LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich

Die Seite wird erstellt Hanno Probst
 
WEITER LESEN
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA 1
14. August 2020 | 18.00 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal

LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA |
Herbert Blomstedt | Martha Argerich

Konzertprogramm, deutsch
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
26 2020

Here
  We
          Instrumente für
          ein lebenswertes Morgen
          Musik, die uns bewegt, ist eine perfekte Kombination aus Harmonie,
          Tempo und Rhythmus. Wenn wir etwas in Bewegung setzen und
          innovative Lösungen schaffen wollen, kombinieren wir Engagement,
          Know-how und Forschung. Gerade jetzt ist dieses Zusammenspiel
          wichtiger denn je: Die Zukunft stellt uns vor große Herausforderungen

Play
          und verlangt danach, dass die Spezialchemie ihre tragende Rolle für
          ein lebenswertes Morgen einnimmt – und sie herausragend spielt.

          Sustainability fuels innovation.
          DISCOVER VALUE AT CLARIANT.COM
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
LIFE IS LIVE
                   14. – 23. August 2020

Freitag, 14. August 2020 | 18.00 Uhr | KKL Luzern, Konzertsaal
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Herbert Blomstedt |
Martha Argerich

5		 Programm und Konzerteinführung
17		 Interpret

                                                                 3
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
HISTORIC
PERFORMANCES
Herausragende Konzerte legendärer Künstler −
eine klingende Festspielgeschichte!
Clara Haskil | Robert Casadesus − Mozart, Beethoven
Isaac Stern − Tschaikowsky, Bartók
George Szell − Dvořák, Brahms
Claudio Abbado − Schubert, Beethoven, Wagner
Rafael Kubelík − Bartók
Wilhelm Furtwängler − Beethoven                            NEin U
                                                                Jord
                                                                    an
                                                                      t
Pierre Fournier − Dvořák, Saint-Saëns, Casals              Arm irigier ussel
                                                               d , Ro n
                                                                ussy usso
Annie Fischer | Leon Fleisher − Schumann, Beethoven         Deb d Cha
                                                              un
Paul Kletzki − Schubert, Brahms, Beethoven
Wolfgang Schneiderhan − Mozart, Henze, Martin
Carl Schuricht – Mozart, Brahms
Wilhelm Furtwängler – Schumann, Beethoven
Nathan Milstein – Mendelssohn, Dvořák                                    Erhältlich auf
Edith Mathis – Mozart, Bartók, Brahms, Schumann, Strauss       lucernefestival.ch/shop
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
Programm und Konzerteinführung

6		 Programm
15		 Konzerteinführung

                                                   5
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | - Martha Argerich
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA 1
              Freitag, 14. August 2020 | 18.00 Uhr |
              KKL Luzern, Konzertsaal

LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA
Herbert Blomstedt Dirigent
Martha Argerich Klavier

6
Begrüssung
Markus Hongler Stiftungsratspräsident LUCERNE FESTIVAL

Grusswort
Alain Berset Bundesrat

Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 (1793–95, rev. 1800)
  • Allegro con brio
  • Largo
  • Rondo. Allegro

Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36 (1800–02)
  • Adagio molto – Allegro con brio
  • Larghetto
  • Scherzo. Allegro – Trio
  • Allegro molto

| Keine Pause

Das Konzert wird live auf ARTE Concert gestreamt.
Eine Produktion von accentus music in Koproduktion mit arte und SRF/SRG.

                                                                           7
8   Ludwig van Beethoven, Miniatur von Christian Horneman (1802)
Beethoven, der Unberechenbare
                    Das Erste Klavierkonzert und die
                    Zweite Sinfonie

Frei, ungebunden, zügellos: Das C-Dur-Klavierkonzert op. 15
Ludwig van Beethovens Erstes Klavierkonzert ist eigentlich gar nicht sein ers-
tes. Es ist auch nicht sein zweites, sondern, chronologisch betrachtet, schon
sein drittes. Ein allererstes Klavierkonzert schuf Beethoven nämlich bereits
als Jugendlicher, mit gerade mal 13 Jahren, noch in seiner Heimatstadt Bonn.
Veröffentlicht hat er dieses Es-Dur-Konzert allerdings nicht; erhalten hat sich
davon auch nur eine Kopistenabschrift der Solostimme, mit handschriftli-
chen Anmerkungen Beethovens zur Instrumentation. Auf dieser Grundlage
hat man das Werk rekonstruiert, und seither wird es als Beethovens «Nulltes»
Klavierkonzert geführt. Doch auch das Zweite Klavierkonzert entstand noch
vor dem Ersten – seine offizielle Ordnungszahl verdankt es nur der Tatsache,
dass es erst später veröffentlicht wurde. Nummerierungen können also
durchaus in die Irre führen.
Gleichwohl markiert das sogenannte Erste, das C-Dur-Klavierkonzert op. 15,
das Martha Argerich heute interpretiert, eine Art Anfang. Beethoven schrieb
es nach dem ersten grossen biographischen Einschnitt seines Lebens, nach-
dem er 1792 nach Wien gezogen war. Ausgestattet mit einem Empfehlungs-
schreiben seines Bonner Mäzens, des österreichischen Grafen Ferdinand von
Waldstein, fand der damals 22-jährige Komponist rasch Zutritt in die bessere
Gesellschaft der Donaumetropole und sorgte als fulminanter Pianist in etli-
chen Adelspalais für Furore. Doch Beethoven wollte sich mit seiner Kunst
nicht auf die Salons der Noblesse beschränken, er strebte auch in die breite
Öffentlichkeit. Und dabei spielten seine Klavierkonzerte eine wichtige Rolle,
voran das C-Dur-Konzert, das er höchstwahrscheinlich am 29. März 1795 bei
einer Akademie der Wiener Tonkünstler-Societät im Burgtheater erstmals
vortrug. Dabei konnte sich Beethoven gleich in doppelter Hinsicht auszeichnen:
als überragender Virtuose, der über eine erstaunliche Fingerfertigkeit verfüg-

                                                                              9
te. Und als zukunftsweisender Kom-
 Ludwig van Beethoven
                                       ponist, der Mozart und Haydn eben-
 Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15
                                       bürtig war, doch zugleich neue und
 Entstehung: Die frühesten Ent-
                                       eigene Wege einschlug.
 würfe, die Beethoven zu diesem
                                       Genau das passiert bereits im Kopf-
 Konzert skizzierte, reichen in das
                                       satz. Denn das einleitende «Allegro
 Jahr 1793 zurück; die Erstfassung
                                       con brio» beginnt mit einem Haupt-
 wurde im März 1795 vollendet. Im
                                       thema, wie es typischer für Beethoven
 September 1796, im Oktober 1798
                                       nicht sein könnte: Es ist kurz und for-
 sowie zwischen April und Dezem-
                                       melhaft, lapidar und knackig, und es
 ber 1800 revidierte Beethoven
                                       exponiert einen pochenden Grund-
 das Werk noch mehrfach, bevor
                                       rhythmus, wie er ihn später auch seiner
 er es 1801 in einer Drucklegung
                                       berühmten Fünften Sinfonie zugrun-
 der breiten Öffentlichkeit und
                                       de legen sollte. Dort wählte Beethoven
 anderen Interpreten zugänglich
                                       die Vierton-Formel da-da-da-daa, also
 machte.
                                       kurz-kurz-kurz-lang. Hier aber, im Ers-
 Uraufführung wahrscheinlich am
                                       ten Klavierkonzert, lautet sie: lang-
 29. März 1795 in einer Akademie
                                       kurz-kurz-lang – also auch ein Viertei-
 der Tonkünstler-Societät im Wie-
                                       ler, jedoch mit anderer metrischer
 ner Hofburgtheater mit Beethoven
                                       Gliederung. Dieser pochende Grund-
 am Klavier. Die offizielle Premiere
                                       puls durchzieht den gesamten ersten
 erfolgte fünf Jahre später, am
                                       Satz wie ein Mantra. Beethoven liebte
 2. April 1800, in Beethovens erster
                                       solche Signale, sie finden sich in allen
 eigener Akademie, ebenfalls im
                                       seinen Werken und sind ein wesentli-
 Burgtheater.
                                       ches Merkmal seiner musikalischen
 Erstmals bei LUCERNE FESTIVAL
                                       Handschrift.
 (IMF) am 11. August 1939 mit
                                       Das Hauptthema bildet somit gleich
 Sergej Rachmaninow und dem
                                       eine Eigenart des Komponisten ab.
 Orchester der Internationalen
                                       Aber der Kopfsatz wartet auch mit ei-
 Musikalischen Festwochen unter
                                       ner echten Neuheit auf. Beethoven be-
 Ernest Ansermet; zuletzt stand
                                       schränkt sich hier nicht mehr, wie es
 das Werk am 17. November 2019
                                       in der Musikgeschichte zuvor der Fall
 mit Rudolf Buchbinder und den
                                       war, auf zwei Themen, ein Haupt- und
 Festival Strings Lucerne auf dem
                                       ein Seitenthema, sondern er präsen-
 Programm.
                                       tiert gleich deren drei. Das zweite ist
 Spieldauer ca. 35 Minuten.
                                       ein lyrischer, gesanglicher Gedanke,

10
der mit dem pochenden Hauptthema kontrastiert, während sich das dritte,
marschartige Thema von der französischen Revolutionsmusik inspiriert zeigt.
Beethoven hatte ein Faible für diese Klänge mit ihren Fanfaren und straffen
Rhythmen, er griff sie in seinen eigenen Werken immer wieder auf, und genau
dadurch wirkt seine Musik so zündend, erhält sie ihren unvergleichlichen, vor-
wärtstreibenden Elan.
Mit diesem dritten Thema endet dann die Orchesterexposition, und erst jetzt
beginnt der Solopart, darf Martha Argerich einsetzen. Auffallend ist dabei,
dass sich das Soloklavier kaum am Vortrag der drei Hauptthemen beteiligt –
die überlässt es lieber dem Orchester und präsentiert stattdessen brillantes
Figurenwerk, mit dem es die Themen umrankt. Vermutlich hat Beethoven
diese Ornamente bei den ersten Aufführungen improvisiert. Nicht zufällig
veröffentlichte er das Konzert erst sechs Jahre nach der Erstaufführung, und
wahrscheinlich hat er überhaupt erst zu diesem Zweck den Solopart schrift-
lich fixiert.
Ganz sicher gilt das für den zweiten, den langsamen Satz, für das «Largo», das
auf einem schlichten, innigen Gesang basiert, träumerisch und schwärme-
risch zugleich. Man könnte dabei fast an eine Liebeserklärung denken, und
vielleicht war das auch wirklich so.
Beethoven widmete sein Erstes Kla-
vierkonzert nämlich einer seiner ade-
ligen Wiener Klavierschülerinnen, der
Gräfin Barbara von Keglevics, genannt
Babette, in die er schwer verliebt ge-
wesen sein soll und der er noch wei-
tere Werke zudachte, darunter die
grosse, leidenschaftliche Es-Dur-So-
nate op. 7. Doch Babette erhörte Beet-
hoven nicht, sie heiratete 1801 lieber
den Fürsten Innocenzo d’Erba Ode-
scalchi (für den schon der hochadelig
pompöse Name sprach).
Womöglich ist nicht nur das «Largo»
eine Hommage an sie, sondern auch
das Rondothema, das Beethoven dem
Finale zugrunde legt. Es ist tänzerisch

Barbara Gräfin von Keglevics, die Widmungsträgerin des                      11
Ersten Klavierkonzerts
und folkloristisch geprägt, scheint von der slawischen Volksmusik ange-
haucht zu sein. Was wiederum zu Babettes Herkunft aus einer ungarisch-
kroatischen Adelsfamilie passen würde. Viermal taucht der folkloristische
Refrain im Schlusssatz auf, doch zwischen diesen wiederkehrenden Ritornel-
len fügt Beethoven individuelle Episoden ein, in denen er seiner Lust am
Spiel um des Spieles willen und an schrägen Einfällen frönen kann. Einiges
davon klingt erstaunlich zukunftsweisend: Das gilt vor allem für die mittlere
der drei Episoden, die auf den Jazz vorauszugreifen scheint, 125 Jahre vor des-
sen Erfindung! Der swingende Charakter dieser Passage verdankt sich Beet-
hovens Vorliebe für Synkopen, die ein weiteres Merkmal seines Personalstils
darstellt. Denn er liebte es, rhythmische Akzente gegen den metrischen Takt-
schwerpunkt zu setzen und damit die Ordnung zu sprengen. Genau deshalb
wirkt seine Musik auch so frei, so ungebunden, so zügellos.

«Elan terrible»: Die D-Dur-Sinfonie op. 36
Als Beethovens Erstes Klavierkonzert 1801 im Druck erschien, arbeitete er be-
reits an seiner Zweiten Sinfonie, die meist als «heiteres» Werk im Geist von
Haydn und Mozart bezeichnet wird. Aber ist das wirklich so? Auffallender er-
scheint vielmehr, dass diese D-Dur-Sinfonie doch vor Energie nur so birst.
Schon in der langsamen Einleitung zum Kopfsatz baut sich die Spannung
sukzessive auf: Aus dem Wechselspiel von Tuttiakkorden und empfindsamen
Kantilenen schälen sich schnellere Spielfiguren über einem pulsierenden rhyth-
mischen Fundament heraus und kulminieren in einem abstürzenden d-Moll-
Dreiklang, der dem Hauptthema aus Beethovens Neunter, mehr als zwanzig
Jahre später komponiert, schon bemerkenswert nahe kommt. Und wenn
dann der «Allegro»-Hauptteil einsetzt, drängt das Geschehen atemlos und
wie aufgepeitscht voran, wobei Dissonanzen für eine zusätzliche harmoni-
sche Schärfung sorgen. Es ist der bezwingende «Elan terrible» der Revolu-
tionsmusik, der hier furios auftrumpft. Diese Musik klingt, als hätte es einer
besonders eilig. Oder als laufe ihm die Zeit davon.
Vielleicht war genau das auch Beethovens Situation, als er die Partitur im
Sommer 1800 in Angriff nahm und sie, mit Unterbrechungen, bis April 1802
ausarbeitete. Denn seit 1797 hatten sich bei ihm erste Anzeichen eines Gehör-
leidens bemerkbar gemacht, das später, ab 1818, zu seiner vollständigen Er-
taubung führen sollte. 1801 suchte er nachweislich ärztlichen Rat, um sich we-
gen seines schlechter werdenden Hörvermögens behandeln zu lassen.

12
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36
 Entstehung: Zwar nahm Beethoven seine Zweite Sinfonie schon im
 Sommer 1800 in Angriff, doch musste er die Arbeit immer wieder zu-
 gunsten anderer Aufträge unterbrechen, darunter die Ballettmusik Die
 Geschöpfe des Prometheus. Im April 1802 konnte er die Partitur schliesslich
 vollenden. Er widmete sie seinem Gönner, dem Fürsten Karl Lichnowsky,
 der ihn mit einer Jahresapanage von 600 Gulden ausstattete und zeit-
 weilig kostenfrei bei sich wohnen liess.
 Die öffentliche Erstaufführung fand am 5. April 1803 im Theater an der
 Wien statt. Doch ist es gut möglich, dass der Fürst Lichnowsky, dem
 zunächst das exklusive Aufführungsrecht zustand, das Werk bereits zuvor
 in seinem Palais vor geladenen Gästen spielen liess.
 Erstmals erklang die Sinfonie bei LUCERNE FESTIVAL (IMF) schon im
 offiziellen Gründungskonzert am 25. August 1938 unter Arturo Toscanini,
 der ein Elite-Orchester dirigierte. Zuletzt war sie hier am 28. März 2009
 mit dem Chamber Orchestra of Europe und Bernard Haitink zu hören.
 Spieldauer ca. 35 Minuten.

Fürchtete Beethoven also das frühe Aus für seine berufliche Laufbahn? Be-
schleunigte dieser Druck zusätzlich seinen musikalischen Pulsschlag?
Nur im zweiten Satz, im «Larghetto», präsentiert Beethoven eine Oase der
Ruhe und entfaltet ein strömendes Melos, das seinem jüngeren französi-
schen Kollegen Hector Berlioz wie «eine entzückende Schilderung unschul-
digen Glücks» vorkam. Wie richtig Berlioz mit dieser Empfindung gelegen
haben könnte, bestätigt ein Brief Beethovens vom 16. November 1801 an sei-
nen Jugendfreund Franz Gerhard Wegeler: «Etwas angenehmer lebe ich jetzt
wieder», heisst es darin. «Diese Veränderung hat ein liebes, zauberisches
Mädchen hervorgebracht, das mich liebt, und das ich liebe; es sind seit 2 Jah-
ren wieder einige selige Augenblicke, und es ist das erste mal, dass ich fühlte,
dass Heirathen glücklich machen könnte …»
Das «zauberische Mädchen», von dem Beethoven sprach und das ihn mögli-
cherweise zum «Larghetto» inspirierte, war seine Klavierschülerin Giulietta
Guicciardi, der er auch die Mondscheinsonate widmete. Doch Beethovens
Träume sollten nicht in Erfüllung gehen: 1803 trat Giulietta mit dem Grafen
Wenzel von Gallenberg vor den Traualtar, der dann doch die «standesgemäs-
sere» Partie für sie war.

                                                                               13
Auch in der Zweiten Sinfonie bleibt die Sphäre des lichten Idylls ein Intermez-
zo. Schon im Mittelteil des «Larghettos» kippt die Stimmung, indem das kan-
table Anfangsthema nach Moll versetzt und damit verdüstert wird. Als dritten
Satz lässt Beethoven dann ein widerborstiges Scherzo folgen, das mit seinen
heftigen dynamischen Kontrasten und den gegen das Metrum gesetzten
rhythmischen Akzenten ruppig anmutet. Piano und Forte lösen sich auf
engstem Raum bruchlos und blitzartig ab, und dieser Effekt wird durch das
pingponghafte Wechselspiel zwischen Tutti auf der einen und Violinen, Hör-
nern und Fagotten auf der anderen Seite bizarr verstärkt. Auch im Trio führt
Beethoven die Hörer aufs Glatteis, indem er den vermeintlich ruhigeren Blä-
sersatz jäh durch ein heftiges Unisono der Streicher unterbricht und konter-
kariert.
Dieses Spiel mit der Verblüffung treibt Beethoven im Finale dann auf die Spit-
ze, das von einem geradezu schrulligen Hauptthema mit herrischem Triller
geprägt und zu einer Wildheit geführt wird, wie man sie bis dahin selten in
der Musikgeschichte erleben konnte. Doch immer wieder brechen die Bewe-
gungen auch ab, versanden im Decrescendo oder münden in stockende Fer-
maten und Generalpausen, um dann wieder neu und anders anzusetzen, sich
in manische Erregung zu steigern. Eine sonderbar aufgewühlte und gewittri-
ge Stimmung herrscht hier: Es ist, als würde uns plötzlich der Boden unter
den Füssen weggezogen. Ein Werk von klassisch-massvoller Schönheit ist
diese Zweite Sinfonie gewiss nicht mehr, sie steht vielmehr für Beethoven,
den Unberechenbaren – und auch das ist ein Markenzeichen dieses Kompo-
nisten.

                                                                Susanne Stähr

14
Interpreten

17		 LUCERNE
0		  nn      FESTIVAL ORCHESTRA
00 Herbert
21		 nn    Blomstedt
00 Martha
23		 nn    Argerich

                                  15
Im Sommer 2003 schlug die Geburtsstunde des LUCERNE FESTIVAL OR-
CHESTRA, das vom italienischen Dirigenten Claudio Abbado und von Fest-
spielintendant Michael Haefliger ins Leben gerufen wurde. Sie knüpften da-
mit an das legendäre «Eliteorchester» an, in dem Arturo Toscanini 1938, im
Gründungsjahr des Festivals, gefeierte Virtuosen seiner Zeit zu einem luxuri-
ösen Klangkörper vereinte und mit einem «Concert de Gala» vorstellte. Ab-
bado hatte bis zu seinem Tod im Januar 2014 die Leitung des LUCERNE FESTI-
VAL ORCHESTRA inne. Zu seinem Nachfolger wurde 2016 Riccardo Chailly
ernannt, der seinen Vertrag mittlerweile bis 2023 verlängert hat. Als Gastdiri-
genten waren am Pult Andris Nelsons, Bernard Haitink und Yannick Nézet-
Séguin zu erleben. Das Orchester setzt sich aus international renommierten
Solisten, Kammermusikern und Musikprofessoren sowie Mitgliedern des
Mahler Chamber Orchestra und der Filarmonica della Scala zusammen. Beim
Festival «Life Is Live» im Sommer 2020 tritt es mit zwei Beethoven-Programmen
erstmals unter der Stabführung des schwedischen Maestros Herbert Blom-
stedt auf. Hinzu kommt ein kammermusikalisches Programm mit Septetten
von Mozart und Beethoven. Viele der Aufführungen des LUCERNE FESTIVAL
ORCHESTRA wurden im Fernsehen übertragen und liegen mittlerweile auf
DVD oder CD vor; sie wurden mit Preisen wie dem «Diapason d’or», dem
«BBC Music Magazine Award» und dem «International Classical Music Award»
ausgezeichnet. Zuletzt erschien 2019 eine CD mit Orchesterwerken von Richard
Strauss; auf DVD kam im Sommer 2020 die erste Folge des Rachmaninow-
Zyklus unter Riccardo Chailly heraus, mit dem Dritten Klavierkonzert, gespielt
von Denis Matsuev, und der Dritten Sinfonie. Gastspiele führten das LUCERNE
FESTIVAL ORCHESTRA bisher in zahlreiche europäische Musikmetropolen,
aber auch nach New York, Tokio, Seoul, Peking, Shenzhen und Shanghai.

Das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA ist seit dem Sommer 2003 alljährlich
hier zu erleben; zuletzt interpretierte das Orchester im August 2019 drei
Programme unter Riccardo Chailly und gestaltete einen Beethoven-
Schostakowitsch-Abend mit Yannick Nézet-Séguin.

                                                                             17
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA

1. Violine
Ahss, Gregory       Konzertmeister Camerata Salzburg
    Konzertmeister
Christ, Raphael     Erster Konzertmeister Bochumer Symphoniker,
    Konzertmeister  Konzertmeister Kölner Kammerorchester, Orchestra Mozart
Juda, Iris          Chamber Orchestra of Europe
Kastl, Manuel       Erster Konzertmeister Staatsphilharmonie Nürnberg
		                  (Staatstheater Nürnberg), Orchestra Mozart
Senese, Francesco   Orchestra Mozart
Weber, Yunna        Staatskapelle Berlin

2. Violine
Altenberger, Korbinian   Konzertmeister Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
   Stimmführer
Castell, Annette zu      Mahler Chamber Orchestra
Heubes, Christian        Mahler Chamber Orchestra
Kisza, Pawel             Erster koordinierter Stimmführer Zweite Violinen Symphoniker
		                       Hamburg
Schmidt, Claudia         Orchestra Mozart, Badische Staatskapelle
Tesini, Giacomo          Orchestra Mozart, Gustav Mahler Jugendorchester

Viola
Christ, Wolfram          Solist, Professor Hochschule für Musik Freiburg/Br.
  Soloviola
Christ, Tanja            ehem. Berliner Philharmoniker
Muthelet, Béatrice       Mahler Chamber Orchestra
Rossi, Danilo            Solobratschist Teatro alla Scala

Violoncello
Maintz, Jens Peter       Professor Universität der Künste Berlin
   Solocello
Hagen, Clemens           Hagen Quartett
   Solocello
Pfiz, Konstantin         Solist, Clemente Trio

Kontrabass
Stotijn, Rick            Mahler Chamber Orchestra
   Solokontrabass
Ruge, Axel               stellv. Solokontrabassist WDR Sinfonieorchester

18
Flöte
Zoon, Jacques            Professor Conservatoire de Musique Genève, ehem. Soloflötist
   Soloflöte             Royal Concertgebouworkest, Boston Symphony Orchestra und
		                       Chamber Orchestra of Europe
Tonelli, Chiara          Mahler Chamber Orchestra

Oboe
Macías Navarro, Lucas Solist, Professor Hochschule für Musik Freiburg/Br.
  Solooboe
Pastor, Miriam        Royal Concertgebouworkest

Klarinette
Alberola, Vicente        Mahler Chamber Orchestra
   Soloklarinette
Schenkel, Raphaël        Bassklarinettist Bremer Philharmoniker,
		                       Hochschule für Künste Bremen

Fagott
Racz, Matthias           Solofagottist Tonhalle-Orchester Zürich
  Solofagott
Santana, Guilhaume       Mahler Chamber Orchestra
  Solofagott

Horn
Dohr, Stefan             Solohornist Berliner Philharmoniker
  Solohorn
Wegloop, Jonathan        Mahler Chamber Orchestra

Trompete
Friedrich, Reinhold      Professor Staatliche Hochschule für Musik Karlsruhe
   Solotrompete
Van Hasselt, Wim         Professor Hochschule für Musik Freiburg/Br.

Pauke
Curfs, Raymond           Solopauker Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

                                                                                        19
20
Herbert Blomstedt, 1927 im amerikanischen Springfield (Massachusetts) als
Sohn schwedischer Eltern geboren, erhielt seine musikalische Ausbildung
am Königlichen Konservatorium in Stockholm, an der Universität Uppsala
und an der New Yorker Juilliard School of Music. Später bildete er sich bei
Igor Markevitch in Salzburg und bei Leonard Bernstein in Tanglewood weiter.
Im Februar 1954 debutierte Blomstedt am Pult des Stockholmer Philharmoni-
schen Orchesters und leitete später als Chefdirigent so bedeutende skandi-
navische Klangkörper wie die Osloer Philharmoniker (1962–68) oder das Dä-
nische (1968–77) und das Schwedische Radio-Sinfonieorchester (1977–82).
Von 1975 bis 1985 stand er überdies an der Spitze der Staatskapelle Dresden.
1985 wurde Herbert Blomstedt zum Music Director des San Francisco Sym-
phony Orchestra gewählt, dem er zehn Jahre lang verbunden blieb und mit
dem er zahlreiche Europatourneen absolvierte. Von 1996 bis 1998 wirkte er
als Chef des NDR Sinfonieorchesters in Hamburg, von 1998 bis 2005 leitete er
das Gewandhausorchester Leipzig, das ihn anschliessend zum Ehrendirigen-
ten ernannte. Als Gast arbeitet Herbert Blomstedt bei allen führenden Or-
chestern Europas und Nordamerikas und ist auch im Alter von mehr als 90
Jahren noch international aktiv. So dirigierte er 2019/20 das Philadelphia und
das Cleveland Orchestra, das San Francisco und das Chicago Symphony Or-
chestra, die Berliner Philharmoniker, das Symphonieorchester des Bayeri-
schen Rundfunks und das Orchestre de Paris. Im Herbst 2020 wird er dann
mit dem Leipziger Gewandhausorchester und den Wiener Philharmonikern
konzertieren. Herbert Blomstedt ist ein gewähltes Mitglied der Königlich-
Schwedischen Musikakademie und mehrfacher Ehrendoktor. 2016 erhielt er
den Léonie-Sonning-Musikpreis. Zu seinem 90. Geburtstag im Jahr 2017 er-
schien unter dem Titel Mission Musik ein Gesprächsband mit ihm.

Debut bei LUCERNE FESTIVAL (IMF) am 24. August 1979 am Pult der
Staatskapelle Dresden mit Werken von Respighi und Bruckner; zuletzt zu
Gast im September 2016, als er zwei Konzerte mit dem Gewandhausor-
chester Leipzig gab und Werke von Bach, Bruckner und Beethoven inter-
pretierte.

                                                                            21
22
Die 1941 in Buenos Aires geborene Martha Argerich, die als Achtjährige ihr
Konzertdebut feiern konnte, kam 1955 nach Europa, um bei Friedrich Gulda
in Wien zu studieren. 1957 gewann sie den Busoni-Wettbewerb in Bozen und
die Klavierkonkurrenz von Genf; gleichwohl setzte sie ihre Ausbildung weiter
fort und arbeitete mit Arturo Benedetti Michelangeli und Stefan Askenase
zusammen, ehe sie 1965 mit dem Ersten Preis beim Chopin-Wettbewerb in
Warschau ihre internationale Laufbahn begann. Seitdem zählt Martha Arge-
rich zu den besten Pianisten der Gegenwart; sie hat mit den bedeutendsten
Dirigenten und Orchestern konzertiert und dabei ein Repertoire von Bach bis
Bartók zur Aufführung gebracht. In den letzten beiden Jahrzehnten nimmt
vor allem die Kammermusik einen hohen Stellenwert in ihrer künstlerischen
Arbeit ein. Zu ihren bevorzugten musikalischen Partnern zählen der Geiger
Gidon Kremer, der Cellist Mischa Maisky und die Pianisten Nelson Freire,
Alexandre Rabinovitch und Lilya Zilberstein, mit denen sie im Duo spielt. Von
2002 bis 2016 führte sie in Lugano ein eigenes Festival durch, in dessen Rah-
men sie gemeinsam mit renommierten Kollegen und jungen Künstlern auftrat;
2018 und 2019 fanden ähnliche Projekte in Hamburg statt. Argerichs Einspie-
lungen wurden mit zahlreichen Preisen bedacht. Bereits dreimal erhielt sie
den begehrten «Grammy»: 1999 für ihre Aufnahme mit Prokofjew- und Bartók-
Konzerten, 2005 für eine Duo-CD mit Mikhail Pletnev und 2006 für Beethoven-
Konzerte mit dem Mahler Chamber Orchestra und Claudio Abbado. 2014
gewann sie für ihre Interpretation von Mozart-Konzerten, ebenfalls mit Ab-
bado, den «Echo Klassik». Die Dokumentation Argerich, die ihre Tochter Ste-
phanie 2013 vorlegte, präsentiert ein Filmportrait der Pianistin. Im Herbst
2005 wurde Martha Argerich für ihr Lebenswerk mit dem «Praemium Imperia-
le» geehrt.

Debut bei LUCERNE FESTIVAL (IMF) am 20. August 1969 mit dem Dritten
Klavierkonzert von Prokofjew unter Charles Dutoit. Zuletzt war sie hier
am 18. November 2017 mit Schumanns Klavierkonzert zu hören, das sie
mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Vladimir Jurowski
aufführte.

                                                                           23
LUCERNE FESTIVAL sagt

DA N K E
   all unseren Sponsoren, Förderstiftungen,
   Mäzenen, Freunden und den zahlreichen
   Ticket-Spendern für die Solidarität,
   die Treue zum Festival und die Unterstützung
   in diesen aussergewöhnlichen Zeiten!

   Wir freuen uns, wieder live on stage
   für Sie da zu sein!

   HERZLICHEN
   DA N K !
Partner
All unseren Partnern, Freunden und Förderern gilt in diesem aussergewöhnlichen
Festivaljahr ein ganz besonderer Dank. Ihr Zuspruch und ihre bedingungslose
Unterstützung helfen uns, nach vorne zu blicken und es möglich zu machen, in
gemeinschaftlichen Konzerterlebnissen die Musik zu feiern – getreu dem Motto
«Life Is Live»!

Hauptsponsoren

Themensponsor

Sponsoren
Andermatt Swiss Alps AG | Artemis Group / Franke Group | B. Braun Medical AG | Bucherer AG |
die Mobiliar | Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller | Dr. Dolf Stockhausen | Familie Goer |
Glencore | KPMG AG | Nestlé AG | Schindler Aufzüge AG | Swiss Life | Swiss Re | Viking |
Zuger Kantonalbank

Stiftungen
Arthur Waser Stiftung | Bernard van Leer Stiftung Luzern | Cleven-Stiftung | Else v. Sick Stiftung |
Ernst Göhner Stiftung | Ernst von Siemens Musikstiftung | Fondation Suisa | Fritz-Gerber-Stiftung |
Geert und Lore Blanken-Schlemper-Stiftung | Gemeinnützige Stiftung Accentus | Hilti Foundation |
Josef Müller Stiftung Muri | Karitative Stiftung Dr. Gerber-ten Bosch | Kunststiftung NRW |
Landis & Gyr Stiftung | Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung | René und Susanne Braginsky Stiftung |
RHL Foundation | Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Zürich | Strebi-Stiftung Luzern |
walter haefner stiftung

Subventionsgeber
Kanton Luzern | Stadt Luzern

Freunde
LUCERNE FESTIVAL dankt allen rund 500 Freundinnen und Freunden für ihr grosszügiges Engagement.
Ein besonderer Dank gebührt:
Thomas Abegg | Nachlass Ernest I. Ascher | Baloise Holding AG | Regula Bibus-Waser |
Dr. Christian Casal und Katja Biella Casal | Marco Corvi | Projekt Villa Serdang | Oswald J. Grübel |
Yann und Sabine Guyonvarc’h | Berthold Herrmann und Dr. Mariann Grawe-Gerber | André und
Rosalie Hoffmann | Dr. Rudolf W. Hug | Dr. Klaus Jenny | Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller |
Makoto Nakao | Dr. Lutz und Christiane Peters | Dr. Annemarie S. Reynolds | Charlotte Scheidegger-
Vonlanthen | Carla Schwöbel-Braun | Monique und Thomas Staehelin-Bonnard |
Dr. Dolf Stockhausen I Margrit Wullschleger-Schmidlin

Auch danken wir jenen Freunden und Förderern, die namentlich nicht genannt
werden möchten.

                                                                                                       25
Unterstützende Unternehmen

Official Rail Carrier

Official Airline

LUCERNE FESTIVAL
ist Mitglied von

AMAG Audi Center Luzern, Car Partner | KKL Luzern, Veranstaltungspartner |
Luzern Tourismus | MetaDesign, Partner in Communication |
Radio SRF Kultur, Medienpartner

Impressum

Herausgeber
Stiftung LUCERNE FESTIVAL | Intendant: Michael Haefliger
Hirschmattstrasse 13 | Postfach | CH–6002 Luzern
t +41 (0)41 226 44 00 | f +41 (0)41 226 44 60
info@lucernefestival.ch | lucernefestival.ch
Redaktion
Susanne Stähr (verantwortlich) und Malte Lohmann |
Satz & Realisation: Denise Fankhauser
Inserate: Patricia Thérisod

Textnachweis
Die Konzerteinführung von Susanne Stähr ist ein Originalbeitrag für dieses
Programmheft.
Bildnachweise
S. 8: Beethoven-Haus Bonn – S. 11: lvbeethoven.it – S. 16: Foto Peter Fischli/LUCERNE
FESTIVAL – S. 20: Foto Martin U.K. Lengemann – S. 22: Foto Adriano Heitman

© 2020 by LUCERNE FESTIVAL

26
Christian Gerhaher
Heinz Holliger
Othmar Schoeck Elegie op. 36
Roland Moser «Echoraum» zum Nonett
«Franz Schuberts Begräbnis-Feyer» (UA)
Franz Schubert Nonett in es-Moll
«Franz Schuberts Begräbnis-Feyer» D 79,
Sinfonie Nr. 7 h-Moll «Unvollendete» D 759
So 23.8.2020 – 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel

Principal Guest Conductor – Giovanni Antonini   |   Zurück im Stadtcasino Basel   |   www.kammerorchesterbasel.ch
20631-KPS-D
Sie können auch lesen