ICON SCHWEIZ / MÄRZ 2018 - KÜHN. VERWEGEN. FREI - Kathrin Eckhardt Studio
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Cool und kühlend an heissen Tagen: Looks aus der Kollektion „Desierto“ von dem Schweizer Label Jungle Folk NATÜRLICH Mit Talent, Herz und Verstand W Gutes tun und dabei gut ie bei allen jungen sie nicht mehr los liess, machte sich die ehe- Unternehmen ist die malige Bankerin und Mutter einer einjährigen aussehen – Schweizer Wahl des Standorts Tochter auf die Suche nach Modelabels und ein zentrales Thema, Boutiquen, die andere Wege gehen. Kollektionen, die auf vor allem, wenn es In einer ihr ursprünglich völlig fremden Nachhaltigkeit setzen, sind darum geht einen Branche setzte sie auf Überzeugungskraft: schönen Ort zu ei- „Ich nahm meinen Rucksack, Lookbooks und auf dem Vormarsch in nem zahlbaren Preis zu finden. Die Lösung ist habe die Tour de Suisse gemacht“, erzählt sie - wie könnte es anders sein - nachhaltig ge- fröhlich. „Am Anfang stand ich noch morgens unsere Schränke. dacht: Ein Pop-Up-Space muss her. „Für uns in der Bank und abends im Showroom.“ Mitt- Alexandra Kruse hat macht es keinen Sinn einen grossen Show- lerweile vertritt sie sechs Labels und hat ihre room zu bespielen, der ausserhalb der Order- Partnerin Anja Maloney gefunden. Die beiden nachgeschaut Saison leer steht“, erläutert Olivia Ingold. Sie Frauen starteten „Olives and Leos“ aus dem ist Gründerin der ersten Schweizer Mode- Bauch heraus, mit dem einfachen Bedürfnis, agentur, die mit ihrem Angebot die Brücke etwas ändern zu wollen. Das Herzstück der zwischen führender internationaler Green Fa- von ihnen repräsentierten Kollektionen ist shion und lokalem Angebot baut. Nachdem das Schweizer Label Sanikai, bei dem persi- die Dokumentation „The True Cost“, in der die sches Temperament auf japanische Geradli- Folgen von Billiglohnarbeit und Produktion in nigkeit trifft. Gegründet wurde es von Desig- 16 der Bekleidungsindustrie aufgezeigt wurden, nerin Sanaz Akaouf (persische Wurzeln) und
Links: Kleid vom Schweizer Label „Sanikai“ ihrem Geschäfts- und Lebenspartner Kai Was- in Genf auf einer privaten Reise durch La- ser (japanische Wurzeln). teinamerika, als sie dort die Schönheit des Die Arbeit der beiden findet international traditionellen Textilhandwerks entdeckte, Rechts: Körbe, hergestellt in Ghana in Anklang - dank couturiger Teile aus Bio-Lei- die sie als Inspiration für ihre erste Kollekti- traditioneller Flechttechnik , für das Label nen, fantastischen Farben, Bio-Schurwolle, on übernahm. Die Vision: ein nachhaltiges von Kathrin Eckhardt Seide aus aus recyceltem PET, und Denim, Label zu schaffen, dessen Designs klassisch das aus Leftover-Materialien produziert und zeitlos tragbar sind, umweltbewusst und wird. Ihre Kleider werden in Lugano genäht, cool. Und das in direkter Zusammenarbeit was faire Arbeitsbedingungen und kurze mit Näherinnen und Kunsthandwerkerin- Wege garantiert. Nicht ohne Grund heisst ih- nen aus Bosnien, Peru und Kolumbien, de- re aktuelle Kollektion „Esperanza“. nen ein fairer Lohn garantiert wird und eine selbst entworfene Kleider und nach traditio- Mit dem Hashtag #whomademyclothes macht Geschäftsidee, auf die sie bauen können. In nellem ghanaischen Handwerk hergestellte die internationale Organisation „Fashion Re- kleinen Manufakturen und Kooperativen Accessoires in der Schweiz, die dank moder- volution“ auf die Missstände der Branche auf- fertigen sie transsaisonale Lieblingsstücke. ner Farben, ganz viel Herzblut und tollen merksam, veranstaltet auch in der Schweiz Für die Sommersaison war die gebürtige Mustern schnell zum Must Have nicht nur der Fair Fashion - Märkte mit Workshops, die sinn- Deutsche, die in der Schweiz und in Schwe- Zürcherin geworden sind. Eckhardt hat mit volle Alternativen aufzeigen und informiert den lebt, wieder unterwegs: „Meine Desierto 32 Jahren ein Leben im manchmal recht über die Herausforderungen der Modeindus- Collection ist vom Bohemien Stil der reisen- grauen Zürich gegen ein bunteres und we- trie und die Rolle des Konsumenten. Die Dis- den Frauen inspiriert. Mit einem Fair Trade sentlich abwechslungsreicheres in Accra ge- kussion darüber wie nachhaltig nachhaltig Projekt in Indien haben wir handgewobene tauscht. „Die Umstände unter denen die Men- wirklich ist, wird lebhaft geführt, es gibt noch Stoffe entwickelt und unsere erste Tasche schen hier leben und wie sie mit ihren Gaben viel zu wenige Gütesiegel und Industriestan- wird an der kolumbianischen Karibikküste und Talenten etwas bewegen, haben mich so- dards. Fakt ist - irgendwo muss man anfangen gearbeitet - aus der Iraca Palme.“ Mit einem fort inspiriert.“ Mit dem Ziel, „Ghanas natürli- und eine grosse Reise beginnt immer mit dem Ergebnis, das man sich in seinen eigenen che Fröhlichkeit in die Schweiz zu bringen“, ersten Schritt und im Bewusstsein der Men- Schrank wünscht, um die sonnigen Tage so die Weltenbummlerin. „Ich betreibe aktive schen. noch sonniger zu machen. Kulturvermittlung auf beiden Seiten, stelle Die Koordinatorin in der Schweiz heisst Der Sonne recht nah ist auch die Stylistin und schöne Produkte her und schaffe vor Ort Ar- Pauline Treis, die 2012 ihr eigenes Label Lifestyleexpertin Kathrin Eckhardt. Ihr Label beitsplätze.“ Ihre Strohkörbe und Batikklei- Jungle Folk gründete. Sie war nach ihrem ist sozial nachhaltig. Unter dem Namen „Ka- der aus Baumwolle erzählen den Rest. Zu Studium der internationalen Beziehungen thrin Eckhardt Studio“ verkauft sie seit 2015 kaufen sind ihre Produkte unter anderem - 3 17
Links: In Handarbeit gefärbt und zum Trocknen aufgehängt: Farbenfrohe Tücher und ein Outfit von „Poplin Project“ Rechts: Gestreifter Baumwoll- Jumpsuit von „Komana“ und auch für Zaha Hadid tätig war. Sie kennt auf den Feldern bis zu den Näherinnen! Keine die Hinter- und Abgründe der Branche sehr gefährlichen Farben, keine Verschwendung, genau. Die Veränderungen, die die Globali- Abfallreduzierung, so dass niemand entlang sierung und die „Fast Fashion“-Industrie in der gesamten Lieferkette leidet.“ so Livia. der Mode ausgelöst haben, haben auch sie Zurück zu der Showroom-Location von „Oli- nachdenklich gestimmt. „In unseren Brei- ves und Leo“: Sie liegt diesmal am Zürcher tengraden ist die Kleidung zu einem Weg- Hardplatz, der gerade aus dem Dornröschen- werfprodukt mutiert und hat massiv an Wert schlaf erwacht und einer sehr aktuellen Ve- verloren, Poplin Project will in neue Lang- tements-Kampagne entsprungen sein könn- samkeit in der Mode investieren“, so die De- te. Viele konsumbewusste Kundinnen sind signerin „Die Druck-, Web- und Färbetechni- zum saisonalen Sample Sale eingetrudelt. 3 ganz afrikanisch - auf dem Burninglights ken haben eine unbezahlbaren Wert und Mit schier endloser Geduld erklären Olivia Markt, einer Erfindung von Marisa Burn- werden selbst in West-Afrika nur noch in und Anja, warum Strumpfhosen eigentlich Pichler, die auf ihren Events in regelmässigen ländlichen Gegenden praktiziert.“ Beson- aus Erdöl sind und was die Alternative ist. Abständen ausgesuchte Produkte für den spi- ders die Kinderkleider lösen einen impulsi- Mit dem Ergebnis, dass ihre Strumpfhosen rituellen und geschmackvollen Lebenstil an- ven Haben-Wollen-Effekt aus. Zudem flies- nur so aus den Regalen fliegen. Die Neces- bietet. Wobei Happening das bessere Wort sen ganze 33 Prozent fliessen direkt in lokale saires aus Reststücken, Kimonos, die eben wäre - ihr Atelier in der Zürcher Innenstadt Organisationen an der Cote d‘Ivoire. Auch noch PET Flaschen waren und Joggingho- verwandelt sich regelmässig in einen einzig- Schweizer setzt auf Pop-Up-Stores, der sen gleich mit. „Man spürt, dass in den Köp- artigen Bazar der Herrlichkeiten. nächste eröffnet Anfang Juni - es gibt konse- fen der Verbraucher angekommen ist, dass Ebenso fröhlich, lebensnah und afrikanisch quent nur eine Kollektion pro Jahr und was es Sinn macht, die Herkunft der Sachen, die geht es im Poplin Project zu. Die handge- weg ist, ist weg. man am eigenen Leib trägt, zu hinterfragen“, machte Casualwear, die traditionelle Web- Etwas mehr Tempo, dafür etwas weniger Far- so Anja. und Drucktechniken aus Westafrika mit gut be bringen die Geschwister Livia and Nina Am Abend, als endlich Ruhe eingekehrt ist, sitzenden Schnitten für Männer, Frauen und Henne mit ihrem Label Romana ins Spiel. Ihre düsen die beiden Jungunternehmerinnen Kinder kombiniert, bündelt die kreative eklektischen Tribalprintwerke, entstehen zwi- Richtung Bank. Zu zweit auf einem Velo. Mit Energie Afrikas und spricht eine ganz eigene schen Zürich und London und machen nichts dem guten Gefühl, einen Beitrag für das und sehr farbige Sprache. „Kleidung für als gute Laune. Aber auch sie sind einen Wohl unseres Planeten geleistet zu haben. Konsumenten, die handgemachte Kleidung Schritt weiter gegangen: „Wir glauben an eine Und selbst nicht mehr in der Bank arbeiten mit einer Seele suchen“, so Susann Schwei- gerechte Welt für alle Menschen, die zu unse- zu müssen. So haben auch sie ihren ganz ei- 18 zer, die vorher bereits als Modedesignerin rer Produkten beitragen - von den Arbeitern genen nachhaltigen Mehrwert geschöpft.
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