Maturitätsarbeit Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? - Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen Auswirkungen auf ...

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Maturitätsarbeit Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? - Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen Auswirkungen auf ...
Maturitätsarbeit

Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?
Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen

Auswirkungen auf Produktionsressourcen und mögliche

Lösungsansätze

Autor: Andrej Elia Haller

Betreuung: Martin Büssenschütt
Maturitätsarbeit Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? - Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen Auswirkungen auf ...
Titelillustration Quelle nach Contxto ©
Maturitätsarbeit Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen? - Eine Analyse über den Fleischkonsum, seine negativen Auswirkungen auf ...
Abstract
Die Emissionen und Verschmutzung durch die steigende Produktion und den hohen

Konsum von Fleisch haben einen evidenten Einfluss auf die Umwelt.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Ursachen und Wirkungen der Fleischproduktion

und dessen Konsum. Hauptsächlich werden Treibhausgasemissionen,

Landnutzungsänderungen und die Futtermittelproduktion als Wirkung betrachtet.

Als Ziel wird die These des Fleischverzichtes und andere Lösungsansätze nach ihrer

Signifikanz für die Reduktion der Emissionen analysiert.
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1      EINLEITUNG .............................................................................................................................................. I

    1.1        ZIEL DER ARBEIT ...........................................................................................................................................I
    1.2        FRAGESTELLUNG ...........................................................................................................................................I

2      WIE FUNKTIONIERT DIE FLEISCHPRODUKTION UND WIE HAT SIE SICH ENTWICKELT ............................... II

    2.1        VERÄNDERUNG DER ERNÄHRUNGSGEWOHNHEITEN ............................................................................................ II
       2.1.1       Entwicklung des Fleischkonsums (Früher vs. Heute) .......................................................................... ii
       2.1.2       Entwicklung der Fleischproduktion (früher vs. heute) ....................................................................... iv
       2.1.3       Ursachen für den Anstieg an Fleischkonsum und Produktion ............................................................ v

3      KONSEQUENZEN DER FLEISCHPRODUKTION ........................................................................................... IX

    3.1        KLIMAWANDEL IM ÜBERBLICK ....................................................................................................................... IX
       3.1.1       Angaben zum Klimawandel ............................................................................................................... ix
       3.1.2       Zahlen zum Klimawandel .................................................................................................................. ix
    3.2        TREIBHAUSGASEFFEKT ................................................................................................................................. XI
       3.2.1       Überblick Treibhausgaseffekt ............................................................................................................ xi
       3.2.2       Überblick der Emission des Landwirtschaftssektors ......................................................................... xii
       3.2.3       CO2 Emission durch den Tierproduktionssektor............................................................................... xiii
       3.2.4       Methanemission (CH4) durch den Tierproduktionssektor................................................................. xv
       3.2.5       N2O Emission durch den Tierproduktionssektor .............................................................................. xvi
       3.2.6       Zukunft der Emission von Treibhausgasen ..................................................................................... xvii
    3.3        DIE RESSOURCE LAND ..............................................................................................................................XVIII
       3.3.1       Landflächenverteilung ................................................................................................................... xviii
       3.3.2       Landnutzung durch Tierproduktion ................................................................................................. xix
       3.3.3       Opportunitätskosten der Landnutzung durch die Tierproduktion ................................................... xix
       3.3.4       Degradierung der Landflächen ......................................................................................................... xx
    3.4        DIE RESSOURCE WALD .............................................................................................................................. XXI
       3.4.1       Die Wichtigkeit des Waldes ............................................................................................................. xxi
       3.4.2       Globale und regionale Zahlen zur Waldrodung ............................................................................... xxi
       3.4.3       Schlüsselfaktor bei der Entwaldung ............................................................................................... xxii
    3.5        DIE RESSOURCE WASSER .......................................................................................................................... XXIII
       3.5.1       Überblick des Wasserverbrauches in der Landwirtschaft .............................................................. xxiii
       3.5.2       Einflüsse auf die Wasserqualität ................................................................................................... xxiv

4      LÖSUNGSANSÄTZE ZUR REDUKTION DER AUSWIRKUNGEN, WELCHE DIE FLEISCHPRODUKTION AUF DIE
UMWELT HAT ...............................................................................................................................................XXV

    4.1        DIE SORGEN VON MORGEN ....................................................................................................................... XXV
    4.2        MÖGLICHE MASSNAHME AUF DER PRODUKTIONSEBENE .................................................................................XXVI
       4.2.1       Höhere Besteuerung von Fleisch ................................................................................................... xxvi
       4.2.2       Verschärfung der Haltungsbedingungen....................................................................................... xxvi
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4.2.3      Einheimischer Leguminosenanbau statt Sojaimporte ................................................................... xxvi
      4.2.4      Mundschutz für das Vieh .............................................................................................................. xxvii
    4.3       MÖGLICHE MASSNAHMEN AUF DER KONSUMEBENE ...................................................................................... XXIX
      4.3.1      Fleischverzicht ............................................................................................................................... xxix

5     KONKLUSION ..................................................................................................................................... XXXII
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                           Andrej Haller

1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Ernährungswende. Mit Hilfe von

Fachliteratur und deren Daten, wird der Einfluss der Tierproduktion auf die Umwelt

analysiert. Ein allgemeiner Überblick zur Tierproduktion und den Konsum von Fleisch wird

im Kapitel zwei geschaffen. In Kapitel drei werden die Hauptauswirkungen der

Tierproduktion     analysiert.   Dazu     gehören   die    Treibhausgasemissionen,   die

Landnutzungsänderungen, die Waldrodung und der Wasserverbrauch. Im letzten Kapitel

werden Lösungsansätze für die Minimierung der Auswirkungen der Tierproduktion

analysiert und bewertet.

1.2 Fragestellung
•      Was ist Tierproduktion und wie sieht diese heutzutage aus?

•      Was sind die Ursachen für den steigenden Fleischkonsum?

•      Wie sehen die Auswirkungen der Fleischproduktion auf die Umwelt aus?

•      Gibt es Lösungsansätze für eine nachhaltige Tierproduktion?
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                    Andrej Haller

2 Wie funktioniert die Fleischproduktion und wie hat sie sich

     entwickelt
2.1 Veränderung der Ernährungsgewohnheiten

2.1.1 Entwicklung des Fleischkonsums (Früher vs. Heute)

Der Fleischkonsum hat sich vom Anfang des 19. Jhdts. bis heute drastisch verändert. Zu

Beginn 19. Jhdts. lag der durchschnittliche Fleischkonsum von einer Person im Jahr bei 10 kg

[Steinfeld et al., 2006a]. In den letzten 200 Jahren fand ein immenser Anstieg des

Fleischkonsum statt. Im Jahr 1980 lag der durchschnittliche Konsum von Fleisch auf der Welt

bei 30 kg/Person/a, welcher bis ins Jahr 2005 auf 41.2 kg/Person/a anstieg (vgl. Tab. 1) [FAO,

2009b]. Es ist essentiell, dass man den Konsum zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

klar unterscheidet, um diesen zu interpretieren. Im Jahr 1980 lag der durchschnittliche

Konsum von Fleischerzeugnissen, in einem Industrieland, bei 76,3 kg/Person/a, was der

10fachen Menge des Konsums in Entwicklungsländern entsprach. Im Jahr 2005 konsumierte

eine Person in einem Industrieland durchschnittlich nur noch viermal so viel Fleisch wie in

einem Entwicklungsland (vgl. Tab. 1) [FAO, 2009b].

Ein augenscheinliches Beispiel für den rasanten Anstieg des Fleischkonsum, vor allem en

Geflügel- und Schweinefleisch, in Schwellenländern, ist China. Der durchschnittliche Konsum

von Fleisch eines Chinesen lag im Jahr 1980 bei 13,7 kg/a; bis ins Jahr 2005 hat er sich

vervierfacht (vgl. Tab. 1) [FAO, 2009b].

 Region/Land                           Fleisch (kg/Person/a)
                                      1980              2005
 Industrieländer                       76.3                    82.1
 Entwicklungsländer                    14.1                    30.9
 China                                 13.7                    59.5
 Brazil                                 41                     80.8
 India                                 3.7                      5.1
 sub-Sahara/Afrika                     14.4                    13.3
 Welt                                  30.0                    41.2
Tabelle 1: Der durchschnittliche Jahreskonsum von Fleisch pro Person in kg nach Regionen und ausgesuchten Ländern über
eine Zeitspanne von 25 Jahren (Quelle nach: [FAO, 2009b])
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                          Andrej Haller
Jedoch muss China kritisch analysiert werden. Es liegt zwar mit 31% Anteil am gesamten

weltweiten Fleischkonsum an der Spitze, jedoch ist das auf den hohen Anteil an der Welt-

bevölkerung (1,4 Mrd. Menschen ca. 20% der Weltpopulation) zurückzuführen.
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2.1.2 Entwicklung der Fleischproduktion (früher vs. heute)

Auch die Fleischproduktion hat sich um signifikante Zahlen gesteigert. Nicht nur in

Industrieländern, sondern vor allem auch in Entwicklungsländern sind die Zahlen der

Fleischproduktion stark angestiegen. Die jährliche Wachstumsrate der Fleischproduktion

widerspiegelt dies sehr deutlich.

In den Industrieländern betrug die Wachstumsrate vom Jahr 1995 bis 2007 nur 0.9%; hingegen

haben die Entwicklungsländer ein Fleischproduktionswachstum von 4.2% pro Jahr erfahren

[FAO, 2009b].

«Zwischen 1980 und 2004 verdoppelte sich die Produktion an Wiederkäuern während sich die

Produktion        an    Nichtwiederkäuern,            also    Hühner        und      Schweine,       vervierfachte»

[Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Derzeit kann 70% der Fleischproduktion (des

Schlachtgewinns), auf Nichtwiederkäuer zurückgeführt werden.

Die tieferen Preise für Futtermittel, die geringere Haltungsdauer und die maschinelle

Verarbeitung von Schweinen und Hühnern, führen zu diesem immensen Wachstums-

unterschied der Produktion. [BOUWMAN et al., 2006; GALLOWAY et al., 2007; NAYLOR et

al., 2005].

 Region/Land                                   Fleisch (Mio. t.)                       (Jährliche Wachstumsrate)
                                       1995                        2007                        1995-2007
 Industrieländer                       99.6                        110.3                          0.9 %
 Entwicklungsländer                    107.3                       175.5                          4.2 %
 China                                 46.1                        88.7                           5.6 %
 Brazil                                12.8                         20                            3.8 %
 India                                  4.6                         6.3                           2.6 %
 sub-Sahara/Afrika                      7.1                         9.3                           2.2 %
 Welt                                  206.9                       285.7                          2.7 %
Tabelle 2: Die Fleischproduktion in Mio. t. und die jeweilige jährliche Wachstumsrate über eine Zeitspanne von 12 Jahren
(Quelle nach [FAO, 2009b])

Solch wachsender Konsum und die daraus resultierende Produktion von Fleisch führt zu

verstärkten Importen an Futtermitteln [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. China war

beispielsweise bis zum Jahr 1993 der Hauptexporteur von Soja. Jedoch muss China heute,

wegen der stetig wachsenden Population von Nichtwiederkäuern, wie auch Wiederkäuern,

Futtermittel zusätzlich importieren [McMICHAEL et al., 2007; NEPSTAD et al., 2008]. Durch

die grossen Mengen an Futtermittelimporten wird China von solchen auch abhängig.

[GOODLAND und PIMENTEL, 2000].
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                  Andrej Haller

Die Entwicklung des Fleischkonsum in Industrieländern flacht ab, jedoch reduziert sich die

globale Produktion und der Konsum nicht sehr stark. Die Entwicklung der letzten Jahre,

scheint eher auf einen weiteren Anstieg des Fleischkonsum und der Produktion zu deuten

[Tierproduktion und Klimawandel, 2011b; Aiking et al. 2006].

2.1.3 Ursachen für den Anstieg an Fleischkonsum und Produktion

          Wirtschaftliches Wachstum

Wie sich der Mensch ernährt ist stark von seinem Einkommen und den Produktpreisen

abhängig. Mit einem höheren Einkommen tendiert der Mensch zu einer kalorienreichen

Ernährung. Da Fleischprodukte in der Regel sehr kalorienreich sind, resultiert ein höheres

Einkommen, in einem Anstieg des Fleischkonsums [LOTZE-CAMPEN et al.]

Dies widerspiegelt auch der vorgängig erwähnte Anstieg an Fleischkonsum in

Industrienationen, gegenüber Entwicklungsländern [SMIL, 2001].

Das Bruttoinlandprodukt pro Kopf ist vorwiegend in OECD Ländern hoch, doch mit einer

jährlichen Wachstumsrate (von 1960-2017) des BIP pro Kopf von 8.3% steht China symbolisch

für ein rasante Hochkonjunktur [WIKIPEDIA, Liste der Länder nach historischer Entwicklung

des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf, 2020; Tierproduktion und Klimawandel, 2011b].

Die Zahlen des jährlichen (1960-2017) Wachstums des BIP pro Kopf, sprechen für sich. Die

Vereinigten Staaten haben eine jährliche Wachstumsrate von 5.4%, wo hingegen China 2.9

Prozentpunkte mehr.

                   BIP       BIP       BIP        BIP       BIP       BIP       BIP       BIP
                                                                                                     (Jährliche
                   pro       pro       pro        pro       pro       pro       pro       pro
                                                                                                   Wachstumsrate
                   Kopf      Kopf      Kopf       Kopf      Kopf      Kopf      Kopf      Kopf
                                                                                                        %)
 Region/Land        ($)       ($)       ($)        ($)       ($)       ($)       ($)       ($)
                   1960      1970      1980      1990      2000       2005      2010      2017        1960-2017
 Schweiz           1'787     4'684 18'785 38'589 37'947 54'969 74'571 80'591                               6.9
 USA               3'007     5'247 12'576 23'913 36'433 44'218 48'310 59'501                               5.4
 China               90       113       305       318       959      1'753      4'561     8'643            8.3
 Deutschland         …       2750 11'070 20'174 24'009 35'240 42'642 44'550                               6.1*
 Indien              81       111       276       385       463       749       1'430     1'983            5.8
 Brasilien          210       444      1'483     3'241     3'778     4'816 11'298 9'895                     7
Tabelle 3: Bruttoinlandprodukt pro Person und seine Jährliche Wachstumsrate in % über eine Zeitspanne von 57 Jahren
(Quelle nach [Wikipedia BIP pro Kopf, 2020])
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                   Andrej Haller

Eine Synthese der Tabelle 1 und der Tabelle 2 zeigt eine Korrelation zwischen wirtschaftlichem

Wachstum und dem daraus resultierenden Anstieg an Fleischkonsum.

Dominierend ist das Wachstum des Fleischkonsums in den Entwicklungsnation, welche einen

starken jährlichen Anstieg des Bruttoinlandprodukts pro Kopf erfahren. Jedoch muss dies mit

Vorsicht betrachtet werden, denn China hat beispielsweise mit 1.3 Mia. Einwohner (2018) ca.

150-mal so viele Bürger wie die Schweiz. Aber Chinas wirtschaftlicher Output d.h ihr

Bruttoinlandprodukt ist nur 18-mal so gross wie das der Schweiz. Daraus resultiert ein

höheres BIP pro Kopf, vorwiegend in OECD Ländern [WIKIPEDIA, 2020].

                                     Bruttoinlandprodukt pro Kopf
 $90’000.00
 $80’000.00
 $70’000.00
 $60’000.00
 $50’000.00
 $40’000.00
 $30’000.00
 $20’000.00
 $10’000.00
      $0.00
                  1960        1970        1980         1990         2000       2005         2010           2017

                  Schweiz         USA          China          Deutschland        Indien        Brasilien

Abbildung 1: Grafik des Bruttoinlandproduktes pro Kopf in ausgewählten Regionen oder Ländern über eine Zeitspanne von
57 Jahren (Quelle nach [Wikipedia BIP pro Kopf, 2020])

Im Endeffekt weist das hohe BIP pro Kopf in Industrienationen auf eine sehr wohlhabende

Gesellschaft, welche sich den Luxus des Fleischkonsums leisten kann. Jedoch stagniert der

Konsum von Fleisch in Industrienationen und ein Wachstum ist nur durch das

Bevölkerungswachstum möglich [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b]. Dies wird im

nächsten Unterkapitel analysiert.
Maturitätsarbeit                                                                                                              vii
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                                    Andrej Haller

                                         Bevölkerungswachstum

Der signifikante Anstieg an der Weltbevölkerung, widerspiegelt sich in den Zahlen der letzten

70 Jahre. Noch im Jahr 1950 lag die Weltpopulation, laut der Vereinten Nationen, bei 2.5 Mrd.

Menschen. In nur 50 Jahren stieg sie auf 6.1 Mrd. an [United Nations Population Division,

Department of Economic and Social Affairs, 2019]. Dies entspricht einer Wachstumsrate von

142 %. Heute beträgt die Weltpopulation 7.8 Mrd.

                                                     Bevölkerungswachstum der letzten 60 Jahren
                                      9 000 000
   Anzahl der Bevölkerung (in 1000)

                                      8 000 000
                                      7 000 000
                                      6 000 000
                                      5 000 000
                                      4 000 000
                                      3 000 000
                                      2 000 000
                                      1 000 000
                                             0
                                              1950      1960    1970        1980      1990        2000       2010         2020

                                                         Welt     Industrienationen     Entwicklungsländer

Abbildung 2: Grafik des Bevölkerungswachstums der letzten 70 Jahren in tsd. , in verschiedenen Regionen (Quelle nach
[United Nations Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019])

Um Prognosen zu machen hat die UN drei verschiedene Szenarien kreiert.

Eine niedrige, eine mittlere und eine hohe Variante. «Die Methoden berücksichtigen die

Erfahrungen der einzelnen Länder in der Vergangenheit, spiegeln aber auch die Unsicherheit

über künftige Veränderungen auf der Grundlage der Erfahrungen anderer Länder unter

ähnlichen Bedingungen wider [Population UN, 2019].»

Die Hochrechnung der niedrigen Variante besagt, dass die Weltbevölkerung bis ins Jahr 2100

auf 7.3 Mrd. sinkt. Die Prognose der hohen Methode zeigt eine Gesamtbevölkerung von 15.6

mio. Menschen [United Nations Population Division, Department of Economic and Social

Affairs, 2019]. Da diese zwei Prognosen diametral zueinanderstehen und die tiefere Variante

eine, zur Vergangenheit gegenläufige Zukunft voraussagt, wird nur die ausgeglichene

mittlere Variante berücksichtigt. Sie sollte einen generellen Durchschnittswert widerspiegeln.
Maturitätsarbeit                                                                                                           viii
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                                  Andrej Haller

                                                     Mittlerebevölkerungswachstums Prognose
                                      11000000

                                      10000000
   Anzahl der Bevölkerung (in 1000)

                                      9000000

                                      8000000

                                      7000000

                                      6000000

                                      5000000

                                      4000000

                                      3000000

                                      2000000

                                      1000000
                                             2020   2030      2040       2050        2060     2070       2080    2090    2100

                                                       Welt          Industrienationen      Entwicklungsländer

Abbildung 3: Mittlere Bevölkerungswachstumsprognose verschiedener Regionen in tsd. (Quelle nach [United Nations
Population Division, Department of Economic and Social Affairs, 2019])

Die mittlere Projektion beschreibt einen Zuwachs von 3.08 Mrd. Menschen über die nächsten

100 Jahre. Um dies zu analysieren, muss der Anteil des Bevölkerungswachstums nach

Regionen angeschaut werden. Denn der Anstieg ist je nach Region stark unterschiedlich. Die

Abbildung 3 veranschaulicht das rückläufige Bevölkerungswachstum in Industrienationen

deutlich, ebenso wird auch der anfangs immens starke und ab dem Jahr 2080 stagnierende

Zuwachs der Bevölkerung in Entwicklungsländern abgebildet. Die daraus resultierende

Konsequenz ist ein in nächster Zukunft ebenso starker Anstieg des Lebensmittelkonsum, vor

allem in Entwicklungsländern. Laut Prognosen wird der Fleischkonsum zwischen 1997 und

2050 bis zu 90% steigen. Laut ROSENGRAT und CLINE [2003] werden Entwicklungsländer,

mit rund 85% den grössten Anteil am Wachstum des Fleischkonsums haben [ROSENGRAT

und CLINE, 2003]. Auf ähnliche Prognosen deutet STEINFELD et al. [2006a], sie

prognostizieren eine Verdoppelung des Fleischkonsums bis ins Jahr 2050 [STEINFELD et al.,

2006a]. Die Zunahme des Fleischkonsums und der Produktion, das Wirtschaftswachstum und

die wachsende Weltbevölkerung, bringen auch Konsequenzen und Risiken mit sich.

Hauptsächlich sind dies ökologische und soziale Konsequenzen. Im nächsten Kapitel werden

diese thematisiert.
Maturitätsarbeit                                                                                            ix
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                 Andrej Haller

3 Konsequenzen der Fleischproduktion
3.1 Klimawandel im Überblick

3.1.1 Angaben zum Klimawandel

«Ein Bericht des Pentagons legt nahe, dass der Klimawandel ein grösseres Risiko für die Welt

darstellen könnte als Terrorismus, und zu katastrophalen Dürren, Hungersnöten und

Aufständen führen könnte» [Tierproduktion und Klimawandel, Seite 52, 2011b]. Nicht nur das

Pentagon beschreibt den Klimawandel als eine dringende Angelegenheit, ebenso versucht die

Politik mit u.a dem Übereinkommen von Paris, klare Ziele für den Klimaschutz zu

implementieren. Jedoch ist die Frage nicht mehr ob der Mensch den Klimawandel verursacht

hat, sondern wie wir ihn minimieren können [LATIF, 2009].

3.1.2 Zahlen zum Klimawandel

Abbildung 4: Jährliche weltweite Temperaturabweichung von 1890 bis 2010, gemessen von verschiedensten Institutionen
(Quelle nach [Earthobservatory NASA, 2020])

In den letzten 100 Jahren hat die Temperaturabweichung einen starken Anstieg erfahren. Im

Jahr 1950 lag sie noch bei -0.20 °C, bis ins Jahr 2010 ist sie fast 1 °C gestiegen. Laut IPCC [2007]

sind zwischen 1995-2006 die elf wärmsten Jahre, seit der Temperaturaufzeichnung (1850),

gemessen worden [IPCC, 2007]. Die Hitzewelle in Europa vom Jahr 2003 beschreibt die

Intensität des Klimawandels passend, denn sie brachte 75'000 Todesopfer mit sich und einen

volkswirtschaftlichen Schaden von über 13 Milliarden US-Dollar [Wikipedia Hitzewelle in

Europa 2003, 2020]. Die Höchsttemperatur, die in Alentejo Portugal, gemessen wurde, betrug

47.5 °C. Eine Prognose des letzten Weltklimaratsberichtes besagt, dass die globale

Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1.8-4 °C zunehmen wird [IPCC, 2007].
Maturitätsarbeit                                                                                 x
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                     Andrej Haller

Gemäss der NASA beträgt die Temperaturabweichung im Jahr 2020 +0.99 °C [climate nasa

global temperature, 2020]. Ein Ziel des Pariser Abkommens besagt, dass die Erderwärmung, im

Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter (1720 bis 1800) auf 2 °C zu begrenzen sei. Jedoch sind

wir schon heute bei fast einem Grad Celsius.

Ebenso ist der Meeresspiegel in den letzten 100 Jahren um 0.2 m gestiegen [RAHMSSTORF, 2006a].

Der Grund dafür sind die grossen Eisflächen der Arktis und Antarktis, welche fortlaufend

schmelzen. Bezüglich IPCC [2007], könnte die Arktis gegen Ende des 21. Jahrhunderts im

Sommer eisfrei sein [IPCC, 2007].

Ungewissheit bringt auch die nicht Linearität des Klimasystems. Denn es besteht die Möglichkeit

eines überraschenden Effektes im Falle, dass ein bestimmter Schwellenwert überschritten würde

[LATIF, 2009]. Solche Kipppunkte werden auch «tipping points» genannt. Beispiele dafür sind u.a

das Versagen der atlantischen thermohalinen Zirkulation1 und das Waldsterben [Tierproduktion

und Klimawandel, 2011b]. Eine weitere Auswirkung des Klimawandels auf die Umwelt, ist

die Versauerung2 der Ozeane, welche eine starke Gefährdung für das Meeresökosystem und

dessen Bewohner darstellt.

1«Die thermohaline Zirkulation, umgangssprachlich auch globales Förderband, ist ein ozeanografischer
Terminus für eine Kombination von Meeresströmungen, die vier der fünf Ozeane miteinander
verbinden und sich dabei zu einem Kreislauf globalen Ausmaßes vereinen.
Der Antrieb für diesen umfangreichen Massen- und Wärmeaustausch ist thermohaliner Natur. Das
bedeutet: Er wird durch Temperatur- und Salzkonzentrationsunterschiede innerhalb der Weltmeere
hervorgerufen, welche beide für die unterschiedliche Dichte des Wassers verantwortlich sind.
Verursacht wird der Temperaturunterschied wiederum durch die Breitengradabhängigkeit der
Sonneneinstrahlung [lexas Ozeane Meeresströmungen thermohaline Zirkulation, 2020].»
2 «Als Versauerung der Meere wird die Abnahme des pH-Wertes des Meerwassers bezeichnet.

Verursacht wird sie durch die Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Erdatmosphäre. Der Vorgang
zählt neben der globalen Erwärmung zu den Hauptfolgen der menschlichen Emissionen von
Kohlenstoffdioxid [Wikipedia Versauerung der Meere, 2020].»
Maturitätsarbeit                                                                                                         xi
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3.2 Treibhausgaseffekt

3.2.1 Überblick Treibhausgaseffekt
    Spurengas               Anthropogene             Derzeitige (und Konzentrationsanstieg Anteil       am Treibhauspotential
                            Herkunft                 vorindustrielle) pro Jahr             anthropogenen pro Teilchen CO2 =
                                                     Konzentration                         Treibhauseffekt 1
                                                                                           (seit 1750)

                            Verbrennung fossiler
                            Energie; Waldrodung
    Kohlendioxid CO2                                  ca. 384 ppm            1.5 ppm            60%                 1
                            und     Bodenerosion;
                            Holzverbrennung
                            Reisanbau;
                            Viehhaltung;
                            Erdgaslecks;
    Methan CH4              Verbrennung       von     ca. 1774 ppb        (-5 bis +5 ppb)       15%              ca. 25
                            Biomasse;
                            Mülldeponien; Nutzung
                            fossiler Energien

                            Wird indirekt gebildet
                                                       ca. 0.02 ppb
                            durch fotochemische
                                                      (
Maturitätsarbeit                                                                                             xii
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                   Andrej Haller

Die signifikantesten Zahle weisen CO2, CH4, und N2O auf. Jedenfalls überschreiten die

Konzentrationen dieser drei Gase bei weitem die natürlichen Vorkommnisse. Die natürlichen

Vorkommnisse werden, wegen ihrer Irrelevanz, in dieser Arbeit ignoriert.

3.2.2 Überblick der Emission des Landwirtschaftssektors

Der landwirtschaftliche Sektor hatte im Jahr 2009 einen Anteil von 34% an den weltweiten

Treibhausgasemissionen [Fiala, 2009]. Wie schon erwähnt sind die Hauptquellen der THG-

Emissionen in der Landwirtschaft, CO2 durch die Umwandlung von Flächen zur

Landwirtschaftlichen Nutzung, N2O aus Böden und CH4 aus der Verdauung der Tiere

[BELLARBY et al., 2008].

                               Globaler Treibhausgas Anteil in %
                                   3%    4%
                                                                                  Landgebrauch
                      10%
                                                                                  Tierproduktion
                                                           18%

              7%                                                                  Landwirtschaft

                                                                                  Gewinnung fossiler Energie

                                                                                  Energieproduktion

        14%
                                                                   12%            Verkehr

                                                                                  Industrie

                                                                                  Wohnbereich

                                                        12%
                                                                                  Beseitigung und Behandlung von
                         20%                                                      Abfall

Abbildung 5: Die Aufteilung der gesamten THG nach Sektor (Quelle nach [FIALA, 2009])

Ca. 46% der Treibhaugasemissionen aus dem Landwirtschaftssektor kommt von der

Tierproduktion. Die Emissionen des Tierproduktionssektors setzt sich aus fünf Untersektoren

zusammen: Der Verarbeitung und der Transport, die Futtermittelproduktion, die mikrobielle

Verdauung der Wiederkäuer, Düngemittel und der Entwaldung/ Desertifikation (vgl. Kapitel

3.3).
Maturitätsarbeit                                                                             xiii
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                    Andrej Haller

Konkret sind das direkte Emissionen, die durch das Tier und seinen Dung verursacht werden

und indirekte, wie die Herstellung und der Gebrauch von Düngemitteln, die veränderte

Landnutzung, inklusive Entwaldung, den Verlust von CO2 aus Weideböden und der Einsatz

von fossilen Brennstoffen in der Futtermittelproduktion, der Tierhaltung, der Verarbeitung

und des Transports [McMICHAEL et al., 2007; BELLARBY et al., 2008].

In absoluten Zahlen produziert der Tierproduktionssektor ca. 7.1 Gt CO2-Äq4, davon entfällt

das Meiste auf die Entwaldung und Desertifikation mit einem Anteil von 2.5 Gt CO2-Äq. Die

Produktion    und    Anwendung       von   Düngemittel,     die   mikrobielle   Verdauung,     die

Futtermittelproduktion und die Verarbeitung respektive der Transport, haben einen Anteil

von 2.2, 1.9, 0.4, 0.03 CO2-Äq an den Emissionen des Tierproduktionssektors.

3.2.3 CO2 Emission durch den Tierproduktionssektor.

Der Gesamtanteil des Tierproduktionssektors an den weltweiten CO2-Emissionen berechnet

sich auf 9% [STEINFELD et al., 2006]. Der Grossteil dieser Emissionen kommt aus der

Landnutzungsänderung, ein Beispiel dafür ist das Roden eines Waldes für Weide- oder

Ackerfläche. Speziell betroffen sind Länder, welche einen hohen Anteil an Tropenwäldern

aufweisen. Zum Beispiel hat Brasiliens Entwaldung einen Anteil von 5% an den globalen THG

[FEARNSIDE, 2005]. Laut SOARES-FILOH wird bis ins Jahr 2050 40% des jetzigen

Amazonasgebietes      verschwunden      sein,   schon    heute    ist   20%   des   ursprüngliche

Amazonasgebietes verschwunden [WWF, 2020].

Die Abholzung der Wälder setzt eine grosse Menge an CO2 frei. Durch das Abbrennen von

Wäldern wird zusätzlich CO2 und N2O durch die Verbrennungsreaktion frei. Es werden nicht

nur Treibhausgase freigesetzt. Ein ebenso relevanter Einfluss hat die Entwaldung auf den

potentiellen CO2-Speicher der Wälder. «Wälder stellen eine beträchtliche CO2-Senke dar,

wohingegen Ackerböden im Bezug auf den C Gehalt, abgesehen von Wüsten und

Halbwüsten, die geringsten Werte von allen Biomen aufweisen [BELLARBY et al., 2008].»

4 «CO₂-Äquivalente (CO₂e) sind eine Masseinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der
unterschiedlichen Treibhausgase. Neben dem wichtigsten von Menschen verursachten Treibhausgas
Kohlendioxid (CO₂) gibt es weitere Treibhausgase wie beispielsweise Methan oder Lachgas [Myclimate,
2020].
Maturitätsarbeit                                                                      xiv
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                             Andrej Haller

Der CO2 Ausstoss von Wiederkäuern ist beinahe irrelevant, er wird zwar durch die

Respiration freigesetzt, aber die Tatsache, dass Pflanzen durch die Photosynthese CO2 der

Atmosphäre entziehen und dies dem Wert der Respiration entspricht, gleicht sie den Ausstoss

und die Aufnahme aus [FAO, 2009b; STEINFELD et al., 1998].
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                                 Andrej Haller

Abbildung 6: Weltkarte für Gebiete, in welchen Waldrodung betrieben wird und ihre jeweilige Intensität (Quelle nach
[Maplecroft, 2020]).

3.2.4 Methanemission (CH4) durch den Tierproduktionssektor

Die Methanemission des Tierproduktionssektors macht einen Anteil von 35% der globalen

Treibhausgase aus [STEINFELD et al., 2006]. Da das emittieren von CH4 25mal

klimawirksamer ist als CO2 (vgl. Tabelle 4), gehört es zu den schädlichsten Treibhausgasen der

Landwirtschaft.

«Methan entsteht, wenn Wiederkäuer ihr Futter verdauen. Spezialisierte Einzeller, sogenannte

methanogene Archaeen bilden dann im Pansen, dem größten der vier Vormägen, das

Treibhausgas, das sich anschließend in einer Gasblase sammelt. In die Atmosphäre gelangt

das Methan schließlich durch einen Prozess, den Fachleute „Eruktieren“ nennen. Oder

umgangssprachlich: Die Wiederkäuer rülpsen es aus. Eine einzelne Kuh kann beispielsweise

mehr als 300 Liter Methan am Tag ausstoßen [Moderne Landwirtschaft, 2020].» Laut

BELLARBY und der FAO (food and agriculture organisation) beziehen sich 60-80% der

Methan-Emission in der Landwirtschaft auf genau oben beschriebenen Vorgang. In US-

Feedlots-Systemen5 emittiert ein einzelnes Rind 50Kg/CH4/a [US-ENVIRONMENTAL

PROTECTION AGENCY (US-EPA), 2020]. Weltweit wird die Anzahl der Wiederkäuer auf 3,4

Mrd. geschätzt.

5«Ein Feedlot oder Feedyard ist ein Fressplatz, der dazu ausgelegt ist, Schlachtvieh, hauptsächlich
Rinder, zu füttern und zu mästen (Quelle nach [Wikipedia Feedlot, 2020]).»
Maturitätsarbeit                                                                                     xvi
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Dazu kommt die Lagerung und Ausbringung von Jauche, Dazu kommt die Lagerung und

Ausbringung von Jauche, welche aber eher einen kleinen Anteil am CH4 Ausstoss hat.

Abbildung 7: Luftaufnahme eines amerikanischen Fressplatzes (Quelle nach [Wyatt Bechtel])

3.2.5 N2O Emission durch den Tierproduktionssektor

Der Tierhaltungssektor produziert 65% der globalen anthropogenen N2O-Emissionen

[STEINFELD et al., 2006a]. Durch den Gebrauch von Stickstoffdünger und Gülle entsteht die

Mehrheit der N2O-Emission. Die Klimabelastung des N2O ist 298mal so stark wie die von CO2

[LATIF, 2009]. Da die Pflanzen nicht den ganzen Stickstoff aufnehmen können, gerät er in das

Grundwasser und durch direkte Emission in Form von N2O in die Atmosphäre. Ca 35% der

anthropogenen Distickoxidemissionen (N2O) führen auf den Stickstoffdünger zurück [SMIL,

2001]. Ebenso schädlich ist N2O für das stratosphärische Ozon, welches in etwa 12 bis 50

Kilometer Höhe die schädlichen UV-Strahlen filtert [UHEREK, 2006]. Die absolute Zahl der

N2O-Emission kann nur geschätzt werden. 10-15 Mio. t Stickstoff wird durch den

synthetischen N-Dünger und 30 Mio. t durch die Tierhaltung emittiert [SMIL, 2001].
Maturitätsarbeit                                                                         xvii
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3.2.6 Zukunft der Emission von Treibhausgasen
Der Anstieg der THG-Emissionen ist mit dem steigenden Fleischkonsum eine logische

Konsequenz. Konkret wird die Umwandlung von Waldflächen zu Grasflächen einen Anstieg

an CO2 Emissionen mit sich bringen. Ebenso wird die Rinderhaltung ansteigen und somit die

Methan- und Stickstoffemission. Laut dem Artikel “Cool Farming: Climate Impacts of

Agriculture and Mitigation Potential” wird die N2O-Emission bis ins Jahr 2030 um 30-60%

steigen [FAO, 2002]. Wenn die CH4-Emissionen in direktem Verhältnis zum Anstieg des

Viehbestandes wachsen, dann wird im Zeitraum zwischen 1990 bis 2030 die globale

viehbestandsbezogene Methanproduktion voraussichtlich um 60% zunehmen [FAO, 2002].

Mit einem Anstieg von 95% im Zeitraum von 1990 bis 2020 hat der Nahe Osten und Afrika

den höchsten Emissionszuwachs [US-EPA, 2006a]. Auch Ostasien wird einen starken

Zuwachs erfahren, vor allem aus tierischen Quellen. Zum Beispiel hat die Tierproduktion in

China, mit 5% pro Jahr die grösste jährliche Wachstumsrate von 1995-2007 (vgl. Tabelle 2). Für

Lateinamerika und die Karibik ist die Hauptquelle der Treibhausgasemission der Export.

Ebenso gravierend sind die Landnutzungsänderungen der Waldböden, wie zum Beispiel des

Amazonagebietes in Brasilien. Dies führt zu erhöhte CO2- und N2O-Emissionen. In Mittel- und

Osteuropa ist der wachsende Wohlstand eine Treibende Kraft, welche ein THG Wachstum

von 15-40% mit sich bringt. Die einzigen Länder, die eine stetige Entwicklung oder einen

Rückgang der Treibhausgasemissionen durch die Landwirtschaft erfahren, sind OECD-

Länder in Nordamerika, Westeuropa und dem Pazifik. Gefördert wird dies durch

Umweltpolitik und klimaspezifische Abkommen, welche den Klimafussabdruck lindern

sollten [IPCC, 2007].
Maturitätsarbeit                                                                                                      xviii
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3.3 Die Ressource Land

3.3.1 Landflächenverteilung
Ca 14.9 Mrd. ha, 29,3% der Erdoberfläche, ist von der Landmasse bedeckt. Davon werden 33%

5 Mrd. ha für die Landwirtschaft gebraucht. Unnutzbares, sowie bebautes oder unfruchtbares

Land, hat einen Anteil von 32% an der Landmasse. Die Landnutzung der Landwirtschaft kann

in zwei Unterkategorien aufgeteilt werden. Weideland, 69% (3,4 Mrd. ha) und Ackerland 28%

(1,4 Mrd. ha). Die Dauerkulturen machen nur 3% der landwirtschaftlichen Fläche aus

[FAOSTAT, 2010]. Im Jahr 2010 gehörten die USA, Brasilien, China und Australien zu den

Ländern mit den grössten landwirtschaftlich genutzten Flächen. Mit rund 1/2 Mia. ha führt

China diese Liste an.

                                          Gesamtfläche eines Landes und seine landwirtschaftlich
                                                             genutzte Fläche
                                                                                                              Argentinien
                              256.0
                                                                                                              Australien
                              128.0
   Gesamtfläche in Mio. km2

                                                                                                              Brasilien
                               64.0
                                                                                                              China
                               32.0                                                                           Indien
                               16.0                                                                           Kasachstan
                                8.0                                                                           Mexiko

                                4.0                                                                           Mongolei
                                                                                                              Russland
                                2.0
                                                                                                              Saudi Arabien
                                1.0
                                      0          1            2            3            4             5   6   Sudan

                                                     landwirtschaftlich genutzte Fläche in Mio. km2           USA

Abbildung 8: Gesamtfläche eines Landes und seine landwirtschaftlich genutzte Fläche im Vergleich (Quelle nach [Unstats UN,
2010])

Wie der Abbildung 8 entnommen werden kann, benutzt Kasachstan fast 80-90% seiner Fläche

für Landwirtschaft. Dies mag extrem scheinen. Jedoch hat Kasachstan im Vergleich zu China

eher eine mittlere Grösse (flächenmässig), dazu kommt die noch primitive Technik der

Landwirtschaft, welche grosses Modernisierungspotential hat.

Die USA nutz ca. 45% und China ca. 50% seiner Fläche für die Landwirtschaft (siehe

Abbildung 8).
Maturitätsarbeit                                                                      xix
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3.3.2 Landnutzung durch Tierproduktion

Der Anteil an den anthropogenen Treibhausgasen aus der Landnutzung, kommt grösstenteils

von der Tierproduktion. Der Tierproduktionssektor nutzt 80% der globalen landwirtschaftlich

genutzten Landoberfläche [STEINFELD et al., 2006a]. Damit sind nicht nur Weideflächen

gemeint, sondern auch Ackerland, welches für die Futtermittelproduktion benutzt wird. Der

Gebrauch von Getreide als Futtermittel hat den Anteil an Ackerland für die Tierproduktion

auf einen Drittel des gesamten Ackerlandes gesteigert.

Durch das Bevölkerungswachstum wurden höhere Ernteerträge essentiell. Dies wurde mit der

Landexpansion und dem Einsatz von synthetischen N-Düngern erzielt.

Zwischen dem Jahr 2000-2010 wuchsen die landwirtschaftlichen Flächen um 10% [BELLARBY

et al., 2008]. Würde man auf den Einsatz von N-Dünger verzichten, bräuchte Amerika doppelt

so viel Fläche für den landwirtschaftlichen Gebrauch [SMIL, 2001].

3.3.3 Opportunitätskosten der Landnutzung durch die Tierproduktion

Der Gebrauch von Land für Acker- oder Weidefläche versperrt die Fläche für anderweitige

Nutzung, wie zum Beispiel Naherholung, Ästhetik oder Biodiversität. GERBER et al sagt: «In

Zukunft wird die Landwirtschaft weiterhin, wahrscheinlich verstärkt um Land wie auch

Wasser mit anderen ökonomischen Aktivitäten wie der urbanen Entwicklung, der Industrie,

der Waldwirtschaft, dem Energiesektor und dem Fischproduktionssektor konkurrieren

müssen [Tierproduktion und Klimawandel, 2011b].»

Doch nicht zu vergessen ist die Biodiversität, welche durch all die oben genannten Punkte

direkt betroffen ist. Wie in Kapitel 3.2.3 erwähnt, ist die Biodiversität, vor allem die

Instandhaltung unserer natürlichen Wälder immens wichtig für die CO2 Aufnahme der

Bäume.

Der Futtermittelanbau und der Lebensmittelanbau stehen in starker Konkurrenz um Land

und andere Ressourcen. Um die Intensität zu widerspiegeln, wird der Flächenbedarf von

verschiedenen Produkten pro verzehrfähiger Energie angeschaut.
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         Tierische Lebensmittel                                Pflanzliche Lebensmittel

                           Flächenbedarf                                          Flächenbedarf
                           (m2/1.000kcal)                                         (m2/1.000kcal)

    Rindfleisch                   31.2             Ölfrüchte                             3.2

    Hühnerfleisch                   9              Obst                                  2.3

    Schweinefleisch                7.3             Gemüse                                2.2
Tabelle 5: Flächenbedarf von verschiedenen Lebensmitteln pro verzehrfähige Energie des Produkts (m2/1'000 kcal) (Quelle nach
[Peters et al., 2007])

Die Studie Peters et al. analysierte den Flächenbedarf von Lebensmitteln im Bundestaat New

York. Laut Peters brauchen 1’000kcal von tierischen Lebensmitteln deutlich mehr Platz als von

pflanzlichen Lebensmitteln.

3.3.4 Degradierung der Landflächen

Die Landdegradierung ist kein selten fallender Begriff, wenn es um die Landnutzung der

Tierproduktion geht. 20-25% der globalen Landmasse sind schon durch die Weidehaltung zu

einem gewissen Grad degradiert6 [UN, 2004].

Zu den Degradierungstypen gehören, Bodenerosion durch Wind und Wasser, chemische

Degradierung (z. B. Nährstoffverluste und Versauerung) und physikalische Degradierung.

Die Degradierungsart variiert je nach Region. In Afrika kommt mehrheitlich die physikalische

Degradierung vor, hingegen in europäischen Industrienationen eher chemische Degradierung

durch den Einsatz von Stickstoffdünger.

In Afrika sind schon 2,4 Mio. km2 durch die Weidehaltung degradiert worden. Ähnliche Züge

zeigt Asien, wo ca. 2 Mio. km2 degradiert wurden. Das Hauptproblem ist, dass immer mehr

Böden nicht für die Versorgung der einheimischen Bevölkerung, sondern für den Export in

Industrieländer genutzt werden [BARONI et al., 2006].

Weltweit sind 60% der Weideflächen von Erosionserscheinungen bedroht [PIMENTEL et al.,

2003].

6Als Bodendegradation bezeichnet man die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen des
Bodens bis hin zu deren völligem Verlust. Sie kann sowohl ein natürlicher Prozess sein, beispielsweise
ausgelöst durch Klimaveränderung, als auch vom Menschen durch beispielsweise Bewirtschaftung des
Bodens ohne Kompensation der Stoffentnahme [Wikipedia Bodendegradation, 2020].
Maturitätsarbeit                                                                                               xxi
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3.4 Die Ressource Wald

3.4.1 Die Wichtigkeit des Waldes

Als Wald wird eine Ansammlung von Pflanzen und Bäumen gesehen, welche zusammen das

grösste Ökosystem der Erde bilden.

Wälder haben drei spezifische Bedeutungen für das Klimasystem. Wie in Kapitel 3.2.3 schon

erwähnt wurde, sind sie zuständig für den CO2 Austausch zwischen den terrestrischen

Ökosystemen und der Atmosphäre. Ebenso beeinflussen sie die Reflexion des Sonnenlichtes

(Albedo) und sie dienen dem Wasserkreislauf der Atmosphäre [Wiki Bildungsserver, 2020].

Abbildung 9: Unterschied der Albedo bei Waldbedeckung und Ackerfläche (Quelle nach [Dieter Kasang])

Der modelarische Vergleich in Abbildung 9, zeigt den Einfluss auf das Klima, welche

Waldsysteme haben. Im Vergleich fliesst das Wasser auf Ackerland direkt in den Boden und

durch die hohe Albedo reflektiert der Ackerboden das Sonnenlicht viel stärker als der Wald.

Die in der rechten Abbildung genannten Aspekte sind somit essentiell für das Instandhalten

jenster Kreisläufe u. a der Photosynthese, des Wasserkreislaufes und der Strahlungsbilanz.

3.4.2 Globale und regionale Zahlen zur Waldrodung

Laut WWF waren im Jahr 2008 ein Drittel der Landmasse der Erde mit Wald bedeckt. Vor

10'000 Jahren waren es noch doppelt so viel [WWF Waldflächen Daten und Fakten, 2008].

Heute werden noch ca. 4.06 Mia. ha von Waldflächen bedeckt. Diese Zahl hat von 1990 bis

2020 um ca. 200 Mio. ha. abgenommen.
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Ein Bericht von FAO besagt jedoch, dass die allgemeine Waldrodung abgenommen hat. Die

jährliche Abholzungsrate sank von 12 Mio. ha zwischen 2010-2015 auf 10 Mio. ha zwischen

2015-2020 [UN News, 2020].

Wiederum trug die Abholzung im Amazonasgebiet fast 50% zur globalen Entwaldungsrate

her. Es ist evident, dass in Brasilien die meisten Tropenwälder abgeholzt werden, es sind

durchschnittlich 19'000 km2/a, was einer Treibhausgasfreisetzung von rund 0.7 Gt/a entspricht

[NEPSTAD et al., 2009]. WWF beschreibt die Waldrodung in Nordkorea als verheerend. In

den letzten 25 Jahren wurden 40% des Waldbestandes eingebüsst.

Genauso    gespenstisch   beschreibt   die   Waldrodung    Kim   Choony,    ein   45-jähriger

Umweltaktivist, bei einem Interview mit dem Spiegel, über die Abholzung bei den

Olympischen Winterspielen 2018 in Südkorea; Er sagte: «Wir haben geweint, als wir dort

ankamen. Im August begann eine private Firma im Auftrag der Provinzregierung Gangwon

mit der Waldrodung für die Abfahrtsstrecke. Inzwischen sind 70 Prozent der Arbeiten

abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass am Ende 58 000 Bäume gefällt werden. Es ist ein

Massaker mit der Kettensäge, und alles nur, um ein paar Tage Skirennen auszutragen [die

Spiegel, 2018].»

Um diesem Trend der Waldrodung Gegensteuer zu geben, engagieren sich die EU, Japan,

Ostasien, Südkorea und vor allem China an Wiederaufforstungsprojekten. Als Beispiel kam

es in China zu einer Verdopplung der Waldgebiete [ZHAO et al., 2006].

3.4.3 Schlüsselfaktor bei der Entwaldung
Hauptverantwortlich für die starke Entwaldung ist die Expansion der Tierproduktion. Vom

Jahr 1990 bis 2006 hat sich die Rinderzahl im Amazonasgebiet verdoppelt und die

Ackerflächen für den Futtermittelanbau vervierfacht [BELLARBY et al., 2008].

70% des gerodeten Amazonasgebietes werden für die Viehhaltung und die anderen 30% für

den Futtermittelanbau genutzt. Die stärkste Expansion erfährt die Sojabohnenproduktion.

Laut der IPAD von der USDA stellte die brasilianische Sojaproduktion im Jahr 2019/20 ein

Rekord von 160 Mio. Tonnen her und erstreckte sich über eine Fläche von 36.9 Mio. ha [IPAD

FAS USDA, 2020].
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Da der Sojaanbau sehr lukrativ ist, verdrängt er kleinere Unternehmen von bestehenden

Flächen, diese müssen dann wiederum neues Land akquirieren, wodurch oftmals die

Abholzung des Regenwaldes, die einzige Lösung ist. Dies kreiert indirekt einen Anreiz für die

Holzgewinnung [NEPSTAD et al., 2006; GARNETT, 2009].

3.5 Die Ressource Wasser

3.5.1 Überblick des Wasserverbrauches in der Landwirtschaft

Der Wasserbedarf der Landwirtschaft hat in den letzten 50 Jahren drastisch zugenommen. 70%

des Frischwassers aus Flüssen, Seen und dem Grundwasser wird durch die Landwirtschaft

gebraucht [IWMI, 2007].

Eine erwachsene Person verbraucht im Durchschnitt 122 L Wasser pro Tag, hingegen ist der

Bedarf an Wasser bei der Nahrungsmittelproduktion deutlich höher. Ein in Deutschland

erzeugtes Rindfleisch, bei intensiver Haltung, braucht ca. 5.991 Liter pro Kilogramm Fleisch

[Wikipedia virtuelles Wasser, 2020]. Der Hauptanteil dieses immensen Wasserverbrauchs bei

der Fleischproduktion geht auf die Futtermittelproduktion zurück.

Wie im vorherigen Kapitel erwähnt sind Sojabohnen ein beliebtes Futtermittel. 1kg

Sojabohnen benötigt 1’800 Liter Wasser. Somit belaufen sich die Bewässerungskosten für eine

Tonne Sojabohnen, wenn die Wasserkosten bei 0.15$ pro m2 liegen, auf 270$.

Durch die tiefen Kosten des Wassers, gibt es fast keinen Anreiz um die Effizienz des

Wassergebrauches zu steigern.

Abbildung 10: Bewässerungsanlage im Sonnenuntergang (Quelle nach [plasticare, 2020])
Maturitätsarbeit                                                                            xxiv
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3.5.2 Einflüsse auf die Wasserqualität

Das Wasser wird nicht nur knapp, sondern auch seine Qualität leidet unter der intensiven

Landwirtschaft, die heutzutage betrieben wird. Der Tierhaltesektor ist eine der grössten

Verschmutzungsquellen des Wassers. Zu den Verschmutzern gehören: «Tierabfälle,

Antibiotika und Hormone, Chemikalien aus Gerbereien, synthetische Düngemittel und

Pestizide für die Futtermittelproduktion und Sedimente von erodierten Weideflächen.»

79% des Stickstoffes und 73% des Phosphors gelangen durch die Ausscheidung des Tieres in

den Boden. Dies bewirkt einen Nährstoffüberschuss, durch den wiederum die Oberflächen-

und Grundwasserqualität stark leidet [STEINFELD et al., 2006a].

Ein weiterer negativer Einfluss auf die Wasserqualität sind die Nitrateinträge, die durch den

Gebrauch von N-Düngern produziert werden. Durch die Bewässerung gelangen die Nitrate

in das Grundwasser und verschmutzen unsere Wasserwege [SMIL, 2001]. Laut SMIL können

hohe Nitratkonzentrationen ein Gesundheitsrisiko mit sich bringen. Denn nach der

bakteriellen Umwandlung zu Nitrit im Körper des Babys kann es zu Methämoglobinämie7

(Blausucht) führen [SMIL, 2001].

Pharmazeutische Antibiotika werden 20% für therapeutische Zwecke und 80% für

Wachstumspromotion benutzt. Auch diese gelangen in unser Trinkwasser und können eine

Antibiotika Resistenz bilden [WISE et al, 1998]. Jedoch ist dieses Problem in Europa durch ein

Verbot geregelt. Hauptgebrauch findet Antibiotika in Mastkulturen der USA [AKHTAR et al.,

2009].

Eher ein kleines Ausmass hat die Schwermetallverabreichung an die Nutztiere. Jedoch sind

sie nicht zu unterschätzen, da das Tier nur einen kleinen Prozentsatz des verabreichten

Schwermetalls verdauen kann [Tierproduktion und Klimawandel, 2011].

7  «Unter Methämoglobinämie versteht man in der Medizin eine erhöhte Konzentration von
Methämoglobin (Met-Hb) im Blut. Das in den roten Blutkörperchen vorhandene Hämoglobin, das dem
Sauerstofftransport dient, wird dabei in das funktionsunfähige Methämoglobin umgewandelt (oxidiert,
siehe Methämoglobin) und steht damit nicht mehr für den Sauerstofftransport zur Verfügung
[Wikipedia Methämoglobinämie, 2020].»
Maturitätsarbeit                                                                       xxv
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                              Andrej Haller

4 Lösungsansätze zur Reduktion der Auswirkungen, welche

    die Fleischproduktion auf die Umwelt hat
4.1 Die Sorgen von Morgen
Sofern sich die Produktion oder der Verbrauch von Tieren nicht wesentlich reduziert,

werden sich Klima und Umwelt wie folgt verändern:

   1. Die gewaltige Nachfrage an Fleisch wird weiterhin den Produktionsprozess

       konzentrieren und industrialisieren, wodurch auch mehr pharmazeutische Stoffe für

       das Aufrechterhalten der Fleischproduktion verwendet werden müssen. Diese können

       dann vermehrt Bodendegradierung, wie auch Verschmutzung der Gewässer mit sich

       bringen [BOUWMAN et al, 2006; GALLOWAY et al, 2007].

   2. Für die steigende Futtermittelproduktion muss neues Ackerland akquiriert werden,

       vor allem Wälder und Naturlandschaften leiden darunter. Dies ist auch direkt mit dem

       CO2 in der Atmosphäre verbunden, welches durch die Wälder minimiert werden soll

       [SMITH et al., 2007]. Betroffen ist vor allem Lateinamerika.

   3. Der N2O Anteil an den anthropogenen Treibhausgasemission der Landwirtschaft ist

       jetzt schon signifikant und wird durch den steigenden Futtermittelbedarf, für den N-

       Dünger für einen höheren Produktionsoutput benutzt wird, steigen. Dies führt auch

       zu Nitrateinträgen in Böden und Gewässer, was gesundheitsschädlich für den

       Menschen sein kann.

   4. Durch die wachsenden Rinderbestände wird auch die Methanemission ein Wachstum

       erfahren. Doch nicht nur die Methanemission ist zu berücksichtigen, denn alle durch

       den Tierproduktionssektor emittierten Treibhausgase führen zu einer Erwärmung der

       Erdoberfläche. Jedoch würde das Einsparen von CH4-Emissionen einen schnellen

       Effekt haben, weil Methan im Durchschnitt eine Verweildauer von 11 Jahren hat vgl.

       Tabelle 4.
Maturitätsarbeit                                                                       xxvi
Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                               Andrej Haller

4.2 Mögliche Massnahme auf der Produktionsebene

4.2.1 Höhere Besteuerung von Fleisch
Eine schon oft gefallene Option wäre die höhere Besteuerung von Fleisch. Dies sollte dann in

eine bessere Tierhaltung, kürzere Transporte und das Allgemeinwohl der Tiere einfliessen.

Was wiederum eine signifikante Reduktion der Treibhausgase, vor allem aus den Emissionen

der fossilen Brennstoffe mit sich bringen könnte. Es sollte eine Kostenwahrheit generiert

werden und somit der Kunde direkt für den Schaden aufkommen. Laut einer Studie der

Universität Göteborg, liegt das Einsparpotential bei ca. 32 Mio. t CO2-Äq., bei einer

Besteuerung von 60 €/t CO2. Dies würde wahrscheinlich auch einen Anreiz für wesentlich

kosten günstigere pflanzliche Produkte schaffen [WIRSENIUS et al., 2010]. Jedoch ist diese

Umsetzung dieser Besteuerung um einiges schwieriger als die Theorie.

4.2.2 Verschärfung der Haltungsbedingungen
Wie auch in Kapitel 3.2.4 erwähnt, sind Haltungsbedingungen meist sehr prekär. Laut dem

deutschen Gesetz muss ein Mastschwein mindestens einen Quadratmeter Lebensraum haben.

Ein durchschnittliches Mastschwein hat eine Grösse von 2 Metern Länge auf 1.1 Meter Höhe

[Tierportraet, 2020]. Dies entspricht ca. einem Volumen von 2 m2. Es ist evident, dass diese

Rechnung nicht ganz aufgeht. Eine Verschärfung dieser Haltungsbedingungen würde sich für

das wohl der Tiere und gegen die Massenproduktion aussprechen. Durch dies könnten die

Treibhausgasemissionen, die durch die Massentierhaltung entstehen, reduziert werden. Doch

die verschärften Haltungsbedingungen müssten global implementiert werden, um eine

signifikante Wirkung zu habe. Dies würde jedoch immense Ressourcen für Überwachung

beanspruchen würde, was am Rande der Unmöglichkeit liegt [NZZ, 2019].

4.2.3 Einheimischer Leguminosenanbau statt Sojaimporte

In Kapitel 4.4 wurde die intensive Futtermittelproduktion, vor allem auch von Sojabohnen,

präsentiert. In Brasilien ist der Export der Sojabohnen ein lukrativer Markt. Alleine im Jahr

2019/20 wurden 160 Mio. Tonnen Soja in Brasilien produziert. Viele dieser Sojabohnen

gelangen auch nach Europa und werden als Futtermittel den Nutztieren verfüttert.
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Fleischverzicht - löst er die Sorgen von morgen?                                     Andrej Haller

Doch laut der Agrar Forschung Schweiz kann dieser Klimafootprint der importierten

Sojabohnen vermieden werden. Ackerbohnen, Proteinerbsen und Lupinen, in Europa

einheimische Gewächse, werden als ähnlich effizient wie die Sojabohne eingestuft, denn sie

haben ähnliche Näherwerte und Rohproteingehalte wie die Sojapflanze [Bracher

Körnerleguminosen als alternative Proteinquellen, 2019].

4.2.4 Mundschutz für das Vieh

Die Respiration der Kühe emittiert den Hauptanteil an den Methanemissionen des

Tierproduktionssektors. Um dies zu minimieren, haben Francisco Norris und Patricio Norris

ein Startup im Vereinigten Königreich gegründet, das sich dieser Thematik widmet. Das Team

von ZELP8 hat einen Apparat entwickelt, der in Echtzeit das Methan misst, erfasst und

oxidiert. Zusätzlich misst es noch Daten wie zum Beispiel: «den Geo-Standort und mögliche

Krankheiten». Momentan ist die Apparatur noch in der Betatestphase, aber laut eigenen

Aussagen erzielen sie eine Methanreduktionseffizienz von 53%. Also könnte man mit Hilfe

dieser Technik den Methanausstoss einer Kuh um 53% reduzieren [Zelp, 2020].

8«Zelp Ltd. ist die Abkürzung für Zero Emissions Livestock Project, ein in Großbritannien ansässiges
Start-up-Unternehmen, das ein tragbares Gerät für Kühe entwickelt, dass ihre Methanemissionen um
bis zu 53% reduzieren kann [Bloomberg, 2020].»
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