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Maturitätsarbeit Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen Auswirkungen auf Produktionsressourcen und mögliche Lösungsansätze Autor: Andrej Elia Haller Betreuung: Martin Büssenschütt
Abstract Die Emissionen und Verschmutzung durch die steigende Produktion und den hohen Konsum von Fleisch haben einen evidenten Einfluss auf die Umwelt. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Ursachen und Wirkungen der Fleischproduktion und dessen Konsum. Hauptsächlich werden Treibhausgasemissionen, Landnutzungsänderungen und die Futtermittelproduktion als Wirkung betrachtet. Als Ziel wird die These des Fleischverzichtes und andere Lösungsansätze nach ihrer Signifikanz für die Reduktion der Emissionen analysiert.
1 EINLEITUNG .............................................................................................................................................. I 1.1 ZIEL DER ARBEIT ...........................................................................................................................................I 1.2 FRAGESTELLUNG ...........................................................................................................................................I 2 WIE FUNKTIONIERT DIE FLEISCHPRODUKTION UND WIE HAT SIE SICH ENTWICKELT ............................... II 2.1 VERÄNDERUNG DER ERNÄHRUNGSGEWOHNHEITEN ............................................................................................ II 2.1.1 Entwicklung des Fleischkonsums (Früher vs. Heute) .......................................................................... ii 2.1.2 Entwicklung der Fleischproduktion (früher vs. heute) ....................................................................... iv 2.1.3 Ursachen für den Anstieg an Fleischkonsum und Produktion ............................................................ v 3 KONSEQUENZEN DER FLEISCHPRODUKTION ........................................................................................... IX 3.1 KLIMAWANDEL IM ÜBERBLICK ....................................................................................................................... IX 3.1.1 Angaben zum Klimawandel ............................................................................................................... ix 3.1.2 Zahlen zum Klimawandel .................................................................................................................. ix 3.2 TREIBHAUSGASEFFEKT ................................................................................................................................. XI 3.2.1 Überblick Treibhausgaseffekt ............................................................................................................ xi 3.2.2 Überblick der Emission des Landwirtschaftssektors ......................................................................... xii 3.2.3 CO2 Emission durch den Tierproduktionssektor............................................................................... xiii 3.2.4 Methanemission (CH4) durch den Tierproduktionssektor................................................................. xv 3.2.5 N2O Emission durch den Tierproduktionssektor .............................................................................. xvi 3.2.6 Zukunft der Emission von Treibhausgasen ..................................................................................... xvii 3.3 DIE RESSOURCE LAND ..............................................................................................................................XVIII 3.3.1 Landflächenverteilung ................................................................................................................... xviii 3.3.2 Landnutzung durch Tierproduktion ................................................................................................. xix 3.3.3 Opportunitätskosten der Landnutzung durch die Tierproduktion ................................................... xix 3.3.4 Degradierung der Landflächen ......................................................................................................... xx 3.4 DIE RESSOURCE WALD .............................................................................................................................. XXI 3.4.1 Die Wichtigkeit des Waldes ............................................................................................................. xxi 3.4.2 Globale und regionale Zahlen zur Waldrodung ............................................................................... xxi 3.4.3 Schlüsselfaktor bei der Entwaldung ............................................................................................... xxii 3.5 DIE RESSOURCE WASSER .......................................................................................................................... XXIII 3.5.1 Überblick des Wasserverbrauches in der Landwirtschaft .............................................................. xxiii 3.5.2 Einflüsse auf die Wasserqualität ................................................................................................... xxiv 4 LÖSUNGSANSÄTZE ZUR REDUKTION DER AUSWIRKUNGEN, WELCHE DIE FLEISCHPRODUKTION AUF DIE UMWELT HAT ...............................................................................................................................................XXV 4.1 DIE SORGEN VON MORGEN ....................................................................................................................... XXV 4.2 MÖGLICHE MASSNAHME AUF DER PRODUKTIONSEBENE .................................................................................XXVI 4.2.1 Höhere Besteuerung von Fleisch ................................................................................................... xxvi 4.2.2 Verschärfung der Haltungsbedingungen....................................................................................... xxvi
4.2.3 Einheimischer Leguminosenanbau statt Sojaimporte ................................................................... xxvi 4.2.4 Mundschutz für das Vieh .............................................................................................................. xxvii 4.3 MÖGLICHE MASSNAHMEN AUF DER KONSUMEBENE ...................................................................................... XXIX 4.3.1 Fleischverzicht ............................................................................................................................... xxix 5 KONKLUSION ..................................................................................................................................... XXXII
Maturitätsarbeit i Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 1 Einleitung 1.1 Ziel der Arbeit Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Ernährungswende. Mit Hilfe von Fachliteratur und deren Daten, wird der Einfluss der Tierproduktion auf die Umwelt analysiert. Ein allgemeiner Überblick zur Tierproduktion und den Konsum von Fleisch wird im Kapitel zwei geschaffen. In Kapitel drei werden die Hauptauswirkungen der Tierproduktion analysiert. Dazu gehören die Treibhausgasemissionen, die Landnutzungsänderungen, die Waldrodung und der Wasserverbrauch. Im letzten Kapitel werden Lösungsansätze für die Minimierung der Auswirkungen der Tierproduktion analysiert und bewertet. 1.2 Fragestellung • Was ist Tierproduktion und wie sieht diese heutzutage aus? • Was sind die Ursachen für den steigenden Fleischkonsum? • Wie sehen die Auswirkungen der Fleischproduktion auf die Umwelt aus? • Gibt es Lösungsansätze für eine nachhaltige Tierproduktion?
Maturitätsarbeit ii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 2 Wie funktioniert die Fleischproduktion und wie hat sie sich entwickelt 2.1 Veränderung der Ernährungsgewohnheiten 2.1.1 Entwicklung des Fleischkonsums (Früher vs. Heute) Der Fleischkonsum hat sich vom Anfang des 19. Jhdts. bis heute drastisch verändert. Zu Beginn 19. Jhdts. lag der durchschnittliche Fleischkonsum von einer Person im Jahr bei 10 kg [Steinfeld et al., 2006a]. In den letzten 200 Jahren fand ein immenser Anstieg des Fleischkonsum statt. Im Jahr 1980 lag der durchschnittliche Konsum von Fleisch auf der Welt bei 30 kg/Person/a, welcher bis ins Jahr 2005 auf 41.2 kg/Person/a anstieg (vgl. Tab. 1) [FAO, 2009b]. Es ist essentiell, dass man den Konsum zwischen Industrie- und Entwicklungsländern klar unterscheidet, um diesen zu interpretieren. Im Jahr 1980 lag der durchschnittliche Konsum von Fleischerzeugnissen, in einem Industrieland, bei 76,3 kg/Person/a, was der 10fachen Menge des Konsums in Entwicklungsländern entsprach. Im Jahr 2005 konsumierte eine Person in einem Industrieland durchschnittlich nur noch viermal so viel Fleisch wie in einem Entwicklungsland (vgl. Tab. 1) [FAO, 2009b]. Ein augenscheinliches Beispiel für den rasanten Anstieg des Fleischkonsum, vor allem en Geflügel- und Schweinefleisch, in Schwellenländern, ist China. Der durchschnittliche Konsum von Fleisch eines Chinesen lag im Jahr 1980 bei 13,7 kg/a; bis ins Jahr 2005 hat er sich vervierfacht (vgl. Tab. 1) [FAO, 2009b]. Region/Land Fleisch (kg/Person/a) 1980 2005 Industrieländer 76.3 82.1 Entwicklungsländer 14.1 30.9 China 13.7 59.5 Brazil 41 80.8 India 3.7 5.1 sub-Sahara/Afrika 14.4 13.3 Welt 30.0 41.2 Tabelle 1: Der durchschnittliche Jahreskonsum von Fleisch pro Person in kg nach Regionen und ausgesuchten Ländern über eine Zeitspanne von 25 Jahren (Quelle nach: [FAO, 2009b])
Maturitätsarbeit iii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Jedoch muss China kritisch analysiert werden. Es liegt zwar mit 31% Anteil am gesamten weltweiten Fleischkonsum an der Spitze, jedoch ist das auf den hohen Anteil an der Welt- bevölkerung (1,4 Mrd. Menschen ca. 20% der Weltpopulation) zurückzuführen.
Maturitätsarbeit iv Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 2.1.2 Entwicklung der Fleischproduktion (früher vs. heute) Auch die Fleischproduktion hat sich um signifikante Zahlen gesteigert. Nicht nur in Industrieländern, sondern vor allem auch in Entwicklungsländern sind die Zahlen der Fleischproduktion stark angestiegen. Die jährliche Wachstumsrate der Fleischproduktion widerspiegelt dies sehr deutlich. In den Industrieländern betrug die Wachstumsrate vom Jahr 1995 bis 2007 nur 0.9%; hingegen haben die Entwicklungsländer ein Fleischproduktionswachstum von 4.2% pro Jahr erfahren [FAO, 2009b]. «Zwischen 1980 und 2004 verdoppelte sich die Produktion an Wiederkäuern während sich die Produktion an Nichtwiederkäuern, also Hühner und Schweine, vervierfachte» [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Derzeit kann 70% der Fleischproduktion (des Schlachtgewinns), auf Nichtwiederkäuer zurückgeführt werden. Die tieferen Preise für Futtermittel, die geringere Haltungsdauer und die maschinelle Verarbeitung von Schweinen und Hühnern, führen zu diesem immensen Wachstums- unterschied der Produktion. [BOUWMAN et al., 2006; GALLOWAY et al., 2007; NAYLOR et al., 2005]. Region/Land Fleisch (Mio. t.) (Jährliche Wachstumsrate) 1995 2007 1995-2007 Industrieländer 99.6 110.3 0.9 % Entwicklungsländer 107.3 175.5 4.2 % China 46.1 88.7 5.6 % Brazil 12.8 20 3.8 % India 4.6 6.3 2.6 % sub-Sahara/Afrika 7.1 9.3 2.2 % Welt 206.9 285.7 2.7 % Tabelle 2: Die Fleischproduktion in Mio. t. und die jeweilige jährliche Wachstumsrate über eine Zeitspanne von 12 Jahren (Quelle nach [FAO, 2009b]) Solch wachsender Konsum und die daraus resultierende Produktion von Fleisch führt zu verstärkten Importen an Futtermitteln [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. China war beispielsweise bis zum Jahr 1993 der Hauptexporteur von Soja. Jedoch muss China heute, wegen der stetig wachsenden Population von Nichtwiederkäuern, wie auch Wiederkäuern, Futtermittel zusätzlich importieren [McMICHAEL et al., 2007; NEPSTAD et al., 2008]. Durch die grossen Mengen an Futtermittelimporten wird China von solchen auch abhängig. [GOODLAND und PIMENTEL, 2000].
Maturitätsarbeit v Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Die Entwicklung des Fleischkonsum in Industrieländern flacht ab, jedoch reduziert sich die globale Produktion und der Konsum nicht sehr stark. Die Entwicklung der letzten Jahre, scheint eher auf einen weiteren Anstieg des Fleischkonsum und der Produktion zu deuten [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b; Aiking et al. 2006]. 2.1.3 Ursachen für den Anstieg an Fleischkonsum und Produktion Wirtschaftliches Wachstum Wie sich der Mensch ernährt ist stark von seinem Einkommen und den Produktpreisen abhängig. Mit einem höheren Einkommen tendiert der Mensch zu einer kalorienreichen Ernährung. Da Fleischprodukte in der Regel sehr kalorienreich sind, resultiert ein höheres Einkommen, in einem Anstieg des Fleischkonsums [LOTZE-CAMPEN et al.] Dies widerspiegelt auch der vorgängig erwähnte Anstieg an Fleischkonsum in Industrienationen, gegenüber Entwicklungsländern [SMIL, 2001]. Das Bruttoinlandprodukt pro Kopf ist vorwiegend in OECD Ländern hoch, doch mit einer jährlichen Wachstumsrate (von 1960-2017) des BIP pro Kopf von 8.3% steht China symbolisch für ein rasante Hochkonjunktur [WIKIPEDIA, Liste der Länder nach historischer Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf, 2020; Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Die Zahlen des jährlichen (1960-2017) Wachstums des BIP pro Kopf, sprechen für sich. Die Vereinigten Staaten haben eine jährliche Wachstumsrate von 5.4%, wo hingegen China 2.9 Prozentpunkte mehr. BIP BIP BIP BIP BIP BIP BIP BIP (Jährliche pro pro pro pro pro pro pro pro Wachstumsrate Kopf Kopf Kopf Kopf Kopf Kopf Kopf Kopf %) Region/Land ($) ($) ($) ($) ($) ($) ($) ($) 1960 1970 1980 1990 2000 2005 2010 2017 1960-2017 Schweiz 1'787 4'684 18'785 38'589 37'947 54'969 74'571 80'591 6.9 USA 3'007 5'247 12'576 23'913 36'433 44'218 48'310 59'501 5.4 China 90 113 305 318 959 1'753 4'561 8'643 8.3 Deutschland … 2750 11'070 20'174 24'009 35'240 42'642 44'550 6.1* Indien 81 111 276 385 463 749 1'430 1'983 5.8 Brasilien 210 444 1'483 3'241 3'778 4'816 11'298 9'895 7 Tabelle 3: Bruttoinlandprodukt pro Person und seine Jährliche Wachstumsrate in % über eine Zeitspanne von 57 Jahren (Quelle nach [Wikipedia BIP pro Kopf, 2020])
Maturitätsarbeit vi Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Eine Synthese der Tabelle 1 und der Tabelle 2 zeigt eine Korrelation zwischen wirtschaftlichem Wachstum und dem daraus resultierenden Anstieg an Fleischkonsum. Dominierend ist das Wachstum des Fleischkonsums in den Entwicklungsnation, welche einen starken jährlichen Anstieg des Bruttoinlandprodukts pro Kopf erfahren. Jedoch muss dies mit Vorsicht betrachtet werden, denn China hat beispielsweise mit 1.3 Mia. Einwohner (2018) ca. 150-mal so viele Bürger wie die Schweiz. Aber Chinas wirtschaftlicher Output d.h ihr Bruttoinlandprodukt ist nur 18-mal so gross wie das der Schweiz. Daraus resultiert ein höheres BIP pro Kopf, vorwiegend in OECD Ländern [WIKIPEDIA, 2020]. Bruttoinlandprodukt pro Kopf $90’000.00 $80’000.00 $70’000.00 $60’000.00 $50’000.00 $40’000.00 $30’000.00 $20’000.00 $10’000.00 $0.00 1960 1970 1980 1990 2000 2005 2010 2017 Schweiz USA China Deutschland Indien Brasilien Abbildung 1: Grafik des Bruttoinlandproduktes pro Kopf in ausgewählten Regionen oder Ländern über eine Zeitspanne von 57 Jahren (Quelle nach [Wikipedia BIP pro Kopf, 2020]) Im Endeffekt weist das hohe BIP pro Kopf in Industrienationen auf eine sehr wohlhabende Gesellschaft, welche sich den Luxus des Fleischkonsums leisten kann. Jedoch stagniert der Konsum von Fleisch in Industrienationen und ein Wachstum ist nur durch das Bevölkerungswachstum möglich [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Dies wird im nächsten Unterkapitel analysiert.
Maturitätsarbeit vii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Bevölkerungswachstum Der signifikante Anstieg an der Weltbevölkerung, widerspiegelt sich in den Zahlen der letzten 70 Jahre. Noch im Jahr 1950 lag die Weltpopulation, laut der Vereinten Nationen, bei 2.5 Mrd. Menschen. In nur 50 Jahren stieg sie auf 6.1 Mrd. an [United Nations Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019]. Dies entspricht einer Wachstumsrate von 142 %. Heute beträgt die Weltpopulation 7.8 Mrd. Bevölkerungswachstum der letzten 60 Jahren 9 000 000 Anzahl der Bevölkerung (in 1000) 8 000 000 7 000 000 6 000 000 5 000 000 4 000 000 3 000 000 2 000 000 1 000 000 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 Welt Industrienationen Entwicklungsländer Abbildung 2: Grafik des Bevölkerungswachstums der letzten 70 Jahren in tsd. , in verschiedenen Regionen (Quelle nach [United Nations Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019]) Um Prognosen zu machen hat die UN drei verschiedene Szenarien kreiert. Eine niedrige, eine mittlere und eine hohe Variante. «Die Methoden berücksichtigen die Erfahrungen der einzelnen Länder in der Vergangenheit, spiegeln aber auch die Unsicherheit über künftige Veränderungen auf der Grundlage der Erfahrungen anderer Länder unter ähnlichen Bedingungen wider [Population UN, 2019].» Die Hochrechnung der niedrigen Variante besagt, dass die Weltbevölkerung bis ins Jahr 2100 auf 7.3 Mrd. sinkt. Die Prognose der hohen Methode zeigt eine Gesamtbevölkerung von 15.6 mio. Menschen [United Nations Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019]. Da diese zwei Prognosen diametral zueinanderstehen und die tiefere Variante eine, zur Vergangenheit gegenläufige Zukunft voraussagt, wird nur die ausgeglichene mittlere Variante berücksichtigt. Sie sollte einen generellen Durchschnittswert widerspiegeln.
Maturitätsarbeit viii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Mittlerebevölkerungswachstums Prognose 11000000 10000000 Anzahl der Bevölkerung (in 1000) 9000000 8000000 7000000 6000000 5000000 4000000 3000000 2000000 1000000 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100 Welt Industrienationen Entwicklungsländer Abbildung 3: Mittlere Bevölkerungswachstumsprognose verschiedener Regionen in tsd. (Quelle nach [United Nations Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019]) Die mittlere Projektion beschreibt einen Zuwachs von 3.08 Mrd. Menschen über die nächsten 100 Jahre. Um dies zu analysieren, muss der Anteil des Bevölkerungswachstums nach Regionen angeschaut werden. Denn der Anstieg ist je nach Region stark unterschiedlich. Die Abbildung 3 veranschaulicht das rückläufige Bevölkerungswachstum in Industrienationen deutlich, ebenso wird auch der anfangs immens starke und ab dem Jahr 2080 stagnierende Zuwachs der Bevölkerung in Entwicklungsländern abgebildet. Die daraus resultierende Konsequenz ist ein in nächster Zukunft ebenso starker Anstieg des Lebensmittelkonsum, vor allem in Entwicklungsländern. Laut Prognosen wird der Fleischkonsum zwischen 1997 und 2050 bis zu 90% steigen. Laut ROSENGRAT und CLINE [2003] werden Entwicklungsländer, mit rund 85% den grössten Anteil am Wachstum des Fleischkonsums haben [ROSENGRAT und CLINE, 2003]. Auf ähnliche Prognosen deutet STEINFELD et al. [2006a], sie prognostizieren eine Verdoppelung des Fleischkonsums bis ins Jahr 2050 [STEINFELD et al., 2006a]. Die Zunahme des Fleischkonsums und der Produktion, das Wirtschaftswachstum und die wachsende Weltbevölkerung, bringen auch Konsequenzen und Risiken mit sich. Hauptsächlich sind dies ökologische und soziale Konsequenzen. Im nächsten Kapitel werden diese thematisiert.
Maturitätsarbeit ix Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3 Konsequenzen der Fleischproduktion 3.1 Klimawandel im Überblick 3.1.1 Angaben zum Klimawandel «Ein Bericht des Pentagons legt nahe, dass der Klimawandel ein grösseres Risiko für die Welt darstellen könnte als Terrorismus, und zu katastrophalen Dürren, Hungersnöten und Aufständen führen könnte» [Tierproduktion und Klimawandel, Seite 52, 2011b]. Nicht nur das Pentagon beschreibt den Klimawandel als eine dringende Angelegenheit, ebenso versucht die Politik mit u.a dem Übereinkommen von Paris, klare Ziele für den Klimaschutz zu implementieren. Jedoch ist die Frage nicht mehr ob der Mensch den Klimawandel verursacht hat, sondern wie wir ihn minimieren können [LATIF, 2009]. 3.1.2 Zahlen zum Klimawandel Abbildung 4: Jährliche weltweite Temperaturabweichung von 1890 bis 2010, gemessen von verschiedensten Institutionen (Quelle nach [Earthobservatory NASA, 2020]) In den letzten 100 Jahren hat die Temperaturabweichung einen starken Anstieg erfahren. Im Jahr 1950 lag sie noch bei -0.20 °C, bis ins Jahr 2010 ist sie fast 1 °C gestiegen. Laut IPCC [2007] sind zwischen 1995-2006 die elf wärmsten Jahre, seit der Temperaturaufzeichnung (1850), gemessen worden [IPCC, 2007]. Die Hitzewelle in Europa vom Jahr 2003 beschreibt die Intensität des Klimawandels passend, denn sie brachte 75'000 Todesopfer mit sich und einen volkswirtschaftlichen Schaden von über 13 Milliarden US-Dollar [Wikipedia Hitzewelle in Europa 2003, 2020]. Die Höchsttemperatur, die in Alentejo Portugal, gemessen wurde, betrug 47.5 °C. Eine Prognose des letzten Weltklimaratsberichtes besagt, dass die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1.8-4 °C zunehmen wird [IPCC, 2007].
Maturitätsarbeit x Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Gemäss der NASA beträgt die Temperaturabweichung im Jahr 2020 +0.99 °C [climate nasa global temperature, 2020]. Ein Ziel des Pariser Abkommens besagt, dass die Erderwärmung, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter (1720 bis 1800) auf 2 °C zu begrenzen sei. Jedoch sind wir schon heute bei fast einem Grad Celsius. Ebenso ist der Meeresspiegel in den letzten 100 Jahren um 0.2 m gestiegen [RAHMSSTORF, 2006a]. Der Grund dafür sind die grossen Eisflächen der Arktis und Antarktis, welche fortlaufend schmelzen. Bezüglich IPCC [2007], könnte die Arktis gegen Ende des 21. Jahrhunderts im Sommer eisfrei sein [IPCC, 2007]. Ungewissheit bringt auch die nicht Linearität des Klimasystems. Denn es besteht die Möglichkeit eines überraschenden Effektes im Falle, dass ein bestimmter Schwellenwert überschritten würde [LATIF, 2009]. Solche Kipppunkte werden auch «tipping points» genannt. Beispiele dafür sind u.a das Versagen der atlantischen thermohalinen Zirkulation1 und das Waldsterben [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Eine weitere Auswirkung des Klimawandels auf die Umwelt, ist die Versauerung2 der Ozeane, welche eine starke Gefährdung für das Meeresökosystem und dessen Bewohner darstellt. 1«Die thermohaline Zirkulation, umgangssprachlich auch globales Förderband, ist ein ozeanografischer Terminus für eine Kombination von Meeresströmungen, die vier der fünf Ozeane miteinander verbinden und sich dabei zu einem Kreislauf globalen Ausmaßes vereinen. Der Antrieb für diesen umfangreichen Massen- und Wärmeaustausch ist thermohaliner Natur. Das bedeutet: Er wird durch Temperatur- und Salzkonzentrationsunterschiede innerhalb der Weltmeere hervorgerufen, welche beide für die unterschiedliche Dichte des Wassers verantwortlich sind. Verursacht wird der Temperaturunterschied wiederum durch die Breitengradabhängigkeit der Sonneneinstrahlung [lexas Ozeane Meeresströmungen thermohaline Zirkulation, 2020].» 2 «Als Versauerung der Meere wird die Abnahme des pH-Wertes des Meerwassers bezeichnet. Verursacht wird sie durch die Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Erdatmosphäre. Der Vorgang zählt neben der globalen Erwärmung zu den Hauptfolgen der menschlichen Emissionen von Kohlenstoffdioxid [Wikipedia Versauerung der Meere, 2020].»
Maturitätsarbeit xi Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.2 Treibhausgaseffekt 3.2.1 Überblick Treibhausgaseffekt Spurengas Anthropogene Derzeitige (und Konzentrationsanstieg Anteil am Treibhauspotential Herkunft vorindustrielle) pro Jahr anthropogenen pro Teilchen CO2 = Konzentration Treibhauseffekt 1 (seit 1750) Verbrennung fossiler Energie; Waldrodung Kohlendioxid CO2 ca. 384 ppm 1.5 ppm 60% 1 und Bodenerosion; Holzverbrennung Reisanbau; Viehhaltung; Erdgaslecks; Methan CH4 Verbrennung von ca. 1774 ppb (-5 bis +5 ppb) 15% ca. 25 Biomasse; Mülldeponien; Nutzung fossiler Energien Wird indirekt gebildet ca. 0.02 ppb durch fotochemische (
Maturitätsarbeit xii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Die signifikantesten Zahle weisen CO2, CH4, und N2O auf. Jedenfalls überschreiten die Konzentrationen dieser drei Gase bei weitem die natürlichen Vorkommnisse. Die natürlichen Vorkommnisse werden, wegen ihrer Irrelevanz, in dieser Arbeit ignoriert. 3.2.2 Überblick der Emission des Landwirtschaftssektors Der landwirtschaftliche Sektor hatte im Jahr 2009 einen Anteil von 34% an den weltweiten Treibhausgasemissionen [Fiala, 2009]. Wie schon erwähnt sind die Hauptquellen der THG- Emissionen in der Landwirtschaft, CO2 durch die Umwandlung von Flächen zur Landwirtschaftlichen Nutzung, N2O aus Böden und CH4 aus der Verdauung der Tiere [BELLARBY et al., 2008]. Globaler Treibhausgas Anteil in % 3% 4% Landgebrauch 10% Tierproduktion 18% 7% Landwirtschaft Gewinnung fossiler Energie Energieproduktion 14% 12% Verkehr Industrie Wohnbereich 12% Beseitigung und Behandlung von 20% Abfall Abbildung 5: Die Aufteilung der gesamten THG nach Sektor (Quelle nach [FIALA, 2009]) Ca. 46% der Treibhaugasemissionen aus dem Landwirtschaftssektor kommt von der Tierproduktion. Die Emissionen des Tierproduktionssektors setzt sich aus fünf Untersektoren zusammen: Der Verarbeitung und der Transport, die Futtermittelproduktion, die mikrobielle Verdauung der Wiederkäuer, Düngemittel und der Entwaldung/ Desertifikation (vgl. Kapitel 3.3).
Maturitätsarbeit xiii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Konkret sind das direkte Emissionen, die durch das Tier und seinen Dung verursacht werden und indirekte, wie die Herstellung und der Gebrauch von Düngemitteln, die veränderte Landnutzung, inklusive Entwaldung, den Verlust von CO2 aus Weideböden und der Einsatz von fossilen Brennstoffen in der Futtermittelproduktion, der Tierhaltung, der Verarbeitung und des Transports [McMICHAEL et al., 2007; BELLARBY et al., 2008]. In absoluten Zahlen produziert der Tierproduktionssektor ca. 7.1 Gt CO2-Äq4, davon entfällt das Meiste auf die Entwaldung und Desertifikation mit einem Anteil von 2.5 Gt CO2-Äq. Die Produktion und Anwendung von Düngemittel, die mikrobielle Verdauung, die Futtermittelproduktion und die Verarbeitung respektive der Transport, haben einen Anteil von 2.2, 1.9, 0.4, 0.03 CO2-Äq an den Emissionen des Tierproduktionssektors. 3.2.3 CO2 Emission durch den Tierproduktionssektor. Der Gesamtanteil des Tierproduktionssektors an den weltweiten CO2-Emissionen berechnet sich auf 9% [STEINFELD et al., 2006]. Der Grossteil dieser Emissionen kommt aus der Landnutzungsänderung, ein Beispiel dafür ist das Roden eines Waldes für Weide- oder Ackerfläche. Speziell betroffen sind Länder, welche einen hohen Anteil an Tropenwäldern aufweisen. Zum Beispiel hat Brasiliens Entwaldung einen Anteil von 5% an den globalen THG [FEARNSIDE, 2005]. Laut SOARES-FILOH wird bis ins Jahr 2050 40% des jetzigen Amazonasgebietes verschwunden sein, schon heute ist 20% des ursprüngliche Amazonasgebietes verschwunden [WWF, 2020]. Die Abholzung der Wälder setzt eine grosse Menge an CO2 frei. Durch das Abbrennen von Wäldern wird zusätzlich CO2 und N2O durch die Verbrennungsreaktion frei. Es werden nicht nur Treibhausgase freigesetzt. Ein ebenso relevanter Einfluss hat die Entwaldung auf den potentiellen CO2-Speicher der Wälder. «Wälder stellen eine beträchtliche CO2-Senke dar, wohingegen Ackerböden im Bezug auf den C Gehalt, abgesehen von Wüsten und Halbwüsten, die geringsten Werte von allen Biomen aufweisen [BELLARBY et al., 2008].» 4 «CO₂-Äquivalente (CO₂e) sind eine Masseinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase. Neben dem wichtigsten von Menschen verursachten Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) gibt es weitere Treibhausgase wie beispielsweise Methan oder Lachgas [Myclimate, 2020].
Maturitätsarbeit xiv Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Der CO2 Ausstoss von Wiederkäuern ist beinahe irrelevant, er wird zwar durch die Respiration freigesetzt, aber die Tatsache, dass Pflanzen durch die Photosynthese CO2 der Atmosphäre entziehen und dies dem Wert der Respiration entspricht, gleicht sie den Ausstoss und die Aufnahme aus [FAO, 2009b; STEINFELD et al., 1998].
Maturitätsarbeit xv Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Abbildung 6: Weltkarte für Gebiete, in welchen Waldrodung betrieben wird und ihre jeweilige Intensität (Quelle nach [Maplecroft, 2020]). 3.2.4 Methanemission (CH4) durch den Tierproduktionssektor Die Methanemission des Tierproduktionssektors macht einen Anteil von 35% der globalen Treibhausgase aus [STEINFELD et al., 2006]. Da das emittieren von CH4 25mal klimawirksamer ist als CO2 (vgl. Tabelle 4), gehört es zu den schädlichsten Treibhausgasen der Landwirtschaft. «Methan entsteht, wenn Wiederkäuer ihr Futter verdauen. Spezialisierte Einzeller, sogenannte methanogene Archaeen bilden dann im Pansen, dem größten der vier Vormägen, das Treibhausgas, das sich anschließend in einer Gasblase sammelt. In die Atmosphäre gelangt das Methan schließlich durch einen Prozess, den Fachleute „Eruktieren“ nennen. Oder umgangssprachlich: Die Wiederkäuer rülpsen es aus. Eine einzelne Kuh kann beispielsweise mehr als 300 Liter Methan am Tag ausstoßen [Moderne Landwirtschaft, 2020].» Laut BELLARBY und der FAO (food and agriculture organisation) beziehen sich 60-80% der Methan-Emission in der Landwirtschaft auf genau oben beschriebenen Vorgang. In US- Feedlots-Systemen5 emittiert ein einzelnes Rind 50Kg/CH4/a [US-ENVIRONMENTAL PROTECTION AGENCY (US-EPA), 2020]. Weltweit wird die Anzahl der Wiederkäuer auf 3,4 Mrd. geschätzt. 5«Ein Feedlot oder Feedyard ist ein Fressplatz, der dazu ausgelegt ist, Schlachtvieh, hauptsächlich Rinder, zu füttern und zu mästen (Quelle nach [Wikipedia Feedlot, 2020]).»
Maturitätsarbeit xvi Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Dazu kommt die Lagerung und Ausbringung von Jauche, Dazu kommt die Lagerung und Ausbringung von Jauche, welche aber eher einen kleinen Anteil am CH4 Ausstoss hat. Abbildung 7: Luftaufnahme eines amerikanischen Fressplatzes (Quelle nach [Wyatt Bechtel]) 3.2.5 N2O Emission durch den Tierproduktionssektor Der Tierhaltungssektor produziert 65% der globalen anthropogenen N2O-Emissionen [STEINFELD et al., 2006a]. Durch den Gebrauch von Stickstoffdünger und Gülle entsteht die Mehrheit der N2O-Emission. Die Klimabelastung des N2O ist 298mal so stark wie die von CO2 [LATIF, 2009]. Da die Pflanzen nicht den ganzen Stickstoff aufnehmen können, gerät er in das Grundwasser und durch direkte Emission in Form von N2O in die Atmosphäre. Ca 35% der anthropogenen Distickoxidemissionen (N2O) führen auf den Stickstoffdünger zurück [SMIL, 2001]. Ebenso schädlich ist N2O für das stratosphärische Ozon, welches in etwa 12 bis 50 Kilometer Höhe die schädlichen UV-Strahlen filtert [UHEREK, 2006]. Die absolute Zahl der N2O-Emission kann nur geschätzt werden. 10-15 Mio. t Stickstoff wird durch den synthetischen N-Dünger und 30 Mio. t durch die Tierhaltung emittiert [SMIL, 2001].
Maturitätsarbeit xvii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.2.6 Zukunft der Emission von Treibhausgasen Der Anstieg der THG-Emissionen ist mit dem steigenden Fleischkonsum eine logische Konsequenz. Konkret wird die Umwandlung von Waldflächen zu Grasflächen einen Anstieg an CO2 Emissionen mit sich bringen. Ebenso wird die Rinderhaltung ansteigen und somit die Methan- und Stickstoffemission. Laut dem Artikel “Cool Farming: Climate Impacts of Agriculture and Mitigation Potential” wird die N2O-Emission bis ins Jahr 2030 um 30-60% steigen [FAO, 2002]. Wenn die CH4-Emissionen in direktem Verhältnis zum Anstieg des Viehbestandes wachsen, dann wird im Zeitraum zwischen 1990 bis 2030 die globale viehbestandsbezogene Methanproduktion voraussichtlich um 60% zunehmen [FAO, 2002]. Mit einem Anstieg von 95% im Zeitraum von 1990 bis 2020 hat der Nahe Osten und Afrika den höchsten Emissionszuwachs [US-EPA, 2006a]. Auch Ostasien wird einen starken Zuwachs erfahren, vor allem aus tierischen Quellen. Zum Beispiel hat die Tierproduktion in China, mit 5% pro Jahr die grösste jährliche Wachstumsrate von 1995-2007 (vgl. Tabelle 2). Für Lateinamerika und die Karibik ist die Hauptquelle der Treibhausgasemission der Export. Ebenso gravierend sind die Landnutzungsänderungen der Waldböden, wie zum Beispiel des Amazonagebietes in Brasilien. Dies führt zu erhöhte CO2- und N2O-Emissionen. In Mittel- und Osteuropa ist der wachsende Wohlstand eine Treibende Kraft, welche ein THG Wachstum von 15-40% mit sich bringt. Die einzigen Länder, die eine stetige Entwicklung oder einen Rückgang der Treibhausgasemissionen durch die Landwirtschaft erfahren, sind OECD- Länder in Nordamerika, Westeuropa und dem Pazifik. Gefördert wird dies durch Umweltpolitik und klimaspezifische Abkommen, welche den Klimafussabdruck lindern sollten [IPCC, 2007].
Maturitätsarbeit xviii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.3 Die Ressource Land 3.3.1 Landflächenverteilung Ca 14.9 Mrd. ha, 29,3% der Erdoberfläche, ist von der Landmasse bedeckt. Davon werden 33% 5 Mrd. ha für die Landwirtschaft gebraucht. Unnutzbares, sowie bebautes oder unfruchtbares Land, hat einen Anteil von 32% an der Landmasse. Die Landnutzung der Landwirtschaft kann in zwei Unterkategorien aufgeteilt werden. Weideland, 69% (3,4 Mrd. ha) und Ackerland 28% (1,4 Mrd. ha). Die Dauerkulturen machen nur 3% der landwirtschaftlichen Fläche aus [FAOSTAT, 2010]. Im Jahr 2010 gehörten die USA, Brasilien, China und Australien zu den Ländern mit den grössten landwirtschaftlich genutzten Flächen. Mit rund 1/2 Mia. ha führt China diese Liste an. Gesamtfläche eines Landes und seine landwirtschaftlich genutzte Fläche Argentinien 256.0 Australien 128.0 Gesamtfläche in Mio. km2 Brasilien 64.0 China 32.0 Indien 16.0 Kasachstan 8.0 Mexiko 4.0 Mongolei Russland 2.0 Saudi Arabien 1.0 0 1 2 3 4 5 6 Sudan landwirtschaftlich genutzte Fläche in Mio. km2 USA Abbildung 8: Gesamtfläche eines Landes und seine landwirtschaftlich genutzte Fläche im Vergleich (Quelle nach [Unstats UN, 2010]) Wie der Abbildung 8 entnommen werden kann, benutzt Kasachstan fast 80-90% seiner Fläche für Landwirtschaft. Dies mag extrem scheinen. Jedoch hat Kasachstan im Vergleich zu China eher eine mittlere Grösse (flächenmässig), dazu kommt die noch primitive Technik der Landwirtschaft, welche grosses Modernisierungspotential hat. Die USA nutz ca. 45% und China ca. 50% seiner Fläche für die Landwirtschaft (siehe Abbildung 8).
Maturitätsarbeit xix Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.3.2 Landnutzung durch Tierproduktion Der Anteil an den anthropogenen Treibhausgasen aus der Landnutzung, kommt grösstenteils von der Tierproduktion. Der Tierproduktionssektor nutzt 80% der globalen landwirtschaftlich genutzten Landoberfläche [STEINFELD et al., 2006a]. Damit sind nicht nur Weideflächen gemeint, sondern auch Ackerland, welches für die Futtermittelproduktion benutzt wird. Der Gebrauch von Getreide als Futtermittel hat den Anteil an Ackerland für die Tierproduktion auf einen Drittel des gesamten Ackerlandes gesteigert. Durch das Bevölkerungswachstum wurden höhere Ernteerträge essentiell. Dies wurde mit der Landexpansion und dem Einsatz von synthetischen N-Düngern erzielt. Zwischen dem Jahr 2000-2010 wuchsen die landwirtschaftlichen Flächen um 10% [BELLARBY et al., 2008]. Würde man auf den Einsatz von N-Dünger verzichten, bräuchte Amerika doppelt so viel Fläche für den landwirtschaftlichen Gebrauch [SMIL, 2001]. 3.3.3 Opportunitätskosten der Landnutzung durch die Tierproduktion Der Gebrauch von Land für Acker- oder Weidefläche versperrt die Fläche für anderweitige Nutzung, wie zum Beispiel Naherholung, Ästhetik oder Biodiversität. GERBER et al sagt: «In Zukunft wird die Landwirtschaft weiterhin, wahrscheinlich verstärkt um Land wie auch Wasser mit anderen ökonomischen Aktivitäten wie der urbanen Entwicklung, der Industrie, der Waldwirtschaft, dem Energiesektor und dem Fischproduktionssektor konkurrieren müssen [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b].» Doch nicht zu vergessen ist die Biodiversität, welche durch all die oben genannten Punkte direkt betroffen ist. Wie in Kapitel 3.2.3 erwähnt, ist die Biodiversität, vor allem die Instandhaltung unserer natürlichen Wälder immens wichtig für die CO2 Aufnahme der Bäume. Der Futtermittelanbau und der Lebensmittelanbau stehen in starker Konkurrenz um Land und andere Ressourcen. Um die Intensität zu widerspiegeln, wird der Flächenbedarf von verschiedenen Produkten pro verzehrfähiger Energie angeschaut.
Maturitätsarbeit xx Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Tierische Lebensmittel Pflanzliche Lebensmittel Flächenbedarf Flächenbedarf (m2/1.000kcal) (m2/1.000kcal) Rindfleisch 31.2 Ölfrüchte 3.2 Hühnerfleisch 9 Obst 2.3 Schweinefleisch 7.3 Gemüse 2.2 Tabelle 5: Flächenbedarf von verschiedenen Lebensmitteln pro verzehrfähige Energie des Produkts (m2/1'000 kcal) (Quelle nach [Peters et al., 2007]) Die Studie Peters et al. analysierte den Flächenbedarf von Lebensmitteln im Bundestaat New York. Laut Peters brauchen 1’000kcal von tierischen Lebensmitteln deutlich mehr Platz als von pflanzlichen Lebensmitteln. 3.3.4 Degradierung der Landflächen Die Landdegradierung ist kein selten fallender Begriff, wenn es um die Landnutzung der Tierproduktion geht. 20-25% der globalen Landmasse sind schon durch die Weidehaltung zu einem gewissen Grad degradiert6 [UN, 2004]. Zu den Degradierungstypen gehören, Bodenerosion durch Wind und Wasser, chemische Degradierung (z. B. Nährstoffverluste und Versauerung) und physikalische Degradierung. Die Degradierungsart variiert je nach Region. In Afrika kommt mehrheitlich die physikalische Degradierung vor, hingegen in europäischen Industrienationen eher chemische Degradierung durch den Einsatz von Stickstoffdünger. In Afrika sind schon 2,4 Mio. km2 durch die Weidehaltung degradiert worden. Ähnliche Züge zeigt Asien, wo ca. 2 Mio. km2 degradiert wurden. Das Hauptproblem ist, dass immer mehr Böden nicht für die Versorgung der einheimischen Bevölkerung, sondern für den Export in Industrieländer genutzt werden [BARONI et al., 2006]. Weltweit sind 60% der Weideflächen von Erosionserscheinungen bedroht [PIMENTEL et al., 2003]. 6Als Bodendegradation bezeichnet man die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen des Bodens bis hin zu deren völligem Verlust. Sie kann sowohl ein natürlicher Prozess sein, beispielsweise ausgelöst durch Klimaveränderung, als auch vom Menschen durch beispielsweise Bewirtschaftung des Bodens ohne Kompensation der Stoffentnahme [Wikipedia Bodendegradation, 2020].
Maturitätsarbeit xxi Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.4 Die Ressource Wald 3.4.1 Die Wichtigkeit des Waldes Als Wald wird eine Ansammlung von Pflanzen und Bäumen gesehen, welche zusammen das grösste Ökosystem der Erde bilden. Wälder haben drei spezifische Bedeutungen für das Klimasystem. Wie in Kapitel 3.2.3 schon erwähnt wurde, sind sie zuständig für den CO2 Austausch zwischen den terrestrischen Ökosystemen und der Atmosphäre. Ebenso beeinflussen sie die Reflexion des Sonnenlichtes (Albedo) und sie dienen dem Wasserkreislauf der Atmosphäre [Wiki Bildungsserver, 2020]. Abbildung 9: Unterschied der Albedo bei Waldbedeckung und Ackerfläche (Quelle nach [Dieter Kasang]) Der modelarische Vergleich in Abbildung 9, zeigt den Einfluss auf das Klima, welche Waldsysteme haben. Im Vergleich fliesst das Wasser auf Ackerland direkt in den Boden und durch die hohe Albedo reflektiert der Ackerboden das Sonnenlicht viel stärker als der Wald. Die in der rechten Abbildung genannten Aspekte sind somit essentiell für das Instandhalten jenster Kreisläufe u. a der Photosynthese, des Wasserkreislaufes und der Strahlungsbilanz. 3.4.2 Globale und regionale Zahlen zur Waldrodung Laut WWF waren im Jahr 2008 ein Drittel der Landmasse der Erde mit Wald bedeckt. Vor 10'000 Jahren waren es noch doppelt so viel [WWF Waldflächen Daten und Fakten, 2008]. Heute werden noch ca. 4.06 Mia. ha von Waldflächen bedeckt. Diese Zahl hat von 1990 bis 2020 um ca. 200 Mio. ha. abgenommen.
Maturitätsarbeit xxii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Ein Bericht von FAO besagt jedoch, dass die allgemeine Waldrodung abgenommen hat. Die jährliche Abholzungsrate sank von 12 Mio. ha zwischen 2010-2015 auf 10 Mio. ha zwischen 2015-2020 [UN News, 2020]. Wiederum trug die Abholzung im Amazonasgebiet fast 50% zur globalen Entwaldungsrate her. Es ist evident, dass in Brasilien die meisten Tropenwälder abgeholzt werden, es sind durchschnittlich 19'000 km2/a, was einer Treibhausgasfreisetzung von rund 0.7 Gt/a entspricht [NEPSTAD et al., 2009]. WWF beschreibt die Waldrodung in Nordkorea als verheerend. In den letzten 25 Jahren wurden 40% des Waldbestandes eingebüsst. Genauso gespenstisch beschreibt die Waldrodung Kim Choony, ein 45-jähriger Umweltaktivist, bei einem Interview mit dem Spiegel, über die Abholzung bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Südkorea; Er sagte: «Wir haben geweint, als wir dort ankamen. Im August begann eine private Firma im Auftrag der Provinzregierung Gangwon mit der Waldrodung für die Abfahrtsstrecke. Inzwischen sind 70 Prozent der Arbeiten abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass am Ende 58 000 Bäume gefällt werden. Es ist ein Massaker mit der Kettensäge, und alles nur, um ein paar Tage Skirennen auszutragen [die Spiegel, 2018].» Um diesem Trend der Waldrodung Gegensteuer zu geben, engagieren sich die EU, Japan, Ostasien, Südkorea und vor allem China an Wiederaufforstungsprojekten. Als Beispiel kam es in China zu einer Verdopplung der Waldgebiete [ZHAO et al., 2006]. 3.4.3 Schlüsselfaktor bei der Entwaldung Hauptverantwortlich für die starke Entwaldung ist die Expansion der Tierproduktion. Vom Jahr 1990 bis 2006 hat sich die Rinderzahl im Amazonasgebiet verdoppelt und die Ackerflächen für den Futtermittelanbau vervierfacht [BELLARBY et al., 2008]. 70% des gerodeten Amazonasgebietes werden für die Viehhaltung und die anderen 30% für den Futtermittelanbau genutzt. Die stärkste Expansion erfährt die Sojabohnenproduktion. Laut der IPAD von der USDA stellte die brasilianische Sojaproduktion im Jahr 2019/20 ein Rekord von 160 Mio. Tonnen her und erstreckte sich über eine Fläche von 36.9 Mio. ha [IPAD FAS USDA, 2020].
Maturitätsarbeit xxiii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Da der Sojaanbau sehr lukrativ ist, verdrängt er kleinere Unternehmen von bestehenden Flächen, diese müssen dann wiederum neues Land akquirieren, wodurch oftmals die Abholzung des Regenwaldes, die einzige Lösung ist. Dies kreiert indirekt einen Anreiz für die Holzgewinnung [NEPSTAD et al., 2006; GARNETT, 2009]. 3.5 Die Ressource Wasser 3.5.1 Überblick des Wasserverbrauches in der Landwirtschaft Der Wasserbedarf der Landwirtschaft hat in den letzten 50 Jahren drastisch zugenommen. 70% des Frischwassers aus Flüssen, Seen und dem Grundwasser wird durch die Landwirtschaft gebraucht [IWMI, 2007]. Eine erwachsene Person verbraucht im Durchschnitt 122 L Wasser pro Tag, hingegen ist der Bedarf an Wasser bei der Nahrungsmittelproduktion deutlich höher. Ein in Deutschland erzeugtes Rindfleisch, bei intensiver Haltung, braucht ca. 5.991 Liter pro Kilogramm Fleisch [Wikipedia virtuelles Wasser, 2020]. Der Hauptanteil dieses immensen Wasserverbrauchs bei der Fleischproduktion geht auf die Futtermittelproduktion zurück. Wie im vorherigen Kapitel erwähnt sind Sojabohnen ein beliebtes Futtermittel. 1kg Sojabohnen benötigt 1’800 Liter Wasser. Somit belaufen sich die Bewässerungskosten für eine Tonne Sojabohnen, wenn die Wasserkosten bei 0.15$ pro m2 liegen, auf 270$. Durch die tiefen Kosten des Wassers, gibt es fast keinen Anreiz um die Effizienz des Wassergebrauches zu steigern. Abbildung 10: Bewässerungsanlage im Sonnenuntergang (Quelle nach [plasticare, 2020])
Maturitätsarbeit xxiv Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 3.5.2 Einflüsse auf die Wasserqualität Das Wasser wird nicht nur knapp, sondern auch seine Qualität leidet unter der intensiven Landwirtschaft, die heutzutage betrieben wird. Der Tierhaltesektor ist eine der grössten Verschmutzungsquellen des Wassers. Zu den Verschmutzern gehören: «Tierabfälle, Antibiotika und Hormone, Chemikalien aus Gerbereien, synthetische Düngemittel und Pestizide für die Futtermittelproduktion und Sedimente von erodierten Weideflächen.» 79% des Stickstoffes und 73% des Phosphors gelangen durch die Ausscheidung des Tieres in den Boden. Dies bewirkt einen Nährstoffüberschuss, durch den wiederum die Oberflächen- und Grundwasserqualität stark leidet [STEINFELD et al., 2006a]. Ein weiterer negativer Einfluss auf die Wasserqualität sind die Nitrateinträge, die durch den Gebrauch von N-Düngern produziert werden. Durch die Bewässerung gelangen die Nitrate in das Grundwasser und verschmutzen unsere Wasserwege [SMIL, 2001]. Laut SMIL können hohe Nitratkonzentrationen ein Gesundheitsrisiko mit sich bringen. Denn nach der bakteriellen Umwandlung zu Nitrit im Körper des Babys kann es zu Methämoglobinämie7 (Blausucht) führen [SMIL, 2001]. Pharmazeutische Antibiotika werden 20% für therapeutische Zwecke und 80% für Wachstumspromotion benutzt. Auch diese gelangen in unser Trinkwasser und können eine Antibiotika Resistenz bilden [WISE et al, 1998]. Jedoch ist dieses Problem in Europa durch ein Verbot geregelt. Hauptgebrauch findet Antibiotika in Mastkulturen der USA [AKHTAR et al., 2009]. Eher ein kleines Ausmass hat die Schwermetallverabreichung an die Nutztiere. Jedoch sind sie nicht zu unterschätzen, da das Tier nur einen kleinen Prozentsatz des verabreichten Schwermetalls verdauen kann [Tierproduktion und Klimawandel, 2011]. 7 «Unter Methämoglobinämie versteht man in der Medizin eine erhöhte Konzentration von Methämoglobin (Met-Hb) im Blut. Das in den roten Blutkörperchen vorhandene Hämoglobin, das dem Sauerstofftransport dient, wird dabei in das funktionsunfähige Methämoglobin umgewandelt (oxidiert, siehe Methämoglobin) und steht damit nicht mehr für den Sauerstofftransport zur Verfügung [Wikipedia Methämoglobinämie, 2020].»
Maturitätsarbeit xxv Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 4 Lösungsansätze zur Reduktion der Auswirkungen, welche die Fleischproduktion auf die Umwelt hat 4.1 Die Sorgen von Morgen Sofern sich die Produktion oder der Verbrauch von Tieren nicht wesentlich reduziert, werden sich Klima und Umwelt wie folgt verändern: 1. Die gewaltige Nachfrage an Fleisch wird weiterhin den Produktionsprozess konzentrieren und industrialisieren, wodurch auch mehr pharmazeutische Stoffe für das Aufrechterhalten der Fleischproduktion verwendet werden müssen. Diese können dann vermehrt Bodendegradierung, wie auch Verschmutzung der Gewässer mit sich bringen [BOUWMAN et al, 2006; GALLOWAY et al, 2007]. 2. Für die steigende Futtermittelproduktion muss neues Ackerland akquiriert werden, vor allem Wälder und Naturlandschaften leiden darunter. Dies ist auch direkt mit dem CO2 in der Atmosphäre verbunden, welches durch die Wälder minimiert werden soll [SMITH et al., 2007]. Betroffen ist vor allem Lateinamerika. 3. Der N2O Anteil an den anthropogenen Treibhausgasemission der Landwirtschaft ist jetzt schon signifikant und wird durch den steigenden Futtermittelbedarf, für den N- Dünger für einen höheren Produktionsoutput benutzt wird, steigen. Dies führt auch zu Nitrateinträgen in Böden und Gewässer, was gesundheitsschädlich für den Menschen sein kann. 4. Durch die wachsenden Rinderbestände wird auch die Methanemission ein Wachstum erfahren. Doch nicht nur die Methanemission ist zu berücksichtigen, denn alle durch den Tierproduktionssektor emittierten Treibhausgase führen zu einer Erwärmung der Erdoberfläche. Jedoch würde das Einsparen von CH4-Emissionen einen schnellen Effekt haben, weil Methan im Durchschnitt eine Verweildauer von 11 Jahren hat vgl. Tabelle 4.
Maturitätsarbeit xxvi Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller 4.2 Mögliche Massnahme auf der Produktionsebene 4.2.1 Höhere Besteuerung von Fleisch Eine schon oft gefallene Option wäre die höhere Besteuerung von Fleisch. Dies sollte dann in eine bessere Tierhaltung, kürzere Transporte und das Allgemeinwohl der Tiere einfliessen. Was wiederum eine signifikante Reduktion der Treibhausgase, vor allem aus den Emissionen der fossilen Brennstoffe mit sich bringen könnte. Es sollte eine Kostenwahrheit generiert werden und somit der Kunde direkt für den Schaden aufkommen. Laut einer Studie der Universität Göteborg, liegt das Einsparpotential bei ca. 32 Mio. t CO2-Äq., bei einer Besteuerung von 60 €/t CO2. Dies würde wahrscheinlich auch einen Anreiz für wesentlich kosten günstigere pflanzliche Produkte schaffen [WIRSENIUS et al., 2010]. Jedoch ist diese Umsetzung dieser Besteuerung um einiges schwieriger als die Theorie. 4.2.2 Verschärfung der Haltungsbedingungen Wie auch in Kapitel 3.2.4 erwähnt, sind Haltungsbedingungen meist sehr prekär. Laut dem deutschen Gesetz muss ein Mastschwein mindestens einen Quadratmeter Lebensraum haben. Ein durchschnittliches Mastschwein hat eine Grösse von 2 Metern Länge auf 1.1 Meter Höhe [Tierportraet, 2020]. Dies entspricht ca. einem Volumen von 2 m2. Es ist evident, dass diese Rechnung nicht ganz aufgeht. Eine Verschärfung dieser Haltungsbedingungen würde sich für das wohl der Tiere und gegen die Massenproduktion aussprechen. Durch dies könnten die Treibhausgasemissionen, die durch die Massentierhaltung entstehen, reduziert werden. Doch die verschärften Haltungsbedingungen müssten global implementiert werden, um eine signifikante Wirkung zu habe. Dies würde jedoch immense Ressourcen für Überwachung beanspruchen würde, was am Rande der Unmöglichkeit liegt [NZZ, 2019]. 4.2.3 Einheimischer Leguminosenanbau statt Sojaimporte In Kapitel 4.4 wurde die intensive Futtermittelproduktion, vor allem auch von Sojabohnen, präsentiert. In Brasilien ist der Export der Sojabohnen ein lukrativer Markt. Alleine im Jahr 2019/20 wurden 160 Mio. Tonnen Soja in Brasilien produziert. Viele dieser Sojabohnen gelangen auch nach Europa und werden als Futtermittel den Nutztieren verfüttert.
Maturitätsarbeit xxvii Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? Andrej Haller Doch laut der Agrar Forschung Schweiz kann dieser Klimafootprint der importierten Sojabohnen vermieden werden. Ackerbohnen, Proteinerbsen und Lupinen, in Europa einheimische Gewächse, werden als ähnlich effizient wie die Sojabohne eingestuft, denn sie haben ähnliche Näherwerte und Rohproteingehalte wie die Sojapflanze [Bracher Körnerleguminosen als alternative Proteinquellen, 2019]. 4.2.4 Mundschutz für das Vieh Die Respiration der Kühe emittiert den Hauptanteil an den Methanemissionen des Tierproduktionssektors. Um dies zu minimieren, haben Francisco Norris und Patricio Norris ein Startup im Vereinigten Königreich gegründet, das sich dieser Thematik widmet. Das Team von ZELP8 hat einen Apparat entwickelt, der in Echtzeit das Methan misst, erfasst und oxidiert. Zusätzlich misst es noch Daten wie zum Beispiel: «den Geo-Standort und mögliche Krankheiten». Momentan ist die Apparatur noch in der Betatestphase, aber laut eigenen Aussagen erzielen sie eine Methanreduktionseffizienz von 53%. Also könnte man mit Hilfe dieser Technik den Methanausstoss einer Kuh um 53% reduzieren [Zelp, 2020]. 8«Zelp Ltd. ist die Abkürzung für Zero Emissions Livestock Project, ein in Großbritannien ansässiges Start-up-Unternehmen, das ein tragbares Gerät für Kühe entwickelt, dass ihre Methanemissionen um bis zu 53% reduzieren kann [Bloomberg, 2020].»
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