Kriterien für naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen - Gemeinsames Papier, Stand April 2021

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Kriterien für naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen - Gemeinsames Papier, Stand April 2021
Kriterien für naturverträgliche
Photovoltaik-Freiflächenanlagen
Gemeinsames Papier, Stand April 2021

                                       www.solarwirtschaft.de
Inhalt

    Vorbemerkung									3

    Naturschutzfachliche Chancen und Herausforderungen für Solarparks   4

    Kriterien zur naturverträglichen Planung einer PV-Freiflächenanlage 5
    1. Standortwahl									5
    2. Planung und Ausgestaltung							6
    3. Errichtung										7
    4. Netzanschluss									8
    5. Betrieb										8
    6. Rückbau										8

    BSW — Bundesverband Solarwirtschaft e. V.
    EUREF-Campus 16, 10829 Berlin
    Telefon +49 30 2977788-0 · Telefax +49 30 2977788-99
    info@bsw-solar.de; www.solarwirtschaft.de

    Kontakt
    Naturschutzbund Deutschland e. V.
    Referentin für Energiepolitik und Klimaschutz
    Tina Mieritz
    E-Mail: Tina.Mieritz@nabu.de

    Bundesverband Solarwirtschaft e. V.
    Referent Politik und Solartechnik
    Christian Menke
    E-Mail: menke@bsw-solar.de

    Bildnachweis:
    NABU/ENeuling

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Vorbemerkung
    NABU und BSW-Solar sind übereinstimmend der          der Vermeidung von CO2 und Luftschadstoffen,
    Auffassung, dass die Klimaziele, insbesondere        können Freiland-Solaranlagen zu einer ökologi-
    das 2°-, besser noch das 1,5°-Ziel von Paris, un-    schen Aufwertung von Flächen beitragen. Dies
    bedingt erreicht werden müssen. Auch Deutsch-        gilt insbesondere dann, wenn die in diesem Papier
    land hat sich in diesem Zusammenhang verpflich-      gemeinsam von NABU und BSW erarbeiteten
    tet, bis zum Jahr 2030 den Treibhausgasausstoß       Kriterien berücksichtigt werden. Ihre Umsetzung
    um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu verrin-         ist im gemeinsamen Interesse von Naturschutz-
    gern und bis zum Jahr 2050 eine Emissionsredu-       verbänden und der Solarbranche.
    zierung um 80–95 % gegenüber 1990 zu erreichen.
                                                         Die schnelle Erschließung von Klimaschutzpoten-
    Als saubere und kosteneffiziente Technologie zur     zialen mittels ebenerdig errichteten Solarparks
    Stromerzeugung ist die Photovoltaik ein unver-       wird nicht nur durch inzwischen sehr niedrige
    zichtbarer Eckpfeiler zur Umsetzung der Klima-       Produktionskosten erleichtert, sondern auch
    ziele. Ein verstärkter Ausbau der Solarenergie ist   durch einen in den letzten Jahren erheblich ge-
    damit auch im Interesse des Natur- und Arten-        sunkenen spezifischen Flächenbedarf. Infolge
    schutzes, für die der Klimawandel zu den größten     von Effizienzsteigerungen der Module hat sich
    Bedrohungen zählt.                                   die durchschnittliche Flächennutzung von PV-
                                                         Freiflächenanlagen gegenüber früher um rund
    NABU und BSW sind sich einig, dass die vorhan-       das Zweieinhalbfache verringert, was zugleich
    denen Dachflächenpotenziale auf Eigenheimen,         potenzielle Auswirkungen je erzeugter Kilowatt-
    Gewerbe- und Industrieanlagen sowie Potenziale       stunde auf Natur und Landschaft entsprechend
    auf versiegelten Flächen möglichst umfassend         vermindert.
    und vorrangig erschlossen werden sollten. Dafür
    ist insbesondere der Abbau bestehender Investi-      Schon heute werden bei PV-Freiflächenanlagen
    tions- und Nutzungsbarrieren u.a. für die solare     (PV-FFA) der Schutz des Bodens, der Flora und
    Eigen- und Quartiersversorgung erforderlich.         Fauna und ihrer Lebensräume mit der Energie-
                                                         produktion in Einklang gebracht. Denn PV-FFA
    Ohne einen entsprechenden Hemmnisabbau und           ermöglichen durch eine Extensivierung der
    ohne Einsatz ordnungsrechtlicher Instrumente         Flächennutzung eine Kombination von Natur- und
    wird absehbar allerdings nur ein Teil der tech-      Klimaschutz. Insbesondere, wenn die Flächen
    nisch verfügbaren Gebäudeflächen für die Solar-      vorher konventionell landwirtschaftlich bewirt-
    stromerzeugung aktiviert werden können. Zudem        schaftet wurden, ist eine signifikante Verbesse-
    lässt die zunehmende Notwendigkeit, fossile          rung der Biodiversität erreichbar.
    Brennstoffe nicht nur im Stromsektor, sondern
    zunehmend auch im Wärme- und Verkehrsbe-             Allerdings können diverse Faktoren die Priori-
    reich durch Erneuerbare Energien zu ersetzen,        sierung besonders naturverträglicher Flächen
    den Bedarf an Solarstrom in den kommenden            bei der Standortwahl erschweren: Zu nennen
    Jahren deutlich steigen.                             sind hier die Größe der Flächen und die erforder-
                                                         liche Nähe aufnahmefähiger Netze in Bezug auf
    Neben einem weiteren Ausbau von PV-Dachan-           die wirtschaftliche Optimierung sowie ein harter
    lagen ist es daher notwendig, dass ebenerdig         Wettbewerbsdruck in den Ausschreibungsver-
    errichtete PV-Freilandanlagen, die inzwischen        fahren, aber auch die gewünschten Abstände zu
    Strom zu günstigeren Kosten produzieren, als         Wohnanlagen.
    neue konventionelle Kraftwerke, in den nächsten
    Jahrzehnten verstärkt in Deutschland errichtet       Bereits heute werden naturschutzfachliche
    werden, um die Ziele der Energiewende und des        Belange von Anfang an berücksichtigt: bei der
    Klimaschutzes zu erreichen. Nicht nur im Hin-        Solarpark-Standortwahl (standortspezifische
    blick auf ihre Kosten bieten Solarparks Vorzüge      Gegebenheiten wie Bodenwert, Vorbelastung,
    gegenüber anderen Energieformen. So verfügen         Lebensraumtyp etc.), bei der Projektierung sowie
    sie über große kurzfristig erschließbare Ausbau-     beim Betrieb mittels geeigneter Maßnahmen,
    potenziale und eine hohe Akzeptanz in der Bevöl-     einem Monitoring und einer naturschutzfach-
    kerung1. Neben den bekannten positiven Effekten,     lichen Begleitung. So kann die Schaffung eines

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eingefriedeten Refugiums neuen Lebensraum für          fahren erleichtern sollen. Intention ist es darüber
gefährdete Tiere und Pflanzen unter und zwi-           hinaus, Betreiber und Betriebsführer von PV-FFA
schen den Modulreihen schaffen.                        über die gesamte Betriebsdauer der Anlage zur
                                                       Berücksichtigung standort- und regionalspezi-
Um die hohe Akzeptanz der Photovoltaik zu erhal-       fisch angepasster Maßnahmen zur Förderung
ten und weiter zu fördern, hat sich der NABU mit       ökologischer Belange für einen effektiven Natur-
dem BSW-Solar gemeinsam auf Kriterien ver-             schutz zu veranlassen und diese im Hinblick auf
ständigt, die zur naturverträglichen Standortwahl      ihre Wirksamkeit regelmäßig zu evaluieren (vgl.
und Errichtung sowie dem Betrieb und Rückbau           Kapitel 5).
von PV-FFA beitragen und Genehmigungsver-

Naturschutzfachliche Chancen und
Herausforderungen für Solarparks
Im Vergleich zu anderen Technologien zur Ener-         keit der Bodenerosion entsteht durch das von den
gieerzeugung sind die Auswirkungen von Solar-          großen Modulflächen ablaufende Niederschlags-
parks auf den Naturraum begrenzt und bieten            wasser. Sie ist naturgemäß bei starken Hanglagen,
auch ökologische Chancen. Dennoch stellen              bindigen Böden mit geringer Versickerungsrate in
Freiflächenanlagen prinzipiell einen Eingriff in die   Verbindung mit Starkregenereignissen relevant
Landschaft dar, und können je nach Standortwahl        und muss entsprechend berücksichtigt werden.
auch natürliche Lebensräume beeinträchtigen.
Dabei variieren die tatsächlichen Auswirkungen         In einer zersiedelten und intensiv genutzten Kul-
von Solarparks auf ihre unmittelbare natürliche        turlandschaft bieten Solarparks im Vergleich zu
Umgebung stark mit dem jeweiligen Standort. Die        anderen Nutzungen der Natur sogar Vorteile: Mit
baulichen Anlagen verändern den Landschafts-           einem durchdachten Konzept zur Entsiegelung,
charakter und damit auch den Lebensraum für            Extensivierung und Förderung der Struktur-
Arten vor Ort. Bei der Planung müssen verschie-        vielfalt, zum Schutz bodenbrütender Vogelarten
denste Belange berücksichtigt werden.                  und gefährdeter Reptilien sowie durch gezielte
                                                       Anpflanzungen können diese Flächen ökologisch
Die Errichtung von umzäunten Flächen wie Solar-        aufgewertet werden und Synergieeffekte zwischen
parks kann für die Wanderrouten von Mittel- und        PV-Freiflächenanlagen und Naturschutz erzielt
Großsäugern zur Barriere werden. Durch punk-           werden. Sie können sogar neue Lebensräume
tuelle Versiegelung, Verschattung und Über-            schaffen, zum Beispiel dann, wenn eine zuvor
schirmung von Flächen kann beispielsweise die          intensiv genutzte Agrarfläche durch den Bau eines
Wasserversorgung des Bodens und damit je nach          Solarparks in eine extensiv genutzte Fläche umge-
Standortwahl auch die Biodiversität des Bodens         widmet und entsprechend extensiv bewirtschaftet
beeinträchtigt werden.                                 oder beweidet wird.

Durch eine naturverträgliche Standortwahl und          Durch eine geschlossene Vegetationsschicht
Ausgestaltung der Anlage lassen sich Beeinträch-       werden die Erosion des Bodens und Nitrat-
tigungen vermeiden oder erheblich reduzieren.          auswaschungen sowie die Euthrophierung von
Außerdem können je nach vorhandener Fläche             Gewässern verhindert und seine Filterwirkung
während der gesamten Lebensdauer Maßnahmen             gestärkt. Unverschmutzt wird das Nieder-
ergriffen werden, welche negative Auswirkungen         schlagswasser zur Grundwasserneubildung
wie Risiken der Bodenerosion oder Beeinträch-          breitflächig versickert. Zusätzlich kann sich ein
tigung einzelner Arten minimieren. Die Möglich-        Beitrag zum Gewässerschutz ergeben, wenn eine

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PV-FFA in bestimmten Zonen oder entlang von          Vorbelastete Konversionsflächen und bauliche
    Wasserschutzgebieten errichtet wird und damit        Anlagen, die ihren Nutzen verloren haben, sollten
    ein schädlicher Nährstoffeintrag durch landwirt-     unter Berücksichtigung der jeweiligen ökologi-
    schaftliche Nutzung verhindert wird.                 schen Wertigkeit sinnvollerweise einer neuen
                                                         Nutzung zur Energiegewinnung zugeführt werden.
    Ein begleitendes Naturschutz-Monitoring, wel-
    ches im Bebauungsplan festgelegt werden sollte,      Eine gute Zusammenarbeit mit den Kommunen
    dokumentiert bei Errichtung, Bau und Betrieb bis     und frühzeitige Abstimmung des Planungsbüros
    zum Rückbau die Auswirkungen der Anlagen auf         mit der zuständigen Naturschutzbehörde schafft
    die Ökologie (wie die Populationsentwicklung von     Planungs- und Rechtssicherheit.
    Insekten und Vögeln) und kann Grundlageninfor-
    mationen für wissenschaftliche Auswertungen
    bieten (vgl. Kapitel 5).

    Kriterien zur naturverträglichen
    Planung einer PV-Freiflächenanlage
    1: Standortwahl
    Erfordernisse des Natur- und Landschaftsschut-       Wird auf einer Konversionsfläche durch die Er-
    zes sollten bei der Planung frühzeitig standortbe-   richtung einer PV-FFA die zunehmende Ver-
    zogen in die Entscheidungsfindung einfließen. Aus    buschung gestoppt, können Lebensräume für
    Naturschutzsicht sollten dabei bevorzugt Flächen     bodenbrütende Vögel und Offenlandhabitate für
    mit hoher Vorbelastung und geringer naturschutz-     Flora und Fauna erhalten werden. Mit einem
    fachlicher Bedeutung gewählt werden.                 konkreten Konzept zur ökologischen Aufwertung
                                                         dieser Flächen können Maßnahmen zur Struk-
    Für PV-FFA aus naturschutzfachlichem Blick-          turverbesserung, Schaffung neuer Habitate zur
    winkel besonders geeignete Flächen sind solche       Förderung bedrohter Tier- und Pflanzenarten und
    im räumlichen Zusammenhang von z. B. Verkehr-        durch hochwertige Gehölzpflanzungen umgesetzt
    straßen, Halden, Konversionsflächen mit hohem        werden.
    Versiegelungs- oder Kontaminationsgrad und
    sonstige brachliegende ehemals genutzte Flä-         Besonders bei Gebieten, die einen hohen Wert für
    chen, aber auch bisher landwirtschaftlich intensiv   den Biotopverbund haben, muss die PV-Anlage
    genutzte Flächen.                                    als Rückzugsraum bestimmter bedrohter Arten
                                                         in diesen Verbund konzeptionell eingebunden
    Oftmals werden im Zuge der Errichtung von            werden. Eine Zerschneidung der Landschaft sollte
    PV-FFA erhebliche Verbesserungen der Flächen         vermieden werden. Im Rahmen der Aufstellung des
    ehemaliger Militär- oder Industriegelände vor-       Bebauungsplanes ist die bauplanungsrechtliche
    genommen. Hier sind insbesondere die Regene-         Eingriffsregelung abzuarbeiten, i. d. R. im Rahmen
    ration des Bodens und die Vermeidung weiterer        der Umweltprüfung, die im Sinne einer Einzel-
    Grundwasserverunreinigung zu nennen. Wegen           fallbewertung die spezifische Situation vor Ort
    der Großflächigkeit und kontaminationsbedingten      bewertet.
    Nutzungsverboten sind dort andererseits oft wert-
    volle Flächen entstanden, mit denen es nachhaltig
    umzugehen gilt.

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NABU und BSW stimmen überein, dass die Errich-        Prüfung Schutzzweck und Erhaltungsziele von
    tung von PV-FFA in folgenden Gebieten unterblei-      einer Anlagenplanung nicht beeinträchtigt werden
    ben sollte:                                           oder würden sie sogar profitieren, kann eine Aus-
                                                          nahmegenehmigung erteilt werden.
    - in Feuchtgebieten internationaler Bedeutung
      (Ramsar-Gebiete),                                   Auch ökologisch hochwertige Flächen ohne
    - in Naturschutzgebieten,                             Schutzstatus, aber mit schützenswerten Artvor-
    - in Nationalparks,                                   kommen, die von der Errichtung einer PV-Anlage
    - in Kern- und Pflegezonen von                        im Sinne der Verbotstatbestände des Bundes-
      Biosphärenreservaten (BSR)                          naturschutzgesetzes beeinträchtigt sein können,
    - sowie in gesetzlich geschützten Biotopen            sollten nach Auffassung von NABU und BSW
      nach § 30 BNatSchG.                                 möglichst nicht für Solarparks herangezogen
                                                          werden. Das heißt zum Beispiel, dass Gebiete mit
    Ausnahmen können in Naturparks sowie in Land-         seltener Ackerwildkraut-Flora möglichst nicht
    schaftsschutzgebieten und Entwicklungszonen           bebaut werden sollten. Da Photovoltaik-Freiflä-
    von Biosphärenreservaten gemacht werden,              chenanlagen aus Sicht des Naturschutzes immer
    solange sie dem Schutzziel nicht entgegenstehen.      auch einen Eingriff in den Naturhaushalt und das
    NABU und BSW stimmen überein, dass in Gebieten        Landschaftsbild darstellen, sollten Standortent-
    des europäischen Natura-2000-                         scheidungen für ebenerdig errichtete Solarparks
    Netzwerks, bestehend aus EU-Vogelschutz- und          den oben genannten qualitativen naturverträgli-
    FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitat), PV-FFA            chen Mindeststandards Rechnung tragen.
    weitestgehend unterbleiben sollten.
    FFH-Flächen dienen dem Schutz einzelner euro-
    päischer Tier- und Pflanzenarten sowie seltener
                                                          Beteiligung der örtlichen
    Lebensräume (FFH-Lebensraumtypen). Sie sind           Naturschutzverbände
    Teil des Natura-2000-Netzwerks und sind oft
                                                          Örtliche Naturschutzverbände sollten bereits in
    recht klein. Aus Naturschutzsicht sollten sie Aus-
                                                          einem frühen Stadium in die Planung einbezo-
    schlussgebiete sein, da die Flächenbeanspruchung
                                                          gen und deren Kenntnisse und Hinweise bei der
    von PV-FFA dem Erhalt geschützter Habitate und
                                                          Planung berücksichtigt werden. Ihr Sachverstand
    ihrem Schutzzweck entgegenstehen kann.
                                                          kann maßgeblich dazu beitragen, das Projekt
                                                          auf lange Zeit naturverträglich zu gestalten und
    Dasselbe gilt für EU-Vogelschutzgebiete (SPA:
                                                          gleichzeitig die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen. Mit
    Special Protection Area). Befindet sich der Stand-
                                                          einer freiwilligen, frühzeitigen und engen Be-
    ort in einem ausgewiesenen SPA oder einem
                                                          teiligung der Öffentlichkeit und Vorstellung von
    sogenannten faktischen Vogelschutzgebiet (IBA:
                                                          Konzepten zur Kombination von Naturschutz,
    Important Bird Area) ist eine Verträglichkeits-
                                                          Klimaschutz und ökologischer Stromgewinnung,
    prüfung unter Berücksichtigung der Schutzziele
                                                          sowie Möglichkeiten der Beteiligung von Bürgern
    (wertgebende Arten), den Erfordernissen der ge-
                                                          beim Betrieb der Anlage kann die Akzeptanz ge-
    bietsspezifischen Erhaltungsziele und hinsichtlich
                                                          fördert werden.
    der allgemeinen Vorgaben der EU-Vogelschutz-
    richtlinie vorzunehmen. Sollten im Ergebnis der

    2: Planung und Ausgestaltung
    Das zentrale Prüfinstrument der naturschutz-          hochwertiges und kontrolliertes Flächenmanage-
    rechtlichen Eingriffsregelungen (§§ 13 ff.            ment).
    BNatSchG) schreibt vor, dass vermeidbare Beein-
                                                          Bei der Errichtung besonders ausgedehnter
    trächtigungen zu unterlassen sind (§ 15 Abs. 1 S. 1
                                                          Anlagen sollte, sofern dies nicht bereits durch
    BNatSchG). Daher ist die Reduzierung der jewei-
                                                          rechtliche Festlegungen oder anderweitig im Ge-
    ligen schutzgut- und maßnahmenspezifischen
                                                          nehmigungsverfahren festgelegt wurde, darauf
    Auswirkungen von großer Bedeutung. So kann
                                                          geachtet werden, dass Querungsmöglichkeiten für
    die Gestaltung der Anlagen zu einer verbesserten
                                                          Großsäuger vorgesehen und so gestaltet werden,
    Naturverträglichkeit führen (z. B. durch qualitativ

6
dass sie durch entsprechende Breite von Großsäu-       Stacheldraht im bodennahen Bereich muss ver-
    gern angenommen werden (b > 30 m pro 1 Kilome-         zichtet werden. Einige bedrohte Vogelarten (Feld-
    ter Länge) und die Korridore nicht direkt an einer     lerche und Braunkehlchen) nehmen die wertvollen,
    Straße oder einem Schienenweg enden.                   störungsarmen Lebensräume als Brutplatz gerne
                                                           an. Extensiv genutzte Standorte können sich so als
    Der Gesamtversiegelungsgrad einer PV-FFA sollte
                                                           wertvolle, störungsarme Lebensräume für boden-
    inklusive aller Gebäudeteile 5 % der Fläche nicht
                                                           brütende Vögel entwickeln.
    überschreiten. Eventuell vorgenommene Entsie-
    gelungen könnten damit verrechnet werden. Unter        Außerhalb der Einzäunung der Anlage könnte ein
    den Modulen wird extensiver Bewuchs von Spon-          standortabhängiger ca. 3 m breiter Grünstreifen
    tanvegetation oder heimischen standortgerechten        mit naturnah gestaltetem Heckenbewuchs aus
    Arten und deren Pflege vorgesehen.                     einheimischen Arten als Biotop und Sichtschutz
                                                           vorgesehen werden, falls nicht spezielle Anfor-
    Die Installation der Modulreihen sollte so gewählt
                                                           derungen geschützter Tierarten (z. B. Feldlerche)
    werden, dass eine ausreichende Versickerung
                                                           entgegenstehen.
    der Niederschläge sichergestellt wird. Dies kann
    z. B. durch eine Begrenzung der Tiefe der Modul-       Für einige Arten wie zum Beispiel Zauneidechse,
    reihen auf maximal 6,5 Meter, größere Abstände zu      Steinschmätzer, Kreuzkröte und diverse Insekten
    den nächsten Modulreihen, breite Montagefugen          wird eine PV-FFA zu einem nutzbaren Lebensraum,
    zwischen den Modulen oder einen Regenwasser-           wenn sich zusätzliche Strukturen und Offenberei-
    abfluss ermöglicht werden.                             che innerhalb der Anlage befinden. Dazu könnten
                                                           neben Hecken auch Steinhaufen, Rohbodenstellen,
    Niederschläge sollten generell in der Fläche ver-
                                                           Totholz oder im Einzelfall Kleingewässer gehören.
    bleiben. Standortbezogen könnte sich in diesem
    Zusammenhang die Anlage eines Feuchtbiotops            Untersuchungen² haben auch gezeigt, dass be-
    anbieten. Für nachgeführte Anlagen entfallen die       sonders die Randbereiche von PV-FFA für einzelne
    vorgenannten Einschränkungen hinsichtlich der          Arten einen wertvollen Lebensraum darstellen,
    Wasserversorgung.                                      vor allem als Sitzwarten. Der ökologische Wert der
                                                           mittleren Bereiche von PV-FFA kann mit offenen
    Sinnvollerweise wird die Einzäunung der Anlage so
                                                           Inseln und zusätzlichen Strukturen innerhalb der
    gestaltet, dass sie für Kleinsäuger und Amphibien
                                                           FFA gesteigert werden. Pflanzungen und Aussaa-
    keine Barrierewirkung entfaltet. Dies ist durch
                                                           ten sollten ausschließlich mit zertifiziertem Pflanz-
    einen angemessenen Bodenabstand des Zaunes
                                                           gut einheimischer Kräuter, Stauden, Sträucher und
    von 20 cm oder ausreichende Maschengrößen im
                                                           Bäume erfolgen.
    bodennahen Bereich gewährleistet. Auf Einsatz von

    3: Errichtung
    Durch entsprechende Festsetzungen in der Bau-          Nach Abschluss der Baumaßnahme kann auf der
    leitplanung bestehen auch bei der Realisierung der     Fläche eine heimische, standort- und bodenan-
    PV-FFA zahlreiche Möglichkeiten zur Minimierung        gepasste Ansaat mit Mahdgut bzw. regionalem
    der Eingriffsintensität auf Natur und Landschaft:      Saatgut vorgesehen werden, um einen artenrei-
    Mindestabstände von Lagerplätzen zu bestehen-          chen Lebensraum, z. B. für Insekten zu etablieren.
    den Gewässern, separate Lagerung von Boden-            Bisher stark beanspruchte Böden werden während
    aushub und Mutterboden, Minimierung der Versie-        der voraussichtlichen Betriebsdauer der Anlage
    gelung, Abgrenzung sensibler Bereiche usw. sind        von circa 20 bis 30 Jahren von Bodenbearbeitung,
    beispielhafte Möglichkeiten zur Minimierung der        Düngung, Einsatz von Herbiziden oder Pestiziden
    Eingriffsintensität auf Natur und Landschaft. Städ-    entlastet.
    tebauliche Verträge oder Nebenbestimmungen der
    Baugenehmigung sichern die naturschutzfach-            Besondere Schutzmaßnahmen und Arbeitsanwei-
    lichen Belange ab. Die Erfassung des Ist-Zustands      sungen sind bei der Realisierung innerhalb von
    erfolgt dabei in der Regel bereits im Umweltbericht    Wasserschutzgebieten zu beachten.
    oder bei der Aufstellung des Bebauungsplans.
    Falls dies nicht geschieht, sollte vor Baubeginn der
    Null-Zustand erfasst werden.

7
4: Netzanschluss
PV-Freiflächenanlagen sollten zur Vermeidung von       Spannungsebene bzw. den dazugehörigen Netz-
zusätzlichen Beeinträchtigungen der Natur und des      verknüpfungspunkt angeschlossen werden, sofern
Landschaftsbilds statt über evtl. neu zu errichtende   dies wirtschaftlich vertretbar ist.
Freileitungen über ein Erdkabel an die vorgesehene

5: Betrieb
Die Pflege der Anlagenfläche sollte unter Berück-      über einen städtebaulichen Vertrag abgesichert
sichtigung der Verschattungsfreiheit extensiv mit      werden. Auch ist auf den Einsatz von Chemikalien
Beweidung oder Mahd erfolgen. Je nach Vegetation       bei der Reinigung von Modulen zu verzichten, um
können bis zu zwei Mahden sinnvoll sein. Die erste     eine schadfreie Versickerung nicht zu gefährden.
Mahd wird Ende des Frühsommers empfohlen.              Durch den Verzicht von Pestiziden, Herbiziden und
Dadurch können Pflanzen Fruchtstände ausbilden         mineralischem Dünger entsteht der entscheidende
und sich vermehren sowie der Insektenlebensraum        naturschutzfachliche Wert von PV-FFA.
erhalten werden. Vor Juni sollte eine Mahd nur vor
den Modulen unter Verschattungsgesichtspunkten         Die Entwicklung des Naturhaushalts auf der An-
erfolgen. Das Mahdgut kann sinnvollerweise stoff-      lagenfläche sollte mit einem geeigneten betriebs-
lich oder energetisch genutzt werden. Der Einsatz      begleitenden Langzeit-Monitoring regelmäßig
von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln soll bereits      dokumentiert werden.
im Bauleitverfahren ausgeschlossen werden und

6: Rückbau
Schon bei Aufstellung des Bebauungsplanes              men berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass
sollte Klarheit über die Nachnutzungsmöglich-          aus den Regelungen keine frühzeitigen Kosten für
keiten geschaffen werden, die sich an der vorhe-       Rückbaubürgschaften entstehen.
rigen oder einer naturschutzfachlich optimierten
Nachnutzung orientiert, welche die Flora und           Die wesentlichen Baustoffe von PV-FFA sind sehr
Fauna nicht nachhaltig schädigt und eine Nachnut-      langlebig (Lebensdauer > 20 Jahren). Nach Ende
zung der Fläche trotz Grünlandumbruchsverbots          der Nutzungsdauer kann ein vollständiger Rückbau
ermöglicht. Die Regelungen zum Rückbau einer           inklusive Kabel und Fundamente sehr rasch und
PV-FFA sollten bereits im Genehmigungsver-             unkompliziert erfolgen.
fahren festgelegt werden und dabei auch die zu
Projektbeginn geschaffenen Ausgleichsmaßnah-

1 Agentur für Erneuerbare Energien, Akzeptanzumfrage 2019, https://www.unendlich-viel-energie.de/media/
2 Tröltzsch, P. & E. Neuling 2013: Die Brutvögel großflächiger Photovoltaik-Anlagen in Brandenburg. Vogelwelt
134: 155–179. image/41111.AEE_akzeptanzumfrage2019_Zustimmung_EE_in_Nachbarschaft_72dpi.jpg

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