LASST DEN FORSCHERGEIST FREI! - AUSGEZEICHNETE PROJEKTE DES KITA-WETTBEWERBS
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FORSCHERGEIST 2020 Bundes- und Landessieger Sachsen Ich werde bald sieben – aber wie viel ist 70? INHALT 2 Grußwort 4 Die Initiatoren des Wettbewerbs im Interview 6 Die Jury 8 Die Botschafterinnen und Botschafter 10 Über den Wettbewerb 12 Die Bundes- und Landessieger des „Forschergeist 2020“ 14 Baden-Württemberg Pipapo – Ausflug ins Pipi-Kacka-Land 18 Bayern Vom Licht der Sonne zum Sonnensystem 22 Berlin Die menschliche Verdauung 26 Brandenburg Faszination Trickfilmstudio – wie Bilder laufen lernen 30 Bremen Wir bauen uns ein eigenes Spielhaus 34 Hamburg Was geht ab – in unserer Wurmkiste? 38 Hessen Spieglein, Spieglein – so viele Julias! 42 Mecklenburg-Vorpommern Alles um mich herum verändert sich 46 Niedersachsen Große Kunst in kleinen Händen – van Gogh in der Kita 50 Nordrhein-Westfalen Wir bauen eine Murmelbahn aus Alltagsmaterialien 54 Rheinland-Pfalz Wir wollen unsere Welt achten und schätzen 58 Saarland Von der Raupe zum Schmetterling 62 Sachsen Ich werde bald sieben – aber wie viel ist 70? 66 Sachsen-Anhalt Der Boden lebt unter unseren Füßen 70 Schleswig-Holstein Vom Kompost bis zur Ernte 74 Thüringen Achtsamkeit für uns und unsere Umwelt Bundes- und Landessieger Bremen Landessieger Hessen 78 Die Sonderpreisträger Wir bauen uns ein eigenes Spieglein, Spieglein – 80 Geschichte Das Ding des Monats – alte Geräte ausprobieren Spielhaus so viele Julias! 84 Kita-Entwicklung Raum der Fragen – ein Mitmachmuseum 88 Lokale Umwelt Unser Himmelsweiher 92 Die Bundespreisverleihung 94 Projektarbeit in der Kita – von der Themenfindung bis zur Dokumentation 98 Über die Stiftungen 99 Impressum Sonderpreis Kita-Entwicklung Raum der Fragen – ein Mitmachmuseum 2 3
GRUSSWORT FORSCHERGEIST 2020 LIEBE LESERINNEN UND LESER, „Ich möchte den Pädagoginnen was passiert, wenn man den Kindern, den Pädagoginnen und Pädagogen in Kitas zuruft: „Lasst den Forschergeist frei!“? Ich habe sofort ein Bild vor Augen: Mädchen und Jungen, die ganz viele Fragen stellen, ausprobieren, tüfteln und diskutieren, und Pädagogen dafür danken, vor Ideen nur so sprudeln. Genau das ist beim „Forschergeist 2020“ passiert. 651 Kitas aus ganz Deutschland bewarben sich beim Wettbewerb der Deutsche Telekom Stiftung und der Stiftung dass sie Kitas zu lebenswerten „Haus der kleinen Forscher“. Sie alle haben Projekte gestaltet, in denen Kinder eigenen Fragen aus der Welt der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik auf den Grund gegangen sind. Mit diesen Projekten zeigen die pädago- Bildungsorten machen.“ gischen Fachkräfte, wie vielfältig und qualitativ hochwertig frühkindliche Bildungs- arbeit gestaltet werden kann. Wenn wir Kindern Raum geben und sie dabei begleiten, Fragen aus ihrer eigenen Lebenswelt nachzugehen, sich auszuprobieren und eigene Erfahrungen zu machen, befähigen wir sie auch, kritisch zu denken und verantwortungsvoll zu handeln. Die Menschen, die das in Deutschlands Kitas ermöglichen, sind die engagierten Pädagoginnen und Pädagogen. Dafür, dass sie die Kitas jeden Tag aufs Neue zu lebenswerten Bildungsorten machen, möchte ich ihnen danken. Ich möchte sie ermuntern: weiter so! Die Gewinnerprojekte sind eine Inspiration und regen hof- fentlich viele Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern und Kinder zu eigenen Projek- ten an. Den Gewinnern des „Forschergeist“-Wettbewerbs gratuliere ich herzlich zu ihrem Sieg. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und viel Freude dabei, die Kinder in dieser Dokumentation auf ihren Entdeckungsreisen zu begleiten. Anja Karliczek Mitglied des Deutschen Bundestages Bundesministerin für Bildung und Forschung 4 5
DIE INITIATOREN DES WETTBEWERBS IM INTERVIEW FORSCHERGEIST 2020 Herr Dr. Winter, Sie hatten bereits zum fünften Mal Welche Themenschwerpunkte gab es? den Vorsitz der Jury inne. Was motiviert Sie, sich Michael Fritz: In diesem Jahr fällt auf, dass viele der Sieger- immer wieder in die Projekte zu vertiefen? projekte naturwissenschaftliche Themen und nachhaltige Dr. Ekkehard Winter: An den „Forschergeist“-Pro- Entwicklung miteinander verwoben haben. Das scheint Dr. Ekkehard Winter Michael Fritz Geschäftsführer Deutsche Telekom Stiftung Vorstandsvorsitzender der Stiftung jekten sehe ich immer wieder, wie vielfältig Bil- gerade ein Thema in den Kitas zu sein und den Kindern bietet „Haus der kleinen Forscher“ dung in Kitas gestaltet wird. Die Kinder haben sich es eine gute Möglichkeit, an nachhaltigen Veränderungen in mit Zahlen beschäftigt, sie haben gebaut, sich mit der Einrichtung aktiv zu partizipieren. Und wir haben in den Optik und Farbenlehre auseinandergesetzt, digi- Bewerbungen oft gesehen, dass Tablets, Kameras und andere tale Medien genutzt, den menschlichen Körper digitale Geräte von den Mädchen und Jungen als Werkzeuge erkundet und die Natur beobachtet. Viele der The- eingesetzt werden, um die Welt zu entdecken und ihre Beob- men waren noch mit weiteren Bildungsbereichen achtungen zu dokumentieren. wie Gesundheit, Geschichte oder Kunst verknüpft. EINTAUCHEN IN Durch die Orientierung an den Fragen der Kinder hatten die 651 eingereichten Themen alle unterschiedliche Schwerpunkte. Und auch der Dr. Ekkehard Winter: Das Thema war für uns als Jury aber nicht das entscheidende Kriterium. Viele Themen kennen wir bereits in verschiedensten Variationen, aber für die Kinder, VORBILDLICHE PROJEKTE Einsatz der Erzieherinnen und Erzieher ist beein- druckend. Im Idealfall gelingt es ihnen, auch Eltern und externe Partner einzubinden und die Themen die das Projekt durchführen, ist es immer das erste Mal. Deswegen sind in diesem Jahr beispielsweise zwei Projekte vertreten, die sich mit dem Thema „Verdauung“ beschäftigen, nachhaltig im Kita-Alltag zu verankern. In so vorbild- und zwei, die Müll- und Plastikvermeidung als Fokus hatten. liche Projekte einzutauchen macht einfach Spaß. Wir haben uns vor allem angesehen, ob das Projekt an Ein Trickfilm und ein Plastik-Rap, Strumpfhosendärme und Wildblumenwiesen, den Interessen der Kinder ausgerichtet und in den Kita-Alltag Spiegelräume und ein Museum der Fragen: Auch in diesem Jahr haben Kitas Was war für Sie am „Forschergeist 2020“ beson- eingebettet war. Wenn die Kinder die Möglichkeit haben, das ders, Herr Fritz? Projekt aktiv zu gestalten, die Fachkräfte als Lernbegleitung beim „Forschergeist“ mit kreativen Themen und herausragender Umsetzung Michael Fritz: Besonders gefreut habe ich mich, an ihrer Seite waren und dabei unterstützt haben, eigene ihrer Projekte überzeugt. Was hat den Wettbewerb 2020 besonders ausge- dass sich hochrangige politische Persönlichkeiten Lernwege einzuschlagen – dann haben wir „Forschergeist“- zeichnet und was macht ein „Forschergeist“-Siegerprojekt aus? Die Initiatoren gern für den Wettbewerb stark machen. Daran Gewinnerprojekte. sehen wir, dass der „Forschergeist“ dazu beiträgt, Dr. Ekkehard Winter und Michael Fritz blicken gemeinsam zurück auf die aus- die Aufmerksamkeit von politischen Entscheide- gewählten Projekte, die Überraschungen und Herausforderungen der fünften rinnen und Entscheidern auf die frühkindliche Wettbewerbsrunde. Bildung zu lenken und zu zeigen, was für wertvolle Arbeit dort geleistet wird. Eine besondere Heraus- forderung war die Corona-Pandemie. Ursprünglich wollten wir den pädagogischen Fachkräften und den Kindern mit tollen Forscherfesten in den Kitas danken, was im Frühjahr dann aber nicht möglich war. Die Preisverleihungen haben wir im Rahmen des Möglichen nachgeholt, denn einer der wich- tigsten Aspekte des Wettbewerbs ist und bleibt die Wertschätzung der Pädagoginnen und Pädagogen! 6 7
DIE JURY FORSCHERGEIST 2020 DIE JURY Wer g ew inn „ Fo r t d e n s c he r g e is t“? Zu den Jurorinnen und Juroren des Wettbewerbs zählten renommierte Fachleute aus Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft. Sie sichteten alle 651 Einsendungen und wählten in einem zweistufigen Auswahlverfahren die 16 Landessieger und daraus dann die fünf Bundessieger aus. Ferner vergaben sie drei Sonderpreise für außergewöhnliche Ansätze. Hier stellen wir Ihnen die Jury des Wettbewerbs, unter dem Vorsitz von Dr. Ekkehard Winter, Geschäftsführer Deutsche Telekom Stiftung, vor: Dr. Ekkehard Winter Michael Fritz Birgit Bey Ulrike Grosse-Röthig Geschäftsführer Vorstandsvorsitzender Erzieherin und Leiterin Bundeselternsprecherin Deutsche Telekom Stiftung Stiftung „Haus der kleinen Kita „Kids Company“, Berlin Bundeselternvertretung Forscher“ der Kinder in Kitas und Kindertagespflege (BEVKi) Prof. Dr. Annette Schmitt Ilse Petilliot-Becker Prof. Dr. Hans-Günther Roßbach Hochschule Magdeburg-Stendal Referatsleiterin des Referats Universität Bamberg Fachbereich Angewandte Human- Grundschule, Frühkindliche Fachbereich Elementar- und wissenschaften Erziehung und Bildung des Familienpädagogik Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 8 9
DIE BOTSCHAFTERINNEN UND BOTSCHAFTER FORSCHERGEIST 2020 DIE BOTSCHAFTERINNEN UND BOTSCHAFTER Der „Forschergeist 2020“ wurde landesweit von hochrangigen Persönlich- keiten aus der Politik unterstützt. Als Botschafterinnen und Botschafter trugen sie dazu bei, den bundesweiten Wettbewerb bekannt zu machen Stephan Weil Dr. Joachim Stamp Malu Dreyer Tobias Hans Ministerpräsident Minister für Kinder, Familie, Ministerpräsidentin Ministerpräsident und die Kitas zu ermutigen, sich zu beteiligen. Niedersachsen Flüchtlinge und Integration Rheinland-Pfalz Saarland Nordrhein-Westfalen Winfried Kretschmann Carolina Trautner Sandra Scheeres Britta Ernst Michael Kretschmer Dr. Reiner Haseloff Ministerpräsident Staatsministerin für Familie, Senatorin für Bildung, Jugend Ministerin für Bildung, Ministerpräsident Ministerpräsident Baden-Württemberg Arbeit und Soziales und Familie Jugend und Sport Sachsen Sachsen-Anhalt Bayern Berlin Brandenburg Dr. Claudia Bogedan Dr. Melanie Leonhard Volker Bouffier Manuela Schwesig Daniel Günther Helmut Holter Senatorin für Kinder Senatorin für Arbeit, Soziales, Ministerpräsident Ministerpräsidentin Ministerpräsident Minister für Bildung, Jugend und Bildung Familie und Integration Hessen Mecklenburg-Vorpommern Schleswig-Holstein und Sport Bremen Hamburg Thüringen 10 11
ÜBER DEN WETTBEWERB FORSCHERGEIST 2020 ÜBER DEN WETTBEWERB Der „Forschergeist“ ist ein bundesweiter Kita-Wettbewerb der Deutsche Telekom Stiftung und der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. 2020 fand er bereits zum fünften Mal statt. Gesucht und prämiert wurden herausragende Projekte, die Mädchen und Jungen für die Welt der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik begeisterten und sie zu gemeinsamem Entdecken und Forschen anregten. Alle Kitas Deutschlands waren dazu ein- geladen, ihre Projekte online einzureichen. Das eingereichte Projekt sollte verschiedene As- Aus den 16 Landessiegern wählte die Fachjury aus Wissen- pekte eines Themas untersuchen und mehrere schaft, Praxis und Gesellschaft schließlich fünf Bundessieger, Bildungsbereiche berühren. Ob das Projekt Tage, die auf der feierlichen „Forschergeist“-Bundespreisverleihung Wochen oder Monate gedauert hat, war nicht ent- am 8. Dezember 2020 in Berlin bekannt gegeben wurden. scheidend – wichtig war, dass es zusammen mit Die Landessieger erhielten ein Preisgeld von jeweils den Kindern initiiert, geplant und durchgeführt 2.000 Euro, jeder Bundessieger zusätzliche 3.000 Euro zur wurde. Die pädagogischen Fachkräfte sollten den Förderung der mathematischen, informatischen, naturwis- Projektverlauf begleitet, dokumentiert und ge- senschaftlichen und technischen Bildungsarbeit in der Kita. meinsam mit den Mädchen und Jungen reflektiert Zudem vergaben die Initiatoren des Wettbewerbs drei Sonder- haben. preise in den Bereichen „Geschichte“, „Kita-Entwicklung“ und Insgesamt haben sich 651 Kitas aus ganz „Lokale Umwelt“. Diese waren ebenfalls mit einem Preisgeld Deutschland mit ihren Projekten beim „Forscher- von je 2.000 Euro dotiert. geist 2020“ beworben. Aus jedem Bundesland wur- Mit dem Wettbewerb „Forschergeist“ wollen die Initiato- de ein Landessieger gekürt und im Rahmen einer ren das Engagement der pädagogischen Kita-Fachkräfte wert- Landespreisverleihung vor Ort in der Kita ausge- schätzen und sie zu Bildungsarbeit in diesen Bereichen weiter zeichnet. motivieren. Die Projekte der Preisträger werden als Beispiele gelun- gener Praxis und als Anregungen für die Gestaltung des Kita- Alltags in dieser Dokumentation veröffentlicht. Auch die nomi- nierten Projekte aus den „Forschergeist“-Wettbewerben 2012, 2014, 2016 und 2018 wurden in ausführlichen Wettbewerbs- dokumentationen publiziert. Alle Wettbewerbsdokumentationen der vergangenen Jahre stehen hier zum Download bereit: forschergeist-wettbewerb.de Mit dem Landespreis in die Kitas: Im Herbst 2020 fanden die Preise und Glückwünsche für die „Forschergeist“-Landessiege ihren Weg in die Kitas. Allen Landespreisträgern, bei denen ein Besuch möglich war, übergaben die Initiatoren gemeinsam mit den Botschafterinnen und Botschaftern Trophäe und Preisgeld persönlich. Die anderen Kitas erhielten die Auszeich- nung als Überraschungspaket per Post. 12 13
DIE BUNDES- UND LANDESSIEGER FORSCHERGEIST 2020 DIE BUNDES- UND LANDESSIEGER DES „FORSCHERGEIST 2020“ Glückwunsch! Die Experten-Jury hat aus 651 Bewerbungen für jedes Bundesland einen Landessieger ausgewählt. Die fünf besten Kita- Projekte daraus wurden zusätzlich als Bundessieger ausgezeichnet. Auf den folgenden Seiten sind alle Siegerprojekte, alphabetisch nach Bundesländern sortiert, ausführlich beschrieben. Ausgezeichnet wurden: Evangelische Kindertagesstätte Pezzettino (Baden-Württemberg) Kindergarten „Villa Kunterbunt“ (Bayern) FRÖBEL-Kindergarten Fröbelspatzen (Berlin) Kita „Bummi“ (Brandenburg) Kindertagesstätte Girotondo (Bremen) Kinderladen Maimouna e. V. (Hamburg) Kids Camp Königstein (Hessen) Integrative Kindertagesstätte „Kinderland“ (Mecklenburg-Vorpommern) Evangelisch-lutherische integrative Kita Dörpel (Niedersachsen) Kita „Schwanenspiegel“ (Nordrhein-Westfalen) Evangelische Kita „Sonnenland“ (Rheinland-Pfalz) Kommunale Kindertagesstätte „Villa Wusel“ (Saarland) Kindertagesstätte „Briesnitzer Spatzenvilla“ (Sachsen) Kindertagesstätte „Spielkiste“ (Sachsen-Anhalt) Kita Haus elf (Schleswig-Holstein) Wie viel Konfetti Katholischer Kindergarten „St. Nikolaus“ (Thüringen) passt hier wohl rein? Herzliche Gratulation! „Forschergeist“ zeigen! 14 15
BUNDES- UND LANDESSIEGER BADEN-WÜRTTEMBERG FORSCHERGEIST 2020 PIPAPO – AUSFLUG INS PIPI-KACKA-LAND „Du bist Kacka!“ So ein toller Satz, fanden die Kinder. Vor allem, weil sich die Erwach- senen immer so ärgerten, wenn die Mädchen und Jungen ihn sagten. Kita-Leiterin Silvia Heuberger beschloss, das Thema anders anzugehen. Sie stellte das Wort bei der nächsten Kinderkonferenz ganz sachlich in den Raum: „Ich merke, das Wort ist span- nend für euch. Wollen wir darüber mehr herausfinden?“ Zusammen mit den Mädchen Wie viel Darm und zeigten ihn stolz ihren Eltern. Und wie ist das eigentlich mit dem Pupsen? Die Mädchen und Jungen achteten nun jeden und Jungen gestaltete sie eine Mindmap zum Thema. Was ist Stuhl, wie entsteht er passt in unseren Körper? Tag darauf, von welchem Essen sie viel pupsen mussten. „Ich und was passiert mit ihm, wenn er im Klo verschwindet? Diesen und weiteren Fragen habe schon drei Mal gepupst“, verkündete ein Mädchen, nach- wollten die Kinder ganz genau auf den Grund gehen. Um den Verdauungsvorgang nachzuvollziehen, dem es zum Mittag Linsensuppe gab. Um diesen Prozess zu zeichneten die Kinder zunächst die Verdauungsor- veranschaulichen, vermischten die kleinen Forscherinnen und gane in einen Körperumriss. Richtig sehen konn- Forscher Hefe und Zucker in einer Tüte mit warmem Wasser. EVANGELISCHE KINDERTAGESSTÄTTE PEZZETTINO ten sie den Prozess allerdings so noch nicht. Also Sie verschlossen die Tüte fest und legten sie an einen warmen ORT: Ulm, Baden-Württemberg entschieden sie, ihn nachzubauen! Um nachzubil- Ort. Nach etwa einer halben Stunde beobachteten sie, wie sich PROJEKTZEITRAUM: Januar 2020 den, was beim Menschen im Mund passiert, ver- die Tüte langsam aufblähte und ganz prall wurde. „Und da sind THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Naturwissenschaften, Technik wendeten die Mädchen und Jungen Schüsseln und auch kleine Bläschen drin“, stellte eines der Kinder fest. KINDER: 50 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren vermengten darin Butterkekse und Haferflocken. Mit Hämmerchen, die die Zähne darstellten, zer- klopften sie die Kekse und mithilfe von Wasser als Spucke-Ersatz erhielten sie bald einen Brei. Paral- lel dazu zerkauten sie selbst Butterkekse, um den Materialien Prozess im eigenen Mund wahrzunehmen. Ihren Brei versetzten sie in einer Tüte mit Es- � aferflocken H sigessenz und Natron und beobachteten faszi- � Butterkekse niert, wie sich Bläschen bildeten. Sie kneteten das � Schüsseln Gemisch kräftig durch und füllten es in eine Fein- � Hämmerchen strumpfhose. Aus diesem „Darm“ wrangen sie das � Wasser Wasser heraus, schnitten am Ende ein Loch hinein � Feinstrumpfhosen und pressten schließlich einen festen Brei heraus. � Watte Um eine bessere Vorstellung von der Länge des � Essigessenz, Natron, Hefe, Zucker menschlichen Darms zu bekommen, stopften sie � Tüten viele Feinstrumpfhosen mit Watte aus und verban- � Agarplatten für Bakterienkulturen G eg essen, ver den sie miteinander. Immer wieder maßen sie nach � Plastikbecher daut – wie funktio , ausg eschieden und fügten weitere Stücke hinzu, bis er die richti- � Glas, Kaffeefilter ge Länge hatte. Wie erstaunlich, dass sechs Meter � Kies, Sand, Erde nier t das? Darm in unseren Körper passen! Ihren Wattedarm hängten die Kinder im Eingangsbereich der Kita auf 16 17
BUNDES- UND LANDESSIEGER BADEN-WÜRTTEMBERG Gesunde Ernährung, Welche Kompetenzen werden bei gute und böse Bakterien „Das Thema war einfach den Kindern besonders gefördert? Die intensive Beschäftigung mit der Verdauung machte die präsent und es war toll, zu Aus einem vermeintlichen Schimpfwort „Kacka“ wurde ein Projekt, bei dem die Kin- sehen, wie ernsthaft und Kinder achtsamer für die Vorgänge in ihrem Körper. „Es gibt der viel über ihre Körperfunktionen, ihre Ver- Verstopfung, das gibt Bauchweh“, fasste ein Kind zusammen, dauung erfuhren. Indem die Mädchen und was viele aus eigener Erfahrung wussten. Sie überlegten, wie Jungen ernst genommen wurden und ihre sie ihrem Körper etwas Gutes tun könnten, und gestalteten Plakate mit gesunden und ungesunden Lebensmitteln. Das Plakat mit den gesunden Lebensmitteln – vor allem Gemüse mit wie viel Verantwor- Äußerungen zu einer umfassenden Erkun- dung des Themas führten – d. h. die pädago- gischen Fachkräfte sich an den Interessen der und Obst – hängten sie im Essensbereich auf. „Es gibt auch im Bauch gute und böse Bakterien. Manch- mal kämpfen die und wenn die bösen gewinnen, dann wird tung sich die Kinder dem Kinder orientierten – war der Gebrauch des Schimpfworts nicht mehr interessant. Die gewidmet haben.“ Mädchen und Jungen erhielten einerseits man krank“, erzählte ein Junge den anderen Kindern. Die Idee Einblick in einen Themenbereich der Biologie von Lebewesen, die so klein sind, dass Menschen sie nicht mit und andererseits am Beispiel Kläranlage in bloßem Auge sehen können, faszinierte die Mädchen und Jun- einen der Technik. gen sehr. Sie sahen sich Abbildungen in Büchern an, malten Silvia Heuberger | Kita-Leiterin Bilder von Bakterien aus und kreierten ihre eigenen Bakteri- en. Besonders spannend wurde es, als die Mutter eines Kin- Beurteilung der Jury des zu Besuch kam und Platten mit Nährböden für Bakterien mitbrachte. Die Mädchen und Jungen nahmen Proben von den Die Auseinandersetzung mit dem für Kinder Türklinken der Kita und von ihren Händen vor und nach dem Der Weg durch die Kanalisation faszinierenden Thema „Pipi und Kacka“ ist Waschen. Nach zwei Tagen sahen die Kinder die Bakterien auf originell und mutig, trifft sie doch nicht un- dem Nährboden: „Da sind weiße Wolken drauf!“ Die Kinder hatten schon eine sehr klare Vorstel- bedingt von Anfang an auf die Begeisterung lung, was mit dem Stuhl nach der Toilette passiert: der Eltern. Durch den forschend-entdeckenden „Dann geht die Kacka in die Kanalisation, das sind Umgang mit den Körperausscheidungen sorgen mehrere Röhren und da ist Wasser drin“, erklärte die pädagogischen Fachkräfte für eine inten- eines der Kinder. sive Auseinandersetzung und Versachlichung. Aber nach den Röhren? Die Mädchen und Jun- gen verfolgten die Rohrleitungen in der Kita, so weit Evangelische Kindertagesstätte Pezzettino es ging. Danach recherchierten sie in Büchern und sahen sich einen Film über die Funktion von Kläran- lagen an. Mit diesem Wissen bauten sie selbst eine Mini-Kläranlage. Sie füllten mehrere Plastikbecher, die unten Löcher hatten, mit Erde, Kies und Sand und stellten sie ineinander. Darunter stellten sie ein Glas, in das sie noch einen Kaffeefilter legten. Vom Endergebnis waren sie aber nicht vollkommen überzeugt: „Das ist nicht ganz sauber. Schau mal, das Wasser ist noch weiß“, sagte eines der Kinder. Am Ende des Projekts waren die Kinder echte Expertinnen und Experten für das Thema. Die ernst- hafte und intensive Auseinandersetzung führte dazu, dass sie das Wort „Kacka“ auch nicht weiter als Schimpfwort verwendeten. � S cannen Sie den QR-Code und sehen Sie die Projektvorstellung und Auszeichnung bei der Bundespreisverleihung. 18 19
BUNDES- UND LANDESSIEGER BAYERN FORSCHERGEIST 2020 Sonne, Licht und Schatten Wo scheint die Sonne, wenn bei uns Nacht ist? VOM LICHT DER SONNE Die Kinder untersuchten zunächst Licht und Schat- Inspiriert von ihren Versuchen mit Licht und Schatten kam die ten ganz genau. Mit einem Tageslichtprojektor war- Frage auf: „Wenn bei uns Tag ist, dann ist woanders Nacht. fen sie ihre eigenen Schatten auf den Boden und Aber wo und warum?“ Um dem auf den Grund zu gehen, strahl- an die Wände. „Der Schatten macht immer das, was ten die Kinder einen Globus mit einer Taschenlampe an und ZUM SONNENSYSTEM ich mache. Aber manchmal ist er vor und manchmal drehten ihn langsam. So konnten sie gut sehen, wie Tag und hinter mir“, beobachtete ein Mädchen. Die Kinder Nacht auf der Erde entstehen. entwickelten lustige Schattentänze an der Wand Eines Morgens bemerkten die Mädchen und Jungen, dass und bemerkten dabei, dass ihr Schatten größer sie den Mond noch am Himmel erkennen konnten. Warum wurde, wenn sie näher am Licht waren. Und um- konnten sie den Mond am Tag sehen, aber die Sterne nicht? gekehrt sahen sie: „Wenn man vom Licht weggeht, Und wieso sieht er immer unterschiedlich aus? Um die Mond- dann wird der Schatten ‚genauer‘ und an der Wand phasen zu erkunden, erdachten sie einen Selbstversuch: Eine kleiner!“ Die Mädchen und Jungen stellten Gegen- Styroporkugel, auf einen Holzstab gesteckt, war der Mond. Sternschnuppen- und Sonnenscheingruppe – Himmelsphänomene waren im Kita-All- stände vor den Strahl des Projektors und malten die Eine Lampe war die Sonne. Das jeweilige Kind selbst war die tag allgegenwärtig. Daraus entstand die Idee, das Weltall zu erkunden. Beim ersten Schatten ab. Dabei war es wichtig, weder den Ge- Erde. Wenn es nun den „Mond“ in der Hand hielt und sich um genstand noch die Lichtquelle zu bewegen. „Sonst die eigene Achse drehte, konnte es deutlich die Licht- und Treffen in der „Forscherwelt“ der Kita bemerkten die Kinder, wie die Sonne zum Fens- stimmt der Schatten ja nicht mehr!“, so ein Kind. Zu Schattenseiten erkennen. ter hereinschien. „Die Sonne macht es hell – aber sie macht auch Schatten“, stellte Beginn des Projekts waren die Kinder davon über- eines der Kinder fest. Aus dieser Beobachtung entwickelten sich weitere Fragen wie zeugt, dass Schatten immer grau oder schwarz sei- en. Beim Leuchten durch farbige Plexiglasscheiben „Warum können wir nur am Tag die Farben sehen?“ oder „Warum ist der Schatten nicht beobachteten sie jedoch bunte Schattenränder. immer gleich?“. So starteten die Mädchen und Jungen ihre ganz eigene Forscherreise, Mithilfe farbiger Plexiglaswürfel bauten sie darauf- die sie vom Licht der Sonne bis zum Sonnensystem führen sollte. hin „bunte Schattentürme“. Beim Leuchten mit der Taschenlampe fiel das Licht zufällig auf die Spiegelkugeln, die an der De- cke angebracht waren. Die Mädchen und Jungen KINDERGARTEN „VILLA KUNTERBUNT“ waren fasziniert von den vielen Lichtpunkten, die ORT: Wackersdorf, Bayern dadurch an Wand, Decke und Boden reflektiert wur- PROJEKTZEITRAUM: Oktober 2019 – Januar 2020 den. Mit Spiegeln und CD-Rohlingen lenkten sie da- THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Naturwissenschaften, Mathematik nach selbst das Licht und bauten Periskope. KINDER: 15 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren Materialien � T aschenlampen � Tageslichtprojektor � Globus � Holzstäbe � Briefumschlag � Knete � Bälle, Kugeln, Steine � Styroporkugeln � Spiegel � CD-Rohlinge � Gegenstände zum Schattenwerfen � Schwarzes Tonpapier, Papier � Kurze dicke Strohhalme lanete n n d i e P � Längere dünnere Strohhalme to ß e W i e so s a m m e n ? � Plexiglasscheiben, -würfel us nicht z 20 21
BUNDES- UND LANDESSIEGER BAYERN FORSCHERGEIST 2020 Welche Kompetenzen werden bei den Kindern besonders gefördert? „Ich war beeindruckt von der innigen Gemein- Ausgehend von den Gruppennamen wurde schaft der Kinder, in der alle Charaktere ihren ein themenübergreifendes Projekt Schritt für Schritt mit den Kindern erarbeitet. Ihren Fra- gen gingen die Mädchen und Jungen mittels Platz gefunden und einen wichtigen Beitrag Büchern, Experimenten, Liedern und Filmen umfassend nach. Durch das breite Spektrum der Ideen konnten die Kinder die Teilthemen zum Projekt beigetragen haben.“ mit Kreativität gestalten und ganzheitlich naturwissenschaftliche Vorgänge altersent- sprechend wahrnehmen und erforschen. Die Mädchen und Jungen nutzten eigene Wis- Daniela Huber | Projekterzieherin sensreservoire und erwarben durch Fragen neues Wissen. Beurteilung der Jury Beim Legen der Umlaufbahnen ihrer Planeten muss- Von Licht und Schatten über die Sonne bis ten die Kinder immer mehr zusammenarbeiten, je ins All – das Projekt hat Kinder und Erwach- weiter die Planeten von der Sonne entfernt waren. sene weit über die eigene Umgebung hin- In einem Buch entdeckten sie den Asteroidengürtel ausgeführt. Eine besondere Stärke ist die Auf zu Sternen und Planeten zwischen Mars und Jupiter. Um diesen darzustellen, Einbettung vertiefender Forscheraktivitäten legten die Mädchen und Jungen Steine und geknüll- in ein übergreifendes Projekt der Kita und Um herauszufinden, wieso sie die Sterne am Tag tes Papier als „Papiersteine“ zwischen die beiden die Verzahnung mit anderen Bildungsberei- nicht sehen konnten, stanzten die Kinder Löcher Umlaufbahnen der zwei Planeten. Gemeinsam leg- chen. in schwarzes Tonpapier, steckten es in einen Brief- ten sie ihr eigenes Sonnensystem, zeigten und er- umschlag und leuchteten mit einer Taschenlampe klärten es den anderen Kindern der Kita. dagegen. Im Dunkeln konnten sie deutlich klei- Aber wie sollten die Mädchen und Jungen nun Kindergarten „Villa Kunterbunt“ ne Lichtpunkte erkennen, im Tageslicht sahen sie zu den Planeten kommen? Die Kinder wollten Ra- nichts – die Sonne war viel heller als die kleinen keten ins Weltall fliegen lassen. Dafür schnitten „Sterne“ der Mädchen und Jungen. sie Papierraketen aus, bemalten sie und befestig- Auch Sternbilder faszinierten die Kinder sehr. ten jeweils einen kurzen dicken Strohhalm auf den In Sachbüchern suchten sie nach bekannten Stern- Rückseiten der Raketen. Sie schoben einen länge- bildern wie dem „Großen Wagen“ und ihren eige- ren dünnen Strohhalm in den ersten und nutzten nen Sternzeichen, die sie sogleich mit Knete leg- ihre Atemluft als Treibstoff: Einmal kräftig pusten ten. Sie entdeckten auch ganz neue Sternbilder am und schon flog die Rakete in die Höhe – in Richtung Himmel, die sie nach sich benannten. der vielen Himmelskörper, über die die Mädchen Als die Mädchen und Jungen im Verlauf des und Jungen nun so viel erfahren hatten. Projekts mehr über Planeten erfuhren, wollten sie mit Bällen und Kugeln ihr eigenes Miniatur-Sonnen- system legen. „Für die Sonne brauchen wir auf alle Fälle den größten Ball“, da waren sie sich einig. Sie beklebten und bemalten Kugeln passend, auch der Ring beim Saturn durfte nicht fehlen. � S cannen Sie den QR-Code und sehen Sie die Projektvorstellung und Auszeichnung bei der Bundespreisverleihung. 22 23
LANDESSIEGER BERLIN FORSCHERGEIST 2020 Materialien DIE MENSCHLICHE � P apierrolle � Stifte � Buch über Verdauung/den menschlichen Körper VERDAUUNG � Zwieback � Schüssel � Wasser � Feinstrumpfhose � Essigessenz � Backpulver � Plastiktüte � Klemme Nach dem Mittagessen betrachtete ein Kind seinen vollen Bauch und sagte: „Ich habe so viel gegessen! Jetzt muss ich auf die Toilette.“ Ein anderes Kind fragte: „Wie geht das denn? Was passiert mit dem Essen?“ An den folgenden Tagen kam das Thema immer wieder auf. Franziska Rittner, ihre Erzieherin, bot ihnen an, dass sie sich die menschliche Verdauung gemeinsam genauer Forschen mit Fachliteratur und „Max“ Wie sieht der Magen aus, wenn man satt ist? ansehen könnten. Zusammen entwickelten sie ihre Frage „Was passiert mit Viele der Mädchen und Jungen wussten bereits, Die Mädchen und Jungen waren nun sensibilisiert für den Ver- dem Essen in unserem Körper?“. dass die Nahrung im Mund zerkleinert wird und dauungsvorgang und wollten ihn auch in der Praxis nachvoll- dann in den Magen rutscht. Aber was passiert zwi- ziehen. Besonders anschaulich funktionierte natürlich das schen dem Magen und der Toilette? Gemeinsam Zerkauen. In einer Schüssel zerkleinerten sie Zwieback. „Zäh- gingen sie in die kita-eigene Bibliothek. In einem ne machen das klein. Auch mit Spucke“, erklärte ein Kind. Sie FRÖBEL-KINDERGARTEN FRÖBELSPATZEN Buch fanden sie eine Grafik, die die inneren Orga- fügten etwas Wasser hinzu. „Wir spielen, dass das Spucke ORT: Berlin, Berlin ne der Menschen zeigte. Mithilfe dieser Abbildung ist!“, sagte ein anderes. Dabei konnten sie beobachten und PROJEKTZEITRAUM: September 2018 konnten sie den Weg, den die Nahrung durch den ertasten, wie der Zwieback langsam aufweichte. Parallel zer- THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Naturwissenschaften Körper nimmt, gut nachvollziehen und lernten die kauten sie selbst langsam Zwieback und nahmen dabei wahr, KINDER: 8 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren beteiligten Organe etwas kennen. wie in ihren Mündern ein Brei entstand. Besonders lustig fanden die Kinder den Darm, Durch die Literaturrecherche und die Arbeit mit „Max“ der sie an eine Schlange erinnerte. Aber ein Prob- wussten sie schon, dass die Nahrung nun durch die Speiser- lem hatte das Buch: Die Bilder waren sehr klein. Für öhre in den Magen wandert. Als Magen nahmen sie eine Plas- eine bessere Abbildung legte sich ein Kind daher tiktüte, die sie mit dem Brei aus der Schüssel füllten. Dabei auf einen großen Bogen Papier und die anderen erinnerten sie sich ganz besonders an das Gefühl ihrer vollen Mädchen und Jungen zeichneten seine Umrisse Bäuche nach dem Mittagessen. Sie füllten die Tüte bis zum s i e ht ja a u s nach. Diesen Umriss tauften die Kinder „Max“ und Rand und eines der Kinder stellte fest: „Jetzt ist ‚Max‘ satt. D e r Da r m l a n g e ! zeichneten bei ihm nach und nach die Organe und Wenn er noch mehr isst, bekommt er Bauchschmerzen!“ Das Sch wie eine den Weg der Nahrung ein. Bild der prall gefüllten Tüte verdeutlichte den Kindern, dass Um die Vorgänge und das Projekt weiterhin der Magen nur ein begrenztes Volumen hat und dass Men- stets vor Augen zu haben, hängten sie „Max“ an schen eine Weile satt sind, wenn sie gut gegessen haben. die Tür des Gruppenraums. So konnten sie ihren Auch Magensäure war den Mädchen und Jungen mittlerweile Eltern und auch den anderen Kindern gut von ihren ein Begriff. Um diese zu simulieren, fügten sie Essigessenz Erkenntnissen berichten. und Backpulver zum Brei hinzu. „Hui, das blubbert“, rief ein Kind. Dann füllten sie den Brei in eine Feinstrumpfhose. Diesen „Darm“ verschlossen sie mit einer Klemme, die den Schließ- muskel darstellte. Stück für Stück drückten sie den Brei durch die Strumpfhose und beobachteten, wie dabei Wasser austrat. Beim „Schließmuskel“ angekommen öffneten sie die Klemme und drückten den nun festen Nahrungsbrei heraus. 24 25
LANDESSIEGER BERLIN FORSCHERGEIST 2020 Welche Kompetenzen werden bei den Kindern besonders gefördert? „Selbstwirksam sein, aktiv werden und Durch die Gespräche beim Mittag entstand gemeinsam etwas schaffen – das bei den die Frage „Was passiert mit dem Essen in unserem Körper?“. Indem die Mädchen und Jungen einen Menschen mit seinen inneren Kindern zu beobachten, war wunderbar.“ Organen aufzeichneten, erhielten sie einen Einblick in den Prozess des Verdauens. Mit Experimenten versuchten sie, diese Vorgän- ge anschaulich nachzuvollziehen. Durch das Jacqueline Gerasch | Kita-Leiterin eigene Handeln wurden Grunderfahrungen und Erkenntnisse erworben, die ein Be- wusstsein für den eigenen Körper schufen. Recherchen in Büchern und die Reflexion des Gelernten untermauerten das erweiterte Wissen. Beurteilung der Jury Wenn wir Bauchschmerzen haben Es werden zwei Aktivitäten zur Erkundung der Fragestellung durchgeführt, die das Als die Kinder den ganzen Prozess im Nachgang Interesse der Mädchen und Jungen an noch einmal ausführlich besprachen, ergab sich Verdauungsvorgängen aufgreifen und ihr ein weiteres Thema, das sie sehr beschäftigte: Verständnis dafür vertiefen. Forschend und „Und was passiert, wenn wir Durchfall haben?“. Die experimentierend haben die Kinder so Funk- Mädchen und Jungen erinnerten sich daran, wie tionen des eigenen Körpers verstanden. sie sich dann fühlten und dass Durchfall bei ihnen oft mit Bauchschmerzen einherging. Daraus entwi- ckelten sie die Hypothese, dass es etwas mit dem FRÖBEL-Kindergarten Fröbelspatzen Magen oder dem Darm zu tun haben müsse. Als kleinen Versuch dazu zerkleinerten sie noch einmal Zwieback, aber viel schneller und weniger gründ- lich als beim ersten Mal. Am Ende war ihr „Stuhl“ viel flüssiger und enthielt mehr Stücke als beim ersten Durchgang. Auch nach dem Abschluss des Projekts be- gleitete das Thema die Kinder weiter. Beim Mittag- essen kamen sie häufig darauf zurück und spra- chen darüber, was nun mit dem Essen passierte, das sie gerade gegessen hatten. 26 27
LANDESSIEGER BRANDENBURG FORSCHERGEIST 2020 Materialien FASZINATION TRICK- � � � T ablet oder Fotoapparat Lichtkasten Leuchtpaneele FILMSTUDIO – WIE � Stop-Motion-App � Gerät mit Diktierfunktion � Bausteine, Glasnuggets, Knöpfe � Bastelmaterialien: Papier, Stifte, BILDER LAUFEN LERNEN Scheren � Eine tolle Geschichte (selbst ausgedacht oder aus einem Buch) Ein Buch faszinierte und fesselte die Mädchen und Jungen der Fuchsgruppe ganz besonders. Sie sprachen viel über dessen Geschichte und malten Bilder dazu. Die Bauklötze tanzen lassen Doch das reichte ihnen nicht. Sie wollten ein Theaterstück daraus machen. Aber Was ist ein Trickfilm eigentlich und wie wird er ein Stück mit nur drei Rollen mit 13 Kindern aufführen? Das musste doch anders hergestellt? Klara hatte schon eine ungefähre Vor- gehen. Dann hatten sie die Idee: Sie würden einen eigenen Trickfilm drehen! stellung: „Ein Trickfilm ist gemalt oder geknetet. Der Sandmann ist auch einer.“ Die Mädchen und Jungen nutzten das kita-eigene Tablet, um mehr darüber hinauszufinden. Im Internet entdeckten KITA „BUMMI“ sie kindgerechte Erklärungen und Beispiele. Nun ORT: Schwarzheide, Brandenburg wussten sie schon, dass sie viele Fotos machen und PROJEKTZEITRAUM: Oktober 2019 – Dezember 2019 diese aneinanderreihen müssten. THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Technik, Informatik, Naturwissenschaften Das probierten sie direkt aus. Sowohl einen KINDER: 13 Kinder zwischen 5 und 6 Jahren Lichtkasten als auch eine Leuchtpaneele hatten sie in der Kita und kombinierten beides zu ei- ner Projektionsfläche. In der Bauecke fanden sie ihre ersten Protagonisten: Bausteine, Knöpfe und Konzeption und Diskussionen Glasnuggets. Spannend fanden die Kinder, dass verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Nun wollten die Kinder ihre Erkenntnisse auf die Geschichte Farben ihnen eine Vielzahl von Gestaltungsmög- anwenden. Im Gespräch entdeckten sie, dass jedes Kind ein lichkeiten boten. Sie sortierten, schichteten, scho- anderes Kapitel besonders spannend, lustig oder toll fand. Sie ben Elemente auseinander und wieder zusammen beschlossen, auch ihren Film in diese Kapitel aufzuteilen. So und fotografierten jeden Schritt mit dem Tablet. konnten sie alle an ihren persönlichen Lieblingsszenen arbei- Ein paar Proben waren notwendig, doch dann be- ten. Jede Arbeitsgruppe suchte sich das benötigte Material. wegten sich in ihrem ersten Film die Bauklötze und Was ihnen fehlte, malten und bastelten sie selbst. Dann pro- Knöpfe wie wild über die Projektionsfläche. Die bierten sie ihre Szenen aus, erst einmal ohne Bilder zu ma- Mädchen und Jungen beobachteten staunend, wie chen. Dabei entdeckten die Mädchen und Jungen noch einige ihre Filmszene wuchs. Besonders faszinierend war Ungereimtheiten und fehlende Details. In dieser Projektphase es, den Unterschied zwischen einem einzelnen Foto waren die Absprachen untereinander besonders wichtig: Die W ir kö nnen ja und der schnellen Aneinanderreihung mehrerer Kinder erprobten, Meinungen und Ideen zu äußern und wahr- die F iguren Aufnahmen zu beobachten. Auf dem Tablet war das zunehmen, handelten Kompromisse aus und trafen Entschei- ganz schne ll Ergebnis unmittelbar zu sehen. dungen. beweg en! 28 29
LANDESSIEGER BRANDENBURG FORSCHERGEIST 2020 Welche Kompetenzen werden bei „Am Anfang stand die Als alle Gruppen mit ihren Vorbereitungen fertig waren, begann die Arbeit am Lichtkasten. Das Trick- filmstudio hatten sie im Musikzimmer aufgebaut. den Kindern besonders gefördert? Vorlesegeschichte. Und Dort entstand nun der Film – Tag für Tag, Gruppe für Gruppe und Szene für Szene. Durch die App auf Das Thema des Buchs „Nur ein Tag“ von M. Baltscheit und W. Rauers über Leben und dann ist das Projekt dem Tablet konnten die Kinder ihren Fortschritt di- Sterben faszinierte die Kinder und regte rekt sehen und Details korrigieren oder neue Ideen sie zum Philosophieren an. Für den Trick- einbringen. Eine besondere Herausforderung war film experimentierten sie mit Tablet, einer ganz von selbst ins es, Geduld zu haben. Denn für eine Sekunde Film brauchten die Mädchen und Jungen mindestens 24 Einzelaufnahmen! Immer wieder schoben sie die App und dem Lichtkasten und probierten technische Umsetzungsideen aus. Dadurch Rollen gekommen. Ein erhielten sie erste Kenntnisse über die Figuren ein kleines Stückchen weiter und machten Handhabung von Medien und die kreative Bilder. Das war gar nicht so leicht, die Figuren im- Gestaltung eines Films. Durch die Aufteilung mer nur ein kleines Stück zu schieben: Ein paarmal echter Wow-Effekt!“ erschienen den Kindern die Bewegungen im Film zu abgehackt oder zu schnell. Dann wiederholten sie in kleine Projektgruppen mussten sich die Mädchen und Jungen absprechen und Kom- promisse schließen, um zu einem gesamten die ganze Einstellung. Ergebnis zu kommen, d. h. demokratische Angela Wenzk | Erzieherin Nachdem all ihre Bilder „laufen gelernt“ hat- Regeln des Miteinanders einüben. ten, wollten die Mädchen und Jungen ihren Film auch vertonen. Dafür nahmen sie ihre Stimmen mit der Diktierfunktion des Tablets auf. Wie seltsam die Beurteilung der Jury eigene Stimme klang, wenn man sie in einer Auf- nahme hörte! Der erste Versuch endete daher mit Pädagogische Fachkräfte und Kinder be- viel Gelächter. Nachdem die Kinder mit der Technik geben sich gemeinsam auf Neuland und vertrauter waren, erzählten sie wieder Szene für erstellen mit großer Kreativität und Ausdau- Szene die Geschichte und nahmen den Ton auf. er einen Trickfilm. Bei diesem anspruchs- vollen Vorhaben lernen die Kinder digitale Medien als Mittel zur kreativen Gestaltung Führungen durch das Studio und kennen und entwickeln technisches Wissen, Ausdauer und Geschick. eine Premiere Kita „Bummi“ Die Mädchen und Jungen arbeiten vier Wochen lang an ihrem Film und machten über tausend Fo- tos. Währenddessen schauten ihnen immer wieder Eltern sowie Kinder, Erzieherinnen und Erzieher aus den anderen Gruppen über die Schultern. Das motivierte die Mädchen und Jungen sehr und sie gaben den Gästen gern Führungen durch ihr Trick- filmstudio und Interviews zum Fortschritt ihres Films. Parallel dokumentierten sie ihr Vorgehen in einer Projektmappe, die allen Interessierten einen Einblick in ihre Arbeit gab. Die Mappe, die wie eine Fotostory gestaltet war, bot auch den Kindern un- tereinander viele Gesprächsanlässe. Als krönenden Abschluss des Projekts veran- stalteten die Mädchen und Jungen eine Filmpremie- re vor einem begeisterten Publikum auf dem Weih- nachtsmarkt in der Kita. 30 31
BUNDES- UND LANDESSIEGER BREMEN FORSCHERGEIST 2020 WIR BAUEN UNS EIN EIGENES SPIELHAUS Neben der Kita wurden Gebäude abgerissen. Die Kinder verfolgten das interes- siert, manchmal aßen sie sogar ihre Mahlzeiten an den Fenstern, um nichts zu verpassen. Dabei bemerkten sie die vielen Steine, die herumlagen. „Wir wollen auch mal etwas bauen“, lautete der Wunsch der Kinder. Aber was? Die Ideen reichten von steinernen Rutschen über Häuser bis hin zu Lastwagen. In einer Wie soll das Traumhaus aussehen? Ein Haus bauen – aber wie? demokratischen Abstimmung beschlossen die Mädchen und Jungen: Sie bauen ein Haus! Der gewünschte Baustoff lag bereits auf dem Nach- Ganz wie richtige Architektinnen und Architekten, mit deren bargrundstück. Die Kinder gingen gemeinsam mit Beruf sie sich eingehend beschäftigt hatten, wollten die Kin- ihren Erzieherinnen und Erziehern auf die Baustelle der erst einmal eigene Pläne ihres Hauses zeichnen. Beson- und fragten, ob sie die Steine haben dürften. Durf- ders wichtig waren dafür spitze Bleistifte, Lineale und Zirkel. KINDERTAGESSTÄTTE GIROTONDO ten sie! Also luden sie die Steine auf Schubkarren Als die Mädchen und Jungen schließlich mit ihrem Entwurf ORT: Bremen, Bremen und brachten sie auf das Kita-Gelände. Die Mäd- zufrieden waren, bauten sie ein Modell aus Styroporwürfeln PROJEKTZEITRAUM: Februar 2018 – September 2019 chen und Jungen überlegten und diskutierten, wie und Holzstäben. Nun wollten sie mit dem richtigen Bau losle- THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Technik, Mathematik, Naturwissenschaften ein Hausbau vonstatten gehen könnte: Wie plant gen. Aber wie geht man das an? Konnten sie zuerst eine Wand KINDER: 20 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren man ein Haus? Wie sollte ihr Haus aussehen? Wel- bauen und diese dann auf den Boden stellen oder brauchten che Materialien bräuchten sie? Um einen Eindruck sie zuerst eine Bodenplatte? Wann werden Fenster und Türen aus der Praxis zu gewinnen, machten sie Spazier- eingebaut und das Dach gedeckt? gänge durch das Quartier und schauten sich die Häuser genau an. Sie entdeckten Ein- und Mehrfa- nd dann milienhäuser, Villen und sogar ein Wohnmobil. Au- a l l e s u ßerdem nahmen die Kinder die einzelnen Elemente e r n e rs t W ir mau ir eine Tür rein . genau unter die Lupe: Dachformen, verschiedene Fenster und Türen, Details wie Schornsteine, Brief- Materialien w schlag en kästen und die Farben der Häuser. Zurück in der Kita schauten sie sich Bücher über Baustellen an � teine S und studierten die Baupläne des Kita-Gebäudes. � Zement, Sand Sie malten ihre Traumhäuser und stimmten ab, wie � Lehm ihr gemeinsames Haus aussehen sollte. Einig wa- � Holz ren sie sich, dass es auf jeden Fall ein Fenster, eine � Dachziegel Klingel und eine Alarmanlage haben sollte. � Papier, Stifte, Lineale, Zirkel � Styroporwürfel � Holzstäbchen � Klingel, Vorhänge, Papierblumen 32 33
BUNDES- UND LANDESSIEGER BREMEN Welche Kompetenzen werden bei Um ihr Baumaterial vorzubereiten, mussten die Kinder die ge- schenkten Steine vom alten Zement befreien. Dabei lernten sie, was Zement ist und wofür er benötigt wird. Gemeinsam „Es ist immer spannend, den Kindern besonders gefördert? mit ihren Erzieherinnen und Erziehern machten die Mädchen und Jungen einen Ausflug in den Baumarkt und kauften dort was bei den Projekten Ausgangspunkt war eine Baustelle vor der Kita, die die Kinder faszinierte und zu einem herauskommt: Wir fangen neuen Zement. Sie hatten auch gelesen, dass sie zum Anmi- eigenen Bauvorhaben inspirierte. Sie stimm- schen Sand benötigten. Im Praxisversuch stellten sie fest: Mit ten demokratisch ab, dass sie ein Haus bau- Vogelsand funktioniert es leider nicht. en wollten. Die Kinder gingen dieses Projekt Bevor die Kinder endgültig zu mauern begannen, ordne- ten sie alle Steine so an, wie sie im Haus verbaut werden soll- ten. Dabei blieben allerdings Löcher, in die nur halbe Steine an, niemand weiß, wo es vielseitig an, unternahmen Erkundungen in der Umgebung, erstellten Baupläne, besorg- hinführt, und am Ende ten Materialien und untersuchten sie auf passten. Die Mädchen und Jungen probierten, sie zu zersägen. ihre Eigenschaften. Indem die Pädagogin- Vergeblich. Hilfe bekamen sie schließlich von einem Stein- nen und Pädagogen auf die Kompetenzen metz, der ihnen die Steine gern zuschnitt. Dann mischten sie den Zement an und mauerten die Wände ihres Hauses. Natür- lich wollten sie das Haus nun auch verputzen. Zum Glück sa- entstehen so tolle Sachen.“ der Kinder vertrauten, konnten die Mädchen und Jungen ihr Haus eigenverantwortlich bauen. Dabei mussten sie mit vielen Heraus- nierte eine der Erzieherinnen zu dieser Zeit selbst und stellte forderungen umgehen, immer wieder reflek- den Kindern Lehm zur Verfügung. Damit konnten sie in Ruhe Laurence Witz-Edinger | Kita-Leiterin tieren und über weitere Schritte abstimmen. erproben, wie das Verputzen funktionierte. Als der Lehm ge- trocknet war, stimmten sie ab, in welcher Farbe ihr Haus ange- malt werden sollte – es sollte blau werden. Beurteilung der Jury Stein auf Stein – Kinder bauen ein echtes Zeit für den Einzug Haus. Learning by doing par excellence! Positiv sticht die hohe Partizipation der Die Dachkonstruktion war noch einmal eine beson- Mädchen und Jungen heraus: Jeder Schritt dere Herausforderung. Die Mädchen und Jungen der gemeinsamen Aufgabe wird von ihnen lernten nun auch Holz als Baumaterial kennen. nach eigenen Recherchen und eigenem Aus- Nach einigen Fehlplanungen und Anpassungen der probieren geplant und durchgeführt. Konstruktion stand der Dachstuhl. Das feierten die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern ganz traditionell Kindertagesstätte Girotondo mit einem Richtfest. Im Anschluss deckten sie das Dach mit Dachziegeln. Nun stand das Haus, aber fertig war es noch nicht. Die Mädchen und Jungen versuchten sich nun als Innenarchitektinnen und -architekten und richteten ihr Haus ein. Dazu hängten sie Vorhänge auf und bastelten Papierblumen für die Fenster- bank und einen Fernseher aus der Sitzfläche eines Stuhls. Als i-Tüpfelchen brachten sie eine Klingel und eine Hausnummer an. Nun steht das Haus in der Kita und wird begeistert bespielt. � S cannen Sie den QR-Code und sehen Sie die Projektvorstellung und Auszeichnung bei der Bundespreisverleihung. 34 35
LANDESSIEGER HAMBURG FORSCHERGEIST 2020 WAS GEHT AB – IN UNSERER WURMKISTE? Langsam hob sich der Deckel der Kiste. Kaum fiel etwas Licht hinein, huschten Wür- mer, Asseln und andere Krabbeltiere davon. Einigen Kindern war dieses Gewusel im kita-eigenen Wurmkompost nicht geheuer, sie näherten sich nur mit Vorsicht oder gar Ekel. Das nahm Erzieherin Elke Straub zum Anlass, gemeinsam mit den Mädchen und Jungen einen ganz genauen Blick auf den Inhalt der Kiste und die Eigenheiten Papa-Mamas und Mama-Papas Regen sich Regenwürmer auf? ihrer Bewohner zu werfen. Aus der Begegnung der Kinder mit den Würmern Mit der Becherlupe konnten die Kinder die Würmer ganz ge- ergaben sich viele Fragen: Was machen Würmer im nau betrachten. Sie beschrieben sich gegenseitig, was sie Dunkeln, wie lang sind sie und sprechen sie viel- entdeckten: Ein Kind fand die Segmente besonders spannend, leicht Deutsch? Wie entsteht in der Kiste Erde? Und das nächste lachte darüber, dass der Wurm sich sehr platt ma- wieso wohnen dort so viele andere Tiere? Sind die chen konnte, und ein weiteres fragte, warum die Würmer einen KINDERLADEN MAIMOUNA E. V. alle Freunde? Gürtel hätten. Sie maßen die Tiere auch und waren fasziniert ORT: Hamburg, Hamburg Um die Kompostwürmer besser beobachten zu davon, wie lang sie sich strecken konnten. Als sie die Tiere in PROJEKTZEITRAUM: Oktober 2019 – Januar 2020 können, setzten die Mädchen und Jungen einige flache Wasserschalen setzten, krochen die Würmer schnell ins THEMATISCHE SCHWERPUNKTE: Naturwissenschaften in eine Beobachtungsstation. Zu diesem kleinen Trockene. Aus ihren Büchern erfuhren die Mädchen und Jun- KINDER: 20 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren Terrarium hatten sie alle Zugang und konnten die gen, dass Würmer im Wasser nicht atmen können. „Und wieso Würmer füttern und beobachten. Die Kinder äu- heißen sie Regenwürmer?“, fragte ein Kind. Die Mädchen und ßerten ihre Vermutungen und aus ihren Beobach- Jungen fanden heraus, dass die Tiere so bezeichnet werden, tungen ergaben sich stets neue Fragen. So führte weil sie sehr rege sind – und nicht, weil die Würmer sich be- der Austausch „Der hier schläft.“ – „Nein, die kön- sonders viel „aufregen“. nen nicht schlafen. Sie haben ja keine Augen zum Zumachen“ dazu, dass die Kinder herausfinden wollten, ob Würmer wohl Augen, Ohren, Zähne und Knochen hätten. Dafür schlugen sie in Büchern Materialien nach und befragten unterschiedlichste Expertinnen und Experten: Vor allem die Gärtnerinnen und Gärt- � W urmkiste mit Bewohnern ner aus dem benachbarten Urban-Garden-Projekt � Organische Materialien: z. B. is t e s d a d r i n so und ein Wurmzüchter konnten ihnen weiterhelfen. Obst- und Gemüseabfälle, Tee, Wa rum Vom Züchter bekamen sie auch 500 Kokons. In der Eierschalen, Eierkartons, ieren die? w a r m ? Fr nächsten Zeit beobachteten sie fasziniert, wie die Kaffeesatz, Toilettenpapierrollen Kompostwürmer schlüpften und sich die Larven � Becherlupen und Jungwürmer in ihrer „Wurm-Krippe“ entwickel- � Beobachtungsstation ten. Auch der Umstand, dass Würmer Zwitter sind, � Thermometer interessierte die Kinder. „Da gibt es Papa-Mamas � Maßband und Mama-Papas!“, fasste ein Kind zusammen. � Papier, Stifte, Knete 36 37
LANDESSIEGER HAMBURG FORSCHERGEIST 2020 Vom „Iiih!“ zum „Ooh!“ Welche Kompetenzen werden bei Den Humus brachten die Mädchen und Jungen im den Kindern besonders gefördert? Hochbeet aus. Ein Kind kommentierte: „Jetzt kön- Ein Wurmkompost wurde zum Forschungsob- nen die Möhren gut wachsen.“ Als sie weiter dar- jekt. Die Mädchen und Jungen beobachteten über sprachen, freuten sie sich darüber, dass sie das Leben in der Wurmkiste und so entstan- später diese Möhren essen würden und dass die den unzählige Fragen zu den dortigen Tieren, Reste davon wieder in den Kompost wandern wür- aber auch zu der Zersetzung von Nahrungs- den – ein ewiger Kreislauf. mitteln. Für die inklusive Einrichtung stand Im Verlauf des Projekts hatten die Mädchen die Partizipation aller im Vordergrund, so- und Jungen immer weniger Scheu vor den Würmern. dass die Kinder die Möglichkeit erhielten, in Sie passten nun gut auf sie auf. Ließ jemand die Tür Lernstationen ihren eigenen Fragen nachzu- zum Raum offen stehen, wiesen sie direkt darauf gehen und sich bei Bedarf Unterstützung bei hin, dass es in der Kiste zu kalt werden könnte. Ei- ihren Pädagoginnen und Pädagogen zu holen. nige Kinder brachten ihre Eindrücke auch kreativ Vielfältige Dokumentationen der Entdeckun- zum Ausdruck: Sie malten Bilder, kneteten eine gen untermauerten einen nachhaltigen Wurmfamilie und stellten mit ihr Geschichten nach Wissenserwerb, besonders im Sinne einer oder spielten, dass sie Igel seien, die „Nudelwür- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). mer“ schlürften. Und das anfängliche „Iiih!“ wich einem begeisterten „Ooh!“. Beurteilung der Jury Das Projekt um die Kompostkiste in der Kita ermöglichte den Mädchen und Jungen ein alltagsintegriertes, hautnahes Erleben von „Die Kinder haben richtig MINT-Bildung für nachhaltige Entwicklung. Der Verlauf ist sehr an den Fragen der Kinder ausgerichtet und unterstützt so die individu- an das Thema angedockt. ellen Lernwege. Kinderladen Maimouna Ich fand toll, dass sie sich Sowohl in der Wurmkiste als auch im Terrarium konnten die Mädchen und Jungen die Umwandlung ihrer Küchenabfälle wie Obst- und Gemüsereste, Tee oder Toilettenpapierrollen zu Humus verfolgen. Sie bemerkten, was die Würmer schneller zersetzten und dass es bei einigen Materialien, wie z. B. Eier- schalen, lange dauerte. Bei ganz jungen, noch durchsichtigen so lange intensiv damit Würmern konnten sie auf dem Leuchttisch sogar den Weg der Nahrung durch den Wurmdarm erkennen. Ihnen fielen auch auseinandergesetzt haben die vielen weiteren Tiere in der Wurmkiste auf und sie erfuh- ren, dass auch diese bei der Zersetzung der organischen Ma- terialien eine Rolle spielten. Ein eigenes kleines Ökosystem. und jedes auf seine Art dabei war.“ Die Kinder maßen regelmäßig die Temperatur und den pH- Wert, um sicherzustellen, dass gute Bedingungen in der Kiste herrschten. Die Vorstellung, dass der Humus, den sie auch in ihre Beete streuten, „Wurmkacka“ sei, fanden die Mädchen und Jungen zunächst befremdlich. Als sie das nächste Mal Hu- Elke Straub | Fachkraft für Bildung für nachhaltige mus entnahmen, waren sie daher besonders aufmerksam. Sie Entwicklung (BNE) stellten fest, dass er etwas krümelig war und gut roch: „Wie im Wald“, so ein Kind. 38 39
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