tagun-
22                                                             MAGAZIN

Europäischer Freiwilligendienst:
Austausch der Kulturen
                                                 gelernt.“ Nach dem Medizin-Studium               EFD-Programm eine Bereicherung:
                                                 wollte Johanna Kučerová aus Tsche-               „Die jungen Menschen aus unter-
Seit 2011 nehmen der Sunnahof und

                                                 chien neue Erfahrungen machen: „Ich              schiedlichsten Kulturen ermöglichen
das Loackerhuus Europäische Frei-

                                                 mag keine großen Städte. Das Sun-                uns und den Beschäftigten neue Erfah-
willige bei sich auf. Jeweils Anfang

                                                 nahof-Projekt hat mir gut gefallen und           rungen. Manchen gefällt es so gut, dass
September startet der Europäische

                                                 nun arbeite ich in der Landwirtschaft.“          sie bei der Lebenshilfe bleiben.“
Freiwilligendienst (EFD) für ein Jahr.

Am Sunnahof in Göfis arbeiten und
wohnen die Freiwilligen direkt vor Ort,          An den Wochenenden treffen sich die
wie etwa Florent Mahieu (28) aus Lille           drei mit ihrer Kollegin Diāna Stilve. Die        Der Europäische Freiwilligendienst ist
                                                                                                  Für gemeinnützige Projekte

in Frankreich: „Ich wollte Soziales und          20-Jährige macht in Lettland eine Aus-           Teil des EU-Programms „Erasmus+:
Landwirtschaft – aus persönlichen Er-            bildung im Sozialbereich: „Ich habe              Jugend in Aktion“. Er bietet die Mög-
fahrungen – kombinieren. Daher war               mich für mehrere EFD-Projekte bewor-             lichkeit, für zwei Monate bis zu einem
der Sunnahof perfekt für mich. Seit              ben, um ein neues Land kennenzuler-              Jahr ins Ausland zu gehen und sich in
letztem September bin ich hier und               nen. Dann bekam ich die Zusage vom               einem gemeinnützigen Projekt zu en-
meine Erwartungen wurden übertrof-               Loackerhuus. Es ist sehr schön hier –            gagieren. Als ehrenamtliche Helferin-
fen.“ Aus Paris stammt Marie Hiver               vor allem die Berge. Das Team und die            nen und Helfer arbeiten sie etwa bei
(23): „Ich hatte noch keine Erfahrung            Beschäftigten sind sehr nett. Ich wohne          lokalen Behörden oder Non-Profit-Or-
im Sozialbereich und will das hier im            im Kolpinghaus in Dornbirn und fahre             ganisationen im Jugend-, Sozial-, Kul-
Gastro-Bereich ändern. Im wöchentli-             mit dem Zug nach Götzis.“                        tur- oder Umweltbereich.
chen Kurs habe ich schon gut Deutsch             Auch für Leiter Herbert Fenkart ist das

                                                                        Diāna Stilve (EFD, l.) mit Heike Herda in der Werkstätte des Loackerhuus.

Florent Mahieu, Johanna Kučerová und Marie Hiver (alle EFD, v.l.). Rechts: Florent Mahieu mit Michael Gstrein und Andreas Schneider (v.l.).
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