LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT - Campus Koblenz
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» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT Creative-Commons-Lizenz Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) Autor: Maximilian Löwenbrück 2018 WWW.KNSU.DE Seite 1
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Übersicht • Allgemein • Ketogenese und Ketolyse • Die verschiedenen ketogenen Diätformen o Klassische ketogene Diät o Modifizierte Atkins-Diät (MAD) o MCT-Diät o LGIT • Vergleich der ketogenen Diäten • Einsatz der Diäten o Behandlung von Krankheiten o Auswirkungen auf Sportler • Planung und Einführung o Schulungsinhalte bei ketogener Diät • Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen o Mögliche Nebenwirkungen bei der Einführung o Mögliche Nebenwirkungen bei der Durchführung • Fazit • Quellenverzeichnis 2018 WWW.KNSU.DE Seite 2
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Allgemein In den 1970er-Jahren wurde "Low-Carb", also "wenig Kohlenhydrate", durch den amerikanischen Arzt Dr. Robert Coleman Atkins bekannt. Normalerweise sollte eine energetische Verteilung von 50-60% Kohlenhydrate, ca. 30% Fett und 10-15% Proteine vorliegen. Bei Low-Carb kommt es zu einer Umverteilung zu 5-30% Kohlenhydrate, je nach Variante. Dementsprechend müssen mehr Fette und Proteine aufgenommen werden. Hierbei hofft man auf einen Fettabbau, also eine Gewichtsreduktion bzw. die Sportler hoffen damit eine Leistungssteigerung zu erzielen.1 Die ketogenen Diät (KD) ist eine strengere Low-Carb-Diät, wodurch ein noch größerer Teil der Nahrungsenergie aus Fetten besteht. Hierbei werden nicht körpereigene Fettreserven, sondern Fettsäuren aus der Nahrung zur Energiegewinnung genutzt. Diese Diät ist eine anerkannte Therapieform, die bei seltenen Stoffwechselstörungen und pharmakoresistenten Epilepsien im Kindesalter angewendet wird. Diese Form der Diät wurde erstmal 1921 von Dr. Wilder in Minnesota auf Grund ihrer Wirksamkeit beschrieben. Unter dem Begriff Ketonkörper werden die drei Moleküle β-Hydroxybutyrat, Acetoacetat und Aceton verstanden. Dabei besitzt das β-Hydroxybutyrat eine Hydroxy- und keine Ketongruppe, wodurch es rein chemisch betrachtet kein Keton ist.2 1 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 133-135 2 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 444 2018 WWW.KNSU.DE Seite 3
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Legende zur ketogenen Ernährungspyramide3 Fisch & Meeresfrüchte Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Aal 100 g 1378 kJ 28,5 g 0g 17,9 g Fischstäbchen 100 g 870 kJ 9,5 g 17,4 g 13,1 g Forellen-Filets (geräuchert) 100 g 705 kJ 4,5 g 0g 31,7 g Lachsfilet (geräuchert) 100 g 1186 kJ 19,4 g 0g 28,4 g Thunfisch (roh) 100 g 857 kJ 15,5 g 0g 21,5 g Geflügel Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Hähnchenschenkel 100 g 1006 kJ 15 g 0g 26,5 g Hähnchenschnitzel (pa- 100 g 850 kJ 8,5 g 6,5 g 25 g niert) Chicken-Nuggets 100 g 798 kJ 7g 10 g 20 g Cordon bleu 100 g 819 kJ 8g 12 g 17 g Huhn (roh) 100 g 694 kJ 9,6 g 0g 19,9 g Fleisch Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Bratwurst 100 g 1355 kJ 26,7 g 0,5 g 12,8 g Parmaschinken 100 g 1058 kJ 15,5 g 0,5 g 27,5 g Salami 100 g 1430 kJ 27,3 g 0g 20,6 g Schweinefilets (roh) 100 g 448 kJ 2g 0g 22 g Rindfleisch (roh) 100 g 508 kJ 4g 0g 21,2 g Pilze Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Pfifferlinge 100 g 47 kJ 0,5 g 0,2 g 1,5 g Steinpilze 100 g 85 kJ 0,4 g 0,5 g 3,6 g Champignons 100 g 67 kJ 0,5 g 0,5 g 2,3 g Öle & Fette Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Erdnussöl 100 g 3913 kJ 99,4 g 0,2 g 0g Olivenöl 100 g 3934 kJ 100 g 0g 0g Margarine 100 g 2970 kJ 80 g 0,4 g 0,2 g Butter 100 g 1585 kJ 40,5 g 0,3 g 4,8 g Eier Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Hühnerei 100 g 677 kJ 11,2 g 0,7 g 12,9 g Omelette 100 g 716 kJ 13,8 g 0,6 g 11,5 g Einige nicht-grüne Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Gemüsesorten Paprika (gelb) 100 g 117 kJ 0,3 g 4,9 g 1,2 g Paprika (rot) 100 g 141 kJ 9,5 g 6,4 g 13,1 g Tomaten (getrocknet) 100 g 271 kJ 5g 0,3 g 4g Aubergine 100 g 73 kJ 0,2 g 2,7 g 1,2 g Käse und einige Milchpro- Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine dukte Buttermilch 100 g 170 kJ 1g 4g 3,5 g Joghurt 100 g 299 kJ 3,8 g 5,4 g 3,9 g Butterkäse (50% Fett) 100 g 1424 kJ 28,8 g 0g 21,1 g Edamer (30% Fett) 100 g 1048 kJ 16,2 g 0g 26,4 g Gouda (40% Fett) 100 g 1242 kJ 22,3 g 0g 24,5 g Grünes Gemüse Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Paprika (grün) 100 g 86 kJ 0,3 g 2,9 g 1,2 g Eisbergsalat 100 g 55 kJ 0,3 g 1,9 g 0,7 g Gurken 100 g 50 kJ 0,1 g 1,8 g 0,6 g Erbsen 100 g 222 kJ 0,4 g 8g 3,6 g Dicke Bohnen 100 g 333 kJ 0,5 g 12,5 g 6g 3 vgl. www.bmi-rechner.net 2018 WWW.KNSU.DE Seite 4
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Nüsse & Samen Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Erdnuss 100 g 1615 kJ 31,8 g 8,6 g 17,7 g Pekan-Nuss 100 g 3898 kJ 72 g 4,4 g 9,3 g Walnuss 100 g 1233 kJ 29,4 g 4,3 g 6,3 g Chia Samen (getrocknet) 100 g 2255 kJ 32 g 42 g 16 g Sesamsamen 100 g 2472 kJ 58 g 1g 18,2 g Beeren Portionsgröße Energie Lipide Kohlenhydrate Proteine Brombeeren 100 g 186 kJ 1g 6,2 g 1,2 g Erdbeeren 100 g 136 kJ 0,4 g 5,5 g 0,8 g Himbeeren 100 g 143 kJ 0,3 g 4,8 g 1,3 g Heidelbeeren 100 g 100 kJ 0,4 g 3,9 g 0,4 g Ketogenese und Ketolyse Die Ketogenese findet in den Mitochondrien der Leberzellen statt. Dort entstehen die Ketonkörper, die für die Ketolyse benötigt werden. Der katabole Stoffwechselweg der Ketogenese erfolgt durch einen Umbau von Fettsäuren nach Ablauf der β-Oxidation (Fettsäureabbau) über Acetyl-CoA zu Acetoacetat. Aus dem Acetoacetat entsteht mit Hilfe von Enzymen das β- Hydroxybutyrat. Durch spontane Decarboxylierung, also eine zufällige Abspaltung von CO2, entsteht der dritte Ketonkörper Aceton, der ebenfalls aus Acetoacetat gewonnen wird. Dabei spielt das Aceton kaum eine Rolle für die Energiegewinnung, da es über die Lungen abgeatmet wird. Die anderen beiden Ketonkörper dienen hauptsächlich der Energiegewinnung. Die Ketolyse findet in den Mitochondrien der entsprechenden Zielorgane, wie Gehirn, Herz, Nerven und Muskeln statt. Diese Energiegewinnung läuft durch den Zitratzyklus ab. Das Gehirn nutzt Glukose als primäre Energiequelle. Falls nicht genügend oder keine Glukose vorliegt, können die Ketonkörper Acetoacetat und vor allem das β- Hydroxybutyrat, welches in großen Mengen vorliegt, genutzt werden. Dadurch kann der Körper längere Hungerphasen überstehen und das Körperfett kann genutzt werden. Die Versorgung von Herz, Nieren und der Skelettmuskulatur spielen neben dem Gehirn ebenfalls eine Rolle. Die in der Leber produzierten Ketonkörper werden unter normalen physiologischen Bedingungen als Energiesubstrat verwendet. Es können bis zu 185 g Ketonkörper täglich in der Leber produziert werden. Das β- Hydroxybutyrat hat normalerweise eine Serumkonzentration von ca. 0,05 mmol/L sowie 0,4 mmol/L nach nächtlichem Fasten. Allerdings können nach 2-3 Tagen des Fastens bereits Werte von bis zu 2-3 mmol/L erreicht werden.4 4 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 444, 445 2018 WWW.KNSU.DE Seite 5
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Abb. 1: Vereinfachte Darstellung der Ketogenese aus Fettsäuren in der Leber mit anschließender Ketolyse und Energiege- winnung in den Zielorganen Um die Serumkonzentration zu senken, ist neben dem Fasten die sportliche Aktivität wichtig. Aber vor allem spielt eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Ernährung eine zentrale Rolle. Dabei steigt die Anzahl der Ketonkörper im Blut (=Ketose) erst bei einem Maximum von 40g bzw. 50g Kohlenhydrate pro Tag, je nach Literatur. Bei der ketogenen Diät werden Werte zwischen 2 und 7 mmol/L angestrebt, wobei die normale Konzentration unter 0,1 mmol/L liegt. Es können bei der lebensgefährlichen diabetischen Ketoacidose sogar Werte von 10-25 mmol/L erreicht werden.5 5 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 445, 446 2018 WWW.KNSU.DE Seite 6
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Abb. 2: Zuordnung von β -Hydroxybutyrat-Konzentrationen im Serum nach jeweiliger Ausgangssituation anhand einer Ketoskale Häufig werden falsche Annahmen bezüglich der Low-Carb-Diäten getroffen. Diese sollen angeblich zu einer Erhöhung der Ketonkörper im Blut führen. Allerdings ist die Proteinaufnahme oftmals zu hoch und die Fettmenge gleichzeitig zu gering. Etwa 58% der Proteine bzw. der Aminosäuren können zu Glukose umgebaut werden, wodurch die Ketogenese behindert wird.6 Die verschiedenen ketogenen Diäten Man unterscheidet vier verschiedene Arten der KD in der klinischen Anwendung: • die klassische ketogene Diät • die modifizierte Atkins-Diät (MAD) • die MCT-Diät (medium-chaintriglycerides, mittelkettige Triglyceride) • die LGIT (Low-Glycaemic-Index-Therapie) Klassische ketogene Diät Es muss jede Mahlzeit ein entsprechendes Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten bzw. Proteinen erfüllen. Nur dadurch kann die Wirksamkeit gewährleistet werden. Diese Grundlage wurde 1924 von Dr. Peterman gelegt. Dabei werden 1 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht, 10-15 g Kohlenhydrate pro Tag festgelegt und die restliche Energie wird mit Hilfe von Fetten aufgenommen. Die ketogene Ratio, also das Verhältnis zwischen Fett- und Proteinanteil, liegt bei einer Ratio von 4:1, gegebenenfalls auch bei 3:1 falls eine starke Ketose vorliegt oder sich die Umsetzung mit dem Patienten als schwierig erweist. 7 6 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 445, 446 7 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 446, 447 2018 WWW.KNSU.DE Seite 7
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Modifizierte Atkins-Diät (MAD) Die Atkins-Diät von Dr. Atkins beschreibt eine Ernährung, bei der Kohlenhydrate nur in sehr geringem Maße aufgenommen werden dürfen, aber so viele protein- bzw. fetthaltige Lebensmittel wie möglich. Zu Beginn sind nur 5 g Kohlenhydrate pro Tag erlaubt.8 Die modifizierte Atkins-Diät wird als ketogene Diät eingesetzt. Hier werden Kinder und Jugendliche zu Beginn mit ca. 10-15 g Kohlenhydrate pro Tag angesetzt und Erwachsene mit 20 g. Dabei spielt die Art der Kohlenhydrate keine Rolle, auch wenn es empfehlenswert ist komplexe zu verzehren. Im Laufe der Zeit kann bei entsprechendem Krankheitsbild die Kohlenhydratzufuhr auf 60 g pro Tag erhöht werden. Dies muss allerdings schrittweise erfolgen. Die Durchführung der MAD ist einfacher als die der klassischen KD, da die Ratio hier bei 1:1 bis 1,5:1 liegt. Dadurch wird einerseits die Rechnung einfacher, aber die Ketose ist andererseits meist niedriger. Nichts desto trotz sind gute Erfolge auch bei dieser Behandlungsmethode zu verzeichnen.9 MCT-Diät Die mittelkettigen Triglyzeride enthalten mittelkettige Fettsäuren, die im Darm ohne Gallensäure und Pankreaslipase resorbiert werden können. Sie werden direkt über das Blut zur Leber transportiert, wo sie bevorzugt oxidiert werden. Zudem besitzen sie eine vergleichsweise hohe Ketogenität (Rate der Ketonkörperbildung). Diese Diät hat etwa die gleiche Wirkung, wie die klassische KD. Dies liegt vor allem daran, dass MCT-Fett aus Rohstoffen extrahiert wird und als geschmacksneutrales Öl, Margarine und Emulsion zum Trinken vorliegt. Dadurch können Mahlzeiten leicht ergänzt werden. Dies führt zu einer schnelleren Ketose, wodurch der Kohlenhydratanteil nicht so stark gesenkt werden muss.10 LGIT 1981 wurde durch Jenkins der Begriff des glykämischen Index (GI) eingeführt. Dieser Wert beschreibt den Anstieg der Blutglukosekonzentration. Die LGIT wurde 2002 schließlich von Pfeifer und Thiele entwickelt. Hier sollen nur Lebensmittel mit einem GI von weniger als 50 verwendet werden. Bei dieser KD muss wie bei der MAD ein gewisses Tagespensum an Kohlenhydraten berechnet und eingehalten werden. Es sind 40-60 g pro Tag erlaubt. Hier werden ebenfalls gute Erfolge erzielt.11 Die beiden zuletzt erläuterten Diätformen weisen wieder eine erhöhte Kohlenhydratzufuhr auf, wodurch sie der allgemein bekannten und gängigen Vorstellung einer Low-Carb-Diät näher kommen. 8 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447 9 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447 10 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447, 448 11 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 448, 449 2018 WWW.KNSU.DE Seite 8
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Vergleich der ketogenen Diäten Bei allen KD liegen sehr fettreiche Ernährungsformen vor, die sich dennoch in der Zusammensetzung und Wirkung unterscheiden. Ein höherer Einsatz von Proteinen erlaubt eine einfachere Durchführung und ist somit in der Praxis besser umsetzbar. Bei strengen Arten der KD leiden der Geschmack und die soziale Eingliederung der Ernährung unter dem strikten Verlauf der Diät, auch wenn ein höherer Ketonkörperspiegel vorherrscht.12 Abb. 3: Gegenüberstellung der Nährstoffrelation verschiedener KD und der Nährstoffrelation nach DGE (abgeleitet aus der empfohlenen Zufuhr für Protein sowie den Richtwerten für Kohlenhydrate und Fette) in Energieprozent (En%) unter Anwendung eines Ampelsystems Einsatz der Diäten Behandlung von Krankheiten Die Behandlung von Epilepsien im Kindesalter mit Hilfe von KD gilt als gesichert. Als Wahltherapie dient die Diät für Stoffwechselerkrankungen, wie Glukosetransporter- Defekt (GLUT1-Defekt) und Pyruvatdehydrogenase-Mangel (PDH). Zudem wurden gute Erfolge bei weiteren Mitochondriopathien, also Fehlfunktion der Mitochondrien, festgestellt. Der Unterschied der Therapien liegt in der Dauer der Anwendung. So werden bei der Epilepsie meist nur 2 Jahre praktiziert, wohingegen der GLUT1-Defekt und PDH meist lebenslang behandelt werden müssen.13 Epilepsie Unter Epilepsie versteht man wiederkehrende, spontane Krampfanfälle, die normalerweise mit krampflösenden Medikamenten behandelt werden. Bei ca. 10% liegt eine pharmakoresistente oder auch refraktäre Epilepsie vor. Hier besteht die Möglichkeit die KD anzuwenden. Diese erzielt bei Kindern gute Ergebnisse, die mit modernen Medikamenten vergleichbar sind. Es werden aber nicht nur gute Erfolge 12 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449 13 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449 2018 WWW.KNSU.DE Seite 9
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen beschrieben. Allerdings werden Medikamente häufig bevorzugt und die Ernährung kaum berücksichtigt, denn der Mechanismus der Wirkung von der KD ist bei der Epilepsie noch nicht ausreichend aufgeklärt. Auf Grund der guten Integration in den Alltag wird die MAD der klassischen KD bevorzugt. Die Abbruchrate liegt bei der MAD bei ca. 28-42% und bei der klassischen KD etwas mehr als 50%.14 GLUT1-Defekt Unter GLUT1-Defekt versteht man eine angeborene Stoffwechselerkrankung, die eine Beeinträchtigung des Glukosetransportes (GLUT1) im Bereich der Blut-Hirn- Schranke darstellt. Dadurch wird die Versorgung des Gehirns gefährdet. Daraus folgt normalerweise eine refraktorische Epilepsie, geistige Entwicklungsstörungen und Bewegungsstörungen. Auch hier kann eine Behandlung mittels der klassischen KD erfolgen, denn die Ketonkörper passieren die Blut-Hirn-Schranke über einen anderen Rezeptor (MCT1) und können so Energie liefern. Die MAD kann ebenfalls als Therapie verwendet werden.15 Pyruvatdehydrogenase-Mangel Der PDHc-Mangel ist eine Störung des Glukoseabbaus. Das Endprodukt Pyruvat, welches mit der Glykolyse entsteht, kann nur begrenzt zu Acetyl-CoA zur energetischen Nutzung im Zitratzyklus metabolisiert werden. Daraus folgt eine Erhöhung des Laktats und ein Energiemangel.16 Hier kann die KD angewendet werden, um das für den Zitratzyklus notwendige Acetyl-CoA aus Fetten anstatt aus Glukose zu gewinnen. Dies ist in den meisten Fällen eine sichere und effektive Behandlung gegen den PDHc-Mangel.17 Auswirkungen auf Sportler Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle für alle Sportler, da die Leistungsfähigkeit auch von der Größe der Glykogenspeicher abhängt. Diese können durch regelmäßiges Training mit kohlenhydratreicher Ernährung trainiert werden. Zudem sollte darauf geachtet werden langkettige (komplexe) Kohlenhydrate zu sich zunehmen und nicht nur vor, sondern auch nach dem Sport, um schnell wieder leistungsfähig zu sein. Die Energie, die der Körper aus Kohlenhydraten gewinnt, erlaubt eine höhere Belastungsintensität, da sie schneller verfügbar ist, als die der Fettverbrennung Glykogen, Glukose und Glukosephosphate, also die körpereigenen Kohlenhydrate, sind wasserlöslich und als Energieträger schnell zu mobilisieren.18 14 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449, 450 15 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450 16 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450 17 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450 18 vgl. Ernährung und Sport 2009 S. 12 2018 WWW.KNSU.DE Seite 10
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Gewichtsreduktion In dem Zeitraum vom 30.April 2016 bis 30. Oktober 2016 wurden 307 gesunde Teilnehmer zwischen 18 und 35, mit einem Bodymaßindex von weniger als 28, in drei verschiedene Diätgruppen eingeteilt. Diese Zuteilung erfolgte zufällig. Dabei wurden 101 Probanden der "High Fat, Low-Carb", 105 der "Moderate Fat, Moderate Carb" und 101 der "Low Fat, High Carb" zugeordnet. Letztere erzielte die besten Ergebnisse bezüglich der Gewichtsreduktion mit einem Verlust von 1.6 kg. Die "Moderate Fat, Moderate Carb" konnte noch einen Verlust von 1.1 kg verzeichnen, während "High Fat, Low Carb" nur auf -0,9 kg kommt.19 Vermeintliche Vorteile Bei der Low-Carb-Kost versprechen sich Sportler oftmals Vorteile durch eine Steigerung der Leistung. Dabei werden sie durch einige Theorien ermutigt. So fehlt, durch die geringere Aufnahme an Kohlenhydraten, dem Körper eine Energiequelle, wodurch es zu einer Anpassung kommt. Dabei bilden sich beispielsweise andere Enzymsysteme zur Energiegewinnung aus. Der Körper greift vermehrt auf den anderen Brennstoff (Fett) aus der Nahrung oder auf die Reserven des Körpers zu. Kraftsportler erhoffen sich einen geringeren Körperfettanteil während der Definitionsphase. Ausdauersportler und Sportler aus Spielsportarten versprechen sich eine bessere Grundlagenausdauer, da eine effektivere Energiegewinnung aus Fetten vorliegt. Hierbei werden die Kohlenhydrat-Energiereserven aus der Leber und den Muskeln geschont. Das gespeicherte und begrenzte Glykogen hält für ca. 90 Minuten bei mäßiger bis intensiver Belastung. Ausdauersportler erhoffen sich zudem bei einem Verzicht von gefüllten Kohlenhydratspeichern und niedrigintensiven Trainingseinheiten einen Vorteil, denn diese werden vor Wettkämpfen oder wettkampfähnlichen Trainingseinheiten wieder aufgefüllt.20 Planung und Einführung Die KD wird in Deutschland unter stationären Bedingungen über 5-7 Tage begonnen. Hier wird der Fettanteil langsam gesteigert, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Im ersten Gespräch werden die Prinzipien der KD besprochen. Es werden mindestens drei weitere Einheiten von ca. 45 Minuten, während des stationären Aufenthalts, benötigt. Bei der Umstellung der Ernährung ist es wichtig, ein Ernährungsprotokoll zu erstellen, um die Essgewohnheiten zu analysieren und einen Ernährungsplan auf den Patienten zuzuschneiden. Wenn dies nicht erfolgt, kann es zu einer Unterversorgung von Vitaminen und Mineralstoffen kommen. Gegebenenfalls können Zusatzprodukte für die KD hinzugezogen werden. Zusätzlich spielt die Qualität der Fette und Öle auf Grund der Menge eine wichtige Rolle. Bei den angeborenen Stoffwechselerkrankungen ist eine Ernährungstherapie wenig sinnvoll, da diese das gesamte Leben durchgeführt werden muss.21 19 vgl. http://dx.doi.org/10.1016/j.ebiom.2017.06.017 20 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 135 21 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 451 2018 WWW.KNSU.DE Seite 11
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Schulungsinhalte22 • extrem fettreiche und kohlenhydratarme Ernährung • Vorstellung der Hauptnährstoffe: Protein, Fett und Kohlenhydrate; Einordnung verschiedener Grundnahrungsmittel in proteinreich, fettreich und kohlenhydratreich • Identifizierung von kohlenhydratreichen, ungeeigneten Lebensmitteln und Vorstellung von geeigneten Alternativen • Warenkunde Fette; Grundfrage: Welches Fett eignet sich wofür? • Weitere Schulung entsprechend der gewählten Form: Klassische KD o Berechnung von verschiedenen Mahlzeiten mit der angestrebten ketogenen Ratio; Vorstellung von Rezepten o und Optionen, um die notwendige Fettmenge zu integrieren; Hinweis auf eine vielseitige Lebensmittelauswahl MCT-Diät o Festlegung der erforderliche Menge an MCT-Fett, Vorstellen von Möglichkeiten der Einnahme, Planung der o Mahlzeiten, um eine ausreichende Versorgung mit Protein zu sichern und eine Gewichtszunahme durch ein o Zuviel an Energie zu verhindern Modifizierte Atkins-Diät o Lebensmitteltabellen mit Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln, um den Alltag des Patienten zu erleichtern LGTI o Aufklärung über den Begriff "glykämischer Index" und Erklärung von Tabellen/Listen, die Lebensmittel nach o dem GI sortieren • Erstellen eines beispielhaften Tagesplans mit verschiedenen Austauschmöglichkeiten 22 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 451 2018 WWW.KNSU.DE Seite 12
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen Wenn die KD unter ärztlicher Aufsicht, nach standardisiertem Protokoll und mit einem erfahrenen Ernährungsteam stattfindet, liegt eine sichere Therapie vor, die normalerweise gut toleriert wird. Die Nebenwirkungen sind im Großen und Ganzen eher gering und lassen sich individuell gut behandeln.23 Mögliche Nebenwirkungen bei der Einführung24 Symptom Ursache Gegenmaßnahme • Apathie • Wirkung der • Nach Adaption an die Ketonkörper auf das veränderte Situation lassen zentrale die Symptome in der Regel Nervensystem nach • Übelkeit, • Wahrscheinlich • Bei sehr hohen • Erbrechen zentralnervöse Ketonspiegeln ist die Gabe Nebenwirkungen der von geringen Mengen Ketonkörper Kohlenhydraten initiiert • Hypoglykämie • Zu wenig • Gabe von geringen Mengen Kohlenhydrate Kohlenhydraten • Appetitminder • Es gibt Hinweise, • Eine einzelne ausgelassene ung dass Ketonkörper Mahlzeit gefährdet nicht den dämpfend auf das Therapieerfolg und kann Hungergefühl wirken toleriert werden • Eine weitere • Mahlzeiten sollten Ursache können die entsprechend der Vorlieben ungewohnten des Patienten geplant Mahlzeiten sein werden (Umstellungsphase) • Anreize zum Essen schaffen, z.B. ansprechendes Anrichten der Speisen • Obstipation • Zu wenig • Auf eine ausreichende Ballaststoffe, zu Flüssigkeitszufuhr achten wenig Flüssigkeit • Diarrhö, • Zu hohe Fettzufuhr • Bei hoher Zufuhr von Magen- oder zu hohe Zufuhr langkettigen Fettsäuren • Darm-Krämpfe von MCT-Fetten einen Teil gegen MCT-Fette austauschen • Bei hoher Zufuhr von MCT- Fetten einen Teil gegen langkettige Fettsäuren austauschen 23 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 452, 453 24 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 455 2018 WWW.KNSU.DE Seite 13
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Mögliche Nebenwirkungen bei der Durchführung25 Symptom Ursache Gegenmaßnahme • Hyperlipidämie • Zu viele fettreiche, • Sorgfältige Auswahl der tierische Produkte und Fette (Schulung zu dadurch zu hohe Fetten/Ölen) Aufnahme an • pflanzliche Fette gesättigten Fettsäuren bevorzugen • Eventuell MCT-Fette einsetzen • Nierensteine • Hyperkalziurie, • Auf ausreichende verminderte Flüssigkeitsaufnahme Flüssigkeitsaufnahme achten Fazit Das Problem der Low-Carb-Kost ist, dass die Unterversorgung an Kohlenhydraten schnell die psychische und physische Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Zudem kommt es durch den niedrigen Blutzuckerspiegel zu Frust, Aggressionen, Unwohlsein und Übellaunigkeit. Dadurch kommt es häufig zu Abbrüchen der Belastungen, auf Grund des niedrigen Blutzuckerspiegels. Sobald das Intensitätslevel im Sport steigt oder die Belastungsdauer zu lange wird, fehlen dem Körper Brennstoffe, da die Fette als Energiequelle nicht mehr ausreichen. Hier muss der Organismus auf Proteine aus der Muskulatur und dem Blut zurückgreifen. Diese werden als Energiegewinnung genutzt, wodurch die Verletzungsanfälligkeit steigt und das Immunsystem geschwächt wird. Auch hier bleibt häufig der Spaß an der Ernährung auf der Strecke.26 Die ketogene Diät ist eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Ernährungsform, die bei pharmakoresistenten Epilepsien zum Einsatz kommt. Dabei erzielen die KD, MAD und MCT ähnlich gute Erfolge bei den Anfällen. Die Einführung und Durchführung der KD ist sehr aufwendig, da jede Mahlzeit im Vorhinein geplant werden muss. Dadurch wird das Essen mit Freunden problematisch. Zudem sind durch die kohlenhydratarme Ernährung Lebensmittel wie Obst und Getreide nur in sehr begrenztem Maße verfügbar. Daraus folgt die Möglichkeit einer Unterversorgung verschiedener Vitamine und Mineralstoffe. Hier gibt es keine allgemeine Empfehlung. Es muss für jeden Patienten individuell ein Ernährungsprotokoll erstellt werden und gegebenenfalls müssen ergänzende Präparate hinzugezogen werden. Dieses Protokoll sollte ca. alle 3-6 Monate erneuert werden, da sich die Ernährungsgewohnheiten vor allem von Kindern häufig ändern. 27 25 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 455 26 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 135, 136 27 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 453, 454 2018 WWW.KNSU.DE Seite 14
» LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT « Quellenverzeichnis Literatur Autor Literaturname Erschei- Erschei- Verlag nungsort nungsjahr Ulrike Och, Tobias Fischer, Ernährungsumschau Wiesba- 2017 Umschau Zeit- Thorsten Marquardt den schriftenverlag GmbH Dr. Holger Hassel Ernährung und Sport Reinheim 2009 Druckerei Lokay e.K. Sebastian Eggert Ernährung und Sport Hamburg 2017 Verlag Handwerk und Technik GmbH Alexandra Schek Ernährung des Leis- Wiesba- 2014 Umschau Zeit- tungssportlers den schriften Verlag Abbildung / Foto Nummer Urheber Titelbild Nach www.ketofix.de, modifiziert von Maximilian Löwenbrück 1-3 Ulrike Och, Tobias Fischer, Thorsten Marquardt/Ernährungsumschau Urheber des Beitrages Autor Berater Institution Löwenbrück, Maximilian/ Lehr- Minnich, Marlis Institut für Sportwissenschaft, Universität amtsstudent Schlich, Michaela Koblenz- Landau, Campus Koblenz 2018 WWW.KNSU.DE Seite 15
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