SERI BACKGROUND PAPERS - "Energieautarke Gemeinden"

Die Seite wird erstellt Emil Petersen
 
WEITER LESEN
SERI BACKGROUND PAPERS - "Energieautarke Gemeinden"
SERI BACKGROUND PAPERS

"Energieautarke Gemeinden"
Bewertung des Erreichens der Energie-
autarkie dreier österreichischen Gemeinden

Horak Daniel
Laaber Michael
Müller Angelika
Neururer Christoph
Reinstadler Simon
Schwarzbauer Anna
Stadelmann Julia
Strahlhofer Lukas

                                No. 13, April 2007
SERI BACKGROUND PAPERS - "Energieautarke Gemeinden"
Energieautarke Gemeinden

Danksagung
Diese Arbeit entstand durch die Zusammenarbeit der Universität für Bodenkultur Wien (BO-
KU) und dem Sustainable Europe Research Institute (SERI).

Unser besonderer Dank gilt Ines Omann, Mitarbeiterin am SERI, für die kompetente und
hilfreiche Betreuung der Arbeit.

Herzlicher Dank gilt auch den MitarbeiterInnen in den Gemeinden, die sich die Zeit für un-
sere Fragen und Interviews genommen haben und uns jede Menge Daten zur Verfügung
stellten.

Christiane Brunner und Manfred Hotwagner vom Europäischen Zentrum für Erneuerbare
Energie Güssing GmbH haben uns immer freudlich und bereitwillig Auskunft erteilt und sehr
viele Daten zukommen lassen.

STR Mag. Oswin Donnerer und Barbara Kulmer standen uns in Weiz mit Rat und Daten zur
Verfügung.

Dank gilt auch dem Bürgermeister und ausgebildeten Energieberater der Gemeinde Mäder,
Rainer Siegele, für die Beantwortung und Hilfe bei ausständigen Fragen und Bereitstellung
von fehlenden Daten.

                                           - ii -
SERI BACKGROUND PAPERS - "Energieautarke Gemeinden"
Energieautarke Gemeinden

Inhaltsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis                                                                                                                 iv

1. Einleitung                                                                                                                                        1
   1.1. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                         2

2. Beschreibung des Kriterienkatalogs                                                                                                                3
   2.1. Wärme . . . . . . . . . . . . . .     .    .   .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
   2.2. Verkehr . . . . . . . . . . . . . .   .    .   .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    4
   2.3. Strom . . . . . . . . . . . . . . .   .    .   .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    4
   2.4. Allgemein . . . . . . . . . . . . .   .    .   .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    5

3. Beschreibung der Gemeinden                                                                                                                        8
   3.1. Güssing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                        8
   3.2. Mäder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                       10
   3.3. Weiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                      11

4. Bewertung der Gemeinden anhand des Kriterienkatalogs                                                                                             12
   4.1. Güssing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                       12
   4.2. Mäder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                       17
   4.3. Weiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                      23

5. Vergleich der Gemeinden                                                                                                                          30
   5.1. Land- und forstwirtschaftliche Ressourcen                   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   30
   5.2. Gewerbe und Industrie . . . . . . . . . . .                 .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   30
   5.3. Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   31
   5.4. Treibstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . .              .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   31
   5.5. Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   32
   5.6. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . .               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   33

6. Zusammenfassung und Schlussfolgerung                                                                                                             36

Literatur- und Quellenverzeichnis                                                                                                                   40

A. e5-Programm                                                                                                                                      41

                                                  - iii -
Energieautarke Gemeinden

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

  4.1. Förderungen des Landes Burgenland für die Errichtung von Alternativener-
       gieanlagen im Wohnbereich (vgl. [1]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      16
  4.2. Eigenstromproduktion [kWh] der Photovoltaikanlage in Mäder in den Jahren
       2001-2005 (vgl. [2]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    19
  4.3. Kummulierte Förderungssummen seit 1990 für energiesparende Aktionen in
       der Gemeinde Mäder (vgl. [3], S.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      21
  4.4. Förderungen der Gemeinde Mäder für energierelevante Maßnahmen (vgl. [3])                21
  4.5. Gesamtbilanz der Wärmeversorgung in Weiz 2004 (vgl. [4]) . . . . . . . . . .            24

  5.1. Vergleich der Gemeiden in Bevölkerung, Beschäftigte und Erwerbstätige (vgl. [5]) 31
  5.2. Vergleich der Wärmeverbrauchsdaten in den Gemeiden *(vgl. [5]) **(vgl. [6])
       ***(vgl. [7]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
  5.3. Vergleich von Treibstoffverbrauch und -produktion in den drei Gemeiden *(vgl. [6]),
       **(vgl. [7]), ***(eigene Schätzung, abgeleitet aus [8]) . . . . . . . . . . . . . . 32
  5.4. Vergleich von Stromverbrauch und -produktion der Gemeinden *(vgl. [6]), **(vgl. [7]),
       ***(eigene Schätzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Abbildungsverzeichnis

  4.1. Entwicklung des Fernwärmenetzes in Güssing in den Jahren 1997-2006 (vgl. [9]) 13
  4.2. Wärmeverbrauch des Schulgebäudes in Güssing in den Jahren 1997-2006
       (vgl. [9]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
  4.3. CO2 -Bilanz der Gemeinde Mäder 1987-2004 (vgl. [10]) . . . . . . . . . . . . 23

                                             - iv -
Energieautarke Gemeinden

1. Einleitung
Der Begriff Autarkie (von altgriech. αύτ άρκια „Selbständigkeit“) bezeichnet im Allgemei-
nen die Fähigkeit einer Organisationseinheit, alles, was sie ver- und gebraucht, aus eigenen
Ressourcen selbst zu erzeugen bzw. herstellen. Unter autarken Organisationseinheiten kann
man sowohl wirtschaftliche Einheiten wie Volkswirtschaften, Wirtschaftsregionen oder Haus-
halte, aber auch Ökosysteme verstehen. Ihnen allen gemein ist, dass vollständige Autarkie
nie gänzlich erreicht werden kann (vgl. [11]).

Energieautarkie auf kommunaler Ebene ist als partielle Autarkie anzusehen, bei der die
Gemeinden bestrebt sind, ausschließlich ihre Energieversorgung in den Bereichen Wärme,
Strom und Verkehr von Importen (zumindest in einem Bilanzierungs-Zeitraum) weitgehend
unabhängig zu machen. Dies soll zum einen durch die Substitution importierter, meist fossi-
ler Energieträger durch eigene Erzeugung aus Erneuerbaren Energien, zum anderen durch
steigende Energieeffizienz ermöglicht werden.

Zu erneuerbaren Energieträgern zählt man hierbei Biomasse, Wind, Sonne, Wasserkraft,
Biokraftstoffe, Erdwärme, Deponie-, Klär- und Biogas (vgl. [12]).

Unter Beibehaltung unseres derzeitigen Lebensstils bei gleichbleibend hohem Energie- und
Ressourcenverbrauch erscheint eine vollständige Energieautarkie praktisch unmöglich, oh-
ne gleichzeitig die Rahmenbedingungen zu ändern.

Dessen bewusst, sind die meisten Energieautarkie-Konzepte von Gemeinden primär nach
dem Prinzip „der Weg ist das Ziel“ aufgebaut. Konkret bedeutet dies, dass sich aus entspre-
chenden Maßnahmen wie z.B. dem verstärkten Einsatz regional verfügbarer erneuerbarer
Energieträger eine Reihe positiver „Nebeneffekte“ ergeben.

Hierzu zählen u.a.:

   • Erhaltung und Steigerung regionaler Wertschöpfung

   • Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen

   • Innovationsförderung

   • Erreichung von Klimaschutzzielen

   • Kostenreduktion und Wettbewerbsvorteile durch Effizienzsteigerung

In der hier vorliegenden Seminararbeit werden drei verschiedene Gemeinden - Weiz, Mä-
der und Güssing - bezüglich ihres Strebens, energieautark zu werden, verglichen. Dies ge-
schieht auf Basis eines im Zuge der Arbeit erstellten Kriterienkataloges. Im Folgenden wird
zunächst die Methodik der Arbeit näher erläutert. Kapitel 2 beschreibt den Kriterienkatalog
zur Bewertung der Energieautarkie. Anschließend werden die betrachteten Gemeinden kurz

                                           -1-
Energieautarke Gemeinden

beschrieben, bevor sie in Kapitel 4 anhand der Kriterien bewertet werden. In Kapitel 5 wer-
den die Gemeinden hinsichltich ihrer Energieautarke miteinander verglichen. Den Abschluss
der Arbeit bilden eine Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.

1.1. Methodik
Um den in Kapitel 2 beschriebenen Kriterienkatalog entwickeln zu können, wurde zuerst der
Begriff Energieautarkie definiert. Die zentrale Frage war, welche Kriterien eine Gemeinde
erfüllen muss, damit sich diese energieautark nennen darf. Durch die Definition war es mög-
lich, Forderungen für Themenbereiche anzuführen, die Gemeinden erfüllen müssen. Ausge-
hend von diesen Themenbereichen und Forderungen wurden Kriterien mit dazugehörenden
Indikatoren festgelegt.

Die Gemeinden selbst wurden aus unterschiedlichen Gründen ausgewählt. Güssing wurde
aufgrund seiner Vorbildfunktion bewertet. Weiz wurde wegen persönlicher Präferenzen hin-
zugezogen. Mäder wurde ausgewählt, da einerseits die Einwohnerzahl mit der von Güssing
vergleichbar ist und andererseits Mäder eine vorbildliche e5 Gemeinde ist.

Zur Bewertung der Gemeinden wurden einerseits Sekundärdaten, wie die Internetauftritte
der Gemeinden, themenbezogene Fachliteratur, diverse Publikationen über die Gemeinden,
etc. und andererseits wurden viele Daten selbst erhoben. Dazu wurden telefonische oder
persönliche Interviews mit verantwortlichen Personen aus den Gemeinden durchgeführt.
Weiters wurden viele Auskünfte schriftlich erteilt.

Im Kapitel Vergleich der Gemeinden werden die Daten den Kriterien gegenübergestellt und
ergänzend wird beschrieben, wo sich die Gemeinden auf ihrem Weg zu Energieautarkie
befinden.

                                           -2-
Energieautarke Gemeinden

2. Beschreibung des Kriterienkatalogs

Im folgenden Kapitel werden die einzelnen Kriterienblöcke Wärme, Strom, Verkehr und All-
gemeines mit ihren Indikatoren beschrieben. Der Kriterienkatalog soll anschließend dazu
dienen, die Gemeinden in Hinblick auf ihre Energieautarkie zu bewerten.

2.1. Wärme
In den folgenden Abschnitten wird näher auf die Kriterien zur Wärmebereitstellung aus er-
neuerbaren Energien eingegangen.

2.1.1. Kapazitäten zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien
Unter diesem Kriterium versteht man das Vermögen einer Gemeinde, den Wärmebedarf
durch erneuerbare Energien selber zu decken (d.h. durch Solarthermie, Biomasse, Biogas,
Geothermie, etc.). Erhoben werden dabei Anzahl, Art und Anlagenleistungen. Als Indikator
dient der Anteil der Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energieträgern am Gesamtwärme-
bedarf der Gemeinde.

Ziel ist eine möglichst vollständige Abdeckung des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Ener-
gien.

2.1.2. Angeschlossene Betriebe und Haushalte
Unter diesem Kriterium versteht man die Anzahl der angeschlossenen Haushalte bzw. Be-
triebe an Netzwerken, die Wärme aus erneuerbaren Energien bereitstellen. Indikator ist hier
der Prozentsatz bzw. Deckungsgrad an angeschlossenen Gebäuden, gemessen am gesam-
ten Gebäudebestand einer Gemeinde.

Ziel ist ein möglichst hoher Deckungsgrad.

2.1.3. Veränderung im Wärmegesamtverbrauch
Unter diesem Effizienzkriterium versteht man die Veränderung des Gesamtwärmebedarfs
der Gemeinde ab einem Referenzzeitpunkt. Dies umfasst den Wärmeaufwand aller öffent-
lichen Gebäude sowie Haushalte und Betriebe. Es werden Maßnahmen (z.B. Wärmedäm-
mung von Gemeindebauten, Förderung von Gebäudeisolierungen, Einsatz kontrollierter Raum-
lüftungen, Niedrigtemperaturheizung, Wärmeregulierung, geförderter Neubau von Niedrig-
energie- bzw. Passivhäusern) qualitativ beschrieben und die dadurch erreichte Einsparung
in [GWh/(EW*a) bzw. %] als Indikator herangezogen.

                                             -3-
Energieautarke Gemeinden

Damit dies zwischen den Gemeinden vergleichbar bleibt, werden Daten seit dem Jahr 2001
zueinander in Relation gesetzt.

2.2. Verkehr
In den folgenden Abschnitten wird näher auf die Bemühungen der Gemeinden in punkto Ver-
kehr eingegangen. Diese beinhalten die Herstellung und Bereitstellung von Biotreibstoffen.

2.2.1. Anlagenkapazitäten für Biotreibstoffe
Dieses Kriterium umfasst die verfügbaren Anlagen zur Biotreibstoffproduktion in den Ge-
meinden. Als Indikator ist zu bestimmen wie viel Prozent des Treibstoffbedarfs einer Ge-
meinde durch selbst erzeugte Biotreibstoffe abgedeckt werden können. Dabei wird ange-
nommen, dass sich eine Gemeinde umso umweltschonender verhält, je mehr Biotreibstoffe
sie produziert.

Das Ziel ist die Steigerung der Biotreibstoffproduktion.

2.2.2. Nachfrage nach Biotreibstoffen/Tankstellennetz
Die Nachfrage nach Biotreibstoffen soll die Benützung von Biotreibstoffen durch die Bevöl-
kerung veranschaulichen. Dazu ist es jedoch notwendig, das Tankstellennetz und damit die
Verfügbarkeit des Biotreibstoffes zu kennen, da dies die Versorgung der Bevölkerung mit
Biotreibstoffen gewährleistet. In erster Linie sollen öffentliche „Biozapfsäulen“ als Kriterium
herangezogen werden. Manche Landwirte besitzen ihre eigene Zapfsäule, da diese aber
nicht für jeden zugänglich ist, werden sie bei der Bewertung nicht berücksichtigt.

Indikator für dieses Kriterium ist die Anzahl der Biodieseltankstellen zum aktuellen Zeitpunkt
(Dez. 2006) in der Gemeinde. Das Ziel ist eine Erweiterung des Absatzmarktes.

2.3. Strom
Im folgenden Kapitel wird näher auf die Deckung des Stromeigenbedarfs der Gemeinden mit
erneuerbaren Ressourcen aus der Region eingegangen.

2.3.1. Effizienz der Stromproduktion
Nach Auffassung der AutorInnen ist die Effizienz der Umwandlung von Primärenergie in
Strom sehr wichtig zur Bewertung von Nachhaltigkeit. Es sollen die Anlagen, die Strom aus
erneuerbaren Energiequellen erzeugen, mit möglichst hohem Wirkungsgrad betrieben wer-
den. Beispielsweise gab es bei der festen Biomasse in den letzten Jahren eine Weiterent-
wicklung der Technologien, was mit einer Erhöhung des Wirkungsgrades einherging. Das
Ziel sollte sein, dass die neuesten Errungenschaften genutzt werden und somit das Opti-
mum bei der Energieumwandlung in Strom erreicht wird.

                                             -4-
Energieautarke Gemeinden

Indikator ist hierbei der elektrische Wirkungsgrad der Stromgewinnungsanlage in Prozent.

2.3.2. Deckungsgrad der Stromproduktion in der Gemeinde
Um quantitativ bestimmen zu können, inwieweit eine Gemeinde unabhängig von Stromim-
porten ist, wird der gesamte Stromverbrauch in der Kommune dokumentiert und der Stromei-
genproduktion gegenübergestellt. Als Ziel wird angestrebt, den gesamten Stromeigenbedarf
aus erneuerbaren Energieträgern vollständig zu decken, bzw. überschüssigen Strom in das
öffentliche Netz einzuspeisen.

Indikator ist die Relation zwischen verbrauchtem und produziertem Strom (in Prozent).

2.3.3. Reduktion des Stromverbrauchs
Wie auch bei den anderen Energieträgern ist die Reduktion des Gesamtstromverbrauchs
ein vorrangiges Ziel. Darunter versteht man die Veränderung des Stromverbrauchs der Ge-
meinde in [MWh/(EW*a)] ab einem Referenzzeitpunkt. Als Referenzzeitpunkt dient das Be-
zugsjahr 2001.

2.4. Allgemein
In den folgenden Kapiteln wird näher auf die Kriterien Forschungseinrichtungen, Versuchs-
anlagen, Institutionen, Förderungen, Energieberatung im Wohnbau, Schaffung und Förde-
rung von Arbeitsplätzen, Verwertung von Rohstoffen aus der Region, Schadstoffreduktions-
ziele und Schadstoffreduktionen sowie deren Indikatoren eingegangen.

2.4.1. Forschungseinrichtungen, Versuchsanlagen, Institutionen
Dieses Kriterium soll die Förderung der Forschung im Sektor erneuerbare Energien bewer-
ten. Als zu bewertende Forschungseinrichtungen, Versuchsanlagen und Institutionen gelten
all jene, die im Bereich der Energietechnologie und Energieeffizienz tätig sind.

Die Forschungstätigkeit ist für den weiteren Ausbau der Energieautarkie von großer Rele-
vanz. Weiters sollen effizientere Technologien entwickelt werden, um den steigenden Ener-
giebedarf decken zu können. Damit verbunden sind mehr Arbeitsplätze und eine größere
regionale Wertschöpfung

Die Anzahl der Forschungseinrichtungen, Versuchsanlagen und Institutionen in der jeweili-
gen Gemeinde zum Untersuchungszeitpunkt (2006) ist der zu verwendende Indikator. Das
Ziel sind möglichst viele und innovative Einrichtungen.

2.4.2. Förderungen
Finanzielle Unterstützungen der öffentlichen Hand für Energiesparmaßnahmen in den Haus-
halten der Region/Gemeinde, dienen als Anreize, um die formulierten Ziele in den Ener-
gieprogrammen der Gemeinden zu erreichen. Andererseits sind diese wichtig für die Län-

                                           -5-
Energieautarke Gemeinden

der, um den Verpflichtungen in überregionalen oder internationalen Abkommen (z.B. Kyoto-
Protokoll) nachkommen zu können. Effizienzsteigerungen und Substitution fossiler Energie-
träger durch erneuerbare Energien sollen das Erreichen von gesetzten Umweltzielen ermög-
lichen.

Förderungen für Maßnahmen zu Energieeinsparungen im Wohnbereich stellen finanzielle
Anreize für die Bevölkerung dar, den finanziellen Aufwand zur Nutzung alternativer Ener-
giequellen für den Wohnbereich zu überwinden. (Langfristig kommt es oft zu Kosteneinspa-
rungen durch Neuanlagen, aber die kurzfristigen hohen Anschaffungskosten hemmen die
Investitionsbereitschaft z.B. Förderungen für Wärmedämmungen, Förderungen für Solaran-
lagen, etc.).

Der Indikator ist die Höhe der möglichen Förderungen in Euro. Der Betrag wird aus verschie-
denen Förderprogrammen akkumuliert.

2.4.3. Energie-Beratung im Wohnbereich
Gemeinden, die ernsthaft den Weg in Richtung Energieautarkie beschreiten wollen, sind
besonders auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Jede(r) einzelne BürgerIn
kann einen Beitrag zur Verbrauchsreduktion und zur verstärkten Unabhängigkeit von kon-
ventionellen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle leisten. Um nun die privaten Haushalte
zum sparsameren Verbrauch von Energie, sowie zur vermehrten Nutzung von erneuerbaren
Energien zu bewegen, ist ein umfangreiches Beratungsangebot von Seiten der Gemeinde
unerlässlich. Die Beratung kann dabei schriftlich, z.B. in Form von Broschüren, oder auch
durch direkte Beratungsgespräche, Vorträge, etc. erfolgen.

Beratungsthemen können sein:

   • Erneuerbare Energien; in privaten Haushalten liegen hier die Schwerpunkte vor allem
     auf Heizung und Warmwasseraufbereitung

   • Energieeffizienz; z.B. Wärmedämmung, E-Check, Passivhausbau, etc.

   • Finanzierung und Förderung

Als Indikator dient eine qualitative Beschreibung der Bemühungen der jeweiligen Gemeinden
in diesem Bereich.

2.4.4. Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dank Verwendung
       erneuerbarer Energien
Ein Hauptargument für die Forcierung von Erneuerbaren Energien ist neben der Klimaneu-
tralität die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen infolge der Stärkung regionaler Wirt-
schaftsräume. Dies liegt einerseits in der vermehrten Nutzung regionaler Rohstoffe in Form
von Biomasse, wobei vor allem die Forst- und Landwirtschaft profitieren kann. Andererseits
ergeben sich daraus neue Chancen für innovative Unternehmen in Bereichen wie Energie-
technik, Wärmedämmung und Hochbau. Weiters kann eine Region durch das Angebot von

                                            -6-
Energieautarke Gemeinden

preisgünstiger bzw. preisstabiler Energie aus erneuerbaren Quellen als Standort für Unter-
nehmen an Attraktivität gewinnen. Hinzu kommen auch neue Arbeitsplätze im Bereich der
Energieerzeugung.

Im Rahmen dieses Indikators soll eruiert werden, wie viele Arbeitsplätze seit dem Beschluss
des jeweiligen Energiekonzeptes gesichert bzw. geschaffen wurden. Ziel sind möglichst viele
geschaffene und gesicherte Arbeitsplätze.

2.4.5. Verwertung von Rohstoffen für die Produktion von Wärme, Strom und
       Treibstoffen aus der Region
Energieautarke Gemeinden sollen auch die Rohstoffe für die Produktion der verschiedens-
ten Energieformen selbst bereitstellen können. Die AutorInnen legen den Umkreis für den
Bezug der Rohstoffe auf circa 20km fest. Im Allgemeinen wird Biomasse hauptsächlich zur
Bereitstellung von Wärme und Strom sowie für die Produktion von Treibstoffen verwendet.
Strom wird häufig aber auch durch Windkraft und Photovoltaikanlagen bereitgestellt. Auch
Wärme wird alternativ über Solarthermie oder Geothermie gewonnen. Treibstoffe können
auch aus Altölen oder Altfetten hergestellt werden, der Großteil wird aber durch Biomasse
erzeugt.

Als Indikator für den Bezug von Rohstoffen dienen Biomasse und andere Energieträger (z.B.
Altöle und Altfette zur Treibstoffproduktion). Die Messgröße beschreibt den Bezug von Bio-
masse aus der Region. Ziel ist ein möglichst hoher Anteil an Rohstoffen aus dem Umkreis
der Gemeinden.

2.4.6. Emissionsreduktionsziele
Im Sinne von Klimaschutz und Luftqualität sind Emissionsreduktionen als Ergebnis der ge-
setzten energiepolitischen Maßnahmen ein interessantes Kriterium. Das Bewusstsein der
Problematik von Treibhausgasen und Luftschadstoffen wird durch das formulieren, anstre-
ben und kontrollieren von konkreten Zielreduktionswerten geschaffen.

Die qualitative Beschreibung dieses Indikators soll die definierten Reduktionswerte für die
jeweiligen Schadstoffe und, wenn vorhanden, Maßnahmen zur Zielerreichung im Zeitraum
2001-2005 enthalten. Erstrebenswert sind möglichst hohe Emissionsreduktionsziele.

2.4.7. Schadstoffreduktionen
Dieses Kriterium bezieht sich auf die oben angeführten Schadstoffreduktionsziele und soll
die tatsächlich erreichten Schadstoffreduktionen angeben. Dadurch werden die Umsetzbar-
keit der gesetzten Ziele, sowie die Effizienz der Maßnahmen ersichtlich.

Indikator für die Schadstoffreduktion ist die Menge an emittierten Tonnen CO2 . Betrachtet
werden sollen die Emissionen über den Zeitraum 2001-2005. Als Ziel gilt eine möglichst
hohe prozentuelle Reduktion.

                                           -7-
Energieautarke Gemeinden

3. Beschreibung der Gemeinden
In diesem Kapitel werden die Gemeinden kurz vorgestellt. Es wird auch kurz über die Ge-
schichte der Gemeinde berichtet und der Hintergrund für den vermehrten Einsatz von Er-
neuerbaren Energien beschrieben.

3.1. Güssing
Güssing ist Bezirkshauptstadt einer gleichnamigen Region im Südburgenland mit rund 27.000
Einwohnern (Statistik Austria, 2007). 1988 war diese Region die ärmste Region Österreichs.
1990 gelang es dem Gemeinderat von Güssing (2005: 3.811 Einwohner) einen Grundsatz-
beschluss zu erreichen: den 100-prozentigen Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung.

Die Gründe für die schlechte wirtschaftliche Lage der Region um Güssing waren:

   • 50 Jahre Grenzregion am Eisernen Vorhang zu Ungarn,

   • keine größeren Gewerbe- oder Industriebetriebe,

   • dadurch wenig Arbeitsplätze in der Region,

   • 70% Wochenpendler nach Wien und Graz,

   • hohe Abwanderungsrate,

   • klein strukturierte landwirtschaftliche Flächen,

   • keine Verkehrsinfrastruktur (Eisenbahn, Autobahnverbindung).

Zusätzlich zu diesen Problemen gab es eine starke Kapitalabwanderung aus der Region
durch fossile Energiezukäufe (Öl, Strom, Kraftstoffe). Die vorhandenen Ressourcen der Re-
gion (z.B. 42% Waldanteil) wurden kaum genutzt, was zu großen Durchforstungsrückstän-
den in der Forstwirtschaft und zur Verödung der landwirtschaftlichen Flächen führte. Der
Bezirk Güssing war auf dem besten Wege, eine sterbende Region zu werden. Einige in der
Stadt Güssing erkannten diese Gefahr und begannen ein Modell mit der Zielsetzung auszu-
arbeiten, zuerst die Stadt Güssing und dann in weiteren Schritten die gesamte Region durch
einheimische, nachwachsende und damit erneuerbare Energieträger zu versorgen. Dieses
Modell umfasste die Bereiche Wärme, Kraftstoff und Strom (vgl. [13]).

In der Verantwortung der Stadt lag auch der Beginn der ersten Umsetzungsmaßnahmen
des Energiekonzeptes, nämlich die Energieeinsparungen. Alle im Gemeindezentrum befind-
lichen Objekte und Anlagen wurden energetisch optimiert mit dem Ergebnis, dass die Aus-
gaben für Energie im Gemeindebudget beinahe halbiert werden konnten. Die ersten „Um-
welterfolge“ waren ein Grund und Ansporn am Konzept „Energieautarke Stadt“ konsequent

                                            -8-
Energieautarke Gemeinden

weiter zu arbeiten und weitere Projekte umzusetzen. So gelang es rasch eine Biodiesel-
anlage auf Basis von Rapsöl zu errichten, zwei Nahwärmenetze auf Basis von Biomasse
in Ortsteilen von Güssing zu installieren und den Gemeinderat zu überzeugen, auch die
Stadt Güssing mit Fernwärme aus Holz zu versorgen. Eine beachtliche Leistung, wenn man
bedenkt, dass diese Anlage damals die größte Biomasseanlage Österreichs war und auch
heute noch zu den drei größten Anlagen zählt. Das Projekt wurde aus Landes-, Bundes- und
EU-Förderungen finanziert. Weiters übernahm die Gemeinde Haftungen für die Anlagen.

Ein Projekt dieser Dimension erfordert auch eine professionelle Holzlogistik. Um sicher zu
stellen, dass nur Waldhackgut aus der Region verwendet wird, wurde gemeinsam mit dem
burgenländischen Waldverband eine Holzerzeugungskette aufgebaut und über langfristige
Verträge abgesichert. Diese Holzerzeugungskette ist eine sehr wichtige Organisation für die
nachhaltige Bewirtschaftung des burgenländischen Waldes. Durch die Infrastruktureinrich-
tung „Fernwärme“ wurde die Grenzstadt Güssing nun auch interessant als Betriebsstand-
ort. Durch ein spezielles Betriebsansiedlungsprogramm gelang es in den letzten Jahren 50
neue Betriebe mit mehr als 1.000 neuen direkten und indirekten Arbeitsplätzen in Güssing
anzusiedeln. Damit wurde die Stadt zum Zentrum Österreichs in den Bereichen Parketther-
stellung (die zwei größten Parketthersteller Österreichs haben ihren Produktionsstandort in
Güssing) und Laubholztrocknung.

Nach den ersten Erfolgen wurde später intensiv am Projekt „Biomassevergasung aus Holz
zum Zweck der Stromerzeugung“ gearbeitet. So entstand ein weltweit einzigartiges Projekt,
das „Biomasse Kraftwerk Güssing“, in dem mit einer Wirbelschicht-Dampfvergasungstechno-
logie Strom und Wärme erzeugt werden. Aufgrund der günstigen Eigenschaften des er-
zeugten Produktgases wird bereits an weiteren Anwendungsmöglichkeiten wie z.B. für die
Herstellung von Methan aus Holz, Benzin und Diesel aus Holz als auch am Einsatz von
Brennstoffzellen geforscht.

Mit dem Bau des Biomasse Kraftwerks wurde auch das Ziel erreicht, den gesamten Strom
und Wärmebedarf der Stadt in Güssing aus erneuerbaren Rohstoffen zu produzieren. In
Güssing wird im Bereich Wärme, Kraftstoff und Strom in der Jahresbilanz mehr Energie
aus regionalen Rohstoffen erzeugt als die Stadt tatsächlich benötigt. Dadurch wurde eine
regionale Wertschöpfung von jährlich 13 Mio e erreicht. Innerhalb von 15 Jahren gelang
es der einst sehr armen Region, zu einem Ort mit hohem Lebensstandard und einer guten
Lebensqualität zu werden.

Durch den Bau des Biomasse Kraftwerks Güssing und der damit verbundenen Gründung
des Kompetenznetzwerkes reNet Austria (Renewable Energy Network Austria) hielt auch die
nationale und internationale Forschung in Güssing Einzug. Forschungsschwerpunkte wie
Wasserstoff, Brennstoffzelle, Methanerzeugung, Treibstofferzeugung, Kühlung über Fern-
wärme usw. haben dazu geführt, dass Wissenschaftler aus ganz Europa nach Güssing kom-
men, wo sie einmalige Rahmenbedingungen für Ihre Arbeiten vorfinden.

Ausgehend von diesen Projekten war es nahe liegend, eine europaweite Koordinationsstelle
für erneuerbare Energien in Güssing einzurichten, das „Europäische Zentrum für Erneuerba-
re Energie Güssing“ (EEE). Der Sitz des EEE ist im Technologiezentrum Güssing (Schwer-
punkt Umwelttechnologien), welches gemeinsam mit dem Land Burgenland errichtet werden

                                           -9-
Energieautarke Gemeinden

konnte. Das EEE ist in Fachkreisen bereits zu einer Institution herangereift und beschäftigt
sich neben der Betreuung der Demonstrationsanlagen auch mit Forschung & Entwicklung,
der Aus- und Weiterbildung sowie mit dem Ökoenergietourismus. Mit Partnern aus ganz
Europa werden nachhaltige, regionale Konzepte zur Nutzung erneuerbarer Energieträger
entwickelt und Projekte umgesetzt (vgl. [14]).

Bis ins Jahr 2010 soll das Modell Güssing auf den gesamten Bezirk ausgeweitet werden
(vgl. [13]).

3.2. Mäder
Die 3.330 Einwohner zählende Gemeinde Mäder im Bezirk Feldkirch (Vbg.) hat sich in den
letzten Jahrzehnten zurecht den Ruf als Umweltmustergemeinde gemacht. Unter anderem
hatte sie als Gründungsmitglied des e5-Programms (siehe Anhang A) in Österreich im Jahr
1998 eine Vorreiterrolle inne. Die Ziele der Gemeinde waren dabei von Anfang an sehr an-
spruchsvoll.

Der erste Grundstein der Entwicklung zur „Umweltmustergemeinde Österreichs“ wurde mit
der Gemeindeentwicklungsplanung 1991-1992 gelegt. Seit damals „engagiert sich Mäder in
einem sehr hohen Maße für die Anliegen der Nachhaltigkeit (Energie, Klimaschutz, Umwelt,
Biologie, Abfall, Nahversorgung, Arbeitsplatzsicherung, Wirtschaft, Sozial-Engagement, . . . )“.
Damals wurde in dem Lokale Agenda 21 gleichlaufenden Prozess zur Gemeindeentwick-
lungsplanung der Leitsatz „Mäder soll Umweltmustergemeinde werden“, festgeschrieben
(vgl. [3], S.2).

In der Gemeinde Mäder werden seit 1994 bei sämtlichen öffentlichen Gebäuden monatlich
die Zählerstände für Strom, Wasser und Wärme (seit 2001 neben Gas und Öl auch Wär-
memengenzähler) abgelesen. So erhalten die Gebäudeverantwortlichen monatlich Rück-
meldung über die benötigte Energie und den Vergleich zu Verbrauchswerten des Vorjahrs.
Dadurch können Gegenmaßnahmen sofort eingeleitet werden, falls der Verbrauch das er-
wartete Ergebnis deutlich übersteigt (vgl. [2], S.3). Seit 2002 werden diese Daten in Form
eines Energieberichts zusammengefasst und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die
Grundpfeiler der Energieberichte sind die Motivation und Schulung der Bevölkerung zum
verantwortungsbewussten Umgang mit Energie. Für die Bewertung der Energiekennzahlen
müssen die Kriterien der Energieeinsparung und Energiebereitstellung durch erneuerbare
Energieträger erfüllt werden. Der Energiebericht stellt ein Kontrollinstrument der Zielerrei-
chung dar.

Im November 1993 ist Mäder dem Klimabündnis beigetreten. Damit ist die Gemeinde u.a. die
Verpflichtungen eingegangen, die CO2 -Emissionen (Stand 1987) der Gemeinde um 50% bis
zum Jahr 2010 zu reduzieren und die Öffentlichkeit über die Zielsetzungen und Förderung
von Energiesparmaßnahmen im privaten Bereich zu informieren.

Im Zuge dessen wurde im Jahr 2005 eine CO2 -Bilanz für die Jahre 1987, 1991, 1998 und
2004 veröffentlicht, die sehr genaue Daten zu klimarelevanten Prozessen in der Gemeinde
liefert, wofür Mäder den Klimabündnis Hauptpreis 1997 erhielt.

                                            - 10 -
Energieautarke Gemeinden

Allgemein ist damit die Datendokumentation der Gemeinde als sehr gut zu bewerten, wobei
eine Energiebuchhaltung auch für den gesamten Energiebereich, also nicht nur öffentliche
Gebäude, geplant ist. Diese GIS-fähige Energiekarte für Privathaushalte, Gewerbe und In-
dustrie soll neben den Energieverbräuchen der einzelnen Gebäude, die Einsparungspoten-
tiale und mögliche Strategien zur Energieeinsparung verzeichnen (vgl. [15], S.6).

Seit 1998 ist Mäder Mitglied des österreichischen e5-Programmes. Der offizielle Start dabei
war am 8. März des darauffolgenden Jahres. Die Kommune wurde erstmals 2001 bewertet
und mit drei von fünf e´s bewertet (61% der gesetzten Maßnahmen wurden umgesetzt). Im
Frühjahr 2002 wurde die zweite Zertifizierung gemacht, mit dem Erfolg vier von fünf e´s. Der
Höhepunkt erfolgte im November 2005, wo die Gemeinde mit dem fünften „e“ die höchst-
möglichste Auszeichnung verliehen wurde (vgl. [16], S.4).

3.3. Weiz
Weiz ist die Bezirkshauptstadt des drittgrößten Bezirks der Steiermark. Auf der Gesamtflä-
che von 5,07 km2 leben 8.799 Einwohner in etwa 3.800 Haushalten. Weiz gilt einerseits als
Industriestadt, da Großbetriebe wie die VA Tech ELIN EBW angesiedelt sind, andererseits
als wichtige Schulstadt, da in Weiz etwa 20 Schulen zu finden sind (vgl. [17]).

Die Bemühungen der Stadt Weiz im Bereich der Nachhaltigkeit und Energie finden schon
seit längerem in vielen Bereichen statt. So beteiligt sich Weiz an der Energieregion Oststei-
ermark und gilt als der Mittelpunkt der Energieregion Weiz - Gleisdorf, die schon seit 1996
im Bereich der Energieeffizienz, -einsparungen und -substitution von fossilen Brennstoffen
Schwerpunkte setzt. Derzeit bemüht man sich um die Anerkennung als e5 Gemeinde. Da
man sich in der Anfangsphase des e5-Programms befindet, sind von der Stadt veröffent-
lichte Informationen und die Aufzeichnungen über gezielte Tätigkeiten im Energiesektor zur-
zeit noch eher spärlich vorhanden. Als Ziel des e5 Programms wird die kontinuierliche und
schrittweise Entwicklung hin zu mehr Energieeffizienz und Energieunabhängigkeit sowie der
verstärkte Einsatz erneuerbarer Energieträger gesehen (vgl. [17], [18]).

Im Leitbild der Gemeinde ist der Satz - Die Stadt voll Energie - verankert, der schon in den
Vorläufern des e5 - Konzepts zentrale Stellung einnahm. So hat die Stadt gemeinsam mit
der Grünen Bildungswerkstatt und dem Renner Institut 1995 den Ökoplan erarbeitet. Dieser
wurde 2000 evaluiert und aktualisiert. Im Jahr 2004 wurde daraus der Energieplan Weiz
entwickelt, wo das Ziel der Energieautarkie festgeschrieben wurde (vgl. [19], [20], [21]).

Der Energiefokus der Stadt ist auch Schwerpunkt des Innovationszentrums, sowie einer
Reihe von Vorzeigeprojekten. Mit dem Bau des Geminihauses bzw. der Wohnsiedlung Tanno
wurden Pilotprojekte für energieautarkes Wohnen und Bauen realisiert. Weiters beteiligt sich
die Stadt an der ersten Energieschaustrasse, die den Sektor der erneuerbaren Energien
anhand von über 100 Beispielen veranschaulicht und verständlich macht (vgl. [22], [21],
[17]).

                                           - 11 -
Energieautarke Gemeinden

4. Bewertung der Gemeinden anhand des
   Kriterienkatalogs

In diesem Kapitel werden die Gemeinden anhand des Kriterienkataloges in Kaptiel 2 bewer-
tet. Die gesammelten Daten und anschließende Bewertung ist der Ausgangspunkt, um die
Gemeinden in Kapitel 5 vergleichen zu können.

4.1. Güssing
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse wurden dankenswerter Weise vom Europäi-
schen Zentrum für Erneuerbare Energie zur Verfügung gestellt. Den Mitarbeitern des EEE
gilt ein besonderer Dank, da sie den AutorInnen mit Tatkraft und nach bestem Wissen bei
der Erhebung der notwendigen Daten unterstützt haben (vgl. [9]).

4.1.1. Wärme
Kapazitäten zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien

Alle biomassebefeuerten Anlagen der Gemeinde können 96% des Gesamten Wärmebedar-
fes der Stadt Güssing decken. Dieser Wärmeverbrauch umfasst öffentliche Gebäude, Haus-
halte und Unternehmen. Im Sommer wird die verfügbare Wärme zur Kühlung von Häusern
verwendet. In diesem Bereich sind einige Versuchsanlagen im Betrieb (das Technologiezen-
trum wird in dieser Art gekühlt).

Das Vergasungskraftwerk stellt die Grundlast-Wärme zur Verfügung, wobei zwei weitere
Fernheizkraftwerke zur Spitzenlastabdeckung dienen.

Angeschlossene Betriebe und Haushalte

In Güssing sind ca. 70% des gesamten Gebäudebestandes an das Fernwärmenetz ange-
schlossen, das sind in etwa 500 Wohnobjekte plus Unternehmen. Das größte Problem beim
weiteren Ausbau des Netzes ist die dezentrale Ortslage. Mittlerweile betreibt die Güssinger
Fernwärme ein Netz mit 27km Länge, wobei es vier Hauptstränge gibt. Der weitere Ausbau
des Netzes ist nicht vorgesehen, da die Wirtschaftlichkeit wegen der hohen Leitungskosten
nicht mehr gegeben ist.

In Abbildung 4.1 ist die Verbrauchsentwicklung des Fernwärmenetzes von 1997 bis 2006
zu sehen. An den letzten beiden Jahren ist zu erkennen, dass keine nennenswerten Neu-
anschlüsse erfolgten. Der Grund dafür ist, dass der gesamte Ortskern soweit möglich an
das Fernwärmenetz angeschlossen ist. Ein weiterer Ausbau des Netzes ist nicht geplant, da
dieser aufgrund der verstreuten Siedlungsstruktur nicht wirtschaftlich wäre.

                                          - 12 -
Energieautarke Gemeinden

Abb. 4.1.: Entwicklung des Fernwärmenetzes in Güssing in den Jahren 1997-2006 (vgl. [9])

In der Teilgemeinde Urbersdorf ist zudem ein entkoppeltes Fernwärmenetz in Betrieb, das
für 30 Anschlüsse konzipiert wurde, mittlerweile allerdings 100 Anschlüsse umfasst. Rund
10% der dort benötigten Wärme wird über ein Solarthermie-Kraftwerk bereitgestellt. Die
restlichen 90% werden über ein eigenes Biomassekraftwerk abgedeckt.

Veränderung im Wärmegesamtverbrauch

Zu den Veränderungen des gesamten Wärmeverbrauchs konnten keine Daten gefunden
werden. Durch den kontinuierlichen Ausbau des Fernwärmenetzes in den vergangenen Jah-
ren sind diese Zahlen auch von dieser Quelle nicht verwendbar. In den kommenden Jahren
wird dies leichter möglich sein, da das Netz nicht weiter ausgebaut wird und die meisten
Gebäude im ausgebauten Bereich angeschlossen sind.

Ein wesentliches Ziel zur Reduktion des Wärmegesamtverbrauchs stellt allerdings die Alt-
bausanierung dar: Ein Beispiel dafür ist ein Schulgebäude in Güssing, an dem 2003/2004 an
den Außenwänden eine Wärmedämmung angebracht wurde. Die Veränderungen im Wär-
meverbrauch sind in Abbildung 4.2 ersichtlich. Nach der Gebäudeisolation beträgt der Wär-
meverbrauch nur mehr etwa 2/3 des Ausgangswertes.

4.1.2. Verkehr
Anlagenkapazitäten für Biotreibstoffe

Die Anlagen in Güssing können 260% des benötigten Treibstoffes in der Gemeinde abde-
cken. Hier ist sowohl der Verbrauch der privaten Fahrzeuge, als auch die benötigte Menge
der Gemeindeflotte berücksichtigt.

Allerdings wird der erzeugte Biotreibstoff nicht direkt verwendet, sondern an die OMV ver-

                                          - 13 -
Energieautarke Gemeinden

Abb. 4.2.: Wärmeverbrauch des Schulgebäudes in Güssing in den Jahren 1997-2006
(vgl. [9])

kauft, die den Biodiesel dem herkömmlichen Diesel beimengen müssen, um den ab 2010
gesetzlich vorgeschriebenen Anteil von 5,75% Biokraftstoff zu erreichen.

Nachfrage nach Biotreibstoffen/Tankstellennetz

Wie schon oben erwähnt, wird der gesamte erzeugte Biotreibstoff verkauft. Trotzdem gibt es
in Güssing eine öffentliche Tankstelle, die Biodiesel anbietet. Bei der stillgelegten Rapsmüh-
le (siehe Abschnitt 4.1.4) war zwar eine Zapfsäule vorhanden, diese ist allerdings ebenso
nicht mehr in Betrieb. Da eine neue Anlage errichtet wird, soll dort eine Zapfsäule installiert
werden.

4.1.3. Strom

Effizienz der Stromproduktion

In Güssing sind zwei verschiedene Anlagen in Betrieb. Einerseits ein herkömmliches Bio-
massekraftwerk, das auf der Verfeuerung der Biomasse basiert. Dieses Kraftwerk weist
einen Wirkungsgrad von ca. 20% auf. Dieses ältere Kraftwerk verfügt über eine installier-
te Leistung von 2,5 MW. Dies kann auch als Erklärung für den eher niedrigen Wirkungsgrad
angesehen werden. Es ist nicht möglich, kleine Kraftwerke mit der Effektivität eines großen
Biomassekraftwerkes zu betreiben.

Das zweite, neue Kraftwerk arbeitet mit dem Prinzip der Holzvergasung. Hierbei wird ein
elektrischer Wirkungsgrad von 25% erreicht. Dieser wird allerdings durch Wärmeauskopp-
lung auf ca. 80% Gesamtwirkungsgrad erhöht.

                                            - 14 -
Energieautarke Gemeinden

Deckungsgrad der Stromproduktion in der Gemeinde

Die zwei Güssinger Kraftwerke können theoretisch 120% des Stromverbrauches der Ge-
meinde produzieren. Momentan wird allerdings nur ein Deckungsgrad von 96% erreicht. In
dieser Zahl sind sowohl Haushalte, als auch öffentliche Gebäude und Betriebe inkludiert.

Das ältere Kraftwerk erzeugt jährlich 18 GWh und das neue Vergasungskraftwerk weitere
14 GWh.

Reduktion des Stromverbrauchs

Zu den Veränderungen im Stromsektor konnten vom EEE keine Daten zur Verfügung ge-
stellt werden. Auch die BEWAG konnte diese Daten aufgrund von Datenschutzbestimmun-
gen nicht übermitteln. Dennoch ist in Güssing der Trend im Stromverbrauch ähnlich wie im
restlichen Österreich steigend (vgl. [9]).

4.1.4. Allgemein
Forschungseinrichtungen, Versuchsanlagen, Institutionen

Gerade die Gemeinde Güssing hat sich zum Ziel gesetzt ein europäisches Vorzeigemodell
zu sein. Daher werden und wurden in Güssing auch einige Forschungs- und Pilotprojekte
bzw. -anlagen gebaut und realisiert.

Als besonderes Beispiel kann das bereits erbaute Biomasse-Vergasungskraft-werk genannt
werden. Dieses ambitionierte Projekt, das in Zusammenarbeit mit der TU-Wien verwirklicht
wurde, erforscht einen neuen Kraftwerkstyp zur Biomassenutzung. In diesem Kraftwerk wird
die Biomasse thermisch vergast. Hierbei ergibt sich die Möglichkeit Wärme auszukoppeln
und trotzdem hohe Wirkungsgrade bei der Stromerzeugung zu erreichen (bei herkömm-
lichen Biomasse-Verfeuerungsanlagen sinkt der elektrische Wirkungsgrad bei Wärmeaus-
kopplung). Im Zuge dieser Anlage sind noch weitere Forschungsprojekte in Kooperation mit
der Europäischen Union im Laufen. Diese beschäftigen sich mit der Biotreibstrofferzeugung
durch die Fischer-Tropsch-Synthese, mit der Methanerzeugung und mit der Wasserstoffer-
zeugung.

Ein weiteres Projekt ist die Biogasanlage in Strem, welche seit 2005 im Betrieb ist.

Ein zukünftiger großer Forschungsschwerpunkt soll dem „Solaren Kühlen“ gewidmet sein.
Dabei soll im Sommer Sonnenenergie zur Klimatisierung von Gebäuden genützt werden. Zu
diesem Thema sind noch die Bestrebungen zur Entwicklung von Möglichkeiten, mit Fern-
wärme Räume zu kühlen (Absorbtionsverfahren), zu erwähnen.

Förderungen

Die Güssinger Gemeindeverwaltung fördert das gesamte Projekt „Energieautarkie“, in dem
sie die Finanzierung sicherstellt. Die Fernwärme GmbH versucht soweit wie möglich even-
tuelle Grabungsarbeiten auszunützen, um das Fernwärmenetz zu erweitern. Die Anschluss-

                                           - 15 -
Energieautarke Gemeinden

kosten werden teilweise vom Unternehmen übernommen, wobei dieses eine Anschlussge-
bühr einhebt.

Das Bundesland Burgenland fördert die Errichtung von Alternativenergieanlagen, wie z.B.
Solaranlage, Hackschnitzel-, Stückholzvergaser- oder Pelletsheizung, sowie Photovoltaik-
anlagen. Tabelle 4.1 zeigt die Fördermaßnahmen in Prozent und ausschöpfbaren Höchstbe-
träge.

Tab. 4.1.: Förderungen des Landes Burgenland für die Errichtung von Alternativenergiean-
lagen im Wohnbereich (vgl. [1])
           Anlagenart                                               %     max
           Warmwasseraufbereitung mit Solarenergie                  30   e 1500
           Photovoltaikanlage (00-1000W                             30   e 1500
           Photovoltaikanlage >1000W                                30   e 2200
           Hauszentralheizung über Biomasse                         30   e 2500
           Anschluss an ein biomassebetriebenes Fernheizwerk        30   e 3700

Energie-Beratung im Wohnbereich

Die Gemeinde Güssing bietet keine Beratung für Energieeffizienzmaßnahmen an. Im Bur-
genland fällt dies unter die Landeskompetenz. Allerdings gibt es die Möglichkeit, sich an das
Europäische Zentrum für Erneuerbare Energien in Güssing zu wenden. Hier traten allerdings
in der Vergangenheit einige Probleme auf, da das Land Burgenland auf seine Kompetenzen
beharrt und auch die Förderung im Bereich der Wohnbauförderungen betreibt.

Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dank Verwendung erneuerbarer
Energieträger

In der Stadt Güssing wurden seit dem Beschluss des Konzeptes ca. 1000 direkte und in-
direkte Arbeitsplätze geschaffen. Dies ist auf die große Anzahl von Betriebsansiedlungen,
speziell auf die neuen Parkettwerke, zurückzuführen. Für diese Unternehmen ist die Mög-
lichkeit der Fernwärmenutzung sehr interessant.

Ungefähr 300 dieser Arbeitsplätze wurden direkt im Bereich der Kraftwerke, der Verwaltung
und sonstigen Einrichtungen geschaffen, die sich mit dem Thema der Erneuerbaren Energi-
en beschäftigen (z.B. Technologiezentrum).

Verwertung von Rohstoffen für die Produktion von Wärme, Strom und Treibstoffen
aus der Region

Die in den verschiedenen Kraftwerken benötigte Biomasse kommt ausschließlich aus dem
Bezirk Güssing. Da die Stadt Güssing selbst allerdings nicht die Kapazitäten hat, um genug
Biomasse bereitzustellen wurde beispielsweise ein Verbund mit der Gemeinde Tobai ge-
schlossen. Diese Gemeinde ist wesentlich kleiner, allerdings sind viel größere Waldreserven
dort vorhanden.

                                           - 16 -
Energieautarke Gemeinden

Im Bereich Treibstoffe wurde früher Raps zur Biodieselproduktion verwendet. Mittlerweile
wurde die Produktion auf Altspeiseöl als Rohstoff umgestellt. Diese kommt aus der Umge-
bung bzw. teilweise aus ganz Österreich. Der Raps wurde früher teilweise aus der direkten
Umgebung und teilweise aus der Ukraine bezogen. Durch den starken Anstieg der Rapsprei-
se in den vergangenen Jahren ist die Biodieselproduktion aus Raps nicht mehr wirtschaftlich.

Emissionsreduktionsziele

Das Konzept der Gemeinde Güssing sieht vor, dass die CO2 -Emissionen von 37.000t/a 1995
auf 3.000t/a 2008 reduziert werden (vgl. [6]). Diese Emissionen enthalten neben den CO2
Ausstößen zur Wärme- und Elektrizitätserzeugung auch alle anderen anfallenden Emissio-
nen, inklusive der Belastungen durch den Verkehr.

Hier wird klarerweise nur mit einer Bilanz gearbeitet, da nicht genau definiert werden kann,
wo welches Gramm an CO2 ausgestoßen wurde. Speziell bei der Erzeugung von Biotreib-
stoffen, die in diese Bilanz eingerechnet werden, kann nicht behauptet werden, dass diese
Einsparungen direkt in Güssing stattfinden.

Schadstoffreduktionen

In den letzen fünf Jahren wurden 13.000t CO2 pro Jahr eingespart. Dies geschah durch den
Neubau des Vergasungskraftwerkes, und durch weiteren Biomasseeinsatz.

Bevölkerung, Engagement

Bei Konzeptbeschluss war die Skepsis der Bevölkerung relativ groß. Deshalb wurden zu-
erst öffentliche Gebäude, wie z.B. Rathaus, Schulen usw. auf Fernwärme umgestellt, um
zu demonstrieren, dass das System funktioniert. Nach wie vor entscheiden wirtschaftliche
Aspekte, ob ein Häuslbauer an das Fernwärmenetz anschließt. Ideologische Ansichten spie-
len kaum eine Rolle. In letzter Zeit häufen sich durch den Ausfall der Versorgung von fossilen
Brennstoffen (Gasengpass im letzten Jahr - Ukraine, Stopp der Öllieferungen durch Weiß-
russland im Jänner 2007) Argumente wie Versorgungssicherheit, weniger Abhängigkeit und
Wertschöpfung im Ort bzw. in der Region, die für den Einsatz von erneuerbaren Energien
sprechen.

4.2. Mäder

Bereits in den Jahren 1991 und 1992 wurde von der Gemeinde eine Gemeindeentwicklungs-
planung durchgeführt und zwei Oberziele definiert. Ein Ziel lautet, ein Dorf zu bleiben, soll
heißen „die Eigenständigkeit möglichst zu wahren, eine intakte Infrastruktur zu erhalten bzw.
auszubauen und durch ein tragfähiges soziales Netz auch ein zukünftiges Zusammenleben
zu ermöglichen“ (vgl. [16], S.3). Das zweite Ziel war, eine Umweltmustergemeinde Öster-
reichs zu werden.

                                            - 17 -
Energieautarke Gemeinden

4.2.1. Wärme

In Mäder existiert ein Biomassenahwärmewerk, bestehend aus einer Hackschnitzelanlage
mit 250 KW im J.J. Ender Saal, und einer Pelletsanlage mit 150 KW in der Volksschule. Das
Gemeindeamt und die Feuerwehr werden noch mit Erdgas beheizt. Im Bauhof ist der Einbau
eines Pelletsofens in Arbeit. Die Energieaufbringung beider Anlagen zusammen betrug laut
Gemeindeangaben im Jahr 2006 rund 514 MWh (vgl. [23]).

Das Biomassenahwärmewerk für öffentliche Gebäude liefert somit 0,16 MWh/ EW Biomasse
Nahwärme, wobei der e5-Durchschnitt bei 0,09 liegt (vgl. [3], S.5).

Laut CO2 -Bilanz des Jahres 2004 betrug der Gesamtenergieverbrauch bei privaten Haus-
halten 16 GWh, für die öffentliche Hand 920 MWh, für die Industrie 46,56 GWh und für den
Verkehr 17,28 GWh, gesamt somit 82,76 GWh. Bezogen auf 3.276 Einwohner ist dies ein
Gesamtenergiebedarf/EW im Jahr 2004 von 25.262 kWh/EW. Der Gesamtwärmeverbrauch
für private Haushalte, exklusive öffentlicher Gebäude, Verkehr und Industrie, die rund 50%
des Gesamtenergieverbrauchs benötigt, beträgt somit für das Jahr 2004 rund 4.884 kWh/EW
(vgl. [10], S.3-7).

Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch (Wärme) der Gemeinde liegt
bei 25%, wobei 26% aller Wohngebäude und 12% aller Nicht-Wohngebäude der Gemein-
de damit versorgt werden. 19,5% der privaten Haushalte decken ihren Wärmebedarf aus
Holz (3,118 GWh). 2004 betrug die genutzte Solarfläche in Mäder 0, 45m2 /EW . 78% der
öffentlichen Bauten werden mit EE beheizt (vgl. [3], S.5).

Der Wärmeverbrauch bei privaten Haushalten bei einer Wohnbevölkerung von 3.134 Per-
sonen im Jahr 1998 betrug 14,67 GWh. Pro Einwohner ergibt dies rund 4.681 kWh/EW.
Im Jahr 2004 ist der Gesamtwärmeverbrauch pro Einwohner privater Haushalte wie oben
angegeben bei rund 4.884 kWh und ist damit um ca. 4% gestiegen (vgl. [10], S. 3-7).

Ein sehr wesentlicher Anteil (rund 50%) des gesamten Energieverbrauchs ist auf einen
großen Textilbetrieb zurückzuführen (vgl. [16], S.17).

4.2.2. Verkehr

Die Gemeinde erarbeitete 2001 in einem offenen Planungsprozess ein räumliches Entwick-
lungskonzept (REK), das auch verkehrsspezifische Anforderungen enthält. So soll Mäder ein
„Dorf der kurzen Wege“ sein, um so den Fußgänger- und Radverkehr zu fördern. Öffentliche
Verkehrsmittel werden im Zuge dieser sanften Mobilität ebenfalls gefördert. Fahrbahnquer-
schnitte sollen möglichst sparsam ausgelegt werden.

Weiters wurde ein Verkehrskonzept und Ergänzungsprojekte 1992, 2000, 2002, 2004 und
2005 erarbeitet. Deren Hauptziel war es, die Straße als Lebensraum (Förderung sanfter
Mobilität, Ausbau ÖPNV, Reduktion der Geschwindigkeit, ÖA - Bewusstseinsbildung, . . . )
zu sehen. Dies hat heute noch Gültigkeit und wurde im Rahmen des REK verifiziert und
nachgeführt.

                                          - 18 -
Energieautarke Gemeinden

Die Unterstützung der „bewussten Mobilität“ erfolgt z.B. durch zwölf zur Verfügung stehen-
de Dienstfahrräder, 230 überdachte und absperrbare Fahrradabstellanlagen, zwei ÖPNV-
Karten (Region Vlbg.) zur freien Nutzung, Fahrradpump- und Reparaturstation, etc. Amt-
liches Kilometergeld für das Fahrrad ist seit Jahren selbstverständlich. Weiters wurde die
ÖPNV-Qualität verbessert. Neben kürzeren Taktabständen, vermehrten Kursverbindungen
und längeren Nachtbuszeiten liegen 77% der Siedlungsfläche bzw. 75,1% der Bürger in-
nerhalb 300m zur nächsten Bushaltestelle. Außerdem gibt es jährliche Aktionen mit großer
Beteiligung am landesweiten autofreien Tag (vgl. [3], S.4).

Trotz dieser vorbildlichen Maßnahmen im Bereich der sanften Mobilität zeigen die Ergebnis-
se der CO2 -Bilanz 1987-2004 eine Steigerung des verkehrsbedingten CO2 -Ausstoßes um
+80% (von 958 auf 1728 PKW).

2004 wurden in Mäder 1.728 KFZ gezählt, die einen Gesamtenergiebedarf von 17,28 GWh
aufwiesen (vgl. [10], S.4). Mäder verfügt über keine eigene Tankstelle und somit auch über
keine Biozapfsäulen.

Zwei gemeindeeigene Fahrzeuge - ein gasbetriebenes Fahrzeug und ein Elekt-roklein-LKW
- werden ohne Öl betrieben.

4.2.3. Strom
Die Gemeinde Mäder hat auf dem Dach der Öko-Hauptschule eine Gemeinschaftsphotovol-
taikanlage errichtet. Die Anlage hat derzeit eine Größe von 113m2 . Im Jahr 2006 waren 1.483
Sonnenscheine à 75e verzeichnet. Die Photovoltaikanlage lieferte 2005 einen Stromertrag
von 10.431 kWh (vgl. [23]), siehe Tabelle 4.2. Der gesamte Strom wurde ins Netz der VKW
eingespeist. Die VKW vergütet 0,51e pro kWh, der Rest auf die laut Gemeindevertretungs-
beschluss (11.03.1997) garantierten 0,73e pro kWh wird von der Gemeinde Mäder vergütet
(vgl. [16], S.16). Beim jährlichen Sonnenfest können die Sonnen-Schein-BesitzerInnen der
Photovoltaikanlagen den Ertrag ihrer Genuss-Scheine genießen, wodurch auch die Wahr-
nehmung in der Öffentlichkeit fokussiert wird.

Zusätzlich wurde eine private 250kW-Biogasanlage (vgl. [24]) in Betrieb genommen, welche
von der Gemeinde gefördert wurde und rund 2.000 MWh (eig. Schätzungen) erzeugt. Damit
werden rund 11% des Stromverbrauchs der Gemeinde gedeckt

Neben den beiden genannten Stromanlagen gibt es noch zwei private Photovoltaikanlagen,
von denen der Ertrag nicht bekannt ist. Der Ertrag aller Anlagen wird ins Netz eingespeist.

Tab. 4.2.: Eigenstromproduktion [kWh] der Photovoltaikanlage in Mäder in den Jahren 2001-
2005 (vgl. [2])
               Eigenstromproduktion [kWh]     2001 - 2003    2004     2005
               Photovoltaikanlage                  0         11607    10431

In Vorarlberg gibt es die Möglichkeit neben Ökostromeinkauf eine Ökostrom-Förderung über
die Ökostrombörse zu wählen. Zahlreiche Gemeinden unterstützen dieses Modell, so auch

                                           - 19 -
Energieautarke Gemeinden

die Gemeinde Mäder. Um die Vergleichbarkeit dieser Öko-Förderung mit Ökostrom-Einkauf
zu gewährleisten, ist eine fiktive Umrechnung des Förderbeitrags in Ökostrom-Einkauf ge-
wählt worden. Als Referenz-Ökostromlieferant wird die Ökostrom AG herangezogen, da sie
ein ausgeglichenes Verhältnis von Wasserkraft zu sonstigen Energieträgern (Kleinwasser-
kraft, Wind, Biogas, PV,. . . ) hat.

Im Jahr 2004 wurden von der VKW 18.635.375 kWh (vgl. [23]) nach Mäder geliefert. Laut
CO2 -Bilanz 2005 betrug der Stromverbrauch der Gemeinde im Jahr 1998, 18.317.560 kWh.

4.2.4. Allgemein

Forschungseinrichtungen, Versuchsanlagen, Institutionen

Da die Gemeinde Mäder relativ klein ist, verfügt sie nicht über institutionalisierte Forschun-
seinrichtungen oder Versuchsanlagen für neue Technologien. Sie ist allerdings Mitglied eini-
ger Kooperationen im Energiebereich.

Im Jahr 2000 trat man zur ARGE Erneuerbare Energie Vorarlberg (AEE-V) bei. Dieser ge-
meinnützige Verein bietet neben Dachmarketing und Lobbying, sowie Informations- und Bil-
dungsarbeit, auch Forschung und Entwicklung im Bereich der Technik an (vgl. [25]).

Weiters war Mäder 2002 eine der Pilotgemeinden der Unternehmen V - einer Plattform,
welche Betrieben, Gemeinden, Vereinen, Gruppen und Einzelpersonen die Möglichkeit bie-
tet, ihre nachhaltigen Projekte durch einen gemeinsamen Internetauftritt zu präsentieren,
sowie eine Selbstbewertung nachhaltiger Gemeindeentwicklungsprozesse durchzuführen
(vgl. [26]).

Die Gemeinde arbeitet sehr eng mit dem Umweltgemeindeverband und dem Energieinstitut
Vorarlberg zusammen. Der Umweltgemeindeverband entwickelt in partnerschaftlicher Zu-
sammenarbeit mit Kommunen, Experten und Interessensvertretern Qualitätsstandards zu
umweltrelevanten Themen (vgl. [27]). Das Energieinstitut ist wissenschaftlich praktisch aus-
gerichtet und vor allem beratend, begleitend, angewandt forschend, entwickelnd, informie-
rend und sensibilisierend tätig (vgl. [28]).

Mäder ist neben diesen Kooperationen auch wichtiges Exkursionsziel zum Thema Ener-
gie, Architektur und Ökologie. Laut AUDIT-BERICHT besuchten seit dem e5-Programmstart
(1999) 404 Exkursionen aus ganz Europa Mäder mit insgesamt 7351 Exkursionsteilnehmern
(Stand: Jänner 05).

Förderungen

Die Gemeinde Mäder fördert seit 1990 energiesparende Aktionen. In den einzelnen Förde-
rungssparten wurden seit der Einführung die Beträge in Tabelle 4.3 ausgegeben (vgl. [16],
S.16). Die Gemeinde vergab im Durchschnitt von 2000-2005 pro EW 6,69e (vgl. [3], S.6).

                                            - 20 -
Sie können auch lesen