Betriebliches Gesundheitsmanagement - Gesundheitsförderung ...
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HR Today Special 2016 Betriebliches Gesundheitsmanagement Die themenspezifische Beilage zum HR Today Strategie: Flexibles BGM in einer beschleunigten Arbeitswelt – Best Case Axa Winterthur Prozesse: Wie sich Romande Energie mit dem S-Tool einem Stresstest unterzieht Ergebnisse: Micarna über ihre erprobten BGM-Erfolgsfaktoren
Das Label Friendly Work Space ist ein Qualitätssiegel für Firmen, die das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) in ihre Unternehmensstra- tegie integriert haben und dieses systematisch umsetzen. Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst die Gestaltung betrieblicher Struktu- ren und Prozesse mit dem Ziel, die Voraussetzungen für die Gesundheit der Mitarbeitenden nachhaltig zu optimieren und damit zum Unterneh- Systematisches BGM zahlt sich aus menserfolg beizutragen. SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM SYSTEMATISCHEN BGM KONZEPT / I SENSIBILISIERUNG II ANALYSE III KONKRETISIERUNG IV UMSETZUNG BGM-Ziele setzen / Vorstellung BGM Standortbestimmung Self-Assessment Kennzahlen aufbauen Kundenbesuch & GAP-Analyse Workshop Readyness-Test Präsentation Wissen aufbauen Mitarbeiterbefragung Konzept erstellen Assessment Weiterbildung S-Tool Beratung Beratung Sensibilisierung GL / Analyse Kader / Mitarbeitende Gesundheitszahlen Workshop Beratung Commitment GL Gesamtanalyse BGM-Konzept systematisches BGM für BGM-Projekt V EVALUATION / BGM-KOMMUNIKATION To Do Produkte/Massnahmen optionale Beratung
Inhalt/Editorial Betriebliches Gesundheitsmanagement Inhalt Einleitung 04 Gesundheitskultur Ein strategisch verankertes Gesundheits- management ist (nur) ein erster Schritt hin zu einer gesunden Unternehmenskultur. Ein Gastbeitrag von Dr. Thomas Mattig, Direktor der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. 05 Job Crafting Ist Arbeit gesünder, wenn wir sie selbst gestal- ten können? Die Professorin für Arbeits- und Organisationspsy- chologie Gudela Grote setzt sich im Interview dafür ein, dass alle Mitarbeitenden ihre Arbeit mitgestalten können. 06 Be healthy! Viele Unternehmen sind krank. Die Symptome sind wenig engagierte und resignierte Mitarbeitende. Michael Sonntag, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, fordert Liebe Leserinnen, liebe Leser im Interview eine Abkehr von alten Managementsystemen. Nichts prägt die Gesundheit der Mitarbeitenden so sehr wie das Strategie Verhalten und der Führungsstil ihrer Vorgesetzen. Dabei spielt die Unternehmenskultur eine nicht zu vernachlässigende Rolle: Sie ist 08 Best Case Axa Winterthur Geschäftsstrategien ändern sich. entweder gesundheitsförderlich, das heisst wertschätzend und aner- Auch das private Umfeld der Mitarbeitenden ist vor Umwäl- kennend, oder sie lässt ihre Mitarbeitenden ausbrennen. In Zeiten, in zungen nicht gefeit. Dies macht ein flexibles BGM notwendig. denen sich viele Unternehmen schwer damit tun, qualifizierte Fach- Regula Keller und Esther Graf erläutern die BGM-Strategien kräfte zu finden, werden im Wettlauf um die besten Arbeitskräfte der Axa Winterthur. jene gewinnen, die in die Weiterentwicklung ihrer Unternehmens- kultur investieren und diese menschengerecht gestalten. Prozesse Weshalb aber haben so viele Unternehmen Mühe, eine gesunde 11 Best Case Romande Energie Das S-Tool ist ein Instrument, Unternehmenskultur zu schaffen? Für Michael Sonntag, Facharzt für mit dem Arbeitgeber Stress im Unternehmen ausfindig ma- Psychiatrie, und Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organi- chen können. Jean-Georges Walter und Christian Bieri haben sationspsychologie, ist es das «falsche Menschenbild», das in vielen ihr Unternehmen damit auf Herz und Nieren geprüft. traditionell organisierten Unternehmen allzu oft vorherrsche: Dieses gehe vom Menschenbild X nach McGregor aus, wonach Menschen Massnahmen nicht von sich aus handeln, sondern belohnt, angetrieben oder gar bestraft werden müssen (Seite 5/6). 14 Neue Officewelten Um das interne Silodenken zu überwin- den, setzen Unternehmen vermehrt auf Multispace-Büroflä- Werte, Normen und Überzeugungen mögen zwar nicht direkt mess- chen. Daniel Schweingruber, Leiter Arbeitswelten beim Büro- bar sein, sie sind aber spürbar und haben Auswirkungen. Beispiels- ausstatter Witzig, und Nathalie Bourquenoud, Leiterin Human weise auf die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens und damit Development bei der Mobiliar, über die neuen Arbeitswelten. auf dessen Fortbestehen. Drei Fallbeispiele, jenes der Axa Winterthur, Romande Energie und Micarna, zeigen auf, wie eine gesundheitsför- Ergebnisse derliche Kultur wahrnehmbar wird. 17 Best Case Micarna Während viele Unternehmen erst BGM- Auch die Gesundheitsförderung Schweiz setzt auf den Kulturwan- Gehversuche machen, wurde Micarna bereits zum dritten Mal del. So steht die Nationale Tagung für betriebliches Gesundheitsma- mit dem Label Friendly Work Space ausgezeichnet. HR-Leiter nagement am 24. August 2016 in Zürich ganz im Zeichen der Unter- Stefan Harder über die Erfolgsfaktoren eines erprobten BGM- nehmenskultur. Systems. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre 19 BGM als Employer-Branding-Faktor Die Jobplattformen Im Namen der Redaktion jobs.ch und jobup.ch von Jobcloud sind mit Gesundheitsförde- rung Schweiz eine Kooperation eingegangen. Der Jobcloud- Corinne Päper, Redaktorin HR-Today CEO Renato Profico im Gespräch. Verantwortliche Special «Betriebliches Gesundheitsmanagement» HR Today Special 2016 3
Betriebliches Gesundheitsmanagement Strategie Gesundheitskultur Ein strategisch verankertes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist der erste Schritt zu einer gesunden Unternehmenskultur. Das genügt jedoch nicht. Der Kulturwandel erfordert eine vertiefte Auseinandersetzung mit der gelebten Kultur. Ein Gastbeitrag von Thomas Mattig, Direktor der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. Schaut man sich in der Wirtschaftsliteratur um, können diese Zahlen nur bestimmte Aspekte des Kultur- stösst man auf unterschiedliche Definitionen und wandels abbilden. So lässt sich belegen, dass Krankheits- Beschreibungen: Da ist von der «Grundgesamtheit ge- absenzen durch ein systematisches BGM zurückgehen. meinsamer Werte, Normen und Einstellungen» die Rede. Befragungen zeigen auch, dass die Zufriedenheit der Die Unternehmensethnologie sieht die Kultur als ein so- Mitarbeitenden steigt. ziales Phänomen, das «funktional, erlernbar und wan- Doch all das sind nur Teilaspekte der Unternehmens- delbar» ist. Die Kultur einer Organisation oder eines kultur. Messbar sind Verhaltensweisen, aber nicht die Unternehmens wird gar mit der «Persönlichkeit» eines «Werte, Normen und Überzeugungen», die laut Wirt- Menschen verglichen. schaftslexikon eine Unternehmenskultur ausmachen. Dr. Thomas Mattig Klar ist: Kultur wird von Menschen gemacht. Men- Diese Tiefenstruktur mag nicht messbar sein, spürbar ist ist seit 2007 Direktor schen sind komplexe Wesen, und die Komplexität ver- sie aber. Sie zeigt sich in der Atmosphäre eines Betriebs, der Stiftung Gesund- vielfacht sich, wenn Menschen in einem Unternehmen äusserlich sichtbar in der Möblierung, wahrnehmbar in heitsförderung zusammenarbeiten. Mit dieser Komplexität müssen wir der Art, wie die Menschen in einem Betrieb miteinander Schweiz und Lehr beauftragter an der rechnen, wenn wir mit Betrieblichem Gesundheitsma- umgehen. Universität Genf. nagement einen Kulturwandel in Gang setzen wollen. Er ist Autor mehrerer Gesundheitskultur ist keine Monokultur Werke und publizierte Stressherde entdecken Gesundheitsförderung Schweiz schlägt den Betrieben zuletzt das Buch Der Begriff der Kultur stammt aus dem Ackerbau. Das eine Roadmap vor. Der erste Schritt ist die Analyse des «Healthy Economy – Neue Denkformen für heisst: Kultur ist etwas Gewachsenes. Hinter jeder Un- Ist-Zustands. Die weiteren Schritte werden auf die je- eine gesunde Wirt- ternehmenskultur steckt eine Geschichte. Die Frage ist: weiligen Betriebe angepasst, denn Gesundheitskultur schaft» im Verlag Wie erkennen wir diese Geschichte, wie können wir sie ist keine Monokultur, die über alle Betriebe verhängt Neue Zürcher Zeitung. gebührend berücksichtigen? werden kann. Das zentrale Element dafür ist die Kom- Seit rund zehn Jahren befasst sich Gesundheitsförde- munikation. Und damit ist nicht gemeint, mit wohlfor- rung Schweiz intensiv mit Betrieblichem Gesundheitsma- mulierten Leitsätzen die Kultur von oben zu steuern. nagement. In dieser Zeit sind die Analyseinstrumente Sondern es bedeutet, gute Rahmenbedingungen für systematisch verfeinert und weiterentwickelt worden. Meinungsaustausch und Auseinandersetzungen zu Mit Befragungen können Stressherde entdeckt und sys schaffen. tematisch angegangen werden. Unternehmen aus den Gesundheitskultur ist ein Stück weit auch Konflikt- unterschiedlichsten Branchen erkennen die Bedeutung kultur, in der Menschen als komplexe Persönlichkeiten der Gesundheit und führen ein systematisches Gesund- wahrgenommen werden und die anerkennt, dass Pro- heitsmanagement ein. duktivität aus dem Zusammenspiel von Unterschieden BGM ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem entsteht. n Kulturwandel. Vollzogen ist er damit allerdings noch Thomas Mattig nicht. Wenn wir Unternehmenskultur als etwas über die Jahre Gewachsenes betrachten, braucht auch der Wan- www.gesundheitsfoerderung.ch del seine Zeit. Es gibt in einer Unternehmenskultur – Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die nicht anders als bei einer Persönlichkeit – Tiefenstruk- von Kantonen und Versicherern getragen wird und turen, die schwer zu erkennen sind. Das Wort «Gesund- einen gesetzlichen Auftrag hat, Massnahmen zur För- heitsmanagement» suggeriert, dass Gesundheit in derung der Gesundheit zu initiieren, koordinieren einem Betrieb gemanagt werden kann wie andere Un- und evaluieren. Die Stiftung unterliegt der Kontrolle ternehmensziele. Erwartet wird auch, dass die Ergeb- des Bundes. Mit einem Beitrag von 20 Rappen pro Monat leistet jede Person in der Schweiz einen Bei- nisse gemessen und verglichen werden können. trag an die Gesundheitsförderung. Dieser wird von den Krankenversicherern eingezogen. Die Standorte Spürbare Tiefenstruktur von Gesundheitsförderung Schweiz befinden sich in Auch in dieser Hinsicht sind Fortschritte erzielt worden. Bern und Lausanne. Die Wirkung von BGM lässt sich nachweisen. Allerdings 4 HR Today Special 2016
Strategie Betriebliches Gesundheitsmanagement Job Crafting Wird Arbeit gesünder und besser, wenn wir sie selbst gestalten? Dieser Frage stellt sich Gudela Grote in ihrem Referat an der Nationalen Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement. Frau Grote, Sie setzen sich für «ge- im besten Fall sogar fördern. Die Beschäf- sundheitsförderliche Unterneh- tigten sollen alle ihnen zur Verfügung ste- menskultur» ein. Was verstehen Sie da- henden Mittel nutzen, um mitzugestalten. runter? Wichtig ist auch, dass sie ein Gespür dafür Gudela Grote: Die Unternehmenskultur entwickeln, wann ihnen zu viel oder zu we- beinhaltet alle Grundannahmen, die sich im nig zugemutet wird oder sie das mit sich Umgang mit täglichen Problemen herausge- selbst tun. Eine gezielte Beeinflussung der bildet haben. Sie werden von den Beschäf- Unternehmenskultur ist jedoch nur begrenzt tigten als gültig angesehen und neuen Mit- möglich. Man kann beispielsweise durch arbeitenden weitervermittelt. Wenn daraus eine gezielte Personalselektion versuchen, Werte und Handlungsweisen erwachsen, die neue Grundannahmen zu pflanzen. Dass da- den gegenseitigen Respekt, die adäquate Einschätzung von Stärken und Schwächen «Auch hundert Jahre nach Frederick der Mitarbeitenden sowie das gemeinsame Taylor werden Menschen noch oft als Lernen beinhalten, ist dies eine gute Aus- Maschinen gesehen, die immer zu hun- gangslage dafür, Arbeitsbedingungen ent- dert Prozent zu funktionieren haben.» sprechend den Bedürfnissen und Möglich- Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und keiten der Mitarbeitenden zu gestalten. Organisationspsychologie, ETH Zürich Was sind die Bedingungen, damit eine gesundheitsförderliche Kultur entsteht? raus eine neue Kultur entsteht, ist aber oft Die genannten Grundannahmen müssen ein schwieriger und langwieriger Prozess. sich entwickeln können. Dazu sind Vorbilder Die Überprüfung von gesundheitsförder- im Unternehmen hilfreich, die diese Annah- lichen Grundannahmen ist hingegen ein- men verkörpern, aber auch die gemeinsame facher: Krankheitsstände, Präsentismus und Gudela Grote ist Professorin für Arbeits- Erfahrung, dass Verhalten, das diesen und Organisationspsychologie an der Kündigungen sind negative, individuelles Grundannahmen folgt, geschätzt und be- ETH Zürich. Engagement, Teamgeist, Lernen und konti- lohnt wird. nuierliche Verbesserung dagegen positive «Die Grundannahmen, wie Menschen Indikatoren. Woran krankt es aus Ihrer Sicht in der ‹funktionieren›, und die im Unterneh- mensalltag daraus abgeleiteten Werte Praxis am häufigsten? prägen das Handeln in Firmen. Wenn Was ist die Rolle des HR? Meiner Meinung nach werden auch diese Werte gegenseitigen Respekt, ge- HR-Fachleuten kommt die spezielle Rolle hundert Jahre nach Frederick Taylor Men- meinsames Lernen und eine angemes- zu, den Prozess der Kulturveränderung zu schen immer noch oft als Maschinen gese- sene Einschätzung von Stärken und reflektieren und dadurch möglicherweise hen, die immer zu hundert Prozent zu funk- Schwächen fördern, ist das eine gute Ba- bewusster zu gestalten. Ob dies zugelassen sis für eine Arbeitgestaltung, bei der sich tionieren haben. betriebliche Vorgaben und individuelles oder gewünscht wird, hängt wiederum von Job Crafting ergänzen. Job Crafting der bestehenden Kultur ab. Eine Kultur zu Wie lassen sich diese Verhältnisse verän- sollte zudem nicht nur ‹Talenten› oder verändern, ist ein Sich-am-eigenen-Schopf- dern? Schlüsselpersonen, sondern allen Mitar- aus-dem-Wasser-ziehen-Prozess. Wenn HR- Organisationen entwickeln immer eine beitenden offen stehen.» Fachleute Einfluss nehmen wollen, müssen Eigendynamik. Diese zu beobachten, zu re- Nationale Tagung für betriebliches sie dies unter Berücksichtigung der beste- flektieren und zu beeinflussen, ist eine der Gesundheitsmanagement 2016 henden Kultur tun, aber auch versuchen, wichtigsten und schwierigsten Führungsauf- Datum: 24. August 2016 Vorstellungen zu verändern, wenn die Un- gaben. Die Entscheidungsträger sind dafür Zeit: 11:45 Uhr ternehmenswerte zu Arbeitsbedingungen verantwortlich, dass die Arbeitsbedingun- Ort: Universität Irchel, Zürich führen, die der Gesundheit der Beschäf- www.gesundheitsfoerderung.ch gen die physische und psychische Gesund- tigten schaden. n heit der Mitarbeitenden nicht schädigen und Interview: Corinne Päper HR Today Special 2016 5
Betriebliches Gesundheitsmanagement Strategie Be healthy! Warum Firmen ohne radikalen Wandel des Managementsystems nicht gesunden können, erläutert Michael Sonntag in seinem Referat an der Nationalen Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement. Herr Sonntag, Sie setzen sich für Wie liessen sich die Verhältnisse verän- «gesunde Unternehmenskul- dern? turen» ein. Was verstehen Sie darunter? Das gelingt nur, wenn wir konsequent Michael Sonntag: In einem gesunden mit und nicht gegen die menschliche Natur System gibt es keinen Widerspruch zwischen arbeiten. Alle Menschen haben genetisch der Gesundheit eines Mitarbeitenden und und neurobiologisch tief verankerte Prin- der eines Unternehmens. Im Gegenteil: In zipien in sich, die sich über Hunderttausende einem gesunden System verstärken sie sich von Jahren entwickelt haben. Diese bewe- gegenseitig. Sind die Rahmenbedingungen gen uns dazu, mit Mitmenschen zu koope- förderlich, engagieren sich die Mitarbeiten- rieren, um Lösungen für unsere Probleme zu den und bleiben gesund. Bei den meisten finden. Wenn wir mit der menschlichen Na- Firmen ist aber das Gegenteil der Fall. Häufig tur arbeiten wollen, müssen wir gesund- verunmöglicht das Umfeld den Mitarbeiten- heitsförderliche Grundregeln kennen und den, sich zu engagieren. Das verursacht viel dann die geeigneten Strukturen und Pro- chronischen Stress und dementsprechend zesse schaffen. hoch fallen auch die Krankheitsquoten aus. Worin sehen Sie die Verantwortung der Können Sie diese Aussage anhand eines Geschäftsleitung und des Manage- Beispiels illustrieren? Michael Sonntag ist Facharzt für Psychi- ments? Wenn ein engagierter Mitarbeitender atrie und Psychotherapie bei Sonntag Die Geschäftsleitung und das Manage- verwarnt wird, weil er zusammen mit einem Consulting, Bern. ment sind dafür verantwortlich, eine Firma Kunden eine einfache und kostengünstige so zu gestalten, dass ihre Mitarbeitenden mit «Unternehmen zeigen oft Krankheits- Lösung ohne Einwilligung seines Vorgesetz- minimalem Energieaufwand ein Maximum symptome: Sie haben wenig engagierte ten erarbeitet hat, wird er sich sofort weni- und viele resignierte Mitarbeitende, sind an Mehrwert schaffen. Die traditionellen ger engagiert verhalten und in einen passiv- wenig anpassungsfähig und leiden an Managementsysteme sind dafür höchst un- angepassten Überlebensmodus wechseln. einer blockierten Innovationskultur. Von geeignet. Sie sind ineffizient, kostenintensiv Das schadet ihm auf Dauer gesundheitlich lebendigen und gesunden Systemen aus- und verhindern eine schnelle Anpassung. gehend, sollen die Teilnehmenden er- – und der Kunde wird vermutlich enttäuscht Zudem unterdrücken sie das Potenzial der kennen, weshalb traditionelle Manage- sein und sich einen besseren Geschäftspart- mentsysteme häufig die Ursachen sol- Mitarbeitenden. Das muss die Geschäftslei- ner suchen. cher Erscheinungen sind. Statt gegen die tung als Erstes erkennen und sich entschlies- menschliche Natur zu arbeiten, müssen sen, dies zu ändern. Worin sehen Sie die Ursachen für solche Rahmenbedingungen das Miteinander der Mitarbeitenden ermöglichen. Nicht Phänomene? Was ist die Rolle des HR? nur ihrer Gesundheit zuliebe, sondern Eines der grössten Probleme sehe ich da- auch, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das HR muss die kulturellen Zusammen- rin, dass wir immer noch von einem völlig Ohne Paradigmawechsel und radikale hänge kennen und das «working with hu- veralteten, falschen und simplifizierenden Abkehr von traditionellen Management- man nature» in allen Unternehmensbe- Menschenbild ausgehen. Zwar würde keine systemen ist eine Genesung jedenfalls reichen vertreten. Es muss vermitteln, wie nicht möglich – auch nicht mit viel gutem Führungsperson sagen, dass er das Men- sich eine gesundheitsförderliche Kultur aus- Willen.» schenbild X nach Douglas McGregor verin- wirkt. So sind Prozesse, die sich nach diesen nerlicht hätte, das davon ausgeht, dass Mit- Nationale Tagung für betriebliches Prinzipien orientieren, ganz anders als ein Gesundheitsmanagement 2016 arbeitende anzutreiben seien, weil sie von traditionelles Prozessmanagement. Das er- Datum: 24. August 2016 sich aus nicht handeln. Praktisch sämtliche Zeit: 11:15 Uhr fordert ein ganzheitliches Verständnis dafür, unserer Entscheide, Prozesse und Strukturen Ort: Universität Irchel, Zürich was eine «gesunde» Organisation ist. Das gehen jedoch von diesem Menschenbild www.gesundheitsfoerderung.ch HR wird dann zum aktiven Mitgestalter. n aus. Interview: Corinne Päper 6 HR Today Special 2016
Nationale Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement 2016 Unternehmenskultur und Gesundheits- management – Wie sich Unternehmen langfristig erfolgreich positionieren Mittwoch, 24. August 2016, Universität Irchel, Zürich 09.15 Uhr 09.45 Uhr 10.15 Uhr 16.30 Uhr Auf dem Weg zur Gesund- Meine Trisa – wie eine Wann Arbeit froh macht? Gesundheitsförderliche heitskultur – ihre Komponen- Unternehmenskultur Einfluss In erster Linie, wenn sie allen Unternehmenskultur ten und Verankerung auf die Absenzquote nehmen Mitarbeitenden der öffentli- zwischen Optimierung Prof. em. Dr. Norbert Thom, kann chen Hand Sinn stiftet, und Erneuerung ehemaliger Direktor des Instituts Lucien Baumgaertner, Leiter Vergnügen bereitet und sie PD Dr. Georg Bauer, Abteilungs- für Organisation und Personal Human Resources, Trisa AG, mit Stolz erfüllt! leiter, Institut für Epidemiologie, (IOP) der Universität Bern Triengen Véronique Lagrange, Leiterin Biostatik und Prävention, Mobilität, FÖD Mobilität und Universität Zürich Transportwesen, Brüssel, Belgien 30 weitere Symposien aus Wirtschaft und Wissenschaft www.gesundheitsfoerderung.ch/bgm-tagung Tagungspartner Hauptsponsoren
Betriebliches Gesundheitsmanagement Strategie Best Case Axa Winterthur Gut verwurzelt Alles verändert sich. Geschäftsstrategien, aber auch das Privatleben der Mitarbeitenden. Um den gesundheitlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden dabei gerecht zu werden, ist ein flexibles Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) notwendig. Wir haben die BGM-Verantwortlichen der Axa Winterthur Regula Keller und Esther Graf b efragt, welche strategischen Schwerpunkte sie setzen. Frauen und Männer unterschiedlichs- views immer wieder fallen: Wertschätzung, SafetyReport» an die Geschäftsleitung über ten Alters, Privatkunden und Firmen: Vertrauen und «Straight Talk», eine Fehler- aktuelle Fallzahlen, geleistete Beratungs- Die Axa-Kundschaft ist divers. Ebenso unter- kultur, die Lernen zulässt, flexible Arbeits- stunden oder über die BGM-Angebote, die schiedliche Menschen trifft man beim Ver zeitmodelle und familienfreundliche Struk- am meisten Anklang finden. Mitarbeitende sicherer intern an. Diese Mitarbeiterdurch turen. und Vorgesetzte werden zudem wiederkeh- mischung bilde die Schweizer Bevölkerung Ein solch bunt durchmischtes Unterneh- rend zur Leistung und Gesundheit befragt. fast genau ab, erklären die beiden BGM- men lässt sich nicht alleine über eine Dienst- Wichtig sei, «dass das BGM integriert ist und Verantwortlichen der Axa Regula Keller und stelle managen. Während das Betriebliche nicht als ‹Sonderzügli› durchs Unternehmen Esther Graf. Mitarbeitende der Axa Win- Gesundheitsmanagement der Axa mit acht fährt», ergänzt Keller. «Erst dann hat man terthur stammen aus 33 Nationen, rund 26 Mitarbeitenden im HR angesiedelt ist, sorgt Chancen, Gehör zu finden.» Deshalb fliesse Prozent von ihnen arbeiten Teilzeit und sind eine Steuerungsgruppe dafür, dass sich die das BGM bei der Axa auf verschiedenen Ebe- in über hundert unterschiedlichen Berufs- verschiedenen Bereiche wie die Axa Acade- nen ins Unternehmen ein: ins Leitbild, ins feldern tätig. Personalreglement und in die Führungsschu- lungen. Mit dem Ziel, Bestandteil des Mitar- Blaue Kultur «Wichtig ist, dass das BGM beiter- und des Führungsverhaltens zu wer- Eine Vielfalt, die ihre betriebswirtschaftliche den. nicht als ‹Sonderzügli› durchs Berechtigung hat, denn um den ständig än- dernden Kundenbedürfnissen gerecht zu Unternehmen fährt.» Eine Frage des Alters werden und innovative Kundenlösungen zu Regula Keller, Leiterin BGM, Wie sehr unterscheiden sich die Bedürfnisse erarbeiten, braucht es verschiedene Blick- Axa Winterthur der Mitarbeitenden bei der flexiblen winkel und mehr Agilität. Dabei gilt es, die Arbeitsgestaltung?«Nicht alle Frauen sind Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Auge zu gleich, nicht alle 55 Plus sind gleich», meint behalten: «Blaue Kultur» heisst das Erfolgs- my, die interne Schule für Mitarbeitende und Esther Graf: «Es kommt eher auf das Umfeld rezept der Axa. Die offene, direkte und res Führungskräfte, das Diversity Management, oder die Lebensumstände an, weniger auf pektvolle Unternehmenskultur bilde einen die Personaldelegation sowie die Corporate das Alter.» So gäbe es Axa-Mitarbeitende, Pfeiler des Betrieblichen Gesundheitsma- Responsibility und das Case Management die mit 55 im Ausland arbeiten wollten, Fotos: Jeroen Singer nagements, sagen Regula Keller und Esther zwei- bis fünfmal jährlich austauschen. «Die- während sich andere frühpensionieren lies- Graf. «Sie beeinflusst, ob die Mitarbeiten- se Vernetzung hilft uns, frühzeitig zu erken- sen, oder solche, die bereits mit zwanzig den ihre Arbeit als verständlich, sinnhaft und nen, wo die Probleme liegen», betont Esther oder erst mit vierzig Kinder haben. «Ich handhabbar erleben», ergänzt Regula Keller. Graf. Einmal jährlich rapportieren die beiden selbst habe beispielsweise erst mit 39 Jahren Stichworte, die hierzu im Verlauf des Inter- BGM-Spezialistinnen mit dem «Health & zu studieren begonnen», wirft Regula Keller 8 HR Today Special 2016
Strategie Betriebliches Gesundheitsmanagement Weit verzweigt und geerdet: Bei der Axa Winterthur sorgen Regula Keller und Esther Graf als Co-BGM-Leiterinnen für *Diversität im Gesundheits- management. Fotos: Jeroen Singer HR Today Special 2016 9
Betriebliches Gesundheitsmanagement Strategie «Gesundheit ist nicht erst seit gestern ein Thema. «Heute meinen viele Mitarbeitende, Was es braucht, um gesund zu bleiben, dass alles möglich sein muss. verändert sich nicht gross.» Sie ‹mosten› ihren Terminkalender voll.» Regula Keller, Leiterin BGM, Axa Winterthur Esther Graf, Leiterin BGM, Axa Winterthur ein. Während für viele ältere Mitarbeitende Mittag zu Eltern-Lunches, wo sich die Mitar- keiten neuer Technologien. «Früher sorgten «die Karriere nicht mehr im Vordergrund beitenden über alle Hierarchiestufen hinweg fest vorgegebene Strukturen dafür, dass sich steht», so Esther Graf, «wollen die Älteren zu Themen wie der Kinderbetreuung wäh- Mitarbeitende abgrenzten», sagt Esther genauso wie die Jungen Spass an der Arbeit rend der Schulferien beratschlagen. Graf. Entweder sei man ins Büro gegangen haben, wertgeschätzt werden und Arbeits- oder eben nicht und am Wochenende blieb sowie Privatleben so gut wie möglich unter Evergreens statt Trends die Türe zu. «Heute meinen viele Mitarbei- einen Hut bringen.» Flexibel zu arbeiten, sei Während Massage- und Fitnessaboange- tende, dass alles möglich sein muss. Sie für alle gleich wichtig, ebenso eine gesunde bote von Jüngeren und Älteren gleichermas- ‹mosten› ihren Terminkalender voll.» Jede Unternehmens- und Fehler kultur. Neben sen genutzt werden, nehmen an den Semi- Minute ihres Tages sei verplant. Fürs Mittag einem breiten Spektrum an individuellen naren eher ältere Mitarbeitende teil. Eine essen bliebe dann keine Zeit mehr, weil sie BGM-Beratungsangeboten zur Wiederein- Erklärung dafür hat Esther Graf schon bereit: früher nach Hause gehen müssten um X und gliederung bei Krankheit und Unfall, bei «Anfangs ist die Karriere sehr wichtig. Es Y zu erledigen. Dieses Verhalten führe dazu, Konflikten oder bei ungenügender Leistung kann nicht schnell genug gehen.» Gesund- dass sich viele Mitarbeitende wie in einem eines Mitarbeitenden bietet die Axa Semi- heit sei für jüngere Mitarbeitende oft zweit- Hamsterrad fühlten: «Sie rennen von Termin nare für alle Mitarbeitenden an. Diese rei- rangig, etwas, das man einfach habe. zu Termin.» Die Menschen müssten lernen, chen vom «Sport-über-Mittag» über einen «Gesundheit ist nicht erst seit gestern sich wieder mit ihren Werten auseinanderzu- medizinische Checkup bis hin zu einem ein Thema», beantwortet Regula Keller un- setzen und auch mal zu sagen: «Ich laufe «Lunch & Learn-Achtsamkeitskurs» oder ei- sere Frage nach BGM-Trends. «Was es bald im roten Bereich.» Dazu böten sich ner Ergonomieschulung. Daneben offeriert braucht, um gesund zu bleiben, verändert regelmäs sig stattfindende Gespräche mit das Unternehmen Aus- und Weiterbildun sich nicht gross.» Statt neuer Trends beo- den Vorgesetzten an. Es sei keine Schande gen, die sich an den Karrierepfaden oder den bachten sie vielmehr Evergreens in der Be- einzugestehen, wenn man seine Grenzen Lebensphasen der Mitarbeitenden orientie- wegung, Ernährung, Entspannung und erreicht habe. «Das kann jedem passieren», ren. Für Mitarbeitende, die kurz vor der Pen- Stressprävention. Letztere habe an Bedeu- so Esther Graf. Da werde der offene Dialog sionierung stehen, gibt es spezielle Vorberei- tung gewonnen. Die Ursachen dafür lokali- umso wichtiger. n tungsseminare und Eltern treffen sich über sieren beide in den vielfältigen Möglich- Corinne Päper 10 HR Today Special 2016
Prozesse Betriebliches Gesundheitsmanagement Best Case Energie Romande Unter Strom Das Westschweizer Energieversorgungsunternehmen Romande Energie investiert traditionellerweise viel in die S icherheit und Gesundheit ihrer rund 700 Mitarbeitenden. Um die gesundheitsfördernden Bemühungen auch auf dem Gebiet der psychosozialen Risiken weiter zu verstärken, hat sich das Unternehmen mit dem S-Tool der Gesundheitsförderung Schweiz auf Herz und Nieren prüfen lassen. Im Tandem: Jean-Georges Walter und Christian Bieri sind bei Romande Energie für das Gesundheitsmanage- ment verantwortlich. HR Today Special 2016 11
Betriebliches Gesundheitsmanagement Prozesse Die Sonne und der wolkenlose Him- Habegger. Und dies nicht zum Selbstzweck: und zwar auf allen Hierarchiestufen. In An- mel spiegeln sich im Glasbau des «Wir erhoffen uns von den ausserberuf- betracht der neuen Herausforderungen, die Hauptsitzes von Romande Energie in lichen Aktivitäten sicher auch Effekte für die auf uns im Energiemarkt zukommen, haben Morges. Jean-Georges Walter, der im sechs- Konfliktlösungskultur und damit indirekt wir beschlossen, den Stresslevel in unserem köpfigen HR-Team für das operative Perso- auch eine Senkung der Absenzquote.» Ob Unternehmen zu messen und uns dabei als nalmanagement verantwortlich ist, führt uns die BGM-Massnahmen, auch abgesehen Werkzeug für das S-Tool der Gesundheits- blendend gelaunt ins Büro seines Vorgesetz- von der Absenzentwicklung, wirklich greifen förderung Schweiz entschieden», erklärt ten HR-Direktor Jean-Daniel Habegger mit und über alle Hierarchie- und Funktionsstu- Jean-Georges Walter. «Der Stress hat eine Blick über die gepflegte Uferpromenade von fen hinweg gelebt werden, wird bei Roman- psychosoziale Dimension, die wir mit der S- Morges und den Genfersee bis hin zu den Tool-Umfrage ebenfalls analysieren konnten. französischen Alpen. Mit am Tisch sitzt Chri- Das S-Tool erlaubt es uns nun auch, die ver- stian Bieri, der beim grössten Westschweizer «Es geht uns nicht nur um schiedenen Faktoren zu untersuchen: Etwa Energieunternehmen für die Gesundheit Gesundheitsförderung im physischen change-bedingter Stress verbunden mit und Arbeitssicherheit verantwortlich zeich- und ergonomischen Sinn, sondern einem Gefühl der Arbeitsplatzunsicherheit net. oder Überbelastung.» auch um Fragen des Wohlbefindens Der fundamentale Umbruch in der Ener- Absenzen als Stressindikator ganz allgemein.» giewirtschaft geht auch an Romande Ener- «In unserem Business können Fehler am Ar- Jean-Daniel Habegger gie nicht spurlos vorbei. So ist das Unterneh- beitsplatz schwere Folgen haben», erklärt HR-Direktor, Romande Energie men – welches sich im Mehrheitsbesitz des Jean-Georges Walter, der sich vor seiner HR- Kantons Waadt und der Waadtländer Ge- Karriere bei Romande Energie als Ingenieur meinden befindet und wie alle staatlichen um den Schutz der Hochspannungsnetze de Energie regelmässig mit Mitarbeiterum- Stromgesellschaften lange Jahre in einem kümmerte. «Das entsprechend hohe Sicher- fragen überprüft: «Wir haben festgestellt, geschützten Umfeld operieren konnte – heitsbewusstsein ist Teil unserer Unterneh- dass jene Abteilungen, die in Mitarbeiterbe- heute durch die Liberalisierung des Elektrizi- menskultur und bietet eine gute Basis, um fragungen die höchsten Zufriedenheitswerte tätsmarktes mit grösserer Konkurrenz und auch auf dem Gebiet der psychosozialen aufweisen, auch die tiefsten Absenzquoten veränderten Kundenansprüchen konfron- Risiken gesundheitsfördernde Massnahmen haben», erklärt Jean-Georges Walter. «Da tiert. Die neuen Umstände zwingen zur stän- zu etablieren», ergänzt Christian Bieri, der gibt es eine Korrelation. Absenzen haben digen Anpassung der Prozesse, um wettbe- sich seit 2006 mit diversen Präventionskam- nicht immer nur individuelle gesundheitliche werbsfähig zu bleiben, was wiederum zu- pagnen um die Sicherheits- und Gesund- Ursachen, sondern sehr oft auch eine soziale nehmend neue Kompetenzen und Profile heitsthematik kümmert, die von Sport- Dimension, die mit den Arbeitsbedingungen erfordert. Diese Faktoren können einen Ein- Förderungsmassnahmen über Diätberatun und der Atmosphäre im Team und mit den fluss auf das Wohlbefinden der Mitarbeiten- gen bis hin zu Rauchstoppaktionen reichen. Vorgesetzten zu tun hat.» Ein Blick auf die den haben, deren Durchschnittsalter bei «Ausserdem pflegen wir eine Unterneh- interne Statistik mit ständig sinkenden Romande Energie bei 48 Jahren liegt. «Das menskultur, die auch ausserhalb des Jobs mit Absenzenzahlen während den letzten zehn S-Tool erlaubt es uns nun, den Stresslevel sportlichen und kulturellen Aktivitäten hie- Jahren, zeigt dabei eine durchaus ermuti- und die Lebensqualität am Arbeitsplatz zu rarchie- und abteilungsübergreifend den gende Tendenz. messen. Damit lassen sich auch die Auswir- Austausch und Zusammenhalt fördert», sagt kungen von Veränderungsprozessen in un- Jean-Georges Walter. «Es geht uns jedoch Mit «S-Tool» Stresslevel messen serem Unternehmen besser erkennen und nicht nur um Gesundheitsförderung im phy- Für die BGM-Verantwortlichen von Roman- zwar heruntergebrochen auf die einzelnen sischen und ergonomischen Sinn, sondern de Energie jedoch kein Grund, sich auf den Geschäftseinheiten», erklärt Christian Bieri. auch um Fragen des Wohlbefindens ganz Lorbeeren auszuruhen: «Wir hatten in den Nun ist Jean-Georges Walter am Zug: allgemein», betont HR-Direktor Jean-Daniel letzten Jahren mehrere Erschöpfungsfälle – «Nachdem wir die Resultate der Mitarbeiter- 12 HR Today Special 2016
Prozesse Betriebliches Gesundheitsmanagement Fotos: Jeroen Singer «In Anbetracht der neuen Herausforderungen, «Ein hohes Sicherheitsbewusstsein ist Teil unserer die im Energiemarkt auf uns zukommen, haben wir Unternehmenskultur und bietet eine gute Basis, beschlossen, den Stresslevel zu messen und uns als um auch auf dem Gebiet der Prävention psychosozialer Instrument für das S-Tool der Gesundheitsförderung Risiken gesundheitsfördernde Massnahmen Schweiz entschieden.» zu etablieren.» Jean-Georges Walter, Christian Bieri, Verantwortlicher Gesundheit und HR-Veranwortlicher Romande Energie Arbeitssicherheit Romande Energie befragung der Direktion präsentiert haben, der Ansatz darin, bottom-up mit den betrof- wir mehr über die psychosozialen Risiken treffe ich jetzt jeden einzelnen Direktor und fenen Mitarbeitern Verbesserungs und Stressfaktoren erfahren, die unsere Mit- gehe mit ihm die Detailresultate seiner Busi- lösungsansätze zu entwickeln, die dann dem arbeitenden betreffen können. Zweitens ness-Einheit durch.» Dabei sollen insbeson- Management präsentiert werden. Bis Au- erhielten wir Ansatzpunkte, wie sich eine dere die kritischen Themenfelder beleuchtet gust wird Romande Energie rund ein Dut- bessere Work-/Life-Balance herbeiführen werden, die im S-Tool orange markiert wer- zend solcher Workshops durchführen. Dank lässt und drittens, wie wir mit Arbeits den. Das S-Tool visualisiert die Dringlichkeit platzverlust ängsten umgehen können», des Handlungsbedarfs auf einer Skala von 1 zieht Christian Bieri eine positive Zwischen- bis 100 mit den Farben Grün, Orange und «Wir sind überzeugt, mit unseren bilanz. Rot. Wobei der orange Bereich bei 60 von Aktivitäten Effekte für die Konflikt- Kollege Jean-Georges Walter ergänzt: 100 Punkten einsetzt, während es ab 90 lösungskultur auszulösen und damit «Das S-Tool hat uns mehr Informationen ge- Punkten es in den roten Bereich kippt. «Die liefert als wir uns je vorstellen konnten. Dank indirekt auch eine Senkung der kritischen Handlungsfelder variieren inner- dem Benchmark-Vergleich mit der Schwei- halb unseres Unternehmens von Einheit zu Absenzenquote.» zerischen Gesamtsituation wissen wir nun Einheit», erklärt Walter. «Wenn man über- Jean-Daniel Habegger auch, wo wir uns im nationalen Kontext ver- einkommt, dass auf einem Gebiet besonde- HR-Direktor, Romande Energie orten können. Insgesamt hat die Auswer- rer Handlungsbedarf besteht, haben wir die tung der S-Tool-Umfrage bestätigt, was wir Möglichkeit auf externe Berater der Gesund- eigentlich schon wussten. Das hat uns ge- heitsförderung Schweiz zurückzugreifen. dem S-Tool haben sich für Romande Energie zeigt, dass wir bereits über gute Antennen Diese führen dann mit der Belegschaft spe- drei Themenfelder herauskristallisiert, wo verfügen.» n zifische Workshops durch.» Dabei besteht man nun aktiv werden will: «Erstens haben Simon Bühler HR Today Special 2016 13
Betriebliches Gesundheitsmanagement Massnahmen Neue Officewelten Um innovativer sowie agiler zu werden und das interne «Silodenken» zu überwinden, verwandeln viele Unternehmen ihre Büros in offene Multispaces, die den zwischenmenschlichen Austausch vereinfachen sollen. Wer sich für ein solches Büro konzept entscheidet, muss jedoch auch seine Unternehmens- und Führungskultur anpassen. Wir haben mit Daniel Schwein gruber, Leiter des Zentrums neue Arbeitswelten bei Witzig The Office Company über diese neuen Arbeitswelten gesprochen. Wie sieht für Sie die optimale Ar- seine Optionen kennen und sich selbst orga- beitsumgebung aus? nisieren. Eigenverantwortlich zu handeln, Daniel Schweingruber: Eine ideale Ar- stellt Mitarbeitende, die über viele Jahre hin- beitsumgebung bietet dem Mitarbeitenden weg klare Aufträge und Anweisungen erhal- verschiedene Arbeitsorte, wo er je nach Be- ten haben, vor erhebliche Herausforde- darf konzentriert arbeitet, sich Inspiration rungen. Dafür müssen das HR und die Vor- holt, mit seinen Kollegen kommuniziert oder gesetzten sensibel sein und mit sich zurückzieht. Der Mitarbeitende sollte Weiterbildungen die Mitarbeitenden befähi- jedenfalls selbst bestimmen können, wo er gen, in Multispaces produktiv zu arbeiten. In seine Aufgabe löst. Das kann sowohl inner- der Praxis wird die Wirkung einer solchen halb des Unternehmens als auch im Home- Veränderung jedoch oft unterschätzt, weil Office oder in einer Co-Working-Location «Büroflächen leer stehen zu lassen, die Führung davon ausgeht, dass sich die sein. Viele Unternehmen haben dieses Po- Mitarbeitenden einfach so an die Multi- ergibt aus ökologischer und tenzial erkannt und sind dabei, die entspre- space-Bürolandschaften gewöhnen werden. chenden Voraussetzungen zu schaffen. Es ökonomischer Sicht keinen Sinn.» Da wird eine Chance vertan. gibt aber noch viel Nachholbedarf. Daniel Schweingruber, Leiter Zentrum neue Arbeitswelten In welchen Räumlichkeiten werden wir und Workspace Consulting, Was sind für Sie die wesentlichen Vor- im Jahr 2020 arbeiten? Witzig The Office Company teile von flexibel nutzbaren Büroland- Die Funktion des Büros wandelt sich schaften? stark vom Arbeitsort zum Ort der Begeg- Wir wissen, dass über 30 Prozent der Ar- nung, des persönlichen Austauschs und der beitsplätze in der Schweiz nicht genutzt wer- Agenda hilft, dass über wichtige und kri- Co-Kreation. Während der Flächenanteil für den, weil die Mitarbeitenden in Meetings tische Punkte gesprochen wird. Oft wird zu- «Schreibtischarbeit» abnimmt, steigt die Be- sind, bei Kunden arbeiten, in den Ferien wei- dem moniert, dass Mitarbeitende ohne eige- deutung für Kommunikationsflächen und len, krank sind oder eine Ausbildung ma- nen Schreibtisch keinen Ankerpunkt hätten. Räumlichkeiten für kreatives Arbeiten. Mit chen. Büroflächen leer stehen zu lassen, er- In solchen Fällen könnte im Büro ein Bereich der Digitalisierung reduziert sich der Stau- gibt aus ökologischer und ökonomischer eingerichtet werden, wo die Mitarbeitenden raumbedarf noch weiter. Bildschirme aller Sicht jedoch keinen Sinn. Das bedeutet ihre eigenen Möbelstücke hinstellen oder an Art werden in Tischen und Wänden einge- nicht, dass Fläche zwingend eingespart wer- einer Pinnwand ihre persönlichen Gegen- baut, wodurch die digitale Zusammenarbeit den muss, sie könnte als Kommunikations- stände anbringen können. noch attraktiver wird. Vielleicht sehen wir fläche verwendet werden, damit informell dann bereits die ersten Roboter im Office.■ und spontan eine neue Dynamik entsteht. Wirkt die Vielfalt an Arbeitsmöglich- Interview: Corinne Päper Das bringt den Unternehmen in Bezug auf keiten nicht überfordernd? die Kommunikation, Akzeptanz und Innova- Mitarbeitende werden überfordert sein, Gut zu wissen tionskraft grosse Vorteile, von denen alle wenn sie den Sinn von Multispace-Büroland- Anspruchsgruppen profitieren. schaften nicht sehen und das Konzept nicht «Neue Arbeitswelten – Kompetenzent- verstehen. Deshalb müssen sie von Projekt- wicklung für geringeres Stresserleben» heisst das Arbeitspapier, das … und die Nachteile? start an auf die neuen Arbeitsmöglichkeiten Gesundheitsförderung Schweiz Je nach Grösse und Multispace-Konzept vorbereitet werden. Werden Multispace- zusammen mit der FHNW und Witzig ist es nicht mehr gegeben, dass sich Vorge- Bürolandschaften eingeführt und wird die entwickelt hat. Dieses gibt Anhalts- setzte und Mitarbeitende täglich sehen. Da- Unternehmenskultur verändert, steigen die punkte zur künftigen Arbeits- und Füh- rum muss der 1:1-Austausch geplant wer- Arbeitsoptionen erheblich an. So entschei- rungsgestaltung. den. Dabei ist es wichtig, dass nicht «nur» det jeder Mitarbeitende x-mal täglich, wann www.gesundheitsfoerderung.ch informelle Lunchmeetings stattfinden. Eine und wo er arbeiten wird. Er muss deshalb 14 HR Today Special 2016
Massnahmen Betriebliches Gesundheitsmanagement Multispace-Büros bei der Mobiliar Im Dezember 2015 sind 160 Mobiliar-Mit- «Sie ist die sichtbare Veränderung in eine arbeitenden in ihr neues Büro-Reich ein- neue Arbeitsphilosophie.» Begonnen habe gezogen. Nathalie Bourquenoud, Leite- der Change-Prozess schon einige Monate vor rin Human Development der Mobiliar, dem Einzug. Heute arbeiten die Mitarbeiten- über ihre Erfahrungen mit der neuen Ar- den in der neuen Arbeitswelt kaum noch mit beitswelt. Papier, haben keinen festen Arbeitsplatz und leben eine Clean- und Clear-Desk-Kultur. Nicht nur die Mitarbeitenden und Führungs- kräfte der Bereiche Unternehmensentwick- Leistung statt Arbeitsplatzpräsenz lung, Unternehmenskommunikation, Corpo- Auch die Führung habe sich stark verändert: rate Social Responsibility und Human Deve- «Wir haben nicht nur Wände «Leistung zählt heute mehr als Präsenzzeit.» lopment haben ihre festen Arbeitsplätze bei Niemand müsse seine Zeit im Büro «absit- eingerissen, sondern mit der neuen der Mobiliar aufgegeben, auch der CEO des zen», sondern könne überall arbeiten. Sich zu Versicherungsunternehmens, Markus Hong- Arbeitswelt die Grundlagen für die vernetzen und miteinander zu kommunizie- ler, räumte sein Büro und arbeitet nun in der künftige Arbeitskultur geschaffen.» ren, sei dank der neuen Technologien überall neuen, offen gestalteten Arbeitsumgebung. Nathalie Bourquenoud, möglich. Bis es soweit war, arbeitete ein be- Was war der Grund für diesen radikalen Leiterin Human Development, reichsübergreifendes Team knapp ein Jahr Schritt? «Mit der Digitalisierung haben sich Mobiliar lang daran, um das Pilotprojekt umzusetzen. auch neue Arbeitsformen aufgetan», sagt Na- Involviert waren Mitarbeitende des Ge- thalie Bourquenoud. «Die Mitarbeitenden schäftsleitungsbereichs Human Develop- verlangen nach Flexibilität und wollen zeitlich wurden am Berner Hauptsitz innerhalb eines ment, die das Projekt koordinierten, sowie und ortsunabhängig arbeiten.» Die neuen halben Jahres in eine Multispace-Landschaft aus dem Facility Management, dem Bau, der Technologien veränderten zudem die Berufe, verwandelt. In einer weiteren Umbauetappe IT und Corporate Responsibility. Der Mehr- die Prozesse und die Kommunikation. folgen bis 2019 weitere Büroflächen im Gebäu- wert der neuen Officewelten liegt für die de sowie der Direktionsstandort in Nyon. Das 45-Jährige heute in der «Begeisterung der Neugier und Offenheit Konzept der neuen Office-Landschaften ist Mitarbeitenden.» Die Belegungsrate von 80 Das erfordere neue Kompetenzen wie Neu- durchdacht: Um ein arbeitsförderliches Ambi- Prozent scheint ihr recht zu geben: Damit gier und Offenheit. «Wir wollten die gesamte ente zu schaffen, wurden viele Wände entfernt nutze die Mobiliar nicht nur die zur Verfü- Organisation und unsere Mitarbeitenden auf und Holz, warme Farben und geschwungene gung stehende Arbeitsfläche optimal, son- diese Entwicklung vorbereiten und dabei be- Formen eingesetzt. Der offene Bürobereich ist dern verfolge eine klare Vision und investiere gleiten.» Die neue Arbeitsumgebung solle in Arbeitszonen unterteilt: für Ruhe und Kon- in die Zukunft: «Wir haben nicht nur Wände «inspirieren und den Mitarbeitenden ermög- zentration sowie Austausch und Gruppenar- eingerissen, sondern mit der neuen Arbeits- lichen, sich weiterzuentwickeln, mitzuge- beit. Die neue Arbeitswelt wirkt sich sichtlich welt die Grundlagen für die künftige Arbeits- stalten und innovativ zu sein», betont Natha- auf das Miteinander aus: «Raum prägt die Ar- kultur geschaffen.» ■ lie Bourquenoud. Rund 2000 m2 Büroflächen beitskultur», findet Nathalie Bourquenoud. Corinne Päper Event Nationale Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement 2016 Move, Speed und Inspiration im Work- space der Mobiliar-Versicherung. Anna Coradi, Projektleiterin Workspace Solutions, Witzig The Office Company, Claudia Giorgetti Del Monte, Leiterin Organisations- und Kulturentwicklung, Schweizerische Mobiliar. Foto: Nik Hunger Datum: 24. August 2016 Ort: Universität Irchel, Zürich Weitere Infos: www.gesundheitsfoerderung.ch HR Today Special 2016 15
Betriebliches Gesundheitsmanagement Ergebnisse Best Case Micarna Gesundheitskultur mit Tradition Während viele Unternehmen mit der Betrieblichen Gesundheitsförderung erste Gehversuche machen, wurde die Micarna bereits zum dritten Mal mit dem Label Friendly Work Space ausgezeichnet. Wir haben den Fleischverarbeiter in Bazenheid besucht. Wer sich auf den Weg zur Micarna, die anderswo automatisiert oder in Länder der. Um diese miteinander in Einklang zu dem Fleischverarbeitungsbetrieb der mit tieferen Lohnkosten verlagert wird. Nicht bringen, legt das Unternehmen ein Augen- Migros, in Bazenheid macht, gelangt nicht so bei der Micarna: «Uns und unserer Kund- merk auf die gemeinsame Weiterentwick- unbemerkt aufs Gelände. Ein Zaun um- schaft ist die Qualität wichtig», erläutert lung des Gesundheitsmanagements: «Wir schliesst das Werksgelände und ein bedien- Harder die strategische Ausrichtung. «Daher lernen bei der Integration neuer Firmen von- tes Portierhäuschen dient als «Single Point of halten wir am Standort Schweiz fest.» Die einander», sagt Harder. Etwa, indem Kader- Entry.» Vom Hauptgebäude, das sich in einer Micarna hält nicht nur am Standort fest, son- mitarbeitende sich mit der Kultur der neu grosszügig angelegten Parklandschaft befin- dern investiert dort auch. Mit der wachsen- dazugestossenen Firmen vertraut machen det, ist von aussen nur das Micarna-Schild den Fleischeslust der Schweizerinnen und und sich untereinander austauschen. Oder wahrzunehmen. Am Spätnachmittag ist indem Mitarbeitende der neuen Firmen an nichts mehr von der frühmorgendlichen Be- Führungsseminaren der Micarna-Gruppe triebsamkeit zu spüren, wenn zahlreiche Ca- teilnehmen. «Wir setzen dort an, wo die Be- mions das Warenlager mit frischen Fleisch- «Es ist die Summe aller reitschaft da ist, über den eigenen Bereich produkten beladen verlassen. Auch im Ge- BGM-Massnahmen, die den hinauszuschauen», so Harder. bäude des Fleischverarbeiters ist es um diese Erfolg ausmacht.» Zeit ruhig: geschlossene Türen, lange, we- Tägliches Aufwärmtraining Stefan Harder, HR-Leiter, Micarna nig beleuchtete Flure und der Geruch von Dass eine gesundheitsförderliche Kultur Desinfektionsmittel, der an Spitalaufenthalte nicht von heute auf morgen entsteht, ver- erinnert. steht sich von selbst: Diese wächst über Jah- Schweizer wächst auch die Micarna als Un- re hinweg. Bei der Micarna hat die Gesund- Anstrengende Arbeit ternehmen. Erst im vergangenen Jahr hat heitskultur Tradition: «Wir haben uns als Von den 700 Mitarbeitenden, die in diesem der Fleischverarbeiter die Rudolf Schär in eines der ersten Industrieunternehmen mit Gebäude in verschiedenen Berufsgruppen Thal mit 90 Mitarbeitenden übernommen. dem Label Friendly Work Space von Gesund- von der Fleischverarbeitung über die Infor- Einen Fleisch- und Wurstspezialisten, der zu heitsförderung Schweiz auszeichnen las- matik bis hin zur Hauswirtschaft arbeiten, den langjährigen Partnern der Micarna ge- sen», erklärt Harder nicht ohne Stolz. Inzwi- sind 150 in der Zerlegerei beschäftigt: Dort hört. Dazu gesellten sich drei weitere Famili- schen sogar zum dritten Mal, denn ein mit Fotos: Jeroen Singer verarbeiten sie täglich etwa 1300 bis 1500 enunternehmen mit rund hundert Mitarbei- dem Label ausgezeichnetes Unternehmen Schweine zu verschiedenen Fleisch tenden. muss alle drei Jahre zum «Gesundheitstest» produkten wie Koteletts oder Brühwürsten. Mit dem Ausbau der Geschäftstätig- antreten. Das erprobte Betriebliche Gesund- «Eine anstrengende Arbeit», betont Stefan keiten treffen innerhalb der Micarna ver- heitsmanagement der Micarna erweist sich Harder, HR-Leiter der Micarna. Eine Arbeit, schiedene Gesundheitskulturen aufeinan- auch bei der Integration der neuen Unter- 16 HR Today Special 2016
Ergebnisse Betriebliches Gesundheitsmanagement Bei der Weiterentwicklung ihrer Gesundheitskultur zeigen sich Stefan Fotos: Jeroen Singer Harder, HR-Leiter der Micarna, und sein Team experimentierfreudig. HR Today Special 2016 17
Betriebliches Gesundheitsmanagement Ergebnisse «Im Vordergrund steht stets, die Mitarbeitenden im gewohnten Arbeitsprozess zu halten. Denn das Risiko für Langzeitausfälle steigt bereits ab dem 15. Abwesenheitstag markant an.» Stefan Harder HR-Leiter, Micarna nehmensmitglieder zunehmend als Vorteil: fälle nutzt das Unternehmen, um am Ge- Langzeitausfälle steigt bereits ab dem 15. Die kleinen, oft von Familien geführten Be- sundheitsmanagement zu feilen: Wie im Abwesenheitstag markant an.» Massnah- triebe profitieren vom grossen BGM-Erfah- Spitalbereich werden schon Beinahe-Unfälle men, die Erfolg zeigen: So konnte die Ab- rungsschatz und den etablierten BGM-Pro- rapportiert und daraus Verbesserungen ab- senzquote innerhalb kurzer Zeit beinahe um grammen des Fleischverarbeiters. geleitet. einen Prozentpunkt verringert werden. Er- Um die Gesundheitskultur weiterzuent- folgsindikatoren für ein erfolgreiches Ge- wickeln, schwört Harder auf das Prinzip Bonusrelevante Gesundheitskultur sundheitsmanagement sind für den HR- «ausprobieren und Erfahrungen sammeln.» Bei der Gestaltung der Gesundheitskultur Leiter aber auch die gesunkene Mitarbeiter- Dabei sind alle Mitarbeitenden vom Produk- nimmt das Micarna-Kader eine aktive Rolle fluktuation oder die gestiegene Rücklauf- tionsmitarbeitenden bis zum Kadermitglied ein: Vorgesetzte absolvieren als Bestandteil quote der Mitarbeiterbefragung. eingebunden. So auch in der Pouletverarbei- der internen Kaderweiterbildung nicht nur tung in Courtepin. Dort startet in Kürze ein Betriebliche-Gesundheitsmanagement-Kur- Nicht alles ist messbar Pilotprojekt für ein gemeinsames morgend- se, sondern haben auch Gesundheitsziele: Daneben erschliessen sich für Harder vor liches Aufwärmtraining: «Das war eine Idee Sie sind beispielsweise dafür verantwortlich, allem im Austausch mit den Betriebssanitä- unserer Mitarbeitenden», erklärt Harder. die unternehmensweit vorgegebenen Ab- tern, die etwa bei Verletzungen oder Unfäl- «Sie haben die Parallelen zum Sport erkannt, senzquoten einzuhalten. Wird die Quote len beigezogen werden, weitere Erkennt- wo man sich ja auch aufwärmt, bevor man Micarna-weit erreicht oder sogar unter- nisse: «Wenn es technische Störungen oder aktiv ist.» Micarna habe diesen Mitarbeiter- schritten, fällt der Bonus für die gesamte Probleme in der Zusammenarbeit gibt, sind vorschlag aufgegriffen. Gleichzeitig inves Belegschaft höher aus. Zur allgemeinen unsere Sanitäter oft die Ersten, die diese In- tiert das Unternehmen auch finanziell in die Übersicht erstellt das HR dazu monatliche formationen erhalten.» Nicht alles sei im Gesundheit der Mitarbeitenden. So wurde Auszüge der aktuellen Absenzzahlen. Das Betrieblichen Gesundheitsmanagement klar die in die Jahre gekommene Fleischproduk- ermöglicht den Vorgesetzten, ohne langes erfassbar, meint Harder. So sei kaum nach- tionsanlage in Bazenheid gegen eine ergo- Zuwarten mit den Betroffenen Rückkehrge- weisbar, inwiefern eine einzelne Massnahme nomisch anpassbare ausgetauscht, die den spräche zu führen, mit ihnen gesundheits- wie ein Gesundheitstag die Absenzquote Mitarbeitenden die körperliche Arbeit in der förderliche Lösungen zu erarbeiten und da- direkt beeinflusst oder das Wohlbefinden Zerlegerei erleichtert. Zudem schulen zu mit Langzeiterkrankungen zu vermeiden. der Mitarbeitenden steigert. «Es ist die Sum- Coaches ausgebildete Mitarbeitende ihre «Im Vordergrund steht stets, die Mitarbei- me aller BGM-Massnahmen, die den Erfolg Kollegen darin, wie man Lasten korrekt hebt tenden im gewohnten Arbeitsprozess zu ausmacht», ist Harder überzeugt. n und transportiert. Fehlermeldungen und Un- halten», sagt Harder, denn «das Risiko für Corinne Päper 18 HR Today Special 2016
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