LEITLINIEN FÜR BÜRGERBETEILIGUNG DER GEMEINDE GROSSPÖSNA-DOKUMENTATION DES MODELLPROJEKTES
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DOKUMENTATION DES MODELLPROJEKTES LEITLINIEN FÜR BÜRGERBETEILIGUNG DER GEMEINDE GROSSPÖSNA – BETEILIGUNGSPROZESS ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HALBINSEL 2018 – 2021
IMPRESSUM HERAUSGEBER PETER PATZE-DIORDIYCHUK & PAUL RENNER AKADEMIE FÜR LOKALE DEMOKRATIE E.V. FRIEDRICH-DITTES-STRASSE 14 04318 LEIPZIG +49 (0)341 249 940 60 KONTAKT@LOKALE–DEMOKRATIE.DE WWW. LOKALE–DEMOKRATIE.DE AUTOREN PETER PATZE-DIORDIYCHUK, AKADEMIE FÜR LOKALE DEMOKRATIE E.V. SIMON RAULF, AKADEMIE FÜR LOKALE DEMOKRATIE E.V. NILS JONAS, CON VIVIA TOBIAS JAECK, ZENTRUM FÜR SOZIALFORSCHUNG HALLE E. V. JENS WEISS, HOCHSCHULE HARZ BILDMATERIAL JÖRG RIETHAUSEN, FOTOGRAFIE JÖRG RIETHAUSEN LIANE S. HOLDER, HIMBEERSPECHT GRAPHIC REDORDING LAYOUT UND SATZ PAUL RENNER, AKADEMIE FÜR LOKALE DEMOKRATIE E.V. STAND JUNI 2021
INHALT 02 VORWORT GABRIELA LANTZSCH 03 1. EINLEITUNG PETER PATZE-DIORDIYCHUK & SIMON RAULF 07 2. LEITLINIEN BÜRGERBETEILIGUNG DER GEMEINDE GROSSPÖSNA NILS JONAS 20 3. ERGEBNISBERICHT DER BÜRGERUMFRAGE ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HABINSEL TOBIAS JAECK, PETER PATZE-DIORDIYCHUK, NILS JONAS & JENS WEISS 48 4. RAHMEN- UND FEINKONZEPT DER BÜRGERBETEILIGUNG ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HALBINSEL PETER PATZE-DIORDIYCHUK 58 5. DOKUMENTATION DER BETEILIGUNGSTAGE ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HABINSEL SIMON RAULF & PETER PATZE-DIORDIYCHUK 82 6. BESCHLUSS DES GEMEINDERATES: LEITBILD UND IDEENPOOL ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HALBINSEL PETER PATZE-DIORDIYCHUK 89 ENDNOTEN
01 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleicher- maßen für alle Geschlechter.
02 VORWORT Gabriela Lantzsch Liebe Bürgerinnen und Bürger unserer Gemein- Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für de Großpösna, die Begleitung des gesamten Prozesses seit Sommer 2018 bei der Akademie für Lokale De- Sie an der Entwicklung unserer Gemeinde teil- mokratie e. V., stellvertretend für alle die dabei haben zu lassen und dabei Ihre Bedürfnisse waren bei Herrn Dr. Peter Patze-Diordiychuk. und Wünsche zu integrieren, ist seit jeher An- Mit Einfühlungsvermögen und Sachkenntnis liegen von Verwaltung und gewählten Gremi- hat er uns mit seinem Team beraten und unter- en. So gibt es eine enge Zusammenarbeit mit stützt. Danken möchte ich auch den Vertretern den ehrenamtlich arbeitenden Vereinen, die des Zentrums für Sozialforschung Halle e. V. das soziale Miteinander in unserer Gemeinde an der Martin-Luther-Universität Halle-Witten- mit Leben erfüllen. Zusätzlich haben wir einen berg und der Hochschule Harz, die den Prozess Vereinsstammtisch geschaffen oder führen z. B. der Erarbeitung der „Leitlinien für Bürgerbe- mit den Kindern unserer Schule kleine Ratssit- teiligung“ als auch die Auswertung der Frage- zungen durch, wo „richtige“ Beschlüsse gefasst bögen der Bürgerbefragung zur Zukunft der und auch umgesetzt werden, um nur einiges zu Magdeborner Halbinsel evaluiert haben. nennen. Mein ganz besonderer Dank gilt den ehren- Mit der Erarbeitung und dem Beschluss der amtlichen Mitgliedern der Projektgruppe, die „Leitlinien für Bürgerbeteiligung der Gemeinde neben o. g. mit mir an vielen Abenden alle or- Großpösna“ im Jahr 2018 gehen wir neue Wege ganisatorischen und Prozessfragen beraten, und haben einen Grundstein für die Beteili- strukturiert und damit den gesamten Prozess gung an kommunalen Planungen gelegt. Als erst möglich gemacht haben. Dabei waren erstes großes Beteiligungsprojekt, sozusagen Gemeinderat Prof. Dr. Jörg Weber, Gemeinde- zum praktischen üben, wurde die Magdebor- rätin Birgit Kluge, der ehemalige Gemeinderat ner Halbinsel gewählt. Es war überwältigend, Paul-Friedrich Loose und von den Bürgerinnen wie viele von Ihnen an der Bürgerbefragung im und Bürgern Jana Zeidler, Dr. Frank Beutner, November 2019 teilgenommen haben. 21,9 % Dietmar Koenitz sowie von der Verwaltung aller über 14jährigen füllten den Fragebogen Hauptamtsleiter Daniel Strobel. aus. Durch die Coronazeit leider etwas verzö- gert, führten wir im Herbst 2020 zwei Beteili- Ihre Bürgermeisterin gungssamstage durch. Es waren tolle Tage mit einem regen Austausch, vielen Anregungen Dr. Gabriela Lantzsch durch die eingeladenen Expertinnen und Ex- perten und zahlreichen auch z. T. widersprüch- lichen Ideen. Die Ergebnisse dieser intensiven Beschäftigung mit der Zukunft der Magdeborner Halbinsel wurden in einem Entwurf für ein Leitbild und in einem Ideenpool zusammengefasst, die durch die Beteiligten bewertet und priorisiert wurden. Nach Einarbeitung der Rückmeldun- gen hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 31.05.2021 das Leitbild und den Ideenpool be- raten und bestätigt, die Sie liebe Bürgerinnen und Bürger mit Ihrer Beteiligung, Ihren Gedan- ken, Wünschen und Ideen geprägt haben.
03 1. EINLEITUNG Peter Patze-Diordiychuk & Simon Raulf 1.1. Ausganglage für den Beteiligungsprozess Die Magdeborner Halbinsel liegt im Gemein- Vertrag mit dem Veranstalter läuft bis ein- degebiet von Großpösna und ragt in den schließlich 2021. Der Veranstalter wünscht Störmthaler See. Auf ihr lag bis Anfang der sich eine Fortsetzung des Festivals auf den 1960er Jahre das Dorf Gruna, das für den vorhandenen Flächen. Aktuell prüft er, ob nahen Braunkohletagebau devastiert wur- eine Fortsetzung auf reduzierten Flächen de. Die heutige Form als Halbinsel entstand (für den Fall, dass das Helmholtz-Zentrum durch Flutung des ehemaligen Braunkoh- entsteht) aus seiner Sicht denkbar wäre. letagebaugebiets Espenhain kurz nach der Jahrtausendwende. Der so neu entstandene Am 18. Mai 2020 verabschiedete der Ge- Störmthaler See erreichte um 2013/2014 meinderat eine Absichtserklärung zur An- seinen beabsichtigten Endwasserstand. Die siedlung eines Helmholtz-Forschungszen- Halbinsel wurde in den Jahren 2012 bis 2014 trums auf der Magdeborner Halbinsel und mit Fördermitteln des Freistaates Sachsen im Herbst 2020 wurde ein Aufstellungsbe- erschlossen. Im Flächennutzungsplan der schluss für einen Bebauungsplan gefasst. Gemeinde Großpösna ist die Halbinsel als Das Helmholtz-Zentrum und der Gemein- Sondergebiet für Freizeit und Erholung ein- derat präferieren einen Standort im Nord- geordnet. westen der Halbinsel. Neben den örtlichen Rahmenbedingungen ist das Areal der Mag- Auf der Magdeborner Halbinsel gibt es einen deborner Halbinsel auch in weitere regionale rechtskräftigen Bebauungsplan "Grunaer Nutzungskonzepte eingebettet. Bucht", der das Ferienressort Lagovida um- fasst. Zudem liegt für die Spitze der Halbin- In Verwaltung und Gemeinderat herrscht die sel (Umfeld Vineta-Bistro) ein abgewogener, Überzeugung vor, dass das Gelände weiter aber nicht beschlossener Bebauungsplan touristisch entwickelt werden soll. Zum ei- vor. Die dort niedergelegten Planungen – mit nen hat die Gemeinde seinerzeit unter die- Ausnahme der ursprünglich vorgesehenen, ser Maßgabe die Flächen erworben und eine aber mittlerweile verworfenen Einrichtung Förderung des Bundes zur Erschließung er- eines großen Passagierschiffanlegers – die- halten. Zum anderen sollen die bereits be- nen als Richtschnur. Auf der Halbinsel befin- stehenden touristischen Angebote ergänzt den sich mittlerweile u. a. das Ferienressort und verstärkt werden. Darüber, wie diese Lagovida mit angeschlossenem Wohnmobil- Ausgestaltung aussehen kann, gibt es einer- platz und Segelhafen, der Anleger der Vine- seits eine große Offenheit, andererseits aber ta-Fähre mit zugehörigem Bistro sowie der auch unterschiedliche Vorstellungen und Be- Erlebnisparcours Störmthaler See und die dürfnisse. Über die Jahre hat die Verwaltung Basisstation von Teambike. Neben diesen hierzu eine ganze Reihe von mehr oder min- Freizeit- und Tourismuseinrichtungen wird der konkreten Vorschlägen, Angeboten und die Halbinsel vorwiegend in den Sommer- Gedankenspielen erreicht. monaten als na turnahes Erholungsgebiet am See genutzt. Stets im August und 2019 bereits zum zehn- ten Mal findet auf der Magdeborner Halbin- sel das dreitägige Highfield Festival statt. Es ist mit etwa 35.000 Gästen das größte Indie-Rock-Festival Ostdeutschlands. Der
04 1.2. Ziele der Beteiligung Mit dem Ziel, die Vorstellungen und Bedürf- ren und haben weiterhin Verhandlungsspiel- nisse der Bürger zur weiteren Entwicklung der raum in Detailfragen. Magdeborner Halbinsel besser zu verstehen, wurde im November 2019 eine aktivierende Zugleich sind die Anforderungen aus der Be- Bürgerumfrage durchgeführt. Dabei wurden teiligung für alle interessierten Investoren alle Einwohner Großpösnas ab 16 Jahre per transparent und es obliegt ihnen, innerhalb Brief angeschrieben und um Teilnahme on- des von den Bürgern gesetzten inhaltlichen line oder per Papierfragebogen gebeten. Der Rahmens, innovative und wirtschaftlich trag- Aufforderung folgten 1.026 Menschen. Das fähige Vorschläge zu entwickeln und vorzu- entspricht etwa 21,9 Prozent der Einwohner- legen. Dem Gemeinderat obliegt es dann, schaft in Großpösna. abschließend über die vorgeschlagenen In- vestitionen zu entscheiden. Gemeinderat und Verwaltung erhofften sich von einer intensiven und qualitativen Bür- Kurz gesagt: Die Bürger sollten eine Art „Be- gerbeteiligung zur Magdeborner Halbinsel dürfniskatalog“ erarbeiten, der die zentralen Aufschluss darüber, wie eine überwiegend Rahmenbedingungen und grundlegenden allgemein akzeptierte weitere Entwicklung Anforderungen für die künftige Entwicklung der Magdeborner Halbinsel aussehen könn- der Magdeborner Halbinsel setzt und auf te. Hierzu galt es, auf Basis der über die Bür- dessen Grundlage Verwaltung, Gemeinderat gerumfrage aufgedeckten Grundrichtung und mögliche Investoren konkrete Umset- hinaus, verschiedene Entwicklungsaspekte, zungsvorschläge entwickeln und unterbrei- konkrete Projektideen als auch Bedürfnis- ten können. strukturen mit den Bürgern zu konkretisieren und weitere fachliche Expertise in den Pro- zess einzuspeisen. Eine besondere Herausforderung war dabei, dass die Gemeinde größere Entwicklungs- maßnahmen voraussichtlich nicht selbst re- alisieren kann. So können viele Visionen und Projektideen von der Gemeinde Großpösna nicht selbst errichtet oder betrieben werden. Es braucht für diese, aber vermutlich auch andere kleinteiligere Ideen, zwingend private Investoren, die diesen Weg gehen wollen. Insofern erarbeiteten Bürger entlang ihrer Bedürfnisse inhaltliche Leitplanken (Ent- wicklungsleitbild) sowie konkrete Projek- tideen (Ideenpool). Die Verwaltung und der Gemeinderat können auf dieser Grundlage mit potentiellen Investoren Gespräche füh-
05 1.3. Dokumentation des Beteiligungsprozesses Seit Januar 2018 arbeitet die Gemeinde Weges liegt mit dieser Broschüre nun vor Großpösna zusammen mit der Akademie und lässt sich über die folgenden Kapitel für Lokale Demokratie e. V. im Rahmen des chronologisch nachvollziehen: durch das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ ge- • Leitlinien Bürgerbeteiligung der Gemein- förderten Projektes „Quo vadis kommunale de Großpösna, Bürgerbeteiligung? Etablierung nachhaltiger • Ergebnisbericht der Bürgerumfrage zur Beteiligungsmodelle in Sachsen“ an der Er- Zukunft der Magdeborner Halbinsel, arbeitung eines durch die Bürger getragenen • Rahmen- und Feinkonzept für den Betei- Leitbildes für die Magdeborner Halbinsel. ligungsprozess zur Zukunft der Magde- borner Halbinsel, Am Anfang stand in 2018 zunächst die • Dokumentation der Beteiligungstage zur Entwicklung und Einführung von Leitlinien Zukunft der Magdeborner Halbinsel, für Bürgerbeteiligung, die wichtige Beteili- • Leitbild und Ideenpool zur Zukunft der gungsgrundlagen und Qualitätsstandards Magdeborner Halbinsel. umfassen. An der in 2019 durchgeführten Bürgerumfrage zur Zukunft der Magdebor- ner Halbinsel nahmen überraschend viele Bürger teil – 22 Prozent. Von den 1026 Per- sonen, die an der Befragung teilnahmen, äu- ßerten zudem 283 Personen Interesse an einer weiteren Mitarbeit. Letztlich nahmen in 2020 53 Bürger an den beiden Beteiligungstagen und in 2021 an der Online-Beteiligung teil. Das entspricht einem Prozent der Einwohnerschaft der Gemeinde Großpösna. Als Ergebnis entstand ein Leit- bild und Ideenpool zur Zukunft der Magde- borner Halbinsel, das der Gemeinderat im Mai 2021 bestätigte. Die Dokumentation dieses gemeinsamen
07 2. LEITLINIEN FÜR BÜRGERBETEILIGUNG DER GEMEINDE GROSSPÖSNA Nils Jonas 2.1 Präambel Die Gemeindeverwaltung und der Gemeinde- Die vorliegenden Leitlinien sollen hierbei die rat sehen die Beteiligung der Einwohner als Grundlage für eine frühzeitige, nachvollzieh- wichtige Voraussetzung für eine zukunftsfä- bare und verlässliche Bürgerbeteiligung in hige und bürgerfreundliche Kommune. Es ist Großpösna schaffen und so einen geeigne- ihnen wichtig, die Meinungen der Bürger ein- ten Rahmen für alle Beteiligten bilden. zuholen und diese in die Zukunftsgestaltung der Gemeinde einzubinden. Sie ersetzen keine gesetzlich vorgeschrie- benen Beteiligungsformen, sie ergänzen Ziel der Leitlinien ist es, den Einwohnern die vielmehr die bestehenden gesetzlichen Re- Teilhabe an kommunalen Entscheidungs- gelungen zur Beteiligung1. Sie stehen im Ein- prozessen zu ermöglichen und sie dabei klang mit den Bestimmungen der Gemein- zu unterstützen, eigene Standpunkte, Vor- deordnung des Freistaates Sachsen2 und der stellungen und Anregungen in die einzelnen Hauptsatzung der Gemeinde Großpösna3. Vorhaben einzubringen. Ziel ist eine aktive Mitarbeit an der konsensorientierten Gestal- Die Zuständigkeiten und Rechte des Bürger- tung des eigenen Lebensumfeldes und des meisters, des Gemeinderats und seiner Aus- Gemeinwesens. schüsse bleiben von diesen Leitlinien unbe- rührt. Die intensive Einbeziehung der Einwohner stärkt und ergänzt die repräsentative De- mokratie auf kommunaler Ebene und führt zu noch mehr Nähe und einem guten Ver- hältnis zwischen den Einwohnern und den Entscheidungsträgern. Gemeinderäte und Verwaltungsmitarbeiter erhalten zudem zu- sätzliche Anregungen, denn viele Einwohner sind sachkundig und mit den örtlichen Ver- hältnissen vertraut. Dieses Wissen vor Ort ist wertvoll und soll rechtzeitig in die Planungen mit einbezogen werden. Die Ergebnisse der Beteiligung kön- nen Rats- oder Verwaltungsentscheidungen nicht ersetzen, aber sie sollen helfen, durch eine fortlaufende Kommunikation mit der Bürgerschaft akzeptierte Entscheidungen in den Gremien zu treffen. Die jeweils aktuelle Fassung der Leitlinien für Bürgerbeteiligung finden auf der Website der Gemein- de Großpösna: www.grosspoesna.com
08 2.2 Kurzübersicht Engagement und Beteiligung der Einwohner Die Leitlinien beschreiben die Zuständigkei- sind in Großpösna Voraussetzung für eine ten und Verantwortlichkeiten, die im Laufe zukunftsfähige und nachhaltige Gemeinde- eines Beteiligungsverfahrens auf die Ge- entwicklung. Die Beteiligung an kommuna- meindeverwaltung, den Gemeinderat und die len Planungs- und Entscheidungsprozessen Bürger zukommen. soll dazu beitragen, Offenheit und Nach- vollziehbarkeit zu schaffen. Das Vertrauen Die Leitlinien benennen die verschiedenen zwischen Einwohnern, Verwaltung und Ge- Formen der Beteiligung (auf gesetzlicher meinderat soll gefestigt und so eine besse- Grundlage oder nach eigenem Ermessen der re Beteiligungs- und Kommunikationskultur Gemeinde) und in welchen Schritten eine entwickelt werden. Bürgerbeteiligung erfolgt. An den vorliegenden Leitlinien soll sich Bür- Die Leitlinien stellen beispielhaft verschie- gerbeteiligung in Großpösna messen lassen. dene Beteiligungsmethoden vor, mit denen Sie ergänzen die bestehenden gesetzlichen Vorhaben bürgerfreundlich und zielorientiert Regelungen. Die Leitlinien haben zum Ziel, begleitet werden können. • eine breit gestreute, bürgerfreundliche Information zu gewährleisten, Die Leitlinien sollen nach einer Phase der • Bürger zu ermutigen, sich aktiv in die Erprobung regelmäßig ausgewertet und wei- Gemeindeangelegenheiten einzubringen terentwickelt werden. und Vorhaben der Gemeinde im Sinne der Sache und möglichst einvernehmlich umzusetzen, • für gut gemachte Bürgerbeteiligungspro- zesse mit geeigneten Methoden zu sor- gen.
09 2.3 Unser Weg zur Bürgerbeteiligung Abb 1: Unser Weg zur Bürgerbeteiligung 2.3.1 Informieren • Eine frühzeitige und fortlaufende Infor- • Informationen werden über verschiede- mation über Vorhaben und Planungen ne Medien, wie zum Beispiel das Amts- der Gemeinde ist das Ziel. blatt „rundschau“, die Internetseite der • Die Verwaltung und der Gemeinderat Gemeinde oder Informationsbriefe an informieren über Themen mit großer die Haushalte der Gemeinde veröffent- Tragweite und solche von besonderem, licht. Die Entwicklung einer Bürger-App öffentlichen Interesse in der Gemeinde. ist in Planung. • Insbesondere bei der Planung von Vor- • Jeder Einwohner, Verein, Unternehmen haben, die einen großen Einfluss auf oder Institution in Großpösna, die ein Be- das Leben in der Gemeinde haben und/ teiligungsverfahren zu einem bestimm- oder viele Menschen betreffen, ist die ten Vorhaben wünscht, kann dies mit Information der Öffentlichkeit bereits in Kontaktdaten und Begründung anregen. einem frühen Planungsstadium beson- Die Anregungen werden durch eine feste ders wichtig. Ansprechperson in der Gemeindeverwal- • Es wird eine Liste der in der Gemeinde tung erfasst. geplanten Vorhaben erstellt. Darin sind • Nach Prüfung durch die Gemeindever- die Kosten, der zeitliche Rahmen, der waltung erfolgt eine Entscheidung über Kreis der Betroffenen und – sofern vor- die Annahme der Anregung. Das Ergeb- gesehen – die Form der Bürgerbeteili- nis der Entscheidung wird im Verwal- gung in leicht nachvollziehbarer Weise tungsausschuss vorgestellt, veröffent- verzeichnet. Die Liste wird regelmäßig licht und begründet. aktualisiert und die eingetragenen Vor- haben „auf Stand“ gehalten.
10 Abb 2: Verfahren hin zur Durchführung einer Bürgerbeteiligung
11 2.3.2 Aushandeln 2.3.3 Begleiten • Die Bereitschaft zur konsensorientierten • Die Beteiligung der Einwohner beginnt Zusammenarbeit an konkreten Vorha- bereits mit der Planung des Beteili- ben in der Gemeinde soll erhöht werden. gungsverfahrens. • Es soll ein Dialog auf Augenhöhe zwi- • Eine gute Planung berücksichtigt Bür- schen Verwaltung, Gemeinderat und gerbeteiligung als wichtigen Bestandteil Bürgerschaft geführt werden, der von eines Vorhabens. Sie benennt hierfür die Offenheit, Respekt und Unvoreingenom- notwendigen zeitlichen, personellen und menheit geprägt ist. Ein gedeihliches Zu- finanziellen Mittel. sammenleben und das Wohl Großpös- • Die Einwohner erhalten für ein konkre- nas sind das gemeinsame Ziel. tes Beteiligungsvorhaben alle wichtigen • Im Mittelpunkt steht ein wertschätzen- Informationen und werden von Beginn der Umgang aller Beteiligten miteinan- an klar über ihre Einflussmöglichkeiten der, auch bei gegensätzlichen Interes- aufgeklärt. sen. • Zu jedem Beteiligungsverfahren wird ein • Die Verwaltung sieht es als ihre Aufgabe maßgeschneidertes Moderations- und an, für eine gelingende Kultur der Betei- Beteiligungskonzept entwickelt. ligung aktiv auf die Einwohner zuzuge- • Die Wahl der Methode richtet sich nach hen. dem Vorhaben, den zu beteiligenden • Die Bürger sind dazu eingeladen, ihre Gruppen und den Rahmenbedingungen. Meinungen, Ideen und Anregungen in die Planung und Umsetzung von Vorhaben einzubringen. • Die Bürgerbeteiligung zu bestimmten Vorhaben soll dazu beitragen, Fachwis- sen und Erfahrungen der Beteiligten nutzbar zu machen. Zugleich sollen in- novative Ansätze und neue Sichtweisen diskutiert werden können. • Das Leitlinienkonzept ist eine Ergänzung bereits bestehender Mitwirkungsmög- lichkeiten. • In der Verwaltung wird eine Ansprech- person benannt, die für die Bereitstellung von Informationen zu Bürgerbeteiligung zuständig ist, die Koordinierung der ver- schiedenen Beteiligungsvorhaben unter- stützt und Anregungen entgegennimmt.
12 2.4 Akteure und Zuständigkeiten 2.4.1 Einwohnerschaft 2.4.2 Gemeinderat Die Einwohnerschaft im Sinne dieser Leitlinien Dem Gemeinderat als Entscheidungsorgan der sind die Bürger der Gemeinde Großpösna und Gemeinde Großpösna obliegt die letzte Ent- alle Menschen, die hier arbeiten, leben und An- scheidung im Umgang mit den Ergebnissen teil am Geschick der Gemeinde nehmen. Sie von Bürgerbeteiligungsverfahren. Der Gemein- alle sind dazu eingeladen, sich in kommuna- derat als Hauptorgan der Gemeinde fungiert le Entscheidungen Großpösnas einzubringen nicht nur als Entscheidungsträger, sondern und bei der Gestaltung des Gemeinwesens auch als Impulsempfänger und -geber. Die aktiv mitzuwirken, ebenso die Ortschaftsräte, Gemeinderatsmitglieder entscheiden über die Vereine, Institutionen und Unternehmen aus Entwicklung der Gemeinde. Die Mitglieder des und mit Sitz in Großpösna. Gemeinderats und der Ortschaftsräte werden zu den jeweiligen Beteiligungsformaten einge- Die Gemeinde Großpösna setzt sich mit den laden. Leitlinien aktiv dafür ein, den Einwohnern Hilfe und Unterstützung zur Beteiligung anzubieten. Diese sind dazu aufgerufen, sich einzubringen. In der Einwohnerschaft finden sich Menschen jeden Alters, Geschlechts und Bildungstands – diese Vielfalt macht sie zu wichtigen Impuls- gebern für das Gemeindeleben.
13 2.4.3 Verwaltung Die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung setzen in den Ämtern die kommunalen Auf- Der Bürgermeister repräsentiert nicht nur gaben um. Sie fungieren als Experten und die Gemeinde, sondern führt als Chef der Impulsempfänger. In Großpösna sind die Verwaltung die Geschäfte und entscheidet verschiedenen Kompetenzen auf die drei in Angelegenheiten, die ihm vom Rat oder Ämter Hauptamt, Finanzverwaltung und von den Ausschüssen zur Entscheidung Bauamt aufgeteilt. Diese unterstützen die übertragen sind. Er ist mit vielen Belangen betreffenden Beteiligungsverfahren durch der Bürgerschaft und des Gemeinderats un- die Bereitstellung von Informationen und Ex- mittelbar befasst, zu denen auch die Beteili- pertenwissen. Für jedes Beteiligungsverfah- gungsverfahren gehören. ren wird ein verantwortlicher Ansprechpart- ner benannt, der das Beteiligungsverfahren Er lädt zu Versammlungen ein, insbesonde- begleitet und unterstützt. re bei vom Rat beschlossenen Einwohner- versammlungen nach § 13 der Hauptsat- zung,und unterrichtet dort die Einwohner über die Umstände eines Vorhabens. An- schließend haben diese Gelegenheit, sich zu den Ausführungen zu äußern und dies mit dem Bürgermeister zu erörtern.
14 2.5 Formen der Beteiligung Es existieren zwei Arten von Beteiligungs- verfahren: die gesetzlich vorgeschriebene formelle Beteiligung und die freiwillige Betei- ligung nach eigenem Ermessen. Ziel dieser Leitlinien ist es, die regelmäßige Beteiligung der Bürger über die bestehenden gesetzli- chen Grundlagen hinaus zu einem festen Be- standteil des Handelns von Verwaltung und Gemeinderat zu machen. 2.5.1 Bürgerbeteiligung nach gesetzlicher Grundlage Grundpfeiler der Beteiligung nach gesetzli- cher Grundlage ist das Wahlrecht. Sie ist das Hauptinstrument der repräsentativen Demo- kratie und für Städte und Gemeinden in § 16 der Sächsischen Gemeindeordnung festge- schrieben. Die Gemeindeordnung nennt da- neben noch weitere Beteiligungsmöglichkei- ten, u.a.: a) Einwohnerversammlung Eine Einwohnerversammlung gemäß § 22 der Sächsischen Gemeindeordnung ist an- zuberaumen, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird. Der Antrag muss unter Be- zeichnung der zu erörternden Angelegenhei- ten schriftlich eingereicht werden. Der Antrag muss von mindestens zehn vom Hundert der Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, unterzeichnet sein. b) Einwohnerantrag Der Gemeinderat muss Gemeindeangelegen- heiten, für die er zuständig ist, innerhalb von drei Monaten behandeln, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird. Der Antrag muss unter Bezeichnung der zu behandelnden An- gelegenheit schriftlich eingereicht werden. Der Antrag muss von mindestens zehn vom Hundert der Einwohner, die das 16. Lebens- jahr vollendet haben, unterzeichnet sein.
15 c) Bürgerentscheid und Bürgerbegehren Nach § 24 der Sächsischen Gemeindeordnung können die Bürger schriftlich beantragen (Bür- gerbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid). Der Bürge- rentscheid kann über viele kommunale Ange- legenheiten durchgeführt werden. d) Bauleitplanung, Raumordnungs- und Planfest- stellungsverfahren Die gesetzlichen Regelungen des Bundes und der Länder haben insbesondere im Bau- und Planungsrecht weitere Bürgerbeteiligungen zur Folge. Maßgeblich für die kommunale Bau- leitplanung ist der § 3 in Verbindung mit dem § 4a des Baugesetzbuches (BauGB). Generell gibt der § 3 BauGB ein zweistufiges Verfahren vor. Nach § 3 Abs. 1 ist in der ersten Stufe die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung und deren Auswirkungen möglichst frühzeitig öffentlich zu unterrichten. In der zweiten Stufe muss der Planentwurf mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegen- den umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt wer- den (§ 3 Absatz 2 des BauGB). In dieser Zeit können weitere Einwendungen vorgebracht werden, die anschließend von der Gemeinde abgewogen werden müssen. 2.5.2 Bürgerbeteiligung nach eigenem Ermes- sen Zur Bürgerbeteiligung nach eigenem Ermessen gehören all jene Verfahren, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind und auf den konstrukti- ven Dialog zu kommunalpolitischen Themen zwischen den Akteuren aus Gemeinderat, Ver- waltung und der Bürgerschaft setzen. Dialo- gorientierte Methoden der Bürgerbeteiligung bieten gute Möglichkeiten, die Instrumente der direkten und repräsentativen Demokratie zu ergänzen. Über diese konkreten Verfahren der Bürgerbeteiligung erfolgt durch die Verwal- tung eine fortlaufende Berichterstattung.
16 a) Informationsphase Die Informationsphase bildet die erste und wichtigste Phase. Hier gilt es, betroffene Ein- wohner so früh wie möglich über das geplante Projekt zu informieren. Die Bereitstellung der Informationen bietet Nachvollziehbarkeit und kann Glaubwürdigkeit sowie Akzeptanz durch eine gemeinsame Wissensbasis schaffen. Der Anstoß zu einem Beteiligungsprozess kann sowohl von der Bürgerschaft als auch von der Kommunalverwaltung oder dem Ge- meinderat ausgehen. b) Dialog- und Entscheidungsphase In dieser Phase kann die Bürgerschaft Mei- nungen äußern und zu einem Vorhaben Stel- lung beziehen. Mit der Gemeindeverwaltung und dem Gemeinderat werden Informationen, Sichtweisen und Argumente ausgetauscht. Dies kann durch verschiedene Beteiligungs- methoden erfolgen – seien es Sitzungen, Ortsbegehungen oder besondere Veranstal- tungen. Soweit sinnvoll und notwendig über- nehmen neutrale Moderatoren deren Leitung. In der Dialogphase wird der gemeinsame Konsens gesucht, aber nicht erzwungen. Um keine falschen Erwartungen zu wecken, wird der tatsächliche Gestaltungspielraum eines Beteiligungsverfahrens zu dessen Beginn stets klar benannt. Die Weiterverarbeitung der Meinungen und Stellungnahmen sollte von der Gemeindeverwaltung betrieben werden. Die Stellungnahmen aus dem Beteiligungs- prozess können in das Vorhaben einfließen – müssen es aber nicht. Es gibt stets eine Rückmeldung an die Bürgerschaft, ob und wie die Stellungnahmen aufgegriffen wurden. Auch wenn nicht alle Anregungen der Bürger berücksichtigt werden können, so haben sie einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie mit diesen verfahren wird. c) Berichtsphase In der dritten Phase der Beteiligung wird ein Vorhaben umgesetzt und über den Umgang mit der Beteiligung und ihren Ergebnissen Rechenschaft abgelegt. Nachdem sich Ein- wohnerschaft, Verwaltung und Gemeinderat in einem Beteiligungsverfahren
17 ausgetauscht haben, werden die Ergebnisse und auch der Prozess selbst dokumentiert. Die Dokumentation wird allen Beteiligten zur Verfügung gestellt, auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlicht und dem Gemeinde- rat als Vorlage zur Kenntnis gegeben. Über den Fortgang eines Vorhabens mit Bürger- beteiligung informiert die Verwaltung bis zu dessen Erledigung regelmäßig. 2.6 Methodenkoffer In diesem Abschnitt werden einige Methoden aufgeführt, die sich in der Bürgerbeteiligung bewährt haben. Die Aufzählung ist nicht voll- ständig, sondern soll vielmehr einen ersten Eindruck vermitteln, wie eine Beteiligung in der Gemeinde Großpösna ablaufen kann. a) World Café Die Methode World Café kann genutzt werden, um in Gruppen Hinweise, Ideen und Anregun- gen zu eher offenen Anliegen zu sammeln. Es werden mehrere Tische aufgebaut, die mit ei- ner beschreibbaren Oberfläche (Packpapier) bespannt sind und an denen Klebepapier so- wie Stifte bereit liegen. An jedem Tisch erwar- tet ein „Gastgeber“ etwa vier Gäste mit einer Frage zum Vorhaben. Die Gäste diskutieren diese Fragen und halten ihre Betrachtungen fest, indem sie direkt auf den Tisch schreiben oder die Klebepapiere hierfür nutzen. Jede Diskussionsrunde dauert 15-20 Minuten, dann wechseln alle bis auf einen Gast zum nächsten Tisch. Die Person, die bleibt, stellt zunächst den neu Hinzugekommenen die Ergebnisse aus der ersten Runde vor, dann startet die Diskussion erneut. Nach einigen Runden werden die Ergebnisse zusammen- getragen.
18 b) Fish-Bowl Die Methode Fish-Bowl („Goldfischglas“) kann genutzt werden, um Podiumsdiskussi- onen offener und anregender zu gestalten. Dabei wird das Podium als Kreis in der Mitte des Raumes aufgebaut, die Stühle der Bür- ger sind in einem größeren Kreis rundherum gestellt. Im inneren Podiumskreis sind ne- ben den Stühlen für die Podiumsmitglieder weitere freie Stühle aufgebaut. Diese sind für Bürger reserviert, die sich aktiv in die Dis- kussion mit Fragen und Hinweisen einbrin- gen wollen. Hierzu gehen sie einfach nach vorne und nehmen Platz, die Moderation bin- det sie bei nächster Gelegenheit in die Dis- kussion ein. Ihre Teilnahme endet, wenn sie dies selbst wünschen oder jemand anderes aus dem Publikum sich einbringen will. Sie räumen dann den Platz im inneren Kreis und setzen sich zurück in den äußeren Kreis. c) Beteiligungsspaziergang Die Methode Stadtteilspaziergang eignet sich gut, um ortsgebundene Planungen und Bauvorhaben zu erläutern. Dabei wird das entsprechende Gelände gemeinsam als Gruppe begangen. Zu Beginn erhalten die Teilnehmenden Materialien mit den wichtigs- ten Informationen zum Vorhaben, um sich Notizen machen zu können. An bestimmten Punkten des Geländes erläutern Planer und Experten jeweils besondere Teilaspekte des Vorhabens genauer. Bevor die Gruppe zum nächsten Punkt weitergeht, können die Teil- nehmenden Fragen stellen. Die Gruppe wird von Moderatoren begleitet, die die Fragen und Antworten protokollieren. Bei Bedarf kann sich an den Spaziergang eine Diskus- sionsveranstaltung in nahen Räumlichkeiten anschließen. d) Zukunftswerkstatt Die Zukunftswerkstatt ist eine aufwendigere Methode, mit der umfangreiche Vorhaben frühzeitig besprochen und geplant werden können. An 1-2 Tagen besprechen die maxi- mal 25 Teilnehmenden ein Vorhaben in drei Schritten: Kritik-, Utopie- und Umsetzungs- phase.
19 Dabei werden zunächst alle möglichen Ein- umsetzbare Vorschläge zur Umsetzung des wände gegen das Vorhaben gesammelt Vorhabens. Durch die Gliederung werden und durch Punktevergabe nach Wichtigkeit Herausforderungen und Chancen eines Vor- sortiert. In der folgenden Phase werden die habens deutlich herausgearbeitet. Am Ende Kritikpunkte in ihr Gegenteil verkehrt und steht eine nach Wichtigkeit geordnete Liste Bedingungen für das Erreichen solcher Ide- mit klaren Handlungsempfehlungen, was es alzustände gesammelt. In der letzten Phase bei der Umsetzung des Vorhabens zu beach- formulieren die Teilnehmenden konkrete, ten gilt. 2.7 Weiterentwicklung der Leitlinien Die vorliegenden Leitlinien wurden von einer Die Leitlinien markieren den Beginn der Ent- gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Verwal- wicklung neuer Bürgerbeteiligungsformen tung, Gemeinderat und Bürgern in einer Rei- in Großpösna, nicht deren Abschluss. Sie he von Sitzungen zwischen Herbst 2018 und sollen künftig auf Grundlage der gesam- Frühjahr 2019 ausgearbeitet. Ihr Ziel war es, melten Erfahrung weiterentwickelt und an anhand der guten Erfahrungen aus anderen gewandelte Bedingungen angepasst wer- Kommunen und mit Blick auf die konkreten den können. Hierzu werden die Leitlinien Verhältnisse in Großpösna möglichst prakti- mindestens alle fünf Jahre gemeinsam von kable und bürgernahe Leitlinien für Bürger- Gemeindeverwaltung, Gemeinderat und Bür- beteiligung zu verfassen. gern in einer geeigneten Form begutachtet.
20 3. ERGEBNISBERICHT DER BÜRGERUMFRAGE ZUR ZUKUNFT DER MAGDEBORNER HABINSEL Tobias Jaeck, Peter Patze-Diordiychuk, Nils Jonas & Jens Weiß 3.1 Untersuchungsgrundlage Grundgesamtheit Rücklaufquote Bevölkerung der Gemeinde Großpösna und ihrer ca. 22 Prozent Ortsteile ab 14 Jahren Erhebungszeitraum Stichprobe November 2019 Vollerhebung mit N = 4.688 Personen Beteiligte Institute Erhebungsverfahren Akademie für Lokale Demokratie e. V. – Leipzig Postalische Befragung mit Onlineoption Hochschule Harz – Halberstadt, Fallzahl Con Vivia – Potsdam, Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. an der 1.026 Befragte Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Den vollständigen Ergebnisbereicht mit allen Anhängen können Sie unter https://www.lokale-demo- kratie.de/ergebnisbericht-der-buergerbefragung-zur-magdeborner-halbinsel-fertiggestellt-und-ver- oeffentlicht/ abrufen.
21 3.2 Zum Hintergrund der Bürgerumfrage 3.2.1 Das Projekt „Quo vadis kommunale Die für die Leitlinien Bürgerbeteiligung vor- Bürgerbeteiligung?“ gesehene Evaluation wurde auf Basis einer Ausschreibung von der ALD e. V. an Prof. Dr. Die Bürgerumfrage zur „Zukunft der Magde- Jens Weiß, Professur für Verwaltungswis- borner Halbinsel“ wurde zusammen mit der senschaften an der Hochschule Harz, ver- Gemeindeverwaltung Großpösna von der geben. Das Evaluationsteam nahm an den Akademie für Lokale Demokratie e.V. (ALD Sitzungen der Projektgruppe teil und unter- e.V.) im Rahmen des Projektes „Quo vadis stützte außerplanmäßig auch technisch und kommunale Bürgerbeteiligung? Etablierung inhaltlich bei der Durchführung und Auswer- nachhaltiger Beteiligungsmodelle in Sach- tung der Befragung. sen“ durchgeführt. Das dreijährige Projekt wurde gefördert durch das Landesprogramm Als weiterer Bestandteil des Projekts war die „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Begleitung der Gemeinde Großpösna bei der Toleranz“ des Sächsischen Staatsministeri- Planung, Durchführung und Auswertung ei- ums für Soziales und Verbraucherschutz. ner ersten Bürgerbeteiligung auf Grundlage der neuen Großpösnaer Leitlinien für Bürger- Die ALD e.V. ist ein gemeinnütziger Verein beteiligung vorgesehen. Nach eingehenden mit Sitz in Leipzig, der sich der Förderung Diskussionen in der Lenkungsgruppe fiel die und Entwicklung von Demokratie auf der Entscheidung, die weitere Entwicklung der kommunalen Ebene verschrieben hat. Hier- Magdeborner Halbinsel hierfür in den Blick zu berät und begleitet die ALD e.V. u. a. Kom- zu nehmen. munen, aber ebenso Vereine und Bürgerini- tiativen in Sachen Bürgerbeteiligung, führt Die Gründe dafür waren u.a., dass die Pla- Seminare und Tagungen durch und veröf- nungen zur künftigen Entwicklung der Mag- fentlicht eigene Publikationen. deborner Halbinsel noch am Anfang stehen, so dass noch ein relativ großer Gestal- In Großpösna wurde zur Steuerung des Pro- tungsspielraum besteht. Zugleich berührt jektes eine trialogisch, also aus Verwaltung, die Magdeborner Halbinsel maßgeblich die Politik und Bürgerschaft zusammengesetz- Entwicklung des Tourismus am gesamten te Lenkungsgruppe ins Leben gerufen. Die- Störmthaler See und der Leipziger Neuseen- se erarbeitete einen Entwurf der Leitlinien landschaft. Das Thema ist von überregiona- für Bürgerbeteiligung, der in einer Bürger- ler Bedeutung. versammlung am 26. März 2019 öffentlich vorgestellt und diskutiert wurde. Der auf Ba- sis der Rückmeldungen aus der Bürgerver- sammlung vom 26. März 2019 angepasste Entwurf wurde schließlich vom Gemeinderat am 15. April 2019 bestätigt19.
22 3.2.2 Zu den Zielen und der Umsetzung der Befragung Die Bürgerbefragung hatte ferner zum Ziel, in einer für die Bürgerinnen und Bürger einfach Da das Thema der Entwicklung der Mag- nachvollziehbaren Weise über das Projekt zu deborner Halbinsel zu komplex ist, um es informieren, Bürgerbeteiligung anzuregen und in einer einzigen Bürgerversammlung oder grundlegende Informationen über relevante allein über eine Bürgerumfrage zu beraten, Einstellungen für den weiteren Beteiligungs- entwickelte die ALD e.V. in Abstimmung prozess zu liefern. In diesem Sinne handelt es mit der Lenkungsgruppe ein mehrstufiges sich um eine aktivierende Befragung. Diese Be-teiligungsverfahren. Die aktivierende hatte nicht zum Ziel, quantitativ verwertbare Bürgerumfrage bildet dabei die erste Stufe Daten für wissenschaftliche Zwecke oder re- und lässt sich somit als Auftakt des Betei- präsentative Daten mit unmittelbaren Auswir- ligungsverfahrens verstehen. Mit ihr wurden kungen auf Entscheidungen im weiteren Pro- grundsätzliche Ideen und Bedürfnisse zur jektverlauf zu erheben. Entwicklung der Halbinsel erfasst. Alle Stu- fen der Beteiligung sind im Beteiligungskon- Für die Befragung erhielten alle Einwohner zept zur Entwicklung der Magdeborner Halb- Großpösnas ab 14 Jahre einen persönlich insel niedergeschrieben, dessen Umsetzung adressierten Brief der Bürgermeisterin. Die- in den Jahren 2019, 2020 und 2021 erfolgte. ser umfasste zwei DIN A4-Seiten, einmal ein beidseitig bedrucktes Anschreiben mit einer Mit der Bürgerbefragung zur „Zukunft der kurzen Beschreibung der Bürgerumfrage so- Magdeborner Halbinsel“ wurden drei Ziele wie einen ebenfalls beidseitig bedruckten verfolgt: Fragebogen. Die Teilnahme an der Bürgerum- frage war sowohl online als auch über den 1. Erstens sollte eruiert werden, wie die beigefügten Papierfragebogen möglich. Die Magdeborner Halbinsel gegenwärtig von Mitglieder der Lenkungsgruppe versprachen den Einwohnern in Großpösna genutzt sich von diesem Vorgehen eine höhere Rück- wird. laufquote. 2. Zweitens sollten mögliche Entwicklungs- pfade oder auch inhaltliche Leitplanken, die die Einwohner für die Magdeborner Halbinsel sehen, identifiziert werden. 3. Drittens sollten die Erwartungen zum Thema Bürgerbeteiligung in Erfahrung gebracht werden.
23 Um Mehrfachteilnahmen auszuschließen, war jeder Fragebogen mit einem individuellen Code versehen, der nur einmal genutzt werden konnte. Die Tokens wurden den Empfängern zufällig zugeteilt und deren Verteilung nicht gespeichert. Die Umfrage war damit anonym. Eine nachträgliche Zuordnung einzelner Um- fragebögen zu Personen ist nicht möglich. Die Projektgruppe verständigte sich auf die Ziele und inhaltlichen Grundzüge der Befragung. Entsprechend der Ziele wurden drei Fragen- blöcke aufgenommen: 1. Fragen zur gegenwärtigen Nutzung der Magdeborner Halbinsel, 2. Fragen zur zukünftigen Nutzung der Mag- deborner Halbinsel und 3. Fragen zu Beteiligungserwartungen der Bürger in Großpösna. Ergänzt wurden diese inhaltlichen um so- ziodemografische Fragen zum Geschlecht, Alter, Wohnort, Erwerbsstatus und Haus- haltsgröße der Befragten. Über diese Fragen wurde erfasst, welche Bevölkerungsgruppen aus Großpösna sich an der Bürgerumfrage beteiligten. Mit Blick auf die inhaltliche sowie techni- schorganisatorische Abwicklung der Befra- gung wurde eine Arbeitsteilung vereinbart. Die Fragen 1 bis 5 sowie A bis E wurden durch die ALD e. V. in Abstimmung mit der Gemein- deverwaltung und der HS Harz entwickelt. Die Fragen F und G wurden allein von der Hoch- schule Harz formuliert. Der Versand der Fra- gebögen an alle Haushalte in Großpösna er- folgte durch die Gemeindeverwaltung. Für die Durchführung der elektronischen Befragung wurde die Infrastruktur der Hochschule Harz genutzt. Die ALD e. V., die HS Harz und Con Vivia übernahmen anschließend die Auswer- tung und Berichtfassung zu den eingegange- nen Datensätzen. Der Bericht wurde im Nachgang der Studie von Tobias Jaeck vom Zentrum für Sozialfor- schung an der Martin-Luther-Universität fach- lich geprüft und methodisch überarbeitet.
24 3.2.3 Rücklaufquote Durch die aktivierende Einwohnerumfrage konnte gut ein Fünftel der Bürger motiviert Für die Bürgerumfrage zur „Zukunft der Mag- werden sich an den kommenden Entwicklun- deborner Halbinsel“ wurden alle Einwohner gen in der Gemeinde bzw. der Magdeborner der Gemeinde Großpösna (Grundgesamtheit: Halbinsel zu beteiligen. Damit konnte ein n = 4.688) ab 14 Jahren per Briefpost persön- Ziel der Befragung (Beteiligung/Aktivierung) lich angeschrieben. Damit handelte es sich bereits in Teilen erfüllt werden. Zudem kann bei der Umfrage um eine Vollerhebung und davon ausgegangen werden, dass die Infor- keine Stichprobe aus der Grundgesamtheit. mation über die bestehenden Beteiligungs- 1.026 Personen nahmen an der Befragung möglichkeiten zu einem frühen Planungs- teil. Das entspricht einer Rücklaufquote von zeitpunkt – mit wenigen Ausnahmen – alle 21,9 Prozent. Von den Teilnehmenden nutz- Einwohner der Gemeinde erreicht hat. Allein ten deutlich mehr als die Hälfte (63,0 %) die hierin kann bereits eine wichtige Grundvorr- Möglichkeit, den Fragebogen online auszufül- ausetzung und auch Legitimitätsgrundlage, len, der andere Teil nutzte den schriftlichen für die bevölkerungsseitige Akzeptanz spä- Papierfragebogen. terer Vorhaben und Projekte liegen. Auf die vom Erhebungsinstitut präferierte Form (Onlinebefragung) wurde im Anschrei- ben explizit hingewiesen. Eine Rücklauf- quote von 22 Prozent ist für postalische Befragungen – mit nur einem Kontakt – als sehr gut einzuschätzen20. Bei einer hohen Identifikation der Befragten mit dem Unter- suchungsgegenstand (wie bei kommunalen ‚unpolitischen‘ Umfragen meist der Fall) und weiteren nachfassenden Kontakten, kann die Rücklaufquote aber noch weiter gestei- gert werden21. Will man die Anonymität der Befragung wahren, kann dies bspw. in Form eines so genannten „Dankes- und Erinne- rungsschreiben“ im Nachgang des ersten Kontaktes (Anschreiben und Fragebogen) geschehen, welches an alle Teilnehmenden versendet wird22.
25 3.3 Soziodemografische Merkmale der Befragung 3.3.1 Verteilung nach Geschlecht 3.3.2 Verteilung der Altersgruppen Die Teilnehmenden wurden im Fragebogen Bei der Verteilung des Alters zeigen sich gebeten, Angaben zu ihrem Geschlecht zu zwischen Datensatz und Grundgesamtheit machen. Die vorgegebenen Antwortkatego- ebenfalls nur minimale Unterschiede, auch rien waren „weiblich“, „männlich“, „anderes“ hier bildet der Datensatz die Verteilung der und „keine Angabe“. Ausgelassene bzw. ‚Wirklichkeit‘ hinsichtlich des Alters gut ab. keine Antworten zur Frage wurden für die Hervorzuheben ist insbesondere die leicht vorliegende Auswertung als „keine Anga- überdurchschnittliche Beteiligung der Jungen be“ gewertet. Von den 1.026 Teilnehmen- Alterskohorte, welche sich bei vergleichbaren den machten insgesamt 1.005 Personen Umfragen in der Regel eher unterdurchschnitt- Angaben zu ihrem Geschlecht. Davon etwa lich beteiligen24. 49 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer. Eine Person, also etwa 0,1 Prozent, gab an Dieses Ergebnis zeigt, dass das Thema ein anderes als die genannten Geschlechter der Befragung, die „Zukunft der Magdebor- zu besitzen. ner Halbinsel“, für alle Altersgruppen in der Gemeinde gleichermaßen relevant zu sein Die Geschlechterverteilung im Datensatz scheint. Im Rahmen der Befragung zeigte entspricht also mit unwesentlichen Abwei- sich bei dieser Frage jedoch ein außerordent- chungen der der Grundgesamtheit23. Es lich hoher Anteil an fehlenden Angaben (Item lassen sich also keine geschlechterspezifi- Non Response), fast genau ein Drittel (32,5 %) schen Beteiligungseffekte nachweisen. mochten hinsichtlich ihres Alters keine Anga- ben machen25. Abb 3:Vergleich Geschlechterverhältnis im Datensatz und in der Grundgesamtheit in % Quelle: Eigene Berechnungen. Fehlende Werte zu 100 % (keine Angabe n=21)
26 Abb 4: Vergleich Altersgruppen im Datensatz und in der Grundgesamtheit in % Quelle: Eigene Berechnungen. Fehlende Werte (keine Angabe n=333) 3.3.3 Wohnort in der Gemeinde nach Ortsteilen zent schwächer, wenn man die tatsächlichen Anteile der Einwohner als Vergleichskatego- Die Teilnehmenden wurden gebeten, im Fra- rie zu Grunde legt. gebogen anzugeben, in welchem Ortsteil der Gemeinde Großpösna sie leben. Mögliche Bei der Betrachtung dieser Ergebnisse erge- Antworten waren „Großpösna“, „Seiferts- ben sich folgende Schlussfolgerungen. Die hain“, „Störmthal“, „Güldengossa“, „Dreis- Einwohner von Seifertshain, dem mit Abstand kau-Muckern“ und „ich lebe woanders“. Der am weitesten von der Magdeborner Halbin- mit Abstand größte Teil der Befragten (ca. sel entfernten Ortsteil, sind in der Umfrage 66%) gab an, in Großpösna zu wohnen, was unterrepräsentiert und haben sich weniger in etwa auch dem tatsächlichen Anteil in stark beteiligt. Das lässt den Rückschluss zu, der Grundgesamtheit entspricht. Fast ge- dass sie sich vom Thema der Befragung we- nau 7 Prozent gaben Güldengossa und nicht niger direkt betroffen fühlen. Die Störmthaler, ganz 10 Prozent Dreiskau-Muckern als ihren deren Ortsteil im Osten und Nord-Osten an Wohnort an. Auch diese Werte weichen nur den Störmthaler See grenzt, beteiligten sich geringfügig von den tatsächlichen Anteilen deutlich stärker an der Befragung, während ab. die anderen Befragten jeweils eine ähnliche Beteiligung zeigten. Etwas größer sind die Abweichungen in den Ortsteilen Seifertshain und Störmthal. So sind die Einwohner von Störmthal im Daten- satz mit gut 12 Prozent anteilig stärker ver- treten und die von Seifertshain mit ca. 3 Pro-
27 Abb 5: Vergleich der Gemeindeortsteile im Datensatz und in der Grundgesamtheit in % Quelle: Eigene Berechnungen. Fehlende Werte (lebe woanders, keine Angabe – n=18) Die besondere Nähe oder Distanz eines Orts- und zwar…“. Von den 1.026 Befragten mach- teils zur Magdeborner Halbinsel bzw. dem ten etwa 97 Prozent verwertbare Angaben. In Störmthaler See hatte aber nicht zwingend der Kategorie Sonstiges wurde mehrfach der eine niedrigere oder höhere Beteiligung zur Status Hausfrau angegeben, weshalb dieser Folge. Insgesamt könnte aber die Motivation, für die Auswertung als Kategorie ergänzt und sich für die „Zukunft der Magdeborner Halb- codiert wurde. Diese Fälle fallen somit nicht insel“ zu engagieren, in den der Halbinsel na- mehr unter Sonstiges. hegelegenen Ortsteilen etwas höher ausfallen als in den entfernteren. Diese Vermutung kann Die mit Abstand größte Gruppe bilden die An- im weiteren Verlauf des Beteiligungsprojektes gestellten. Sie machen fast genau die Hälfte aber noch genauer betrachtet werden. der Befragten aus. Die zweitgrößte Gruppe – mit gut 28 Prozent – bilden diejenigen, welche Ein minimaler Anteil von 0,2 Prozent (ent- bereits Rente oder Pension empfangen bzw. spricht 2 Personen) gab an, in einer anderen im Ruhestand sind. Mit deutlichem Abstand Gemeinde zu leben und wäre damit streng folgen die Selbstständigen bei knapp 10 Pro- genommen nicht Teil der Grundgesamtheit. zent. Die anderen Anteile bewegen sich zwi- Etwa 2 Prozent machten bezüglich Ihres schen 0,5 und 4 Prozent. Vergleicht man die Wohnortes keine Angaben. Werte mit der nahliegenden Großstadt Leip- zig26 zeigen sich die typischen Eigenschaften 3.3.4 Erwerbsstatus eines Vorortes mit den etwas höheren Antei- len an Rentnern und unterdurchschnittlichen Bei der Frage zum beruflichen Status (Frage Anteilen für jüngere Berufs- und Ausbildungs- D) standen folgende Kategorien zur Auswahl gruppen. „Schüler/in“, „Auszubildende/r“, „Student/in“, „Angestellte/r“, „Beamte/r“, „Selbstständig“, „Rentner/in“, „erwerbslos“ sowie „sonstiges,
28 Das liegt in erster Linie an den unterschiedli- jeder Zehnte (8,2 Prozent) gab an in einem chen Anforderungen und Präferenzen, die an 1-Personenhaushalt zu leben. Im Verhältnis zu den Wohnort gestellt werden. Sind bei jungen vergleichbaren Umfragen ist dieser Anteil als Menschen eher Faktoren wie Zentrumsnähe niedrig einzustufen28. Fast die Hälfte (44,8 %) – und den dazu gehörigen Faktoren – wohn- der Bewohner in der Gemeinde lebt in Haushal- ortentscheidend, sind es bei nachfolgenden ten mit 2 Personen, was einem eher typischen Altersgruppen häufig eher Ruhe, Natur sowie Wert entspricht. Der Anteil an Menschen in der Wunsch nach Wohneigentum und größe- 3- und 4-Personhaushalten ist mit etwa 22 rem und komfortablerem Wohnraum27. bzw. 18 Prozent ebenfalls als eher hoch einzu- schätzen. Mit Hilfe der Umfrage konnte nicht Positiv hervorzuheben ist, dass nahezu alle festgestellt werden ob sich beispielsweise beruflichen Statusgruppen entsprechend der 1-Personenhaushalte unterdurchschnittlich vorhandenen Möglichkeiten im Rahmen der und die 3- bzw. 4-Personenhaushalte über- Befragung erreicht wurden. Größere Abwei- durchschnittlich stark beteiligt haben. chungen zur Grundgesamtheit sind auf Grund der Verteilung eher unwahrscheinlich. In Anbetracht der hohen Deckungsgleichheit bei den Eigenschaften Geschlecht, Alter und 3.3.5 Haushaltsgröße Wohnort zwischen Datensatz und Grundge- samtheit ist davon aber nicht auszugehen. Von allen Befragten machten 95 Prozent Wahrscheinlicher ist, dass in der Gemeinde Aussagen zur Größe des Haushaltes in dem der Anteil von Familien vergleichsweise höher sie leben. Die Verteilung ist in nachfolgender ist. Gut sechs Prozent der Befragten leben in Abbildung dargestellt. Insgesamt nicht ganz Hauhalten mit 5 oder mehr Personen. Abb 6: Haushaltsgröße in Prozent in % (n = 1.026) Quelle: Eigene Berechnungen, Fehlende Werte zu 100 % (keine Angabe n=53)
29 3.4 Ergebnisse zur gegenwärtigen Nutzung der Magdeborner Halbinsel Den Teilnehmenden wurden insgesamt zwei nis tätigen. Auch ist dieses Ergebnis für den Fragen zur gegenwärtigen Nutzung der Mag- folgenden Beteiligungsprozess von Vorteil, da deborner Halbinsel gestellt. Mit den Fragen der Beteiligungsgegenstand nicht näher erläu- sollte geklärt werden, 1. wie bekannt die Mag- tert werden muss. deborner Halbinsel in der Bevölkerung ist und 2. ob und wie sie aktuell von den Mitgliedern 3.4.2 Aktivitäten auf der Magdeborner Halbinsel der Gemeinde genutzt wird. Über die erste Frage wurde geklärt, wie viele der Befragten Im Anschluss wurden die Teilnehmenden die Magdeborner Halbinsel bereits einmal gefragt, welchen Aktivitäten sie bereits auf besucht haben. Über die zweite Frage ließ der Magdeborner Halbinsel nachgegangen sich klären, wie die Magdeborner Halbinsel sind. Mögliche vorgegebene Antworten wa- heute von den Großpösnaern hauptsächlich ren: „gehe ich spazieren“, „gehe ich baden/ genutzt wird. schwimmen“, „arbeite ich“, „nutze ich die be- stehenden touristischen Angebote (z.B. VI- 3.4.1 Waren Sie bereits einmal auf der Halb- NETA, Lagovida, Wassersportangebote)“, „be- insel? suche ich das Highfield Festival“ und „mache ich sonstiges, und zwar…“. Es konnten auch Fast alle Menschen in der Gemeinde Großpös- mehrere Antworten ausgewählt werden. Wer na haben der Magdeborner Halbinsel bereits den Punkt „mache ich sonstiges, und zwar …“ (mindestens einmal) einen Besuch abgestat- ankreuzte, konnte zusätzlich in einem Frei- tet. Dies gaben gut 97 Prozent der Befragten textfeld weitere Aktivitäten ergänzen. Durch an. Folglich fiel der Anteil derjenigen, die noch die Möglichkeit der Mehrfachnennungen liegt nie auf der Halbinsel waren mit nicht ganz drei die Gesamtfallzahl aller Nennungen deutlich Prozent minimal aus. Schlüsselt man die Er- über der Anzahl der teilnehmenden Personen, gebnisse nach den Ortsteilen auf, zeigen sich folglich ergeben auch die aufsummierten An- leichte Unterschiede. So findet sich in Seiferts- teile mehr als 100 Prozent. hain der größte Anteil an Personen welche an- gaben noch nicht auf der Halbinsel gewesen Fast alle Befragten machten Angaben zu ih- zu sein. Dies deckt sich mit den Ergebnissen ren Aktivitäten auf der Halbinsel. Nur 2,6 Pro- zur Beteiligung an der Umfrage, welche in Sei- zent machten diesbezüglich keine Angaben. fertshain ebenfalls etwas niedriger lag als in Hierbei handelt es sich in erster Linie um jene den anderen Ortsteilen. Die geografische Dis- Personen, welche die Halbinsel bisher nicht tanz zum See kann hier ebenfalls als Erklärung besucht haben. dienen. Allerdings liegt die Fallzahl hier mit un- ter 30 auf einem sehr niedrigen Wert, weshalb Der mit Abstand größte Teil der Befragten, die Anteilswerte unter Vorbehalt zu betrachten fast drei Viertel (72,5 %), nutzt die Halbinsel sind. In allen anderen Ortsteilen der Gemeinde neben anderen Aktivitäten für einen Spazier- gehen die Werte gegen 100 Prozent. gang30. Fast genau die Hälfte gab an, die be- stehenden touristischen Angebote zu nutzen Dieser sehr hohe Anteil an Personen, die an- (z. B. VINETA, Lagovida oder Wassersportan- gegeben haben bereits einmal auf der Mag- gebote, 50 %). Gut ein Drittel (34,3 %) nutzt die deborner Halbinsel gewesen zu sein macht Halbinsel zum Baden und Schwimmen. deutlich, dass der Befragungsgegenstand in der Gemeinde – fast ausnahmslos – allen ver- traut ist. Für die weitere Befragung ist dieses Ergebnis ein klarer Vorteil, denn die Befrag- ten konnten ihre Präferenzen zur zukünftigen Nutzung der Magdeborner Halbinsel vor dem Hintergrund einer grundlegenden Ortskennt-
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