LEBENS KULTUR DAS MAGAZIN - Stadtgemeinde Feldbach

 
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LEBENS KULTUR DAS MAGAZIN - Stadtgemeinde Feldbach
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                                                                                                     RM 18A041471 K
                                                                                                         8330 Feldbach

                      Wappen der Stadt Feldbach
                          Farbdefinition CMYK:
      GRAU: 0/0/0/30, DUNKEL GRAU: 0/0/0/80, SCHWARZ: 15/15/15/100

Dieses Wappen darf nur nach Absprache mit der Stadt Feldbach verwendet werden.
                              Tel.: 03152 / 2202

                                                                                 WEISS

                                                                                             NOVEMBER 2018
                                                                                                 Ausgabe 25

                                                                                  LEBENSKULTUR
                                                                                         DAS MAGAZIN
LEBENS KULTUR DAS MAGAZIN - Stadtgemeinde Feldbach
LEBENSKULTUR
    Inhalt
        THE BEATLES – DIE BRAVEN REVOLUZZER............................                                 von Franz Jurecek..........................................................         Seite 4

        NICHT NUR EIN WEG ... ...........................................................               von Beatrix Kögler...............................................................   Seite 5

        HAPPINESS IS A WARM GUN.........................................................                von Ulrike Gärtner.............................................................     Seite 7

        WHILE MY GUITAR GENTLY WEEPS.........................................                           von Florian Trummer............................................................     Seite 8

        DER RING..................................................................................      von Ingrid Reindl-Kals.......................................................       Seite 9

        ROCKY RACCOON...................................................................                von Michael Mehsner.......................................................          Seite 10

        WEISS............................................................................................ von Roswitha Dautermann.............................................              Seite 11

        DAS WEISSE ALBUM! WELCHES WEISSE ALBUM?.................                                        von Michael Gradischnig....................................................         Seite 12

        ZERRISSENHEIT................................................................................   von Elke Flitsch................................................................    Seite 14

        I‘M SO TIRED ... ........................................................................... von Werner Kölldorfer..........................................................        Seite 16

        WINTERDIENST IN DER NEUEN STADT FELDBACH................ von Werner Lafer.................................................................                                          Seite 18

        SAVOY TRUFFLE.......................................................................... von Dominik Fitz..................................................................          Seite 20

    IMPRESSUM:
    Herausgegeben von der NEUEN Stadt Feldbach, www.feldbach.gv.at,
    Fotos: Autoren, Fotolia.com, Pixabay.com, Vulkanland/Bergmann, Layout: www.conterfei.at, Druck: www.scharmer.at

                                                                                                                                                        Zeichnungen: Monja Zaunschirm

         Samstag, 26. Jänner 2019                                                                              Mittwoch, 30. Jänner 2019

       50 JAHRE „DACHKONZERT“                                                                                30/1/69, APPLE BUILDING, SAVILE ROW 3
       mit dem Cradle Trio                                                                                   THE BEATLES – EIN PORTRAIT
       Innenstadt, Feldbach, 11 Uhr                                                                          Texte: Elisabeth Pichler & Michael Mehsner
                                                                                                             Musik: Cradle Trio
                                                                                                             Gewölbekeller im Gerberhaus, Fehring, 19.30 Uhr

2            LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
LEBENS KULTUR DAS MAGAZIN - Stadtgemeinde Feldbach
Liebe Leserinnen und Leser!
    Bei genauerem Hinsehen haben Sie        zepte unseres Parade-Zuckerbäckers Do-       Wer die Beatles außerdem noch in Klang
es ohnehin erkannt: Das Magazin im          minik Fitz; George zum Trotz die Zahn-       und Gesang erleben möchte, dem seien
November 2018 kommt praktisch „ganz         pflege nicht vergessen.                      zwei Veranstaltungen ans Herz gelegt:
in weiß“ daher. Nachempfunden weniger                                                    Am Samstag, 26. Jänner 2019, wird es
dem beliebten Schlager als dem legendär-    Wie Sie merken, steht (fast) hinter          um 11 Uhr in der Innenstadt von Feld-
en „Weißen Album“, das die wohl größte      jedem Text ein Lied aus dem letztlich        bach das legendäre „Dachkonzert“ live
Musikgruppe aller Zeiten, die Beatles,      doch legendären „Weißen Album“. Sofern       zu hören geben. Spielen wird das Cradle
vor mittlerweile 50 Jahren veröffentlicht   Sie diese aus dem Inhaltsverzeichnis         Trio, die genaue Örtlichkeit bleibt
hat. Der an sich musikalische Bezugs-       und dem Editoral noch nicht erkannt          selbstverständlich geheim. Gehen Sie
punkt für die Auswahl des Mottos dieser     haben: Nähere Hinweise finden Sie beim       einfach in die Stadt, Sie werden es hö-
Ausgabe gab für die Autorinnen und Au-      weiteren Lesen. Die fantastischen Illus-     ren! Zum selben Anlass gibt es am dar-
toren Anlass zu einem Streifzug durch so    trationen zu diesem Heft stammen von         auffolgenden Mittwoch, 30. Jänner
manches Thema.                              den BORG-Schülerinnen Sarah Leitgeb,         2019, um 19.30 Uhr im Gewölbekeller
                                            Valerie Prem, Tanja Friedl, Monja Zaun-      des Gerberhauses Fehring ein Portrait
Franz Jurecek beleuchtet das revolu-        schirm, Elisabeth Kieslinger und Nika        der Beatles in Texten, Szenen und Musik.
tionäre Potenzial der Beatles und der       Quinz, unterstützt hat sie dabei Prof.       Lesen werde ich dort gemeinsam mit Eli-
60er-Jahre samt Generationenkonflikt,       Mag. Hannes Fladerer: Großer Dank, ihr       sabeth Pichler, für die Musik wird wieder
Beatrix Kögler das damals populäre Ent-     habt das ganz toll gemacht. Apropos          das Cradle Trio zuständig sein. Schauen
decken östlicher Religionen. Ulrike Gärt-   BORG Feldbach.                               Sie gerne vorbei.
ner (INNOVA) widmet sich der bis heu-       Widmen möchte ich diese Ausgabe              Bis dorthin, quasi zur Vorbereitung, viel
te andauernden Veränderung der „Rolle       jemandem, der uns vor bald 2 Jahren un-      Freude mit der November-Ausgabe des
der Frau“ in der Gesellschaft. Für den      erwartet und viel zu früh verlassen hat.     Magazins der Zeitung der Stadt Feldbach.
Musiker und großen George Harrison-         Jemandem, der der Musik in aller ihrer
Verehrer Florian Trummer (Cradle Trio)      Vielfalt so intensiv verbunden gewesen                                          Ihr
steht selbstverständlich die Musik ganz     ist, der mit ihr und für sie gelebt hat,                           Michael Mehsner
im Vordergrund. Die Bedeutung von           und der es verstand, so viel von dieser
Ringen (siehe unter anderem „Ringo“         wunderbaren Beziehung an andere weiter-      PS: Zu gerne hätte ich auch einen länge-
Starr oder den netten Desmond aus           zugeben. Helmut Lenardt. Eines Tages,        ren Beitrag zu diesem Magazin beigesteu-
„Ob-La-Di, Ob-La-Da“) steht für die         als ihn das Schicksal für einige Zeit        ert. Einzig: Sie sehen, wir sind übervoll,
Goldschmiedin Ingrid Reindl-Kals au-        wieder losgelassen hatte, besuchte er        und auf den tollen Waschbären von Nika
ßer Zweifel. Wieso die Beatles bei der      mich im Büro, und erklärte, dass es ihm      Quinz wollte ich keineswegs verzichten!
Cover-Gestaltung so sehr auf die Farbe      wieder besser gehe, und er sprach mich       Ausgesucht hätte ich mir wohl „Revoluti-
Weiß setzten, bietet Anlass zu vielen In-   darauf an, dass wir ja vielleicht bald       on Nr. 9“, angelegt ungefähr in der schrä-
terpretationen – mehr über das Wesen        etwas Gemeinsames machen könnten.            gen, über die Realität längst erhabenen
und die Bedeutung dieser Farbe (?)          Er an der Gitarre und ich mit ein paar       Stimmung, die Ostrowski und Votava im
„weiß“ Roswitha Dautermann. Das             Texten. Die Ehre lag ganz auf meiner         Film „Hotel Rock’n’Roll“ rübergebracht
„weiß“ auch immer mit dem Winter zu         Seite, einzig, es kam leider nicht mehr      haben, als (endlich) jemand in Zimmer
verbinden ist, erfährt man aus den Bei-     dazu. Ein Programm hätte ich schon bei-      Nr. 9 einchecken wollte. Ein anderes Mal.
trägen des (Weihnachts-)Musik-Experten      sammengehabt, es wären wohl ein paar
Michael Gradischnig (Dr. Jekyll & The       Geschichten zu den Beatles gewesen, den
Hyde Company) und von „Ober-Schnee-         Allergrößten, dem Anlass angemessen.
räumer“ Werner Lafer. Mit Zerrissenheit     Ein wenig von dieser Idee sei hiermit
wird Integrations-Mitarbeiterin Elke        umgesetzt, freilich auf andere Weise,
Flitsch nur zu oft konfrontiert, und        und ohne Helmut. Doch irgendwie, denke
Werner Kölldorfer denkt bei Reisemüdig-     ich, ist er mit dabei. Möge diese Inspira-
keit auch schon einmal an die Beatles.      tion des Helmut Lenardt noch lange und
Und zum Abschluss gibt es einige Re-        bei vielen anderen bestehen bleiben.

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LEBENSKULTUR
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    The Beatles –
    die braven Revoluzzer
    Vater: Schalt das ab!                        Ono während der Aufnahmen ständig im          Man muss dazu sagen, die Beatles waren
    Sohn: Was soll ich abschalten?               Studio und trieb die Trennung der Beat-       nie die zornigen jungen Männer, wie etwa
    Vater: Schalt diese furchtbare Musik ab!     les voran. Wie wir heute wissen, gelang       die Stones oder Jimi Hendrix oder später
    Sohn: Nein!                                  dieses Vorhaben knapp 18 Monate später.       Neil Young. In jungen Jahren waren sie
    Vater: Warum nicht?                          Doch dieses „weiße Album“ sollte al-          eher fröhlich („Yeah yeah yeah“), später
    Sohn: Das sind die Beatles!                  les enthalten, was es damals in der           etwas melancholisch („Yesterday“) und
    Vater: Ja eben, abschalten!                  modernen Musikwelt so gab, Rock’n’Roll,       dann hatten sie die Lösung aller Probleme
    Sohn: Die Beatles kann man nicht ab-         Blues, Country, Folk, Reggae und natür-       („Love is all you need“). Sie wären nie
    schalten.                                    lich Balladen, sowie – dank Yoko Ono –        in Woodstock aufgetreten und doch wa-
                                                 eine avantgardistische Toncollage (was        ren sie dort vertreten. Ein gewisser Joe
        Solche und ähnliche Dialoge hörte        immer man darunter versteht).                 Cocker interpretierte „With A Little Help
    man in den sechziger Jahren in so                                                          From My Friends“ auf eine völlig neue
    manchem österreichischen Haushalt. Der       Mit „Revolution 1“ war auch ein echtes Pro-   und unnachahmliche Weise. Und nur ein
    Sender Ö3 war gerade ein Jahr alt, und der   testlied zu hören, das John Lennon anläss-    guter Song hält so etwas aus.
    Gassenhauer „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ wurde       lich der Studentenunruhen im Jahr 1968        Dass die Beatles mit ihren Texten eher
    täglich mehrmals gespielt und störte das     verfasste, des Weiteren schrieben sie ein     besonnen umgingen, sieht man am er-
    schnulzenverwöhnte Gehör der älteren         Lied über den Rassismus gegenüber den         wähnten Lied „Revolution“. „Well you
    Generation erheblich. Oben angeführter       Schwarzen in der amerikanischen Bevölker-     know, we all want to change the world“,
    Dialog wurde übrigens nicht im Original-     ung. Bestätigten Gerüchten zufolge hätten     heißt es da, um gleich wieder zur Mäßig-
    ton wiedergegeben, da einige Ausdrücke       die Beatles drei Jahre vorher mit einem       ung aufzurufen: “But when you talk
    nicht für die Allgemeinheit bestimmt         gewissen Bob Dylan Marihuana geraucht,        about destruction, don’t you know, you
    waren (Anm. d. Autors). Dabei waren die      offenbar ist da etwas hängen geblieben.       can count me out”. Es sollte doch gewalt-
    Beatles die Braven, zwar auch Revoluzzer,                                                  los funktionieren, meinte John Lennon.
    doch nicht so richtig, die Rolling Stones                                                  Diese Linie setzte er später in seiner
    oder The Who, das waren die Bösen. Deep                                                    Solokarriere fort, etwa mit „Give Peace
    Purple scharrte in den Startlöchern, doch                                                    A Chance“ oder „Imagine“, doch gera-
    davon bekam die Nachkriegsgenera-                                                              de John Lennon sollte ein Opfer der
    tion nichts mit, The Beatles reichten                                                             Gewalt werden.
    als Feindbild vollkommen.
                                                                                                        Andere waren mit ihren Texten
    Vor 50 Jahren erschien das Album                                                                     schon etwas direkter, „I can’t
    „The Beatles“, es war das einzige                                                                     get no satisfaction“ teilten
    Doppelalbum der Beatles. Diese                                                                        die Stones völlig ungeniert
    Doppel-LP erschien ungefähr ein                                                                       mit, und in „Sympathy For The
    Jahr nach „Sgt. Pepper‘s Lonely                                                                      Devil“ stellten sie die Moral
    Hearts Club Band“. Während die-                                                                     des Leibhaftigen über die der
    ses ein opulentes Cover aufwies,                                                                   Menschheit. Der junge Dylan
    war das Album „The Beatles“ in                                                                    kündigte zynisch an: „With god
    schlichtem Weiß gehalten, als wollte                                                            on our side, we start the next war.“
    man sagen, hier zählt nur der Inhalt.                                                         Die Beatles waren mit ihren Texten
    „Hey Jude“ schrieb Paul McCartney für                                                      einfach zurückhaltender, sie legten mehr
    den Sohn von John Lennon nach der                                                          Wert auf ihre Melodien und auf das Arran-
    Trennung seiner Eltern. Dafür hockte Yoko              Zeichnung: Nika Quinz               gement. John Lennon wurde unter ande-

4          LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
rem mit Franz Schubert verglichen, auch       Vielleicht waren sie einfach die ersten,     Der Sohn des Dialoges am Anfang die-
dieser interessierte sich eher für Forellen   die einen neuen Musikstil entwickelten,      ses Textes hatte recht, die Beatles kann
und Lindenbäume als für die brennenden        oder vielleicht waren sie doch zu be-        man nicht abschalten, sie sind längst
Probleme seiner Zeit.                         kannt, vielleicht alles zusammen und von     Klassiker.
Und doch waren gerade die Beatles das         allem etwas. Ganz sicher waren die Haa-
Feindbild der Elterngeneration der damali-    re für damalige Verhältnisse zu lang, „Du
gen Zeit. Der vergleichsweise harmlose Sa-    schaust aus wia a Bittl“ ist bis heute ein
ger „Wir sind so bekannt wie Jesus“ löste     geflügeltes Wort. Fest steht, das Quartett
damals so etwas wie einen analogen Shit-      aus Liverpool hat unvergessliche Melodien
storm aus. Vielleicht wird das gesprochene    hinterlassen und hat(te) großen Ein-
Wort doch eher gehört als das gesungene.      fluss auf unzählige Bands und Solisten.

                                                                                                         VON BEATRIX KÖGLER

Nicht nur ein Weg …
Von der Abbey Road zum Marlborough Place
    Die 1960er Jahre waren eine Zeit des      kehrte 1966 meine Tante Dr. Irmgard
Umbruchs. Die Jugend begehrte gegen           Schlögl (geb. 1921 in Leitersdorf bei
das vorhandene Establishment auf, und         Feldbach) für mehrere Monate zurück und
die bereits seit Beginn des 20. Jahr-         gründete eine Zen-Gruppe in London. Sie
hunderts in den Westen einströmenden          trainierte seit 1960 im wohl berühmtes-
östlichen Religionen wie Hinduismus und       ten Rinzai Zen-Kloster Japans, dem Dai-
Buddhismus erweckten durch die Praxis         toku-ji in Kyoto, in das sie auch 1967
der Meditation immer mehr Interesse.          wieder ging, um für weitere 5 Jahre un-
1967 begannen auch Musiker und Schau-         ter ihrem Lehrer Sojun Kannun Roshi zu
spieler unter anderem den indischen Guru      praktizieren. Durch Heinrich Harrer mit
Maharishi Mahesh Yogi zu entdecken. Die       dem Buddhismus in Kontakt gekommen,
Beatles, vor allem Ringo Starr und George     und geprägt von den schicksalhaften
Harrison, waren besonders beeindruckt         Jahren des 2. Weltkrieges und den damit
und begannen, sich mit Meditation zu          verbundenen, persönlichen Tragödien in              Das Kloster „Zen Centre Shobo-an“
beschäftigen, was aber nach einer Ausein-     ihrer steirischen Heimat, hoffte sie, für
andersetzung mit dem Guru zum bekann-         sich wieder Zufriedenheit und Harmo-
ten Beatles-Song „Sexy Sadie“ führte.         nie zu finden. 1972 kehrte sie als Zen-
                                              Meisterin nach England zurück, wo sie
Unweit der vor allem durch die Beatles        1984 zur Nonne mit dem Namen Ven.
berühmten Abbey Road befindet sich die        Myokyo-ni geweiht wurde und bis zu ih-
Straße Marlborough Place, in der sich auf     rem Tod 2007 Zen lehrte. Ihre Schüler
Nr. 58 seit 1984 das Kloster „Zen Centre      kamen aus ganz Europa, ihr bekanntes-                         Beatrix Kögler leitet
Shobo-an“ befindet. In dieses Haus, das       ter war der britische Bildhauer Sir Anish              die Zen-Gruppe Feldbach.
Mr. Christmas Humphreys, dem Gründer          Kapoor. Posthum erhielt sie als Zen-                         www.altstadtladen.at
der Buddhist Society London, gehörte,         Meisterin den Namen Daiyu Myokyo Zenji.

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LEBENSKULTUR
    Was jedoch bedeutet Zen? Das Wort selbst     Doch nun zu Shugyo, der Übung im All-         Hass, Ablehnung im Inneren nimmt die-
    ist eine Verballhornung des Sanskrit-Wor-    tag: Diese lehrt uns, im Laufe der Zeit un-   sen die Kraft und lässt sie wieder zu dem
    tes Dhyana – Meditation, das in China zu     seren emotionalen Haushalt besser ken-        werden, was sie waren: unsere Lebens-
    „Chan“ und in Japan zu „Zen“ wurde. Als      nenzulernen. Wie oft machen wir etwas         energie. So lernen wir, auf dem Weg im-
    Schule des Buddhismus trägt es auch alle     nur „halbherzig“ oder sind „mit dem Kopf      mer öfter mit dem Herzen zu handeln und
    Erkenntnisse Buddhas in sich. Zum Unter-     ganz wo anders“. Da ist dieses Gefühl, das    aus diesem heraus die Situation zu leben.
    schied zu unseren westlichen Religionen      Leben nicht mehr richtig zu spüren oder       Verlangt die Situation ein Ja, dann ist es
    sieht sich der Buddhismus als Weg, den       von Stress und Hektik gefangen zu sein.       ein Ja, verlangt sie ein Nein, dann ist es
    man nur für sich selbst gehen kann, und      Wir wollen immer mehr und werden dabei        ein Nein. So entsteht ein Eins-Sein mit
    von dem Buddha sagte: „Ich habe einen        immer ärmer. Beherrscht von Dualismen         dem Tun.
    alten Weg in eine alte Stadt wieder ent-     pendeln wir zwischen dem, was wir möch-
    deckt, den Weg zum eigenen Herzen.“          ten und der Vermeidung dessen, was wir        So erzählt uns eine Zen-Geschichte von
    Um dieses Herz geht es im Zen-Training.      nicht wollen, sind getrieben von einer        einem alten Zen-Meister, den seine Schü-
    Als wir geboren wurden, lebten wir noch      Liebe, die besitzen möchte oder von Hass      ler fragten, was denn Zen sei. Er antwor-
    eine Zeit aus diesem Herzen heraus.          gegen das, was uns Angst macht. Wir           tete: „Wenn ich hungrig bin, esse ich und
    Doch mit der Zeit haben wir es verloren.     glauben durch das dritte Feuer der Ver-       wenn ich müde bin, schlafe ich. Wenn
    Sein Platz wurde von einem für sich im-      blendung, dass wir nur glücklich wären,       ich gehe, gehe ich.“ Darauf meinten die
    mer mehr Energie beanspruchenden Ego         wenn alles nur so wäre, wie wir es ger-       Schüler: „Aber Meister, das machen wir
    übernommen. Doch dieses „ICH-Gefühl“         ne hätten. Damit geben wir aber nur den       ja auch!“ Doch der Meister wehrte ab
    unterliegt der ungezähmten Macht der         beiden Feuern von Gier und Hass freie         und stellte fest: „Wenn ihr esst, geht ihr
    drei Feuer: der Gier, des Hasses und der     Fahrt. Buddha lehrte den Mittelweg, den       bereits, wenn ihr geht, dann schläft ihr
    Verblendung. Das Zen-Training zielt nun      Weg frei vom dualistischen Denken. Dies       schon und wenn ihr müde seid, überlegt
    darauf ab, diese emotional durch die Feu-    bedeutet nicht, dass es hell und dunkel,      ihr, was ihr noch tun könntet.“
    er aufgeheizte Energie zu transformieren     Freude, Trauer etc. nicht mehr gibt, son-
    und zu wahrem Menschsein zu entwickeln.      dern dass wir lernen, das Leben so an-        1991 besuchten mein Mann und ich Tan-
    Dies geschieht einerseits in der Meditati-   zunehmen, wie es gerade ist; das heißt:       te Irmgard, die Schwester meiner Mut-
    on, was nicht nur „Sitzen in Meditation“     Moment für Moment mit dem ganzen              ter, das erste Mal im Kloster Shobo-an
    bedeutet, sondern auch, und das wird im      Herzen zu bejahen und daraus zu leben;        in London. Seit 1972 herrschte zwischen
    Westen oft übersehen, im Shugyo – der        in Achtung und Dankbarkeit vor dem Da-        uns beiden ein reger Briefkontakt. Als
    Übung im Alltag. Haben wir von Medita-       sein. Im Westen nannten wir dies einst:       Hochzeitsgeschenk lud sie uns ein, sie
    tion inzwischen eine vage Vorstellung, ist   „Herr, Dein Wille geschehe!“                  im Kloster zu besuchen und bei ihr den
    Shugyo unbekannt.                            Doch gerade diese innere Haltung verlangt     Urlaub zu verbringen. Es folgten viele
                                                 ein stetes Üben, warum man im Zen von         Besuche, und Zen wurde auch für mich
    Wenden wir uns erst kurz Zazen, der          Training spricht und auch den Körper als      ein Weg. Sie wurde mir eine große Leh-
    Sitz-Meditation zu. Beim Sitzen im Kissen    Hilfsmittel nutzt. Ein Verbeugen vor den      rerin und erteilte mir 2006 die Erlaubnis,
    müssen beide Knie den Boden berühren,        aufwallenden Emotionen von Angst, Gier,       Zen zu unterrichten.
    der Oberkörper ist aufrecht, die Augen
    halb geöffnet – es ist eine Art „Narren-
    kastl schaun“. Auch ein Sitzen im Sessel
    ist möglich, jedoch ohne den Rücken
    anzulehnen. Meditationsgegenstand ist
    der Atem, und in dieses Atmen legt man
    jeweils eine Zahl, bei eins beginnend.
    So zählt man jeden Atemzug und kehrt
    beim zehnten wieder zu eins zurück. Auf-
    kommende Gedanken versucht man ziehen
    zu lassen und beginnt danach wieder bei
    eins. Es ist ein achtsames Fließenlassen
    im Rhythmus der natürlichen Zwerchfell-
    atmung. Man beginnt mit 5-10 Minuten
    täglich und steigert dies mit der Zeit auf        Dr. Irmgard Schlögl („Tante Irmgard“)     Beatrix Kögler mit Dr. Irmgard Schlögl beim
    30 Minuten bis 1 Stunde.                                                                   berühmten Zebrastreifen auf der Abbey Road

6          LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
VON ULRIKE GÄRTNER

Happiness Is A Warm Gun
    „Happiness Is A Warm Gun“ ist ein         bestehender Lebensrealitäten für Frauen
Song auf dem Weißen Album der Beat-           und Mädchen wider.
les aus dem Jahr 1968, wo sich Gefühle        Ein selbstbestimmtes und existenz-
der Macht und Sicherheit mit sexuellen        sicherndes Leben zu führen, stellt Frauen
Assoziationen wiederfinden. Er spiegelt       und Mädchen vor große Herausforderun-
eine Zeit wieder, in der gegen den Viet-      gen, spätestens wenn Beruf und Familie
namkrieg und die vorherrschenden tradi-       unter einen Hut zu bringen sind und die
tionellen Strukturen, die Verteilung von      daraus resultierenden Folgen erkennbar
Macht und Autorität demonstriert wurde.       werden. Lebensrealitäten wie: Lohnun-
Es war auch die Zeit, in der patriarcha-      terschiede von 20 % (Gender Pay Gap),
le Strukturen aufgebrochen wurden und         typische, meist niedrig entlohnte Frauen-
sich Geschlechterrollen zusammen mit          berufe, wachsende Teilzeitquote (52,5 %
Erziehungsnormen radikal veränderten.         SO 2015), steigende Arbeitsflexibilität,
Änderungen, wovon die Gesellschaft noch       Mangel an bedarfsgerechten Kinderbe-
heute profitiert.                             treuungsangeboten, pflegebedürftige An-
Obwohl Frauen federführend an dieser ge-      gehörige, eine Scheidungsrate von 50 %,
sellschaftspolitischen Revolution beteiligt   steigende Lebens- und Erhaltungskosten,
waren, standen sie im wahrsten Sinne des      Gewalt im familiären Nahraum, … führen
Wortes meist im „Dunstkreis“ (Zigaretten-     durch das Zusammenwirken oft zu Über-
qualm) der männlichen Mitstreiter. „Es        forderung, gesundheitlicher Beeinträchti-
passte nicht ins vorherrschende Weltbild,     gung und Armut, die unserer Ansicht nach
dass auch Frauen den Ton angeben und          in den nächsten Jahren noch zunehmen
Rebellinnen sein können“ (Christina von       wird. Eine weitere Folge ist die Abwan-
Hodenberg – Historikerin). Sie wurden         derung junger, gut ausgebildeter Frauen
eher als „schmückendes Beiwerk“ auf den       in Ballungszentren, wo sie in der Regel             Zeichnung: Valerie Prem
Fotos betrachtet. Die gesellschaftliche       größere berufliche Chancen vorfinden,
Ohnmacht von Frauen und ihre Reduzie-         und zusätzlich eine bessere Vereinbarkeit
rung auf den Reproduktionsbereich (Fort-      von Beruf und Familie. Mit der Abwande-
pflanzung und Familie) waren offenkundig.     rung von Frauen geht auch die nächste
                                              Generation verloren, erkennbar an der
Offener Sexismus und hämische Frauenver-      demografischen Entwicklung, die zu einer
achtung sind heute mehr denn je gängige       signifikanten „Alterung“ ländlicher Re-
Verhaltensmuster in der westlichen Welt,      gionen führt.
die durch die sozialen Medien noch ver-
stärkt werden. 50 Jahre danach stellt sich    Um diesem Trend entgegen zu wirken,
erneut die Frage einer emanzipatorischen,     findet bei INNOVA der vom Land Steier-
feministischen Politik, wobei die heutigen    mark geförderte Lehrgang „Frauen – Teil-
Problemfelder vielfältiger geworden sind.     habe ZUKUNFT“ statt. Ziel dieses Lehr-
Das zeigt sich auch an den umfangrei-         gangs ist es, die Gestaltungskraft und
chen Themenschwerpunkten des kürzlich         Umsetzungsstärke, also „Empowerment“
stattgefundenen Frauenvolksbegehrens          von jungen Frauen gezielt zu fördern und
(https://frauenvolksbegehren.at).             auf diese Weise sowohl die individuellen              Ulrike Gärtner ist
                                              Chancen am Arbeitsmarkt als auch die             Geschäftsführerin von
In den INNOVA Frauen- und Mädchenbe-          gesellschaftspolitische Beteiligung von     INNOVA Austria in Feldbach.
ratungsstellen Feldbach, Mureck und Weiz      Frauen in der Südoststeiermark zu erhö-              www.innova.or.at
spiegeln sich täglich die Folgewirkungen      hen.

                                                                                                                            7
LEBENSKULTUR
                                                                                            VON FLORIAN TRUMMER

    While My Guitar
    Gently Weeps

                                                                                               Zeichnung: Nika Quinz

        Nach angeblichen 28 Takes im Studio     te, weil er auf der Platte nicht nament-
    war George Harrison mit seinem Song         lich genannt wurde. Bis heute bleibt der
    „While My Guitar Gently Weeps“ noch         Song durch seinen schwingenden Sound,
    immer nicht wirklich zufrieden. Nach        der durch diverse Studioeffekte erzeugt
    jedem Take musste etwas verändert, er-      wurde, bei Beatles- und Clapton-Fans in
    gänzt oder neu aufgenommen werden.          Erinnerung.
    Anfangs spielte George die Lead-Gitarre
    und übernahm die Gesangspassagen,           Beatles-Songs zu covern ist gewiss für
    John spielte Rhythmusgitarre, Paul Pia-     jeden Musiker eine Herausforderung. Als
    no und Ringo natürlich Schlagzeug. Als      die Idee aufkam, den Song „While My
    Lösungsvorschlag für das Dilemma lud        Guitar Gently Weeps“ auch ins Set un-
    George seinen guten Freund Eric Clapton     serer Band „Cradle Trio“ aufzunehmen,
    ins Studio ein und übergab ihm die Auf-     stellte sich für mich von Anfang an die
    gabe, die Soli für den Song einzuspielen.   Frage, ob es wohl klüger sein würde,
    Clapton lehnte das Angebot jedoch vor-      den Song stilistisch zu verändern und
    erst ab. „Nobody ever plays on the Beat-    neu zu gestalten. Doch kurz darauf war
    les records“, waren Claptons Worte.         mir klar, dass es wohl am besten wäre,
    George‘s Antwort war allerdings: „So        den Song so originalgetreu wie möglich
    what? It’s my song.“ Schlussendlich wil-    zu spielen, da es ja sowieso unmöglich
    ligte Clapton ein, unter der Bedingung,     ist, genau so wie die Beatles zu klingen.
    dass der typische Beatles-Charakter trotz   Allein das Tempo schraubten wir etwas
    seines Solos erhalten bleiben sollte.       herunter. Nach mehreren Live-Auftritten
    Den meisten Hörerinnen und Hörern war       muss ich sagen, dass ich nach wie vor
    nicht bekannt, dass Eric Clapton mitwirk-   sehr zufrieden mit dem Resultat bin.

8          LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
VON INGRID REINDL-KALS

Der Ring
Ein Ring – verbindet . Ein Ring – ehrt . Ein Ring – schmückt
    Die ältesten bekannten Ringe sind       meiner Liebe Pfand“. Heute gravieren wir     stücke mit Familienwappen geht. Es ist
21.000 Jahre alt und wurden bereits         den Namen des Partners und das Hoch-         die persönlichste Art, das Wappen nach
damals als Schmuck getragen. Ein Ring       zeitsdatum in unsere Ringe, und werden       außen zu zeigen. Dabei soll das Wap-
hatte schon immer eine breite Facette an    diese am Ringfinger der rechten Hand         pen vom Träger wegschauen, damit es
Bedeutungen. Er war Zeichen des religiö-    getragen. Jedoch wollen die Partner seit     für das Gegenüber erkennbar ist. Bereits
sen Standes, Adelsnachweis, Zeichen des     jeher dasselbe damit zum Ausdruck brin-      während der Regentschaft von Tutanch-
beruflichen Standes und vieles mehr. Die    gen – Treue und Verbundenheit. Eheringe      amun entstanden die ersten Siegel-
ersten bekannten Ringe waren aus Kno-       können die gemeinsame Geschichte der         ringe. Dekoriert wurde die Frontplatte des
chen, Holz oder Stein gefertigt. Später     Partner zeigen oder das, was sie im Le-      Ringes mit dem Namen des Ringträgers.
verwendete man Eisen oder Bronze. Heute     ben verbindet. Immer wieder entstehen        Diese Schrift wurde eingraviert. In dieser
werden hierzu edlere Materialien wie        interessante Schmuckstücke durch zwei-       Zeit wurden auch komplizierte Ringe her-
Gelb-, Weiß-, Rotgold oder Platin ver-      geteilte Ringe, die erst vereint ihre Sym-   gestellt. Sie wurden mit kleinen Figuren
wendet.                                     bolkraft entfalten.                          der Götter und symbolisch bedeutsamen
                                                                                         Tieren verziert. Dabei kam oft die Lotus-
Ein spezielles Augenmerk sollte auf den     Ringe habe noch sehr viele andere Fa-        blüte vor. Auch heute wird der Siegel-
sogenannten Trau- oder Ehering gerich-      cetten. Es gibt Ringe, die an einen lie-     ring noch gerne getragen und teilweise
tet werden. Ein Ring, der keinen Anfang     ben Menschen erinnern, oder einfach          noch als Stempelsiegel verwendet. Das
und kein Ende aufweist, gilt als Sinnbild   die Wertschätzung für einen anderen          Familienwappen oder das Monogramm
der Unendlichkeit und Beständigkeit. Be-    Menschen widerspiegeln. Dabei wird oft-      wird in einen Lagenstein oder auf eine
reits im Altertum trugen z.B. die Ägypter   mals das Material eines vererbten oder       Goldplatte eingraviert.
oder Römer einen Trauring am Finger. Sie    geschenkten Schmuckstückes verwendet,
trugen den Ring am Ringfinger der lin-      um dem „Neuen“ noch mehr Bedeutung           Alle Ringe haben eines als Ziel: Sie
ken Hand. Der Grund hierfür war die Vor-    zu verleihen. Ringe, die Menschen für ihre   sollen ihre Träger schmücken.
stellung, dass eine Ader, die sog. Vena     Verdienste auszeichnen und ehren, sind
amoris (lat. für „Liebesader“), direkt      Zeichen der Wertschätzung für Geleiste-      Mir wurde die Liebe zum Schmuck be-
von diesem Finger zum Herzen führt. In      tes. Siegelringe zeigen die Herkunft oder    reits in die Wiege gelegt. Aufgewachsen
vielen römischen Ringen stand die In-       die Zusammengehörigkeit. Sie sind der        zwischen Uhren, Waffen und schönem
schrift „Pignus amoris habes“ – „Du hast    absolute Klassiker, wenn es um Schmuck-      Schmuck, habe ich mich für das Edle ent-

                                                                                                                                      9
LEBENSKULTUR
     schieden. Bereits seit früher Kindheit war   brachte. Als junges Mädchen in einer         Ich habe mir mit meiner kleinen Gold-
     für mich klar – ich werde Goldschmiedin.     Goldschmied-Werkstätte voller Männer         schmiedewerkstätte das Ziel gesetzt, so
     Was als Kindheitswunsch begann, war je-      musste ich viel einstecken, hatte aber       viel Individualität wie möglich in meine
     doch nicht so leicht zu erreichen. Eine      auch die Möglichkeit, sehr viel zu lernen.   Schmuckstücke zu bringen. Speziell der
     Lehrstelle zu finden, war die größte Hür-    Als gelernte Goldschmiedin versuchte         Ring bietet, durch Kreativität und Hand-
     de in diesem Plan. So kam es, dass ich       ich, mir immer weiteres handwerkliches       werkskunst, unvorstellbar viele Möglich-
     mit Beendigung der Schulzeit eine Lehre      Können und Wissen anzueignen. Dieser         keiten. Es ist wunderschön, gemeinsam
     als Uhrmacherin im elterlichen Betrieb       Weg führte mich nach Graz. 1993 kehr-        mit dem Auftraggeber eine Geschichte in
     begann. Doch der Wunschberuf Gold-           te ich als Goldschmiedin in das Geschäft     das Schmuckstück einzuarbeiten.
     schmied war damit nicht verschwunden.        meiner Eltern nach Feldbach zurück. Da
     Es dauerte zwei Jahre, bis dieser Traum      der berufliche Alltag meine Kreativität
     in Erfüllung gehen sollte. Meine Lehrstel-   und Schaffenskraft als Goldschmiedin
     le befand sich jedoch im weit entfern-       immer weiter zurück drängte, war 2013                       Ingrid Reindl-Kals ist
     ten Ennstal. So zog ich bereits in jungen    mein Entschluss klar. Ich konzentriere              Goldschmiedin in Wetzelsdorf.
     Jahren von Feldbach weg und folgte mei-      mich wieder auf meinen Kindheitstraum                      www.reindl-exclusiv.at
     nem Lebensplan, der mich nach Liezen         – Goldschmiedin.

                                                                                                          VON MICHAEL MEHSNER

     Rocky Raccoon
                                                                                                   Während des Aufenthaltes bei einem
                                                                                               indischen Guru im Frühjahr 1968 einen
                                                                                               Song mit Wild-West-Szenario zu schreiben,
                                                                                               lässt vermuten, dass Paul wohl nicht ganz
                                                                                               bei der Sache gewesen ist. Vielleicht ist
                                                                                               er dort ja einem Waschbären („Raccoon“)
                                                                                               begegnet. In unseren Gefilden gilt das
                                                                                               eher als unwahrscheinlich. Dann schon
                                                                                               eher einem der raren, geschützten Biber,
                                                                                               wie dieser spektakuläre Bau an einem
                                                                                               heimischen Bach zeigt.

                      Zeichnung: Nika Quinz

10          LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
VON ROSWITHA DAUTERMANN

Weiß
Die ultimative Farbe, die keine Farbe ist!?
    Die weiße Leinwand, der frisch gefal-    Schon Isaac Newton (1642-1727) sprach           trachtet, weiß aussehen. Wird Weiß im
lene Schnee, das unbeschriebene Blatt,       nie von weißem Licht, sondern im Gegen-         Druckverfahren benötigt, dann ergeben
The White Cube, das weiße Kopftuch,          teil davon, dass ein Lichtstrahl farblos ist.   sich das Weiß oder die Aufhellungen von
das Hochzeitskleid, die weiße Fahne,         Ihm fiel auf, dass graue Flächen im             Farben durch das weiße Papier. Weiß
das unbefleckte Laken, die weiße Taube,      Sonnenlicht heller und weißer erscheinen        wird also nicht gedruckt, sondern die
der weiße Mantel, die weiße Weste, das       und weiße Flächen im Schatten grauer.           Farbpigmente Gelb, Cyan, Magenta und
Weißbuch, das Weiße Album … die Reihe                                                        Schwarz werden nicht (beziehungsweise
ließe sich noch lange weiterführen. All      „Weiß ist also keine Farbe! Es ist die          vermindert) auf eine weiße Fläche ge-
diese Begriffe haben eines gemeinsam:        Summe aller Farben!“ Demgemäß finden            druckt. Beim Färben von Stoffen werden
Sie haben eine symbolische Bedeutung,        wir auf Bildschirmen, die durch Lichtwel-       diese nicht gefärbt, sondern ursprünglich
deren gemeinsamer Nenner die Farbe           len Bilder erzeugen, die Grundfarben Rot,       wurden die Naturfasern gebleicht. Auch
WEISS ist.                                   Grün, Blau, die durch Kombination alle          heute befinden sich in Weißwaschmitteln
                                             anderen Farben bilden und bei totaler           noch Bleichmittel, um ein WEISSER als
Aber was ist weißer als WEISS? Was ist ul-   Überlagerung WEISS entstehen lassen.            WEISS der Wäsche zu erreichen!
traweiß? Heißt doch ultra „jenseits“ oder
„über hinaus“! Was ist über das WEISS hi-    „Die Wände weiß streichen.“ Das wird            So ist das weiße Blatt Papier, die weiße
naus? Es ist das Licht, genauer definiert    doch mit Farbe gemacht! „WEISS ist eine         Leinwand, die weiße Wand, die weiße
das Sonnenlicht. Es ist das Sonnenlicht      Farbe!“ Haben wir doch schon als Schüler        Weste, das weiße Kleid, das weiße La-
in seiner absoluten Stärke, also zur Ta-     auch mit Deckweiß gemalt! Möchte man            ken, das, was noch unberührt ist, das
geszeit der vollsten Sonneneinstrahlung.     das WEISS in Materie bannen, so sind wir        Unbefleckte, das Neutrale, das, wo noch
Wie weiß dieses Licht ist, sehen wir auch    auf Stoffe angewiesen, die weiß sind.           alles möglich ist, wo Erfolg oder Schei-
am nächtlichen Mond, der dieses Licht        Das heißt, dass das weiße Licht, das auf        tern noch offen liegen. Schon ein kleiner
„nur“ reflektierend ins All wirft. Spricht   die Oberfläche dieses Stoffes trifft, alle      Punkt, ein kleiner Fleck, eine kleine Spur,
man vom Sonnenlicht, so können wir           Lichtstrahlen reflektiert. In der Malfar-       stören diese reine Erscheinungsform.
nicht von einer Farbe sprechen, denn es      be sind das kleine Pigmente aus Titan,
besteht aus elektromagnetischen Wellen       Zink, Kreide, Kaolin, Magnesium …, die          Aber, warum hat WEISS eine so starke
des für Menschen sichtbaren Farbspek-        das Licht entsprechend reflektieren. Auch       symbolische Bedeutung? Es ist genau
trums und auch aus für den für Menschen      Schneekristalle haben diese Streuwirkung        diese Unversehrtheit, diese in sich voll-
unsichtbarem, z.B. ultraviolettem Licht.     des Lichtes, wodurch sie, in Summe be-          kommene und fertige Farbe, die gleich-

                                                                                                                                       11
LEBENSKULTUR
     zeitig alles in sich birgt und andererseits   Das schwarze Quadrat ist nicht nur die        wartung sind, sie betrachten und sie in
     noch alles möglich macht. Weiß steht zu       Summe aller malerischen Farben sondern        Gedanken mit sich tragen. Ein WHITE
     allen Farben im Kontrast und vereinigt sie    auch die Summe aller Bildmotive.              CUBE aller Möglichkeiten, das Scheitern
     gleichzeitig.                                                                               inbegriffen. Es ist in der Wirklichkeit die
     Beinahe in allen Kulturen wird deshalb        Wo ist nun das weiße Quadrat? Es ist          unbefleckte weiße Leinwand des Malers,
     Weiß eine besondere Bedeutung zuer-           die imaginäre Fläche, vor der alle Maler      und alle Maler teilen eines gemeinsam:
     kannt. Weiß ist die göttliche Farbe, kann     sitzen, stehen, denken, in freudiger Er-      die Angst vor der weißen Leinwand.
     je nach Kultur männlich oder weiblich
     konnotiert sein, und ist z.B. in der ägyp-
     tischen Mythologie Isis das weibliche We-
     sen. Die weiße Taube ist z.B. bei Chris-
     ten dem Heiligen Geist und dem Frieden
     zugeordnet, aber auch die Reinheit der
     Gottesmutter Maria wird mit Weiß sym-
     bolisiert. Tod und Geburt werden je nach
     Kultur mit Weiß oder Schwarz dargestellt.

     Für Künstler sind Weiß wie sein Gegen-
     spieler Schwarz die zwei Pole, zwischen
     denen sich jedwede bildliche Darstellung
     abspielt. Auf die Spitze trieb dies der so-
     wjetische Maler Kasimir Sewerinowitsch
     Malewitsch mit seinem Bild „Das schwar-                                                                 Roswitha Dautermann ist
     ze Quadrat auf weißem Grund“ (1915).                                                                       Lehrbeauftragte an der
     Dieses Bild war ein Meilenstein in der                                                                        Ortweinschule Graz
     Auffassung der Malerei, bündelte es doch                                                            und freischaffende Künstlerin.
     alle Farben in einem einzigen Feld, ohne                                                                     www.keramikkunst.at
     Anspruch auf ein konkretes Bildmotiv.

                                                                                                       VON MICHAEL GRADISCHNIG

 Das Weiße Album!
 Welches Weiße Album?
    Als ich das erste Mal vom „Weißen              fielen, war mir klar, dass ich richtig lie-   Sangeskünstler zu hören. Die schwar-
 Album“ hörte, kam mir sofort die legen-           gen muss. Denn bis zu dieser Schallplat-      zen Scheiben der Wiener Sängerknaben
 däre Schallplatte von Bing Crosby „White          te, die durch einen glücklichen Erwerb        gaben sich abwechselnd mit bekann-
 Christmas“ in den Sinn. Was weiß man              bei der Grazer Herbstmesse den Weg in         ten Opernstars oder Kinderchören bei
 schon als Kind aus der Provinz in den frü-        den elterlichen Haushalt fand, gab es in      „O Tannenbaum“, „Stille Nacht“ & Co den
 hen 80ern? Und als dann noch Attribute            der Vorweihnachtszeit nur die Klassiker       Tonarm des Plattenspielers sprichwörtlich
 wie „Meilenstein in der Musikgeschichte“          der heimischen und deutschsprachigen          in die Hand. Und dann kam „White Christ-

12           LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
mas“! Und die Weihnachtsmusik war nicht       die Beatles hier von ihren unterschied-      zurück bringt. Die Beatles haben in ih-
mehr wieder zu erkennen. Songs auf Eng-       lichsten Seiten präsentierten und das ge-    rer gemeinsamen Zeit kein konventio-
lisch, wo wir die Texte zwar nicht wirklich   macht haben, was sie für richtig hielten.    nelles Weihnachtsalbum veröffentlicht,
verstanden, aber das war egal. Eine ganz      Sie düsten durch alle Stile des Pops der     wie man es damals und heute von Bands
andere Musik, die Schwung in die „Kekse-      Zeit, mit Stopps bei Country, Blues, Hea-    oder Interpreten gewohnt war und ist.
backzeit“ brachte, zog ein.                   vy Metal, zerbrechlichen Akustikstücken,     Sie produzierten zwar von 1963 bis 1969
                                              Hollywoodschmalz bis zu Geräuschkolla-       jeweils „Weihnachtsbotschaften“, die als
Ähnlich dürfte es den Fans der Beatles er-                                                 Schallfolie an die Mitglieder der offizi-
gangen sein, als sie vor 50 Jahren das da-                                                 ellen Fanklubs in Großbritannien und in
mals neue Doppelalbum der nicht mehr so                                                    den USA versandt wurden. Darauf befan-
ganz brav frisierten „Pilzköpfe“ hörten.                                                   den sich musikalische Beiträge und ge-
Da war ich aber nicht dabei. Altersbe-                                                     sprochene Wünsche von den „Fab Four“.
dingt erlebte ich bei den Beatles das glei-                                                Aber ein Weihnachts-Album im Verkaufs-
che Schicksal wie mit Elvis: Erst als einer                                                laden? Fehlanzeige. Erst 2017 starteten
starb (Elvis 1977 und John Lennon 1980),                                                   die Vermarkter des musikalischen Erbes
kam ich bewusst mit deren Musik in Be-                                                     und notorischen Schnüffler nach ver-
rührung. Mitte der 80er Jahre machte ich                                                   kaufsträchtigem Tonmaterial der Künst-
Bekanntschaft mit den „klassischen“ Beat-                                                  ler den Versuchsballon, das limitierte
les in Form der ersten Schallplatte als                                                    „Beatles Christmas Album“ mit 7 bunten
Ostergeschenk, als das Cover von „Please                                                   Vinyl-Platten in aufwendiger Aufmachung
please me“ (1963) hinter einem blühen-                                                     auf den Markt zu bringen. Viel mehr
den Strauch im Garten hervorlugte. Ange-                                                   Weihnachtliches „made by Beatles“ gibt
sichts meiner sehr bescheidenen Schall-                                                    es nicht. Es wären jedoch nicht die bei-
platten-Sammlung wurde der Neuzugang                                                       den kongenialen Songschreiber Lennon
rauf und runter gespielt, bis die Qualität                                                 und McCartney, wenn sie nicht auch für
zu wünschen übrig ließ. Es folgte später                                                   den letzten Teil des Jahres unvergessliche
noch ein Sampler mit den „größten Hits“,                                                   Musik geschrieben und gesungen hätten.
aber das war‘s dann für lange Zeit. Beat-                                                  Nicht mehr im Vierer-Pack, aber als Solo-
les kennt man nun doch, oder?                                                              künstler. John Lennon setzte mit „Happy
Erst im CD-Zeitalter wurde mein Tonträ-       gen. Da war alles dabei. Sie spielten mit    Christmas (War Is Over)“ einen musikali-
ger-Anteil der unfassbar erfolgreichen Bri-   inhaltlichen Zweideutigkeiten, erfüllten     schen Marker, und auch Paul McCartney
ten um weitere Werke vergrößert. Und da       keine musikalischen Konventionen und         reihte sich mit „Wonderful Christmas
kam auch das „Weiße Album“, nach dem          lieferten auch kein aalglattes Konsum-       Time“ in die Reihe der erfolgreichsten
„Darf-in-der-Sammlung-nicht-fehlen“-          produkt.                                     Weihnachts-Schellen-Schüttel-Lieder.
Motto, ins Regal. Ungehört gekauft, denn      Eine heute ähnlich erfolgreiche Band
man kannte ja die Beatles, und „Back in       könnte sich das im aktuellen Musikge-        Schon jetzt eine ruhige Vor-Vorweih-
the USSR“ oder „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ wa-       schäft nicht mehr erlauben, denn da ist      nachts-Vorbereitungszeit, denn lange
ren wirkliche Klassiker.                      keine Zeit für musikalische Experimente      wird der Start des alljährlichen Ein-
                                              und Aufnahmen, die mehr nach Party           kaufs-Wettrennens nicht mehr auf sich
Als das Abspielgerät zuhause seinen           im Probenkeller als professioneller Ein-     warten lassen. Merry Beatlemas!
Dienst antrat, war der erste Song noch        spielqualität klingen. Heute regiert der
problemlos, aber was kam denn dann so         Anspruch auf Perfektionismus bei der
nach und nach in den Gehörgang? „Oh,          Aufnahme, der Tonqualität, im Styling
was ist da los?“, war einer der ersten Ge-    und in der Vermarktung in der perfekten
danken, und die musikalische Jugenderin-      Zielgruppe. Da braucht es auch ein ausge-
nerung an die Band mit den kreischenden       klügeltes Cover und nicht nur ein schlich-
Mädls und dem unvergleichlichen Chor &        tes, unschuldiges „Weiß – wie Schnee“.
Gitarrensound hatte hier einen schweren
Tiefschlag erlitten. Manche Stücke haben      Der uns wieder zu dem höchst erfolg-
sich für mich heute auch noch nicht er-       reichen Bing Crosby mit seinem weißen
schlossen, aber wofür das Album auf je-       Album, das bis heute auch in über 50
den Fall steht, ist der Umstand, dass sich    Millionen Exemplaren verkauft wurde,

                                                                                                                                    13
LEBENSKULTUR
                                                                                                                  VON ELKE FLITSCH

     Zerrissenheit
         … und dann war dieser Songtext von       Ihre großen dunklen Augen blicken mich       der Öffentlichkeit gibt mir dieses kleine
     den Beatles, „Back in USSR“, geschrie-       mit wahrhaft fühlbarer Traurigkeit an.       Stückchen Stoff das Gefühl von Schutz
     ben 1968, in Anlehnung an „California        Sie senkt ihren Kopf und richtet bedäch-     und Sicherheit. Sag, wie kann ich es mei-
     Girls“ von den Beach Boys und den pa-        tig ihre Kopfbedeckung „zurecht“. Keine      ner und eurer Kultur recht machen?“
     triotischen Song „Back in USA“ von Chuck     einzige Strähne ihrer Haare ist auch nur
     Berry, der inhaltlich die Freude zum Aus-    annähernd zu erkennen. Sie streicht sich     Unbewusst berühre ich meine Halskette,
     druck bringt, wieder in der Heimat ange-     sanft über das Kopftuch, als wäre es das     die ich seit meinem 8. Lebensjahr Tag für
     kommen zu sein. Die Sehnsucht nach dem       Haupt eines kleinen Kindes.                  Tag trage. Sogleich beschleicht mich das
     Wunsch und die Wirklichkeit. Dieser Lied-    „Ich bin traurig“, entgegnet sie mir.        ungute Gefühl, das in mir erwacht, wenn
     text erinnert mich an meine liebe Freun-     „Weißt du, wie schwer es ist, allem ge-      ich dieses Kettchen auch nur für wenige
     din Alaa, eine anmutige, junge, zierliche    recht zu werden? Ich habe Angst, und da      Zeit abnehme. Sicherlich kein guter Ver-
     Frau, die aus Syrien stammt. Gemeinsam       ist diese erdrückende Zerrissenheit in mir   gleich, für mich emotional gesehen ein
     mit ihrem Mann und den zwei kleinen          – wie kann ich es schaffen, allem gerecht    Ausnahmezustand, ohne diesen Nofrete-
     Töchtern wagte sie die Flucht nach Eu-       zu werden?“                                  te-Anhänger, scheint‘s, bin ich nackt und
     ropa, in der Hoffnung auf ein Leben in       „Was meinst du damit?“, entgegne ich ihr.    schutzlos.
     Frieden und Freiheit. Eines unserer vielen   „Weißt du, meine Liebe, ich bin dankbar      „He, mache dir doch keine Gedanken, ich
     Treffen bestimmte das Wort Zerrissenheit,    und glücklich, dass meine Familie und        sehe sowieso nur dich, als Mensch und
     zwischen zwei Kulturen stehen und die        ich eine neue Heimat gefunden haben,         gute Freundin, außer das Kopftuch ist
     unendliche Sehnsucht nach den eigenen        uns dieses Land aufgenommen hat. Ich         in Farbe und Muster so grauenvoll, dass
     Wurzeln.                                     sehe es als meine Pflicht, mich zu inte-     ich es ansprechen muss. Selbst da musst
                                                  grieren und so gut es geht, diesem Land      du der Wahrheit ins Auge blicken und der
                                                  und den Menschen etwas zurückzugeben,        freundschaftlichen Kritik stand halten,
                                                  einen Beitrag zu leisten. Ja, meine Fa-      stimmt´s.“
                                                  milie hat einen positiven Asylbescheid       Ich zwinkere ihr zu.
                                                  erhalten, es drängt, dass wir ein guter      „Wie sehne ich mich nach meiner Fami-
                                                  und anerkannter Teil dieser Gesellschaft     lie, meiner Stadt Damaskus und all dem
                                                  werden. Aber …“, sie schaut mich ver-        bunten Treiben, der großen Vielfalt. Es
                                                  zweifelt an, „ich kann nicht nach vor und    ist so anders hier“, erklärt sie. „Die Men-
                                                  auch nicht zurück, glaube mir, ich habe      schen sind höflich, hilfsbereit, aber dis-
                                                  es versucht – mein Kopftuch für einige       tanziert, nahezu misstrauisch. Nein, du,
                                                  Zeit bewusst abgelegt. So sehr sich die      gute Freundin, natürlich nicht – du bist
                                                  anderen freuten und mich mit Begeiste-       so offen und frei in deiner Begegnung
                                                  rung und Zuspruch überschütteten, umso       mit allen Menschen. Das tut gut, ich
                                                  heftiger war manchmal die Reaktion           danke dir dafür. Und du sprichst unsere
                                                  innerhalb der Familie, der Freunde und       Sprache, obwohl du sie nicht kennst, du
                                                  Bekannten. Seit ich ein junges Mädchen       bist was Besonderes. Weißt du, meine
                                                  bin, ist diese Kopfbedeckung ein Teil        gute Freundin, bei uns zu Hause ist im-
                                                  meines Lebens, meiner Persönlichkeit,        mer etwas los, man ist nie alleine, ein
                Zeichnung: Elisabeth Kieslinger   meines Glaubens und meiner Kultur. In        ständiges Kommen und Gehen von Ver-

14          LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
wandten und Freunden. Manchmal sehr           weithin sichtbar aufgezeigt, so einfach ist   Alaa wirft ein, wie wunderschön es wäre, in
anstrengend, aber im Grunde genommen          die Botschaft. Keiner wird ausgegrenzt,       unserer Stadt solche Bänke zu haben, die
ist es genau das, was mir hier fehlt, was     alle werden eingebunden und jeder ent-        zur Kommunikation einladen. Da könnte
ich brauche. Mit vertrauten Menschen den      scheidet individuell für sich selbst, wann    man seine Sprache trainieren und soziale
Alltag verbringen und sich austauschen,       es für ihn passt und wie lange. Informa-      Kontakte knüpfen, ist sie begeistert. Ein-
erzählen, diskutieren, lachen, aber auch      tionen werden ausgetauscht, Neuigkeiten       fach nur reden – völlig ungezwungen und
streiten. Und nicht zu vergessen die Stille   eingebracht, Probleme und Befindlichkei-      weltoffen, mitten im Treiben der Stadt,
als Kommunikation, diese mit anderen zu       ten aufgezeigt. Somit fördert, gestaltet      ein buntes Aufeinanderzugehen. Unge-
genießen, weil es der richtige Moment ist.    und erhält es die sozialen Beziehungen        zwungene gute Gespräche, simple Em-
Genau dort lade ich meine Batterien auf       der Bewohner und Besucher. Was im Vor-        pathie und unverhofft, dann und wann,
und bekomme wieder Kraft und Energie.         dergrund steht, ist der Mensch, ein vorur-    vielleicht mit einem herzhaften Lachen
All meine Sinne zehren von der Familie        teilfreies offenes Miteinander aller Gene-    bestückt, vermögen diese gelegentlich
und dem Vertrauten.“                          rationen und das bewusste Hier und Jetzt,     den oft doch so einfachen oder tristen
                                              wo Lebensfreude und Kraft geschöpft wird.     Alltag ein wenig zu erhellen.
Plötzlich fällt mir dieser Bericht im         Ein Zukunftsmodell aus grauer Vorzeit,        „Du hast recht“, versichere ich ihr, „ein
schweizerischen Fernsehen ein, ich er-        wo Sprache erhalten und Kommunika-            wenig reden und ein bisserl zuhören tut
zähle meiner Freundin davon, sie hört mir     tion für die Gesundheit förderlich gesehen    uns allen gut. Ohne Vorbehalte, einfach
interessiert zu. Von dem kleinen Berg-        wird.                                         auf Menschen zugehen und Begegnung
dorf, wo jedes einzelne noch so kleine        Ich muss unweigerlich schmunzeln, meine       schaffen, mehr nicht. Die Alten haben viel
Haus eine Bank vor dem Gebäude stehen         Gedanken reisen in die Vergangenheit, ge-     zu erzählen, die Jungen könnten sich in
hat. Als Zeichen der Begegnung für Jung       nau so ein Bankerl hat es auch in meinem      Geduld üben.“
und Alt, ob krank, gesund, reich oder arm.    Dorf gegeben. Gerne entsinne ich mich an      „Was hältst du von Bänken in einer be-
Das war selbstverständlich schon immer        diesen Ort meiner Kinder- und Jugendzeit      stimmten Farbe, die darauf hinweisen?!“,
so, eine gesunde Tradition, erklären die      zurück, was haben wir da gelauscht, ge-       fragt Alaa.
Bewohner. Heute würde man es wohl un-         lacht und sicherlich fürs Leben gelernt,      Wir müssen laut lachen.
ter den Begriff der Erhaltung einer sozi-     nicht nur von den Alten. Vielerorts sind      „Das mit den bunten Bänken find ich eine
al-kommunikativen Kompetenz engagier-         bei uns in der Region diese Bänke oder        gute Idee, gibt es die schon irgendwo?“
ter Mitbürger stellen. Sitzen die Menschen    Sitzgelegenheiten leider hinter das Haus      „Wahrscheinlich schon“, entgegne ich ihr.
auf der Bank, so wird eindeutig die Bereit-   verlegt worden, abgeschieden – reine Pri-
schaft zum Reden, zum Tratschen, für alle     vatsache.

                                                                                                                                      15
LEBENSKULTUR
       ‚
                                                                                                        VON WERNER KÖLLDORFER

     I m So Tired ...
                                „                  „
     Oder: 50 Jahre „The Beatles / „The White Album ,1968
         „I’m so tired, I haven’t slept a wink …“   jetzt, gefühlt eine ganze Nacht später,      und schon gar nicht zu „Let it be“, ihrer
     Warum mir diese Zeile, diese Melodie gera-     immer noch in der Warteschlange, keine       „Abschiedsplatte“, dazu ist das Lied zu
     de jetzt einfallen und mich wie eine End-      Information, keine Abfertigung, nichts …     simpel, zu einfach gestrickt – na, dann
     losschleife nicht mehr loslassen?                                                           bleibt nur noch das „Weiße Album“, das
     Tbilissi/Tiflis, Flughafen, Sommer 2018,       „I’m so tired, I haven’t slept a wink …“     ohne Titel, das aus 1968 … 50 Jahre sind’s
     nach zwei Wochen Erlebnisreise durch Ar-       Was ist das eigentlich für ein Ohrwurm,      her, ein ganzes Album mit nicht erkenn-
     menien und Georgien: Seit Stunden, seit        der mir nicht aus dem Sinn geht, der mich    barem Zusammenhang, einer Stärke, die
     Mitternacht warten wir auf unser Flugzeug,     wohl den heutigen Tag begleiten wird,        die Beatles früher so besonders machte.
     unseren Flug zurück in die Heimat – der        wenn ich daran denke, was ich über das       1968, da waren die Stones, Bob Dylan, die
     Schalter ist offen, aber nichts geschieht.     Funktionieren von solchen „Tagesmelo-        Byrds, die Beach Boys, die Kinks in ihrer
     Ein letzter, anstrengender Tag in Georgien,    dien“ weiß? Das ist ein Song der Beatles     Entwicklung eigentlich schon an den Beat-
     im Norden an der Grenze zu Russland, zu        aus einer späten Zeit ihrer Karriere, ich    les vorbei, aber sie waren immer noch DIE
     Tschetschenien, ein langer, intensiver,        glaube, es könnte, müsste … Von „Serge-      Größten in ihrer Branche.
     Abschied in/von Tiflis, kein Schlaf (wozu      ant Pepper“ ist es nicht, es muss später
     auch, wir fliegen um 3 Uhr früh) – und         sein, für „Abbey Road“ passt’s auch nicht,   Die Sonne geht bereits auf, wir sollten
                                                                                                 schon längst in Warschau sein, aber wenn’s
                                                                                                 in dem Tempo am Schalter weitergeht,
                                                                                                 kommen wir vor Mittag nicht einmal aus
                                                                                                 der Abfertigungshalle raus. Ob der Flieger
                                                                                                 überhaupt schon in Warschau gestartet
                                                                                                 ist? Beim Herflug hatten wir auch schon
                                                                                                 dort vier Stunden Verspätung, und das
                                                                                                 summiert sich dann … „I’m so tired, I ha-
                                                                                                 ven’t slept a wink, I’m so tired, my mind is
                                                                                                 on the blink, I wonder should I get up and
                                                                                                 fix myself a drink, no no no.“ Die Schlan-
                                                                                                 ge besser nicht verlassen, die reicht ja bis
                                                                                                 zum Halleneingang zurück – und noch ein-
                                                                                                 mal von vorn mit dem Anstellen anfangen?
                                                                                                 Nein, lieber durstig bleiben. Es muss sich ja
                                                                                                 einmal was bewegen …

                                                                                                 „I’m so tired, I haven’t slept a wink/…/
                                                                                                 You know I can’t sleep, I can’t stop my
                                                                                                 brain …“ Die Größten in ihrer Branche, sie
                                                                                                 machten Pop erst mit all seinen Möglich-
                                                                                                 keiten salonfähig, weniger den aggressiven
                                                                                                 Rock oder die sexuell eindringliche Blues-
                                                                                                 tradition: Was waren das für regelrechte
                                                                                                 Kämpfe in meiner Schulklasse: hier die Be-
                                                                                                 atles-Fraktion, dort die Stones-Adepten.
                                                                                                 Ich war immer auf der Beatles-Seite, mit
                                                                                                 wie viel Herzblut wurden unsere Diskussio-

16           LEBENSKULTUR, DAS MAGAZIN - STADT FELDBACH
nen um die „größte und beste Band“ aus-        erkennbare Klammer; die Farbe „weiß“ als        pass me by“ zum Beispiel), durchaus guten
getragen … Aber das „Weiße“? Im Prinzip        Zeichen für das Unbeschriebene, nicht Be-       Rock- und Blues-Titeln ganz deutlich nur
nichts Großartiges, ein Sammelsurium von       nennbare, weil man sich nicht einmal mehr       ein Lied ein, das in seiner Spielweise weit
guten und weniger guten, ja sogar fast läp-    auf einen Titel, ein erkennbares Konzept,       in die frühen Beatles-Jahre zurückreicht
pischen Songs, mit nur wenigen absoluten       Programm einigen konnte …                       und mir – auch wenn mir alle möglichen
Highlights wie George Harrisons „While my                                                      Anlässe des Jahres 1968 dafür einfallen
guitar gently weeps“. Das „I‘m so tired“ ge-   „I’m so tired, I don’t know what to do, I’m     – deshalb so gut gefällt: das liebliche „I
hört definitiv nicht zu den unvergesslichen    so tired, my mind is set on you.“ (Oh ja, an    will“. Aber im Ohr ist mir hier und heute
Melodien, auch wenn sie mich jetzt seit        dich, meine Lebensfrau, an dich denke ich       immer nur „I’m so tired“ – wie passend!
Stunden so gnadenlos verfolgt. Die Beatles:    auch – so viele Erinnerungen!) I wonder
eine großartige Band? Ja, vielleicht immer     should I call you but I know what you’d do .“   „I‘m so tired, I’m feeling so upset/Al-
noch die größte aller Zeiten, aber weniger     (Oh ja, auch daran, wie sehr mir in letzter     though I’m so tired, I’ll have another ci-
wegen ihrer Einzelteile, bei ihnen machte      Zeit jemand fehlt, den ich gern neben, bei      garette.“ (Na, die brauch ich nicht, ich
die Summe der Einzelteile das Besondere        mir hätte! Und wie erfolglos meine Gedan-       komm auch so zurecht!) Es ist schon 7 Uhr
aus: Drei schrieben Texte, vier sangen und     ken immer wieder um eine für mich Uner-         früh, wir sitzen im Flugzeug und … war-
spielten ihre selbst komponierte Musik;        reichbare kreisen!) Ach, dieses blöde Lied.     ten. Der Anschlussflug ist jetzt schon in
keiner war im Grunde formal oder auch          Dass mir das auch heute einfallen musste!       Warschau gestartet, hoffentlich kommen
nur instrumental einzigartig, aber alle        Dabei: Besser hätte es für die Situation gar    wir wenigstens heute noch an unser Ziel.
zusammen und alles zusammen war groß-,         nicht passen können!                            Wenn’s so chaotisch weitergeht, dann ist
war einzigartig. Das Paar John Lennon/                                                         auch das nicht mehr sicher. Und dabei bin
Paul McCartney brachte die Musik erst zum      Und das übrige „Weiße“? Da gab’s doch           ich wirklich schon nichts mehr als müde,
Glänzen. Und das „Weiße“? Da spielten          so herrliche Anspielungen wie „Revolution       übernächtig, die Augen brennen, aber
sie eben nicht mehr zusammen, da waren         1“, eine „Hommage“ an den Mai-Aufstand          schlafen funktioniert auch nicht mehr, das
bereits so viele Störfaktoren wirksam, vor     1968 in Paris, und das irritierende „Revo-      kann heute ja noch heiter werden …
allem Lennon und McCartney konnten nicht       lution 9“, diese elektronische Chaos-Kom-
mehr miteinander, da war zu viel passiert      position, „Zufallsmusik“ mit freien Klang-      „And curse Sir Walter Raleigh/He was such
im privaten Bereich und im Management,         assoziationen und einer enervierenden           a stupid get.“ (He, was bedeuten eigent-
sodass im Studio (erstmals in ihrem eige-      Sound-Collage. (Hat da nicht der kalifor-       lich diese Schlusszeilen? Wurscht, ein ty-
nen „Apple“-Studio) vier Individuen meist      nische Sekten-Guru Charles Manson einen         pischer Lennon-Schlenker zum absurden
allein an eigenen, individuellen Songs „he-    Aufruf herausgehört, ein Blutbad anzu-          Drüberstreuen!)
rumwerkelten“, die sie dann nach quälend       richten? Ich glaube, mich erinnern zu kön-      Endlich geht’s los – und irgendwann wer-
langen Experimentierzeiten mit Hilfe der       nen.) Ich war ja gerade an der russischen       de ich auch heimkommen; müde bin ich,
anderen Bandmitglieder aufnahmen, aber         Grenze: Auf dem Album ist doch auch ein         unendlich, und die Beatles? Auch 1968 im-
als eine zusammengehörige Gruppe fühl-         Lied mit dem Titel „Back in the U.S.S.R.“       mer noch gut. Bin froh, dass ich auch das
ten sie sich nicht mehr. Wie sagte John        – hat aber nichts mit dem heutigen Putin-       1968er-Album hab. Und: War nicht die blö-
Lennon einmal über dieses Album? „Dieses       Russland, auch nicht mit dem Russland           deste Aktion aus meinem Unterbewusst-
Album war eigentlich ich mit Begleitband,      nach 1989 zu tun; wie denn auch? Das Har-       sein, die mir die Melodie „I’m so tired“ ins
Paul mit Begleitband, George mit Begleit-      rison-Highlight (effektiv!) „While my guitar    Ohr geblasen hat …
band … wir lösten uns damals eigentlich        …“ mit all dem, was er in Indien zu seinem
schon auf.“ Dass die Band nicht mehr die       Gitarrespiel noch dazugelernt hatte, habe
war, die im Jahr zuvor noch „Sergeant Pep-     ich schon erwähnt, mir fällt neben harm-
per“ schuf, das ist auf dem „Weißen“ auch      losen Belanglosigkeiten („Obladi-Oblada“,
zu spüren … „Weiß“ – ohne Titel, ohne          „Honey Pie“, „Piggies“ oder gar erst „Don’t

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