Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...

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Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Forschungsreport Nr. 1 / 2007

Der Lebensqualität auf der Spur

Aus dem Inhalt:
n Der Preis des Überlebens
n Wie Nierenpatienten ihr Leben bewältigen
n Die Zukunft herzkranker Kinder
n Schwieriger Weg ins sexuelle Leben
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Inhalt
                                                                          Impressum
n Forschung ist kein Selbstzweck!
                                                                          Herausgeber:
  Editorial von Prof. Dr. Felix H. Sennhauser                         1   Kinderspital Zürich - Eleonorenstiftung
                                                                          Steinwiesstrasse 75
                                                                          8032 Zürich
n "Was ist der Preis des Überlebens?"
  Interview mit PD Dr. Markus A. Landolt, Projektleiter Reachout      2   Redaktionsleitung dieser Ausgabe:
                                                                          Redaktionskommission Reachout, Kinder-
                                                                          spital Zürich: Dr. Christoph Rutishauser,
n "Beim Velofahren trage ich jetzt einen Helm"
                                                                          Brigitte Seliner, Susanne Staubli
  Unfall-Patientin Anja nimmt an einer Lebensqualitäts-Studie teil   5
                                                                          Beratung, Konzept und Redaktion:
                                                                          Stücheli Kommunikation,
n Wie Nierenpatienten ihr Leben bewältigen
                                                                          Dr. Peter Stücheli-Herlach, Meilen
  Bericht über Nierenpatienten und ihre Lebensqualität                7
                                                                          Journalistische Textbeiträge:
                                                                          Helga Kessler, Winterthur
n Die Zukunft herzkranker Kinder
                                                                          Dr. Peter Stücheli-Herlach, Meilen
  Portrait einer Psychiaterin und einer Kinderärztin                 11
                                                                          Layout und Bilder:
                                                                          Kinderspital Zürich: Susanne Staubli,
n Schwieriger Weg ins sexuelle Leben
                                                                          Valérie Jaquet, Gabriela Acklin
  Bericht zur Studie über Knaben mit einer Fehlbildung des Penis     14
                                                                          Druck:
                                                                          Druckzentrum Schütz AG, Stallikon
n Wie Erkenntnis entsteht
  Forschungstagebuch                                                 15   Auflage:
                                                                          5'000 Exemplare

n Lebensqualität lässt uns nicht los
                                                                          Das Kinderspital Zürich dankt allen Auto-
  Schlusswort von Prof. Dr. Remo Largo                               17   rinnen und Autoren, Patientinnen, Pati-
                                                                          enten und Eltern, die einen Beitrag an diese
                                                                          Publikation geleistet haben!
n Wissenschaftliche Publikationen                                    18
                                                                          Der Forschungsreport erscheint künftig in
                                                                          regelmässigen Abständen und gibt Aus-
                                                                          kunft über die wissenschaftlichen Tätig-
                                                                          keiten am Kinderspital Zürich.
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Editorial von
                                                                                        Prof. Felix H. Sennhauser,
                                                                                        ­Ärztlicher Direktor

                                       Forschung ist kein Selbstzweck!
 Wir kümmern uns um das Wohl von            ung bieten zu können. Dabei sollen          auch mit den "Reachout"-Projekten,
 Säuglingen, Kindern und Jugendlichen.      international konkurrenzfähige Qua-         die durch die Stiftung Mercator in
 Als universitäre Institution orientieren   litätsstandards eingehalten werden.         grosszügiger und weitsichtiger Weise
 wir uns dabei an der Wissenschaft. Zum     Forschung ist nie ein Selbstzweck!          er­möglicht wurden.
 Wohl der Patienten setzen wir um, was
 die Forschung im In- und Ausland an        Die Lebensqualität von Kindern und          Künftig werden wir Ihnen regelmässig
 neuen Erkenntnissen gewinnt. Mitar-        Jugendlichen ist dabei unser Gradmes-       einen Forschungsreport vorlegen. Es ist
 beitende unseres Spitals aus verschie-     ser. Sie bemisst sich an der körperlichen   uns ein Anliegen, Freunde des Kinder-
 denen Berufen beteiligten sich aktiv an    Integrität, am psychischen Wohlbefin-       spitals, Mitarbeitende, Spenderinnen
 Forschungsprojekten, nicht selten in       den, an der altersgerechten Entfaltung      und Spender, Gönner, aber auch
 federführender Funktion.                   wie auch an der sozialen Integration in     die Politik und die Kollegenschaft an
                                            Familie, Schule und Beruf. Wir müssen       unseren wissenschaftlichen Aktivitäten
                 Wir müssen nicht nur       also nicht nur wissenschaftlichen und       teilhaben zu lassen. Die Bibliographie
                                            ethischen, sondern auch gesellschaft-       aller im Jahre 2006 von Mitarbeiten-
  wissenschaftlichen und ethischen,         lichen und kulturellen Erwartungen          den publizierten Arbeiten ist in diese
                                            gerecht werden.                             Publikation integriert und rundet den
sondern auch gesellschaftlichen und                                                     Leistungsausweis ab.
                                            Das ist nicht einfach. Deshalb hat sich
              kulturellen Erwartungen       das Kinderspital im Rahmen der "Rea-        Ich danke der Stiftung Mercator, dem
                                            chout"-Projekte intensiv mit diesem         Redaktionsteam und den Autorinnen
                       gerecht werden.      Thema auseinandergesetzt. Der For-          und Autoren für Ihr Engagement – und
                                            schungsreport gibt Auskunft über Vor-       wünsche Ihnen kurzweilige und inte-
 Im Zentrum steht die klinische For-        gehen und Erkenntnisse der Projekte.        ressante Lektüre!
 schung. Ziel ist es, den Patienten eine    Viele Forschungsprojekte können nur
 alters- und entwicklungsgerechte           mit Spenden, Legaten und Drittmit-
 Abklärung, Behandlung und Betreu-          teln verwirklicht werden. So war es

                                                                                              Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich   
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Mit dem Projekt "Reachout"

                              erforscht das Kinderspital Zürich die

           Lebensqualität seiner Patientinnen und Patienten.

                      Der klinische Psychologe und Projektleiter

           PD Dr. Markus A. Landolt erklärt die Bedeutung und

                                      Umsetzung dieser Forschungen.

    "Was ist der Preis des Überlebens?"
    Interview von Peter Stücheli-Herlach

    Herr Landolt, wenn Kinder und                     Das Spital tut nicht Dinge, für die       Was für das eine Kind wichtig ist,
    Jugendliche mit ihren Eltern in                   andere zuständig sind. Kinder mit Ent-    dürfte aber für das andere unter-
    ein Spital kommen, dann sind sie                  wicklungsrisiken sind aber zwangsläu-     geordnete Bedeutung haben.
    meist krank oder verletzt. Es geht                fig sehr häufig im Spital anzutreffen.
    dann um die Abwendung von                         Ärzte, Therapeuten und Pflegende          Das ist so! Genau deshalb folgen wir
    Bedrohungen des Lebens oder der                   kennen sie und ihre Familien gut. Da      nicht einfach unserem eigenen Kon-
    Gesundheit. Was hat das mit dem                   ist es sinnvoll, wenn wir früh interve-   zept. Bevor man den Begriff der Lebens-
    Begriff von Lebensqualität zu tun?                nieren oder die Zuständigen vor Ort       qualität definierte, stellte man weltweit
                                                      informieren, sofern wir Beeinträchti-     tausenden von Kindern offene Fragen.
    Lebensqualität besteht nicht nur darin,           gungen psychischer oder sozialer Art      Da entdeckte man Gemeinsamkeiten.
    von körperlichen Beschwerden frei                 feststellen.                              Wir können also sagen: Unsere Defi-
    zu sein. Sie hat auch psychische und                                                        nition von Lebensqualität kommt von
    soziale Dimensionen. So hat es die                Belastungen bleiben                       den Kindern selber!
    Weltgesundheitsorganisation      WHO
    vor Jahrzehnten definiert. Es gehört              Das Kinderspital hat sich im Rah-         Hat die Forschung zu Überra-
    beispielsweise nach einem Verkehrs-               men des Projektes "Reachout" um           schungen geführt?
    unfall zur Behandlung, dass man nicht             die Lebensqualität von Patienten
    nur "die Knochen flickt". Das Kind                gekümmert. Wie kann man ein solch­        Es gab über 10 Projekte, in denen
    hat künftig vielleicht Angst, Fahrrad             subjektives Thema erforschen?             die Lebensqualität von Kindern und
    zu fahren oder auf dem Trottoir zur                                                         Jugendlichen mit sehr verschiedenen
    Schule zu gehen. Das wiederum kann                Man muss auf alle Fälle die Kinder        Krankheiten und Verletzungen unter-
    enorme psychosoziale Folgeschäden                 selbst fragen. So fragten wir in Inter-   sucht worden ist. Man fragte: Wie geht
    mit sich bringen.                                 views nach dem körperlichen und psy-      es diesen Kindern und Jugendlichen,
                                                      chischen Befinden, nach dem so­zialen     nachdem sie bei uns behandelt worden
    Ist es denn wirklich die Aufgabe                  Akzeptiertsein, dem Lernen in der         sind? Haben sie und ihre Angehörigen
    eines Spitals, sich immer auch um                 Schule usw. Die Kinder konnten mit        nachher Schwierigkeiten, und wenn
    das psychische und soziale Wohl-                  Hilfe von einfachen Antwortskalen         ja, welche? Eine Überraschung ist der
    befinden zu kümmern? Dafür gibt                   wie z.B. lachenden und weinenden          Befund, dass die Mütter und Väter
    es doch andere Institutionen ...                  Gesichtern antworten. Kinder sind         unserer Patienten oft stärker belastet
                                                      üblicherweise ab dem 6. Lebensjahr in     sind als die Kinder selbst.
                                                      der Lage, gültige Einschätzungen zu
                                                      ihrer Lebensqualität zu geben.

   Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Solche Belastungen von Eltern               Folge des Fortschritts                     Medizinische Forschung ist For-
waren doch aber zu erwarten ...                                                        schung am Menschen. Wie können
                                            Warum ist man nicht früher darauf          die Freiwilligkeit der Teilnahme
... natürlich, aber es ist eine Frage, um   gekommen, solche Zusammenhän-              und der Datenschutz gewährleistet
welche Belastungen es geht und wel-         ge zu erforschen?                          werden?
che Folgen sie haben! Nehmen wir
das Beispiel der operativen Behand-         Der Blickwinkel einer umfassenden          Für solche Studien braucht es heu-
lung von Herzfehlern. Natürlich haben       Genesung ist erst relevant geworden,       te die vorgängige Einwilligung der
Eltern unglaubliche Belastungen im          nachdem man Kindern mit schweren           kantonalen Ethik-Kommission. Dabei
Zusammenhang mit dem Eingriff selber        Krankheiten und Fehlbildungen oder         werden auch die Information und der
zu ertragen. Nun sehen wir aber, dass       mit schweren Verletzungen überhaupt        Datenschutz geprüft. Die Beteiligung
bei einem Teil der Eltern auch ein Jahr     zum Überleben verhelfen konnte. Die        an den Projekten war natürlich freiwil-
nach dem Eingriff diese Be­lastungen        Frage nach der Lebensqualität ist also     lig. Trotzdem stiessen unsere Studien
noch stark ausgeprägt sind. Das ist für     auch eine Folge des Fortschrittes der      bei den meisten Eltern auf ein positives
ein Kinderspital ein wichtiges Resultat.    Medizin. Dazu kommt, dass man heu-         Echo, was sich in Teilnahmeraten von
Denn wir wissen, dass Kinder mass­          te andere Erwartungen an die Medizin       bis zu 80 Prozent zeigte.
geblich vom Wohlergehen ihrer Fami-         hat als früher.
lien abhängig sind. Also können sich
die Kinder nicht optimal entwickeln,        Gab es in der Anfangsphase der             Der Preis des Überlebens
auch wenn ihr Herz wieder perfekt           Lebensqualität-Forschung Wider-
funktioniert.                               stände zu überwinden?                      Inwiefern ist die Lebensqualität-
                                                                                       Forschung auch eine Forschung
                                            Ja, in der Anfangsphase war es schwie-     über die Qualität von Spitallei-
                                            rig, überhaupt die nötigen finanziellen    stungen?
                                            Mittel zu finden. Das Thema befindet
                                            sich an der Schnittstelle zwischen Medi-   Wir sind verpflichtet, die Qualität
                                            zin und Psychologie. Für die Mediziner     unserer Arbeit zu erfassen und wenn
                                            war es lange zu psychologisch, für die     nötig zu optimieren. Als Endbehand-
                                            Psychologen war es zu medizinisch.         lungsspital haben wir es mit den
                                            Jetzt hat man gemerkt: Das Thema ist       komplexesten Krankheiten und Ver-
                                            für beide Disziplinen wichtig!             letzungsmustern überhaupt zu tun.

Patientin in der psycho-
motorischen Therapie:
Lebensqualität hat auch
psychische und soziale
Dimensionen.

                                                                                             Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich   
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Zur Sache

                                                                                                                Die Stiftung Mercator

                                                                                                                Förderung des Projektes
                                                                                                                "Reachout": Am Kinderspital
                                                                                                                Zürich hat die Stiftung Mer-
                                                                                                                cator Schweiz in den letzten
                                                                                                                Jahren die Forschungsprojekte
                                                                                                                "Reachout" gefördert, die der
                                                                                                                Lebensqualität von Kindern und
                                                                                                                Jugendlichen und ihren Ange-
                                                                                                                hörigen gewidmet sind.

                                                                                                                Die Stiftung: Die gemeinnüt-
                                                                                                                zige Stiftung Mercator Schweiz
                                                                                                                unterstützt und initiiert Projekte
    Markus A. Landolt: "Für Mediziner war 'Lebensqualität' zu psychologisch, für Psychologen zu medizinisch."
                                                                                                                für bessere Bildung an Schulen
                                                                                                                und Hochschulen. Sie fördert
    Dabei behandeln wir heute Kinder                       Im Spital arbeiten Angehörige vie-                   zudem Initiativen für ein bes-
    erfolgreich in Fällen, die früher zum                  ler Berufsgruppen zusammen. Ent-                     seres Verständnis zwischen
    Tod geführt hätten. Da stellt sich ganz                sprechend anspruchsvoll dürfte die                   Menschen aus verschiedenen
    besonders die Frage: Was ist der Preis                 Umsetzung solcher Erkenntnisse                       Kulturen. Die Stiftung wurde
    des Überlebens?                                        sein ...                                             1996 von der aus Duisburg
                                                                                                                stammenden       Handelsfamilie
    Und wie gut schätzen Sie nun die                       Das ist tatsächlich eine anspruchs-                  Karl Schmidt gegründet. Der
    Qualität der Spitalleistungen ein?                     volle Aufgabe! Sie setzt voraus, dass                Name der Stiftung geht zurück
                                                           Angehörige verschiedener Berufe eine                 auf Gerhard Mercator, der sich
    Die eigentliche medizinische Behand-                   gemeinsame Sprache sprechen und                      im 16. Jahrhundert in Duisburg
    lung ist heute auf einem sehr hohen                    dass sie gemeinsame Ziele verfolgen.                 als Kosmograph und Karto-
    Niveau. Verbesserungswürdig ist aber                   Wichtig ist, dass die Spitalleitung die              graph einen herausragenden
    die begleitende Behandlung psy-                        bestmögliche Lebensqualität als Leit­                Ruf erwarb.
    chischer und sozialer Aspekte von                      idee festlegt. Dann muss dieses Ziel in
    Krankheiten und Unfällen. Es gibt eini-                verschiedene Bereiche übersetzt wer-                 Schwerpunkte der Förder­
    ge Abteilungen wie die Onkologie oder                  den, damit alle Mitarbeitenden die rich-             tätigkeit:
    das Zentrum für Brandverletzungen,                     tigen Konsequenzen ziehen können.
                                                                                                                n Wissenschaft stärken: Die
    die schon viel Entwicklungsarbeit gelei-
                                                                                                                  Stiftung Mercator Schweiz
    stet haben. So brachte eine frühere                    Führen Ihre Forschungen zu einem
                                                                                                                  unterstützt innovative Pro-
    Studie mit brandverletzten Kindern die                 Ausbau der Leistungen?
                                                                                                                  jekte an Hochschulen.
    Erkenntnis, dass die Lebensqualität gar
    nicht vom Schweregrad der Verletzung                   Ja, generell ist diese Tendenz nicht                 n Kinder und Jugendliche för-
    abhängt. Vielmehr kommt es auf die                     zu bestreiten. Betriebswirtschaftlich                  dern: Die Stiftung unterstützt
    familiäre Akzeptanz des Kindes und                     wird die Behandlung in der Tendenz                     Vorhaben, welche die indivi-
    den sozialen Umgang mit den Nar-                       wahrscheinlich mehr kosten. Volks-                     duellen Bildungschancen von
    ben an. Also achten wir heute schon                    wirtschaftlich zahlt sich die Investition              Kindern und Jugendlichen
    bei der Versorgung im Spital auf die                   meines Erachtens aber aus. Denn wenn                   verbessern.
    Unterstützung der Familie und Förde-                   wir sie nicht durchführen würden, gäbe               n Kulturen verstehen, Toleranz
    rung der sozialen Integration.                         es Folgekosten, die andere bezahlen                    lernen: Die Stiftung setzt sich
                                                           müssten. Meines Erachtens muss die                     für Toleranz und Völkerver-
                                                           Gesellschaft hier Farbe bekennen und                   ständigung ein.
                                                           sagen, was ihr das Wohl der Kinder
                                                           wert ist.

   Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Zur Sache

                                             Lebensqualität nach Verkehrsunfällen

                                             Fragestellung: Bei 20 Prozent von Kindern, die Opfer von Strassenver-
                                             kehrsunfällen werden, treten länger dauernde Symptome psychischer
                                             Belastungen und Verhaltensauffälligkeiten auf. Das Forschungsprojekt
                                             "PICARTA" hat zum Ziel, die psychologische Betreuung von verunfallten
                                             Kindern zu verbessern. Es überprüft systematisch die Effekte einer notfall-
                                             psychologischen Intervention. Wenige Tage nach dem Unfall wird mit den
                                             Kindern im Beisein der Eltern ausführlich über das Geschehene gespro-
                                             chen. Zudem werden Bewältigungshilfen vermittelt sowie eine Informa­
                                             tionsbroschüre abgegeben.

                                             Ergebnisse: Vorläufige Zwischenergebnisse der Studie zeigen, dass es in
                                             einigen der untersuchten Verhaltensbereiche aufgrund der Intervention
                                             tatsächlich zu einer Reduktion von Auffälligkeiten kommt.

                                             Leitung: PD Dr. phil. Markus A. Landolt, Leitender Psychologe, Kinder­
                                             spital Zürich

"Beim Velofahren trage ich jetzt einen Helm"
          Anja, 11, Schülerin aus Watt bei Zürich, hatte in

   Ägypten einen Unfall und will nun nie wieder dorthin.

       Am Kinderspital nahm sie am Projekt teil, das die

              Verhinderung von Ängsten und Verhaltens­

               auffälligkeiten nach Unfällen zum Ziel hat.

            Über beides berichtet sie im folgenden Text.

Aufgezeichnet von Helga Kessler

Es ist in Ägypten passiert, letztes Jahr
im April. Ich war mit meinen Eltern
und meinem Bruder in den Ferien. Wir
waren schon eine Woche dort, sind
auf dem Nil gefahren und waren in
Kairo. Das war sehr anstrengend. Es
                                                                              "Sie haben mir Playmobil gegeben, und
war so heiss und wir mussten viel lau-
fen. Dann fuhren wir nach Hurghada,
                                                                ich habe mit meinem Mami den Unfall nachgestellt.
ans Meer. Ich habe mich so sehr auf
das Baden gefreut. Wir waren gerade
                                                                   Vorher wusste ich gar nicht, wie es passiert ist."
eine Stunde dort, als das Auto in mich

                                                                                          Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich   
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
reingefahren ist. Im Spital in Hurghada                logen      gefragt,
    habe ich überhaupt nicht verstanden,                   ob meine Eltern
    was die geredet haben. Die Ärzte und                   und ich an einem
    Helfer waren recht grob zu mir. Ich                    Forschungspro-
    hatte Angst, weil ich nicht wusste, was                jekt mitmachen
    mit mir passieren wird. Das Schlimm-                   würden. Das war
    ste war die Operation. Die haben mir                   cool. Sie haben
    eine Maske aufs Gesicht gedrückt,                      mir Playmobil gegeben, und ich habe                 im Monat. Ich bin froh, dass die Kin-
    dann haben sie mich am linken Auge                     mit meinem Mami den Unfall nachge-                  der in meiner Klasse wissen wollten,
    genäht. Mein Knie war auch offen, da                   stellt. Vorher wusste ich gar nicht, wie            was mir passiert ist und dass sie mich
    haben sie einen Gips mit einem Loch                    es passiert ist. Das mit dem Playmo-                wegen meiner Narben nicht ausge-
    darum herum gemacht.                                   bil hätte ich am liebsten ein paar Mal              lacht haben. Beim Velofahren trage ich
                                                           gemacht, ich durfte aber nur ein Mal.               jetzt immer einen Helm und ich mag
    Eine Woche nach dem Unfall sind wir                    Ich habe gerne mit den Ärzten über                  nicht, wenn meine Mami schnell Auto
    zurück in die Schweiz geflogen. Ich                    den Unfall geredet, das fand ich ganz               fährt, dann sage ich es ihr. Nach Ägyp-
    war sehr froh, als ich im Kinderspital                 lässig, sonst wäre ich vielleicht häufiger          ten möchte ich nicht mehr. Aber ans
    war, weil ich endlich verstanden habe,                 traurig gewesen. Am Anfang habe ich                 Meer würde ich schon gerne nochmals
    was man mit mir macht. Die Ärzte                       viel davon geträumt, dass ich überfah-              verreisen.
    waren total nett und haben mir alles                   ren werde und sterben könnte, jetzt
    erklärt. Nach dem Spital haben Psycho-                 träum ich nur noch vielleicht drei Mal

    Anja (11) mit Psychologe Daniel Zehnder, Mitarbeiter im Projekt "PICARTA", beim Nachstellen des Unfalls.

   Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
Wie Nierenpatienten ihr Leben bewältigen
               Wenn Nieren ihren Dienst versagen, bleibt

          nur die Blutwäsche oder eine Transplantation.

 Studien zeigen jetzt, wie betroffene Patienten und ihre

                         Eltern ihr Leben vor und nach der

                              Transplantation bewältigen.

Bericht von Helga Kessler

Der kleine Kevin sitzt, mit einem          spezialist am Kinderspital. Dort betreut   Entwicklung, Vererbung, Erkrankung
Schnuller im Mund, auf dem Spital-         er chronisch nierenkranke Kinder von
bett und spielt mit den Autos, die ihm     der Geburt bis zum Abschluss des           Wenn bei Kindern die Nieren nicht so
sein Grosi mitgebracht hat. Für einen      Wachstums, also bis zum 20. Lebens-        funktionieren, wie sie sollen, kann das,
Zweijährigen ist dieser Knabe mit sei-     jahr.                                      so der Experte, verschiedene Gründe
nen zarten braunen Locken und den                                                     haben: Etwa bei einem Drittel sind die
grossen Augen ungewöhnlich klein                                                      Organe fehlerhaft ausgebildet, weil es
– eine Folge seiner Nierenerkrankung.
Seit zehn Tagen ist er nun im Spital,
weil der Katheter für die Bauchfell­                                                                                   Zur Sache
dialyse ersetzt werden musste. Seine
Mutter ist rund um die Uhr bei ihm,           Lebensqualität nach Nierentransplantationen
schläft und "wohnt" auf einer Matrat-
ze neben Kevins Bett.                         Fragestellung: In einem Forschungsprojekt am Kinderspital Zürich sind
                                              die gesundheitsbezogene Lebensqualität wie auch die psychomotorische
"Zeig mal deinen Bauch", sagt die             und die kognitive Entwicklung nach einer Transplantation der Niere unter-
Mutter, artig zieht Kevin seinen Ringel-      sucht worden. 37 Kinder und Jugendliche (durchschnittliches Alter: 14,5
pulli nach oben. Der kleine Bauch ist         Jahre) wie auch deren Eltern nahmen an der Studie teil. Es wurden Fra-
mit Pflastern übersät. Mit den Pflastern      gebogen für Patienten und Eltern sowie der Zürcher Neuromotorik- und
werden zwei Zugänge sowie die dazu            Hamburg-Wechsler-Intelligenztest eingesetzt.
gehörenden Schläuche fixiert. Der
eine Schlauch führt in die Vene und           Ergebnisse: Während Patienten die gesundheitsbezogene Lebensqualität
erleichtert Blutentnahmen, der andere         in 3 von 7 relevanten Aspekten (physische Beschwerden, Autonomie, posi-
dient als Zugang zur Bauchhöhle.              tive Emotionen) als beeinträchtigt beurteilten, werteten Eltern 5 Aspekte
                                              (Motorik, Autonomie, kognitives Verhalten, soziales Verhalten und positive
  Die Dialyse sichert Nierenkranken           Emotionen) als negativ. Negative Einflussfaktoren waren ein junges Alter
                                              bei der Transplantation, Leichenspenden und mütterliche Belastungen.
                 zwar das Überleben,          Die Neuromotorik der Patienten war deutlich beeinträchtigt. Bei einem
                                              Gesamt-Intelligenzquotienten von 97 erwies sich der verbale Intelligenz-
    doch ein vollständiger Ersatz für         quotient als signifikant besser als der Handlungs-Intelligenzquotient. Dies
                                              ist möglicherweise eine Folge der eingeschränkten Neuromotorik. Insge-
       eine echte Niere ist sie nicht.
                                              samt beurteilen nierentransplantierte Kinder ihre Lebensqualität besser als
"Bei kleinen Patienten kommt meist            ihre Eltern.
nur die Bauchfelldialyse in Frage, weil
die Venen für die Blutwäsche viel zu          Leitung der Studie: Dr. med. Guido F. Laube, Abteilung Nephrologie,
klein sind", sagt Guido Laube, Nieren-        Kinderspital Zürich

                                                                                            Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich   
Der Lebensqualität auf der Spur - Forschungsreport Nr. 1 / 2007 - Aus dem Inhalt: n Der Preis des Überlebens n Wie Nierenpatienten ihr Leben ...
in der Schwangerschaft zu Entwick-            Kontrolle ins Spital. Wesentlich zeit-     Die Dialyse sichert Nierenkranken zwar
    lungsstörungen kam. Bei einem wei-            aufwändiger für den Patienten ist die      das Überleben, doch ein vollständiger
    teren Drittel sind sie als Folge einer        zweite Variante der Blutwäsche, die        Ersatz für eine echte Niere ist sie nicht.
    vererbten Veranlagung schadhaft, und          "Hämodialyse". Der Patient muss drei       "Die Natur ist immer besser als die
    beim letzten Drittel ist die Ursache eine     Mal pro Woche ins Dialysezentrum,          Technik", sagt Guido Laube. Mit der
    erworbene Erkrankung, etwa eine Ent-          eine Dialyse dauert jeweils vier Stun-     Dauer, die ein Patient auf die Dialyse
    zündung oder eine Thrombose.                  den.                                       angewiesen ist, summieren sich die
                                                                                             gesundheitsschädlichen Folgen. "Bei
    Kevin hatte als Baby eine Thrombose,          Einerlei, ob der natürliche Filter des     Kindern ist unser Ziel ganz klar die
    durch die beide Nieren geschädigt wur-        Bauchfells oder, wie bei der Hämo­         Transplantation", so Laube. Die Dialyse
    den. Nun arbeiten diese zu weniger als        dialyse, ein künstlicher Filter ausser-    sei nur ein Hilfsmittel, um die Warte-
    fünfzehn Prozent. Versagen die Nieren         halb des Körpers gewählt werden: Die       zeit auf eine Spenderniere zu überbrü-
    ihren Dienst, braucht es Ersatz, ent-         Dialyse hat zwei zentrale Aufgaben:        cken.
    weder in Form einer Dialyse (Blutreini-       Sie reinigt das Blut von giftigen Stoff-
    gung über die Blutbahn oder über das          wechselschlacken wie Harnstoff, Kali-
    Bauchfell) oder eines neuen Organs.           um und Phosphaten und sie entzieht         Transplantation ist Ziel
    Weil es an Organen von Toten man-             dem Körper überschüssiges Wasser.          der Behandlung
    gelt, wird immer häufiger auf lebende
    Spender zurückgegriffen. 80 der seit          Daneben hätte die Niere noch weitere       Für Cornel Scherrer wurde das Thema
    1970 am Kinderspital Zürich durchge-          wichtige Aufgaben. Sie bildet Hormone      Transplantation plötzlich akut, als sich
    führten 150 Nierentransplantationen           für die Blutbildung und den Knochen-       mit 14 Jahren sein Zustand rapide ver-
    waren Lebendspenden.                          stoffwechsel und sie reguliert den Blut-   schlechterte. Dabei hatte er die Jahre
                                                  druck. "Die Niere beeinflusst sehr viele   davor einigermassen Ruhe gehabt. Er
    Vor der Transplantation steht meist           Organsysteme", sagt Nierenspezialist       hatte zahlreiche Operationen und Spi-
    die Dialyse. Die Bauchfelldialyse hat         Guido Laube. So leiden Kinder mit          talaufenthalte überstanden. Seit zwei
    den Vorteil, dass sie zu Hause ausge-         Nierenversagen unter Wachstumsstö-         Jahren lebte er mit nur einer Niere.
    führt werden kann. "Wir machen das            rungen – Kevin erhält deshalb täglich      Doch dann im März 2004 stellte auch
    jede Nacht", erzählt Kevins Mutter,           eine Spritze mit Wachstumshormon.
    die ebenso wie ihr Mann im Dialyse-           Weil er zudem keinen Appetit hat und
    zentrum geschult wurde. Alle drei bis         häufig erbricht, muss er über eine Son-
    vier Wochen muss sie mit Kevin zur            de ernährt werden.

   Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
die zweite Niere ihre Arbeit ein, Cornel    nehme die Tabletten und schlafe dann           "Interessanterweise beurteilten die
musste zur Hämodialyse. Drei Mal die        weiter". "Dass er die Niere behält, ist        Eltern ihre Kinder kritischer als die
Woche fuhr ihn die Mutter vom sankt-        meine grösste Sorge", sagt Cornels             Kinder sich selbst", sagt Guido ­Laube.
gallischen Mogelsberg ins Dialysezen-       Vater. Im Durchschnitt kann ein Emp-           Während die Kinder angaben, dass
trum nach Zürich. Daran erinnert sich       fänger 15 Jahre mit einer gespendeten          sie sich körperlich gut fühlten, wer-
der 17-Jährige heute nicht gern: Nichts     Niere leben, danach braucht er erneut          teten die Eltern ihre Kinder in fünf von
habe er machen können, nicht recht          Ersatz – entweder eine neue Niere oder         sieben Bereichen als beeinträchtigt,
duschen, baden schon gar nicht, und         Dialyse. "Wir machen uns nicht so viele        etwa in der Selbständigkeit und im
auch keinen Sport, wegen des Kathe-         Gedanken darüber, was zählt, ist die           Denkverhalten. Benachteiligt sind sie
ters, der gelegt worden war.                Lebensqualität und nicht die -quanti-          nach Einschätzung der Eltern auch in
                                            tät", sagt die Mutter. Im Sommer will          ihrer so­zialen Integration. "Die Kinder
"Cornel war seit Geburt nierenkrank,        Cornel die Schule abschliessen, danach         haben laut Eltern mehr Ängste und zie-
wir wussten schon lange, dass irgend-       eine Lehre als Kunststofftechnologe            hen sich eher zurück", so Laube.
wann mal eine Transplantation nötig         beginnen.
sein würde, weil wir ihm auf jeden Fall                                                    In Intelligenztests schneiden nieren-
die Dialyse ersparen wollten", erzählt                                                     transplantierte Kinder ähnlich gut ab
die Mutter. Beide Eltern wären als          Faktoren der Lebensqualität                    wie Gesunde. Eingeschränkt sind sie
Spender in Frage gekommen. Gespen-                                                         dagegen in ihrer Bewegungsfähigkeit.
det hat schliesslich der Vater. Der         "Unser Ziel ist, dass die Kinder sich          Besondere Mühe haben sie mit dem
Vater konnte bereits eine Woche nach        möglichst normal entwickeln", sagt             Hüpfen – "woran das liegt, wissen wir
der Nierenspende wieder nach Hause,         Guido Laube. In einer Studie hat er            nicht genau", sagt Laube. Herausge-
Cornel nach vier Wochen. Inzwischen         untersucht, welchen Einfluss eine Nie-         funden hat er dagegen, welche Fak-
lebt er bereits drei Jahre mit der Niere    rentransplantation auf die Entwick-            toren die Lebensqualität fördern. So
seines Vaters. "Mir geht’s gut", sagt       lung hat. Dafür hat er die Daten von           zum Beispiel das Absetzen des Medi-
er und strahlt. Längst kann er wieder       37 Kindern (20 Knaben und 17 Mäd-              kamentes Kortison. Und je älter die
regelmässig Unihockey spielen.              chen) zwischen 6,5 und 17 Jahren               Kinder bei der Transplantation sind,
                                            ausgewertet. Seit der Transplantation          desto höher bewerten sie ihre Lebens-
Dass er zwei Mal am Tag Medikamente         waren zwischen einem halben und 13             qualität.
nehmen muss, um die Abstossung der          Jahren verstri-chen. Sowohl die Kinder
gespendeten Niere zu verhindern, stört      wie die Eltern wurden befragt, wie sie         Ebenfalls förderlich sind die Lebend­
ihn nicht. "Ich stelle halt einen Wecker,   ihre Lebensqualität bezogen auf ihre           spende sowie ein gutes Familienver-
                                            Gesundheit einschätzen.                        hältnis. "Nach einer Spende rückt die
                                                                                           Familie zusammen, die Bindung zwi-
                                                                                           schen Kind und Eltern wird enger",
                                                                                           erklärt Guido Laube. "Ich bin stolz
                                                                                           darauf, dass ich helfen konnte", sagt
                                                                                           Cornels Vater, "und ich würde es
                                                                                           sofort wieder machen".

                                                                                           Bei Kevin läuft unterdessen die Vor-
                                                                                           bereitung zur Transplantation – sein
                                                                                           Name soll auf die Transplantationswar-
                                                                                           teliste gesetzt werden. "Wir wissen,
                                                                                           dass man auf ein Spender­organ etwa
                                                             "Mir geht es gut":
                                                                                           drei bis vier Jahre warten muss", sagt
                                                             Cornel Scherrer lebt seit
                                                             drei Jahren mit einer Niere   die Mutter. Sie lässt sich nun testen, ob
                                                             seines Vaters.                sie als Spenderin in Frage kommt.

                                                                                                 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich   
Zeichnung von David (9): Er wurde drei Mal an der Herz-Lungen-Maschine operiert.

10 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Die Kinder- und Jugendpsychiaterin

Natalie Drabe berät Eltern herz­kranker

 Kinder in medizinischen und psycho­

                      logischen Fragen.

 Die Entwicklungspädiaterin Bea Latal

  arbeitet an den wissenschaftlichen

                      Grundlagen dafür.

  Die Zukunft herzkranker Kinder
  Portrait von Helga Kessler

  Wenn Natalie Drabe durchs Kinder­          hat einen ganz schweren Herzfehler".      ke Kind, das am Kinderspital operiert
  spital eilt, trifft sie unweigerlich auf   Er sei erstmals in den USA operiert       wird: Sie nimmt an den Visiten teil und
  ihre Patienten. Und sofort hat sie eine    worden, danach mehrfach in Zürich,        ist bei den Besprechungen auf den Sta-
  Geschichte parat. "Der kleine Junge,       "inzwischen entwickelt er sich präch-     tionen dabei.
  den sein Vater auf dem Arm hatte,          tig". Die Ärztin kennt jedes herzkran-

                                                                                                                        Zur Sache

     Entwicklung und Lebensqualität von Kindern mit angeborenen Herzfehlern
     und Operation an der Herz-Lungen-Maschine

     Fragestellung: Am Kinderspital Zürich werden jährlich        Ergebnisse: Hauptfaktoren, die zu einer Entwick-
     etwa 300 herzkranke Kinder operiert. Die meisten Herz-       lungsstörung führen können, sind der Schweregrad
     fehler können mittlerweile operativ vollständig korrigiert   der Erkrankung sowie das gleichzeitige Vorliegen einer
     werden; die Kinder weisen anschliessend eine gute Herz-      genetischen Grunderkrankung. Ein grosser Teil dieser
     funktion auf. Trotzdem kann die kognitive und neuromo-       Beeinträchtigungen besteht schon vor der HLM. Es konn-
     torische Entwicklung gestört sein. Die Beeinträchtigung      te gezeigt werden, dass die Lebensqualität dieser Kinder
     kann mit der Operation an der Herz-Lungen-Maschine           eingeschränkt war. Je schwerer der operative Eingriff
     (HLM) zusammenhängen. Es mehren sich jedoch Hinwei-          und je belasteter das Familienklima, desto schlechter
     se, dass viele Kinder schon vor der HLM-Operation ent-       war die Lebensqualität dieser Kinder im Schulalter. Die
     wicklungsneurologisch beeinträchtigt sind. Das Ziel einer    Resultate der Studie sollen es ermöglichen, eine bessere
     Studie im Rahmen der "Reachout"-Projekte am Kinder-          Prognose zu stellen, die Eltern optimal zu beraten und
     spital ist es, den entwicklungsneurologischen Zustand        frühzeitig therapeutische Massnahmen einzuleiten.
     von Kindern vor und nach Operationen an der HLM zu
     beschreiben. Zudem soll bestimmt werden, wann allfäl-        Leitung: PD Dr. med. Bea Latal, Leitende Ärztin, Abtei-
     lige Störungen auftreten und welche Risikofaktoren zu        lung Entwicklungspädiatrie, Kinderspital Zürich
     einer Entwicklungsstörung führen.

                                                                                             Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich 11
Natalie Drabe arbeitet nicht im Beruf        eben möglich ist, zu verstehen", lautet   Untersuchung von 270 herzkranken
    der Herzchirurgin, den sie zunächst in       Drabes eigene Erklärung dafür.            Kindern
    ihrer Ausbildung angestrebt hatte. Sie       Im Gespräch will sie "herausfinden,
    ist Fachärztin für Kinder- und Jugend-       wie ihr Gegenüber lebt und denkt          "Dass wir mit Natalie Drabe jemand
    psychiatrie, zudem ausgebildet in Paar-      und wie es mit der aktuellen Situation    haben, der nicht nur medizinische
    und Familientherapie. Am Kinderspital        umgeht". Sie will verstehen, wie die      Fragen beantworten kann, sondern
    baut Drabe derzeit den Bereich "Psycho­      Eltern die Herzerkrankung ihres Kin-      auch psychologisch geschult ist, hilft
    kardiologie" auf. Es geht darum,             des zu bewältigen versuchen. "Wel-        enorm", sagt Bea Latal. Die Fach­ärztin
    Erkenntnisse aus der Forschung über          che Strategien wendet das Paar an?        für Entwicklungspädiatrie erforscht
    die Lebensqualität herzkranker Kinder        Sind diese hilfreich oder gilt es, neue   im Projekt "Reachout Herz", das sie
    praktisch umzusetzen.                        zu entwickeln? Welche persönlichen        im Sommer 2004 begonnen hat, die
                                                 Ressourcen können genutzt werden?"        körperliche und geistige Entwicklung
    Kompetenzen der Eltern stärken               Ebenfalls bedeutsam ist, ob die Eltern    von Kindern mit angeborenen Herz-
                                                 Unterstützung durch Familie und           fehlern.
    Natalie Drabe begleitet herzkranke           Freunde erfahren, besonders dann,
    Kinder und Jugendliche während ihres         wenn Geschwisterkinder da sind.           Für die Entwicklung spielt der Schwere-
    Spitalaufenthalts und betreut psycho-                                                  grad des Herzfehlers eine Rolle. Von
    logisch Eltern von Neugeborenen, die         Je nach Gesprächsverlauf ergeben          Bedeutung sind aber auch eventuelle
    mit schweren Herzfehlern geboren             sich unterschiedliche therapeutische      Komplikationen sowie die Art, wie
    werden. Dafür braucht sie viel Einfüh-       Ansätze: von gelegentlichen kurzen        die Familie mit der Belastung umgeht.
    lungsvermögen. "Für die meisten ist es       Gesprächen über intensive Einzelthe-      "Schwierig für die Eltern ist vor allem
    ein Schock, wenn sie von der Herzer-         rapien bis zu Paar- und Familienthe-      die Ungewissheit darüber, was da noch
    krankung ihres Kindes erfahren", sagt        rapien. Ziel dieser Bemühungen ist es,    auf sie zukommt", sagt Latal.
    die Psychiaterin. Vielen Eltern falle es     so Drabe, "die Eltern sowie die betrof-   Für herzkranke Kinder ist die Prognose
    in dieser Situation zunächst schwer,         fenen Kinder im Umgang mit der Herz-      recht optimistisch: "Selbst Kinder mit
    die angebotene Hilfe anzunehmen,             krankheit so kompetent wie möglich        schwersten Herzfehlern entwickeln
    doch meist gelinge es ihr, "das Eis zu       zu machen und so zu verhindern, dass      sich oft beeindruckend gut, wenn sie
    brechen". Die Ruhe, die die 34-Jährige       sich länger dauernde psychische Stö-      die ersten Hürden genommen haben",
    ausstrahlt, mag ein Grund dafür sein.        rungen entwickeln, die die Lebensqua-     sagt Bea Latal. "Wenn wir besser ver-
    "Genaues Zuhören, sich ganz auf den          lität der gesamten Familie beeinträch-    stehen, warum manche Kinder mehr
    Menschen einlassen, um ihn, soweit es        tigen können".                            oder weniger Probleme haben, können

                                                                                           "Unser Ziel ist es, die Eltern sowie

                                                                                           die betroffenen Kinder im Umgang

                                                                                           mit der Herzkrankheit so kompetent

                                                                                           wie möglich zu machen."

                                                                                           Kinder- und Jugendpsychiaterin Nathalie Drabe
                                                                                           (links) und Bea Latal, Leitende Ärztin für Entwick-
                                                                                           lungspädiatrie (rechts)

12 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Zur Sache

                                              Meilensteine der Kardiologie am Kinderspital Zürich

                                              von PD Urs Bauersfeld, Leiter Kardiologie

                                              Die Kardiologie, also das Fachgebiet zur Behandlung von Herzkrankheiten,
                                              hat sich in den letzten 20 Jahren stark entwickelt. Wie kaum ein anderes
                                              Gebiet der Medizin hat sie von der Computerisierung, von der Herstel-
                                              lung neuer Materialien, von der Miniaturisierung von Geräten, von neu-
                                              en Medikamenten und von der Entwicklung genetischer Untersuchungen
                                              profitiert.
                                              Eine zeitgemässe Infrastruktur und hoch spezialisierte Kaderärztinnen und
                                              Kaderärzte gewährleisten im Kinderherzzentrum des Kinderspitals die
                                              Anwendung aktueller Erkenntnisse und Methoden.

                                              1985 Verbesserung der Bildgebung durch die Echo-Kardiographie

                                              1993 Herzkatheterinterventionen mit der Radiofrequenzablation von
                                                   Arrhythmien, Erweiterung von verengten Klappen und Gefässen,
                                                   Implantationen von Stents und Verschlussmechanismen für Schei-
                                                   dewanddefekte
wir früher mit Therapien beginnen oder
                                              1993 Einsatz von Herzschrittmachern und implantierbaren Defibrillatoren
andere Massnahmen einleiten, die den
                                                   bei Säuglingen
Kindern eine bessere Zukunft nach der
Herzoperation ermöglichen."                   1999 Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung eines Lungen-
                                                   hochdrucks: Hilfe für Kinder mit angeborenem oder erworbenem
Derzeit wertet Latal die Daten von                 Lungenhochdruck
270 herzkranken Kindern aus. Das
                                              2002 Nachweis von genetischen Ursachen von Herzrhythmus-Störungen
Hauptinteresse der Ärztin gilt der Ent-
                                                   in Kooperation mit der Universität Basel
wicklung dieser Kinder – dem Thema
hat sie sich bereits in ihrer Promo­          2002 Verbesserung der Bildgebung durch die Magnetresonanz
tions­arbeit gewidmet. Ob das Gehirn
                                              2004 Einsatz von Kunstherzen zur Überbrückung von Wartezeiten bis zur
normal funktioniert, untersuchen die
                                                   Erholung des Herzens oder zur Herztransplantation
Entwicklungspädiater       altersgerecht
über standardisierte Tests: "Wir prüfen       2007 Einsetzen von Herzklappen mittels Herzkatheter
Fähigkeiten wie Sehen oder Hören, un-
tersuchen neurologische Funktionen,           Die technischen Neuerungen bei der Behandlung von herzkranken Kindern
zudem untersuchen wir die kognitive           haben die Chancen auf ein Überleben der Patienten dramatisch verbessert.
und motorische Entwicklung und das            Heute erreichen rund 95% der Kinder mit angeborenen Herzfehlern das
Verhalten dieser Kinder", erläutert           Erwachsenenalter. Damit kommt der Bewältigung der Krankheiten und
Latal.                                        der Erhaltung von Lebensqualität eine immer grössere Bedeutung zu. Das
                                              Spezialistenteam des Kinderspitals ist deshalb jüngst durch eine Kinderpsy-
                                              chiaterin ergänzt worden.
Entwicklung bis zur Schule verfolgen

Ältere Kinder absolvieren Intelli-         die wurden die Kinder ein erstes Mal      Schulalter erreicht haben", sagt Latal.
genztests. Zudem werden die Eltern         vor der Operation untersucht, ein         Sie ist selber Mutter zweier Söhne und
gebeten, schriftlich Fragen zum Verhal-    zweites Mal neun Monate danach – so       lässt sich durch den Kontakt mit Kin-
ten ihrer Kinder zu beantworten. Wei-      will man herausfinden, ob die Kinder      dern und ihren Eltern immer wieder zu
tere Fragen widmen sich der Lebens-        bereits vor der Operation in ihrer Ent-   ihrer Forschung motivieren.
qualität der Kinder wie der Eltern – die   wicklung beeinträchtigt sind. "Unser
Antworten erlauben Rückschlüsse auf        Ziel ist es, die Entwicklung der Kinder
die Stabilität der Familie. Für die Stu-   zu verfolgen, bis sie mindestens das

                                                                                           Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich 13
Fehlbildungen des Penis können die Entwicklung

                                           von Knaben und Jugendlichen beeinträchtigen.

                                      In einer Studie sind Auswirkungen der Fehlbildung

                                       und ihre Wahrnehmung durch Patienten und Ärzte

                                                                      untersucht worden.

    Schwieriger Weg ins sexuelle Leben
    Bericht von Verena Schönbucher, PD Markus A. Landolt und Daniel Weber*

    Der Begriff der Hypospadie bezeichnet            kommt, dass bleibende funktionelle        spadie-Patienten hingegen beurteilten
    eine Fehlbildung des Penis. Schätzungs-          und ästhetische Defizite auch durch       die Lebensqualität ihrer Kinder ähnlich
    weise jeder dreihundertste neugebore-            eine Operation nicht immer verhin-        wie die Eltern der Kontrollgruppe. Die-
    ne Knabe ist davon betroffen. Hypo-              dert werden können. Deshalb stellt        se Ergebnisse lassen vermuten, dass
    spadien werden in der Regel im frühen            sich die Frage nach der psychischen       die Eltern von Hypospadiepatienten
    Kindesalter chirurgisch korrigiert. Ziele        und psychosexuellen Entwicklung der       die Lebensqualität ihrer Kinder wahr-
    der Operation sind die Rekonstruk­               betroffenen Knaben. Von besonderer        scheinlich überschätzen.
    tion der Harnröhre, so dass sie an der           Bedeutung ist dabei die Lebensqualität
    Penisspitze mündet, das Erreichen                von Knaben mit einer Hypospadie, die
                                                                                               Beeinträchtigung nicht erst in der
    eines möglichst normalen Aussehens,              bisher noch nie empirisch untersucht
                                                                                               Pubertät
    aber auch die Begradigung des Penis,             worden ist.
    so dass im Erwachsenenalter eine                                                           Interessanterweise berichteten vor
    ungestörte Sexualfunktion möglich ist.           In einer Studie am Kinderspital Zürich    allem die jüngeren Patienten von
                                                     befragten wir 77 Kinder und Jugend-       einer beeinträchtigten Lebensqualität.
    Eltern überschätzen Lebensqualität               liche im Alter von 7 bis 17 Jahren,       Bis anhin ging man davon aus, dass
                                                     die wegen einer Hypospadie operiert       wegen der zunehmenden Bedeutung
    Der chirurgische Eingriff im Genitalbe-          worden sind, zu ihrer Lebensqualität.     von Sexualität während der Pubertät
    reich und der stationäre Aufenthalt im           Zusätzlich wurden die Eltern gebeten,     hauptsächlich adoleszente Knaben
    Spital sind für die Knaben in besonde-           in einem Fragebogen die Lebensqua-        unter dieser Fehlbildung leiden. Die
    rer Weise psychisch belastend. Hinzu             lität ihrer Söhne einzuschätzen. Als      Resultate dieser Studie zeigen jedoch,
                                                     Kontrollgruppe dienten 77 Knaben          dass die Lebensqualität schon im Kin-
                                                     gleichen Alters, die wegen eines Lei-     desalter ab sieben Jahren durch die
         * Das Projekt "Psychosexuel-
                                                     stenbruchs operiert worden sind.          Hypospadie und deren Behandlung
         le Entwicklung, psychisches
                                                                                               beeinträchtigt sein kann.
         Befinden und Lebensqualität
                                                     Erwartungsgemäss       schätzten    die
         von Kindern und Jugendlichen
                                                     Knaben mit einer Hypospadie ihre          Es stellt sich daher die Frage, ob die
         mit einer Hypospadie" wird von
                                                     gesundheitsbezogene Lebensqualität        chirurgische Behandlung durch eine
         Dr. Daniel Weber geleitet, Mit-
                                                     signifikant schlechter ein als die Kna-   geeignete psychologische Unterstüt-
         arbeiter sind lic. phil. Verena
                                                     ben der Kontrollgruppe. Sie berichte-     zung ergänzt werden muss, um die
         Schönbucher, PD Dr. Markus A.
                                                     ten von mehr körperlichen Beschwer-       Lebensqualität der Knaben zu opti-
         Landolt und PD Dr. Rita Gobet.
                                                     den, von weniger guten motorischen,       mieren. Die Weiterentwicklung eines
         Das Projekt begann im Novem-
                                                     kognitiven und sozialen Fertigkeiten      gesamtheitlichen      Therapieansatzes
         ber 2005 und dauerte bis April
                                                     und von schlechterem emotionalem          kann dazu beitragen, dass der Lust
         2007.
                                                     Wohlbefinden. Die Eltern der Hypo-        kein Frust vorausgeht.

14 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Forschungsprojekte bedürfen

   einer sorgfältigen Vorbereitung.

      Die nachfolgenden Tagebuch­

notizen vermitteln einen Einblick in

 das Entstehen eines Projektes aus

             dem Bereich der Pflege.

Wie Erkenntnis entsteht
Forschungstagebuch von Michael Kleinknecht

30. 3. 2005                               14. 1. 2006                              16. 2. 2006
Die Leiterin Pflegedienst erteilt den     Auf der Basis der Literaturrecher-       Der Grobentwurf des Studienplanes
Auftrag, ein Pflegeforschungsprojekt      che entwerfe ich den theoretischen       wird den Pflegeexpertinnen, der Pfle-
auszuarbeiten.                            Bezugsrahmen und formuliere die For-     geberaterin Nephrologie, der Leite-
                                          schungsfragen. Die Arbeit am Studien-    rin Pflegedienst und dem Leitenden
                                          plan beginnt.                            Nephrologen vorgestellt. Bis Ende
25. 8. 2006                                                                        Februar soll das Proposal (Forschungs-
Nach Besprechungen mit den Pflege-                                                 antrag) zum ersten Mal eingereicht
expertinnen und nach Rücksprache                                                   werden.
mit der Pflegeberaterin Nephrologie
(Behandlung von Nierenkrankheiten)
                                                                                                                   Zur Sache
legen wir das genaue Ziel der For-
schung fest: Es geht darum, die Kennt-       Pflegebedürfnisse von nierentransplantierten Jugendlichen
nisse über die Pflegebedürfnisse nie-
rentransplantierter Jugendlicher vor         Fragestellung: Die Studie "Pflegebedürfnisse von nierentransplantierten
allem in Bezug auf die Nachbetreuung         Jugendlichen im interdisziplinären Nachbehandlungsprozess" ist derzeit
zu verbessern. Als ersten Schritt führe      noch am Laufen. Sie hat zum Ziel, die Pflege von Jugendlichen nach Nie-
ich eine Literaturrecherche durch um         rentransplantationen zu verbessern. Rund 7 Prozent der transplantierten
zu erfahren, was bisher zu diesem The-       Jugendlichen verlieren ihre neue Niere aufgrund der Nichteinhaltung der
ma bekannt ist und wie die Relevanz          Behandlungsvorgaben.
des Themas einzuschätzen ist.
                                             Ergebnisse: Dabei gibt es Hinweise, wonach Pflegefachleute mit bedürf-
                                             nisgerechten Massnahmen diese Patienten bei der Lebensbewältigung
12. 12. 2005                                 unterstützen können – dies wiederum wirkt sich positiv auf die Einhaltung
Erste Besprechung mit Vertretern des         der Behandlungsvorgaben aus. 27 Jugendliche nehmen an der Studie teil.
Projektes "Reachout".                        Die Auswertung und Präsentation der Ergebnisse ist für 2007 geplant.

                                             Leitung: Michael Kleinknecht, MNS, wissenschaftlicher Mitarbeiter Pfle-
                                             gedienst, Kinderspital Zürich

                                                                                         Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich 15
Nach theoretischen Arbeiten und Probeläufen
                                                                                           beginnen die Befragungen der Jugendlichen

    15. 5. 2006                                  20. 9. 2006                               22. 12. 2006
    Die Steuergruppe "Reachout" stimmt           Heute schliesse ich die Bereinigung des   Die Genehmigung der beiden Ethik-
    dem Studienplan zu und benennt               Fragebogens ab, der aus der Arbeit mit    Kommissionen trifft ein: Das Sammeln
    einen Mentor, der mich von nun an            der Fokusgruppe entstanden ist. Nun       der Daten kann nun beginnen!
    beraten wird.                                werden Probeläufe (Pretests) durchge-
                                                 führt, um die Anwendbarkeit und Ver-
                                                 ständlichkeit des Bogens zu prüfen.       29. 1. 2007
    16. 5. 2006                                                                            Mit der Pflegeberaterin Nephrologie
    Der Studienplan wird von der Spe­                                                      und dem Leitenden Nephrologen lege
    zialisierten Unterkommission der kan-        29. 11. 2006                              ich den organisatorischen Ablauf für
    tonalen Ethikkommission des Kinder-          Nach erfolgreichem Abschluss der Pre-     die Aufnahme der Jugendlichen in die
    spitals Zürich und von der kantonalen        tests reiche ich heute den Fragebogen     Studie fest.
    Ethik-Kommission genehmigt.                  an die spezialisierte Ethik-Kommission
                                                 nach. Zusätzlich eingesandt habe ich
                                                 die Spielregeln für den Familiensystem-   20. 2. 2007
    28. 8. 2006                                  Test, in dem die Jugendlichen spiele-     An diesem Tag beginnen die ersten
    Ein Fragebogen fehlt, mit dem die            risch die Bedeutung der verschiedenen     Befragungen      nierentransplantierter
    Jugendlichen nach ihren Pflegebedürf-        Betreuungspersonen darstellen, die am     Jugendlicher. Bis jetzt hat alles plan-
    nissen interviewt werden könnten.            Nachbetreuungsprozess beteiligt sind.     mässig geklappt – wir sind gespannt,
    Deshalb führe ich eine Diskussion mit                                                  ob das auch so bleiben wird!
    einer so genannten Fokusgruppe aus
    ehemaligen       nierentransplantierten
    Patienten durch.

16 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
Lebensqualität lässt uns nicht los

Schlusswort von Prof. Remo Largo, emeritierter Professor für Entwicklungspädiatrie

Vier Jahre lang haben wir im Rahmen        Diesen Zusammenhängen sind wir
des "Reachout"-Projektes geforscht.        auch in den kommenden Jahren auf
In 13 Studien haben Mitarbeiterinnen       der Spur. Die Forschungen werden
und     Mitarbeiter     unterschiedliche   weitergeführt. Ganz besonders wird
Facetten der Lebensqualität unserer        es darum gehen, die gewonnenen
Patienten untersucht. Es wurde eine        Erkenntnisse im Spitalalltag umzu-
grosse Arbeit geleistet – und die Resul-   setzen. Einiges konnte zwar bereits
tate sind vielversprechend!                verwirklicht werden, so die Schaf-
                                           fung eines Ethik-Forums, die palliative
   Wir müssen die Gesellschaft und
                                           Betreuung (Palliativ Care) und die Ein-
                                           führung der Psychokardiologie. Aber
   die Gesundheitsbehörden auf die
                                           vieles bleibt noch zu tun!
      Bedeutung einer umfassenden
                                           Die Resultate müssen in der Aus- und
      Betreuung des kranken Kindes         Weiterbildung vermittelt werden. Ziel
                                           ist es, einen Wert- und Haltungswan-
                            ­h inweisen.   del bei Mitarbeitenden zu erzielen. Um
                                           kind- und familiengerechte Massnah-
                                           men zur Verbesserung der ganzheit-
Am Anfang standen die folgende Defi-       lichen Betreuung zu finden, bedarf es
nitionen – sie sind so aktuell wie nie     Studien zur Intervention. Nicht zuletzt
zuvor!                                     müssen wir uns um die Öffentlich-
                                           keitsarbeit bemühen. Wir müssen die
"Eine bestmögliche Genesung von            Gesellschaft und die Gesundheitsbe-
kranken Kindern setzt neben einer          hörden auf die Bedeutung einer umfas-
kompetenten medizinischen Abklä-           senden Betreuung des kranken Kindes
rung und Behandlung eine umfas-            hinweisen. Und wir müssen sie moti-
sende Betreuung von Kind und Familie       vieren, die entsprechenden finanziellen
voraus. Umfassend heisst, dass nicht       und personellen Mittel zum Wohl von
nur die körperlichen, sondern auch die     Kind und Familien zur Verfügung zu
psychischen und sozialen Bedürfnisse       stellen.
des Kindes ausreichend befriedigt                                                    Prof. Dr. Remo Largo: "Es wird darum gehen, die
werden. Da die Familie für das Wohl-                                                 Erkenntnisse im Spitalalltag umzusetzen."
befinden des Kindes ausschlaggebend
ist, muss auch die Familie einbezogen
werden."

                                                                                            Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich 17
Wissenschaftliche Publikationen
                                                                     Publikationsliste 2006 der Medizinischen und Chirurgischen Kliniken,

                                                               der Abteilungen für Klinische Chemie und Biochemie, Intensivmedizin und

                                                                                                           Neonatologie, Anästhesie und Bilddiagnostik

    Originalarbeiten                                          Balmer C, Barron D, Wright JG, de Giovanni JV,           Bocion C, Sennhauser FH, Frey B. Critical inci-
                                                              Miller P, Dhillon R, Brawn WJ, Stumper O. Expe-          dent monitoring in schweizerischen Intensivsta-
    Abbal C, Lambelet M, Bertaggia D, Gerbex C,               rience with intraoperative ultrasound in paedi-          tionen: Verbreitung, Einstellung und Faktoren,
    Martinez M, Arcaro A, Schapira M, Spertini O.             atric cardiac surgery. Cardiol Young 16:455-462,         welche die Meldehäufigkeit beeinflussen. Schweiz
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    selectin-dependent rolling under flow conditions.
    Blood 108:3352-3359, 2006.                                Bartholdi D, Klein A, Weissert M, Koenig N,              Böhles HJ, Fusch C, Genzel-Boroviczeny O, Henker
                                                              Baumer A, Boltshauser E, Schinzel A, Berger W,           J, Koletzko B, Kersting M, Lentze M, Maaser RG,
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    terin reductase deficiency an autosomal recessive         genomic rearrangement in the MECP2 gene. Clin            Deleze G, Furlano R, Laimbacher J, Roulet M, Spa-
    DOPA-responsive dystonia. Mol Genet Metabol               Genet 69:319-326, 2006.                                  linger J, Studer P. Stellungnahme zur Verwendung
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                                                              Bauerfeind P, Beglinger C, Beltinger J, Braegger         Monatsschr Kinderheilkd 154:913-916, 2006.
    Ackermann GE, Marenholz I, Wolfer DP, Chan                CP, Eigenmann F, Friedt M, Guyot J, Huerlimann
    WY, Schäfer B, Erne P, Heizmann CW. S100A1-               R, Michetti P, Seibold F, Straumann A. Infliximab-       Borghi E, de Onis M, Garza C, Van den Broeck
    deficient male mice exhibit increased exploratory         practical guidelines for the treatment of Crohn’s        J, Frongillo EA, Grummer-Strawn L, Van Buuren
    activity and reduced anxiety-related responses.           disease. Rev Med Suisse 2:1807-1815, 2006.               S, Pan H, Molinari L, Martorell R, Onyango AW,
    Biochim Biophys Acta 1763:1307-1319, 2006.                                                                         Martines JC for he WHO Multicentre Growth
                                                              Baumgartner C, Mátyás G, Steinmann B, Eber-              Reference Study Group. Construction of the world
    Aeberli I, Molinari L, Spinas G, Lehman R,                le M, Stein JI, Baumgartner D. A bioinformatics          health organization child growth standards: selec-
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                                                                                                                       Ophthalmologic findings and long-term course
    Alfvén T, Braun-Fahrländer C, Brunekreef B,               Baumgartner D, Baumgartner C, Schermer E, Engl           in patients with neurofibromatosis type 2. Am J
    von Mutius E, Riedler J, Scheynius A, van Hage            G, Schweigmann U, Mátyás G, Steinmann B. Dif-            Ophthalmol 141:1068-1077, 2006.
    M, Wickman M, Benz MR, Budde J, Michels KB,               ferent patterns of aortic wall elasticity in patients
    Schram D, Üblagger E, Waser M, Pershagen G                with Marfan syndrome: a non-invasive follow-up           Bosch MM, Wichmann WW, Boltshauser E, Lan-
    (incl. Sennhauser FH, Lauener R, Wildhaber J,             study. J Thorac Cardiovasc Surg 132:811-819,             dau K. Optic nerve sheath meningiomas in pa­tients
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    diseases and atopic sensitization in children rela-                                                                124:379-385, 2006.
    ted to farming and anthroposophic lifestyle – the         Becker K, Hohoff C, Schmitt B, Christen HJ, Neu-
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                                                              of the micordeletion breakpoint in a GLRA1 null          Reinhardt D, Bernhard O, Ballerini P, Baruchel A,
    Arlettaz R, Bauschatz AS, Mönkhoff M, Essers B,           allele of Turkish hyperekplexia patients. Hum            Cavé H, Dastugue N, Hasle N, Kaspers GL, Les-
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    to the early detection of congenital heart disease                                                                 CM, Golub TR, Orkin SH. Identification of distinct
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                                                              V, Stutz K, Weiss M. An in vitro study of the            leukemia by gene expression profiling. Proc Natl
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                                                              in islet cell antibody-positive relatives in the Euro-
                                                              pean nicotinamide diabetes intervention trial: the
                                                              role of additional immune, genetic and metabolic
                                                              markers of risk. Diabetologia 49:881-890, 2006.

18 Forschungsreport 2007 / Kinderspital Zürich
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