Masterplan Verkehr W ien 2003 - Eltis
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M a s t e r p l a n Ve r k e h r W i e n 2 0 0 3 M a s t e r p l a n Ve r k e h r W i e n 2 0 0 3 K U R Z F A S S U N G
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:46 Uhr Seite 1 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 Kurzfassung Erstellt von den MitarbeiterInnen des Magistrats der Stadt Wien Im Auftrag des Magistrats der Stadt Wien Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung Referat Verkehrsplanung und Regionalentwicklung November 2003
Impressum: Eigentümer und Herausgeber: Stadtentwicklung Wien, Magistratsabteilung 18 info@m18.magwien.gv.at Für den Inhalt verantwortlich: DI Angelika Winkler, MA 18 wia@m18.magwien.gv.at DI Sigrid Oblak Technische Koordination: ECHO Werbeagentur GmbH Grafik: Isabella Posch, ECHO Werbeagentur GmbH Lektorat: ECHO Werbeagentur GmbH DI Sigrid Oblak, MA 18 Fotos: Wiener Hafen, Bildarchiv MA 18 Druck: AV+Astoria © Wien 2006 (aktualisierter Nachdruck – siehe Abbildung 10, Seite 30) ISBN: 3-902015-57-8
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:46 Uhr Seite 3 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6 2. Verkehrspolitisches Leitbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10 3. Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14 4. Verkehrssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19 5. Straßennetz und öffentlicher Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20 6. Fußgängerverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22 7. Radverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24 8. Öffentlicher Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26 9. Motorisierter Individualverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30 10. Ruhender Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 11. Schifffahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 12. Flugverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 13. Mobilitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37 14. Bewusstseinsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39 15. Lenkungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40 16. Erfolgsmaßstäbe und Erfolgskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41 17. Wirkungen des Maßnahmenprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42 18. Prioritäten, Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 MitarbeiterInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .54 3
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:46 Uhr Seite 5 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 Vorwort Das letzte Wiener Verkehrskonzept wurde 1994 beschlossen. Viele Maßnahmen wurden seither umgesetzt, etwa die Parkraumbewirtschaftung oder der weitere Ausbau der U-Bahn und der Radwege. Seit 1994 haben sich aber auch viele Randbedingungen wesentlich geändert – und daher ist es Zeit für einen neuen Plan: Den Masterplan Verkehr Wien 2003. Der Masterplan Verkehr Wien 2003 geht stark auf die Rolle Wiens im neuen Europa ein: Wien als TEN-Knoten, Wien als potenzieller Hauptprofiteur der EU-Erweiterung, Wien als Technologie- metropole und Wirtschaftsstandort. Innerhalb dieses großen Rahmens legt der Masterplan Verkehr Wien 2003 aber auch konkrete Strategien und Maßnahmen für die speziellen Verkehrs- bedürfnisse Wiens fest. Bei der Entstehung des Masterplans wurden hinsichtlich der Beteiligung der Menschen, Bezirke und Institutionen neue Maßstäbe gesetzt: Die alltäglichen „Verkehrs- Erfahrungen“ der WienerInnen flossen ebenso wie die Meinungen der VerkehrsexpertInnen in einem der bisher umfangreichsten Beteiligungsverfahren Österreichs ein. Das Ergebnis ist ein modernes und zukunftsweisendes Verkehrskonzept für die nächsten 20 Jahre. Der Masterplan Verkehr Wien 2003 ist innovativ, aber nicht utopisch. Er ist an klaren Prioritäten orientiert, aber nicht fundamentalistisch. Er ist konkret, aber nicht einengend. Er ist offen für das neue Europa, aber ein Plan für die Zukunft Wiens. Nun gilt es, den Masterplan Verkehr Wien 2003 in den nächsten 20 Jahren möglichst weitgehend umzusetzen. Amtsführender Stadtrat für Stadtentwicklung und Verkehr Dipl.-Ing. Rudolf Schicker 5
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 6 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 1. Ausgangslage 1. Ausgangslage Der Masterplan Verkehr 2003 der Stadt Wien gibt, im Dialog mit ihren Bürgern, die Richtung für die städtische Verkehrsentwicklung der nächsten zwanzig Jahre vor. Die positiven Entwick- lungen der Vergangenheit werden damit einerseits abgesichert, andererseits stellt sich Wien den neuen Herausforderungen wie z. B. der bevorstehenden EU-Erweiterung. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Wien. Darüber hinaus sind überregionale Verkehrsströme zu lenken und zu bewältigen. Das Ganze ohne die hohe Lebensqualität der Wiener Bevölkerung zu gefährden. Auf fachlicher Ebene wurde der neue Masterplan Verkehr innerhalb eines kooperativen Bera- tungsprozesses, unter aktiver Beteiligung der zuständigen Magistratsabteilungen, konzipiert; die Federführung lag bei der Magistratsabteilung 18. Für die Organisation und für fachliche Bei- träge war ein Kernarbeitsteam zuständig. Die BürgerInnen konnten ihre Anregungen, ihre Vorschläge und ihre Kritik zum Verkehr im Rahmen eines breit angelegten Beteiligungs- und Informationsverfahrens einbringen. Dabei bildeten rund 80 % dieser Vorschläge eine gute Arbeitsgrundlage. Sie entsprachen den Grund- sätzen und Zielen des Masterplans und der Bezirksverkehrskommissionen. BürgerInnen beteiligten sich an der Erarbeitung des Masterplans Verkehr Wien Seit dem Beschluss des Verkehrskonzepts 1994 wurden Verbesserungsmaßnahmen, wie z. B. die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und das umfangreichere Angebot im öffentlichen Verkehr mit den Verlängerungen der U3 und U6, umgesetzt, an der Oberfläche wurde dieser durch bauliche und betriebliche Maßnahmen qualitativ attraktiver. Bedarf besteht allerdings noch beim Ausbau des Straßen- und Schienennetzes sowie bei der Errichtung des Bahnhofs Wien und der Güterterminals. Die Intervallverdichtungen im Wiener Schnellbahnnetz, die Bevorrangung von Straßenbahnen und Bussen, der Ausbau des Hauptradverkehrsnetzes stehen 6
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 7 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 1. Ausgangslage ganz oben auf der Agenda. Verbesserungen sind auch im Zusammenwirken von Stadt und Regionen erforderlich. Dazu gehören Bezüge zur europäischen und nationalen Verkehrspolitik und die Abstimmung der Raum- und Verkehrsentwicklung in der Region Wien. Für die Standortentwicklung Wiens ist aber auch eine optimale Einbindung im Besonderen auch der Bahnhofs- und Terminaleinrichtungen in die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN) Voraussetzung. Im Schienenbereich haben die Ergänzung des Transeuropäischen Verkehrs- netzes um die Schienenanbindung Wien-Flughafen – Eisenstadt – Sopron und die Eisenbahn- magistralen Paris – München – Wien – Budapest und Berlin – Prag – Wien – Triest absolute Priorität. Im Straßennetz sind die S1, die Integration der A5 und Aufnahme der A6–Spange Kittsee/Bratislava in das Transeuropäische Netz vorrangig. Diese Verkehrsinfrastruktur muss aber auch finanziert werden. Gemäß dem Entwurf zur EU- Wegekostenrichtlinie, die die Grundlage für die Bemautung des Straßenverkehrs ist, kann der- zeit nur auf hochrangigen, autobahnähnlichen Straßen Maut eingehoben werden. Wien fordert die Einbeziehung sämtlicher externer Kosten bei der Berechnung der Mauthöhe und die Möglichkeit der Querfinanzierung Straße/Schiene. Um das integrierte U-Bahn-, Straßenbahn- und Busangebot nicht zu gefährden, vertritt die Stadt Wien zum Thema Liberalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs die Position, dass es eine Wahlmöglichkeit zwischen direkter Leistungsvergabe-/Leistungserbringung und kontrollier- tem Wettbewerb geben soll. Für den Fall, dass höchstgerichtliche Entscheidungen weiterge- hende Liberalisierungen erzwingen wollen, muss es Ausnahmen für schienengebundene Verkehrsmittel geben. Auf nationaler Ebene ist der Bund für eine ausreichende Leistungsfähigkeit der Verkehrs- infrastruktur verantwortlich; dies ist im Generalverkehrsplan 2002 dokumentiert. Aus Wiener Sicht bedarf es einer Straffung bei den Zeiträumen zur Verwirklichung der Schienenprojekte. Außerdem sind innovative Finanzierungsformen gefordert. Im Stadtentwicklungsplan 1994 ist bereits festgehalten, dass es für die räumliche Entwicklung der Region Wien wesentlich ist, Siedlungsstrukturen am hochrangigen öffentlichen Verkehr, zu orientieren. Dieses verkehrspolitische Ziel steht in direktem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Notwendigkeit, dass Großinvestitionen etwa zur Verlängerung des U-Bahnnetzes unmittel- baren maximalen Nutzen für die weitere Siedlungsentwicklung bringen müssen. Nur die Kombination, leichte Verfügbarkeit von Bauland bzw. großem Entwicklungspotenzial und 7
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 8 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 1. Ausgangslage leistungsfähige Anbindung an das hochrangige städtische wie regionale Straßen- und Schienen- netz schafft Anreiz für hochwertige Wohn- und Betriebsstandorte, selbst bei höheren Boden- preisen in der städtischen Kernzone. Tabelle 1: Potenzielle Standorte für periphere Entwicklungsgebiete peripheres U-Bahn weitere S-Bahn hochrangige Entwicklungs- Entwicklungs- Kfz-Verkehrs- gebiet gebiete an erschließung dieser U-Bahn-Linie 22. Brachmühle U1 – Nord Doningasse S1 (Hohenau) B229 ➔ S2 Zentrum Kagran S2 (Laa/Thaya) Donau-City Nordbahnhof 22. ehem. Flugfeld U2 – Nord Hausfeld S80 (Marchegg) S1 („innenliegende Aspern Stadlau-Mühlgrund Variante“ der Messe Wien NO-Umfahrung), B3d, A23 11. Simmering Süd U3 – Süd Mautner Markhof- S7 (Wolfsthal) B225 ➔ A23 Gründe S60 (Neusiedl) B228 Gasometer S61 (Aspangbahn, Erdberg/St. Marx wenn wie Bestand) 10. Rothneusiedl U1 – Süd evt. Altes Landgut S11 (Pottendorf) Verbindungs- Südbahnviertel S16 (Aspangbahn spange über Verbindungs- A23 ➔ S1 schleife Laxenburg) Die Mobilitätsentwicklung hängt aber noch von anderen Faktoren ab, zum Beispiel von der demografischen Entwicklung. Bis 2020 wird die Bevölkerung im Großraum Wien zunehmen, wobei die Einwohnerzahl des dicht bebauten Stadtgebietes stagniert. Die Wachstumsdynamik verlagert sich auf die Stadtrandgebiete. Die Wiener Bevölkerung wird nach einer Phase der Verjüngung (seit 1970) wieder „älter“, die Mobilität älterer Menschen wird beträchtlich steigen. Ihr Motorisierungsgrad nimmt bereits jetzt zu. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten zehn Jahren weiter verstärken. Bisher fixe Zeitmuster, wie Arbeitszeiten, Schulbeginn- und Schulschlusszeiten, Ladenöffnungszeiten, werden immer flexibler und der Trend zur Individualisierung verstärkt sich (unterschiedliche Lebensstile und sich ändernde lebensabschnittsbezogene Verhaltensmuster). Gute Ausbildungs- chancen und der Trend zur Dienstleistungsgesellschaft vergrößern das Arbeitsplatzangebot für Frauen. Die Selbstständigkeit und die Motorisierung der Frauen wird zunehmen. Die Globalisierung bedingt die internationale Integration und Vernetzung der Wirtschaft. Eine verstärkte räumliche Arbeitsteiligkeit wird die Transportdistanzen erhöhen. Die Wirtschafts- 8
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 9 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 1. Ausgangslage räume befinden sich im Wettbewerb um die Ansiedlung von Betrieben. Die Qualität des Ver- kehrssystems wird zu einem wesentlichen Standortkriterium. Die Telematik ermöglicht Effizienzsteigerungen im Verkehrssystem u. a. durch bessere Infor- mation, Optimierung der Fahrzeugauslastung und Fahrspurenmanagement. Telearbeitsplätze zu Hause und „Desk-Sharing“ am Arbeitsplatz führen zu einer Auflösung starrer Block-Arbeitszeiten und punktueller Verkehrsspitzen. Es gibt dadurch nicht weniger Mobilität, sondern nur eine zeitliche Verlagerung und auch eine Verschiebung zwischen unterschiedlichen Verkehrszwecken (z. B. mehr Freizeitwege). Österreich hat sich bis 2010 zu einer 13 %-igen Verminderung klimawirksamer Emissionen gegenüber dem Jahr 1990 verpflichtet. Dessen ungeachtet sind die Emissionen seither aber um 9 % gestiegen – der Verkehr ist daran überproportional beteiligt. Resümee: Die städtische Verkehrspolitik ist mit zahlreichen, den Zielen widersprechenden Trends und Konflikten zwischen Wirtschafts- und Raumordnungspolitik sowie Umwelt- und Verkehrspolitik konfrontiert. Intelligente Innovationen sind gefragt, um die bevorstehenden Herausforderungen bewältigen und Zielkonflikte auflösen zu können. 9
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 10 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 2. Verkehrspolitisches Leitbild 2. Verkehrspolitisches Leitbild Eine prosperierende Stadtregion – wie es die „Vienna Region“ sein soll – ist auf die Aktivitäten der BürgerInnen und der Wirtschaft, somit auf Mobilität angewiesen. Diese Mobilität darf, wie schon festgestellt, die Lebensqualität auch jener der nachkommenden Generationen nicht beeinträchtigen. Diese gemeinsame Verantworung wird unter dem Begriff: Intelligente Mobilität – „Gscheit‘ unterwegs“, zusammengefasst. Abb. 1: Grundsätze: Das Fünfeck der „Intelligenten Mobilität“ Nachhaltigkeit Effektivität Innovation Intelligente Mobilität Akzeptanz Kooperation Unter dem Begriff sind folgende Grundsätze und Ziele vereint: Nachhaltigkeit bedeutet, dass die Handlungsweisen der Gegenwart auch künftigen Generationen eine opti- male Befriedigung ihrer Bedürfnisse ermöglichen. Die Säulen einer nachhaltigen Entwicklung sind: soziale Gerechtigkeit, zukunftsbeständige Wirtschaftssysteme und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Umwelt. Daraus leiten sich folgende Hauptziele ab: ❙ Verkehrsvermeidung im Sinne einer mobilitätssparenden Stadtentwicklung und Raumordnung mit hoher Lebens- und Erlebnisqualität in der Stadt. ❙ Verkehrsverlagerung durch Verhaltensänderungen. Im Masterplan Verkehr 2003 sind folgende Ziele für die Verkehrsmittelaufteilung der WienerInnen festgelegt: - Verminderung des Motorisierten Individualverkehrs auf 25 % aller Wege; - Erhöhung des Radverkehrs möglichst rasch auf 8 %; - Steigerung des Öffentlichen Verkehrs von 34 % auf 40 % sowie - im stadtgrenzenüberschreitenden Verkehr Änderung der Verkehrsmittelaufteilung zwischen Öffentlichem Verkehr und Motorisiertem Individualverkehr von 35 zu 65 % auf 45 zu 55 %. 10
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 11 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 2. Verkehrspolitisches Leitbild Abb. 2: Ziele für die Verkehrsmittelaufteilung der WienerInnen (alle Tage) 100 90 80 Motorisierter Individualverkehr 70 75 70 67 60 64 60 50 40 30 Öffentlicher Verkehr, Radverkehr, Fußgänger 20 10 0 1970 1990 2000 2010 2020 ❙ Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung Zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsbasis und zur Weiterentwicklung der Exportkom- petenz muss die äußere und innere Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandortes Wien gesichert werden. Dies geschieht durch den schon beschriebenen TEN-Knoten sowie durch Verbesserungen für den notwendigen Wirtschaftsverkehr (Lieferfahrten, Halten und Parken) und dessen Bevorrangung gegenüber privaten Kfz-Fahrten. ❙ Nachhaltige soziale Entwicklung Sozialer Ausgleich, Chancengleichheit und die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen und Männern (Gender Mainstreaming) sind die zentralen strategischen Schwerpunkte der Stadt Wien für eine nachhaltige soziale Entwicklung. Für Wien haben dabei Priorität die sozial- und geschlechtergerecht verteilte Mobilitäts- chancen. Darunter versteht man die Verbesserung der Möglichkeiten für Menschen mit erschwerten Mobilitätsbedingungen, die Gestaltung der Verkehrsanlagen nach dem „2 Sinne Prinzip“ (hören/sehen, hören/tasten, sehen/tasten), die Angleichung des Verkehrsverhaltens der Männer an das stadtverträglichere Verkehrsverhalten der Frauen und die deutliche Erhöhung der Verkehrssicherheit (Senkung der Zahl der Toten und Verletzten). ❙ Nachhaltige Umweltentwicklung 1999 wurde vom Gemeinderat das Klimaschutzprogramm (KLIP) verabschiedet. Darin verpflichtend vorgesehen und als maßgebliche Ziele im Masterplan Verkehr festgehalten sind die Reduzierung der vom Verkehr verursachten CO2-Emissionen um 5 % pro Kopf bis 2010 und die Minderung der Verkehrslärmbelastung. 20 % weniger BürgerInnen sollen sich bis 2020 durch Verkehrslärm belästigt fühlen. 11
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 12 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 2. Verkehrspolitisches Leitbild Nachhaltigkeit beginnt im Kopf Effektivität Ressourcenschonende Mobilität erfordert ein Höchstmaß an Gestaltungsfantasie bei der Organisation, wie z. B. eine intelligente PKW - (Car-Sharing) und LKW -Nutzung (Reduktion der Leerfahrten). Ein wichtiges Element zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit in der Mobilitätsab- wicklung ist die Einbeziehung der externen Kosten (Umweltfolgekosten). Akzeptanz „Intelligente Mobilität“ erfordert einen auf Vertrauen gründenden und permanenten Dialog aller Beteiligten; es geht um Information, Kommunikation und Motivation als Voraussetzung für jene Bewusstseinsbildung, die erst Verhaltensänderungen ermöglicht. Kooperation Die Stadt Wien benötigt zur Umsetzung der Ziele des Masterplans Verkehr 2003 Partner, dazu zählen die Umlandgemeinden, die Region, die ÖBB, Public-Private-Partnerships und Staats- grenzen überschreitend die nördlichen und östlichen Nachbarstaaten. All diese Partner sollen frühzeitig in Projekte eingebunden werden, um Interessenskonflikte zu vermeiden und dadurch die Planungsqualität verbessern zu können. Innovation Alle Ziele der Nachhaltigkeit, Effektivität, Akzeptanz und Kooperation sind nur durch Innova- tionen bei Verfahren, Organisation, Betrieb, Infrastruktur und Technik erreichbar. Diese muss die Stadt Wien fördern oder selbst entwickeln. Wien hat da in der Vergangenheit immer wieder eine Vorreiterrolle übernommen. Diese Tradition soll fortgesetzt und zu einem Teil des Selbstver- 12
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 13 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 2. Verkehrspolitisches Leitbild ständnisses der Stadtverwaltung werden. ULF – Ultra Low Floor-Straßenbahn: Einstiegshöhe 0 Es ist der Anspruch des Masterplans Verkehr Wien 2003, erfolgreiche und umsetzbare Schwer- punkte zu entwickeln die auch die Ziele der Verkehrspolitik transportieren. Tabelle 2: Handlungsschwerpunkte Handlungsschwerpunkte ➔ Sichere Mobilität (Vision Zero): ➔ Riesen Radverkehr: drastische Reduktion der Zahl der Qualitätssprung im Radverkehr Getöteten und Verletzten ➔ S-Bahn plus: ➔ Platz da: attraktiver öffentlicher Schienenverkehr Rückgewinnung des öffentlichen Raumes zwischen Stadt und Region ➔ U-Bahn-Impulse für die Stadtentwicklung: ➔ Mobilität mit System: mit Öffentlichem Verkehr gut Aufbau eines umfassenden Verkehrs- erschlossene Entwicklungsgebiete und Mobilitätsmanagements ➔ Schnelle Ö.V.-Tangenten: ➔ Logistik-Kompetenz: attraktive Straßenbahn- und Flächenmanagement für den Güter- und Busverbindungen an der Peripherie Wirtschaftsverkehr ➔ Halt nur bei Haltestellen: ➔ Schienen und Straßen für Europa: systematische Bevorrangung von Schienen- und Straßenbau zur Straßenbahn und Bus Standortverbesserung und Beruhigung von Wohngebieten sowie für ÖV -Beschleunigung, Rad- und Fußgängerverkehr, Straßenraumgestaltung im entlasteten Straßennetz 13
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 14 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 3. Mobilität 3. Mobilität Mobilität beschränkt sich nicht nur auf die physischen Ortsveränderungen, sondern sie wird auch durch die Raumstruktur sowie die Zeit bestimmt (Arbeitszeiten, Schulzeiten etc.). Mobil sein kann man auch ohne Ortsveränderungen, z. B. mittels Telefon oder neuen Medien. Etwa 75 % aller WienerInnen unternehmen mindestens einen Weg pro Tag, der im Schnitt 5 km lang ist; für alle Wege pro Tag sind sie etwas mehr als eine Stunde unterwegs. Abb. 3: Verkehrsmittelwahl der WienerInnen nach Gebietstypen (alle Tage) in Prozent Dicht bebaute Rand-Bezirke „Misch“-Bezirke1) Gesamt Bezirke (1-9,20) (11, 13, 21-23) (10, 12, 14-19) 1993 2001 1993 2001 1993 2001 1993 2001 1 4 3 3 6 2 2 3 Fahrrad 28 27 35 31 22 22 27 27 Zu Fuß 14 12 10 9 9 9 PKW als Mitfahrer(in) 9 7 30 26 22 22 36 33 31 25 PKW als Fahrer(in) Motorisiertes Zweirad 1 1 1 1 29 34 33 35 22 29 31 36 Öffentlicher Verkehr 1) Bezirke mit dicht bebauten und locker bebauten Gebieten Quelle: Socialdata, Ergebnisse einer Mobilitätsstudie im Rahmen der Erstellung des Masterplans Verkehr Wien 2003, Wien, 2002. Die Verkehrsarten des Umweltverbundes (zu Fuß, Fahrrad, ÖV) haben im dicht bebauten, gut durchmischten Stadtgebiet wesentlich höhere Anteile als in den Bezirken am Stadtrand. Von 14
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 15 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 3. Mobilität den EinpendlerInnen nach Wien nutzen 65 % den Motorisierten Individualverkehr und nur 35 % die Verkehrsmittel des Umweltverbundes. Bei der Nutzung dieser Verkehrsarten erreichen Frauen 71 %, Männer nur 56 %. Das Verkehrsverhalten der Frauen ist dadurch erheblich umweltfreundlicher als das der Männer. Der Arbeitspendlerverkehr der erwerbstätigen WienerInnen umfasste im Jahr 2001 etwa 22 % aller Wege. Männer legen einen Arbeitsweg deutlich häufiger mit dem PKW zurück als Frauen. Umgekehrt nutzen Frauen bei ihren Arbeitswegen häufiger öffentliche Verkehrsmittel. Steigender Wohlstand und wirtschaftlicher Strukturwandel haben gemeinsam mit der zu- nehmenden Motorisierung ein dynamisches Wachstum der Arbeitswege über die Stadtgrenze hinaus zur Folge. Durch ein abgestimmtes, raumordnungs- und verkehrspolitisches Programm soll das Wachstum der Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort gebremst, der Anteil des Umweltverbundes bei den Arbeitswegen gesteigert, der Besetzungsgrad der Fahrzeuge im Arbeitspendlerverkehr erhöht sowie die Differenz der Arbeitswegedauer zwischen Öffentlichem Verkehr und Motori- siertem Individualverkehr verringert werden. Morgenverkehrsspitze am Gumpendorfer Gürtel 9 % aller Wege der Wiener Bevölkerung werden annähernd gleich von Frauen und Männern für Ausbildungszwecke genutzt. Zwei gegenläufige Trends bestimmen diesen Ausbildungs- verkehr: der Geburtenrückgang und die Verlängerung der Ausbildungszeiten. Beides zusammen 15
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 16 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 3. Mobilität bewirkt aber eine konstant bleibende Anzahl der Personen in der Ausbildung. Wesentlich ist es auch hier die Verbesserung der Qualität des Öffentlichen Raums und verstärkte Nutzung der Verkehrsarten des Umweltverbundes zu forcieren. Für Freizeitaktivitäten legt die Wiener Bevölkerung 31 % aller Wege zurück. Eine Vielzahl von Veränderungen wie z. B. flexible Arbeitszeiten, Verlängerung der Urlaubsdauer, niedrigeres Pen- sionsantrittsalter und höhere Lebenserwartung haben sich in dieser Mobilitätsart niederge- schlagen. Auch hier gilt es, neben der Ausweitung des städtischen Kultur- und Freizeitangebots und der Ausgestaltung des öffentlichen Raums, die Freizeitwege auf die Verkehrsarten des Umweltverbundes zu verlagern. Ähnlich ist es beim Versorgungsverkehr. Ca. 26 % der Wege der Wiener sind dem Einkaufen und privaten Erledigungen zuzurechnen, wobei Frauen um ein Drittel mehr Wege im Versorgungsverkehr zurücklegen als Männer und in besonderem Maße die Verkehrsarten des Umweltverbundes benutzen. Die Steigerung von Dienstleistungsangeboten an hochwertigen, sehr gut erreichbaren Standorten wird sich fortsetzen. Dazu zählen U- und S-Bahnstationen im dicht bebauten Stadtgebiet und das hochrangige Straßennetz in Stadtrand- und Umland- gebieten. Die Öffnungszeiten von Geschäften und öffentlichen Einrichtungen werden weiter flexibilisiert. Der Trend zur „24-Stunden-Stadt“ setzt sich auch in Wien durch. Auch hier sollen die Weglängen reduziert werden und die Verlagerung dieses Verkehrs auf die Verkehrsarten des Umweltverbundes forciert werden. Die flächendeckende Nahversorgung ist der punktuellen Konzentration vorzuziehen. Für geschäftliche/dienstliche Erledigungen und für Begleitwege (Abholen und Bringen) wer- den jeweils 6 % der Wege aufgewendet. Hier werden auch die unterschiedlichen gesellschaft- lichen Rollen von Frauen und Männern deutlich. Die Frauen haben einen doppelt so hohen Anteil bei den Verkehrsarten des Umweltverbundes wie die Männer. Holen/Bringen von Kindern 16
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 17 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 3. Mobilität Die Begleitwege betreffen zum größten Teil das Bringen und Abholen von Kindern zum und vom Kindergarten, das Begleiten auf dem Schulweg und zu Freizeitaktivitäten. Aufgrund des Trends zu größeren Entfernungen zwischen Wohn-, Schulstandort und Freizeitaktivitäten ist mit einem Wachstum der Kfz-Nutzung zu rechnen. Es sind auch in diesem Bereich Maßnahmen vor allem zur Steigerung der Sicherheit und besseren Nutzbarkeit des öffentlichen Raums erforderlich. Der Städtetourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Wien. Er hat in den letzten Jahr- zehnten stetig zugenommen. Der Tourismusverkehr verursacht vor allem räumlich und zeitlich begrenzte Probleme. Sowohl im „normalen“ Städtetourismus als auch im Kongresstourismus ist in Zukunft weiteres Wachstum zu erwarten. Besonders der organisierte „Seniorentourismus“ und ein eventorientierter Städtetourismus werden boomen. Den Auswirkungen kann man nur begegnen, indem der öffentliche Sammelverkehr gefördert wird, schon um die negativen Folgewirkungen des Touristenbusverkehrs zu minimieren. Bis 2004 wird die Erstellung eines Bustourismuskonzepts erfolgen. Mobilität von Gütern Ein gut funktionierender Güterverkehr ist eine wesentliche Voraussetzung für die Qualität Wiens als Wirtschaftsstandort. Gerade der Güterverkehr aber verursacht Probleme: 10 % der Kfz-Fahrten sind für 20 bis 25 % der CO2-Emissionen und 70 % der Stickoxidemissionen verantwortlich. Der LKW -Verkehr trägt wesentlich zur Lärmbelastung und überproportional zur Straßenabnutzung bei. Die Verkehrsleistung und das Verkehrsaufkommen im Binnengüterverkehr hat in den letzten Jahren abgenommen. Im Ziel- und Quellverkehr sowie im Durchgangsverkehr sind erhebliche Zunahmen des Verkehrsaufkommens zu verzeichnen. Dieses Wachstum begründete sich aus der Ostöffnung, der Einbindung Österreichs in die EU und der fortschreitenden Integration in die Weltwirtschaft. In den nächsten zehn, fünfzehn Jahren wird mit der EU-Erweiterung eine Fortsetzung dieser Dynamik erwartet. Die Stadt Wien steht im Güterverkehr vor mehreren Herausforderungen: einerseits soll im Binnenverkehr ein möglichst störungs- und behinderungsfreier Ablauf ermöglicht werden, ande- rerseits ist trotz stagnierenden Verkehrsaufkommens eine wirkungsvolle Reduktion der Umwelt- belastungen und die Entschärfung räumlicher und zeitlicher Problemschwerpunkte erforderlich. Die Entwicklung des Straßennetzes muss einen Abbau des Staurisikos an besonders neuralgi- schen Straßenabschnitten, bei gleichzeitiger Entlastung der Wohnbevölkerung und sensibler Nutzungen, ermöglichen, ohne den Anreiz zur Kfz-Nutzung stark zu erhöhen. Zur Entwicklung des TEN-Knotens Region Wien müssen eine Reihe von Maßnahmen gesetzt werden, um die Infrastruktur zu verbessern. Dazu gehört der Ausbau von Bahnstrecken ebenso wie die Errichtung leistungsfähiger Güterterminals. Die Stärkung der „Logistik-Kompetenz“ des 17
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 18 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 3. Mobilität Standortes Wien ist ein Handlungsschwerpunkt der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik der Stadt. Den Bereich der City Logistik, der grundsätzlich privatwirtschaftlich funktionieren soll, will Wien stärken, Behinderungen für den Lieferverkehr sollen verringert und Logistikstandorte stadtplanerisch gesichert werden. Die Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele des Themenbereichs Mobilität finden sich in den nachfolgenden Kapiteln. Abb. 4: Infrastruktur für den TEN-Knoten Region Wien (Schiene, Wasser, Luft) 18
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 19 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 4. Verkehrssicherheit 4. Verkehrssicherheit Europaweite Studien zeigen, Wien ist eine der verkehrssichersten Großstädte. Die Sicherheit auf Wiens Straßen wurde in den letzten 20 Jahren deutlich erhöht. Zwischen 1983 und 1988 hat sich die Zahl der Unfälle mit Personenschaden um etwa 35 %ermäßigt, die Zahl der Getöteten ist sogar um ca. 75 % gesunken. Seit 1998 ist allerdings eine Trendumkehr festzustellen, die verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erfordert. Abb. 5: Anzahl der Getöteten in Wien 1983–2002 180 169 160 Vergleich 1983 mit 2002: 140 - 34,4 % 138 120 111 102 100 95 90 98 83 80 81 81 78 73 62 61 60 57 56 42 45 40 Todeseintritt 38 39 innerhalb von 3 Tagen 34 20 Todeseintritt innerhalb von 30 Tagen 0 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Quelle: Magistrat der Stadt Wien, MA 46, Wien, 2002. Als langfristiges Ziel der Verkehrssicherheitsarbeit verfolgt Wien die „Vision Zero“, also keine Todes- opfer im Straßenverkehr. Die Zahl der Verunglückten soll bis 2020 um 50 % reduziert werden. Verkehrssicherheit ist ein Grundprinzip, das in allen Maßnahmenkapiteln beachtet werden muss. Mit einem umfassenden verkehrspolitischen Programm, das die Verkehrsmittelwahl zugunsten des Umweltverbundes, die Reduzierung der Fahrleistung und die Verringerung des Geschwin- digkeitsniveaus im Kfz-Verkehr ebenso umfasst wie die Verwirklichung verkehrssicherheitstechni- scher Maßnahmen, die Adaptierung rechtlicher Rahmenbedingungen und eine funktionierende Überwachung, soll dieses Ziel erreicht werden. Aber auch andere Maßnahmen sind hier ziel- führend, etwa die Sanierung von potenziellen Unfallhäufungspunkten durch die Verbesserung der Sichtbarkeit von Bodenmarkierungen, Bordsteinen und Verkehrsinseln oder die sicherheits- technische Begutachtungen (Safety Audit) bei allen Planungen und die stärkere Berücksichtigung der Sicherheit für die BenutzerInnen des öffentlichen Raums sowie die Durchführung von ziel- gruppenspezifischen Aufklärungskampagnen zum Thema Verkehrssicherheit. Vom Bund fordert die Stadt Wien eine stärkere Überwachung des fließenden Kfz-Verkehrs, die Einführung des Punkteführerscheins und die Erhöhung der Strafsätze für Verkehrsübertretungen. 19
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 20 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 5. Straßennetz und öffentlicher Raum 5. Straßennetz und öffentlicher Raum Das Straßennetz dient der Verknüpfung und Erreichbarkeit städtischer Nutzungen. Neben dem fließenden und ruhenden Kfz-Verkehr, dem Öffentlichen Verkehr, dem Radverkehr und dem Fußgängerverkehr dient das Straßennetz auch als öffentlicher Raum für Aufenthalt und Begegnung. Schließlich ist die Straße ein Element der Stadtgestaltung und erfüllt umwelt- hygienische Aufgaben (Belichtung, Belüftung, Begrünung). Aus diesen verschiedenen Anforderungen ergeben sich bei einem begrenzten Flächenangebot zwangsläufig Konflikte, die durch bauliche und organisatorische Maßnahmen bewältigt werden müssen. Die angestrebte Erhöhung des Anteils des Öffentlichen Verkehrs, des Fußgänger- und Radverkehrs bedeu- tet, dass die Um- und Ausbaumaßnahmen in den nächsten Jahren vorrangig in diese Richtung geplant und investiert werden müssen. Bei der Ergänzung und Erweiterung des höherrangigen Straßennetzes steht die Entlastung bestehender Siedlungsgebiete im Vordergrund. Für die Erschließung neuer Siedlungsbereiche gilt es, eine ausreichende Netzdichte zu schaffen, also den Öffentlichen Verkehr mit den Erfordernissen des nichtmotorisierten Verkehrs zu verknüpfen. Das derzeit rund 700 km umfassende bestehende Hauptstraßennetz der Stadt Wien ist nach den Kriterien des Kfz-Verkehrs ausgewiesen. Eine neue Netzgliederung soll den verkehrspoli- tischen Zielen besser entsprechen und klare Regeln für den Umgang mit Nutzungskonflikten im Straßenraum enthalten. Das neue Hauptstraßennetz soll aus dem Netz für den höherrangigen motorisierten Individualverkehr, dem Straßenbahn- und Busnetz mit hoher Taktfolge und aus den Netzteilen mit hohen Fußgängerfrequenzen bestehen. Die sich aus dem Radverkehr ergebenden Anforderungen an den Straßenraum sind unabhängig von den oben angeführten Hauptstraßenfunktionen zu erfüllen. Eine Änderung des bestehenden Hauptstraßennetzes betrifft die Finanzierungszuständigkeiten zwischen Zentralverwaltung und Bezirken. Es muss also neben den fachspezifischen Kriterien auch die budgetären Verteilungseffekte beachtet werden. Daher soll die Neugestaltung des Hauptstraßennetzes gemeinsam mit den Bezirken erarbeitet werden. Neben der Neubewertung des Straßennetzes soll durch die ausgedehnte Schaffung von dau- ernden und temporären autoverkehrsfreien Zonen und großzügig dimensionierten Gehsteigen erlebbare Qualität im öffentlichen Straßenraum geschaffen werden. Möglichkeiten für Treffpunkte, Sitzgelegenheiten zum Ausrasten, aber auch kommerzialisierte Bereiche wie Schanigärten, führen zu einer positiven Belebung des Straßenbildes (wenn die erforderlichen Durchgangsbreiten freigehalten werden). Speziell für Kinder sind nicht nur optimale Spielplätze, sondern ist auch ein dichtes Angebot an sicheren und attraktiven Spielmöglichkeiten im öffent- lichen Raum wichtig. 20
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 21 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 5. Straßennetz und öffentlicher Raum „Platz da“ Da der knappe Raum im öffentlichen Straßennetz oft zu Konflikten zwischen den verschiedenen Verkehrsarten und -teilnehmern führt, sind bei Aus- und Umgestaltungsmaßnahmen Prioritäten zu setzen. Höchste Priorität besitzen die Mindeststandards für FußgängerInnen. Danach sind die Ansprüche des Öffentlichen Verkehrs zu berücksichtigen. An nächster Stelle stehen Komfortverbesserungen für FußgängerInnen über die Mindeststandards hinaus auch in jenen Straßen, die nicht zum Hauptnetz des Fußgängerverkehrs zählen. Nach den Erfordernissen der FußgängerInnen und des öffentlichen Verkehrs sind die Mindeststandards für den Radverkehr im Hauptradverkehrsnetz anzuwenden, wie z. B. Radverkehrsanlagen in den Hauptstraßen, Mitbenützung von Busfahrstreifen, sichere Führung bei Straßenbahn- und Bushaltestellen, keine Umwegführungen über das Nebenstreckennetz. An nächster Stelle folgt schließlich der Kfz- Fließverkehr, er hat Priorität vor dem Ruhenden Verkehr im MIV -Hauptstraßennetz. Eine Ände- rung der Prioritäten ist immer dann möglich, wenn wichtige Gründe vorliegen (z. B. besondere Erfordernisse für den Wirtschaftsverkehr). 21
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 22 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 6. Fußgängerverkehr 6. Fußgängerverkehr Jeder Weg – ob mit dem Rad, dem Auto oder einem öffentlichen Verkehrsmittel – beginnt und endet mit einem Fußweg. Deshalb treffen die Bedingungen für den Fußgängerverkehr alle Bevölkerungsgruppen. Ganz besonders aber jene, die in ihrem Alltag einen geringeren Bewe- gungsradius haben und einen Großteil ihrer Wege zu Fuß zurück legen, wie ältere Menschen oder Kinder. 60 % aller Fußwege werden von Frauen zurückgelegt, nur 40 % von Männern. Der Anteil an verletzten FußgängerInnen bei Verkehrsunfällen in Wien beträgt etwa 20 %, bei getöteten Personen sogar ca. 60 %. Neben Kindern und Jugendlichen sind besonders Seni- orInnen gefährdet. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit für FußgängerInnen hat daher höchste Priorität. Für Frauen und Mädchen ist neben der Verkehrssicherheit auch die persönliche Sicherheit von großer Bedeutung. Wenn bei der Gestaltung von Verkehrsräumen Aspekte der Orien- tierung, Übersicht und Einsehbarkeit zu wenig berücksichtigt werden, können unsichere und bedrohliche Situationen entstehen, die die Mobilitätsmöglichkeiten einschränken. Zur Stabilisierung des Fußgängerverkehrs auf dem derzeitigen hohen Niveau, zur Verbes- serung der Lebensqualität für FußgängerInnen, zur Erhöhung von deren Verkehrssicherheit sowie zur Stärkung der Mobilitätschancen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen soll folgendes Maßnahmenpaket umgesetzt werden: Schaffung eines durchgängigen zusammenhängenden Fußwegenetzes, welches unter Berücksichtigung der Gehökonomie von FußgängerInnen gestaltet wird. So liegt im bebauten Gebiet der Schwerpunkt auf dem gezielten Lückenschluss (z. B. Öffnung von bereits gewidme- ten Durchgängen) und der Möglichkeit des barrierefreien Überwindens von Niveauunter- schieden. In locker bebauten Gebieten ist die Schaffung von attraktiven Fußwegverbindungen (sichere Tag- und Nachtrouten) wesentlich. Mehr Platz für FußgängerInnen 22
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 23 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 6. Fußgängerverkehr Eine durchgehende, frei begehbare Mindest-Gehsteigbreite von 2 m ist auch bei neuen Platzgestaltungen und temporären Einrichtungen, wie Kfz-Abstellplätzen, sicherzustellen. Bei bestehenden Gehsteigen darf – wenn die räumlichen Voraussetzungen eine Gehsteigbreite von 2 m nicht zulassen – eine Mindestdurchgangsbreite von 1,5 m nicht unterschritten werden. Ebenso muss ein freier Lichtraum in der Höhe von 2,20 m zur Vermeidung von Verletzungen im Kopf-/Brustbereich freigehalten werden. Die Schnittstellen zwischen dem Hauptstraßennetz und dem Nebenstraßennetz sollen durch besondere bauliche Maßnahmen deutlich erkennbar gemacht werden (z. B. durchgezogene Gehsteige, Anhebung von Kreuzungsplateaus). Bei Ampel-geregelten Fußgängerübergängen soll die mittlere Wartezeit für Fußgänger auf max. 40 Sek. reduziert werden, die Grünphase in Sekunden soll ident mit der Schutzweglänge in Metern sein. Die Überwindung von Höhenunterschieden soll durch die Nachrüstung bestehender Stiegenan- lagen mit Rampen für Rollstuhlfahrer und Kinderwägen erleichtert werden. Stationen des Öffent- lichen Verkehrs sowie stark frequentierte Über- und Unterführungen werden grundsätzlich mit Liftanlagen ausgestattet sein. Für den Motorisierten Individualverkehr wird außerhalb des Haupt- straßennetzes die Einführung zusammenhängender Tempo-30-Zonen angestrebt. Tempo 30 fördert die Verkehrssicherheit und ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Mischverkehr. Das subjektive Sicherheitsgefühl ist durch eine belebte Umgebung und damit positive soziale Kontrolle zu stärken. Wichtig ist es, Orientierung, Übersicht, Einsehbarkeit und eine ausreichen- de Beleuchtung der Wegrouten und Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel sicherzustellen. Zur Verbesserung der Orientierung für mobilitätseingeschränkte Personen sollen unter Einbe- ziehung von Fachleuten der Behindertenorganisationen Lichtsignalanlagen mit akustischen und taktilen Zusatzsignalen ausgestattet sowie taktile und akustische Leit- und Informationssysteme im Straßenraum errichtet werden. Grazer „T“ Quelle: Richtlinien für barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raumes der Stadt Graz. 23
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 24 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 7. Radverkehr 7. Radverkehr Der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehrsaufkommen in Wien schwankt in den letzten Jahren zwischen 3 und 4,5 %. Verkehrszählungen zeigen aber, dass sich das Fahrrad vom reinen Freizeit- und Sportgerät hin zum Verkehrsmittel für den Alltag entwickelt hat. Besonders im dicht bebauten Stadtgebiet erweist es sich bei Wegen bis 5 km als Alternative zu den motorisierten Verkehrsmitteln. Abb. 6: Jahresganglinien des Radverkehrs an der Dauerzählstelle Burgring Juni 2002 bis Juni 2003 Mit diesem steigenden Verkehrsaufkommen hat aber auch die Anzahl der Unfälle mit Personen- schaden, an denen RadfahrerInnen beteiligt sind, zugenommen. Durch den verstärkten und immer besser auf die Verkehrssicherheit ausgelegten Ausbau von Radverkehrswegen konnte diesem Trend zwar Einhalt geboten werden, jetzt ist jedoch wieder ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen. Wenn unter diesen Umständen der Radverkehrsanteil auf 8 % aller Wege der WienerInnen gesteigert werden soll, dann müssen generell fahrradfreundliche Bedingungen geschaffen werden. Das Radverkehrsnetz der Zukunft, welches durch das so genannte Netzlückenschluss-Programm komplettiert werden soll, fällt durch qualitativ hochwertigen Bestand und einheitliche Ausbau- standards auf. Standards, zu denen auch eine markante Beschilderung zählt. Damit den unter- schiedlichen Anforderungen der RadfahrerInnen Rechnung getragen werden kann, soll die Benützungspflicht von Radwegen in der StVO aufgehoben werden. 24
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 25 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 7. Radverkehr Die flächige Erschließung des Radverkehrs soll nach dem Mischprinzip erfolgen (siehe Kapitel Straßennetz – Tempo-30-Zonen). Die Verbesserung der Querungsmöglichkeiten in Fußgängerzonen und bei Hauptverkehrsstraßen sowie das Öffnen der Einbahnen für den Radverkehr – Radfahren gegen die Einbahn soll Regelfall werden – sollen die Bedingungen für das Radfahren zusätzlich unterstützen. Sichere und bequeme Fahrradabstellplätze gehören ebenfalls ins Programm, weshalb sie bei der Errichtung bzw. im Umbau von Gebäuden gesetzlich verankert werden und die Schaffung von Abstellanlagen im dicht bebauten Gebiet bzw. bei älterer Bausubstanzen durch innovative Pilotprojekte gefördert. An den Stationen des öffentlichen Verkehrs vor allem in den Außen- bezirken sollen überdachte und auch gesicherte „Bike & Ride“ Anlagen, errichtet werden. Für den weiteren Ausbau des Radwegenetzes sind bis zum Jahr 2008 rund 30 Mio. Euro budgetiert. Für die Errichtung von Fahrradabstellplätzen sollen auch Mittel aus der Parkometer- abgabe herangezogen werden können. Abb. 7: Hauptradverkehrsnetz Legende Hauptradverkehrsnetz Bestand Radverkehrsnetz bestehende Parallelrouten Radverkehrsnetz zu schließende Lücken Ergänzende Verbindungen 25
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 26 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 8. Öffentlicher Verkehr 8. Öffentlicher Verkehr Die Attraktivität des Öffentlichen Verkehrs (ÖV) ist unterschiedlich zu bewerten, im dicht bebauten Stadtgebiet mit der Vorrangstellung des ÖV und entlang der U-Bahn-Achsen wird das Angebot laufend attraktiver. Die Fahrgastzahlen steigen, der Anteil des Öffentlichen Verkehrs nimmt zu. Im Pendlerverkehr zwischen Wien und dem Umland dagegen stagnieren Angebot und Nachfrage. Nur 35 % der „Arbeitswege“, die die Stadtgrenze queren, werden in öffent- lichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Die heutigen Anforderungen erfordern eine optimale Vernetzung der Verkehrsmittel, der Aktivi- täten einzelner Verkehrsträger sowie der einzelnen Angebote zu einer hohen Bedienungsqualität in der gesamten Stadtregion. Im europäischen Kontext soll Wien in seiner Funktion als TEN-Knoten weiterentwickelt werden. Im Zusammenspiel mit den Streckenausbauten soll Wien ein attraktiver Durchgangs- und Umsteigeknoten im Personenverkehr (Fernverkehr, Öffentlicher Personennahverkehr) und ein intermodaler Güterverkehrsknoten mit der Voraussetzung des Aufbaus eines Logistik- Clusters werden. Im Bereich des Südostbahnhofs soll ein Durchgangsbahnhof für den Fern- verkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr (Bahnhof Wien – Europa Mitte) errichtet und mit der zu modernisierenden U1-Station Südtiroler Platz attraktiv verbunden werden. Für internationale Busverbindungen ist ein zentraler Busbahnhof erforderlich. Der Westbahnhof, als Fern- und Nahverkehrsknoten unverzichtbar, soll im Zuge der Bahnhofsoffensive attraktiver gestaltet werden. Hinsichtlich der Frequenz soll das Angebot zu den regionalen Zentren der Landeshauptstädte und im Fernverkehr zu den EU-Beitrittsstaaten deutlich verbessert werden. Abb. 8: Aufwertung des Westbahnhofes 26
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 27 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 8. Öffentlicher Verkehr Im Regionalverkehr wird bis Ende 2003 das S-Bahnkonzept von 1998 überarbeitet mit dem Ziel, den Anteil des Öffentlichen Verkehrs im regionalen Pendlerverkehr deutlich zu erhöhen. Neben infrastrukturellen und betrieblichen Erfordernissen sollen auch qualitative Maßnahmen, wie z. B. ein neues S-Bahn-Fahrzeug und die Ausgestaltung der S-Bahnstationen entsprechend dem Standard der Wiener U-Bahnstationen, festgelegt werden. Für die kleinräumige und flächenhafte Erschließung ist ein attraktives Regionalbusangebot erforderlich, wobei die Erreichbarkeit der Endstellen dieser Regionalbusse – an den zukünftigen Endstellen des öffent- lichen Verkehrsnetzes in Wien – durch die Einrichtung von Regionalbuskorridoren unterstützt werden soll. Die U-Bahn ist das mit Abstand beliebteste und – bei der Fahrgastentwicklung – erfolgreichste innerstädtische Verkehrsmittel. Wenn die U-Bahnverlängerungen der dritten Ausbauphase (U1 Nord, U2 Aspern) 2009 in Betrieb gehen, umfasst das Wiener U-Bahn-Netz rund 75 km und rund 100 Stationen. Bei den Linienverlängerungen und Netzerweiterungen haben jene Strecken- abschnitte Priorität, die ein ausreichendes Potenzial zur weiteren Stadtentwicklung erkennen lassen oder wesentlich zur Modal-Split-Verbesserung, vor allem der Nicht-WienerInnen beitragen. Das sind: ❙ U1-Süd in den Raum Rothneusiedl, ❙ U2-Nord in Richtung Flugfeld Aspern, ❙ U2-Verlängerung vom Karlsplatz über die Aspanggründe zum Arsenal und zum Frachtenbahnhof Südost, ❙ U6-Nord nach Stammersdorf/Rendezvousberg. Im Süden soll die Badner-Bahn nördlich von Wr. Neudorf im Mischbetrieb, in die Streckenführung der U6 eingebunden werden, eine Entflechtung ist bei der Tscherttegasse vorgesehen. Zur Steigerung des Wegeanteils im öffentlichen Verkehr muss das vorhandene U-Bahnnetz mit einem weiteren attraktiven, flächenerschließenden öffentlichen Verkehrsmittel kombiniert werden, dessen Angebot sowohl in betrieblicher als auch infrastruktureller Hinsicht den Bedürf- nissen der Fahrgäste entspricht. Vorrang muss für Straßenbahnen und Busse auf der gesamten Linienlänge erfolgen, besonders aber in jenen Stadtgebieten, die nicht durch hochrangige öffentliche Verkehrsmittel (S-Bahn, U-Bahn) erschlossen werden. Eigene Gleiskörper bzw. Busspuren, beeinflussbare Verkehrslichtsignalanlagen und die schrittweise Umsetzung des rechnergestützten Betriebsleit- systems sollen zu einer Erhöhung der Reisegeschwindigkeit führen. Die attraktive Gestaltung der Haltestellen (Beleuchtung, Witterungsschutz, Sitzgelegenheit und Information) sowie der 27
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 28 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 8. Öffentlicher Verkehr Einsatz zeitgemäßer Betriebsmittel (ULF) sollen den Fahrgastkomfort unterstützen. Vor allem in den Hauptverkehrszeiten sollen die Intervalle nachfrageorientiert ausreichend dicht gestaltet werden. Abb. 9: Vierte ÖV-Ausbauphase Besonders wichtig für mobilitätseingeschränkte Personen sind mehr Informationen, wie recht- zeitige Zugansagen, dazu mehr Komfort sowohl im Wartebereich als auch bei den unmittel- baren Zugangsmöglichkeiten zu den öffentlichen Verkehrsmittel. Netz- und Erschließungsmängel sollen durch folgende Linienverlängerungen beseitigt werden: ❙ Linie 16: Floridsdorf – Zentrum Kagran – Stadlau – Eßling/Groß Enzersdorf ❙ Linie 26: Strebersdorf – Floridsdorf – Kagraner Platz – Hirschstetten – Aspern (U2) 28
Masterplan_Deutsche_Kurzf.2 06.11.2003 9:47 Uhr Seite 29 MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 8. Öffentlicher Verkehr ❙ Linie 27: Großjedlersdorf – Siemensstraße – Kagran ❙ Linie O: Verlängerung durch das Nordbahnhofgelände zum Friedrich-Engels-Platz ❙ Linie 65: Verlängerung über die Wienerbergstraße zum Bahnhof Meidling ❙ Linie 67/O: Erschließung „Monte Laa“ ❙ Linie 6: Verlängerung nach Schwechat Halt nur bei Haltestellen: Vorrang für den öffentlichen Oberflächenverkehr Foto: Wiener Linien, Ludwig In Gebieten und Zeiten mit schwacher Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln soll der Einsatz von Rufbussen, Anruf-Sammeltaxis und Taxis weiter ausgebaut werden. 29
MASTERPLAN VERKEHR WIEN 2003 9. Motorisierter Individualverkehr 9. Motorisierter Individualverkehr Die Verkehrsentwicklung in Wien war in den letzten Jahrzehnten vom Anwachsen des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) geprägt. Ein attraktiver Öffentlicher Verkehr, insbesonde- re der U-Bahnbau und die Parkraumbewirtschaftung, haben die Zunahme des Motorisierten Individualverkehrs abgeschwächt, vor allem in den dicht bebauten zentralen Teilen der Stadt. Innerhalb des Gürtels haben die Querschnittsbelastungen zum Teil sogar abgenommen. Der Verkehr auf den Stadtautobahnen und in den äußeren Bereichen der Stadt steigt aber weiter- hin an. Die Südosttangente (A23) ist mit über 210.000 Kfz/24 h die stärkst belastete Straße in Wien und entsprechend anfällig für Staus. Aber auch andere Strecken und Knoten im Wiener Straßennetz haben Kapazitätsengpässe, auf denen es in den Hauptverkehrszeiten zu Staus kommt. Die Entwicklung des hochrangigen Straßennetzes muss auf der Grundlage klarer Kriterien und als Teil von integrierten Gesamtpaketen erfolgen. Die Reihung der Projekte nach Bauphasen (siehe Anhang) erfolgte nach der Verbesserung der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandortes Wien, einer Verkehrsentlastung von Siedlungs- und Erholungsgebieten, der Gestaltung sensibler städtischer Räume, der Neuerschließung von Siedlungsgebieten, dem Beitrag zur erwünschten Siedlungsentwicklung und zur gewollten Modal-Split-Änderung. Abb. 10: Straßenbauprogramm – aktualisierte Fassung auf Basis des STEP-Beschlusses 2005 des Wiener Gemeinderates vom 24. 5. 2005 Legende Legende ASFINAG-Netz S1 Hauptstraße B ASFINAG-Netz Hauptstraße B Ausbau/Neubau Ausbau/Neubau B 232 A 22 S B 229 1 S2 B3 2 S B 3d 3 B2 A2 27 B1 23 24 B2 A A 22 B 14 B1 B 221 B S1 22 8 B A 23 22 5 B 14 a B 12 13 B S1 S1 Bittner/Export/7MPV Straßenbauprogramm0 Bittner/Export/7MPV_Straßenbauprogramm04-2005 30
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