Medizin braucht philosophische Reflexion
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Weiterbildungsprogramm «Philosophie und Medizin» INFORMATIONEN ZUM STUDIENGANG Medizin braucht philosophische Reflexion Berufsbegleitender Zertifikatskurs Philosophie & Medizin für Ärztinnen und Ärzte, Spitalkader und Fachleute im Gesundheitswesen IST ALLES, WAS MEDIZINTECHNISCH MACHBAR IST, AUCH PRAKTISCH SINNVOLL? BEDROHEN DIE PARADOXIEN DES GESUNDHEITSSYSTEMS DIE ÄRZTLICHE HANDLUNGSFÄHIGKEIT? MUSS SICH DIE MEDIZIN IM 21. JAHRHUNDERT NEU BESINNEN?
Medizin braucht Philosophie! Medizin ist hochprofessionalisiert und spezialisiert. Zum Selbstverständnis von Ärztin- nen und Ärzten gehört eine philosophische Reflexion auf die eigene Tätigkeit. Angespro- chen sind aber auch Spitalkader und andere im Gesundheitswesen tätigen Fachleute. • W ie begegnen Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten angemessen als Wissenschaftler wie auch als Vertrauenspersonen? Ärztinnen und Ärzten müssen ihr Wissenschaftsverständnis klären, um das richtige Verhältnis zwischen einer zugleich fachlich richtigen und menschlich einfühlsamen Sprache zu finden. Nach 30-jähriger Berufstätigkeit als Arzt sowie 15 Jahren als Hochschullehrer wurde mir durch die systematische Diskussion naturalistischer und humanis- tischer Menschenbilder von der Antike bis zur Postmoderne bewusst, dass das Spannungsfeld zwischen Geist und Materie die Medizin ganz besonders be- trifft und herausfordert: als Arzt handeln vs. Medizin betreiben. Als Humanwis- senschaftlerInnen sind wir prädestiniert, den Bogen von einem durch die Hirn- forschung und raffinierten biotechnologischen Möglichkeiten geförderten naturalistischen Biologismus zum idealistischen Humanismus zu spannen und die Folgen des naturwissenschaftlichen Fortschritts erkenntnistheore- tisch und moralphilosophisch zu bewältigen. Prof. Dr. Giatgen Spinas, Klinikdirektor Universitätsspital Zürich, Klinik für Endokrinologie und Diabetologie • Welches Verständnis des Menschen liegt dem medizinischen Beruf zu Grunde? Der Mensch ist nicht nur ein Natur-, sondern auch ein Kulturwesen. Ärztinnen, Ärzte und andere Fachleute im Gesundheitswesen müssen daher in der Lage sein, den Men- schen in seiner Gesamtheit zu erfassen. • Wann sind Menschen krank und – wohl schwieriger zu beantworten – wann sind sie gesund? Für Ärztinnen und Ärzte sind Menschen nie gesund, so sagt man, sondern immer nur mehr oder weniger krank. Dabei ist nicht einmal klar, ob und wie sich objektiv feststel- len lässt, wann jemand krank oder gesund ist.
Die fantastischen Erfolge der Schulmedizin sind nicht frei von Nebenwirkun- gen. Die Ärzteschaft wird mit der zunehmend schwierigen Frage konfrontiert, wie sie diese Erfolge möglichst nebenwirkungsarm und unter bestmöglicher Wahrung der Gerechtigkeit zu Gunsten der PatientenInnen optimal nutzen kann. Welchen Weg müssen wir beschreiten, um mit unseren medizinischen Massnahmen gutes Leben zu ermöglichen statt nur vorzeitigen Tod zu ver- hindern? Höchste Zeit, dass sich philosophisch geschulte MedizinerInnen mit guten Argumenten in die Diskussion dieser herausfordernden Fragestel- lung einbringen. PD Dr. med Katharina Glatz, Leitende Ärztin, Institut für Pathologie Universitätsspital Basel • Was dürfen Ärztinnen und Ärzte, was dürfen sie auf keinen Fall und was müssen sie tun? Die ethischen Grenzen des medizinischen Handelns sind nicht klar abgesteckt, des- halb müssen Entscheidungsträger im Gesundheitswesen innerhalb der rechtlichen Rahmenordnung zu ihrem eigenen moralischen Standpunkt finden, um ethisch kom- petent entscheiden zu können. • W ie gehen Fachleute im Gesundheitswesen damit um, so viel wie möglich helfen zu wol- len und zugleich ökonomischen Notwendigkeiten zu unterliegen? Medizin ist ein primär nicht gewinnorientierter Dienst am Menschen und zugleich Markt- zwängen unterworfen. Fachleute im Gesundheitswesen müssen lernen, diesen Wider- spruch zu überwinden, um einer zynischen Unterhöhlung ihrer Profession zu entgehen. • W elche Rolle spielt Medizin in der Gesellschaft und wie deckt sich das mit dem Selbstbild der Ärzteschaft? Medizinerinnen und Mediziner sehen sich als Heilende und Helfende. Zugleich geraten die Kosten des Gesundheitssystems immer mehr in die Kritik. Diesen Zwieschpalt gilt es zu überbrücken. Die heutige Medizin ist stark durch naturwissenschaftliches Denken ge- prägt. Im klinischen Alltag stösst man jedoch immer wieder auf komplexe medizinische Probleme und Fragestellungen, die sich nicht allein mit der naturwissenschaftlichen Denkweise lösen lassen. Hier liefert die Philoso- phie ein Fundament, das dem praktizierenden ÄrztIn ermöglicht, über die verschiedenen Aspekte der Medizin zu reflektieren und eine Medizin zu be- treiben, die diese Vielfalt in der täglichen Arbeit integriert. Dr. med. Boris Jamnicki, FMH Allgemeine und Innere Medizin, Permanence Wintherthur
Studieninhalte: Der Zertifikatskurs (CAS) «Philosophie & Medizin» vermittelt praxisorientiertes philo sophisches Wissen und Können. Die erworbenen Konzepte und Methoden ermöglichen es den Teilnehmenden, aktuelle Konfliktfelder und Grundfragen der Medizin kritisch und konstruktiv zu reflektieren. Der Kurs ist modularisiert. Er umfasst sieben Seminarthemen, verteilt auf 12 Kurstage. In den Modulen werden aus unterschiedlichen Perspektiven philosophische Überle gungen mit konkreten Fragen und Herausforderungen der medizinischen Praxis zusam- mengebracht. Die Module decken das auf Seite 3 dargestellte Fragespektrum vollständig ab. In der modernen Medizin reiben sich Verpflichtungen gegenüber dem Markt der «begleitenden» Industrie, den Medien, Krankenversicherern oder Spital- betreibern an grundlegenden Anforderungen wie «richtiges Handeln», «an- gemessener Gebrauch der Freiheit» oder einer «Ethik der Verantwortung». Durch Fokussierung auf naturwissenschaftlich-technische «Gewissheiten» haben die einzelnen ÄrztInnen im Komplex der Heilsversprechen wichtige Entscheidungshoheiten an primär nicht-medizinische Interessen verloren. Zurückerkämpfen können sie sich diesen Verlust vornehmlich durch Vertie- fen ihres ureigenen philosophischen Reflexionsvermögens. «Philosophie und Medizin» kann dazu wertvolle Basisorientierung leisten. Prof. Dr. Hohlbrugger, Praxis für Urologie in Dornbirn und Heerbrugg Module: Modul 1 Einführung Philosophie & Medizin 2 Tage Modul 2 Medizinische Sprache und Wissenschaft 1 Tag Modul 3 Medizinische Anthropologie 2 Tage Modul 4 Gesundheit und Krankheit 2 Tage Modul 5 Medizin und Ethik 2 Tage Modul 6 Medizin zwischen Mensch und Markt 2 Tage Modul 7 Das Selbstverständnis des Arztberufes 1 Tag
Nach erfolgreicher Teilnahme am CAS «Philosophie & Medizin» können die Teilnehmenden – ihre medizinischen Aufgaben im Kontext von Wissenschaft und Gesellschaft klarer bestimmen und gewissenhafter wahrnehmen, – die ethische Tragweite ihrer medizinischen Entscheidungen kompetenter beurteilen, – Instrumente zur Bewältigung von Zielkonflikten und Entscheidung von medizinischen Handlungsalternativen effektiv anwenden, – eigenständig ein vielseitiges und positives Verständnis ihrer Profession sowie ihrer beruflichen Rolle entwickeln und vertreten. Wer wird zum Studium zugelassen? Der Kurs richtet sich gleichermassen an Spezialärzte und Allgemeinpraktiker, an Spitalkader und im Gesundheitswesen tätige Fachleute. Voraussetzung zur Zulassung sind jeweils eine entsprechende Berufsqualifikation sowie Berufserfahrung. Welche Studienanforderungen bestehen? Die Teilnehmenden bereiten sich im Selbst studium auf die Kurstage vor. Um den Kurs erfolgreich mit Zertifikat zu absolvieren, müssen die Teilnehmenden das Seminarprogramm besuchen sowie einige Modulreflexio- nen und eine Zertifikatsarbeit verfassen. Dozentinnen und Dozenten: Die Module werden von wissenschaftlich qualifizierten und didaktisch erfahrenen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern geleitet, u.a. Prof. Dr. Martin Hartmann, Prof. Dr. Enno Rudolph, Prof. Dr. Christiane Schildknecht und Prof. Dr. Rudolph Stichweh. Für mich war «Philosophie und Medizin» eine ungeheure Bereicherung. Geis- tig gingen für mich Türen auf –es ist hochspannend, auf eigenen Pfaden in der Philosophie zu wandeln. Selbst offen für neue oder andere Denkformen und Denkansätze zu sein, ist für mich auch als Ärztin ungemein wichtig. Letztendlich soll es den Zugang zu den PatientInnen erleichtern, denn das sind die primären AnsprechpartnerInnen, wenigsten bei meiner Arbeit. Die Ophthalmologie ist stark geprägt von Messungen, Untersuchungen am Mik- roskop, Bildgebungen, Scans etc. Deshalb interessiert mich das verbale und nonverbale Kommunizieren ungemein. Durch die ganz neuen Sichtweisen der Philosophie wird auch dieser Teil vielfältiger und spannender – für beide Seiten, so denke ich. Dr. med. Jacqueline Siegenthaler-Nobs, Augenärztin, Praxis Arlesheim
Interessiert? Dann kontaktieren Sie uns: Studienleitung T 0041 (0)41 229 56 20 www.philomedizin.ch Dr. Christian Neuhäuser Studienleiter Medizin braucht philosophische Reflexion, wenn sie der Komplexität unserer pluralistischen Lebenswelt gerecht werden will. Dr. Christian Neuhäuser Studienleiter Universität Luzern Frohburgstrasse 3 Postfach 4466 CH-6002 Luzern christian.neuhaeuser@unilu.ch Philosophie und Medizin gehen seit jeher thematisch Hand in Hand. Ob es um die Bestimmung von Körper und Geist, das faszinierende Zusammenspiel beider und seine Grenzen oder um den Kontrast von wissenschaftlicher Machbarkeit und ethischer Verantwortbarkeit geht – wo Medizin agiert, kommt Philosophie ins Spiel. Der CAS «Philosophie und Medizin» trägt die- ser Liaison Rechnung und verbindet das Fachwissen der Medizin mit dem Orientierungswissen der Philosophie. Damit ist eine längst überfällige Platt- form geschaffen, um zentrale und drängende Fragen der gegenwärtigen Me- dizin zu thematisieren und intensiv zu diskutieren. Prof. Dr. Christiane Schildknecht Wissenschaftliche Gesamtleiterin Alle Informationen zum nächsten Kurs finden sie auf www.philomedizin.ch
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