Von der Tagesschau bis zu Lola rennt Film und Fernsehen im Deutschunterricht
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Filozofická fakulta Masarykovy univerzity v Brně Katedra germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Magisterská diplomová práce Von der Tagesschau bis zu Lola rennt Film und Fernsehen im Deutschunterricht Vedoucí práce: PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D. Vypracoval: Bc. Clemens Gebhardt
Dankesworte Vor allem möchte ich den fleißigen Filmemachern dafür danken, dass sie uns mit so fantastischem Filmmaterial versorgen, das man wunderbar im Deutschunterricht verwenden kann. Außerdem danke ich all meinen Schülern, mit denen ich dir hier beschriebenen Unterrichtsideen ausprobiert habe. Ohne sie würde das Wesentliche fehlen: Die Erfahrung aus der Praxis.
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig erarbeitet und ausschließlich das im Literaturverzeichnis aufgelistete Material als Grundlage verwendet habe. Brno, 7.1.2011
Inhaltsverzeichnis 1 EINFÜHRENDE WORTE ............................................................................................................................. 5 2 DIDAKTISCHE VORÜBERLEGUNGEN ......................................................................................................... 8 2.1 WAS ALLES SIND MEDIEN IM UNTERRICHT? ................................................................................................. 8 2.2 NEUE MEDIEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT ........................................................................................ 10 2.3 WAS IST FILMDIDAKTIK? ....................................................................................................................... 14 2.4 MEDIEN IM LANDESKUNDEUNTERRICHT .................................................................................................... 15 3 MEDIENDIDAKTISCHE VORÜBERLEGUNGEN .......................................................................................... 17 3.1 ZUR BEDEUTUNG DES FERNSEHENS ......................................................................................................... 18 3.2 LEHREN UND LERNEN MIT MEDIEN – EIN KONSTRUKTIVISTISCHER ANSATZ ........................................................ 21 3.3 MUT UND MOTIVATION DURCH FILME ..................................................................................................... 24 4 FILME IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT .............................................................................................. 26 4.1 VOR- UND NACHTEILE .......................................................................................................................... 26 4.2 FILM VS. BUCH ................................................................................................................................... 28 4.3 DER RICHTIGE EINSATZ VON FILMEN IM UNTERRICHT ................................................................................... 29 5 MEDIENERZIEHUNG BEGINNT IM GRUNDSCHULALTER .......................................................................... 31 5.1 STREIT DER PÄDAGOGEN – WENIGER BUCH, MEHR FILM? ............................................................................ 32 5.2 FILMAUSWAHL FÜR GRUNDSCHULUNTERRICHT ........................................................................................... 34 6 DIE WELLE .............................................................................................................................................. 36 6.1 INHALT ............................................................................................................................................. 36 6.2 SPRACHLICHE UND DIDAKTISCHE HINWEISE ................................................................................................ 37 6.3 TÄTIGKEITEN VOR DEM SEHEN ................................................................................................................ 38 6.4 AUFGABEN WÄHREND DES SEHENS .......................................................................................................... 41 6.5 TÄTIGKEITEN NACH DEM FILM ................................................................................................................ 43 7 WORTSCHATZARBEIT MIT DEM FILM LOLA RENNT ................................................................................ 44 7.1 IDEEN FÜR VERWENDUNG IM UNTERRICHT ................................................................................................ 45 7.2 ALLGEMEINE DIDAKTISCHE HINWEISE ZUR ERSTELLUNG VON FILMDIDAKTISIERUNGEN .......................................... 47 8 FERNSEHEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT ..................................................................................... 48 8.1 DIE DEUTSCHEN – EIN ZDF-DOKUTAINMENT ............................................................................................ 49 8.1.1 Karl IV. und der schwarze Tod..................................................................................................... 52 8.1.2 Deutschunterricht mit den „Deutschen“ ...................................................................................... 53 8.2 DIE TAGESSCHAU ................................................................................................................................ 59 9 FAZIT ...................................................................................................................................................... 63 10 LITERATURVERZEICHNIS......................................................................................................................... 64 11 ANHANG ................................................................................................................................................ 69
1 Einführende Worte Keine Bildung ohne Medien! So lautete die Parole, die im Jahr 2009 von führenden Vertretern der Medienpädagogik ausgerufen wurde. 1 Der Veränderung der Medienlandschaft, der Verkürzung von Kommunikationswegen müsse die moderne Pädagogik Rechnung tragen. Dies hätte auch Änderungen in der Ausbildung von Lehrkräften zur Folge. Die Studieninhalte müssten diesen Veränderungen angepasst werden. Die „Neuen Medien“ seien ein vielfältiges und schwer zu greifendes Phänomen und eine spezielle Vorbereitung auf den Umgang mit ihnen zwingend notwendig. In dieser Arbeit soll es allem voran um die Bedeutung von Spielfilmen und Fernsehen in Verbindung mit dem Internet und ihre Funktionalität für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht gehen. Dass diese Bereiche von der Wissenschaft bisher eher stiefmütterlich behandelt werden, sieht man allein an der vorhandenen Literatur. Vor allem zum Thema Filmdidaktisierung ist wenig Literatur vorhanden. So schreibt auch Kern2, dass es zum Thema Didaktisierung von Filmen keine Grundlagenliteratur gibt, sondern allenfalls Ansätze dazu und eine Fülle von konkreten Unterrichtsvorschlägen. Mit der Habilitationsschrift von Klaus Maiwald liege genau eine Schrift vor, die das Gebiet theoretisch allgemeingültig aufarbeitet und „Wege zu einer konsistenten Filmdidaktisierung weist.“ 3 Vor diesem Hintergrund muss man auch diese Arbeit sehen. Sie beschäftigt sich mit einem Thema, das in der Literatur zur Theorie des Fremdsprachenunterrichts bisher wenig Beachtung gefunden hat. Hier werden verschiedene theoretische Grundsätze beleuchtet, Unterrichtsvorschläge präsentiert und deren praktische Durchführung analysiert. Daran anschließend sollen auch Denkanstöße gegeben werden, wie man Film und Fernsehen im Fremdsprachenunterricht selbstständig einsetzen kann. Der Einsatz von Film und Fernsehen an Schulen und Universitäten ist im Allgemeinen eine Tätigkeit, die sich vor allem bei den Studenten bzw. Schülern großer Beliebtheit erfreut. 1 www.keine-bildung-ohne-medien.de 2 Kern, Peter Christoph, S. 217. 3 Frederking, Jonas, Josting, Wermke. 5
Wird sie doch automatisch verbunden mit „Nichtstun“ und „sich zurücklehnen“. Engagierte Lehrer dagegen vermeiden gerade deswegen deren Einsatz, weil sie das Verhalten ihrer Schüler durchschauen und weil damit im Unterricht im Allgemeinen zu viel Zeit verloren geht, die man viel sinnvoller ausfüllen könnte. Mit dieser Arbeit soll nun demonstriert werden, dass man mit Film und Fernsehen durchaus zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Einerseits kann man so im Unterricht einen Kontrapunkt setzen, die Schüler motivieren, für das Zielsprachenland interessieren und den Schülern ganz neue Erfahrungswelten eröffnen. Andererseits kann der Lehrer durch richtigen Einsatz des Films im Unterricht eine breite Palette klassischer Unterrichtsinhalte vermitteln. Dazu gehört vor allem die Wortschatzarbeit, das Finden von Sprechanlässen aber auch das selbstständische Denken und Handeln. Zu Beginn der Arbeit sollen einige theoretische Grundlagen beleuchtet werden. Zu diesen gehören Überlegungen was Medien und Neue Medien überhaupt sind und wie sie die Unterrichtsinhalte beeinflussen. Daran anschließend wird das Wesen von Filmdidaktisierungen näher beleuchtet und die Rolle, die Medien für den Landeskundeunterricht haben können. Das dritte Kapitel widmet sich mediendidaktischen Themen, die vor allem mit dem Fernsehen und seiner Bedeutung für uns heute verbunden sind. Daraus leitet sich ein Ansatz ab, wie man medialen Unterricht vermittelt. Dieser wird hier „konstruktivistisch“ genannt. Zu diesem Gebiet gehört ebenfalls die Überlegung, dass es mithilfe von Medien möglich ist, Deutschlerner stärker zu motivieren und ihnen gewisse Ängste zu nehmen. Vor dem praktischen Teil, folgt aber noch ein Ausflug in eine andere schulische Sphäre, an die Grundschule. Es wird untersucht, welche Rolle Medien im Grundschulunterricht haben und die Schlussfolgerung gezogen, dass der Umgang mit Medien schon im Kindesalter gelernt werden muss. Nach diesen theoretischen Vorüberlegungen folgt nun der praktische Teil. Dabei bezieht sich der Autor der Arbeit vor allem auf eine Filmdidaktisierung zum deutschen Film „Die Welle“ aus dem Jahr 2008, die er selbst in Zusammenarbeit mit Andrea Lehm im Auftrag des Österreich Institut Brno angefertigt hat. Die besprochenen Aufgaben wurden zwar spezifisch für einen Film erstellt, die meisten von ihnen sind aber problemlos auf andere Filme übertragbar. Das trifft auch für Wortschatzarbeit am Film zu. Diese wird demonstriert 6
mithilfe des Filmes „Lola rennt“, da das Lernen und anwenden neuer Wörter mit diesem Film besonders effektiv geübt werden kann. Den Abschluss des praktischen Teils bilden Übungen zu Medieninhalten aus dem Fernsehen, die sich vor allem auf das ZDF-Dokutainment „Die Deutschen“ beziehen. Abgerundet wird dieses Kapitel von einem Einblick in die Arbeit mit der Tagesschau. Diese Arbeit richtet sich an Fremdsprachenlehrer, die wenige Erfahrungen mit dem Einsatz von Medien haben, sei es weil sie ihn nicht für sinnvoll halten oder weil sie nicht wissen, wie sie das am besten tun. Hier werden einige Möglichkeiten aufgezeigt, die leicht durchzuführen sind und die deswegen Lehrer motivieren werden, diese Ideen in ihren Unterricht einfließen zu lassen. Es wird noch darauf hingewiesen, dass sich einige der verwendeten Begriffe wiederholen und nicht einheitlich benutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel deutsch und österreichisch. In der Arbeit werden Beispiele aus den bundesdeutschen Medien besprochen. Es liegt aber auf der Hand, dass sich die Inhalte auch auf österreichische Medien übertragen lassen. Die Einheiten Lerner, Schüler, Studenten, Jugendliche sind auch durcheinander geraten. Grundsätzlich ist das Fremdsprachenlernen mithilfe von Medien für alle Alters- und Niveaustufen uneingeschränkt geeignet. 7
2 Didaktische Vorüberlegungen Zu Beginn werden dieser Arbeit ein paar allgemeine didaktische Vorüberlegungen vorangestellt. Diese beginnen mit der Frage, was überhaupt alles zu den audiovisuellen Medienangeboten im Unterricht gezählt wird, und wie diese im Unterricht praktisch verwendet werden. Anschließend wird näher auf das Thema Neue Medien eingegangen. Was im Zusammenhang mit Fremdsprachenunterricht kann zu ihnen gerechnet werden und wie beeinflussen diese den Unterricht? Auf diese Fragen werden Antworten gefunden und danach erste Beispiele genannt, wo heute junge Deutschlerner in ihrer Freizeit mithilfe neuer Medien deutsche Kultur „konsumieren“. Abschließend wird untersucht, was genau Filmdidaktik beinhaltet und wie Neue Medien den Landeskundeunterricht bereichern. 2.1 Was alles sind Medien im Unterricht? Die Beispiele, die in dieser Arbeit betrachtet werden, sind zum Bereich audiovisuelle Medien zu zählen. Audiovisuelle Medienangebote kann man betrachten als technisch erzeugte Verbindung von bewegten Bildern und Tönen, darum bezeichnet man sie auch als Verbundmedium.4 Demzufolge fallen Dichterlesungen, Theaterlesungen, Gottesdienste und Konzerte. aus dieser Kategorie raus, da sie, obwohl audiovisuell, nicht technisch erzeugt werden. Diese Einschränkung erleichtert die Charakterisierung, da auch nach der Ausklammerung der eben genannten Medien das Angebot audiovisueller Medien breit gefächert, ja unübersichtlich ist.5 Als Medien kann man alle Materialen bezeichnen, die im Unterricht verwendet werden. Laut Mindt6 gilt auch die Lehrkraft an sich als Medium im Fremdsprachenunterricht, da sie „die Lautform der fremden Sprache als Vorbild vermittelt.“ Diese Ansicht ist plausibel aber umstritten. Folgen wir ihr, so kommen wir zu dem Schluss, dass genauso wie der Lehrer auch 4 Vgl. Raabe S. 423. 5 Frederking, S. 141. 6 Mindt, 2005, S.70. 8
die Tafel, der Overheadprojektor, das Arbeitsblatt usw. zu den Unterrichtsmedien gehören. 7 Die Begriffseinheiten Text und Medium werden teilweise synonym verwendet, da jeder Text zugleich Medium ist und jedes Medium auch Text. Diese Gliederung gab es schon bei Rajewsky8, bei dem aber auch Medienprodukte aller Art wie Filme, Theaterstücke, Fernsehsendungen usw. als Text aufgefasst werden. Nach Rajewsky9 spielt die Medienkombination im Unterricht eine große Rolle. Als Medienkombination gelten alle Medienprodukte, bei der verschiedene Medien kombiniert werden. In einer Zeitung werden Bilder und Texte kombiniert, in der Tagesschau Bilder, Videosequenzen, Texte und Interviews und gleichermaßen gilt das Schulbuch als Medienkombination. Es kombiniert Bilder, geschriebene Texte und gesprochene Texte oder Musik von der beiliegenden CD. Die Medienkombination ist sowohl in der Alltags- als auch in der Lernwelt omnipräsent. Demzufolge ist auch eine Unterrichtseinheit als Medienkombination zu verstehen, da in den meisten Unterrichtsformen verschiedene Medien genutzt werden. Ziel ist es das Unterrichtsthema möglichst vielschichtig und aus verschiedenen Perspektiven zu veranschaulichen. Aus didaktischer Sicht bedeutet das, dass die Stärken einzelner Medien durch ihren kombinierten Einsatz noch stärker in den Vordergrund treten sollten.10 Zusammen gehalten werden die verschiedenen Medien von der Intertextualität. Intertextualität bezeichnet die Merkmale, die mehrere Texte gemein haben. Durch sie treten die Texte in unterschiedlicher medialer Form in das „Spiel der Texte ein“11, wo im besten Fall „komplementäre, kontrastive oder vergleichende Betrachtungsmöglichkeiten entstehen, so dass sich Texte gegenseitig befragen, in Zweifel ziehen oder widersprechen.“12 Dieses „Spiel“ fördert und fordert zugleich den kulturellen Verstehensprozess.13 Das bedeutet, dass es für den lebendigen Fremdsprachenunterricht unerlässlich ist, verschiedene Medien zu kombinieren, um beim Lerner ein tieferes Verständnis für die fremde Kultur zu entwickeln. Für diese produktive Art der 7 Wesemann S.176 8 Rajewsky S.206. 9 ebd. 10 Vgl. ebd. 11 Hallet, 22-30. 12 Ebd. 13 Wesemann S.176. 9
Medienkombination ist in dieser Arbeit ein sehr anschauliches Beispiel zu finden. Bei der Beschäftigung mit einem Teil aus der Fernsehreihe „Die Deutschen“ (siehe Kapitel 8) in dem es um den Kaiser Karl IV. geht, werden verschiedene Zeitungstexte herangezogen, die die Sendung aus tschechischer Sicht beleuchten. Dazu kommen Arbeitsblätter, die der Fernsehsender ZDF selbst zur Verfügung stellt. (siehe Anhang H,I ) Zusammen bilden sie eine vielfältig zusammengesetzte Medienkombination. Die verschiedenen Medien können gleichberechtigt eingesetzt werden oder aber ein Medium steht im Mittelpunkt der Unterrichtseinheit, was normalerweise der Fall ist. Durch jedes Medium wird ein Text transportiert, der im immanenten Zusammenhang (Kontextualität, Intertextualität) mit den anderen Texten steht. Die Gesamtheit der Texte, die in einer Unterrichtseinheit benutzt werden, ergibt die Textualität.14 Durch die verschiedenen Beiträge der Schüler, mündlich und schriftlich, wird diese Intertextualität offensichtlich. Die verschiedenen Medien werden bewusst kombiniert. Wesemann bezeichnet das als Medienkombinationskonzept. 15 In dieser Arbeit sind mit Medien vor allem filmische Inhalte gemeint. Dazu kommen einige Fernsehformate. Eine Spezifizierung ist an dieser Stelle nötig, da sonst der Begriff Medium irreführend wirken könnte, da er sehr unkonkret ist. 2.2 Neue Medien im Fremdsprachenunterricht Unter die Neue Medien kann man vor allem das Internet einordnen. Inhalte, die das Internet bereithält und die für den Einsatz im Unterricht bestimmt sind, gibt es zuhauf. Im Bezug auf deren Praktikabilität im Unterricht ist der Gewinn für Fremdsprachen sicherlich am Größten. An dieser Stelle seien zum Beispiel die Zusatzmaterialien der Verlage erwähnt, die den Unterricht auf vielseitige Art und Weise ergänzen.16 Dazu kommt das Multimedia-Angebot der verschiedenen Fernsehsender. Diese Arbeit beschränkt sich bei der Betrachtung auf die zwei großen staatlichen deutschen Sender ARD und ZDF. Zieht man auch noch dritte Programme, private Sender und die deutschsprachigen Programme aus der Schweiz und 14 Vgl. Ebd. 15 Ebd. 16 Vgl, z.Bsp. Hueber-Lehrwerkservice. 10
Österreich in Betracht, erhält man eine wahre Fülle an Möglichkeiten. Ebenfalls erwähnt werden sollten verschiedene Multimedia-Lehrprogramme, die oftmals auch im Internet zur Verfügung stehen.17 Dass deswegen der Unterricht eine Veränderung durchmacht, ist nicht zu bestreiten.18 Von seiner klassischen Art, geprägt durch soziale Lernformen, wird er sich wegentwickeln zu einem computergestützten Lernen, bei dem neue Medien einen großen Anteil haben werden. Laut Schüle19 haben die Fremdsprachenlehrer bei dieser Veränderung nichts zu verlieren und die Veränderungen werden „durchweg positiv“ sein. Ob das so eintreffen wird sei dahingestellt. Fest steht, dass die neuen Technologien neue Möglichkeiten mit sich bringen und dass es das oberste Bestreben der Fremdsprachenlehrer sein sollte, deren Einsatz produktiv und gewinnbringend zu gestalten. In dieser Arbeit wird der Einsatz von verschiedenen Lernsoftwares nicht berücksichtigt, da diese ausreichend Möglichkeiten und Facetten für eine eigene Arbeit bieten. In gewisser Weise lassen sich beide Bereiche aber nicht eindeutig trennen. Überschneidungen gibt es zum Beispiel bei allen Lehrmaterialien, die uns das Internet zu bestimmten filmischen Inhalten anbietet. Diese werden hier ebenfalls besprochen. Freudenstein20 hatte schon im Jahr 1992 die Vorstellung, dass es im 21. Jahrhundert selbstverständlich sein wird, die technischen Möglichkeiten, die uns der Computer bietet, sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Für den Lerner der Zukunft werde es notwendig sein, aus einer Vielzahl von Möglichkeiten selbstbestimmend das Geeignetste für sich auszuwählen. Fremdsprachenunterricht werde nicht mehr ausschließlich von Lehrwerken gestaltet, sondern von „Sachinhalten“ beeinflusst, „die der Lehrer kennt, die ihn interessieren oder die ihn persönlich angehen.“ Es werde in Zukunft um den Erwerb einer fremden Sprache, und nicht um den Erwerb einer Fremdsprache gehen. Eine „nicht mehr bewusst gesteuerte Authentizität“ werde zum „Leitprinzip effektiven Unterrichts.“ 17 Vgl. z. Bsp. http://www.deutsch-lernen.com/d_index.php. 18 Andrea Meyer, S.105. 19 1997, S.270-272. 20 Freudenstein, S548f. 11
Ob Freudenstein damit schon eine Vision vom Internet beschrieben hat sei dahingestellt. Der Gedanke liegt nahe, da die Vorstellung dem sehr nahe kommt, was das Lernen mit dem Internet ausmacht. Festzuhalten ist, dass die Vision in der Realität bereits ansatzweise stattfindet.21 Im Mittelpunkt des Unterrichts steht ein bestimmtes Thema und der Lehrer wählt zu diesem verschieden Materialien frei aus. Er ist bei der Durchführung nicht mehr an ein Medium (Lehrbuch) gebunden. Unerlässliches Hilfsmittel dabei ist die Ausstattung der Unterrichtsräume mit Computer und Beamer, welche schrittweise vonstattengeht. Die meisten Universitäten sind heute schon gut ausgestattet und auch viele Schulen sind dabei nachzurüsten. Einfach Fernsehen! Vielleicht meinte Freudenstein auch das Satellitenfernsehen, das in den frühen 90er Jahren seine Blütezeit erlebte und das für den Fremdsprachenunterricht Bedeutung erlangte, da es mit ihm möglich wurde, authentisches Fernsehen aus dem Zielsprachenland weltweit zu empfangen und im Unterricht einzusetzen. Zwischen Satellitenfernsehen und dem Internet verläuft heute keine klare Trennlinie mehr. Für viele Nutzer des Internets ist es Gang und Gäbe im Internet Sendungen aus anderen Ländern zu konsumieren. Zum Beispiel sportliche Großveranstaltungen, für die Übertragungsrechte in verschiedenen Ländern oft ganz unterschiedlich geregelt sind, werden mit Vorliebe bei ausländischen Sendeanstalten geschaut. In diesem Fall nimmt man die Fremdsprache ganz nebenbei aber doch bewusst wahr.22 Das Sehinteresse ist ursprünglich vom Inhalt motiviert, und nicht vom Wunsch sich mit einer Fremdsprache zu beschäftigen oder etwas von einer fremden Kultur zu lernen. Das Erleben einer fremdsprachlichen Wirklichkeit ist hier also ein angenehmer Nebeneffekt. Diesen sollte man aber gezielt einsetzen. Für den Deutschlehrer heißt das, die Schüler zu motivieren Fernsehprogramme aus anderen deutschsprachigen Ländern zu sehen und ihm Tipps zu geben, wie er das am besten tut. In einer Zeit, wo es traditionelle Lehrstoffinhalte sehr schwer haben, sich gegen die Konkurrenz von Facebook und Co. durchzusetzen, sollte das Internet nicht aus der Schule verdammt, sondern gezielt eingesetzt werden. Wenn Schüler, die viel Zeit vor dem Computer „verschwenden“, dazu gebracht werden könnten, 21 Rösler S.84. 22 Ebd. 12
diese Zeit im deutschsprachigen Internet zu verbringen, wäre viel gewonnen. So kann man mittels Facebook ohne Probleme in Kontakt zur deutschsprachigen Wirklichkeit treten. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und die meisten Jugendliche daran gewöhnt, im Internet Gleichgesinnte zu finden. Ein anderes Beispiel ist das unter Jugendlichen sehr beliebte Fernsehformat Casting-Show. Ein Beispiel einer solchen Show, die sowohl in Deutschland als auch in Tschechien und der Slowakei existiert, ist die Sendung Superstar, tschechisch Československo má Talent. Eine Show die zur puren Unterhaltung dient und frei von Anspruch ist, die aber für den Fremdsprachenunterricht äußerst wertvoll sein kann. Dazu gehört, dass die Jugendlichen sehen, dass die Kultur des Zielsprachenlandes Deutschland gar nicht so unterschiedlich ist von ihrer eigenen. Es gibt die gleiche Show mit den gleichen Inhalten, die die jungen Lerner ähnlich faszinieren. Hinzu kommen das Erleben einer anderen Kultur und Mentalität und der vergleichende Faktor. Wie wirken Künstler, Publikum und Jury auf mich, welche Unterschiede zu der mir bekannten Sendung stelle ich fest? Ähnlich verhält es sich mit den künstlerischen Darbietungen. Welche Stilrichtungen sind vertreten und wodurch sind diese beeinflusst? Auf all diese Fragen wird der Zuschauer Antworten suchen und damit setzt er sich schon aktiv mit landeskundlichen Inhalten auseinander. Zeitgleich lernt er Deutschland von einer Seite kennen, die ihm wahrscheinlich bis dahin unbekannt war und dabei ändert sich das Bild, das er vorher hatte. Die wichtigste Komponente ist jedoch die sprachliche. Egal ob es Superstar ist oder eine andere Sendung, es wird Deutsch gesprochen. Der Lerner verbindet seine in der Schule erworbenen Fähigkeiten mit seiner Freizeitbeschäftigung und gibt diesen damit einen Sinn, was wiederrum der Motivation zuträglich ist. Der Lerneffekt besteht neben dem Training des Hörverstehens auch im Erlernen moderner, jugendsprachlicher Ausdrücke. Dieser Aspekt lässt sich gut in den Unterricht einbinden, indem man die verstandenen Ausdrücke sammelt oder offen gebliebene Fragen beantwortet. Es ist aber nicht so gedacht, dass Deutschland sucht den Superstar den Deutschunterricht in seiner traditionellen Form ablöst. Vielmehr soll der Unterricht auf diese Weise ergänzt und bereichert werden. Rösler (1994)23 schreibt, dass unabhängig davon ob einem die Rolle der neuen Medien gefällt oder nicht, diese die Möglichkeiten des „nicht-institutionellen Umgangs“ mit der 23 Ebd. 13
fremden Sprache erweitern und dass sie der Situation in der Inlandssituation nahekommt. Auf diese Veränderungen müssen Schüler vorbereitet werden. Es ist also ratsam, anstatt das Internet auszugrenzen, es produktiv mit in den Unterricht einzubeziehen. 2.3 Was ist Filmdidaktik? Die Filmdidaktik, die ein Teil der Fremdsprachendidaktik ist, soll die interkulturelle und kommunikative Kompetenz fördern. Dabei werden Filme in all ihren Gattungen und Genres herangezogen. Filme basieren aus didaktischer Sicht auf der Verknüpfung visueller, verbaler und nonverbaler Elemente. Filme gelten als inszeniertes und simuliertes Medium und das in ihm stattfindende sprachliche und nichtsprachliche Handeln ist stets kontextgebunden. 24 Dadurch unterstützen Filme die bewusste Wahrnehmung paraverbaler Kommunikationssignale wie Lautstärke oder Sprechtempo. Außerdem eignen sie sich zur Einführung und Erweiterung verschiedener Themenfelder und können Grundlage sein für weitere sprachliche Tätigkeiten im Fremdsprachenunterricht. 25 Diese stehen überwiegend im Zusammenhang mit landeskundlichen Themen und emotionalen Inhalten. Besonders geeignet ist der Einsatz von Filmen zur Durchführung interkultureller Vergleiche und sie bieten darüber hinaus „Vorbilder für dialogisches Sprechen“. Das heißt, dass die gesprochenen Texte in Filmen überwiegend aus Dialogen bestehen, die authentisch und lebensnah sind. Aus diesen können Lerner Vorbilder ableiten, die sie dann selber aktiv anwenden können. Gezielt üben kann man das im Zusammenhang mit Rollenspielen. Diese können den Inhalt des Filmes reflektieren oder konkrete Szenen nachspielen. In beiden Fällen trainiert der Lerner die „Versprachlichung subjektiver Wahrnehmungen.“ 24 Vgl. Barkowski/Krumm S.84.. 25 Ebd. 14
2.4 Medien im Landeskundeunterricht In den 90er Jahren hat sich die Tendenz verstärkt, dass Landeskunde nicht mehr getrennt vom sonstigen Fremdsprachenunterricht stattfindet, sondern stärker mit einbezogen wird. Ziel war einerseits die Effektivierung des Unterrichts, andererseits wollte man sprachliches und kulturelles Lernen im DaF-Unterricht stärker miteinander verbinden. 26 Es entstand eine Kulturdidaktik, die Wissen über Kultur und Gesellschaft Deutschlands mit Methoden zur Auseinandersetzung mit fremd- und eigenkulturellen Phänomenen verband. Die Themen27 richteten sich eher nach den didaktischen Zielen als nach den inhaltlichen. Die reine Vermittlung von Landeskundewissen trat also in den Hintergrund. In den Unterrichtsstoff fließen nun landeskundliche Inhalte mit ein. Diese Konzeption hat sich inzwischen weitestgehend durchgesetzt und auch die Lehrbücher richten sich danach. In den meisten gebräuchlichen Lehrwerken zum Deutschunterricht wird die Vermittlung von Landeskunde mit dem Erwerb sprachlichen Wissens verknüpft. Beispielsweise im Lehrbuch Tangram 2 gibt es einen Abschnitt zum Fall der Mauer im Jahr 1989. Die Thematik wird verbunden mit dem Erlernen des Präteritums und anschließend der Unterscheidung von geschriebener und gesprochener Sprache. 28 Laut Heyd29 sind Medientexte für die Vermittlung interkultureller Kompetenz besonders gut geeignet. Während diese früher meistens mittels Mitschnitten auf Videocassetten präsentiert wurden, würde man sich heute aus dem Internet bedienen. Wobei das in Bezug auf Fernsehmitschnitte nicht zwingend eine Verbesserung sein muss, da die technische Anfälligkeit höher ist. Der Trend geht aber dahin, dass die Videocassette in den nächsten Jahren völlig verschwinden wird und damit das Mitschneiden von Fernsehsendungen auch erschwert wird beziehungsweise wird die Aufgabe von DVD- Brennern übernommen. Das Fernsehen hat durch seine informativen und unterhaltenden Inhalte einen großen Anteil an der öffentlichen Diskussion und an der Meinungsbildung. Es präsentiert ein Stück Alltagskultur und da die Sendeformen und Genres äußerst verschieden sind, bietet es 26 Heyd S.44. 27 vgl. Weimann/Hosch: S. 517-518. 28 Vgl. Dallapiazza S. 52ff. 29 Heyd, S.44. 15
ansprechende Anlässe zu den verschiedensten Problemdiskussionen und Aufgabenstellungen.30 Allrø31 empfiehlt Fernsehsendungen wegen ihrer gesellschaftlichen Relevanz in den Fremdsprachenunterricht mit einzubeziehen und „medienpädagogisch“ und „kulturkomparatistisch“ einzusetzen. Mithilfe von Fernsehsendungen können die Deutschschüler etwas über die fremdsprachliche Wirklichkeit erfahren, dabei vergleichen sie sie mit ihrer eigenen und lernen somit etwas über ihre eigene Kultur. Medienpädagogisch zu arbeiten bietet sich immer dann an, wenn Sendungen behandelt werden, die die Schüler persönlich interessieren. Es soll dann mit den Schülern über die Sendungen diskutiert werden, über positive sowie negative Aspekte. Es wird also permanent versucht mehrere Aspekte mit einem Unterrichtsthema abzuhandeln. Das stellt aber hohe Anforderungen an das Profil des Lehrers. Er muss in der Lage sein, Inhalte zu vermitteln, die über seine ursprünglich erworbenen Kompetenzen hinausgehen und die Motivation haben, sich weiterzubilden.. Lindhorst/Röllecke 32 möchten das landeskundliche Potential von Fernsehsendungen zur Entwicklung des kritischen Sehverstehens und interkultureller Kompetenz nutzen. Dabei sollen die verschiedenen Fernsehgenres wie Nachrichten, Langspielfilme, Serien, Talk-Shows usw. mit einbezogen werden. Dazu sollen vor allem medienkritische Aufgaben gelöst werden. Das zielt auf Fragen ab, die sich mit inhaltlicher Kritik und der Art der Präsentation von Inhalten beschäftigen. Es soll also auch die Fähigkeit des Reflektierens über Medien trainiert werden um ein gewisses Maß an Medienkompetenz zu erreichen. Mit der Entwicklung von Medienkompetenz33 ist u.a. die Fähigkeit zur Rezeption gemeint, die die inhaltliche und medienspezifische Darstellung umfasst. Es geht also um die Frage, wie bestimmte Inhalte in einer Sendung präsentiert werden. Nachrichten zum Beispiel haben zur Aufgabe über die Ereignisse eines Tages zu informieren, sie sollen allgemeingültig sein und objektiv. Diese Objektivität ist allerdings bei den verschiedenen Nachrichtensendungen unterschiedlich ausgeprägt, was man an Themenauswahl und unterschiedlichen 30 Ebd. 31 Allrø nach Lindhorst/Röllecke S. 98. 32 Lindhorst/Röllecke S. 101. 33 ebd 16
Darstellungen erkennt. 34 Interessant ist es diese Unterschiede zu untersuchen und zu benennen, wobei die Schüler auch ihr Weltwissen einfließen lassen. Im Fremdsprachenunterricht kann man sie einsetzen zum selektiv-globalen Hörverstehen. Dazu gehört die Differenzierung von Textsorten, die Analyse und Bewertung der audiovisuellen Präsentation und die Art wie das Thema präsentiert wird. 35 Derartige Aufgaben sind für viele Lernergruppen sicherlich zu anspruchsvoll, erträglicher ist in den meisten Fällen der Vergleich mit im Heimatland bekannten Sendungen. Heyd 36 führt außerdem das Beispiel der Lindenstraße an. Einer Unterhaltungsserie die sich in den 80er Jahren zu einer Art „öffentlicher Institution der Bundesrepublik“ entwickelt hat, da in dieser Serie viele aktuelle gesellschaftliche Fragen thematisiert werden, wodurch die Serie sich unterscheidet von den Seifenopern, die in den letzten 15 Jahren sehr beliebt wurden, wie zum Beispiel „Gute Zeiten Schlechte Zeiten.“ In Serien wie der Lindenstraße wird die emotionale Ebene sehr stark angesprochen und der Zuschauer beschäftigt sich mit verschiedenen Wertevorstellungen und Existenzformen. Dazu gehört zum Beispiel die Lebensweise der Einwanderer vor allem türkischer und griechischer Herkunft oder der Rechtsextremismus. Viele dieser gesellschaftlichen Themen sind deutschlandspezifisch und für einen tschechischen Lerner ohne Hintergrundwissen sicher neu und bereichernd. Gerade deswegen eigne sich die Serie sehr gut zur Beobachtung und kulturkomparativen Beurteilung verschiedener kultureller Phänomene des Alltags. 3 Mediendidaktische Vorüberlegungen Dieses Kapitel handelt von mediendidaktischen Überlegungen, die sich vor allem mit der Rolle des Fernsehens auseinandersetzen. Es soll untersucht werden, welche semantischen Ebenen der Begriff „Fernsehen“ enthält und welche davon für unsere Zwecke relevant sind. Dazu soll im Anschluss kurz zusammengefasst werden, welche Bedeutung das Fernsehen heute in der Gesellschaft hat. Diese Überlegungen werden als Grundlage genommen, für 34 Heyd S. 45. 35 Heyd S. 45.. 36 Ebd. 17
eine möglichst interaktive Gestaltung des Unterrichts. Dabei spielen konstruktivistische Theorien eine große Rolle. Diese sollen auch einen positiven Effekt haben auf Lernmotivation und Selbstvertrauen der Schüler. 3.1 Zur Bedeutung des Fernsehens Als audiovisuelle Medien werden in erster Linie die Inhalte von Film und Fernsehen verstanden. Mit dem Medium Fernsehen können ganz verschiedene Dinge gemeint sein und eine genaue Unterscheidung ist darum zwingend.37 Laut Frederking, Krommer und Maiwald38 kann man „Fernsehen“ auf fünf verschiedene Arten verstehen: a) Als Technik des Mediums in Bezug auf Produktion, Ausstrahlung und Empfang einer Fernsehsendung. Für die Entwicklung des Fernsehens war die Braun`sche Röhre maßgebend. b) Als Tätigkeit oder Art der Wahrnehmung. Fernsehen tut man häufig nebenbei. c) Als Institution, die entweder öffentlich-rechtlich oder privat geprägt ist. Das Fernsehen ist einer der größten Arbeitgeber. d) Als ein bestimmtes Medienangebot. Das Fernsehen war früher besser. e) Als ein kulturelles Phänomen. Durch das Fernsehen hat sich die öffentlich Wahrnehmung von Politikern stark verändert. 39 Für didaktische Zwecke im Fremdsprachenunterricht geeignet ist vor allem das Fernsehen als Medienangebot und als kulturelles Phänomen. Davon zu unterscheiden und nur von sekundärer Bedeutung ist das Träger- und Präsentationsmedium. Ein Film kann von Video oder DVD abgespielt oder im Fernsehen ausgestrahlt werden. Nach seiner groben Einordnung gehört der Film also zum Fernsehen. Genauso verhält es sich mit Inhalten aus dem Fernsehen, die aber über das Internet betrachtet werden. Die Facettenvielfalt des Fernsehens offenbart sich schon, wenn man die Kategorien Spielfilm und Fernsehsendung unterscheidet. Das Spielfilmangebot erstreckt sich von kommerziellen 37 Vgl. Holly, S.1. 38 Frederking S. 141. 39 Vgl. ebd. 18
Produktionen (Titanic, 1997) bis hin zu alternativen Kunstfilmen (Dead man, 1995). Im Laufe der Filmgeschichte haben sich verschiedene Genres wie Western, Monumentalfilm, Komödien, Liebesfilme usw. entwickelt. In den letzten fünf Jahren entwickelte sich eine Verknüpfung von Spiel- und Dokumentarfilmen, die an spätere Stelle auch in dieser Arbeit einen Platz finden wird (siehe Kapitel 8). Einen eigenen Bereich nehmen Kinder- und Jugendfilme ein. Auch diese können für die didaktische Verwendung interessant sein. (siehe Kapitel 5) Schon das Angebot an Spielfilm erweist sich als heterogen, noch stärker ist dies der Fall bei Fernsehsendungen. Dabei wird unter drei Gattungen unterschieden. 40 a) informativ: Nachrichten, Dokumentationen etc. b) performativ: Gesprächssendungen, Reality-Formate, Quiz-, Spiel-, und Casting-Shows. c) fiktionale: Filme, Fernsehspiele, Serien Hinzu kommen alle möglichen Formen audiovisueller Medien von denen der Mensch ständig umgeben ist. So zum Beispiel bei Kurzfilmen und Werbungen im Internet oder an öffentlichen Plätzen, Veranstaltungen auf Großleinwänden oder PC- und Video-Spielen. Es gibt auch verschiedene Lernfilme, die konkret für den Einsatz im Unterricht konzipiert wurden. Audiovisuelle Medien lassen sich also nicht mehr nur auf Film und Fernsehen beschränken, wie das in der traditionellen Mediendidaktik üblich war, sondern müssen um einige Bestandteile erweitert werden. 41 Diese Arbeit wird sich aber auf das breite Angebot von Film und Fernsehen beschränken. Diese Breite an Möglichkeiten birgt mehrere Gefahren.42 Für die Fernsehzuschauer im Allgemeinen und für die Verwendung im Fremdsprachenunterricht im Speziellen. Es könnte passieren, dass man beim Auswählen überfordert wird und nach dem Zufallsprinzip irgendetwas auswählt, mit dem die eigentlich geplanten didaktischen Ziele aber nicht erreicht werden. Die Auseinandersetzung mit dem ausgewählten Programm und die genaue Planung der Durchführung sind deshalb unabdingbar für den Einsatz audiovisueller Medien 40 Siehe Holly S.52ff. 41 Frederking (2008) S. 142 42 Ebd. 19
im Fremdsprachenunterricht. Diese Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, genau diese Arbeit zu erleichtern. Man muss auch berücksichtigen, dass die verschiedenen Fernsehsendungen oft nicht in sich geschlossen, sondern vielmals horizontal mit anderen Sendungen beziehungsweise Programmteilen verbunden sind und ohne deren Kenntnis nur unzureichend verstanden werden.43 Darum sollte genau überprüft werden, welche Rolle bei einer Sendung das nötige Vorwissen spielt und ob es sinnvoll ist, die Sendung zu zeigen. Dies kann aber auch als Instrument dienen, mit dem man die Kreativität der Schüler anregt. Nämlich dann, wenn diese bei einer Fernsehserie spekulieren müssen, was vorher passiert ist. Im Zusammenhang mit Film und Fernsehen ist oft vom sogenannten Leitmedium die Rede. Dieser Begriff hat zwei Dimensionen, eine quantitative und eine qualitative, wobei die quantitative einen größeren Raum einnimmt. Heutzutage wird außerhalb der Bildungseinrichtungen viel öfter das Fernsehen herangezogen um das Bedürfnis nach Unterhaltung zu stillen. Wogegen es vor der Massenwirksamkeit von Fernsehen noch Bücher, Theater, später auch Radio waren. Dies hat die qualitative Folge, dass Menschen im Allgemeinen, aber Kinder und Jugendliche im Besonderen, ihre Vorstellung von dem, was Erzählen und Erzähltes ist, viel mehr aus dem Fernsehen ableiten als aus Büchern oder anderen Printmedien. 44 Das hat für alle Lehrer an Grundschulen, Gymnasien oder Universitäten die Konsequenz, dass Unterrichtsinhalte und deren Durchführung sich ändern müssen, damit sie sich an die kognitiven Eigenschaften und Fähigkeiten der Schüler anpassen. Auf die Verstrickung der Sendungen mit- und untereinander bauen vor allem die privaten Fernsehanstalten, sowie die Jugendsender MTV und VIVA. Es kann durchaus passieren, dass jugendliche Lerner, aber auch Studenten, ein ganz anderes Hintergrundwissen und Verständnis für viele Fernsehinhalte haben, was durchaus von Nutzen sein kann.45 43 Frederking (2008) S.143. 44 Ebd. 45 Erlinger 2002, S.628 20
Man sieht also, dass die Möglichkeiten des Fernsehens beinahe grenzenlos sind und eine Charakterisierung nicht ganz leicht fällt. Wegen dem großen erzählerischen Inhalt vieler Sendungen sieht Erlinger46 im Fernsehen eine „einzige Großerzählung“. Man könnte es auch als einen Gesamttext bezeichnen. Wie man es auch immer betrachtet, die Wirkung die das Fernsehen auf die meisten Menschen hat, ist unbestritten. Dies sollte man sich nach Ansicht des Autors mehr zu Nutzen machen, als das bisher der Fall war. Dafür benötigen Lehrer aber mehr Hilfestellungen, als momentan zur Verfügung stehen. 3.2 Lehren und Lernen mit Medien – Ein konstruktivistischer Ansatz Schon seit einigen Jahren besteht die Forderung von Lernpsychologen und Pädagogen nach einer Neugestaltung des Unterrichts, einer neuen Kultur des Lesens und Lernens, als Reaktion auf die veränderte Rolle des Computers.47 Da es inzwischen in nahezu jedem Haushalt einen Computer mit Internetanschluss gibt und diese von den meisten Jugendlichen stark genutzt werden. Die Mediendidaktik hat dazu kognitivistische und konstruktivistische Ideen. Die Grundlage dafür bildet der Ansatz der Wissensgesellschaft, der davon ausgeht, dass das Individuum mit seinen persönlichen Kompetenzen, Einstellungen und Werten im Mittelpunkt steht. Den Gegensatz dazu bildet die Informationsgesellschaftet, die das Individuum als bloßen Empfänger von Wissen betrachtet.48 Der neue Ansatz der Wissensgesellschaft geht davon aus, dass sich Wissen und der Wissenserwerb in der modernen Gesellschaft ständig verändern und dass es darum erforderlich ist, die heranwachsenden Schüler zu einer flexiblen Wissensnutzung zu animieren und zu befähigen. Dazu gehört es auch den Umgang mit neuen Technologien zu fördern, genauso wie Kooperation und Kommunikation, soziales Denken und Handeln. Ziel ist die Etablierung einer neuen Lernkultur. 49 Doch die Erkenntnisse beziehen sich nicht nur auf Jugendliche. Ansatz ist der Gedanke des lebenslangen Lernens, welches alle 46 Ebd. 47 Barsch, S.140. 48 Ebd. 49 Ebd. 21
Altersgruppen umfasst und beim Lernen auf Konstruktivität, Selbststeuerung und Kooperation setzt und bei der der aktiv lernende in den Mittelpunkt gestellt wird. Mandl und Winkler (2003)50 charakterisieren die Lernprozesse wie folgt. a) Lernen ist ein aktiver Prozess, d.h. nur über eine aktive Beteiligung des Lernenden wird Lernen möglich b) Lernen als selbstgesteuerter Prozess, bei dem der Lernende steuert und kontrolliert. c) Lernen als konstruktiver Prozess, d.h. ohne eigenes, individuelles Vorwissen und eigene Erfahrungen ist produktives Lernen nicht möglich. d) Lernen als situativer Prozess, der immer in einem bestimmten Rahmen und einer bestimmten Situation stattfindet. e) Lernen als sozialer Prozess, d.h. Lernen ist ein interaktives Geschehen und schließt immer auch soziale Komponenten ein. Das Gegenteil dieses Ansatzes ist die Vorstellung vom Lernen als Ergebnis von Faktenlernen, bei dem der Lehrer den Lehrstoff als Ware dem Schüler verkauft. Das Resultat dieser Art des Lernens ist oft sogenanntes träges Wissen,51 d.h. Wissen das passiv verarbeitet wird und dann in konkreten Situationen nicht aktiv angewandt werden kann. Hierbei wird der Bezug zum Fremdsprachenunterricht besonders deutlich. Gerade im Fremdsprachenunterricht ist es in der Vergangenheit gewöhnlich gewesen, dass er auf die Vermittlung von bloßem Grammatik- und Wortschatzwissen angelegt ist, was zur Konsequenz hat, dass viele Schüler nach dem Abitur nicht in der Lage sind, einen alltäglichen Satz in der Fremdsprache zu formulieren. Im Fall von Deutsch ist es zu beobachten, dass viele wissen, welche Präpositionen man mit Dativ verwendet, sie aber in der Realität die Funktion des Dativs nicht verstanden haben. Was zeichnet nun das konstruktivistische Lehren und Lernen aus? Im konstruktivistischen Unterricht wird Wissen nicht passiv aufgenommen, sondern aktiv aufgebaut. 52 Wie der Lerner Wissen also den Lehrstoff konstruiert, hängt vor allem vom Vorwissen der Schüler ab, und von anderen Faktoren wie Erfahrungen, Wertemaßstäben, mentalen Modellen und kognitiven Wissensstrukturen. Dem Lerner hilft sein Vorwissen beim Verarbeiten, Erweitern, 50 Mandl/Winler S. 77. 51 Barsch S. 142. 52 Ebd. 22
Strukturieren und Wiedergeben von Wissen. Die Konsequenz für den konstruktivistisch geprägten Unterricht ist eine Verlagerung des Unterrichtsschwerpunktes von „Wissen was?“ auf „Wissen wie?“. Effektives Lernen beinhaltet inhaltsbezogenes, textbezogenes Lernen, bei dem die eigenen Erfahrungen mit in den Lernprozess einfließen und mit realitätsnahen Inhalten verbunden werden. Dagegen geht die „alte Schule“ davon aus, dass effektives Lernen bedeutet, abstrakte Konzepte ohne Kontextbezug an den Lerner zu vermitteln. Dieser wird als passiver Empfänger von Wissen gesehen, der wie ein Behälter mit Wissen aufgefüllt wird. 53 Das bedeutet aber nicht, dass Unterricht in seiner traditionellen Form überflüssig wird und die Schüler auf sich allein gestellt lernen sollen. Im Gegenteil. Schüler brauchen die Anregungen, Hinweise und Fragestellungen des Lehrers. Jedoch verändert sich dessen Rolle dabei vom Vermittler zum Berater.54 Diesen abstrakten Theorien lassen sich einfach mit dem Einsatz von Medien im Fremdsprachenunterricht, in einen Zusammenhang bringen. Das Schauen von Filmen oder das Abspielen von Fernsehsendungen übers Internet ist für die meisten Jugendlichen eine vertraute Handlung. Es wird dabei also das Weltwissen der Schüler angesprochen. Es ist dabei sogar möglich, die Schüler direkten Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung nehmen zu lassen, indem man sie die Sendungen selbst aussuchen lässt. Dies kann auch zu Hause in selbstständiger Arbeit geschehen. Dabei bekommen die Schüler eine viel aktivere Rolle und müssen den Lernprozess selbst steuern. Ein großes Plus dieser Konzeption ist, dass man Unterrichtsinhalte, in unserem Fall sprachliche, mit Inhalten verbinden kann, die Jugendliche konsumieren und eher als Unterhaltung wahrnehmen. Die Entwürfe sind oft so geplant, dass die Kooperation der Schüler untereinander eine Rolle spielt und damit die „Teamfähigkeit“ entwickelt werden soll. Diese Erkenntnisse lassen sich nicht nur sehr gut vereinbaren mit den Unterrichtsvorschlägen, die in dieser Arbeit vorgestellt werden, sie bieten sogar eine Grundlage. Es werden neue Felder, Methoden und Möglichkeiten für die Gestaltung des Unterrichts, hier konkret des Fremdsprachenunterrichts erschlossen und diese Arbeit soll dabei als Wegweiser dienen. Auf keinen Fall soll sie ein allumfassendes Hilfswerk zur 53 Ebd. 54 Mandl/Winkler S. 78. 23
Benutzung der neuen Medien sein. Es ist aber das Ziel Anhaltspunkte und Hilfestellungen zu geben, die den Umgang mit Medien erleichtern. Bei manchen Untersuchungen ist eine Überschneidung von Deutschunterricht an deutschen Schulen und dem Unterricht Deutsch als Fremdsprache festzustellen. Das ist so zu rechtfertigen, dass die hier präsentierten Unterrichtsentwürfe eher für eine fortgeschrittene, intellektuell belastbare Lernergruppe gedacht sind und dass der Unterricht Deutsch als Fremdsprache zum Beispiel an ausländischen Universitäten bei Germanistik-Studiengängen eine ähnliche Rolle erfüllt wie der Deutschunterricht in Deutschland. Zu dieser Rolle gehört im Bezug auf neue Medien der Einsatz aber auch das Thematisieren und Reflektieren über sie. 3.3 Mut und Motivation durch Filme Eines der größten Schwierigkeiten im Unterricht Deutsch als Fremdsprache für den Lehrer, aber besonders für den Schüler ist der fehlende Mut zum Sprechen. Man könnte sogar von Angst reden, die bei vielen Schülern sehr ausgeprägt ist. Grund dafür ist nicht nur die Angst vor Fehlern oder fehlendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Gestärkt wird dieser Umstand dadurch, dass viele Deutschlerner, vor allem junge, das Deutsche an sich und die deutsche Sprache als etwas Fremdes und darum als etwas Negatives wahrnehmen. Man könnte also von einer gewissen Distanz, in manchen Fällen vielleicht sogar von Abneigung sprechen. Diese ist vor allem bei Lernern ausgeprägt, die keine oder wenig Zeit in Deutschland oder Österreich verbracht haben. Die Leistung und Lernbereitschaft wird positiv beeinflusst, wenn der Lernende Sicherheit in der Beziehung zu den Anderen fühlt und ein damit verbundenes positives Selbstwertgefühl. Dagegen führen negative Gefühle allerlei Art oft dazu, dass sich der Lerner dumm und überfordert fühlt.55 Aber nicht nur die affektiven Faktoren Angst, Wohlbefinden o.ä. haben Einfluss auf den Lernerfolg, auch die Einstellung des Schülers zu Zielsprachenland und Kultur sowie zur Sprache sind von großer Bedeutung. 56 Diese werden auch vom Prestige des Landes 55 Apeltauer S. 29. 56 Rösler S. 29. 24
im Ausland bestimmt. Im Falle von Deutsch und Deutschland spielt sicherlich auch der allgemeine Ruf, den Deutschland „genießt“ eine große Rolle. Denn auch heute noch verbinden viele Deutschland mit Attributen, wie pflichtbewusst, fleißig, pünktlich, humorlos, langweilig etc. und nicht zuletzt mit Hitler und dem Nationalsozialismus. In vielen Ländern Mitteleuropas sind die Verbrechen der Deutschen, die während des 2.Weltkriegs begangen wurden häufiges gesellschaftliches Thema und bestimmen die Wahrnehmung Deutschlands im Ausland. Dies ist auch in Tschechien der Fall. Die Einstellung zur Zielsprache wird außerdem durch sprachpolitische Ereignisse, persönliche Kontakte und Einstellungen von Eltern und Bekannten gesteuert. So gilt Deutsch im Allgemeinen als sehr schwere Sprache und dieser Umstand wird oft als Vorwand genommen nicht Deutsch zu sprechen, obwohl es lange in der Schule gelernt wurde. Darum sollte das Ziel von Deutschunterricht neben der Sprachvermittlung auch sein, die deutschsprachigen Länder modern, offen und freundlich zu präsentieren und Filme können dabei eine wichtige Rolle spielen. In gewisser Weise können Filme sowie Fernsehen ein Ersatz sein für eine Reise nach Deutschland. Wenn man Erstsemesterstudenten der Germanistik fragt, ob sie schon in Berlin waren, fällt die Antwort bei über 80 Prozent negativ aus. Die knappe Hälfte war schon mal in Deutschland, aber meistens nur für eine kurze Zeit. Die Einstellung zu Deutschland wird also im schlechtesten Fall geprägt durch Meinungen im Bekanntenkreis und in den Medien. Und diese Meinungen haben mitunter eher wenig mit der Realität gemeinsam. Um den Schülern etwas die Angst zu nehmen ist es wichtig den Unterricht variantenreich zu gestalten und den Schülern ständig anregende und motivierende Impulse zu bieten. 57 Wichtig ist auch eine möglichst anregende Einstimmung auf das Thema, über das als nächstes gesprochen wird, damit der Schüler gleich das Gefühl hat, dass er „drin“ ist. Nach Ansicht des Autors sind Filme dafür ein sehr geeignetes und im Allgemeinen zu wenig verwendetes Mittel. 57 Huneke S.132 25
Was Filme außerdem erzeugen sind Emotionen und laut Apeltauer 58 wird das, was beim Lernenden positive oder negative Emotionen erzeugt, schneller und effektiver gespeichert als das, was ohne Emotionen aufgenommen wird. 4 Filme im Fremdsprachenunterricht In diesem Kapitel werden die verschiedenen Aspekte beleuchtet, die der Einsatz von Filmen im Fremdsprachenunterricht mit sich bringt. Die Vor- und Nachteile werden benannt und gleichzeitig sollen einige Vorurteile beseitigt werden, die das Thema Film und Schule begleiten. Da ein Hauptargument der Kritiker lautet, Schüler würden aufgrund des erhöhten Fernsehkonsums weniger lesen und dass dem entgegen zu wirken sei, ist es an dieser Stelle notwendig einen kurzen Blick auf das Zusammenspiel von Film und Buch zu werfen. Abschließend wird erläutert, worauf man beim Einsatz von Filmen unbedingt achten sollte. 4.1 Vor- und Nachteile Da viele Lehrer dem Einsatz von Filmen im Fremdsprachenunterricht grundsätzlich kritisch gegenüberstehen, ist es wichtig zu untersuchen, warum das so ist, sowie die Pro und Contras zum Einsatz von Filmen zu benennen. Einiges spricht gegen den Einsatz von Filmen im Fremdsprachenunterricht. Der größte Kritikpunkt ist sicher die Länge. Ein gewöhnlicher Spielfilm ist mindestens 90 Minuten lang, einige, zum Beispiel historische Filme wie „Der Untergang“ (150 Minuten) sind noch länger und daher für den Unterricht eher ungeeignet. In einer normalen Doppelstunde (90 Minuten) schafft es die Klasse also nur gerade so den Film zu schauen, aber nicht mehr über ihn zu sprechen, geschweige denn noch didaktisch sinnvolle Aufgaben zu lösen. Das müsste der Lehrer dann in der nächsten Stunde tun und wenn diese erst eine Woche später stattfindet, sind die Erinnerungen an den Film nicht mehr so aktuell, wie es nötig wäre. Dazu kommt, dass viele Lehrer bemängeln, dass sie wegen des Films andere wichtige Aktivitäten 58 Apeltauer S.28 26
vernachlässigen müssen und sie den Einsatz von Spielfilmen im Fremdsprachenunterricht nicht für so produktiv und ergiebig halten. Höchstens zum Schuljahresende wird dann mal ein Film gezeigt, aber zur Entspannung und Belohnung und eher weniger mit didaktischen Hintergedanken. Nach dem Motto: „Wenn wir schon nichts machen und die Schüler passiv dasitzen, dann hören sie doch wenigstens deutsch und bekommen ein Stück deutsche oder österreichische Wirklichkeit mit.“ In diese Richtung zielt auch die Kritik von Horst Raabe 59, der meint, dass der Zuschauer beim Fernsehen eine „passive Konsumentenrolle“ einnimmt. Die Kommunikation verlaufe nur in eine Richtung und dies führe zu einem „Kommunikationsstau.“ Er ist außerdem der Meinung, dass es sehr schwer sei, diese passive Rolle abzulegen und als Lerner aktiv am Unterrichtsgeschehen teilzuhaben. Sozial-interaktive und kommunikative Arbeitsformen seien kaum durchführbar oder verlangen zumindest eine spezifische Didaktisierung.60 Ein anderes Problem ist der Einsatz der Technik. Die Technik kann natürlich immer versagen und in diesem Fall steht der Lehrer dann ratlos da und die entstehende Lücke lässt sich auch durch geschicktes Improvisieren nicht so leicht füllen, da der gesamte Unterricht auf den Film ausgerichtet ist. Dazu kommt, dass in den großen Unterrichtsräumen ein normaler Fernseher in Standardgröße nicht ausreicht eine Klasse Bild und vor allem Ton adäquat zu transportieren. Für die didaktischen Ziele des Lehrers ist es extrem schädlich, wenn der Ton rauscht oder zu leise ist, so dass er für die Lernenden kaum verständlich ist. Wenn der Lehrer schon vorher feststellt, dass es nicht möglich sein wird den Film mit lautem, klarem und gut verständlichen Ton zu zeigen, dann sollte er von vornherein davon Abstand nehmen einen Film im Fremdsprachenunterricht zu verwenden. Für die Lernenden wird es ein frustrierendes Erlebnis und didaktisch wird der Lehrer den Film kaum nutzen können, da es ja in erster Linie um die Sprache geht und diese über den Ton vermittelt wird. Das sind einige Gründe, warum viele Lehrer lieber von vornherein auf Filme im Unterricht verzichten. Dabei ist der Film, vor allem zur Vermittlung landeskundlicher Aspekte von großem Wert für den Unterricht. Durch seine Hilfe kann den Deutschlernenden die fremdsprachliche Realität auf eine Art vermittelt werden, wie es im herkömmlichen Unterricht kaum möglich ist. Hinzu 59 Raabe S. 424. 60 Ebd. 27
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