Krisenkommunikation und Krisenmanagement im digitalen Zeitalter
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Krisenkommunikation und Krisenmanagement im digitalen Zeitalter 2. Südwestdeutsche Tagung für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit – LDEW Hessen/Rheinland-Pfalz, Eppstein/Taunus, 25. September 2019 Jörg Prostka, Pressesprecher / Vorstandsbüro AVU
Das erwartet Sie in den nächsten 45 Minuten: • Warum man vor der Krise ein gutes Netzwerk aufbauen sollte (und ein System…) • Warum rationale Herangehensweisen nicht helfen • Ein paar aktuelle (und alte) Erfahrungen • Bleibt alles anders in der digitalisierten Öffentlichkeit • Warum wir keine Angst vor einem Shitstorm haben müssen BEGRÜSSUNG Vorstellung der Person: Krisenkommunikation ist seit Jahren ein „Trend-Thema“ – bei den PR- Fachleuten, in unserer Branche und darüber hinaus… Ich bin kein zertifizierter Krisen-Manager, bringe „nur“ 20 Jahre Erfahrung als Pressesprecher mit und das immer beim gleichen Unternehmen! Man könnte auch sagen: Ich habe alle Krisen überlebt! Das erwartet Sie also in den nächsten 45 Minuten: • Warum man vor der Krise ein gutes Netzwerk aufbauen sollte (und ein System…) • Warum rational nicht hilft • Ein paar aktuelle (und alte) Erfahrungen • Bleibt alles anders in der digitalisierten Öffentlichkeit • Warum wir keine Angst vor einem Shitstorm haben müssen Vor allem gibt es kein Powerpoint-Feuerwerk = „betreutes Lesen“ - sondern eini ge Folien zur Unterstützung. In Ihren Seminarunterlagen finden Sie die Folien sa mt meiner Stichworte im Manuskript. Und ich hoffe auf viele Fragen und eine angeregte Diskussion – Sie können auch dazwischen grätschen…
Energiedienstleister aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis Wichtige Beteiligungen: ◦ AVU Netz ◦ AVU Serviceplus ◦ AHE (Entsorgung) ◦ Verbund-Wasserwerk Witten ◦ Stadtwerke Hattingen Aktionäre: Alle Angaben: Geschäftsjahr 2018 (wenn nicht anders angegeben) ◦ 50 % innogy, Essen ◦ 50 % kommunal Absatzmengen: ◦ Strom: 845 Mio. kWh ◦ Erdgas: 1.649 Mio. kWh ◦ Wasser: 7,601 Mio. m³ ◦ Bilanzgewinn: 11,5 Mio. € ◦ Umsatzerlöse: 407 Mio. € ◦ Mitarbeiter/-innen: 439 (zum 31.08.2019) Die obligatorische Folie aus der allgemeinen Unternehmenspräsentation…
Die Krise kommt immer sonntags (oder im Sommerloch) Gegenmittel: • Dienstanweisungen • Handbücher • Übungen • Vernetzung • Erfahrungen • Bauchgefühl • Glück Eigene Erfahrungen (PFT 2008, Neubau Umspannwerk 2018 ) „Sonntags“ kann auch bedeuten: schleichend / für alle sichtbar, aber keiner merkt es u.v.a.m. – es gibt weder Patentrezepte noch perfekte Vorbereitungen! Reihenfolge der Gegenmittel: von ganz formal & rational bis individuell- subjektiv-irrational Status Quo Krisenkommunikations-Management in der AVU-Gruppe • Erste Dienstanweisung 2007, aktualisiert 2014 – in 2018/19 als komplettes Handbuch Krisenmanagement aufgelegt – davon gleich mehr… • Schulungen Erstkontakt Medien für Bereitschafts-MA; Desktop-Übungen f ür Krisenstab • Rolle Pressesprecher als „Flaschenhals“ bei der Alarmierung/ Meldung • Neue Themen und Aufgaben: z.B. Informationssicherheits-Managementsys tem (incl. Zertifizierung) Wichtig sind eine Vernetzung im Unternehmen (Datenschutz, IT-Sicherheit, Bere itschaftsleiter Energie- und Wasserversorgung u.a.) und in der Region (Medien, P olizei & Feuerwehr, Politik); auch eine Agentur als Back-Up sollte man auch in F riedenszeiten pflegen: Beratung, Monitoring etc., ggf. auch eine Kanzlei mit Rec htsanwälten aus dem Bereich Medien- und Internetrecht Sie sehen: Kontinuität in der Bearbeitung/Aktualisierung ist schwierig – das The ma rückte halt bei mir als Pressesprecher immer in den Hintergrund, weil gerade etwas wichtiger und aktueller war. Heißt also: dranbleiben am Thema - die nächste Krise kommt bestimmt…
Kommunikation ist nicht alles: Ziel ist optimale Verknüpfung allgemeines Entstörungs- management und Krisenkommunikations-Management Krisenkommunikation ist eine ständige Aufgaben in ruhigen Zeiten: Schulungen für Monteure in 2019 Qualifizierungen und Übung für 2020 geplant Fotos: re. Feuerwehr Breckerfeld – Chlorgas-Alarm Wasserwerk Rohland, Juli 2017 li. jöp – Pressekonferenz TippKick-Demenzhilfe – April 2016 Entscheidende Veränderung seit 2017: Dienstanweisung 2017/2018 überarbeitet: Trennung in kurze DA für den allgeme inen Überblick und ausführliches Handbuch (Rollensystem, Aufbau- und Ablauforganisation, Anleitungen, Checklisten, Szen arien etc.) Wichtige inhaltliche Verschiebung: Melde- und Alarmierungsplan verlagert vom Pressesprecher zum Bereitschaftslei ter Gas/Wasser (Rolle im Handbuch: Einsatzleiter vom Dienst) Gemeinsames Projektteam Revision / Technik / Pressesprecherei: • Zusammenarbeit auf Augenhöhe, d.i.: Kommunikation gleichberechtigt mit anderen Krisenmanagement-Aufgaben • Verknüpfung mit ISMS und TSM Krisenkommunikation ist eine ständige Aufgaben in ruhigen Zeiten Schulung- und Qualifizierungsplan 2019: • Bereitschafts-Mitarbeiter (Monteure): Erstkontakt mit Medien, um sie sensib el für Arbeitsweise der Medien zu machen • Medientraining Vorstand / Geschäftsführung Netz Plan für 2020: • Bereitschaftsleiter auf das neue System (= sensibel machen für nicht-technis che Krisen) • Desktop-Übung (Szenario und Durchführung: Agentur; Alarmierung aus de m Alltagsgeschäft heraus!)
Erfahrungen 2018 • Einen Wutbürger gibt es immer • Und der Hambacher Forst ist so weit weg (wenn er in der Ta gesschau zu sehen ist, aber nur 90 Autominuten entfernt…) Foto: jöp - Tagebau Garzweiler, Sept. 2017 Wirkliche Kommunikations-Krisen: • Wasserwerke an der Ruhr: PFT-Eintrag 2007/2008 • Entlassung Technischer Vorstand 2014 • Handwerker-Lobby vs. AVU wg. PV-Komplettpaket 2014 Erfolgreiche Krisenprävention 2018: • Anwohnerprotest Bau Umspannwerk – einen Wutbürger gibt es immer; Konsequenz: Anwohnerinformation bei jedem Großprojekt; aber auch: Absage Richtfest • Hambacher Forst: Projektion Unternehmerisches Handeln RWE/innogy auf AVU – nur vereinzelte Beiträge in den sozialen Netzwerken, aber auch: Kunden kündigen Stromverträge
Was ändert sich im digitalen Zeitalter? klassische Medien haben ihre Gatekeeper-Funktion verloren Krisen können (müssen aber nicht!) viel schneller verlaufen, d.h. entstehen, eskalieren – und auch wieder verschwinden Kommunikation ist der entscheidende Faktor im Krisen- management, gleich bedeutend mit dem operativen Handeln (d.i. Entstörung/Wiederversorgung oder Einigung mit Kund en, Stakeholder etc.) Systemwandel in der Alltagskommunikation Natürlich machen sich die Veränderungen in der alltäglichen Kommunikation uns erer Kunden, Stakeholder, Medienpartner auch in Krisensituationen bemerkbar: klassische Medien haben ihre Gatekeeper-Funktion verloren – es reicht nich t mehr nur die Journalisten zu informieren Krisen können (müssen aber nicht!) viel schneller verlaufen, d.h. entstehen, eskalieren – und auch wieder verschwinden, dazu gleich mehr beim Thema Shitstorm Kommunikation ist der entscheidende Faktor im Krisenmanagement, gleich bedeutend mit dem operativen Handeln (d.i. Entstörung/Wiederversorgung oder Einigung mit Kunden, Stakeholder etc.); deshalb die parallele Weitere ntwicklung von Krisenkommunikations-Management und Krisenmanageme nt Hinweis auf die VDE-Richtlinie Beispiele für Veränderungen durch die digitale Kommunikation • Weltbekannt: der Streisand-Effekt: der Versuch die Luftaufnahmen ihres Anwesens verbieten zu lassen haben erst zu der weltweiten Verbreitun dieser Aufnahmen geführt • Filterblasen-Krisen – nur AVU-bekannt: ein Kunde postet nur in seinem
Facebook-Profil und nicht auf öffentlichen Seiten oder in populären Gruppen seinen Frust über einen Stromausfall.
Der Mythos vom Shitstorm Das Thema Shitstorm lässt sich von zwei Seiten „entkräften“ – meine Thesen: • Erregung ist der Normalzustand im Netz! • Die digitale Öffentlichkeit ist ausdifferenziert, separiert, kleinteilig und die Abwehrmechanismen sind gelernt! Warum wir keine Angst vor einem Shitstorm haben müssen Zugegeben möchte ich damit etwas provozieren. Aber mal ehrlich: Wer von Ihne n hat schon mal einen Shitstorm erlebt? Es gibt natürlich Beispiele: Nestlé-Palmöl-OrangUtan und die Reaktion von Nestl é auf die Greenpeace-Kampagne ist sicher das bekannteste. Aber das ist ja in Fac ebook-Zeit gemessen Generationen her! Gab es einen einzelnen, bundesweit Aufsehen erregenden Shitstorm letztes Jah r rund um die Proteste im Hambacher Forst? Meines Wissens nicht! (Es gab eine schlechte Kommunikation von RWE, die es z.B. versäumt haben rec htzeitig Domain-Namen etc. zu sichern und ihre Hauptargumentation auf die for male Legitimation ihres Handelns gesetzt haben. Und es gab natürlich auch auf der anderen Seite illegale Aktionen und Protestfor men, die zu verurteilen sind…) Und sind wir Stadtwerke und eher kleinen Energieversorger in unserem öffentlich en Umfeld permanent Shitstorm-gefährdet? Ich will die Gefahr der öffentlichen Erregung (in den sozialen Netzwerken) nicht verharmlosen und vor allem nicht die noch viel größere Gefahr, falsch darauf zu r eagieren. Aber das Thema Shitstorm lässt sich von zwei Seiten „entkräften“ – meine These n: • Erregung ist der Normalzustand im Netz! • Die digitale Öffentlichkeit ist ausdifferenziert, separiert, kleinteilig und die Abwehrmechanismen sind gelernt!
Und schließlich: Zum Abschluss das Lob und die Motivation für Sie und für die vielen anderen stillen Arbeiter*innen in den Pressesprechereien und anderen Manufakturen für Kommunikation: Bleiben wir gelassen in brenzligen Situationen wie hier Hägars Pressesprecher. Bleiben wir demütig und unterschätzen nie unsere Kunden, Medienpartner und anderen Akteure in der Öffentlichkeit, weil wir nie 100%ig wissen können, wie sich der Wind drehen kann! Überlassen wir das Handeln des Unternehmens nie den Juristen, Controllern oder auch nicht den eingekauften Spin-Doctoren, die sich in die Vorstandsetagen einschleichen! Und bleiben wir vor allem empathisch für alle Menschen, mit denen wir zu tun haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Jörg Prostka Pressesprecher / Vorstandsbüro AVU AG Tel.: 02332 73197 Fax: 02332 73 98197 Mobiltel.: 0172 7780197 E-Mail: prostka@avu.de Twitter: AVU_Gevelsberg / @AVU_Presse Es gilt das gesprochene Wort! Rechtlicher Hinweis: Verwendung des Vortrags und der Vortragsnotizen nur mit Genehmigung des Autors (siehe Kontaktdaten) !
Auszug aus dem AVU-Handbuch als Bsp. für Vernetzung: DVGW-Merkblatt für TSM-Zertifizie- rung ist Teil des Kommunikation- Handbuchs: „Die Aufbauorganisation des Krisenmanag ementsystems der AVU-Gruppe basiert auf Rollen, Rollenplänen, Einsatzkarten etc., um den Ablauf des Krisenmanagements zu vereinheitlichen bzw. zu standardisieren mit dem Ziel, eine möglichst hohe Arbeits- qualität zu erreichen. Wie in den folgenden Kapiteln beschrieben, soll damit die kom- plexe Planung und Umsetzung der Krisen- bewältigung, die in der Regel unter hohem Stress erfolgen, methodisch unterstützt wer den (siehe folgende Abbildung).“ Abbildung 1: Schema zum Ablauf des Kris enmanagements auf Basis des DVGW-Mer kblatts G 1002 (M)
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