LOW-CARB UND DIE KETOGENE DIÄT - Campus Koblenz

 
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LOW-CARB UND
DIE KETOGENE DIÄT

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                          unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0)

Autor:   Maximilian Löwenbrück

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Übersicht
   • Allgemein
   • Ketogenese und Ketolyse
   • Die verschiedenen ketogenen Diätformen
        o Klassische ketogene Diät
        o Modifizierte Atkins-Diät (MAD)
        o MCT-Diät
        o LGIT
   • Vergleich der ketogenen Diäten
   • Einsatz der Diäten
        o Behandlung von Krankheiten
        o Auswirkungen auf Sportler
   • Planung und Einführung
        o Schulungsinhalte bei ketogener Diät
   • Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen
        o Mögliche Nebenwirkungen bei der Einführung
        o Mögliche Nebenwirkungen bei der Durchführung
   • Fazit
   • Quellenverzeichnis

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Allgemein
In den 1970er-Jahren wurde "Low-Carb", also "wenig Kohlenhydrate", durch den
amerikanischen Arzt Dr. Robert Coleman Atkins bekannt. Normalerweise sollte eine
energetische Verteilung von 50-60% Kohlenhydrate, ca. 30% Fett und 10-15%
Proteine vorliegen. Bei Low-Carb kommt es zu einer Umverteilung zu 5-30%
Kohlenhydrate, je nach Variante. Dementsprechend müssen mehr Fette und
Proteine aufgenommen werden. Hierbei hofft man auf einen Fettabbau, also eine
Gewichtsreduktion bzw. die Sportler hoffen damit eine Leistungssteigerung zu
erzielen.1

Die ketogenen Diät (KD) ist eine strengere Low-Carb-Diät, wodurch ein noch
größerer Teil der Nahrungsenergie aus Fetten besteht. Hierbei werden nicht
körpereigene Fettreserven, sondern Fettsäuren aus der Nahrung zur
Energiegewinnung genutzt. Diese Diät ist eine anerkannte Therapieform, die bei
seltenen Stoffwechselstörungen und pharmakoresistenten Epilepsien im Kindesalter
angewendet wird. Diese Form der Diät wurde erstmal 1921 von Dr. Wilder in
Minnesota auf Grund ihrer Wirksamkeit beschrieben.
Unter dem Begriff Ketonkörper werden die drei Moleküle β-Hydroxybutyrat,
Acetoacetat und Aceton verstanden. Dabei besitzt das β-Hydroxybutyrat eine
Hydroxy- und keine Ketongruppe, wodurch es rein chemisch betrachtet kein Keton
ist.2

1 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 133-135
2 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 444

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   Legende zur ketogenen Ernährungspyramide3
     Fisch & Meeresfrüchte          Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Aal                            100 g           1378 kJ   28,5 g   0g              17,9 g
     Fischstäbchen                  100 g           870 kJ    9,5 g    17,4 g          13,1 g
     Forellen-Filets (geräuchert)   100 g           705 kJ    4,5 g    0g              31,7 g
     Lachsfilet (geräuchert)        100 g           1186 kJ   19,4 g   0g              28,4 g
     Thunfisch (roh)                100 g           857 kJ    15,5 g   0g              21,5 g
     Geflügel                       Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Hähnchenschenkel               100 g           1006 kJ   15 g     0g              26,5 g
     Hähnchenschnitzel (pa-         100 g           850 kJ    8,5 g    6,5 g           25 g
     niert)
     Chicken-Nuggets                100 g           798 kJ    7g       10 g            20 g
     Cordon bleu                    100 g           819 kJ    8g       12 g            17 g
     Huhn (roh)                     100 g           694 kJ    9,6 g    0g              19,9 g
     Fleisch                        Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Bratwurst                      100 g           1355 kJ   26,7 g   0,5 g           12,8 g
     Parmaschinken                  100 g           1058 kJ   15,5 g   0,5 g           27,5 g
     Salami                         100 g           1430 kJ   27,3 g   0g              20,6 g
     Schweinefilets (roh)           100 g           448 kJ    2g       0g              22 g
     Rindfleisch (roh)              100 g           508 kJ    4g       0g              21,2 g
     Pilze                          Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Pfifferlinge                   100 g           47 kJ     0,5 g    0,2 g           1,5 g
     Steinpilze                     100 g           85 kJ     0,4 g    0,5 g           3,6 g
     Champignons                    100 g           67 kJ     0,5 g    0,5 g           2,3 g
     Öle & Fette                    Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Erdnussöl                      100 g           3913 kJ   99,4 g   0,2 g           0g
     Olivenöl                       100 g           3934 kJ   100 g    0g              0g
     Margarine                      100 g           2970 kJ   80 g     0,4 g           0,2 g
     Butter                         100 g           1585 kJ   40,5 g   0,3 g           4,8 g
     Eier                           Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Hühnerei                       100 g           677 kJ    11,2 g   0,7 g           12,9 g
     Omelette                       100 g           716 kJ    13,8 g   0,6 g           11,5 g
     Einige nicht-grüne             Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Gemüsesorten
     Paprika (gelb)                 100 g           117 kJ    0,3 g    4,9 g           1,2 g
     Paprika (rot)                  100 g           141 kJ    9,5 g    6,4 g           13,1 g
     Tomaten (getrocknet)           100 g           271 kJ    5g       0,3 g           4g
     Aubergine                      100 g           73 kJ     0,2 g    2,7 g           1,2 g
     Käse und einige Milchpro-      Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     dukte
     Buttermilch                    100 g           170 kJ    1g       4g              3,5 g
     Joghurt                        100 g           299 kJ    3,8 g    5,4 g           3,9 g
     Butterkäse (50% Fett)          100 g           1424 kJ   28,8 g   0g              21,1 g
     Edamer (30% Fett)              100 g           1048 kJ   16,2 g   0g              26,4 g
     Gouda (40% Fett)               100 g           1242 kJ   22,3 g   0g              24,5 g
     Grünes Gemüse                  Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
     Paprika (grün)                 100 g           86 kJ     0,3 g    2,9 g           1,2 g
     Eisbergsalat                   100 g           55 kJ     0,3 g    1,9 g           0,7 g
     Gurken                         100 g           50 kJ     0,1 g    1,8 g           0,6 g
     Erbsen                         100 g           222 kJ    0,4 g    8g              3,6 g
     Dicke Bohnen                   100 g           333 kJ    0,5 g    12,5 g          6g

3 vgl. www.bmi-rechner.net

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       Nüsse & Samen                         Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
       Erdnuss                               100 g           1615 kJ   31,8 g   8,6 g           17,7 g
       Pekan-Nuss                            100 g           3898 kJ   72 g     4,4 g           9,3 g
       Walnuss                               100 g           1233 kJ   29,4 g   4,3 g           6,3 g
       Chia Samen (getrocknet)               100 g           2255 kJ   32 g     42 g            16 g
       Sesamsamen                            100 g           2472 kJ   58 g     1g              18,2 g
       Beeren                                Portionsgröße   Energie   Lipide   Kohlenhydrate   Proteine
       Brombeeren                            100 g           186 kJ    1g       6,2 g           1,2 g
       Erdbeeren                             100 g           136 kJ    0,4 g    5,5 g           0,8 g
       Himbeeren                             100 g           143 kJ    0,3 g    4,8 g           1,3 g
       Heidelbeeren                          100 g           100 kJ    0,4 g    3,9 g           0,4 g

Ketogenese und Ketolyse
Die Ketogenese findet in den Mitochondrien der Leberzellen statt. Dort entstehen die
Ketonkörper, die für die Ketolyse benötigt werden.
Der katabole Stoffwechselweg der Ketogenese erfolgt durch einen Umbau von
Fettsäuren nach Ablauf der β-Oxidation (Fettsäureabbau) über Acetyl-CoA zu
Acetoacetat. Aus dem Acetoacetat entsteht mit Hilfe von Enzymen das β-
Hydroxybutyrat. Durch spontane Decarboxylierung, also eine zufällige Abspaltung
von CO2, entsteht der dritte Ketonkörper Aceton, der ebenfalls aus Acetoacetat
gewonnen wird. Dabei spielt das Aceton kaum eine Rolle für die Energiegewinnung,
da es über die Lungen abgeatmet wird. Die anderen beiden Ketonkörper dienen
hauptsächlich der Energiegewinnung.
Die Ketolyse findet in den Mitochondrien der entsprechenden Zielorgane, wie Gehirn,
Herz, Nerven und Muskeln statt. Diese Energiegewinnung läuft durch den
Zitratzyklus ab.

Das Gehirn nutzt Glukose als primäre Energiequelle. Falls nicht genügend oder
keine Glukose vorliegt, können die Ketonkörper Acetoacetat und vor allem das β-
Hydroxybutyrat, welches in großen Mengen vorliegt, genutzt werden. Dadurch kann
der Körper längere Hungerphasen überstehen und das Körperfett kann genutzt
werden.
Die Versorgung von Herz, Nieren und der Skelettmuskulatur spielen neben dem
Gehirn ebenfalls eine Rolle. Die in der Leber produzierten Ketonkörper werden unter
normalen physiologischen Bedingungen als Energiesubstrat verwendet. Es können
bis zu 185 g Ketonkörper täglich in der Leber produziert werden. Das β-
Hydroxybutyrat hat normalerweise eine Serumkonzentration von ca. 0,05 mmol/L
sowie 0,4 mmol/L nach nächtlichem Fasten. Allerdings können nach 2-3 Tagen des
Fastens bereits Werte von bis zu 2-3 mmol/L erreicht werden.4

4 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 444, 445

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                           Abb. 1: Vereinfachte Darstellung der Ketogenese aus Fettsäuren in
                                   der Leber mit anschließender Ketolyse und Energiege-
                                   winnung in den Zielorganen

Um die Serumkonzentration zu senken, ist neben dem Fasten die sportliche Aktivität
wichtig. Aber vor allem spielt eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Ernährung
eine zentrale Rolle. Dabei steigt die Anzahl der Ketonkörper im Blut (=Ketose) erst
bei einem Maximum von 40g bzw. 50g Kohlenhydrate pro Tag, je nach Literatur.
Bei der ketogenen Diät werden Werte zwischen 2 und 7 mmol/L angestrebt, wobei
die normale Konzentration unter 0,1 mmol/L liegt. Es können bei der
lebensgefährlichen diabetischen Ketoacidose sogar Werte von 10-25 mmol/L erreicht
werden.5

5 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 445, 446

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                  Abb. 2: Zuordnung von β -Hydroxybutyrat-Konzentrationen im Serum nach jeweiliger
                          Ausgangssituation anhand einer Ketoskale

Häufig werden falsche Annahmen bezüglich der Low-Carb-Diäten getroffen. Diese
sollen angeblich zu einer Erhöhung der Ketonkörper im Blut führen. Allerdings ist die
Proteinaufnahme oftmals zu hoch und die Fettmenge gleichzeitig zu gering. Etwa
58% der Proteine bzw. der Aminosäuren können zu Glukose umgebaut werden,
wodurch die Ketogenese behindert wird.6

Die verschiedenen ketogenen Diäten
Man unterscheidet vier verschiedene Arten der KD in der klinischen Anwendung:

     •    die klassische ketogene Diät
     •    die modifizierte Atkins-Diät (MAD)
     •    die MCT-Diät (medium-chaintriglycerides, mittelkettige Triglyceride)
     •    die LGIT (Low-Glycaemic-Index-Therapie)

Klassische ketogene Diät
Es muss jede Mahlzeit ein entsprechendes Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten
bzw. Proteinen erfüllen. Nur dadurch kann die Wirksamkeit gewährleistet werden.
Diese Grundlage wurde 1924 von Dr. Peterman gelegt. Dabei werden 1 g Protein pro
Kilogramm Körpergewicht, 10-15 g Kohlenhydrate pro Tag festgelegt und die
restliche Energie wird mit Hilfe von Fetten aufgenommen.
Die ketogene Ratio, also das Verhältnis zwischen Fett- und Proteinanteil, liegt bei
einer Ratio von 4:1, gegebenenfalls auch bei 3:1 falls eine starke Ketose vorliegt
oder sich die Umsetzung mit dem Patienten als schwierig erweist. 7

6 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 445, 446
7 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 446, 447

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Modifizierte Atkins-Diät (MAD)
Die Atkins-Diät von Dr. Atkins beschreibt eine Ernährung, bei der Kohlenhydrate nur
in sehr geringem Maße aufgenommen werden dürfen, aber so viele protein- bzw.
fetthaltige Lebensmittel wie möglich. Zu Beginn sind nur 5 g Kohlenhydrate pro Tag
erlaubt.8
Die modifizierte Atkins-Diät wird als ketogene Diät eingesetzt. Hier werden Kinder
und Jugendliche zu Beginn mit ca. 10-15 g Kohlenhydrate pro Tag angesetzt und
Erwachsene mit 20 g. Dabei spielt die Art der Kohlenhydrate keine Rolle, auch wenn
es empfehlenswert ist komplexe zu verzehren.
Im Laufe der Zeit kann bei entsprechendem Krankheitsbild die Kohlenhydratzufuhr
auf 60 g pro Tag erhöht werden. Dies muss allerdings schrittweise erfolgen.
Die Durchführung der MAD ist einfacher als die der klassischen KD, da die Ratio hier
bei 1:1 bis 1,5:1 liegt. Dadurch wird einerseits die Rechnung einfacher, aber die
Ketose ist andererseits meist niedriger. Nichts desto trotz sind gute Erfolge auch bei
dieser Behandlungsmethode zu verzeichnen.9

MCT-Diät
Die mittelkettigen Triglyzeride enthalten mittelkettige Fettsäuren, die im Darm ohne
Gallensäure und Pankreaslipase resorbiert werden können. Sie werden direkt über
das Blut zur Leber transportiert, wo sie bevorzugt oxidiert werden. Zudem besitzen
sie eine vergleichsweise hohe Ketogenität (Rate der Ketonkörperbildung). Diese Diät
hat etwa die gleiche Wirkung, wie die klassische KD. Dies liegt vor allem daran, dass
MCT-Fett aus Rohstoffen extrahiert wird und als geschmacksneutrales Öl, Margarine
und Emulsion zum Trinken vorliegt. Dadurch können Mahlzeiten leicht ergänzt
werden. Dies führt zu einer schnelleren Ketose, wodurch der Kohlenhydratanteil nicht
so stark gesenkt werden muss.10

LGIT
1981 wurde durch Jenkins der Begriff des glykämischen Index (GI) eingeführt. Dieser
Wert beschreibt den Anstieg der Blutglukosekonzentration. Die LGIT wurde 2002
schließlich von Pfeifer und Thiele entwickelt. Hier sollen nur Lebensmittel mit einem
GI von weniger als 50 verwendet werden. Bei dieser KD muss wie bei der MAD ein
gewisses Tagespensum an Kohlenhydraten berechnet und eingehalten werden. Es
sind 40-60 g pro Tag erlaubt. Hier werden ebenfalls gute Erfolge erzielt.11
Die beiden zuletzt erläuterten Diätformen weisen wieder eine erhöhte
Kohlenhydratzufuhr auf, wodurch sie der allgemein bekannten und gängigen
Vorstellung einer Low-Carb-Diät näher kommen.

8 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447
9 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447
10 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 447, 448
11 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 448, 449

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Vergleich der ketogenen Diäten
Bei allen KD liegen sehr fettreiche Ernährungsformen vor, die sich dennoch in der
Zusammensetzung und Wirkung unterscheiden. Ein höherer Einsatz von Proteinen
erlaubt eine einfachere Durchführung und ist somit in der Praxis besser umsetzbar.
Bei strengen Arten der KD leiden der Geschmack und die soziale Eingliederung der
Ernährung unter dem strikten Verlauf der Diät, auch wenn ein höherer
Ketonkörperspiegel vorherrscht.12

                       Abb. 3: Gegenüberstellung der Nährstoffrelation verschiedener KD und der
                               Nährstoffrelation nach DGE (abgeleitet aus der empfohlenen Zufuhr
                               für Protein sowie den Richtwerten für Kohlenhydrate und Fette) in
                               Energieprozent (En%) unter Anwendung eines Ampelsystems

Einsatz der Diäten
Behandlung von Krankheiten
Die Behandlung von Epilepsien im Kindesalter mit Hilfe von KD gilt als gesichert. Als
Wahltherapie dient die Diät für Stoffwechselerkrankungen, wie Glukosetransporter-
Defekt (GLUT1-Defekt) und Pyruvatdehydrogenase-Mangel (PDH). Zudem wurden
gute Erfolge bei weiteren Mitochondriopathien, also Fehlfunktion der Mitochondrien,
festgestellt.
Der Unterschied der Therapien liegt in der Dauer der Anwendung. So werden bei der
Epilepsie meist nur 2 Jahre praktiziert, wohingegen der GLUT1-Defekt und PDH
meist lebenslang behandelt werden müssen.13

Epilepsie
Unter Epilepsie versteht man wiederkehrende, spontane Krampfanfälle, die
normalerweise mit krampflösenden Medikamenten behandelt werden. Bei ca. 10%
liegt eine pharmakoresistente oder auch refraktäre Epilepsie vor. Hier besteht die
Möglichkeit die KD anzuwenden. Diese erzielt bei Kindern gute Ergebnisse, die mit
modernen Medikamenten vergleichbar sind. Es werden aber nicht nur gute Erfolge

12 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449
13 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449

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bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen beschrieben. Allerdings werden
Medikamente häufig bevorzugt und die Ernährung kaum berücksichtigt, denn der
Mechanismus der Wirkung von der KD ist bei der Epilepsie noch nicht ausreichend
aufgeklärt. Auf Grund der guten Integration in den Alltag wird die MAD der
klassischen KD bevorzugt. Die Abbruchrate liegt bei der MAD bei ca. 28-42% und bei
der klassischen KD etwas mehr als 50%.14

GLUT1-Defekt
Unter GLUT1-Defekt versteht man eine angeborene Stoffwechselerkrankung, die
eine Beeinträchtigung des Glukosetransportes (GLUT1) im Bereich der Blut-Hirn-
Schranke darstellt. Dadurch wird die Versorgung des Gehirns gefährdet. Daraus folgt
normalerweise eine refraktorische Epilepsie, geistige Entwicklungsstörungen und
Bewegungsstörungen. Auch hier kann eine Behandlung mittels der klassischen KD
erfolgen, denn die Ketonkörper passieren die Blut-Hirn-Schranke über einen anderen
Rezeptor (MCT1) und können so Energie liefern. Die MAD kann ebenfalls als
Therapie verwendet werden.15

Pyruvatdehydrogenase-Mangel
Der PDHc-Mangel ist eine Störung des Glukoseabbaus. Das Endprodukt Pyruvat,
welches mit der Glykolyse entsteht, kann nur begrenzt zu Acetyl-CoA zur
energetischen Nutzung im Zitratzyklus metabolisiert werden. Daraus folgt eine
Erhöhung des Laktats und ein Energiemangel.16
Hier kann die KD angewendet werden, um das für den Zitratzyklus notwendige
Acetyl-CoA aus Fetten anstatt aus Glukose zu gewinnen. Dies ist in den meisten
Fällen eine sichere und effektive Behandlung gegen den PDHc-Mangel.17

Auswirkungen auf Sportler
Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle für alle Sportler, da die
Leistungsfähigkeit auch von der Größe der Glykogenspeicher abhängt. Diese können
durch regelmäßiges Training mit kohlenhydratreicher Ernährung trainiert werden.
Zudem sollte darauf geachtet werden langkettige (komplexe) Kohlenhydrate zu sich
zunehmen und nicht nur vor, sondern auch nach dem Sport, um schnell wieder
leistungsfähig zu sein. Die Energie, die der Körper aus Kohlenhydraten gewinnt,
erlaubt eine höhere Belastungsintensität, da sie schneller verfügbar ist, als die der
Fettverbrennung Glykogen, Glukose und Glukosephosphate, also die körpereigenen
Kohlenhydrate, sind wasserlöslich und als Energieträger schnell zu mobilisieren.18

14 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 449, 450
15 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450
16 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450
17 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 450
18 vgl. Ernährung und Sport 2009 S. 12

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Gewichtsreduktion
In dem Zeitraum vom 30.April 2016 bis 30. Oktober 2016 wurden 307 gesunde
Teilnehmer zwischen 18 und 35, mit einem Bodymaßindex von weniger als 28, in
drei verschiedene Diätgruppen eingeteilt. Diese Zuteilung erfolgte zufällig. Dabei
wurden 101 Probanden der "High Fat, Low-Carb", 105 der "Moderate Fat, Moderate
Carb" und 101 der "Low Fat, High Carb" zugeordnet. Letztere erzielte die besten
Ergebnisse bezüglich der Gewichtsreduktion mit einem Verlust von 1.6 kg. Die
"Moderate Fat, Moderate Carb" konnte noch einen Verlust von 1.1 kg verzeichnen,
während "High Fat, Low Carb" nur auf -0,9 kg kommt.19

Vermeintliche Vorteile
Bei der Low-Carb-Kost versprechen sich Sportler oftmals Vorteile durch eine
Steigerung der Leistung. Dabei werden sie durch einige Theorien ermutigt.
So fehlt, durch die geringere Aufnahme an Kohlenhydraten, dem Körper eine
Energiequelle, wodurch es zu einer Anpassung kommt. Dabei bilden sich
beispielsweise andere Enzymsysteme zur Energiegewinnung aus. Der Körper greift
vermehrt auf den anderen Brennstoff (Fett) aus der Nahrung oder auf die Reserven
des Körpers zu. Kraftsportler erhoffen sich einen geringeren Körperfettanteil während
der Definitionsphase. Ausdauersportler und Sportler aus Spielsportarten versprechen
sich eine bessere Grundlagenausdauer, da eine effektivere Energiegewinnung aus
Fetten vorliegt. Hierbei werden die Kohlenhydrat-Energiereserven aus der Leber und
den Muskeln geschont. Das gespeicherte und begrenzte Glykogen hält für ca. 90
Minuten bei mäßiger bis intensiver Belastung.
Ausdauersportler erhoffen sich zudem bei einem Verzicht von gefüllten
Kohlenhydratspeichern und niedrigintensiven Trainingseinheiten einen Vorteil, denn
diese werden vor Wettkämpfen oder wettkampfähnlichen Trainingseinheiten wieder
aufgefüllt.20

Planung und Einführung
Die KD wird in Deutschland unter stationären Bedingungen über 5-7 Tage begonnen.
Hier wird der Fettanteil langsam gesteigert, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Im
ersten Gespräch werden die Prinzipien der KD besprochen. Es werden mindestens
drei weitere Einheiten von ca. 45 Minuten, während des stationären Aufenthalts,
benötigt. Bei der Umstellung der Ernährung ist es wichtig, ein Ernährungsprotokoll zu
erstellen, um die Essgewohnheiten zu analysieren und einen Ernährungsplan auf
den Patienten zuzuschneiden. Wenn dies nicht erfolgt, kann es zu einer
Unterversorgung von Vitaminen und Mineralstoffen kommen. Gegebenenfalls
können Zusatzprodukte für die KD hinzugezogen werden. Zusätzlich spielt die
Qualität der Fette und Öle auf Grund der Menge eine wichtige Rolle.
Bei den angeborenen Stoffwechselerkrankungen ist eine Ernährungstherapie wenig
sinnvoll, da diese das gesamte Leben durchgeführt werden muss.21
19 vgl. http://dx.doi.org/10.1016/j.ebiom.2017.06.017
20 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 135
21 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 451

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  Schulungsinhalte22
 •     extrem fettreiche und kohlenhydratarme Ernährung

 •     Vorstellung der Hauptnährstoffe: Protein, Fett und Kohlenhydrate; Einordnung verschiedener Grundnahrungsmittel in
                                        proteinreich, fettreich und kohlenhydratreich

 •     Identifizierung von kohlenhydratreichen, ungeeigneten Lebensmitteln und Vorstellung von geeigneten Alternativen

 •     Warenkunde Fette; Grundfrage: Welches Fett eignet sich wofür?

 •     Weitere Schulung entsprechend der gewählten Form:

       Klassische KD
           o Berechnung von verschiedenen Mahlzeiten mit der angestrebten ketogenen Ratio; Vorstellung von Rezepten
           o und Optionen, um die notwendige Fettmenge zu integrieren; Hinweis auf eine vielseitige Lebensmittelauswahl
       MCT-Diät
           o Festlegung der erforderliche Menge an MCT-Fett, Vorstellen von Möglichkeiten der Einnahme, Planung der
           o Mahlzeiten, um eine ausreichende Versorgung mit Protein zu sichern und eine Gewichtszunahme durch ein
           o Zuviel an Energie zu verhindern
       Modifizierte Atkins-Diät
           o Lebensmitteltabellen mit Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln, um den Alltag des Patienten zu erleichtern
       LGTI
           o Aufklärung über den Begriff "glykämischer Index" und Erklärung von Tabellen/Listen, die Lebensmittel nach
           o dem GI sortieren

 •     Erstellen eines beispielhaften Tagesplans mit verschiedenen Austauschmöglichkeiten

22 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 451

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Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen
Wenn die KD unter ärztlicher Aufsicht, nach standardisiertem Protokoll und mit einem
erfahrenen Ernährungsteam stattfindet, liegt eine sichere Therapie vor, die
normalerweise gut toleriert wird. Die Nebenwirkungen sind im Großen und Ganzen
eher gering und lassen sich individuell gut behandeln.23

Mögliche Nebenwirkungen bei der Einführung24

         Symptom                                 Ursache                   Gegenmaßnahme
    •    Apathie                     •        Wirkung der           •   Nach Adaption an die
                                              Ketonkörper auf das       veränderte Situation lassen
                                              zentrale                  die Symptome in der Regel
                                              Nervensystem              nach
    •    Übelkeit,                   •        Wahrscheinlich        •   Bei sehr hohen
    •    Erbrechen                            zentralnervöse            Ketonspiegeln ist die Gabe
                                              Nebenwirkungen der        von geringen Mengen
                                              Ketonkörper               Kohlenhydraten initiiert
    •    Hypoglykämie                •        Zu wenig              •   Gabe von geringen Mengen
                                              Kohlenhydrate             Kohlenhydraten
    •    Appetitminder               •        Es gibt Hinweise,     •   Eine einzelne ausgelassene
         ung                                  dass Ketonkörper          Mahlzeit gefährdet nicht den
                                              dämpfend auf das          Therapieerfolg und kann
                                              Hungergefühl wirken       toleriert werden
                                     •        Eine weitere          •   Mahlzeiten sollten
                                              Ursache können die        entsprechend der Vorlieben
                                              ungewohnten               des Patienten geplant
                                              Mahlzeiten sein           werden
                                              (Umstellungsphase)    •   Anreize zum Essen
                                                                        schaffen, z.B.
                                                                        ansprechendes Anrichten
                                                                        der Speisen
    •    Obstipation                 •        Zu wenig              •   Auf eine ausreichende
                                              Ballaststoffe, zu         Flüssigkeitszufuhr achten
                                              wenig Flüssigkeit
    •    Diarrhö,                    •        Zu hohe Fettzufuhr    •   Bei hoher Zufuhr von
         Magen-                               oder zu hohe Zufuhr       langkettigen Fettsäuren
    •    Darm-Krämpfe                         von MCT-Fetten            einen Teil gegen MCT-Fette
                                                                        austauschen
                                                                    •   Bei hoher Zufuhr von MCT-
                                                                        Fetten einen Teil gegen
                                                                        langkettige Fettsäuren
                                                                        austauschen

23 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 452, 453
24 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 455

2018                                              WWW.KNSU.DE                                      Seite 13
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Mögliche Nebenwirkungen bei der Durchführung25

         Symptom                                     Ursache                    Gegenmaßnahme
    •    Hyperlipidämie                  •      Zu viele fettreiche,     •   Sorgfältige Auswahl der
                                                tierische Produkte und       Fette (Schulung zu
                                                dadurch zu hohe              Fetten/Ölen)
                                                Aufnahme an              •   pflanzliche Fette
                                                gesättigten Fettsäuren       bevorzugen
                                                                         •   Eventuell MCT-Fette
                                                                             einsetzen
    •    Nierensteine                    •      Hyperkalziurie,          •   Auf ausreichende
                                                verminderte                  Flüssigkeitsaufnahme
                                                Flüssigkeitsaufnahme         achten

Fazit
Das Problem der Low-Carb-Kost ist, dass die Unterversorgung an Kohlenhydraten
schnell die psychische und physische Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen.
Zudem kommt es durch den niedrigen Blutzuckerspiegel zu Frust, Aggressionen,
Unwohlsein und Übellaunigkeit. Dadurch kommt es häufig zu Abbrüchen der
Belastungen, auf Grund des niedrigen Blutzuckerspiegels.
Sobald das Intensitätslevel im Sport steigt oder die Belastungsdauer zu lange wird,
fehlen dem Körper Brennstoffe, da die Fette als Energiequelle nicht mehr
ausreichen. Hier muss der Organismus auf Proteine aus der Muskulatur und dem
Blut zurückgreifen. Diese werden als Energiegewinnung genutzt, wodurch die
Verletzungsanfälligkeit steigt und das Immunsystem geschwächt wird. Auch hier
bleibt häufig der Spaß an der Ernährung auf der Strecke.26

Die ketogene Diät ist eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Ernährungsform, die
bei pharmakoresistenten Epilepsien zum Einsatz kommt. Dabei erzielen die KD,
MAD und MCT ähnlich gute Erfolge bei den Anfällen.
Die Einführung und Durchführung der KD ist sehr aufwendig, da jede Mahlzeit im
Vorhinein geplant werden muss. Dadurch wird das Essen mit Freunden
problematisch. Zudem sind durch die kohlenhydratarme Ernährung Lebensmittel wie
Obst und Getreide nur in sehr begrenztem Maße verfügbar. Daraus folgt die
Möglichkeit einer Unterversorgung verschiedener Vitamine und Mineralstoffe. Hier
gibt es keine allgemeine Empfehlung. Es muss für jeden Patienten individuell ein
Ernährungsprotokoll erstellt werden und gegebenenfalls müssen ergänzende
Präparate hinzugezogen werden. Dieses Protokoll sollte ca. alle 3-6 Monate erneuert
werden, da sich die Ernährungsgewohnheiten vor allem von Kindern häufig ändern. 27

25 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 455
26 vgl. Ernährung und Sport 2017, S. 135, 136
27 vgl. Ernährungsumschau 2017, S. 453, 454

2018                                                WWW.KNSU.DE                                     Seite 14
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Quellenverzeichnis
Literatur
 Autor                          Literaturname             Erschei-     Erschei-     Verlag
                                                          nungsort     nungsjahr
 Ulrike Och, Tobias Fischer,    Ernährungsumschau         Wiesba-      2017         Umschau Zeit-
 Thorsten Marquardt                                       den                       schriftenverlag
                                                                                    GmbH
 Dr. Holger Hassel              Ernährung und Sport       Reinheim     2009         Druckerei Lokay
                                                                                    e.K.
 Sebastian Eggert               Ernährung und Sport       Hamburg      2017         Verlag Handwerk
                                                                                    und Technik
                                                                                    GmbH
 Alexandra Schek                Ernährung des Leis-       Wiesba-      2014         Umschau Zeit-
                                tungssportlers            den                       schriften Verlag

Abbildung / Foto
 Nummer                        Urheber
 Titelbild                     Nach www.ketofix.de, modifiziert von Maximilian Löwenbrück
 1-3                           Ulrike Och, Tobias Fischer, Thorsten Marquardt/Ernährungsumschau

Urheber des Beitrages
 Autor                                Berater               Institution
 Löwenbrück, Maximilian/ Lehr-        Minnich, Marlis       Institut für Sportwissenschaft, Universität
 amtsstudent                          Schlich, Michaela     Koblenz- Landau, Campus Koblenz

2018                                   WWW.KNSU.DE                                                Seite 15
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