MEIN FREUND, DER BAUM - Feldman Architecture

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MEIN FREUND, DER BAUM - Feldman Architecture
TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN

                  MEIN
               FREUND,
             DER BAUM
       Erst kam der Garten, dann das Haus: In der
     k a l i f o r n i s c h e n I T- M e t r o p o l e P a l o A l t o s c h u f e n
               d i e Te a m s v o n G r o u n d S t u d i o L a n d s c a p e
     A rc h it e c t u r e und vo n F eldm an Archi tectur e d a s
      Refugium „The Sanctuary“, in dem Natur und
        Architektur einander kunstvoll durchdringen

                                T E X T: K L AU S M E Y E R | F O T O S: JOE F L E T C H E R

                                                                                               Freiräume Die vom Grund
                                                                                               abgehobene Wohnbühne
                                                                                               öffnet sich zum östlichen
                                                                                               Garten. Sichtbetonscheiben
                                                                                               gliedern den Außenraum
                                                                                               in diverse Höfe, Freisitze
                                                                                               und Ruhezonen

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TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN

      „JEDER RAUM BLICKT AUF EINE WIE FÜR
      IHN GESCHAFFENE LANDSCHAFT“
      Taisuke Ikegami, Architekt

     Tageslicht Der Haupt­r aum,
     in dem die Küche, der Ess-                                                       Gegensätze Bei den
     platz und der Wohnbereich                                                        ­K üchenfronten kontrastieren
     untergebracht sind, öffnet                                                       dunkles Kunststofflaminat
     sich zum Garten hin – und                                                        und warme Nussbaumflächen.
     zum Himmel: Das Ober-                                                            Der Zementestrichboden
     licht nimmt zwei Drittel der                                                     passt zu den allgegenwärti-
     ­D eckenfläche ein                                                               gen Sichtbetonscheiben

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      Außenbezüge Die Beton­
      platten der Zufahrt wurden
      auf Stegen verlegt, um
      die Wurzeln der Eiche im
      Vorgarten zu schützen.
      Nach Süden öffnet sich der
      Wohn­r aum mit einer ge­
      schoss­h ohen Haustür. Eine
      Betonmauer trennt den
      Südgarten vom Eingang

                                                                                 Naturerlebnis Mit vorkra-

     „WOHNL ANDSCHAF T UND AUS SENR AUM
                                                                                 genden Dächern greift das
                                                                                 Haus in den Umraum aus.

     WERDEN BEI DIESEM HAUS EINS“
     Taisuke Ikegami
                                                                                 Raumhohe Schiebeelemente
                                                                                 und Festverglasungen bie-
                                                                                 ten perfekten Gartenblick

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TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN                                                                                                                                                                                           TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN

                                                                                                             Transition Materialien
                                                                                                             wie Sichtbeton und Holz
                                                                                                             werden von innen nach
                                                                                                             außen fortgeführt und
                                                                                                             schaffen so fließende
                                                                                                             Übergange

                                                                                                                                       E
                                                                                                                                                   s war der baum, der die Spaziergänger          zungskonzept. Trainor war es auch, der den Kontakt
                                                                                                                                                   magisch anzog. Als sie über den hohen          zu dem in San Francisco beheimateten Büro Feldman
                                                                                                                                                   Bretterzaun lugten, trauten sie ihren Au-     Architecture vermittelte.
                                                                                                                                                   gen nicht. Die majestätische Eiche stand          Jonathan Feldman und sein Team haben sich einen
                                                                                                                                                   in einem verwilderten Vorgarten, dahinter     Namen mit perfekt in die Natur integrierten Land­
                                                                                                                                       ragte ein halb verfallenes Haus aus dem Gestrüpp. Es      sitzen gemacht. Als man sich zu einem ersten Ideen-
                                                                                                                                       schien ein Traumbild zu sein. Schließlich befand man      austausch traf, waren sich alle Beteiligten einig: Das
                                                                                                                                       sich nicht draußen in der Provinz, sondern mitten          künftige Domizil sollte keine kompakte Box sein,
                                                                                                                                       im Silicon Valley, nur ein paar Gehminuten vom pul-       ­sondern eher ein Gefüge aus Trennwänden, das die
                                                                                                                                       sierenden Zentrum der IT-Metropole Palo Alto ent-         Grundstücksfläche in verschiedene Wohn- und Gar-
                                                                                                                                       fernt. Aber der Traum erwies sich als wahr. Und zur        tenzonen gliedert. „Mit solch einer aufgelösten Struk-
                                                                                                                                       großen Freude des Entdeckerpaars stellte es sich sogar     tur würden sich großartige Aussichten und reizvolle
                                                                                                                                       heraus, dass der verwilderte Garten zum Verkauf           Hofsituationen erzeugen lassen“, erläutert Taisuke
                                                                                                                                       stand. Die Eheleute überlegten nicht lange. Ihr Haus      Ikegami von Feldman Architecture die Grundidee.
                                                                                                                                       in Cupertino erschien ihnen viel zu groß und leer, seit
                                                                                                                                       die Kinder ausgeflogen waren. Also erwarben sie das       daran anknüpfend entwarf ikegami einen aus
                                                                                                                                       1000 Quadratmeter große Grundstück in Palo Alto           mehreren Wohneinheiten zusammengesetzten Pavil-
                                                                                                                                       und stürzten sich kurz vor dem Rentenalter noch ein-      lon aus Glas, Zedernholz und Sichtbeton. Hierbei er-
                                                                                                                                       mal in ein Bauabenteuer.                                  füllen die Betonscheiben eine doppelte Funktion. Zum
                                                                                                                                          Weil ihnen die Bewahrung des Baumbestands und          einen bilden sie die Tragstruktur des Gebäudes, zum
     Intimität Das Bad geht auf                                                                                                        die Gestaltung des Gartens ein Herzensanliegen war,       anderen trennen sie die Einheiten voneinander. Und
     ein Kiesgärtchen hinaus,                                                                                                          suchten die Bauherren zunächst einmal Rat bei einem       weil sie an einigen Stellen bis in den Außenraum vor-
     das von einer Mauer und                                                                                                           Baumpfleger und einem Landschaftsarchitekten, be-         springen, gliedern sie auch den Garten in separate
     der fensterlosen Bibliotheks­
     außenwand abgeschirmt             „WIR WOLLTEN ALLE S ZU EINEM                                                                    vor sie sich der Planung ihres neuen Domizils wid­
                                                                                                                                       meten. Michael Young von der Firma Urban Tree Ma-
                                                                                                                                                                                                 Höfe, Freisitze, Ruhezonen. Im Übrigen wurde die
                                                                                                                                                                                                 Konstruktion zum Schutz der Baumwurzeln auf Stüt-
     wird. Laubbäume und
     ­S tauden bestimmen das         SUBTILEN ARRANGEMENT FÜGEN“
                                                     Bernard Trainor, Ground Studio Landscape Architecture
                                                                                                                                       nagement untersuchte das Wurzelwerk der Eiche, und
                                                                                                                                       Bernard Trainor von Ground Studio Landscape Ar-
                                                                                                                                                                                                 zen errichtet. Auf diese Weise entstand eine vom
                                                                                                                                                                                                 Grund abgehobene Wohnbühne, die wunderbare Ein-
     Bild im Garten                                                                                                                    chitecture in Monterey entwickelte ein erstes Bepflan-    blicke in den Garten gewährt.                         

56                                                                                        HÄUSER 2021 N° 3   N° 3 2021 HÄUSER                                                                                                                              57
MEIN FREUND, DER BAUM - Feldman Architecture
TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN

     Durchgänge Eine schmale
                                                                                                                                                                                                                               IM
     Öffnung in der Betonmauer
                                                                                                                                                                                                                            D E TA I L
     leitet in den Hauptgarten
     über. Auf dem Platz vor
     dem Eingang belebt ein
     Wasserspiel die Szene
                                                                                                                                                                            IDEAL FÜR EINFAHRTEN, HÖFE UND WEGE:
                                                                                                                                                                            BETONSTEINE WERTEN DEN GARTEN AUF
                                                                                                                                                                            E s m u s s n i c h t i m m e r K i e s o d e r N a t u r s t e i n s e i n : W i e d i e A u ß e n g e s t a l t u n g v o n „T h e S a n c t u a r y “ a u f s
                                                                                                                                                                            S c h ö n s t e b e w e i s t , m a c h e n B e t o n f l ä c h e n a u c h i m G r ü n e n e i n e g u t e F i g u r. N i c h t n u r a l s r o b u s t e r B e l a g
                                                                                                                                                                            f ü r v i e l b e f a h r e n e W e g e e i g n e n s i c h i n d u s t r i e l l g e f e r t i g t e B e t o n s t e i n e g u t . E s g i b t s i e i n v e r s c h i e ­d e n e n
                                                                                                                                                                            F o r m a t e n – u n d n e u e r d i n g s a u c h a l s k l i m a f r e u n d l i c h e r e Va r i a n t e m i t h o h e m R e c y c l i n g a n t e i l

                                                                                                                                                                            Nicht nur im Haus, sondern auch im Hof von
                                                                                                                                                                            „The Sanctuary“ spielen Sichtbetonflächen
                                                                                                                                                                            eine gewichtige Rolle. Bei der Garagenzu­
                                                                                                                                                                            fahrt etwa kamen großformatige Betonplat­
                                                                                                                                                                            ten eines amerikanischen Herstellers zum
                                                                                                                                                                            Einsatz, die zum Schutz der Baumwurzeln
                                                                                                                                                                            auf Stegen verlegt wurden. Preisgünstiger
                                                                                                                                                                            und leichter zu verlegen sind handelsübli­
                                                                                                                                                                            che Betonpflastersteine wie zum Beispiel
                                                                                                                                                                            „Lukano“ vom Unternehmen Rinn aus Heu­
                                                                                                                                                                            chelheim. Der Stein besitzt ein gerades Kan­
                                                                                                                                                                            tenprofil, sodass die Fuge schmal wirkt und
                                                                                                                                                                            für ein reduziertes Rollgeräusch sorgt. Der
                                                                                                                                                                            Clou bei „Lukano“: Weil der Stein zu 40 Pro­
                                                                                                                                                                            zent aus hochwertigem Recyclinggranulat
                                                                                                                                                                            besteht, handelt es sich um ein nachhaltiges
                                                                                                                                                                            Produkt. Ende 2020 überzeugten die Re­
                                                                                                                                                                            cyclingsteine sogar eine Jury des Bundes­
                                                                                                                                                                            ministeriums für Wirtschaft – Rinn erhielt
         Zur Straße hin bietet das tief im Grundstück ste­      diesgarten vergeblich; stattdessen hat sich Bernard                                                        den Deutschen Rohstoffeffizienz-Preis in der
      hende Gebäude keinen besonders spektakulären An­           Trainor bei der Bepflanzung auf Laubbäume und                                                              Kategorie „Unternehmen“. Entscheidend für
      blick. Allerdings bildet es auch nur die Kulisse für den   Stauden konzentriert. „Wir wollten alles zu einem sub­                                                     die Preisvergabe war im Übrigen auch die
     eigentlichen Blickfang im Vorgarten, den mächtigen          tilen Arrangement zusammenfügen“, sagt der Land­                                                           nachhaltige Fertigungsstrategie der Hessen,
     Eichenbaum. Das Haus selbst präsentiert sich mit            schaftsarchitekt.                                                                                          denn Rinn setzt bei der Produktion konse­
     ­e iner weitgehend geschlossenen, durch eine Beton­            Das Domizil gliedert sich – wie gesagt – in mehrere                                                     quent auf Ökostrom, Regenwasser und Re­
      scheibe in zwei Hälften geteilten Holzfassade. Links       Einheiten. Es gibt den Garagentrakt mit Waschküche,                                                        cycling. „Alles, was wir dann selbst nicht
      ist die Garage, rechts ein Büro untergebracht. Das der     die Einliegerwohnung sowie den Büroflügel im Wes­                                                          schaffen, kompensieren wir mit CO2 -Zertifi­
     Garage aufgesetzte, mit einem Pultdach gedeckte Ge­         ten und die Mastersuite im Osten. Dazwischen liegt der                                                     katen und Aufforstungsprojekten“, erläutert
      schoss beherbergt eine 80 Quadratmeter große Ein­          60 Quadratmeter große Hauptraum mit Küche, Ess­                                                            Firmenchef Christian Rinn.
      liegerwohnung, die einstweilen als Gästeapartment          platz und Wohnbereich. Nach Süden öffnet er sich mit
     dient, bei Bedarf aber auch als Unterkunft für Pflege­
      personal genutzt werden kann.
                                                                 „,THE SANCTUARY‘
     den zugang zum gebäude markieren Betonplatten,
     die auf Stegen lagern, damit die Baumwurzeln keinen         L Ä S ST DER NATUR DEN
     Schaden nehmen. Der Weg zur Haustür auf der süd­
     lichen Längsseite führt durch einen Korridor von            VORTRITT“                          Ta is uke I ke g a m i
     Bambus hin zu einem Japanischen Ahorn, den man
     umrunden muss, um auf den Eingangshof zu gelan­             einer zwölf Meter breiten Front aus Glasschiebetüren                                                                                   Strukturen Beton-
     gen. „Die durch das Areal mäandernden Passagen die­         zum Grünen. Ein eigener Garten mit Freisitz ist dem                                                                             steine wie im Garten von
     nen der Entschleunigung“, sagt Taisuke Ikegami.             Wohnbereich im Osten vorgelagert. Und auch das                                                                             „The Sanc­t uary“ (Foto oben)
                                                                                                                                                Fotos Steine: Hersteller

        Die Umwege lohnen sich schon deshalb, weil man           Schlafzimmer der Bauherren geht auf einen separaten                                                                             gibt es auch in schmalen
     auf Schritt und Tritt Neues zu sehen bekommt: bizarre       Außenbereich hinaus. Wenn alle Türen offen stehen,                                                                          Maßen, wie „Lukano Smart“
     Findlinge, japanisch anmutende Kiesgärtchen, lau­           verschmelzen Natur und Architektur zu einem Gan­                                                                                    von Rinn (Foto unten)
     schige Ruheplätze und vor allem seltene Gewächse            zen, das auf heitere Weise entrückt anmutet. „The
     wie zum Beispiel einen Hartriegelbaum oder eine Ka­         Sanctuary“, Zuflucht, haben die Planer das Anwesen
                                                                                                                                                                                                                                                     Herstelleradressen auf Seite 142
     kipflaume. Blumen indes sucht man in diesem Para­           getauft. Kein Name könnte besser passen.          

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MEIN FREUND, DER BAUM - Feldman Architecture
TITE LTH E M A GRÜNER WOHNEN

                                                     FE LDMAN ARCHITEC TURE             THE SANCTUA RY, PALO ALTO/USA

                                                                                           Architekten: Feldman Architec-               Decken/Wände: Zedernholz/
                                                                                           ture, 1648 Pacific Avenue, Suite B,          Gipskarton, gestrichen;
                                                                                           San Francisco, CA 94109, usa,               ­Sicht­beton
                                                                                           Tel. +1-415-252 14 41,                       Fußboden: Beton, poliert;
                                                                                           feldmanarchitecture.com;                    ­Eichendielen
                                                                                           Landschaftsarchitekten:
                                                                                           Ground Studio Landscape                     Möblierung: alle Einbauten nach
                                                                                           ­A rchitecture, 537 Houston Street,         Entwürfen der Architekten, bei
                                                                                            Monterey, CA 93940,                        der Möblierung setzten die Bau-
                                                                                            Tel. +1-831-655 14 14,                     herren weitgehend auf italienische
                                                                                            groundstudio.com                           Eleganz: Armlehnsessel „Mor-
                                                                                            Bauzeit: 2019                              gan“, Sofa „Ettore“, Beistelltisch
                                                                                            Wohnfläche: 398 m 2 , Einlieger-           „Zefiro“ und Geflechtsessel „Pe-
                                                                                           wohnung: 80 m 2                             ter“ wurden von Antonio Citterio
              Gruppendynamik Seit seiner Gründung im Jahre 2003 wächst                      Grundstücksgröße: 1000 m 2                 für die Firma Flexform entworfen
           das Büro von Jonathan Feldman (vordere Reihe, Vierter von links)                 Bauweise: massiv, Stahlbeton               Adressen auf Seite 142
                       in San Francisco kontinuierlich. Leitender Architekt beim            Fassade: Zedernholz, Sichtbeton
                    Projekt „The Sanctuary“ war Taisuke Ikegami (ganz rechts)               Dach: Flachdach, Pultdach

                                                                                                                                        Elegant Sessel „Morgan“
                                                                                                                                        ­e ntwarf Antonio Citterio 2002
                                                                                                                                        für Flexform. Die feine Metall­
                                                                                                                                        struktur gibt es in verschiedenen
                                                                                                                                        Farben, satiniert und glänzend
     Obergeschoss

                                                                                                                            Terrasse

                    Garage
                                 Waschküche

                                                                               Wohnen                                                                                         F o t o S e s s e l : H e r s t e l l e r, P o r t r a i t : M e g M e s s i n a

                                                                                          Arbeiten
                                                                 Essen
                                              Flur

                                                                                                     Bad
                                                                                                            Schlafen

                                                                         Hof

                                                                                                                                                 1: 350
                                                                                                                                                 0        5m
     Erdgeschoss

                                                     UMFANGREICHES PLANMATERIAL UNTER HAEUSER.DE/GRUNDRISSE

60                                                                                                                                                         HÄUSER 2021 N° 3
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