Leistungssport - Gesprächsrunde - Landessportbund Hessen e.V.
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Nr. 22 | 5. November 2022 | 76. Jahrgang Titelthema Leistungs- sport Gesprächsrunde Verein Frankfurter Sportpresse beim lsb h zu Gast Ruder-Regatta Lsb h-Mitarbeitende bei Benefizveranstaltung am Start
EDITORIAL 1 Editorial Liebe Sportfreundinnen und Sportfreunde, im Mittelpunkt der heutigen Ausgabe von „Sport in Hessen“ steht das Titelthema Leistungssport. „Quo va- dis Spitzensport“ – unter diesem Leitsatz werden die verschiedenen Facetten dieses so wichtigen Aufgaben- feldes des Landessportbundes Hessen beleuchtet. Da- bei steht eindeutig die Aussage: „In Hessen stehen die Athlet/innen mit ihren individuellen Zielen, Bedürfnis- sen und Sorgen im Mittelpunkt aller Überlegungen“, im Fokus der Berichterstattung. Doch lesen Sie selbst und erfahren Sie insbesondere von unserer Vizepräsi- dentin Leistungssport Annika Mehlhorn, wo für sie die Zukunft im Bereich Leistungssport hingeht. jugend den jugend- und sportpolitischen Sprecher/in- nen der im Hessischen Landtag vertretenen, demokra- Dass der Hessischen Landesregierung der Sport nun tischen Parteien in Gesprächen dargelegt. Wichtig ist wahrlich am Herzen liegt wird auch in dieser Ausgabe hier – auch mit Blick auf die anstehenden Landtags- wieder deutlich. Immerhin wurden zusätzlich rund wahlen – dass die wichtigen Belange des Sports auch 800.000 Euro für die Übungsleiterbezuschussung zur weiterhin bei den Landtagsabgeordneten auf offene Verfügung gestellt. Gut angelegtes Geld, wie ich finde. Ohren stoßen. Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen den Beitrag, der sich mit dem Bereich „Kindes- Und dass es sich lohnt, sich in den verschiedenen Be- wohl“ auseinandersetzt. reichen des Sportes zu engagieren, wird einmal mehr deutlich bei der Verleihung des diesjährigen Lu-Röder- Ich wünsche Ihnen nun eine spannende Lektüre der Preises für besondere Leistungen an zwei Frauen. vor Ihnen liegenden Ausgabe „Sport in Hessen“ und möchte Sie auch heute wieder ermuntern, uns Prob- Als „Diplomat und Strippenzieher“ wird er bezeichnet. leme, Wünsche und Anregungen aus Ihren Vereinen 38 Jahre war er das Gesicht der Sportjugend Hessen und Verbänden zuzurufen. und immer da, wenn es darum ging, die so wichtige Ar- beit der Sportjugend ins richtige Licht zu rücken. Bleiben Sie aktiv, zuversichtlich und gesund in diesen Danke, lieber Jürgen, auch ganz persönlich für deine schwierigen Zeiten und genießen Sie die letzten Wo- nicht nur für die Sportjugend, sondern für die gesamte chen der so farbenfrohen Jahreszeit des Herbstes. Sportfamilie geleistete Arbeit. Denn nichts passt bes- ser zu Jürgen Herget, dem jetzt in Ruhestand gegange- Ihr nen Geschäftsführer der Sportjugend Hessen, als die drei Attribute der Sportjugend Hessen: sportlich-jugendlich-hessisch. Wie aktiv die Sportjugend ist und wo die Schwerpunkte in den nächsten Jahren gesetzt werden, hat die Sport- Uwe Steuber SIH 2 2 / 05.11.2022
2 INHALT Auszüge aus dem Inhalt 4 Große Sorgen in der Vereinslandschaft Bundesweite Umfrage des DOSB zur Energiekrise 18 Kurz notiert Nachrichten aus dem Sport 5 19 Amtliches Abend-Hotline am Donnerstag Leistungssport Unser Titelthema 20 Gleichstellung im Sport Lu-Röder-Preis 17 Rudern gegen Krebs Drei lsb h-Boote waren dabei 21 Weltalzheimertag Fachtag der Bildungsakademie 22 Sportjugend Antrittsbesuche bei den Landtagsfraktionen Impressum Herausgeber: Landessportbund Hessen e. V. (lsb h); Otto-Fleck- Tel.: 0561 60280-452, Fax: 0561 60280-499, Titelfoto: Was haben Hammerwerferin Betty Heidler, „Turn-Professor“ Schneise 4, 60528 Frankfurt, Tel.: 069 6789 -0 E-Mail: abo-sih@dierichs-druck.de Fabian Hambüchen und das Tischtennis-Ass Timo Boll gemeinsam? Zu Verantwortlich für den Inhalt: Uwe Steuber, Vizepräsident für Anzeigen Nord/Mitte: Ulrike Weingardt, Frankfurter Straße 168, einem gehören sie zu den Sportler/innen, die es in ihren jeweiligen Kommunikation und Marketing, Meissnerstr.6 34497 Korbach. 34121 Kassel, Tel.: 0561 60280-162, Fax: 0561 60280-199, Sportarten in die Weltspitze geschafft haben. Zum anderen kommen alle Redaktion: Leitung Ralf Wächter (RW), Daniel Seehuber (srd), E-Mail: weingardt@ddm.de drei aus Hessen. Und letztlich haben alle drei mittelbar oder Markus Wimmer (maw), Otto-Fleck-Schneise 4, 60528 Frankfurt. Anzeigen Süd: Torsten Wethlow, Waldstraße 226, 63071 Offenbach, unmittelbar vom „System Leistungssport“ in Hessen profitiert. Wie sich So erreichen Sie uns: Tel.: 069/85008-368, Fax: -394, E-Mail: sih@op-online.de das System mit seinem spezifischen „Hessischen Weg“ heute darstellt, Ralf Wächter, rwaechter@lsbh.de, Tel.: 069 6789-262; wo Ziele und Perspektiven des Leistungssports in Hessen liegen und Daniel Seehuber, dseehuber@lsbh.de, Tel.: 069 6789-267; Sport in Hessen erscheint vierzehntägig zum Wochenende auch, welche Probleme gemeinsam gelöst werden müssen, ist Markus Wimmer, mwimmer@lsbh.de, Tel. 069 6789-437; Bezugspreis: Jährlich Euro 51,11 einschl. Postgebühren und MwSt. Gegenstand unseres Titelthemas in der vorliegenden Ausgabe. Vorab so Fax: 069 6789-300. Bestellungen für Vereine beim Landessportbund Hessen e. V., viel: Mittlerweile hat sich das „System Hessen“ zu einer Art Vorbild in Verlag: Pressehaus Bintz-Verlag GmbH & Co. KG, Waldstraße 226, für Privatpersonen bei Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG den Leistungssportsystemen anderer Bundesländer entwickelt. 63071 Offenbach Titelgestaltung: Ralf Wächter Druck und Vertrieb: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG, Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Verfasser Frankfurter Straße 168, 34121 Kassel. wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keine Abonnementverwaltung: Frankfurter Straße 168, 34121 Kassel, Gewähr übernommen. Eine Rücksendepflicht besteht nicht. www.landessportbund-hessen.de SIH X X / X X . X X . 2 0 1 6
AKTUELLES 3 lsb h wird digitale Wege ausbauen Vizepräsident Uwe Steuber: „Wollen noch nutzungsorientierter werden“ Der Landessportbund Hessen (lsb h) wird sich noch digitaler aufstellen. Vor allem im Bereich der Mitglieder- betreuung und des Mitgliederservices sollen moderne Software-Lösungen Große Sorgen in perspektivisch für mehr Effizienz sor- gen. Noch digitaler soll auch die in- Vereinslandschaft terne Kommunikation der Dachorga- nisation des Sports in Hessen mit ihren Sportkreisen, Sportverbänden Bundesweite Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Energiekrise und Sportvereinen werden. Das hat das Präsidium der mit rund 7.500 D er organisierte Sport in Deutschland eine in Deutschland sind stark und haben Vereinen und mehr als zwei Millionen Mit- trägt als größte Bürgerbewegung nicht zuletzt während der Pandemie ein gliedern größten Personenvereinigung des des Landes mit seinen rund 87.000 enormes Durchhaltevermögen bewiesen. Landes beschlossen, wie Uwe Steuber, lsb h- Sportvereinen in erheblichem Maße Aber die Reserven sind so gut wie aufge- Vizepräsident Kommunikation und Marke- zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und braucht und spätestens mit den zu erwar- ting, kürzlich mitgeteilt hat. Steuber: „Wir zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Insbe- tenden, deutlich erhöhten Abschlagszah- haben in den vergangenen Jahren schon sondere nach zwei schwierigen, coronage- lungen stehen insbesondere die vielen viele Bereiche erfolgreich digitalisiert. Eine prägten Jahren, kehren die Menschen wie- tausend Vereine mit eigenen Sportanlagen Analyse hat ergeben, dass wir diesen Weg der vermehrt in die Vereine zurück. Umso vor teilweise existenzbedrohenden finanzi- konsequent weitergehen und noch nut- bedenklicher sind die Ergebnisse der bun- ellen Belastungen“, sagt Weikert. zungsorientierter gestalten müssen.“ desweiten Umfrage des Deutschen Olympi- schen Sportbundes (DOSB) und der 16 Lan- Bereits Anfang September hatte der DOSB Vereinfachungen für Vereine dessportbünde (LSB) zur Lage der Vereine seine Mitglieder dazu aufgerufen, im Sport in der Energiekrise, an der sich bis zum 20 Prozent Energie einzusparen und einen Konkret nannte der auf dem Sportbundtag 23. Oktober 5.696 Sportvereine aus allen entsprechenden Stufenplan und Leitfaden im Juni ins lsb h-Präsidium gewählte Fach- Bundesländern beteiligt haben. zu erstellen. Die aktuellen Zahlen belegen mann auszugsweise weitere Vereinfachun- jedoch, dass selbst beim Erreichen des ge- gen für Vereine, die Förderanträge stellen, Mehr Not als in Corona-Zeiten steckten Ziels hohe Mehrbelastungen zu er- an Lehrgängen teilnehmen oder Informatio- warten sind. nen abrufen wollen. Dabei sollen unter an- Die Umfrage, die vom Institut für Sport- derem vorhandene „Insellösungen“ in ein stättenentwicklung (ISE) durchgeführt Für viele Vereine sind die Auswirkungen der „System aus einem Guss“ überführt werden. wurde, zeigt, dass mehr als 40 Prozent der Energiekrise bereits jetzt zu spüren. So gab Vereine starke Auswirkungen durch die mehr als ein Viertel der befragten Vereine Unterstützt wird der Landessportbund da- Energiekrise erwarten. Dazu gehören u. a. an, dass sie einen Mitgliederrückgang auf- bei von einer eigens eingerichteten „Ar- Einschränkungen des Trainingsbetriebs, grund der aktuellen Krise zu verzeichnen beitsgruppe Digitalisierung“. Vizepräsident Schließungen einzelner Abteilungen oder haben. In mehr als fünf Prozent der Fälle Steuber abschließend: „Das alles wird eine Mitgliederrückgänge. Rund sechs Prozent mussten bereits Sportstätten geschlossen gewisse Zeit brauchen. Wir werden bei der der befragten Vereine fürchten sogar eine werden. Um anfallende Mehrkosten abzu- Umsetzung aber kluge Schwerpunkte setzen akute Existenzbedrohung, also die Auflö- fangen, sähe sich mehr als ein Drittel der und dringliche Projekte somit bevorzugt re- sung des Vereins. Zum Vergleich: Rückbli- Vereine laut Umfrage gezwungen, ihre Mit- alisieren.“ RW ckend auf die Corona-Pandemie gaben le- gliedsbeiträge zu erhöhen, was den Mit- diglich 26 Prozent der Vereine in der gliederrückgang wohl weiter beschleuni- aktuellen Umfrage an, dass sie starken Aus- gen und den Zugang zum Sport wirkungen ausgesetzt waren, knapp zwei insbesondere für Menschen mit geringem Weitere Pressemitteilungen Prozent gaben an, dass sie existenzbedroht Einkommen erschweren würde. Umso finden Sie online in der Rubrik gewesen seien. dringlicher sind nun finanzielle Hilfen, die „Presse“ unter www.landessport- bund-hessen.de sich mehr als 65 Prozent der befragten Ver- DOSB-Präsident Thomas Weikert zeigt sich eine wünschen. in Anbetracht dieser Ergebnisse besorgt um DOSB/LSB NRW/Andrea Bowinkelmann die Sportvereinslandschaft: „Die Sportver- SIH 2 2 / 05.11.2022 Zurück zum Inhalt
4 TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT Quo vadis Spitzensport? „Hessischer Weg“ hat sich als erfolgreiches Fördersystem für Nachwuchsathlet/innen bewährt / Auf Bundesebene hingegen wird die Leistungssportreform von 2016 erneut massiv kritisiert F ast sechs Jahre liegt er zurück, der Beschluss zur schen Weg“ aus? Wie unterstützen Olympiastützpunkt, OBEN Leistungssportreform, die der Deutsche Olympi- Sportstiftung, Sportinternat, Sportfördergruppen und Die Olympischen sche Sportbund (DOSB) zusammen mit dem Bun- Co. unsere Spitzenathlet/innen? Wie wirken die För- Spiele sind der Traum vieler desinnenministerium (BMI) erarbeitete. Am 3. derinstanzen erfolgreich zusammen? Und wie zufrie- Nachwuchsathlet/ Dezember 2016 verabschiedete die Dachorganisation den sind Internatsschüler/innen und Sportfördergrup- innen. In Hessen des organisierten Sports ein bis heute umstrittenes penmitglieder/innen mit der Unterstützung? Diesen werden sie mit einem Konzept zur Neustrukturierung des Leistungssports Fragen gehen wir im Rahmen unseres Titelthemas nach. vielschichtigen und der Spitzensportförderung. Zentralere Strukturen Fördersystem auf sollten her, die Anzahl der Bundesstützpunkte in den Fördersystem rückt Athlet/innen in Mittelpunkt ihrem Weg begleitet. Ländern reduzierte sich deshalb. Und: Die Grund- und Foto: Team Deutschland/Max Projektförderung für Sportarten wurde durch ein Po- „In Hessen stehen die Athlet/innen mit ihren individu- Galys tenzialanalysesystem (PotAS) ersetzt, was auf Kritik ellen Zielen, Bedürfnissen und Sorgen im Mittelpunkt stieß – auch beim Landessportbund Hessen (lsb h). aller Überlegungen. Wir haben ein vielschichtiges För- Denn das bedeutete: Je geringer das Erfolgs- bzw. Me- dersystem geschaffen, in dem sie sich sehr gut entwi- daillenpotenzial von Sportarten, desto geringer die ckeln und sich auf ihren Sport konzentrieren können“, Förderung für Verbände und Athlet/innen. Doch was erläutert Annika Mehlhorn, lsb h-Vizepräsidentin Leis- passiert mit jenen, die Chancen auf Spitzenplätze ha- tungssport. „Auch Athlet/innen, deren Sportart in ben, deren Sportart aber aus der Förderung fällt? Viele Hessen keinen Bundesstützpunkt mehr haben, finden Athlet/innen fanden sich in der Reform nicht wieder, bei uns gute Rahmenbedingungen vor und müssen Titelthema sahen sich nicht mehr im Mittelpunkt. Die Entwicklun- keine langen Fahrten in Kauf nehmen.“ Die Karrieren gen auf Bundesebene nahmen der lsb h und das Land Hessen zum Anlass, noch intensiver am eigenen För- von Turn-Olympiasieger Fabian Hambüchen und Schwimmweltmeister Marco Koch würden zudem zei- Leistungs- dersystem zu feilen, das speziell auf Nachwuchsathlet/ innen ausgerichtet ist – und sich einen guten Ruf erar- gen, dass für hessische Spitzenathlet/innen der Wechsel an Bundesstützpunkte „nicht immer der lo- sport beitet hat, wie die Rückmeldungen von Athlet/innen gische und beste Weg“ sein müsse, unterstreicht Mehl- und Trainer/innen zeigen. Was zeichnet den „Hessi- horn, die bis vor zehn Jahren selbst Leistungsschwim- SIH 2 2 / 0 5 . 1 1 . 2 0 2 2 Zurück zum Inhalt
TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT 5 merin war und u. a. Vizeweltmeisterin wurde. Warum von Bewegung und Sport im gesamten Lebenszyklus sie für das Amt als lsb h-Vizepräsidentin kandidierte, der Menschen in unserem Land erhöhen können, im wie sie den Status Quo des hessischen Fördersystems Leistungs- und im Breitensport“, sagte Weikert. sieht und in welchen Bereichen sie in den kommenden Jahren Entwicklungen anstoßen möchte, erläutert sie Welche Herausforderungen konkret bestehen, erläu- im Interview auf Seite 13. tert die Dachorganisation in einem Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung des Leistungssports und der Mehr finanzielle Mittel, aber weniger Erfolg Spitzensportförderung, das die Notwendigkeit einer Trendwende verdeutlicht und Ende September im Mit- Während sich das hessische Fördersystem in den ver- telpunkt der DOSB-Leistungssportkonferenz stand. Es gangenen Jahren bewährt hat, u. a. weil es neben umfasst sechs Handlungsfelder, zu denen die gesell- Hambüchen und Koch zahlreiche weitere Weltklasse- schaftliche Bedeutung und Relevanz des Leistungs- athlet/innen hervorgebracht hat, wird die Spitzen- sports zählt. Hier heißt es: „Es gilt, Athlet/innen und sportförderung auf Bundesebene derzeit wieder einmal ihre Trainer/innen konsequenter in den Mittelpunkt zu kritisch beäugt. Sie steht unter Rechtfertigungsdruck, stellen: Es sind bestmögliche Rahmenbedingungen – ihre Akzeptanz in der Gesellschaft schwindet – und der Betreuung, Infrastruktur, Trainingsmöglichkeiten und Unmut in Politik und Verbänden steigt. Weil der sport- Duale Karriere – entlang der leistungssportlichen Kar- liche Erfolg – bundesweit betrachtet – ausbleibt, ob- riere so abzusichern, dass die Athlet/innen und ihre wohl die Förderung aus öffentlichen Geldern kontinu- Trainer/innen (...) ihr Potenzial voll ausschöpfen kön- ierlich gestiegen ist. Mehr Geld, mehr Medaillen? nen und international konkurrenzfähig sind.“ Dem Dieser Ansatz ist im Spitzensport hierzulande schon Leistungssportpersonal wird zudem ein eigenes Hand- länger eine Utopie. Seit der Wiedervereinigung hat der lungsfeld gewidmet. Die Trainer/innen, so heißt es im sportliche Erfolg Deutschlands im Weltsport kontinu- Papier, hätten „einen hohen Einfluss auf die persönli- ierlich abgenommen. Auch die mit großen Erwartun- che Entwicklung der Athlet/innen mit besonderer Rele- gen verbundene Leistungssportreform von 2016 konnte vanz und Verantwortung im Nachwuchsbereich“. Aller- diese Negativentwicklung bislang nicht stoppen. dings mangele es „an der gesellschaftlichen Wahrnehmung, Akzeptanz und Wertschätzung für das Die Interessensvertretung Athleten Deutschland macht Berufsfeld Trainer/innen außerhalb des kommerziellen sich deshalb mit ihrer Analyse: „Warum ist es uns das Profisports“. Im Rahmen unseres Titelthemas befassen wert“ für eine Grundsatzdebatte über die Zukunft des wir uns auch damit, wie (angehende) Trainer/innen im Spitzensports stark. Der Verein fordert neue und kla- hessischen Leistungssport bereits jetzt unterstützt und rere Ziele in der Spitzensportförderung, um Athlet/in- gestärkt werden. nen eine bessere Basis zu bieten. Dass die Förderung von Sportarten von ihrem Erfolgs- bzw. Medaillenpo- Landessportbünde: Vereine mehr unterstützen tenzial abhängt, ist der Interessensvertretung ein Dorn im Auge. Denn: International mitzuhalten wird in vie- Die Landessportbünde haben sich Ende September mit len Disziplinen immer schwieriger, weil andere Länder einem Grundsatzpapier zur künftigen Ausrichtung der massiv in den Spitzensport investieren. Athleten Leistungssportförderung auf Bundesebene positio- Deutschland macht sich deshalb für einen ganzheitli- niert. In ihrem Beschluss kritisieren sie u. a., dass der cheren Ansatz stark. Gemeinwohlpotenziale von Sport- bürokratische Aufwand gestiegen sei, Athlet/innen arten, also die positiven Auswirkungen des Spitzen- und Trainer/innen aber nicht stärker in den Mittel- sports auf die Gesellschaft, müssten mehr in den Blick punkt gestellt und die Olympiastützpunkte nicht besser genommen werden. Und die Persönlichkeitsentwick- ausgestattet worden seien. Die Landessportbünde er- lung von Athlet/innen könnte neben der Steigerung achten eine Grundsatzdebatte als dringend erforder- der Wettbewerbsfähigkeit als zentrales Ziel der Spit- lich und haben diesbezüglich die Vereine im Blick, die zensportförderung begriffen werden. Wie gut ist Hes- „als entscheidender Ort der Entwicklung von Leis- Das Grundsatzpapier der sen diesbezüglich aufgestellt? Welche Chancen haben tungssportler/innen“ in ausgeprägterem Maße zu be- Landessportbünde mit Athlet/innen, um nicht nur sportlich, sondern auch rücksichtigen seien. Die Leistungssportförderung ziele dem Titel „Die Zukunft des Leistungssports persönlich zu reifen? Auch dieser Frage widmen wir uns derzeit vor allem auf Strukturen und Maßnahmen von gestalten!“ findet sich im Rahmen unseres Titelthemas. Verbänden und Stützpunkten ab und müsse „um eine online: yourls.lsbh.de/ direkte Vereinsförderung erweitert werden“, heißt es grundsatzpapier-zum- DOSB veröffentlicht Eckpunktepapier im Beschluss. Zudem sprechen sich die Landessport- leistungssport bünde für einen Ausbau der Zusammenarbeit von Ver- Eine größere Debatte zur künftigen Ausrichtung der einen und Schulen aus. Die Schulministerien der Län- Spitzensportförderung auf Bundesebene ist längst in der seien in die Pflicht zu nehmen, besonders an vollem Gange. Bereits im August forderte DOSB-Präsi- Grundschulen Sport als Unterrichtsfach und Kooperati- dent Thomas Weikert im Rahmen einer Sondersitzung onsinhalt deutlich aufzuwerten. der Sportministerkonferenz (SMK) einen „Pakt für den Daniel Seehuber Sport“, um den Abwärtstrend umzukehren. „Wir müs- sen uns fragen, was wir für einen Leistungssport haben wollen. Wir müssen uns fragen, wie wir unsere Athlet/ innen und Trainer/innen noch besser unterstützen können. Wir müssen uns fragen, wie wir die Bedeutung SIH 2 2 / 05.11.2022 Zurück zum Inhalt
6 TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT Kurze Wege, enge Verzahnung Olympiastützpunkt, Internat, Stiftung und Sportfördergruppen sind zentrale Säulen des Fördersystems W as unterscheidet die Leistungssportförde- rung in Hessen von der in anderen Bundes- ländern? Darauf angesprochen muss Thomas Neu, Geschäftsbereichsleiter Leistungssport des Landessportbundes Hessen (lsb h), nicht lange überlegen. „Bei uns geht alles fließend ineinander über, weil alle Förderinstrumente im Haus des lsb h verortet sind.“ Hierzu zählen neben dem Landespro- gramm „Talentsuche – Talentförderung“ beispielsweise die Förderung der Talentstützpunkte (TSP), und die Nachwuchsarbeit in den Fachverbänden. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Training am Olympiastütz- punkt Hessen (OSPH) im Landessportbund. „Wir haben in Hessen eine Fördersystematik geschaffen, die es möglich macht, Sportler/innen über alle Entwicklungs- stufen hinweg bis in den Spitzensport umfassend abzu- holen und zu betreuen“, erläutert Neu, gleichzeitig Förderung hessischer Elite-Nachwuchs und Spitzenath- auch Geschäftsführer der Sportstiftung Hessen (SSH) let/innen betreut. Das Angebot umfasst drei Säulen – und Leiter des Sportinternats. In der Fördersystematik Gesundheitsmanagement (u. a. Sportmedizin/-diagnos- selbst, so Neu, sei einerseits der konstruktive, zielge- tik), Duale Karriereplanung (u. a. Laufbahnbera- OBEN richtete Austausch mit den Fachverbänden und ande- tung) und Leistungsoptimierung (u. a. Trainingswissen- Zehnkampf-Weltmeister rerseits der enge Draht zum Hessischen Ministerium schaft). Zum erweiterten Angebot zählt die Wohnmög- Niklas Kaul quält sich an der Beinpresse beim des Innern und für Sport (HMdIS) entscheidend für die lichkeit im Sportinternat und der Besuch der Carl-von- Training am ISOMED2000 erfolgreiche Arbeit. Weinberg-Schule in Frankfurt, einer „Eliteschule des – einem System, das eine Sports“. Zudem arbeitet der OSPH mit elf olympischen detaillierte Messung und „Die Landespolitik versteht sich als Ermöglicher und Spitzenverbänden (z. B. Leichtathletik, Hockey und Tur- Analyse von Muskelkräf- nicht als Steuerer wie in einigen anderen Bundeslän- nen) zusammen, die eine Spezialbetreuung für mehr als ten ermöglicht. Den dern“, betont Neu und fährt fort: „Wir sprechen die glei- 360 Athlet/innen in Anspruch nehmen. Diese umfasst ISOMED2000 nutzen viele che Sprache, agieren auf Augenhöhe und wissen, wohin nicht nur die Beratung, sondern auch die Diagnostik und Spitzensportler/innen – insbesondere während wir wollen.“ Das HMdIS zeichne sich zudem dadurch aus, Trainingsplanung, -steuerung, -durchführung und Me- der Vorbereitung auf eine dass es selbst Entwicklungen anstoße und dabei keine thodenentwicklung durch Trainingswissenschaftler/in- Saison. Er ist eines von Anforderungen stelle, die nicht zu erfüllen seien. „Des- nen. Abgerundet wird die Spezialbetreuung durch die vielen Angeboten des halb sind wir in der Lage, sehr effektiv zu arbeiten und Arbeit von Athletiktrainer/innen und Physiotherapeut/ Olympiastützpunktes Prozesse zügig voranzutreiben“, unterstreicht Neu. Ein innen. Seit vielen Jahrzehnten ist der OSPH im Bereich Hessen (OSPH), der als weiterer zentraler Aspekt sind freilich die kurzen Wege Leichtathletik für den Weit- und Dreisprung zuständig Servicestelle einen sehr in der Otto-Fleck-Schneise, wo der Geschäftsbereich und begleitete zahlreiche Weltklasseathlet/innen – bei- guten Ruf genießt. Foto: Daniel Seehuber Leistungssport, der Olympiastützpunkt und die Sport- spielsweise Olympiasiegerin Malaika Mihambo. Wie er- stiftung auf einem Stockwerk angesiedelt sind. Auch das folgreich der OSPH generell arbeitet, dokumentiert sich Sportinternat und die Geschäftsstellen einiger Fachver- in unzähligen Europa- und Weltmeistertiteln sowie in bände befinden sich in unmittelbarer Nähe. „Dadurch vielen Olympischen Medaillen der vom Olympiastütz- sind die Förderinstanzen sehr eng miteinander verzahnt, punkt betreuten Athlet/innen. obwohl sie organisatorisch eigenständig agieren“, er- klärt Neu. Was die Arbeit des Olympiastützpunktes und Unter dem langjährigen Leiter Werner Schaefer erar- des dort angesiedelten Sportinternats sowie der Sport- beitete sich der Stützpunkt einen sehr guten Ruf – weit stiftung auszeichnet und welchen Stellenwert Sportför- über die hessischen Grenzen hinaus. „Der OSPH wird dergruppen für das Fördersystem haben, wird in den fol- von den Bundesstützpunkten als Servicestelle aner- genden Absätzen erläutert. kannt und intensiv genutzt – oft auch kurzfristig, wenn andere Wege nicht zum Ziel geführt haben“, erläutert Olympiastützpunkt Hessen Markus Kremin, der im Februar dieses Jahres Schaefers Nachfolge antrat – und derzeit besonders die sportme- Seit 1992 ist der OSPH in Trägerschaft des lsb h. Rund dizinische Versorgung im Blick hat. „Zusammen mit der 400 Bundeskaderathlet/innen aus etwa 40 Sportarten Sportklinik Frankfurt soll unser Netzwerk systematisch werden derzeit von der Dienstleistungseinrichtung zur ausgebaut werden – über alle Fachgebiete hinweg. Wir SIH 2 2 / 0 5 . 1 1 . 2 0 2 2 Zurück zum Inhalt
TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT 7 wollen unsere/n Athlet/innen schnell vermitteln, wenn Hierzu zählen etwa Gesprächsangebote, Gemein- sie fachärztliche Betreuung brauchen“, berichtet der schaftsaktivitäten, die Betreuung in Lerngruppen, die OSPH-Leiter. Auch der Bereich Sportpsychologie sei Begleitung zu Arztterminen und die Pflege im Krank- ein Feld, das man ins Visier genommen habe. „Gerade heitsfall. Ein zentraler Bestandteil des pädagogischen für die Arbeit im Sportinternat wird das immer wichti- Konzepts ist das „Bezugsbetreuersystem“ und die Ein- ger“, weiß Kremin, der sich für die Einstellung eines teilung der Bewohner/innen in Bezugsgruppen, wie Sportpsychologen stark macht. „Die Belastungen stei- die pädagogischen Leiterinnen Claudia Pries und An- gen kontinuierlich – sowohl für Nachwuchs- als auch drea Schermuly erläutern. „Alle Athlet/innen haben für Spitzenathlet/innen. Um sich auch in stressigen eine feste Bezugsperson, die den Kontakt zum Eltern- Phasen auf den Sport fokussieren zu können, brauchen haus hält, Freizeit- und Informationsangebote in der immer mehr Athlet/innen Hilfe im mentalen Bereich“, Bezugsgruppe macht und über die schulischen Leistun- erläutert Kremin. „Das funktioniert am besten, wenn gen sowie die sportliche Entwicklung informiert ist. Titelthema ein Sportpsychologe als Festangestellter in die Struk- Das gelingt, indem sich die Bezugsperson in engem, turen eingebunden ist.“ permanentem Austausch mit der Schule und den Trai- ner/innen befindet.“ Weiterentwickelt wurde in den Leistungs- In den vergangenen Jah- ren vorangetrieben vergangenen Jahren u. a. die Verzahnung mit dem schulischen Bereich. Als Schnittstelle agiert heute ein sport wurde insbesondere der Schulkoordinator, der an der Carl-von-Weinberg- Bereich Duale Karriere Schule angestellt ist und mit einer halben Stelle als und Umfeldmanage- Betreuer im Internat arbeitet. Intensiviert wurde die ment, in dem die Lauf- Zusammenarbeit mit den Sportpsycholog/innen des bahnberatung eine zent- Kooperationspartners „mentaltastic“, die den Nach- rale Rolle spielt. Athlet/ wuchssportler/innen insbesondere in den ersten Wo- innen in sportlicher, chen ihres Aufenthalts zur Seite stehen. „Viele unserer aber auch persönlicher, Bewohner/innen können nur selten nach Hause fah- sozialer und beruflicher ren, weil die Heimat in vielen Fällen einige Kilometer Hinsicht zu fördern, hat entfernt ist“, weiß Internatsleiter Neu. „Deshalb ist es sich der OSPH auf die so wichtig, dass die Sportpsycholog/innen sie bei Be- LINKS Fahnen geschrieben. Deshalb pflegt er ein großes darf intensiv begleiten und ihnen so das Ankommen Laufbahnberatung im Netzwerk und arbeitet mittlerweile mit allen staatli- erleichtern.“ Olympiastützpunkt: Bernd Brückmann chen Hochschulen in Hessen sowie zahlreichen priva- spricht mit Handballer ten Anbietern zusammen. Auch die Kooperationen mit Sportstiftung Hessen Ben Seidel, amtierender Fernhochschulen wurden sukzessive ausgebaut. Das Juniorennationalspieler Ziel: Athlet/innen den Zugang zu einer akademischen „Wenn es sie nicht gäbe, müsste sie dringend erfunden und Bundeskaderathlet. Ausbildung erleichtern – durch erleichterte Zugangs- werden“, kommentiert Geschäftsführer Neu den Stel- Der Berater erklärt ihm voraussetzungen, flexible Rahmenbedingungen und lenwert der Stiftung, die im vergangenen Jahr 20-jäh- ausführlich, wie er nach eine Betreuung durch Mentoren aus der Professoren- riges Jubiläum feierte. Ihre Bedeutung sei auch des- dem Abitur trotz Leistungssport ein schaft. „Dabei geht es aber nicht um Erleichterungen, halb so hoch, weil sich die Stiftung Deutsche Sporthilfe Studium in Angriff die eine geringere Qualität der akademischen Ausbil- mittlerweile auf eine Eliteförderung fokussiere. „Viele nehmen kann. dung bedeuten würde“, erklärt Kremin. „Die Athlet/in- hessische Athlet/innen sind aus dem Fördersystem Foto: Daniel Seehuber nen müssen die gleichen Prüfungsleistungen wie alle rausgefallen – gerade im Nachwuchsbereich“, berich- anderen Studierenden erbringen, haben aber die Mög- tet Neu – wohl wissend, dass diese Athlet/innen nun lichkeit, Prüfungen flexibel nachzuholen, wenn sie we- noch mehr auf die Sportstiftung Hessen angewiesen gen Wettkämpfen oder Trainingslagern verhindert sind. Im vergangenen Jahr zog sie eine überaus posi- sind.“ Dass der eingeschlagene Weg der Richtige ist, tive Jubiläumsbilanz. Zwischen 2001 und 2021 schüt- verdeutlicht ein Blick in die Statistik: Neun von zehn tete die Stiftung mehr als 9,3 Millionen Euro an Förder- Detaillierte Informationen hessischen Spitzensportler/innen studieren mittler- mitteln aus, unterstützte mehr als 1.600 Athlet/innen. zur Laufbahnberatung, weile parallel zum Leistungssport. 23 von ihnen gewannen in dieser Zeit Gold bei Olympi- zur Dualen Karriere und den Netzwerken des schen oder Paralympischen Spielen. „Ohne die Sport- OSPH, beispielsweise zu Sportinternat am Olympiastützpunkt Hessen stiftung wären viele Athlet/innen nicht so weit gekom- Praktika oder beruflicher men. Ohne sie hätten wir wesentlich mehr Athlet/ Ausbildung, finden sich 48 Athlet/innen aus acht Sportarten wohnen derzeit innen, die ihre Karriere vorzeitig beenden“, meint Neu. im Internet unter im Sportinternat, das seit 2016 unter Trägerschaft des www.osph.de/ lsb h steht und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung er- Gestartet mit kaum mehr als zehn Athlet/innen, för- laufbahnberatung möglicht. Es agiert in einem Verbundsystem mit der dert die Stiftung mittlerweile jährlich über 300 Nach- Carl-von-Weinberg-Schule und dem OSPH, dessen wuchs- und Spitzensportler/innen aus rund 50 Sport- Laufbahnberater die Entwicklungen vieler Athlet/in- arten – mit durchschnittlich rund 700.000 Euro. „Wir nen sehr eng begleiten. Dank dieser Verzahnung und haben viele verschiedene Fördermaßnahmen und kön- kurzer Wege ist es den überwiegend minderjährigen nen so sehr individuell auf die Bedürfnisse der Athlet/ Sportler/innen möglich, die Belastungen aus Schule, innen eingehen“, erläutert Neu. Hierzu zählen etwa Training und Wettkämpfen gut zu bewältigen. Nutzen Zuschüsse für Fahrt- und Wohnkosten sowie Trainings- können sie nicht nur alle Dienstleistungen des OSPH, lager und für weitere sportbezogene Aufwendungen. sondern auch vielfältige Angebote des Internats. Zudem können Landes- und Bundeskaderathlet/innen SIH 2 2 / 05.11.2022 Zurück zum Inhalt
8 TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT eine Förderung für den Aufenthalt in Sportinternaten beantragen – in Hessen und anderen Ländern. „Unsere Athlet/innen müssen maximal 150 Euro der monatli- Erfolgreichen chen Kosten selbst übernehmen. Das erhöht die At- traktivität eines Internatsaufenthalts, der für die Weg fortführen sportliche Entwicklung Gold wert sein kann“, betont Neu. Ebenfalls attraktiv: Eine Mitgliedschaft im Pers- pektivteam Hessen. Die derzeit knapp 50 Mitglieder haben bereits erste internationale Erfolge feiern kön- RECHTS nen und werden mit jährlich 1.800 Euro für sportbezo- Uni-Vizepräsidentin gene Kosten gefördert, um ihnen den Sprung vom Prof. Dr. Christiane Thompson (1. von Nachwuchselite- in den Spitzensport zu erleichtern. rechts) und Uni- Eine weitere wichtige Fördersäule: Das Hessenteam mit Präsident Prof. Dr. derzeit fast 60 Athlet/innen, die auf ihrem Weg zu Enrico Schleiff (2. Olympischen oder Paralympischen Spielen begleitet von rechts) lassen und pro Monat mit 220 Euro unterstützt werden. Über- sich die Trainingsge- dies haben die Mitglieder beider Teams die Chance auf räte des Olympia- Stipendien, mit denen eine zusätzliche monatliche stützpunktes Hessen (OSPH) erklären. Förderung von 200 bzw. 400 Euro verbunden ist. „Un- Die Goethe-Universität in Frankfurt ist ein Auch OSPH-Leiter sere Athlet/innen sind mit den Fördermöglichkeiten Markus Kremin (3. wichtiger Partner des Olympiastützpunktes sehr zufrieden“, unterstreicht Neu. „Das verdeutlichen v. r.), lsb h-Haupt- Hessen (OSPH). Sie unterstützt junge Athlet/in- Evaluationen, in denen wir – verglichen mit anderen geschäftsführer nen dabei, Leistungssport und Bildungskarri- Fördereinrichtungen – sehr gut bewertet wurden.“ Andreas Klages (4. ere unter einen Hut zu bekommen. Anfang Ok- v. r.) und Lauf- tober waren auf Einladung des OSPH der bahnberater Bernd Sportfördergruppen Präsident Prof. Dr. Enrico Schleiff und Vizeprä- Brückmann (1. v. l.) hören Trainingswis- sidentin Prof. Dr. Christiane Thompson zu Be- Bereits seit 2005 haben Spitzenathlet/innen die Chance, senschaftler such in der Sport- und Bildungsstätte des Lan- Mitglied in der Sportfördergruppe der hessischen Polizei Christian Günther dessportbundes Hessen (lsb h). Gemeinsam zu werden – und somit frühzeitig die Weichen für die Zeit interessiert zu. mit lsb h-Hauptgeschäftsführer Andreas Kla- nach der sportlichen Karriere zu stellen. Da das Studium Foto: D. Seehuber ges, OSPH-Leiter Markus Kremin und Lauf- von drei auf viereinhalb Jahre gestreckt wird, können bahnberater Bernd Brückmann diskutierten Leistungssport und Berufsausbildung in Einklang ge- sie, wie die seit 2003 bestehende Kooperation bracht werden. Anders als in einer klassischen Ausbil- weiterentwickelt werden kann. dung ist es Athlet/innen dank flexibler Stundenplange- staltung möglich, an allen wichtigen Trainingseinheiten „Die Zusammenarbeit mit der Goethe-Uni funktioniert und Wettkämpfen teilzunehmen – ohne Nachteile in hervorragend. Für die Uni hat die Kooperation einen ho- Kauf nehmen zu müssen oder dauerhaft einer zu hohen Die 2020 ins Leben hen Stellenwert, wofür wir sehr dankbar sind“, betont Doppelbelastung ausgesetzt zu sein. „Die meisten För- gerufene „Sportför- Kremin und schiebt nach: „Immer wieder bekommen wir dergruppenmitglieder schließen nicht nur ihr Studium dergruppe positives Feedback von Athlet/innen.“ Ein gutes Bespiel Verwaltung“ bietet mit guten oder sehr guten Noten ab, sondern entwickeln ist Bob-Olympiasiegerin Deborah die Möglichkeit zum sich auch sportlich prima weiter und feiern auf nationa- Studium „Public Levi (Foto: Daniel Seehuber). Die ler wie internationaler Ebene Erfolge. Das verdeutlicht, Administration“. gebürtige Dillenburgerin studiert dass das Konzept sehr gut auf die Anforderungen im Generell richtet sich an der Goethe-Uni Grundschul- Leistungssport abgestimmt ist“, sagt Annika Mehlhorn, das Angebot an lehramt und ist voll des Lobes für Vizepräsidentin Leistungssport des Landessportbundes Leistungssportler/ die Arbeit von OSPH und Uni. Hessen (lsb h), die einst selbst Mitglied der Polizeisport- innen, die eine „Dank flexibler Rahmenbedingun- Alternative zum fördergruppe war. gen habe ich die Möglichkeit, die Polizeidienst suchen und eignet sich Karriere nach der Karriere frühzeitig vorzubereiten“, Seit rund zwei Jahren gibt es zusätzlich die Möglich- besonders für sagt die 25-Jährige. Wie rund 75 weitere Bundeskader- keit, Mitglied in der Sportfördergruppe der Verwaltung Leistungssportler/ athlet/innen profitiert Levi von Strukturen und Vortei- zu werden und das Studium „Public Administration“ zu innen aus den len, die normalerweise nicht möglich sind. Sie kann absolvieren. Ihre Gründung war ein weiterer wichtiger paralympischen Klausuren verschieben und sich von der Präsenzpflicht Meilenstein einer erfreulichen Entwicklung, die in an- Sportarten. befreien lassen, wenn wichtige Trainingseinheiten oder deren Bundesländern intensiv verfolgt wurde. Vieler- Wettkämpfe anstehen. Zudem hat sie in ihrem Fachbe- orts wurden in den Länderpolizeien mittlerweile ähnli- reich einen Mentor, der sie bei der Studienkoordination che Konzepte umgesetzt. „Unsere Sportfördergruppen berät. Levi nahm am langen und konstruktiven Dialog sind ein Erfolgsmodell“, betont Mehlhorn. Durch sie teil, dem sich ein Rundgang durch die Räumlichkeiten seien viele Entwicklungen im Bereich Duale Karriere er- des lsb h und OSPH anschloss. „Wir haben uns darüber möglicht und vorangetrieben worden. „Junge Talente ausgetauscht, wo weitere Synergien möglich sind“, er- und ihre Eltern stehen heute nicht mehr vor der Wahl, läutert Kremin. Denkbar sei es etwa, Kooperationen in ob sie auf Leistungssport oder Berufsausbildung setzen den Bereichen Psychologie und Trainingswissenschaften – es geht beides“, unterstreicht Mehlhorn. aufzubauen. Daniel Seehuber Daniel Seehuber SIH 2 2 / 0 5 . 1 1 . 2 0 2 2 Zurück zum Inhalt
TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT 9 Wünsche und Nöte in Blick nehmen „Hessischer Weg“ rückt Bedürfnisse von Athlet/innen und Trainer/innen in Mittelpunkt / Eigene Vertretungen im Landessportbund Hessen (lsb h) / Weitere Maßnahmen umgesetzt D ie Positionen von Trainer/innen und Athlet/in- nen stärken, ihre Bedürfnisse in den Mittel- punkt rücken, sie in ihrer Entwicklung bestmög- lich begleiten und unterstützen: Das sind wesentliche Aspekte, durch die sich der „Hessische Weg“ auszeichnet. Die Lebenswirklichkeiten, Wünsche und Nöte der zentralen Akteure im Leistungssport spie- len eine große Rolle – in allen Überlegungen und Pla- nungen zur Weiterentwicklung des Fördersystems. Die- ses Selbstverständnis spiegelt sich auch in Vertretungen für Trainer/innen und Athlet/innen wi- der, die beim Landessportbund Hessen (lsb h) angesie- delt sind. Ende Juni nahm der Dachverband mit einem Beschluss auf dem Sportbundtag die unabhängige Ver- tretung ihrer Interessen in seine Satzung auf. Es han- delt sich seitdem um eine der Aufgaben, die im Bereich Leistungssport erfüllt werden müssen. Das stärkt den Anreize für jene gesetzt werden, die „langfristig ihre be- Gestaltungsspielraum von Trainer/innen und Athlet/ rufliche Zukunft als Trainerin oder Trainer in Hessen se- innen, die sich an Entwicklungsprozessen in den jewei- hen“, wie es der Hessische Innen- und Sportminister so- OBEN ligen Gremien aktiv beteiligen können. Mit der Veran- wie Stiftungsvorsitzender Peter Beuth beschreibt. Wer Im September tagte der kerung beider Vertretungen in der Satzung ist der lsb h die Weiterbildung „Trainer im Nachwuchsleistungssport“ „Fachbeirat Trainer“ zum ersten Mal. Ende Juni Vorreiter in Deutschland. des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) absol- waren neben der Trainer/ vieren möchte, hat zudem die Möglichkeit, beim lsb h innen- auch die Athlet/ Bereits Ende 2021 konstituiert hatte sich die Athlet/ die Übernahme der Kosten (1.500 Euro) zu beantragen. innen-Vertretung in der innen-Vertretung, die sich für die Belange aller Bun- Überdies profitieren Trainer/innen – wie auch Athlet/in- Satzung des Landessport- deskaderathlet/innen in hessischen Vereinen und am nen – von den zahlreichen Kooperationen des OSPH mit bundes Hessen (lsb h) Olympiastützpunkt Hessen (OSPH) einsetzt. Im Früh- Bildungsinstitutionen wie der Deutschen Sportakade- verankert worden. jahr dieses Jahres folgte die Wahl eines „Fachbeirats mie, die ihnen eine Duale Karriere ermöglichen, indem Foto: Ralf Wächter Trainer“, dem neun Akteur/innen aus unterschiedli- sie attraktive, flexibel absolvierbare Aus- und Weiterbil- chen Fachverbänden und leistungssporttreibenden dungen anbieten. Das Land Hessen setzt sich zudem für Vereinen angehören, die die Interessen aller im hessi- die Einführung eines Studiengangs für Trainer/innen im schen Leistungssport tätigen Trainer/innen vertreten. Leistungssport an der Goethe-Universität in Frankfurt Im September fand eine erste öffentliche Tagung statt. ein. Dieser könnte perspektivisch eine sinnvolle Alterna- Mehr als 60 Trainer/innen aus insgesamt 26 Sportarten tive zur Ausbildung an der Deutschen Sporthochschule nahmen an der Zusammenkunft teil, die unter dem Slo- in Köln darstellen. gan „Trainer im Wandel der Gesellschaft“ stand und Titelthema den Status quo in Hessen beleuchtete. Das Fazit: Die Unterstützung für Leistungssport in Vereinen Rahmenbedingungen entsprechen noch nicht dem, Leistungs- was sich Trainer/innen wünschen. Die Wertschätzung für den Beruf etwa müsste höher sein – nicht nur in fi- Unterstützung können auch Athlet/innen und Trainer/ innen bekommen, die in leistungssporttreibenden Ver- sport nanzieller Hinsicht. Allerdings wurden auch die Ent- einen aktiv sind. Hessen zählt zu den wenigen Bundes- wicklungen gelobt, die sich in den vergangenen Jahren ländern, in denen nicht nur die Arbeit in den Verbän- vollzogen haben. Das Land Hessen und der lsb h haben den vom Land bezuschusst wird. Seit rund vier Jahren in vielerlei Hinsicht Verbesserungen angestoßen – bei- haben leistungssporttreibende Vereine die Möglich- spielsweise mit einem Landestrainerprogramm. keit, in mehreren Bereichen eine Förderung zu bean- tragen – etwa für besondere Trainings- und Wett- Eine aktuelles Projekt: Die Vergabe von Stipendien an kampfmaßnahmen von Nachwuchs- und Spitzenathlet/ junge Verbands- oder Vereinstrainer/innen durch die innen, die Beschaffung spezieller Materialien oder die Sportstiftung Hessen (SSH), um ihre Arbeit wertzuschät- kurzfristige Beschäftigung von Spezialtrainern. Insge- zen und die Attraktivität des Berufs zu steigern. Mit ei- samt stehen 200.000 Euro zur Verfügung. ner monatlichen Förderung von bis zu 400 Euro sollen Daniel Seehuber SIH 2 2 / 05.11.2022 Zurück zum Inhalt
10 TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT Wichtige Unterstützung Eduard Trippel, Olympia-Silbermedaillengewinner von Tokio, ist schon seit mehreren Jahren auf dem „Hessischen Weg“ O lympia-Silber im Einzel, Bronze im Team, Sportler des Jahres in Hessen und kürzlich wie- der Team Bronze bei der WM in Taschkent (Us- bekistan): Judoka Eduard Trippel blickt zufrie- den auf die vergangenen zwei Jahre zurück. Zwar ist er bei den Titelkämpfen im Oktober im Einzel ( „selbstver- schuldet“) früh ausgeschieden, doch insgesamt verlief die Saison für ihn gut und er hat sein Ziel, den Final- Kampf um die Goldmedaille bei den Olympischen Spie- len in Paris 2024 fest im Blick. Dass sein Traum von einer olympischen Medaille je Wirklichkeit werden könnte, stand für den Rüsselshei- mer 2016 noch stark in Frage. Zwei Jahre zuvor hatte er die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften Dennoch beschreibt die Episode gut, mit welchem En- der Kadetten gewonnen und jetzt begann er seine Aus- gagement die Förderung der Leistungssportler/innen bildung in der Sportfördergruppe der Hessischen Poli- in Hessen angegangen wird, und dass Förderung auch OBEN zei. „Der Laufbahnberater des Olympiastützpunktes, weit mehr bedeutet, als nur finanzielle Mittel bereitzu- Die Silbermedaille von Arnulf Rücker hat mich damals auf die Idee gebracht, stellen. Eduard Trippel ist vom Hessischen Weg über- Tokio hat bei Eduard Trippel Lust auf mehr dass diese Ausbildung für mich der richtige Weg sein zeugt: das Studium in der Sportfördergruppe bietet gemacht. Der könnte“, erinnert sich Eduard Trippel an diese Zeit. zum einen den Raum, der nötig sei, um sich sportlich Rüsselsheimer Judoka weiterzuentwickeln, gleichzeitig schaffe die berufliche will in Paris 2024 Gold Der Hessische Weg mit Hindernissen Perspektive die nötige Sicherheit, um sich tatsächlich gewinnen! auf den Sport konzentrieren zu können. Foto: DOSB Die Ausbildung ermöglicht den Sportler/innen, mor- gens vor dem Unterricht und am frühen Nachmittag zu Kontinuität in der Betreuung trainieren. „Dafür ist die Ausbildungsdauer gestreckt, bei uns Sportlern dauert sie viereinhalb, statt wie üb- Auch die Kontinuität in der Betreuung spielt für Trippel lich drei Jahre“, erläutert der inzwischen fertige Poli- eine wichtige Rolle. „Die Physiotherapeuten des Olym- zeikommissar. „Eigentlich ideale Voraussetzungen.“ piastützpunktes haben mir schon im Juniorenbereich sehr viel geholfen“, sagt er. Da Judo ein verletzungs- Doch der Judo-Bundestrainer war da anderer Auffas- anfälliger Sport ist, schätzt Trippel die Unterstützung sung! Er bedeutete Trippel, dass er nur dann mit inter- der medizinischen Abteilung des Olympiastützpunktes nationalen Nominierungen im Seniorenbereich rech- ganz besonders. „Gerade in der Reha und beim Auf- nen könne, wenn er in Köln trainieren würde. Das bautraining spielen die Physios eine wichtige Rolle“, Titelthema würde aber gleichzeitig den Abbruch der Ausbildung in weiß er. Hinzu kommt die Nähe zum Rüsselsheimer Hessen bedeuten. Ein Schock für den jungen Sportler. Doch er war nicht alleine, sondern bekam Unterstüt- Heimtrainer Andreas Esper, der für ihn immer noch eine bedeutende Rolle spielt. „Andreas Esper hat Leistungs- zung. „Ich erinnere mich noch, wie wir damals zusam- men saßen. Meine Polizeiausbilder, ein Vertreter des mich schon als Kind trainiert und seine Ratschläge und Tipps sind für mich immer noch wichtig.“ Auch sport Innenministeriums, Thomas Neu vom Landessport- das regelmäßige Training mit seinem Sparringspart- bund, Werner Schaefer vom Olympiastützpunkt und ner Nils Fassmann beim Judoclub Rüsselsheim ist ein nicht zuletzt der Bundestrainer. Das war ein harter Baustein in Trippels Erfolgsgeschichte. Kampf.“ Froh ist Eduard Trippel auch über die Hilfe durch die Aber es gelang der Runde, ein Modell zu entwickeln, Sportstiftung Hessen und den Geschäftsbereich Leis- das allen Bedürfnissen gerecht wurde und ermöglichte, tungssport des Landessportbundes. Von dort wird er dass Trippel in Hessen bleiben konnte. Der Erfolg gibt beispielsweise bei der Sponsorensuche erfolgreich un- den Beteiligten Recht. Eduard Trippel gehört inzwi- terstützt: Seit Kurzem ist Eduard Trippel mit einem schen zu den zehn besten Judoka der Welt „und seit BMW des Wiesbadener Autohauses Karl und Co. unter- den Olympia-Medaillen kann ich mehr oder weniger wegs, das dem Silbermedaillengewinner zur Verfügung selbst entscheiden, wann und wo ich trainiere“, sagt er gestellt wird. Eine Hilfe, die Eduard Trippel durchaus mit einem verschmitzten Lächeln. wertzuschätzen weiß. Markus Wimmer SIH 2 2 / 0 5 . 1 1 . 2 0 2 2 Zurück zum Inhalt
TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT 11 Der richtige Schritt Benedikt Sachs: Das Sportinternat als perfekte Lösung für Hanauer Ruderer U m 6.15 Uhr startet der Tag für Benedikt Sachs mit dem Frühstück in der Sportschule des Lan- dessportbundes. Danach geht es von 7 Uhr bis 9.30 Uhr in die erste Trainingseinheit für den 18-jährigen Ruderer aus dem Sportinternat des Lan- dessportbundes. Nach dieser ersten Einheit fährt er mit dem Fahrrad zur Carl-von-Weinberg-Schule, wo bis ge- gen 13 Uhr Unterricht auf dem Programm steht. Nach dem Mittagessen im lsb h-Sportrestaurant geht es dann wieder per Rad zum Bootshaus der Frankfurter Rudergesellschaft Germania (FRG), wo dann bis zum Abend Training auf dem Wasser ansteht. Benedikt Sachs hat das Rudern im Alter von 13 Jahren an der Hohen Landesschule in Hanau im Rahmen eines denkt über verschiedene Perspektiven nach. Auf jeden Schulprojektes kennengelernt und trainierte bislang in Fall sind ihm die Anregungen und Tipps von Laufbahn- der Hanauer Rudergesellschaft 1879. Seit Februar berater Bernd Brückmann vom Olympiastützpunkt Hes- 2022 lebt der Hanauer im Sportinternat in Frankfurt. sen wichtig, Benedikt Sachs macht sich einige Gedan- Die gute und enge Zusammenarbeit zwischen Olympia- ken über seine sportliche und außersportliche Zukunft. stützpunkt Hessen, Sportinternat und der Carl-von- Weinberg-Schule hat es ihm ermöglicht, mitten im Für sein Prüfungsfach Sport ist er allerdings uneinge- OBEN Jahr nahezu problemlos die Schule zu wechseln. schränkt zuversichtlich und nennt gleich einen weite- Benedikt Sachs (Mitte) ren Vorteil aus seinem Umzug ins Sportinternat: „Beim bei den Deutschen Meisterschaften in Köln. 15 Minuten bis zum Bootshaus Thema Volleyball habe ich unheimlich von meinen Mit- Foto: Felizita Sachs schülern profitiert, das ist wirklich etwas besonderes, Sachs rudert jetzt für die Frankfurter Rudergesellschaft wer kann sich sonst schon Tipps von Nationalspielern Germania (FRG), deren Bootshaus er innerhalb von 15 holen?“ Minuten mit dem Rad erreichen kann. Den Schritt weg aus dem Elternhaus nach Frankfurt ins Sportinternat Aber nicht nur von der Unterstützung durch andere hat er bis heute nicht bereut. Sportlerinnen und Sportler und den gemeinsamen Teamgeist ist er begeistert, auch die Rahmenbedin- „Mein Ziel war es, mich für die Weltmeisterschaft im gungen, die das Sportinternat bietet, weiß er zu schät- Zweier zu qualifizieren, wofür ich bessere Trainingsbe- zen. „Die Betreuung im Sportinternat ist wirklich um- dingungen brauchte. Da ich aber auch mein Abitur ma- fassend, und man bekommt schon sehr vieles chen möchte und somit Schule und Training in Ein- abgenommen“, lobt er sein aktuelles Umfeld. „Und da klang bringen muss, war der Umzug ins Internat genau ich schon 18 bin, kann ich mir meinen Tagesablauf der richtige Schritt für mich.“ auch selbstständiger einteilen, als die jüngeren Schü- lerinnen und Schüler.“ Die Qualifikation für die Junioren-Weltmeisterschaft hat Benedikt Sachs zwar in diesem Jahr knapp ver- Zur Selbstständigkeit führen passt, doch der Rückschlag fördert seinen Ehrgeiz eher, als ihn zu bremsen. „Im ersten U23-Jahr ist es Für die Jüngeren wird bestens gesorgt und viel Energie extrem schwer gleich an der Spitze mitzumischen, dazu darauf verwendet, die schulische und die sportliche muss man schon ein wirklich herausragendes Talent Entwicklung gleichermaßen zu fördern, ist seine Erfah- sein“, weiß er. So steht aktuell für den 18-Jährigen zu- rung. „Es ist toll zu sehen, wie die Jüngeren dabei zu nächst neben dem täglichen Training die Schule mehr immer mehr Selbstständigkeit geführt werden“. Denn im Vordergrund. obwohl den Schülerinnen und Schülern viele Erschwer- nisse erleichtert werden, sollen sie alle am Ende zu Benedikt Sachs würde gerne Medizin studieren, aber selbstsicheren und mündigen Sportlerinnen und Sport- der dafür notwendige Numerus Clausus stellt eine lern werden. schwere Hürde dar. Auch dank der Unterstützung durch das Sportinternat hat er zwar immer noch Hoffnung, dieses Ziel zu erreichen, aber er ist auch Realist und Markus Wimmer SIH 2 2 / 05.11.2022 Zurück zum Inhalt
12 TITELTHEMA LEISTUNGSSPORT Am Ende zählt die Leistung Hessens Leistungssportförderung hat viele erfolgreiche Athletinnen und Athleten hervorgebracht L eistungssportförderung ohne Leistungen ergibt keinen Sinn, daran besteht sicher kein Zweifel. Der Medaillenspiegel sollte zwar nicht das Maß aller Dinge sein, aber im gesamten Sport gilt, was auch für den Fußball gilt: „Wichtig ist auf dem Platz“ oder anders gesagt: Am Ende zählen die Ergebnisse. Dass die Sportförderung in Hessen weit mehr im Blick hat als Ergebnisse und Medaillen, kennzeichnet den Hessischen Weg. Es wird auch auf die Karriere nach der Karriere geschaut, und die Betreung zielt auf weit mehr ab als auf die reine Leistungsfähigkeit der Sportler/in- nen. Und dennoch oder gerade deshalb kann sich die sportliche Bilanz der hessischen Leistungssportförde- rung sehen lassen. Eckpfeiler der Förderung Einer der Eckpfeiler der Leistungssportförderung in Hessen ist die Sportstiftung Hessen, die am 11. Dezem- ber 2001 unter dem damaligen Namen „Stiftung Sport- hilfe Hessen“ gegründet wurde. Unterstützt wurden damals zunächst ein rundes Dutzend Sportlerinnen und Sportler. Die Namen Ariane Friedrich, Betty Heid- ler, Fabian Hambüchen oder Timo Boll sprechen für sich. Was Nicht-Hess/innen nur selten wissen: Hessen ist ein Wintersportland. Skispringer Stephan Leyhe steht hier- Sie stehen für die Sportförderung in Hessen ebenso wie für ebenso wie die Bob-Olympiasiegerin Deborah Levi OBEN Stephan Leyhe, Carolin Schäfer, Marco Koch, Sarah oder die Bob-Pilotin Kim Kalicki. Und Hessen bringt Hessische Spitzensport- Wellbrock oder Christian Reitz. Sie alle sind Olympia- immer wieder auch Geschichten hervor, wie die von Fe- ler/innen (oben von links): Dorothee sieger/innen, Welt- oder Europameister/innen, haben lix Rhijnen, jetzt ebenfalls Wintersportler im Eisschnel- Schneider und Stephan Medaillen gewonnen oder Rekorde errungen. Dabei lauf, der zuvor auf Inlineskates Titel um Titel geholt Leyhe, (unten von zeichnet sich der hessische Top-Leistungssport durch hat und erfolgreich die Rollen gegen Kufen getauscht links): Sarah Wellbrock eine große Vielfalt aus. Aktuell betreut die Sportstif- hat. und Deborah Levi. tung beispielsweise rund 300 Athletinnen und Athle- Fotos: Dorothee ten in mehr als 40 Sportarten. Erfolgsmodell Sportfördergruppe Schneider: Stefan Lafrentz, Stephan Leyhe: Team Deutschland/ Große Vielfalt in Hessen Rhijnen ist ebenso Polizist wie Eduard Trippel oder Marvin Ronsdorf, Sarah Olympiasieger Christian Reitz. Auch Carolin Schäfer Wellbrock: Sheila Sheth, Mit Timo Boll, Patrick Franziska, Ruwen Filus oder Pet- und Kim Kalicki waren in der Sportfördergruppe der Deborah Levi: Team rissa Solja wird deutlich, dass Hessen eine Tischtennis Hessischen Polizei. Letztere war im Übrigen wie viele Deutschland/Hüttemann -Hochburg ist. Aber auch die Leichtathletik in Hessen der Genannten Hessens Sportlerin des Jahres und zu- bringt Spitzensportler/innen hervor. Gesa Krause, Caro vor Hessens Newcomer des Jahres. Fabian Hambüchen Schäfer und zuletzt Lisa Mayer bringen in ihren Diszip- ist ebenso auf dieser Liste wie Gesa Krause, Carolin linen Spitzenleistungen. Auch der Para-Leichtathlet Schäfer, Eduard Trippel oder Europameisterin Lisa Felix Streng und Para-Schützin Natascha Hiltrop be- Mayer. Sie alle wurden schon als Jugendliche oder Ju- treiben ihren Sport auf höchstem Niveau. nior/innen ausgezeichnet, was als Beleg dafür gedeu- tet werden kann, dass die hessische Leistungssportför- Mit Sarah Wellbrock, Anna Elendt und Lukas Matzerath derung ihr ureigenstes Ziel nicht aus den Augen ist auch der Schwimmsport stark vertreten. Alexander verliert, die Förderung von jungen Athletinnen und Wieczerzak und Eduard Trippel stehen für begeisternde Athleten, um sie an die Spitze in ihren jeweiligen Judo-Kämpfe und auch im Reitsport sind Hessen mit Sportarten zu bringen indem man sie umfassend der zweifachen Olympiasiegerin Dorothee Schneider in unterstützt. der Weltspitze. Markus Wimmer SIH 2 2 / 0 5 . 1 1 . 2 0 2 2 Zurück zum Inhalt
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