Kreditmanagement des Landes - Pressekonferenz am 27.08.2018 Transparent und erfolgreich für den Landeshaushalt - Hessen.de
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Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Transparent und erfolgreich für den Landeshaushalt Pressekonferenz am 27.08.2018 Dr. Thomas Schäfer Hessischer Staatsminister der Finanzen
Hessisches Ministerium der Finanzen Was würden Sie jemandem sagen, der … … aus dem Urlaub zurück kommt und sich darüber beklagt, dass er seine Reiserücktrittsversicherung nicht in Anspruch nehmen musste? … niemals in einen Verkehrsunfall verwickelt war und sich darüber beklagt, dass sein Auto über einen serienmäßigen Airbag verfügt? … sich ein Haus gekauft hat und sich darüber beklagt, dass er die Hausfinanzierung nur kurzfristig abgesichert hat und die steigenden Zinsen nicht bezahlen kann? Und was sagen Sie zu einem Finanzminister, der sein Kreditportfolio langfristig gegen das Risiko steigender Zinsen abgesichert hat? 2
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement in Hessen Ziele und Aufgaben Ziele: Sicherstellung der täglich erforderlichen Liquidität des Landes um anfallende Zahlungen zu leisten (z.B. Löhne und Gehälter, Zuweisungen an die Gemeinden, Tilgung von fälligen Krediten etc.) Steuerung der Kreditaufnahme des Landes im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung Aufgaben: Planung und Steuerung der kurzfristigen Kreditaufnahme (unter Berücksichtigung der Liquiditätssituation des Landes) Refinanzierung am Kapitalmarkt und Management des Kredit- und Derivateportfolios 3
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Bausteine Aufgabe: Strategie: Sicherstellung der Liquidität des Landes zu • Abstimmung im HMdF möglichst günstigen Konditionen • Erörterung im Landesschulden- ausschuss Kontrolle: • Vergleich zur Benchmark • Prüfung durch Kreditmanagement Marktanalyse Rechnungshof Steuerungsgrößen: • Verzinsung (fest oder variabel) Instrumentarium: • Laufzeit • Schuldscheindarlehen • Zeitpunkt des • Landesschatzanweisungen Geschäftsabschlusses • Zinssicherungsgeschäfte 4
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Was ist ein Derivat? Ein Derivat ist ein Finanzprodukt, das von der öffentlichen Hand dazu eingesetzt wird, um sich (langfristig) gegen die Risiken von Zins- und Wechselkursschwankungen zu versichern. Ziel ist es, die Planungssicherheit für den Haushaltsgesetzgeber bei den Zinsausgaben zu erhöhen. Der Preis eines Derivats richtet sich nach einem zugrunde liegenden Marktgegenstand, z.B. 10jähriges Darlehen mit einem variablen Zins nach 6- Monats-Euribor*, zu einem bestimmten Zeitpunkt (sog. underlying). Wichtig: Das Land nutzt Derivate nur und ausschließlich zur Absicherung von sog. Grundgeschäften. Es werden ausschließlich Zins- und Währungsänderungs- risiken abgesichert**. Das Land „zockt“ also nicht mit Derivaten! * Euro InterBank Offered Rate (EURIBOR) ist ein Referenzzinssatz für Termingelder in Euro im Interbankengeschäft ** Vgl. die testierte Feststellung im Geschäftsbericht 2017, S. 117. 5
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsgeschäfte Grundsätzliche Funktionsweise* Grundgeschäft: Land Hessen zahlt variablen Zinssatz ( z.B. 6-Monats-Euribor) an Gläubiger nimmt Darlehen auf 01.07.2011 01.07.2051 Sorge: deutlicher Zinsanstieg in Zukunft Entscheidung: Zinssicherung für Zukunft Land Hessen erhält variabel Zinssatz (z.B. 6-Monats-Euribor) von schließt Derivat ab Bank zahlt Festzins (z.B. 3 %) an 01.07.2011 01.07.2051 * Modellrechnung 6
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsgeschäfte Funktionsweise eines Forward-Darlehens* Grundgeschäft: Land Hessen zahlt variablen Zinssatz ( z.B. 6-Monats-Euribor) an Gläubiger nimmt Darlehen auf 01.07.2011 01.07.2051 Sorge: deutlicher Zinsanstieg in Zukunft Entscheidung: Zinssicherung für Kreditaufnahme in einem Jahr Land Hessen erhält variabel Zinssatz von schließt Forward- Bank Derivat ab zahlt Forwardzinssatz an 01.07.2011 01.07.2012 01.07.2053 * Modellrechnung 7
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement Herausforderungen Zinsänderungsrisiko Beschreibt den Effekt von möglichen Veränderungen der Zinsen auf die Zinsausgaben des Landes. Krediteindeckungsrisiko Beschreibt die Frage, ob das Land jederzeit den notwendigen Kreditbedarf in der gewünschten Ausstattung (z.B. Laufzeit, Volumen) am Markt eindecken kann. Adressenausfallrisiko Bei Geldanlagen; zudem kann sich das Land bei Abschluss von Derivaten in der Gläubigerposition befinden und der Vertragspartner kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht vollständig nach. 8
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement Risikosteuerung Zinsänderungsrisiko Lange Laufzeit von Zinsvereinbarungen ist dem Land wichtiger, als von weiter fallenden Zinsen kurzfristig zu profitieren Krediteindeckungsrisiko Permanente, intensive Marktbeobachtung und Vermeidung von Klumpenrisiken Adressenausfallrisiko Anlage von Tagesgeld bei der Bundesbank; bei Zinssicherungsgeschäften: Tägliches Sicherheitsmanagement nach Bankenstandard durch die Helaba 9
Hessisches Ministerium der Finanzen Die Finanzen in Hessen – wo stehen wir? Entwicklung der NKA in Hessen: Schwarze Null und Altschuldentilgung! 4.000 Soll Ist 3.500 3.376 3.000 2.526 2.500 2.268 - in Mio. € - 2.000 1.536 1.536 1.480 1.500 1.300 1.030 1.084 1.000 890 730 638 500 360 350 0 0 -103 -200 -200 -500 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Dabei gilt: Vorsichtig planen – besser abschneiden! 10
Hessisches Ministerium der Finanzen Perspektiven der Landesfinanzen Trendumkehr beim Schuldenstand 44,0 43,2 -1,1 Mrd. Euro 43,0 - in Mrd. € - 42,1 42,0 41,0 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 11
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Tilgungsstruktur der Landesschulden (Stand: 27.08.2018) 6.000 5.835 5.000 4.591 4.692 3.985 4.008 4.000 3.744 - In Mio. € - 3.188 3.035 3.000 2.415 2.332 2.000 1.576 1.000 862 600 429 365 320 217 277 105 0 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 2032 2034 2036 12
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Zinsausgaben sinken deutlich 1.500 1.385 1.400 1.336 1.354 1.346 1.327 1.305 1.337 1.325 1.300 1.275 1.271 1.327 1.326 1.265 1.293 1.242 1.211 1.248 - in Mio. € - 1.200 1.180 1.180 1.166 1.146 1.100 1.088 1.056 993 1.000 1.006 900 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 13
Hessisches Ministerium der Finanzen Kreditmanagement des Landes Wirtschaftliches Ergebnis* ausgelaufener Sicherungsgeschäfte seit 2008 300 jährlich Kumuliert 250 232,1 200 157,9 - Mio. Euro - 150 127,3 115,7 117,5 117,6 94,9 100 74,2 55,74 41,2 39,2 50 30,6 20,73 14,50 26,70 9,7 -2,00 1,87 0,04 0 -50 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 * Jeweils gemessen am günstigsten, vergleichbaren Kreditgeschäft zum Zeitpunkt der tatsächlichen Kreditaufnahme 14
Hessisches Ministerium der Finanzen Hessen im Ländervergleich Durchschnittsverzinsung der Länder 2010 - 2017 6,0% 5,5% 5,0% 4,5% 4,0% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 BW BY BB HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH BE HB HH Lges 15
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsstrategie im Jahr 2010/2011 Ausgangslage Massiver Einbruch der Zinsen im 2. Halbjahr 2010 nach dem Ende der Finanzkrise Hohes Wachstum der deutschen Wirtschaft im Jahr 2010 (+ 4,1%); die guten Exportzahlen und steigender Inlandskonsum lassen für 2011 und 2012 eine positive konjunkturelle Entwicklung erwarten. Unsicherheit über die finanziellen Auswirkungen der Griechenland-Krise Markt und Investoren gehen von steigenden Zinsen aus. Die Einführung der Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung erfordert ein höheres Maß an Planbarkeit. 16
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinsumfeld 2010 Entwicklung des Zinssatzes für 40jährige Anleihen bis 2010 6,00 5,50 5,00 4,50 - in % - 4,00 3,50 3,00 2,50 2,00 26.06.2001 26.06.2002 26.06.2003 26.06.2004 26.06.2005 26.06.2006 26.06.2007 26.06.2008 26.06.2009 26.06.2010 17
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsstrategie im Jahr 2010/2011 Einstieg in eine langfristige Zinsabsicherung • Es werden zur teilweisen Zinssicherung Forward-Festsatzswaps sukzessive abgeschlossen – Jeweils 1 Mrd. Kreditaufnahme in den Jahren 2013-2020 sollen abgesichert werden (Gesamtvolumen 8 Mrd. €). – Damit wären bis zu 20% der voraussichtlichen Brutto-Kredit- aufnahme zinsgesichert. – Es werden 40jährige Festsatz-Swaps vereinbart mit dem Zielniveau unter 3,7%. – Dieser Zinssatz liegt nahe der bisherigen Portfolio-Durchschnitts- verzinsung und stabilisiert den Zinstitel im Hinblick auf die Schuldenbremse. – Für die Möglichkeit, von künftig fallenden Zinsen zu profitieren, bleibt im Rahmen der nicht abgesicherten künftigen Kreditaufnahme angemessen Raum. Hinweis: Diese Eckpunkte wurden wortgleich am 01.04.2011 im Landesschulden- ausschuss vorgestellt. 18
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsstrategie im Jahr 2010/2011 Einstieg in eine langfristige Zinsabsicherung II Konkret heißt dies: Zinssicherung für ein Fünftel der Kapitalmarktverschuldung, aber weiterhin offenes Risiko für vier Fünftel der Schulden des Landes. Es wird eine Zinsbelastung von etwas über 3% p.a. dauerhaft für das Land gesichert (damalige Verzinsung des durchschnittlichen Portfolios 3,6% p.a. in 2011). Zudem: Die Aufnahme von Schuldscheinen zur Zinssicherung wäre im Jahr 2011 deutlich teurer und im erforderlichen Volumen nicht möglich gewesen. 20-jährige Schuldscheine hätten nur mit einem Abschlussvolumen von max. 50 Mio. Euro bei einem Zinssatz von rund 4% p.a. abgeschlossen werden können („technische“ Ursache 2010: „inverse Zinsstruktur am langen Ende“). 19
Hessisches Ministerium der Finanzen Kapitalmarkt zum Entscheidungszeitpunkt Ausnahmesituation beim Zinssatz* – niedrigere Zinsen „am langen Ende“! Sondersituation u.a. 4,5 auf Grund geänderter regulatorischer Anforderungen für Pensionsfonds 4,0 3,5 - in % - 3,0 2,5 2,0 1,5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 18 20 25 30 35 40 45 50 Jahr Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre * Zinskurve vom 15. Mai 2011 20
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinsumfeld im Entscheidungszeitraum Ausnahmesituation beim Zinssatz – aus Sicht des Landes 4,30% nachrichtlich: 4,20% 4,16% 4,10% 4,00% 3,97% 3,90% 3,80% 3,75% 3,70% 3,60% 3,60% 3,50% 3,40% 3,30% Zinsabsicherung Zinsabsicherung Zinsabsicherung Zinssatz 10 Jahre 20 Jahre 40 Jahre Gesamtport- (Kredit am 05.04.2011) (Kredit am 29.03.2011) (10.03.2011) folio (Stand: 31.12.2010) Daher: Entscheidung für lange Laufzeit = Mehr Sicherheit zum besseren Preis! 21
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsstrategie Umsetzung Abschluss von 65 Zinssicherungsgeschäften im Jahr 2011 mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 6,5 Mrd. € Aussetzen der Sicherungsstrategie als Reaktion auf weiter sinkende langfristige Zinsen Ende 2011 Abschluss von acht weiteren Zinssicherungsgeschäften im Jahr 2014 mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 0,8 Mrd. € Im Ergebnis wurden Durchschnittszinsen in Höhe von 3,12 % für 40 Jahre gesichert. 22
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherungsstrategie Umsetzung erfolgte in transparentem Verfahren Entwicklung der Strategie unter Beratung der Helaba Vorstellung der Strategie in der Sitzung des Landesschulden- ausschusses 2010 am 01.04.2011 Seitdem: Jährlicher Bericht über die Ergebnisse im Landesschulden- ausschuss sowie Veröffentlichung in Haushaltsrechnung und Geschäftsbericht Jährliche Prüfung durch Hessischen Rechnungshof im Rahmen der Landesschuldenprüfung sowie im Rahmen der Bilanz durch Wirtschafts- prüfer im Auftrag des Rechnungshofs Bisher keine Beanstandungen* * Vgl. zuletzt den Landesschuldenbericht 2015 des Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs vom 8.11.2017. 23
Hessisches Ministerium der Finanzen Diskussion der Zinssicherungsstrategie Wie kommt „Die Welt“ auf einen Verlust in Höhe von 375 Mio. € ? Die Berechnung in der „Welt am Sonntag“ basiert auf folgenden Annahmen: Zinssatz „Versicherungs- Gesamtbeitrag Kreditvolumen Vergleichszins Beitrag p.a. Zinssicherung prämie“ (40 Jahre) (1) (2) (3) (4) = (2) ./. (3) (5) = (1) x (4) (6) = 40 x (5) 1 Mrd. € 3,6305% 2,6940% 0,9365% 9,37 Mio. € 374,6 Mio. € Die Größenordnung des ausgewiesenen Jahresbeitrages ist grundsätzlich plausibel, auch wenn der Zinsvorteil auf Grund des unterlegten Kreditgeschäfts unberücksichtigt bleibt. Aber: Auch nach Auffassung des Rechnungshofes stellen die Mehrkosten nur eine Momentaufnahme dar. Je nach Veränderung des Zinssatzes über 40 Jahre können sie auch überkompensiert werden und sogar zu einem Gewinn führen. 24
Hessisches Ministerium der Finanzen Zinssicherung des Landes Zusammenfassung Das Land setzt im Rahmen seines Kreditmanagements auf umfassende Transparenz. Rechnungshof und Wirtschaftsprüfer prüfen das Land jährlich und hatten bislang keinen Grund zur Beanstandung. Rund 80 % der Schulden des Landes sind nicht dauerhaft gegen Zinsänderungsrisiken abgesichert. Hier kann das Land von weiter sinkenden Zinsen profitieren, unterliegt jedoch dem Risiko, dass steigende Zinsen den Haushalt belasten. Durch die Zinssicherungsgeschäfte sichert sich das Land für rund 20 % seiner Schulden langfristig ein stabiles Zinsniveau. Dafür zahlt es, wie jeder Häuslebauer auch, aktuell eine Versicherungsprämie. Das Land verfolgt eine ausgewogene Risikostrategie: Ein Mix aus festverzinslichen und variablen Krediten in Verbindung mit der Besicherung eines 20prozentigen Anteils des Kreditvolumens vermeidet eine „Alles-oder-nichts“- Situation. Nur auf ein Pferd zu setzen, das wäre Spekulation. 25
Hessisches Ministerium der Finanzen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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