Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung - Lebenshilfe Vorarlberg
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www.lebenshilfe-vorarlberg.at Zeitschrift der Lebenshilfe Vorarlberg | Ausgabe 1/18 Den Aufbruch zu wagen, um sein Ziel zu erreichen, das braucht Mut und Unterstützung.
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IN DIESER AUSGABE 3 THEMEN VORWORT SEITE 4 DAS THEMA: Aufbruch! Wohin? Wozu? „Allem Neuen wohnt ein Zauber inne.“ Ja, aber bis es soweit Aufbruch (in die Zukunft) ist, ist es oft ein langer Weg. Denn jeder Aufbruch muss genau geplant werden, mit einem klaren Ziel vor Augen und dem Wil- len, Mühen und Anstrengungen auf sich zu nehmen, um die- ses Ziel zu erreichen. Ähnlich wie bei einer Bergtour. Man verlässt frühmorgens die Komfortzone und weiß, dass der Auf- stieg schweißtreibend sein wird. Aber die Freude, wenn das Ziel erreicht ist, überwiegt und treibt uns immer wieder zu neuen Aufbrüchen an. Die Lebenshilfe als Unternehmen, aber auch jeder einzelne Mensch mit Behinderungen und seine Angehörigen – wir alle sind immer wieder vor die Alternative gestellt, weiter zu ma- 15 chen wie bisher oder etwas Neues zu wagen. Ob sich ein Auf- Neu gewählte Selbstvertreter 16 bruch mit allen Unwägbarkeiten gelohnt hat, können wir erst SCHREIB & KUNST WERKSTATT „5 Fragen an“: Martina Rüscher 18 im Nachhinein beurteilen. Es braucht Mut, sich von alten Ge- wohnheiten zu trennen und es macht nur Sinn, wenn man weiß, wohin man will. 19 Gastkommentar zum Trialog: 24 Denken Sie zum Beispiel an den Wechsel von einem voll be- MAGAZIN „Arbeit statt Beschäftigung!“ gleiteten Wohnplatz zum selbständigen Wohnen. Oder von Neues Erwachsenenschutzgesetz 26 einer Werkstätte zu einem integrativen Arbeitsplatz. Oder vom früher allgemein gültigen Prinzip der Integration zum überge- ordneten Prinzip der Inklusion. Oder nehmen Sie her, sich ein- 28 fach auf neue Menschen einzulassen. Immer wieder Auf- brüche, von denen man nicht genau weiß, ob sie gelingen. KURZMELDUNGEN In dieser Ausgabe unserer Zeitschrift wollen wir Ihnen unter- schiedliche Beispiele zeigen, wo Menschen den Aufbruch ge- wagt haben. Denn: Den Mutigen gehört die Zukunft! Wagen wir Neues! Wagen wir den Aufbruch! INFORMATION & BERATUNG TERMINE 30 Dr. Gabriele Nußbaumer Präsidentin der Lebenshilfe Vorarlberg
4 Marlies Vigl (r.) moderierte ihren Un- terstützerkreis ganz selbstbewusst. Unten: Bezugsbegleiterin Andrea Peter (M.) unterstützt Marlies Vigl bei ihren beruflichen Zielen. Derzeit arbeitet Marlies Vigl in der Werk- stätte Götzis-Eichbühel.
THEMA: AUFBRUCH 5 Die eigene Zukunft gestalten, erfordert Mut Sein Leben selbst zu gestalten, ist für Erwachsene selbstverständlich. Mich hat überrascht, wie klar Marlies Menschen mit Behinderungen, wie Marlies Vigl, wollen das auch. Sie sagte, was sie will.“ brauchen dafür nur etwas mehr Un- habe ich eine Einladung gemacht und Bregenz fahren, um meine Mutter zu be- terstützung. Marlies Vigl ist 48 Jahre alt und arbeitet selbst an alle verteilt“, erinnert sich Mar- suchen. Auch Radfahren möchte ich in der Werkstätte Götzis-Eichbühel. lies Vigl. Neben den drei Geschwistern wieder üben – da ich keine Anfälle (Epi- Werktags fährt sie mit einer Mitbewoh- waren verschiedene Begleitpersonen lepsie) mehr habe. Die Medikamente nerin mit dem Bus vom Wohnhaus in der aus der Lebenshilfe und ihre Freundin helfen.“ Bahnhofstrasse hinauf zur Werkstätte. Karolina Wabnig aus dem Wohnhaus Nur montags ist sie sehr früh zu Fuß un- beim Treffen des Unterstützerkreises Besonders im Arbeitsbereich entstanden terwegs in die Bäckerei Matt, wo sie Ge- dabei. „Ich habe fast alles alleine ge- Ideen für die Zukunft. „Marlies ist nun be- schirr abwäscht oder mit dem Besen macht. Annette (Omann) hat geschrie- reit, in Firmen zu schnuppern. Das wol- fegt: „Sie sind zufrieden mit mir. Immer ben und Fotos gemacht. Wenn ich nicht len wir jetzt konkret angehen. Allerdings wenn ich komme, sagen sie ‚Hallo, freut weiter gekommen wäre, hätte mir Walter braucht Marlies dabei die Gewissheit, uns, dass du da bist‘. Danach gehe ich geholfen“, beschreibt die 48-Jährige den dass es trotz allem Neuen auch so blei- am Vormittag ins Loackerhuus, ins AR- Abend. Eine Aufgabe der Gäste war es, ben kann wie es ist. Auf dem Weg wird Telier zum Malen.“ Für die gebürtige sich zu überlegen was Marlies bisher für uns auch Walter Zaponig unterstützen“, Hörbranzerin ist es wichtig, dass alles eine Entwicklung gemacht hat. Danach so Andrea Peter von der Werkstätte Göt- eine gewisse Struktur hat und Gewohn- schrieben sie ihre Stärken und Gaben zis-Eichbühel. Im Bereich Wohnen gibt tes verleiht ihr Sicherheit. Trotzdem war jeweils auf. „Es hat mir Spaß gemacht. es die Idee der eigenen Wohnung im sie bereit sich mehr mit ihrer „Persönli- Und mich gefreut, dass so viel aufge- Wohnhaus. „So wie sie meine Freundin chen Zukunftsplanung“ (PZP) auseinan- schrieben wurde“, so Marlies Vigl. Karolina hat. Wenn es eine Möglichkeit der zu setzen. gibt, könnte ich es mir vorstellen“, sieht „Die Anfrage kam letztes Jahr aus dem Marlies Vigl positiv in die Zukunft. Wohnhaus. Schon länger hatten ihre Be- Doch nicht nur für sie war der Abend Umsetzung der Ziele zugsbegleiterinnen Ester Burtscher etwas Besonderes, sondern auch für (Wohnhaus) und Andrea Peter (Werk- ihren Bruder Walter Vigl: „Zuerst konnte Was ist PZP? stätte) gemeinsam geschaut, wie sie ich mir nicht vorstellen, was mich erwar- INFO Marlies unterstützten können, ihre Angst tet. Umso überraschter war ich als Mar- vor Neuem zu verringern und herauszu- lies so klar sagte, was sie will und wo wir In der Lebenshilfe Vo rarlberg ist finden, was sie möchte. Mit Hilfe der ihr helfen sollen. Früher wäre das nicht „Zielwärts – Persönlich e Zukunfts- ‚Persönlichen Zukunftsplanung‘ wollten denkbar gewesen. Der Unterstützerkreis planung“ (PZP) die zentra le Dienst- wir nun konkrete Zukunftsziele mit ihr er- ist eine sehr gute Sache. Wir haben mit leistung, wenn es um die Le- arbeiten“, erklärt Walter Zaponig vom ihr konkrete Zukunftsziele formuliert und bensgestaltung von Me ns ch en mit „Zielwärts – PZP“-Team. wer sie wobei unterstützen wird, um das Behinderungen geht. Mi t einem jeweilige Ziel zu erreichen.“ „Unterstützerkreis“ for mu rt die lie ihr Leben begleitete Person Ziele für Nach einigen Gesprächen wurde auf An- Als nächstes ging es an die Umsetzung. Unterstützung für die Zukunft an der Ver- und gemeinsam wird fang Dezember ein Unterstützerkreis Marlies Vigl begann mit einer Begleitper- wirklichung gearbeitet. Ein we- vorbereitet. „Wir haben zusammen ge- son das Fahren mit den Öffentlichen sentlicher Bestandteil von PZP ist sessen und eine Präsentation gemacht Verkehrsmitteln zu üben, um unabhän- individuelle Hin- – was ich mir zutraue, was ich auspro- giger zu sein: „Damit ich mich wohlfühle, das achtsame und nis se der Per- sehen auf die Bedürf bieren möchte und so. Und wen ich ins haben wir den Weg nach Dornbirn ge- son. Und das auch für Menschen Loackerhuus einladen möchte. Dafür übt. Irgendwann möchte ich alleine nach mit hohem und höchste m Unter- stützungsbedarf.
6 Raphael Michler (l.) und Oliver Thurnher (beide Werkstätte Fra- stanz) mit Magdalena Borg. Kilian Zizer (l.) bringt immer die Pferde auf die Weide. Oder hilft Magdalena Borg (r.) mit den Schafen. Oben: Raphael Michler und Oliver Thurnher (v.l.) kümmern sich um die Kälber im Stall.
THEMA: AUFBRUCH 7 Begleitung für Menschen mit herausforderndem Verhalten eine 1:1-Begleitung notwendig. Nur so dass wir Kontakt zu allen Familienmit- kann ich auf jeden individuell eingehen gliedern haben – sei es zu Magdalena Der Bauernhof der Familie Borg in und entsprechend der jeweiligen Situa- und ihrer kleinen Tochter, ihren Eltern Nenzing-Beschling ist für Oliver tion handeln. Beide fahren gerne mit Christoph und Sonja oder ihren Groß- Thurnher und Kilian Zizer ein ganz mir, mit dem Landbus von der Werk- eltern. Alle fragen immer, ob wir was besonderer Arbeitsort. Die beiden stätte hierher – eine Bushaltestelle ist brauchen oder sie helfen können“, freut Beschäftigten der Werkstätte Fra- gleich in der Nähe des Hofes.“ sich der Bezugsbegleiter. stanz erlernen neue Fertigkeiten und erleben Tier-Therapie auf eine indi- Am Bauernhof angekommen, ziehen Das stetige Wiederholen der Tätig- viduelle Weise. In der Werkstätte Frastanz werden sich Raphael Michler und Oliver Thurn- keiten ist für die Beschäftigten übrigens Menschen mit hohem Unterstützungs- her ihre Arbeitskleidung an. Sie haben sehr wichtig, um Routine zu bekom- bedarf begleitet. Dabei wird viel Augen- dafür einen eigenen Raum zur Verfü- men. Mit der Zeit können sie so Teil- merk auf Sorgfalt im Alltag, auf gung. Danach werden die jeweiligen schritte selbst erledigen und erfahren, Angebotsvielfalt und auf die persönli- Aufgaben besprochen und die beiden was Selbstbestimmung ist. „Unser Ziel che Gestaltung der Unterstützung ge- machen sich an die Arbeit. Besonders ist es, dass Menschen mit unterschied- legt. Ein ganz spezielles Begleitungs- gerne füttert Oliver Thurnher die Käl- lichem Unterstützungsbedarf Bezug zu angebot ist jenes auf dem Bauernhof ber. Aber auch Ausmisten und Füttern den Tieren aufbauen und wir ihnen der Familie Borg. „Seit über drei Jahren der anderen Kühe gehört dazu. „Wir Spaß an der Arbeit vermitteln können. kommen drei Beschäftigte der Werk- helfen zudem bei Gartenarbeiten oder Durch die Einbindung in den Bauern- stätte einmal wöchentlich zu mir zur beim Abbauen defekter Zäune. Für Ki- hof-Alltag erfahren sie auch Anerken- Tiergestützten Therapie mit unseren lian Zizer ist es etwa eine fixe Aufgabe, nung für die geleistete Arbeit und Hoftieren. Im Sommer haben wir dann die Pferde in den Auflauf zu begleiten. erleben Inklusion – die selbstverständ- die ersten Gespräche bezüglich Arbei- Er hatte von Anfang an keine Angst vor liche Teilhabe“, skizziert Raphael Mich- ten am Hof geführt. Für mich stellte es ihnen und macht das besonders gerne. ler. Nach den ersten erfolgreichen eine gute Alternative zur Beschäftigung Mit Hilfe seiner Kommunikations- Monaten, sehen alle positiv in die Zu- in der Werkstätte dar und für uns be- Mappe mit Symbolen erzählt er dann in kunft und so wird ein dritter Beschäftig- deutet es Hilfe bei den täglichen Arbei- der Werkstätte immer voller Freude ter bald mit seiner Arbeit am Bauernhof ten. Meine Eltern waren immer schon von seinen Erlebnissen am Bauern- der Familie Borg beginnen. sehr offen und sozial eingestellt. Daher hof“, so Raphael Michler. haben sie auch gleich zugestimmt“, er- zählt Magdalena Borg, Sozialarbeiterin KONTAKT & und ausgebildete Tier-Therapeutin. Mit Neben fixen Tätigkeiten, die die beiden „Mitanand“ erleben INFO INFORMATION September 2017 startete die Zusam- alleine verrichten, hilft man der Familie menarbeit, die rein auf gegenseitiger zum Beispiel, die Schafe auf die Weide Unterstützung basiert und ohne finan- zu bringen oder gemeinsam Mais zu Andreas Bartl zielle Gegenleistungen erfolgt. häckseln. Ein besonderes Highlight ist r Geschäftsbereichsleite für die Beschäftigten, wenn sie nach ige n“ „Arbeiten & Beschäft getaner Arbeit mit dem Traktor oder Tel.: 0 55 23 506-101 00 Mittlerweile arbeitet Kilian Zizer immer dem Stapler mitfahren dürfen. „Das Individuelle Begleitung .at E-Mail: arbeiten@lhv.or am Montag- und Donnerstagvormittag Schöne an der Arbeit hier ist auch, lberg.at www.lebenshilfe-vorar und Oliver Thurnher am Freitagvormit- tag auf dem Bauernhof in Beschling. Begleitet werden die beiden von Werk- stätten-Mitarbeiter Raphael Michler: Sie erhalten Anerkennung für ihre „Um beiden die volle Aufmerksamkeit und das entsprechende Unterstüt- Leistung und erleben Inklusion.“ zungsangebot bieten zu können, ist
8 Eva-Maria Strolz bespricht mit Be- gleiterin Silke Milhalm (r.) die Auf- gaben für die Woche. Das Wäschewaschen hat Eva- Maria Strolz im Wohnhaus gelernt und das hilft ihr jetzt, es in der eigenen Wohnung selbständig zu erledigen.
THEMA: AUFBRUCH 9 Selbständiges Wohnen mit individueller Begleitung genem Mietvertrag. Zur Unterstützung sie ab und zu noch ihre ehemaligen Mit- sind vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewohnerinnen und Mitbewohner im Ein ganz neuer Lebensabschnitt hat aus dem Bereich ‚Selbständiges Woh- Wohnhaus.“ für Eva-Maria Strolz begonnen. Im Fe- nen‘ abwechselnd und für zwei Stunden bruar ist sie in die erste eigene Woh- pro Tag vor Ort. Sie helfen ihr, den Haus- Am Wochenende braucht Eva-Maria nung in Hohenems gezogen. In der eigenen Wohnung zu leben, war halt zu erledigen, einkaufen zu gehen Strolz so gut wie keine Begleitung mehr. für Eva-Maria Strolz zunächst befremd- oder die Freizeit zu gestalten. Falls Eva- Sie hat sich ihre Freizeit schon gut orga- lich. „Als man mich gefragt hat, war ich Maria sonst mal Hilfe braucht, kann sie nisiert und besucht regelmäßig auch ihre nicht gleich begeistert. Ich habe dann über die Wiese zu unserem Wohnhaus Eltern in Lauterach. „Ich habe schon ei- gesagt, dass ich mir die Wohnung zuerst gehen, was ihr Sicherheit gibt“, berichtet niges ausprobiert – wie Schwimmen einmal anschaue und dann entscheide Andreas Dipold, Geschäftsbereichsleiter oder Tanzen beim Tanzhaus Hohenems. ich“, erinnert sich die 34-Jährige. Denn Wohnen. Am liebsten würde ich Tischfußball spie- fast 16 Jahre lang hatte sie in Wohnhäu- len, aber ich weiß nicht, ob es da einen sern der Lebenshilfe Vorarlberg mit Be- Verein gibt. Auch koche ich ab und zu gleitung gewohnt – zuerst in Feld- Auch Bezugsbegleiterin Silke Milhalm was – Kleinigkeiten. Aber Kochen und Struktur zur Orientierung kirch-Gisingen und seit 2009 im Wohn- aus dem Wohnhaus Kehlermähder be- Backen kann ich. Seit ich in der Woh- haus Dornbirn-Kehlermähder in einem gleitet Eva-Maria Strolz in die Selbstän- nung bin, ist Leuten schon aufgefallen, eigenen Zimmer. „Die letzten drei Jahre waren eine recht schwierige Zeit. Eva- Maria ist emotional sehr feinfühlig und wenn sie etwas nicht will, ist es schwierig Es ist schon positiv aufgefallen, wie das umzusetzen“, berichtet ihre Mutter Elke Strolz. Umso erstaunter war die ich mich verändert habe. ganze Familie als Eva-Maria ihnen Ende letzten Jahres ihre Entscheidung mit- teilte: „Die Wohnung hat mir gut gefallen, digkeit. Zusammen haben die beiden wie ich mich verändert habe. Und das auch wenn noch keine Möbel drin wa- einen Plan erstellt, der ihr eine Tages- freut mich.“ ren. Ich habe ein Plakat gebastelt mit der struktur vorgibt und hilft, die anfallenden Überschrift ‚Eva zieht um‘ und Kärtchen, Tätigkeiten nach und nach zu erledigen. wo d’rauf stand, wann ich umziehe und Eine davon ist etwa das Wäschewa- Besonders ihren Eltern sind die Fort- „Wir sind stolz auf sie“ wohin genau. Das habe ich dann meiner schen: „Das habe ich schon im Wohn- schritte aufgefallen und die Mutter er- Familie präsentiert. Ich habe die Karten haus gelernt. Ein Zivi hat mir auch klärt: „Es ist schön zu sehen, wie sie sich vorgelesen und die Kinder meiner gezeigt, wie man ein Spannleintuch rich- absolut positiv entwickelt hat und wir Schwester haben sie dann jeweils aufs tig faltet. Zum Einkaufen fahre ich ge- sind sehr stolz auf sie! Wobei wir Plakat geklebt.“ nauso mit dem Bus, wie zur Arbeit zum schauen wollen, wie es sich in Zukunft Beispiel in die Fachwerkstätte nach entwickelt – wenn die erste Euphorie Dornbirn. Die Bushaltestelle ist gleich vielleicht abschwächt. Die richtige Be- Dann ging alles recht flott, da die Zwei- vorne an der Hauptstrasse.“ gleitung ist uns wichtig und da müssen Umzug als Herausforderung Zimmer-Wohnung in Hohenems mit Ter- Silke Milhalm war eine der Befürworte- wir erst noch Vertrauen in die neuen Be- rasse und kleinem Gartenanteil schon rinnen für den Umzug, da sie Potential gleitpersonen aufbauen. Aber wir sind bezugsbereit war. Eine Küche musste gesehen hat, wobei „man sie schon ab offen für ein gutes ‚Miteinander‘. Denn bestellt, weitere Möbel ausgesucht, Ge- und zu etwas antreiben muss, dass sie wir sind dankbar für diese Lösung. Für schirr sowie Waschmaschine gekauft etwas erledigt. Allerdings ist sie in der die Zukunft wünschen wir uns ein ganz werden. Am 12. Februar erfolgte dann kurzen Zeit viel selbständiger und ruhi- normales Verhältnis mit Eva-Maria, wie der Umzug, bei dem alle Familienmitglie- ger geworden. Der Struktur-Plan soll ihr mit unserer anderen erwachsenen Toch- der tatkräftig mithalfen. „Eva-Maria ist Sicherheit geben und dass alles gut ter. Aber bei allem ist uns am wichtigs- selbst Mieterin dieser gemeinnützigen funktioniert. Auch die sozialen Kontakte ten, dass sie glücklich ist!“ Wohnung der Wohnbauselbsthilfe mit ei- sind besser geworden und so besucht
10 Elke Kopf (Stauden Kopf, o.) erwar- tet Norbert Häusle schon mit der Lieferung. Richard Nägele (r.) liefert und etikettiert die Sunnahof-Eier direkt im Köpflemarkt in Röthis. Richard Nägele (l.) mit dem neuen Lasten-Fahrrad und Dieter Stein- acher (Obmann „The Friends of Nü- ziders“), Fabian Nachbaur, Norbert Häusle und Thomas Lampert (v.l.).
THEMA: AUFBRUCH 11 „Der Sunnahof bringt’s“: Umweltfreundlich und besonders Fast 1.000 Kilometer haben Norbert Häusle und Richard Nägele seit Jän- ner mit dem neuen Lasten-Fahrrad Die Zustellung soll für die Beschäftigten zurückgelegt. Auf diese umwelt- freundliche Weise transportieren sie noch mehr Kontakte ermöglichen.“ hofeigene Setzlinge, Obst und Eier seither mit dem Fahrrad zum Postamt zu Firmenkunden. Aufbruch-Stimmung herrscht am Bio- nach Rankweil. „Die Idee für die Zustellung per Lasten- Spenden machten es möglich Bauernhof der Lebenshilfe in Göfis: Ri- Rad hatte letztes Jahr einer unserer chard Nägele ist gerade dabei die Praktikaten, der seine Ausbildung an letzten Jungpflanzen aus der Gärtnerei Bei der Staudengärtnerei Kopf werden der Kathi-Lampert-Schule in Götzis ab- Im Bezirk Feldkirch unterwegs für die Zustellung einzuladen. Mit dem die beiden Fahrradboten und ihre Liefe- solvierte. Durch die Zustellung sollten Lasten-Fahrrad mit E-Motor kann er bis rung schon erwartet. Mitarbeiter Dietmar für die Beschäftigten noch mehr Kon- zu 100 Kilogramm transportieren. Seit Wehinger hilft beim Ausladen. Die Drei takte geschaffen werden und damit ge- Jänner ist er werktags immer am Nach- kennen sich, da Dietmar Wehinger ein- lebte Inklusion. Wir haben bei Ralf mittag unterwegs: „Das Team der Gärt- mal die Woche am Sunnahof in der Hollenstein, dem Experten für Lasten- nerei richtet die Kisten mit Gemüse- Landwirtschaft arbeitet: „Immer am Fahrräder, in Lustenau nachgefragt, es setzlingen oder Blumen her und ich Montag arbeite ich dort. Sonst arbeite mittels Probe-Fahrrad ausprobiert und lade sie dann ein. Dazu kommen noch ich hier in der Gärtnerei – schon seit 20 dann ein eigenes über ihn gekauft“, er- hofeigene Eier für den Köpflemarkt in Jahren.“ Die Staudengärtnerei zählt zu klärt Geschäftsführer Thomas Lampert. Röthis. Wichtig ist, alles gut zu befesti- den langjährigen Kunden des Sunnahof. Möglich wurde die Anschaffung aller- gen.“ Noch Schutzweste und Helm an- „Wir fanden von Anfang an die Idee und dings nur durch eine großzügige Spen- ziehen und schon geht es zum ersten das Begleitungskonzept des Sunnahof de der „Friends of Nüziders“. „Wir unter- Zustellungsort, der Staudengärtnerei toll. Die Zusammenarbeit klappt seit stützen seit vielen Jahren verschiedene Kopf in Sulz. Jahren bestens und wir haben gerne die Organisationen – darunter den Sunna- Zustellung per Lasten-Fahrrad auspro- hof. Für die diesjährige Spende hat Tho- Heute ist auch Norbert Häusle, der biert. Sprit zu sparen und der Umwelt mas Lampert das Lasten-Fahrrad vor- zweite Fahrradbote des Sunnahof, mit etwas Gutes zu tun, ist ein super Ziel. geschlagen und so haben wir gerne dabei. Normalerweise liefert er jeweils Ich kann mir gut vorstellen, dass wir die 3.500 Euro gesponsert“, so Obmann morgens selbst Hof-Produkte mit dem Lieferung von einmal auf zweimal die Dieter Steinacher. Dazu kommt noch die Lasten-Fahrrad aus. „Wir haben zuerst Woche ausbauen“, berichtet Elke Kopf. Spende des langjährigen Kooperations- eine Fahrradprüfung gemacht. Danach partners, der illwerke VKW von 500 Euro. hat man mich gefragt, ob ich auch zu- Dann geht es weiter zum Köpflemarkt stellen möchte. Vorher habe ich mit nach Röthis. Dort werden die Sunnahof- „Aktuell trainieren wir mit weiteren Kan- einem Rollkoffer mit Kiste Eier zuge- Eier nicht nur zugestellt: „Schon seit didatinnen und Kandidaten, die die stellt. Dafür bin ich mit dem Bus gefah- über einem Jahr erhalten wir die Sun- Fahrradprüfung abgelegt haben. Mit ren. Jetzt mache ich es mit dem nahof-Eier. Seit Richard Nägele sie mit dem zweiten, gebrauchten E-Fahrrad Fahrrad“, erzählt der 54-Jährige, der dem Lasten-Fahrrad jeden Mittwoch- begleite ich sie und übe mit ihnen die sonst im Bereich Landwirtschaft arbei- nachmittag zustellt, bringt er auch die Wegstrecken. Passende Regenbeklei- tet. Zu den Kunden, die er mit Eiern be- Preisetiketten an und sortiert die dung macht die Zustellung bei jedem liefert, gehören die Bäckerei Hosp Schachteln ins Kühlregal. Das ist sehr Wetter möglich. Durch Mundpropagan- (Frastanz), das Antonius Haus (Feld- angenehm und wir haben keine Arbeit da sind schon einige Kunden dazu ge- kirch), das Gasthaus Löwen (Feldkirch), mehr damit“, erzählt Inhaberin Silvia kommen. Wir versuchen auch alle die bugo Bücherei (Göfis) oder das Kopf. Als Dank gibt es für den Fahrrad- möglichen internen Botengänge mittels Gasthaus Schützenhaus (Feldkirch). boten dann auch was zur Stärkung – ein Fahrrad zu bewerkstelligen“, so Sun- Aber auch die hauseigene Post bringt er Getränk und einen Leberkäsesemmel. nahof-Mitarbeiter Fabian Nachbaur.
12 Siegfried Müller (r.) mit Ausbildner Siegfried Gächter. Unten: Das Tischlerei-Team (l.) fer- tigte verschiedene Möbel für den neuen Zwergengarten in Meinin- gen. Siegfried Müller (r.) beim Ar- beiten im IAZ Röthis.
THEMA: AUFBRUCH 13 Ausbildung für mehr Chancen am Arbeitsmarkt Jährige. Schnell zeigte sich, dass der ger darf er vielleicht noch werden“, er- damals schüchterne Jugendliche sehr zählt Ausbildner Siegfried Gächter. Im Integrativen Ausbildungszentrum geschickt war und mehr Fähigkeiten (IAZ) der Lebenshilfe Vorarlberg wer- auch in schulischer Hinsicht mitbrachte. Siegfried Müller arbeitet auch gerne an den Jugendliche mit Beeinträchti- „Die theoretische Ausbildung absolvie- den verschiedenen Maschinen, wo er gungen an drei Standorten und in ren die Jugendlichen bei der Teilqualifi- zum Beispiel Holzteile für Sitzbänke für zehn Berufsfeldern ausgebildet. Ei- kation in der jeweiligen Berufsschule – den Zwergengarten in Meiningen zuge- ner davon ist Siegfried Müller, der bei Sigi ist das die Landesberufsschule schnitten hat. „Im ersten Jahr werden kurz vor seinem Abschluss steht. Konzentriert arbeitet Siegfried („Sigi“) in Dornbirn. Er ist ein sehr guter Schüler einem die Werkzeuge erklärt. Erst im Müller an seinem Werkstück für die Ab- und wird besonders für seinen positiven zweiten Jahr darf man an den großen schlussprüfung Ende Juni. Der 21-Jäh- Einfluss auf das Klassenklima ge- Maschinen arbeiten. Aber nur wenn rige absolviert seit September 2015 eine schätzt“, so die Sozialpädagogin. man keine Medikamente nehmen muss Ausbildung in der Tischlerei im IAZ in und auch sonst die Aufmerksamkeit Röthis. Zu Beginn war allerdings nicht passt“, erklärt er. Etwas aufgeregt ist er klar, ob der Jugendliche mit Beeinträch- Zur Arbeit und in die Berufsschule fährt schon, wenn er an die Abschlussprü- Lernen für die Zukunft tigungen eine Ausbildung absolvieren Siegfried Müller mit öffentlichen Ver- fung denkt. Doch die Aussicht dann bes- kann. „Sigi arbeitete bereits drei Jahre kehrsmitteln. Im IAZ Röthis erhält er sere Chancen auf einen fixen Arbeits- an einem integrativen Arbeitsplatz, dann eine duale Ausbildung. Für die prak- platz zu haben, motiviert: „Ich würde wurde die Firma geschlossen. Für ihn tische Ausbildung stehen sowohl fach- gerne in Bludenz in einer Tischlerei ar- und seine Mutter war eine Ausbildung lich qualifizierte als auch pädagogisch beiten, wo Zirbenbetten gemacht wer- als gute Zukunftsbasis vorstellbar. Beim ausgebildete Begleitpersonen zur Ver- den. Aber vielleicht kann ich dort zuerst ‚Praktischem Clearing‘ haben wir ge- fügung. ein Praktikum machen.“ Nach dem Abschluss hat Siegfried Mül- Er hat sich sehr weiter entwickelt – ler drei Monate Zeit (gesetzliche Behal- tefrist) einen Arbeitsplatz zu finden, handwerklich und persönlich. bevor er sich beim AMS melden müsste. Bei der Suche wird er ebenfalls von sei- nen Ausbildnern unterstützt. Die ersten schaut, ob er die entsprechenden Fä- Während seiner Ausbildung absolvierte Gespräche bezüglich Jobcoaching mit higkeiten mitbringt“, erklärt Carmen Ka- er bereits ein Praktikum in einer exter- der Firma „dafür“ finden demnächst statt. ger, Sozialpädagogin des IAZ Röthis. nen Tischlerei. Seit den Semesterferien Beim „Praktischen Clearing“ lernen die heißt es nun aber Lernen für die Ab- Jugendlichen verschiedene Berufsbilder schlussprüfung und neben den Auf- kennen und es werden berufsspezi- tragsarbeiten auch das praktische Integratives fische Tests durchgeführt. Danach wird Abschlussstück anzufertigen. Bei letzte- INFO Ausbildungs- gemeinsam mit dem Jugendlichen, sei- rem muss gezeigt werden, dass man zentrum nen Angehörigen und in diesem Fall die Zinken-Verbindung beherrscht. dem Systempartner ifs (Institut für So- Keine leichte Aufgabe, da hier eine spe- mit Beein- Etwa 60 Jugendliche zialdienste) die weitere Vorgangsweise ziell angefertigte Holz-Verbindung er- an den drei trächtigungen werden festgelegt. stellt werden muss. „Aber Sigi wird das iven Aus- Standorten des Integrat sicher gut meistern. Er hat sich in den Z) – IAZ Rö- bildungszentrums (IA Das „Praktische Clearing“ dauerte bei Jahren sehr weiter entwickelt – in hand- Hotel Viktor this, IAZ Wolfurt und Siegfried Müller drei Wochen. „Mir hat werklicher und persönlicher Hinsicht. au sg eb ildet. Das (Viktorsberg) – die Arbeit in der Tischlerei am besten Aus dem schüchternen Jungen ist ein i Au sbildungs- Angebot umfasst dre gefallen und dann habe ich hier in Rö- zuverlässiger und genau arbeitender ze hn Berufs- formen und das in this angefangen“, erinnert sich der 21- junger Mann geworden. Etwas kritikfähi- nte tives- gra feldern. Mehr: www.i ausbildungszentrum.at
14 THEMA: AUFBRUCH Praktikum als Orientierung für die berufliche Zukunft dern etwas zu unternehmen und Spaß das zeigt einem, dass man die Arbeit zu haben. „Je nach Wetter unternehme richtig macht“, freut sich Laura Häm- Drei Monate dauert das Praktikum ich draußen etwas mit ihnen oder wir merle. Auch sie hat sich zum Bleiben in von Laura Hämmerle und Ines Stem- gehen hierher nach Hohenems. Ihre El- der Lebenshilfe entschieden, allerdings mer im Familienservice. Eine gute tern können die freie Zeit für Ge- in der Werkstätte Götzis-Eichbühel. „Mir Möglichkeit, Erfahrungen zu sam- schwisterkinder oder für ihre Paarbe- hat die Arbeit dort sehr gut gefallen. Ich meln, bevor sie in ihr zukünftiges Be- ziehung nutzen“, so Ines Stemmer. Für werde in der Werkstätte arbeiten und rufsleben aufbrechen. Im Familienservice in Hohenems die 22-Jährige aus Nüziders sind die fle- nebenbei noch eine Ausbildung in der herrscht reges Treiben. Während einige xiblen Arbeitszeiten kein Problem und Kathi-Lampert-Schule machen.“ Kinder im Bällebad toben, sind Laura daher hat sie sich zum Bleiben entschie- Hämmerle und Ines Stemmer mit Maxi- den: „Ich mag es, mit Menschen mit Be- milian dabei, den Gymnastikball zu tes- hinderungen zu arbeiten und kreativ die Im Fokus des Familienservice steht, den Unterstützung für die ganze Familie ten. Die beiden jungen Frauen ab- Zeit mit ihnen zu gestalten. Es gefällt mir Eltern eine Unterstützung anzubieten, solvieren seit März ihr Praktikum beim auch, sie dabei zu unterstützen, selb- die sich nach ihren individuellen Be- Familienservice der Lebenshilfe Vorarl- ständiger zu werden. Da der Familien- dürfnissen richtet und dem sie absolut berg. Dieses ist Teil ihrer Ausbildung in service auch einen Standort in Bat- vertrauen können. Angeboten wird indi- der Schule für Sozialbetreuungsberufe schuns hat, werde ich dort erstmal am viduelle Begleitung für Kinder, Jugend- (SOB) in Bregenz, wo sie Ende Juni ihr Samstag die Wochenend-Gäste beglei- liche sowie Erwachsene mit Behinde- Diplom im Bereich „Familienarbeit“ ab- ten und auch direkt Familien zuhause rungen. Dabei unterstützt das Team di- solvieren. „Während unserer Ausbildung unterstützen.“ rekt in der Familie – also zuhause – und müssen wir einige Praktika absolvieren, außerhalb der Familie. Für die Beglei- wie etwa im Familienbereich. Da ich tung an den Wochenenden oder in der schon ein Praktikum in der Werkstätte Beide haben neue Erfahrungen im Ferienzeit stehen dem Familienservice Arbeit wird geschätzt Götzis-Eichbühel gemacht habe, wollte Praktikum gemacht, wie etwa das Ver- zwei Standorte zur Verfügung: Bat- ich im Familienservice diesen Bereich trauen der Eltern zu gewinnen. Aber schuns und Hohenems. Zudem gibt es abdecken“, erzählt die 21-jährige Laura auch den richtigen Umgang mit den Kin- ein umfangreiches Angebot an Freizeit- Hämmerle. Besonders das selbständige dern aus Verständnis und Konsequenz aktivitäten. Mehr unter www.lebenshilfe- Arbeiten sagen ihr und Ines Stemmer zu üben. „Es braucht schon Geduld und vorarlberg.at/mobile_dienste sehr zu. Beide begleiten jeweils zwei man muss immer schauen, was die Kin- Familien mit ihren Kindern zuhause. Zu der gerade machen. Von den Eltern er- ihren Aufgaben gehört es, mit den Kin- fahren wir große Wertschätzung und Ines Stemmer und Laura Hämmerle (v.l.) absolvieren beim Familienservice ihr Praktikum. Mit Maximilian (r.) probieren sie das Klangspiel aus.
15 SCHREIB & KUNST Die „SCHREIB & KUNST WERK- STATT“ wird in Wort und Bild von Menschen mit Behinderungen ge- WERKSTATT staltet. Lassen Sie sich überra- schen. Selbstvertretung auf einem NEUEN Weg Michaela Wagner-Braito und Georg häuser zu besuchen, werden wir wieder Matzak, Geschäftsbereichsleiter Mobile vermehrt ankurbeln. Das ist sehr Seit Ende Februar 2018 gibt es wie- Dienste, dabei. wichtig, damit wir Kontakt zu allen Men- der neu gewählte Selbstvertreter in Nun was Hartwig Lorenz betrifft: Er hat schen mit Behinderungen haben. Im der Lebenshilfe Vorarlberg. Endlich vorher noch gar nichts mit der Selbst- Gespräch erfahren wir ihre Anliegen. wieder ein 4er-Team, welches ver- vertretung zu tun gehabt – ist also ein suchen möchte, für andere Men- Neuling in dem Bereich. Aber das macht schen mit Behinderungen da zu sein. Wer sind die neuen Selbstvertreter? gar nichts – im Gegenteil! Im Juni werden wir 4 Selbstvertreter und Was steht noch an? Klaus Brunner (47 Jahre), Robert Wil- der gesamte Selbstvertreter-Beirat der helm (40 Jahre), Siegfried Glössl (58 Lebenshilfe bei einem Kongress in Wien Jahre) und Hartwig Lorenz (50 Jahre). Vieles! Uns ist unter anderem das dabei sein. Da 2017 schon das 2. „Fest Was wollen wir alles bewegen? Gerne stelle ich euch die beiden Neuen Thema Barrierefreiheit in jeder Form der Inklusion“ über die Bühne ging und im Team vor: Robert Wilhelm bringt sehr wichtig. Seien es die baulichen dieses sehr gut angekommen ist, wür- schon einige Erfahrungen mit ins Barrieren, die Barrieren in den Köpfen den wir es sehr gerne für 2019 wieder Selbstvertungs-Team. Denn zum einen oder die sprachlichen Barrieren. Der organisieren. Das wird wieder eine Her- ist er Werkstattsprecher im Loackerhuus letzte Punkt wird oft vergessen. Leichte ausforderung, da dies sehr viel Zeit in in Götzis und zum anderen ist er Selbst- Sprache ist für alle Menschen wichtig, Anspruch nimmt. Aber das ist noch nicht vertretungs-Beirat der Lebenshilfe Vor- besonders aber für Menschen mit ho- alles. Auch Gespräche mit Politikerinnen arlberg, welcher sich 3 Mal im Jahr trifft. hem Unterstützungs-Bedarf. Unsere und Politikern sind vorgesehen. Wir Hier sind auch Geschäftsführerin Aufgabe, die Werkstätten und Wohn- wollen ihnen Verbesserungsvorschläge in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit machen. Damit es den Menschen mit Behinderungen besser geht. Warum sind wir so dahinter? Wir wissen eben selbst am besten, was wir benötigen und was nicht! Klaus Brunner Selbstvertreter KONTAKT & INFO INFORMATION Klaus Brunner Selbstvertreter 3 Tel.: 0 55 23 506- 100 50 etung @lhv.or.at E-Mail: selbstvertr g (au ßer am Erreichbarkeit: Monta g Nachmittag) bis Freita Vorne: Klaus Brunner (l.) und Hartwig Lorenz (r.). Hinten: Robert Wilhelm (l.), Siegfried Glössl (r.).
16 SCHREIB & KUNST WERKSTATT Peer-Beratung: Wo kann ich euch weiterhelfen? möchten, sind bei mir ebenfalls richtig. Freizeitgestaltung weiterhelfen, über Beim Fahr-Training begleite ich die den Kultur-Pass informieren und Fahr- Als Peer-Beraterin konnte ich in den Person mit dem Bus oder dem Zug, Begleitung anbieten. Die Beratung ist letzten 2 Jahren schon einigen Men- zum Beispiel zu Vereinen, anderen Le- übrigens kostenlos. Wann und wie ihr schen mit Behinderungen weiter- benshilfe-Standorten oder einer Ver- mich erreichen könnt, erfahrt ihr in der helfen. Sie kamen mit unterschied- anstaltung. Damit sie es lernen und roten Kontakt-Box unten. lichen Fragen zu mir. Menschen mit Behinderungen konnte einmal selbständig können. ich seit 2015 schon bei Problemen am Arbeitsplatz helfen oder Tipps für die Freizeitgestaltung geben. Auch be- Für 2018 plane ich auch wieder, re- Aktuelle Beratungs-Angebote Cindy Eksarhos gleite ich seit einiger Zeit einen jungen gelmäßig Besuche in Wohnhäusern Peer-Beraterin Mann aus Bregenz. Wir fahren zusam- und Werkstätten zu machen. Als erstes men mit dem Zug nach Götzis in die werde ich das Wohnhaus in Feldkirch- Volkshochschule zum Deutschkurs. Gisingen besuchen und danach das Nach dem Kurs begleite ich ihn wieder Wohnhaus in Götzis. Bei den Be- KONTAKT & nach Hause. suchen biete ich Hilfe bei allen mög- INFO INFORMATION lichen Problemen an, wie zum Beispiel Lebensqualität, Trauer, Wut oder wel- Aber ich biete nicht nur Fahr-Be- che Möglichkeiten es zur Selbsbe- Expertin für viele Themen Cindy Eksarhos gleitung an. Ich bin auch Expertin in stimmung gibt. Wenn ich vor Ort bin, Peer-Beratung „leichter Sprache“, kenne mich beim stelle ich mich und meine Arbeit zuerst Tel.: 0 55 23 506-100 57 lhv.or.at Kultur-Pass, Krankenhaus-Pass und immer vor. Dann zeige ich Menschen E-Mail: cindy.eksarhos@ Behinderten-Ausweis aus. Wenn ihr mit Behinderungen („Peers“) und ihren Überblick: also so einen braucht, kann ich euch Begleiterinnen sowie Begleitern mein Beratungs-Zeiten im g, Wann: Montag bis Freita Informationen dazu geben. Auch kenne Peer-Beratungs-Plakat. Das Plakat er na ch tele- ich mich in der Lebenshilfe Vorarlberg erkläre ich ihnen auch. Ich rede mit den 8.00 bis 12.00 Uh r, od . gut aus und kann euch die Zuständigen „Peers“ und den Begleitpersonen. Zum fonischer Vereinbarung zum Beispiel für „Persönliche Zukunfts- Schluss gebe ich allen eine Visiten- Wo: Lebenshilfe Vorarlbe rg, planung“, Arbeiten oder Wohnen nen- Karte und ein Informations-Blatt. s, nen. Personen die Hilfe bei der Be- In diesem Jahr möchte ich besonders Büro von Cindy Eksarho Gartenstrasse 2, Götzis nützung der öffentlichen Verkehrsmittel Menschen mit Behinderungen bei der Cindy Eksarhos (l.) besucht auch Lebenshilfe-Standorte. Hier im Gespräch mit Silvia Kupfer (r.) in der Werkstätte Dornbirn-Riedgasse.
SCHREIB & KUNST WERKSTATT 17 Behindert sein oder behindert werden – das ist hier die Frage Dominic Gessner (l.) schreibt ab sofort für die „Schreib und Kunst Werkstatt“ der Lebenshilfe-Zeitschrift. Oben: Dominic (r.) ist gemeinsam mit Vera Reinckens und Karl Ludwig Nachbaur Werkstatt-Sprecher im Kleinwalsertal. Rechts: Die Arbeitsgruppe der Werkstätte Kleinwalsertal. vielen Fähigkeiten, der aber manchmal Katalog alle kennen und vor allem auch von der Gesellschaft behindert wird. die richtigen Bezeichnungen im Alltag Vor meinem Unfall benutzte auch ich Mir ist aber auch klar, dass es manch- verwenden würden. das Wort „Behinderte“ ein wenig mal Bezeichnungen für eine bestimmte abfällig. Ich machte mir keine Ge- Personengruppe braucht, damit ein- Wir im Kleinwalsertal haben zum danken darüber, wie sich das für an- deutig ist, über wen gesprochen wird. Beispiel eine Arbeitsgruppe, in der wir dere vielleicht anfühlt, als behindert Für mich passt „Menschen mit Beein- unter anderem über dieses Thema der bezeichnet oder abgestempelt zu trächtigungen“ am besten. richtigen Begrifflichkeiten reden. Viel- werden. Aber nach meinem Unfall bin ich jetzt leicht ist das ja auch eine Anregung für doch ein bisschen sensibilisiert für das andere Standorte der Lebenshilfe Vor- Thema. Für mich hört sich das wie ein Ich würde mir wünschen, dass man mit arlberg, eine solche Arbeitsgruppe ins Achtsamer Umgang Schimpfwort an. Es stört mich, wenn den Begriffen achtsamer umgeht, sie Leben zu rufen. man mich als „Behinderten“ bezeich- vorsichtiger verwendet. Es gibt in der net. Weil ich ja dann darauf reduziert Lebenshilfe Vorarlberg einen Begriffe- werde. Ich bin aber doch in erster Linie Katalog, in dem steht, was geht und ein Mensch. Und dazu noch einer mit was nicht. Es wäre schön, wenn den Dominic Gessner Redaktionsmitglied
18 SCHREIB & KUNST WERKSTATT 5 Fragen an: Martina Rüscher Seit Ende Jänner ist Martina Rüscher Landtagsvizepräsidentin. In den Auf- gabenbereich der 45-Jährigen fallen seither auch die Anliegen von Men- schen mit Behinderungen. Ganz klar, dass Klaus Brunner, Cindy Eksarhos und Dominic Gessner mehr darüber wissen wollten. Wollten Sie schon immer Landtags- Nein, da ich eigentlich Tirolerin bin und vizepräsidentin werden? erst durch meinen Mann nach Andels- buch gekommen bin. Aber für mich war von Anfang an klar, dass ich mitgestal- ten möchte. Dann kam vor 18 Jahren die Anfrage für die Gemeindevertretung und seit 2014 bin ich auch Abgeordnete im Landtag. Als Gabriele Nußbaumer Ende 2017 ihr Amt zurücklegte, habe ich mich gefreut, dass ich als Nachfolgerin Dominic Gessner, Klaus Brunner, Martina Rüscher und Cindy Eksarhos (v.l.). im Landtagssaal. in Frage komme. Doch damit war noch tiviert mich, wie sie das Leben positiv reden. Dies geschieht im Land bereits nicht alles fix, da ich noch von 36 Abge- sehen und es macht Mut, auch bei durch den Monitoring-Ausschuss, wo ordneten gewählt werden musste. Die Rückschlägen wieder weiterzumachen. sie mit kontrollieren, ob ihre Rechte ein- Angelobung war ein ganz besonderer gehalten werden. Aus meiner berufli- Moment und auch das Vertrauen, das chen Erfahrung in der Öffentlichkeits- mir entgegengebracht wurde. In meinen arbeit weiß ich aber, dass besonders Wie sieht Ihre persönliche Erfahrung Aufgabenbereich fallen seitdem The- Seit vielen Jahren unterstütze ich den beim Thema Barrierefreiheit Betroffene mit Inklusion aus? men zu Gesundheit, Frauen, Kinderbe- Verein „Integration Vorarlberg“. Zudem einbezogen werden sollten. Denn nur treuung und Menschen mit Behin- habe ich als Kommunikations-Beraterin sie wissen, was sie wirklich brauchen derungen. etwa beim Chancenpreis des Landes und auch Sinn macht. mitgearbeitet. Im Alltag fehlt leider oft die Möglichkeit, mit Menschen mit Behinde- rungen in Kontakt zu treten und so gibt Was ist Ihnen in Bezug auf Menschen Wo sehen Sie die Herausforderung Die Anliegen von Menschen mit Behin- es Berührungsängste. Daher war es für In der Gesellschaft gibt es immer mehr mit Behinderungen wichtig? für die Zukunft? derungen sind mir sehr wichtig. Meine mich wichtig, dass meine drei Kinder Neid, Ängste, etc., die das friedvolle Mit- Vorgängerin hat schon viel erreicht, wie von Anfang an eine Integrationsklasse einander erschweren. Daher sollten wir etwa den Krankenhaus-Pass oder in besuchen. Sie haben gelernt, sich ge- mehr hinhören und nachfragen. Die Bezug auf leichte Sprache. Das soll gut genseitig zu helfen und dass auch je- Herausforderung für die Zukunft ist also, fortgeführt werden. Besonders möchte mand mit einer Beeinträchtigung etwas ein gutes Miteinander aktiv zu leben. ich mich für selbständiges Wohnen und besser kann als sie selbst. Ganz selbst- Dafür ist es unter anderem wichtig, dass Arbeiten sowie ein persönliches Budget verständlich ist für sie heute, den Men- Menschen mit Behinderungen direkt einsetzen. Die Unterstützung soll 1:1 bei schen zu sehen und nicht seine Be- sagen, was sie wollen und wo es Pro- der Person ankommen. Mich beein- einträchtigungen oder seine Herkunft. bleme gibt. Auch der Vorarlberger Moni- drucken immer wieder Begegnungen toring-Ausschuss sollte noch weiter und persönliche Geschichten – egal ob ausgebaut werden, damit noch mehr die Beeinträchtigung aufgrund eines Menschen mit Behinderungen sollten Menschen mitreden können. Wo sollten wir mitreden dürfen? Unfalls oder seit Geburt besteht. Es mo- bei allen Themen, die sie betreffen mit-
MAGAZIN 19 Neu: Professionelles Deeskalations- management (ProDeMa®) sieben Deeskalationstrainerinnen und soll dadurch die Begleitung noch per- -trainer mit den Schulungen unserer sonenbezogener gestaltet und auf die In der Lebenshilfe Vorarlberg gibt es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter be- individuellen Bedürfnisse eingegangen seit einigen Jahren die „Arbeits- gonnen. Organisiert werden diese von werden. Zudem sollen die begleiteten gruppe (AG) Gewaltschutz“, die sich unserer Lebenshilfe-Akademie“, so der Personen sensibilisiert werden, so mit Problemen und Fragen rund um Geschäftsbereichsleiter. dass sie selbst Konflikte besser erken- das Thema Gewalt und Prävention nen und entsprechend Hilfe bei Be- beschäftigt. Für die Geschäftslei- Bei den dreitägigen Schulungen kön- zugspersonen einholen“, berichtet tung stellt das Thema Deeskalation nen maximal 16 Begleitpersonen teil- Georg Matzak abschließend. und Gewaltschutz eine primäre Hal- nehmen. Inhaltlich werden die „7 De- tungsfrage dar. Daher entschloss man sich 2017 für die eskalationsstufen“ anhand von Theo- Einführung des professionellen Dees- rie, Übungen, Videoanalyse und freien kaltionsmanagements nach den Grund- Szenen vermittelt. Dazu ist angedacht, lagen des Instituts ProDeMa® für die dass immer das gesamte Team eines KONTAKT & INFO Lebenshilfe Vorarlberg GmbH und die Standortes geschult wird. Damit das INFORMATION Sunnahof GmbH. Zwei Mitglieder der möglich ist, werden zwei bis drei Geschäftsleitung, darunter Geschäfts- Durchgänge nötig sein, die nicht weit Georg Matzak bereichsleiter Georg Matzak, absolvier- auseinander liegen. Geschäftsbereichsleite r ten zuerst am Institut die praxisnahe Mobile Dienste Ausbildung zum Deeskalationstrainer. Tel.: 0 55 23 506-103 00 „ProDeMa® ist ein umfassendes, pra- Ziel ist es, allen Mitarbeiterinnen und Umsetzung im Alltag .at E-Mail: beratung@lhv.or xisorientiertes und evaluiertes innerbe- Mitarbeitern den richtigen Umgang in sh ilfe -vo rar lbe rg.at www.leben triebliches Präventions-, Handlungs- Alltagssituationen zu vermitteln und wie und Trainingskonzept im Zusammen- sie Konflikte bereits im Vorfeld erken- hang mit dem Thema Gewaltschutz. nen und so verhindern können. „Auch Die Einführung dieses Konzepts an allen unseren Standorten ist ein weite- rer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem umfassenden Gewaltschutz- konzept und der Verbesserung der Le- bensqualität von begleiteten Personen – besonders jener mit aggressiven und/oder herausfordernden Verhal- tensweisen“, erklärt Georg Matzak. Um nun einen flächendeckenden und Schulungen für Begleitpersonen fachlich fundierten Umgang an den Le- benshilfe-Standorten zu gewährleisten, haben sechs weitere Trainerinnen und Trainer, ihre ProDeMa-Ausbildung mit Ende April 2018 abgeschlossen. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wur- den nach einem definierten Anforde- rungsprofil ausgesucht und stammen aus den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Mobile Dienste und dem Sunnahof. Ei- nige davon waren schon Mitglied in der AG Gewaltschutz. Mit Mai haben nun Die DeeskaltionstrainerInnen der Lebenshilfe (v.l.): Erik Schwabe, Ulrike Schallert, Rupert Breuß, Benno Scherrer, Georg Matzak, Birgit Loacker und Judith Zankl.
20 DAS INTERVIEW Gibt es in der Lebenshilfe Österreich auch einen Angehörigen-Beirat? und kann auch die Einrichtung von Pro- jektgruppen empfehlen, um effizient Er- Missverständnisse entstehen meist Interview mit gebnisse zu erzielen. Ein Thema, das nicht, weil es verschiedene Ansich- den Beirat immer wieder beschäftigt, ist ten gibt, sondern, weil man sich der Andrea Feuerstein das „Loslassen“, wenn Kinder mit Be- anderen Ansicht nicht bewusst ist. hinderungen erwachsen werden. Kommunikation und Austausch sind hier die tragende Brücke, um zu ver- Als Vertretung der Lebenshilfe Vorarl- mitteln. Vorsitzende des Um verschiedene Sichtweisen und Er- berg agiert Andrea Feuerstein (Ange- Angehörigen-Beirats fahrungen einzuholen und diese bei hörige) im Beirat. Im Interview gibt sie Entscheidungen zu berücksichtigen, einen Einblick in die Funktion und die der Lebenshilfe führt die Lebenshilfe Österreich einen Handlungen des Gremiums. Angehörigen-Beirat mit Vertretungen Vorarlberg aus den verschiedenen Bundeslän- dern. Ihr Vorsitzender ist auch einer der Wie sehen Ihre Aufgaben und Ver- drei Vizepräsidenten der Lebenshilfe In Vorarlberg gibt es seit vielen Jahren antwortlichkeiten als Beirat aus? Österreich. Das Gremium der Angehö- einen Angehörigen-Beirat des Lebens- rigen tagt viermal im Jahr. hilfe Vereins mit vier bis acht Mitglie- dern, der aktuelle Themen aufgreift und bearbeitet. Als Vorsitzende bin ich auch im Vorstand der Lebenshilfe Vorarlberg Der Angehörigen-Beirat hat im We- die beratende und unterstützende vertreten und bringe dort die bearbeite- sentlichen zwei Aufgabenbereiche: Funktion bei der Entscheidungsfin- ten Themen ein. dung des Bundesverbandes die Erarbeitung von Themen, die Als Mutter einer 30-jährigen Tochter mit Angehörige unmittelbar betreffen hohem Unterstützungsbedarf kann ich meine Erfahrungen aus Angehörigen- Die beratende und unterstützende sicht einbringen. Genauso wichtig sind Funktion kommt vor allem bei grund- mir Gespräche mit anderen Angehöri- sätzlichen und strategischen Themen gen, um einen möglichst breiten Zu- zum Tragen. Der Beirat empfiehlt dem gang zu aktuellen Themen zu erhalten. Präsidium die gegebenenfalls not- Voraussetzung für ein konstruktives wendige Bereitstellung von Ressour- Mitwirken im Angehörigen-Beirat Öster- cen (Arbeitszeit, Sachaufwendungen) reich ist dabei die Trennung von eige-
DAS INTERVIEW 21 nen Interessen und denen anderer An- gen und Themenforen, wie zum Bei- gehöriger. spiel jenes am 16. Mai unter dem Titel „Menschen mit hohem Unterstützungs- Wo sehen Sie die Herausforderun- bedarf“ in Salzburg. gen und Chancen des Angehörigen- Angehörige haben eines gemeinsam: Beirats für die Lebenshilfe? Kann man schon einen Ausblick auf im Fokus steht immer das Wohl des ei- zukünftige Aktivitäten geben? Wenn genen Kindes, der Schwester oder des Kernthemen sind Gesundheit, Kran- ja, was sind die Kernthemen? Bruders. Hier liegt naturgemäß viel kenhausaufenthalt, Prophylaxe, Se- Mitglieder des Herzblut und viel Engagement darin, xualität, Gewalt und der große Bereich INFO Angehörigen- gemeinsam das Bestmögliche zu errei- „Wohnen“. Besonders bereichernd ist Beirates chen. die Kommunikation im jährlichen Tria- log von Angehörigen, Menschen mit nder Bernhard Schmid, Vorsitze Besonders wertvoll ist in diesem Zu- Behinderungen und Fachkräften. Hier tes / Vi- des Angehörigen-Beira sammenhang der Austausch unter An- können nachhaltig gute Veränderun- ilfe zepräsident der Lebensh gehörigen und auch mit Selbstvertre- gen passieren. är der Österreich, Generalsekret terinnen bzw. Selbstvertretern – die be- Lebenshilfe Wien sondere Form der Empathie und das ol Werner Andergassen, Tir Sich-Öffnen für neue, andere Sichtwei- Zu welchen Themen und wie kann rreich Christa Buchne r, Ob erö ste sen. Angehörige sind gleichberechtigte man mit dem Angehörigen-Beirat lbe rg Andrea Feuerste in, Vorar Partnerinnen bzw. Partner im Dialog Meiner Erfahrung nach gibt es immer Kontakt aufnehmen? ma rk Werner Franz, Steier mit dem Vorstand und gestalten die Zu- wieder drängende Themen oder auch Evis Halo, Salzburg kunft der Lebenshilfe mit. Probleme, die die Gruppe der Men- urg Hannelore Luschan, Salzb schen mit Behinderungen und damit ntin Ruth Oblak, Vize-Präside Angehörige betreffen und gelöst wer- Kärnten den wollen. Welche Themen beschäftigen mo- sidentin Friederike Pospischil, Prä Derzeit arbeiten wir an: Co-Behinde- mentan den Angehörigen-Beirat? Niederösterreich rungen, Gesundheit und medizinische Gerne greifen wir auch konkrete Anfra- Ober- Helga Scheidl, Präsidentin Versorgung, lebenslanges Lernen und gen auf. Dafür nehmen Sie bitte mit österreich dem neuen Erwachsenenschutzgesetz. Georg Matzak, Geschäftsbereichsleiter Brigitta Weiss, Wien Mobile Dienste der Lebenshilfe Vorarl- Zudem hat der Beirat eine Veranstal- berg, unter Tel.: 0664 500 55 35 oder tungsreihe mit dem Titel „Achtung-fer- mit mir (Andrea Feuerstein) unter Tel.: tig-loslassen“ ausgearbeitet. Hierbei 0664 181 91 68 Kontakt auf. geht es um das Thema „Loslassen“, wenn Kinder mit Behinderungen er- wachsen werden. Wir besuchen auch Standorte mit Vorbildwirkung und betei- ligen uns an österreichweiten Tagun-
22 MAGAZIN Europäischer Freiwilligendienst: Austausch der Kulturen gelernt.“ Nach dem Medizin-Studium EFD-Programm eine Bereicherung: wollte Johanna Kučerová aus Tsche- „Die jungen Menschen aus unter- Seit 2011 nehmen der Sunnahof und chien neue Erfahrungen machen: „Ich schiedlichsten Kulturen ermöglichen das Loackerhuus Europäische Frei- mag keine großen Städte. Das Sun- uns und den Beschäftigten neue Erfah- willige bei sich auf. Jeweils Anfang nahof-Projekt hat mir gut gefallen und rungen. Manchen gefällt es so gut, dass September startet der Europäische nun arbeite ich in der Landwirtschaft.“ sie bei der Lebenshilfe bleiben.“ Freiwilligendienst (EFD) für ein Jahr. Am Sunnahof in Göfis arbeiten und wohnen die Freiwilligen direkt vor Ort, An den Wochenenden treffen sich die wie etwa Florent Mahieu (28) aus Lille drei mit ihrer Kollegin Diāna Stilve. Die Der Europäische Freiwilligendienst ist Für gemeinnützige Projekte in Frankreich: „Ich wollte Soziales und 20-Jährige macht in Lettland eine Aus- Teil des EU-Programms „Erasmus+: Landwirtschaft – aus persönlichen Er- bildung im Sozialbereich: „Ich habe Jugend in Aktion“. Er bietet die Mög- fahrungen – kombinieren. Daher war mich für mehrere EFD-Projekte bewor- lichkeit, für zwei Monate bis zu einem der Sunnahof perfekt für mich. Seit ben, um ein neues Land kennenzuler- Jahr ins Ausland zu gehen und sich in letztem September bin ich hier und nen. Dann bekam ich die Zusage vom einem gemeinnützigen Projekt zu en- meine Erwartungen wurden übertrof- Loackerhuus. Es ist sehr schön hier – gagieren. Als ehrenamtliche Helferin- fen.“ Aus Paris stammt Marie Hiver vor allem die Berge. Das Team und die nen und Helfer arbeiten sie etwa bei (23): „Ich hatte noch keine Erfahrung Beschäftigten sind sehr nett. Ich wohne lokalen Behörden oder Non-Profit-Or- im Sozialbereich und will das hier im im Kolpinghaus in Dornbirn und fahre ganisationen im Jugend-, Sozial-, Kul- Gastro-Bereich ändern. Im wöchentli- mit dem Zug nach Götzis.“ tur- oder Umweltbereich. chen Kurs habe ich schon gut Deutsch Auch für Leiter Herbert Fenkart ist das Diāna Stilve (EFD, l.) mit Heike Herda in der Werkstätte des Loackerhuus. Florent Mahieu, Johanna Kučerová und Marie Hiver (alle EFD, v.l.). Rechts: Florent Mahieu mit Michael Gstrein und Andreas Schneider (v.l.).
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