Metamizol: Die lange und wechselvolle Geschichte eines Analgetikums - Rosenfluh Publikationen AG
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Metamizol: Die lange und wechselvolle Geschichte eines Analgetikums 1922: Markteinführung und Siegeszug 1987: Rezeptpflicht in Deutschland 1999: wie Phoenix aus der Asche In der ersten Hälfte des 19. Phenazon Jahrhunderts entwickelte sich Das Patent für die Phenazonherstellung Kasten 1: die organische Chemie rasant ging von Knorr an die Firma Farbwerke vor- Vielfältige Namen und eine rasch wachsende Zahl mals Meister Lucius Brüning in Hoechst Die chemische Substanz mit dem syste- von Firmen begann, Natur- a.M., die spätere Hoechst AG, über, und matischen Namen N-Methyl-N-(2,3-Di- stoffe synthetisch herzustel- diese stellte die Substanz in immer grösse- methyl-5-Oxo-1-Phenyl-3-Pyrazolin- len. Die Medizin in Europa und ren Mengen her (die Produktionsmenge 4yl)-Aminomethylsulfonsäure ist unter in den USA brauchte immer stieg von knapp 6000 kg im Jahr 1885 auf vielen Kurzbezeichnungen bekannt: grössere Mengen an Substan- über 400 000 kg im Jahr 1928 an). Auf- ◆ Metamizol zen wie Morphin, Chinin und grund der klinischen Erfahrungen der ◆ Natriumnovaminsulfonat Salicylsäure, deren Bedeutung Ärzte führten die Chemiker der Firma beim ◆ Dipyron für die Schmerz- und Fieberbe- Antipyrin weitere Methylgruppen ein. Es ◆ Sulpyrin kämpfung erkannt worden entstand das Pyramidon, das wesentlich ◆ Noramidopyrin-Methansulfonat war. wirksamer war als Antipyrin. Allerdings waren diese Verbindungen zu wenig was- serlöslich, die Ärzte verlangten von den genauer zu studieren. Dabei wurde unter Pionierzeit Chemikern aber eine parenteral verab- anderem auch über Nebenwirkungen von Da anfänglich fast alle analgetischen Sub- reichbare Substanz. Metamizol berichtet. Als schwerwiegend- stanzen aus Pflanzen gewonnen wurden, ste Komplikation gilt die Agranulozytose. die aus fernen Ländern nach Europa ge- Metamizol Schweden beispielsweise zog 1974 das Me- bracht werden mussten, stellte sich bald In der Folge wurde N-Methyl-N-(2,3-Dime- dikament vom Markt, machte diesen aller- einmal ein Beschaffungsproblem. Deshalb thyl-5-Oxo-1-Phenyl-3-Pyrazolin-4-yl-)Ami- dings 1995 wieder rückgängig, nur um ihn begannen Chemiker und Pharmazeuten, nomethansulfonsäure, besser bekannt 1999 erneut zu verfügen. mit der Synthese dieser Arzneistoffe, in- unter dem Namen Metamizol synthetisiert 1987 verfügten die deutschen Gesund- dem sie in Europa vorhandene Substanzen und 1922 unter dem Namen Novalgin® in heitsbehörden für Metamizol die Rezept- chemisch veränderten. Im Zuge dieser Ent- den Handel gebracht (vgl. Kasten 1). pflicht. In der Schweiz waren Packungen wicklung synthetisierte der Erlanger Che- Metamizol ist ein nicht saures Analgeti- mit 10 Tabletten Metamizol 500 mg bis mieprofessor Ludwig Knorr (1859–1921) kum (vgl. Kasten 2) aus der Gruppe der Py- 1991 in Apotheken rezeptfrei erhältlich. Da- 1884 Phenazon (Antipyrin), die «Mutter» al- razolone und bildete damit die erste Klasse nach wurden auch sie, wie alle anderen ler modernen Analgetika. von synthetischen Arzneimitteln ohne di- Formen, der Rezeptpflicht unterstellt. Ledi- Bis 1897 gab es Acetylsalicylsäure nur in rektes Vorbild aus den Naturstoffen. glich in Polen ist Metamizol in Apotheken unreiner Form, erst in diesem Jahr wurde weitgehend rezeptfrei erhältlich und wird die Substanz erstmals in reiner Form syn- Erst Begeisterung, dort häufig verwendet. thetisiert. Paracetamol wurde, je nach dann Skepsis Quelle, 1873 oder 1878 erstmals dargestellt Das neue Analgetikum wurde von den Ärz- Nicht Novalgin® sondern und 1887 in die Heilkunde eingeführt. ten mit Begeisterung aufgenommen und Hoechst Anfänglich glaubten die Mediziner, dass sogar mit Morphin verglichen. Während Im Zuge dieser Kontroversen um Metami- sich mit den neu eingeführten Analgetika Jahrzehnten war Metamizol in Apotheken zol ging die Häufigkeit der Anwendungen und Antipyretika neben Schmerzen und frei verkäuflich. Erst im Gefolge der ersten dieses Pyrazolonanalgetikums zurück. Und Fieber auch fiebrige Infektionen wirksam bekannt gewordenen Fälle von schwerwie- eine Zeitlang hätte man meinen können, behandeln liessen. Darum wurden grosse genden Arzneimittelnebenwirkungen be- Metamizol verschwinde langsam aus der Mengen an Aspirin und Phenazon ver- gann man in den Sechziger- und Siebziger- Schmerzmitteltherapie, wie viele andere schrieben. Firmen wie Bayer und Hoechst jahren des letzten Jahrhunderts den Arzneimittel, die meist aus betriebswirt- entwickelten sich in dieser Zeit zu grossen Metabolismus der Arzneimittel und ihre schaftlichen Gründen nach einer kürzeren Firmen. Nebenwirkungen sowie ihre Interaktionen oder längeren Zeit aus dem Handel ge- 1/2009 thema RAT 1
Kasten 2: Kasten 3: Sauer oder nicht sauer? «Halbwertzeit» von Medikamenten Warum ist Metamizol ein «nicht saures», Dîclofenac aber ein «saures» Analgetikum? Von der Grundversicherung erstattete Aus historischen Gründen werden die Nichtopoidanalgetika immer noch in «saure» und Arzneipräparate (inkl. Dareichungsfor- «nicht saure» eingeteilt. Die sauren Analgetika sind Derivate von Säuren, die nicht sauren men, Konzentrationen und Packungs- lassen sich hingegen nicht von einer Säure ableiten. grössen), die in der Schweiz in den Han- del gekommen sind. Einteilung der Nichtopoidanalgetika Saure 1.6.2009: 7790 ◆ Salicylate, Salicylsäurederivate (Acetylsalicylsäure) davon in den Handel gekommen: ◆ Anthranilsäurederivate (Mefenaminsäure) vor 1960: 77 ◆ Arylessigsäurederivate (Diclofenac, Indometacin) vor 1970: 215 ◆ Arylpropionsäurederivate (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen) vor 1980: 473 ◆ Oxicame (Piroxicam) vor 1990: 991 Nicht saure vor 2000: 2105 ◆ Coxibe (Etoricoxib, Celecoxib) ◆ Aminophenole (Paracetamol, Phenacetin) ◆ Pyrazolone (Metamizol, Phenazon, Aminophenazon) (2). Das BfArM, das deutsche Bundesinsti- ◆ Pyrazolidindione (Propyphenazon) tut für Arzneimittel und Medizinprodukte, ermahnte in einer Information vom 28. Mai 2009 die Ärzteschaft, bei der Verwendung nommen werden (vgl. Kasten 3). Doch ver- grund dafür sind sicher die zahlreich er- von Metamizol sowohl die Indikationsstel- schwunden ist im Verlaufe der Zusammen- schienenen Studien, die die erwähnten lung als auch die Vorsichtsmassnahmen legungen grosser Pharmafirmen nur der Nebenwirkungen, vor allem die Agranulo- genau zu beachten. ◆ Name Hoechst, nicht aber das Analgeti- zytose, ins rechte Licht rücken: Sie sind kum Metamizol. Im Gegenteil! In den letz- zwar eine objektive Tatsache, treten aber ten Jahren erlebt Metamizol eine echte Re- viel weniger häufigauf als behauptet wird. Literaturreferenz: naissance und wird heute wieder viel öfter So betitelte das «Deutsche Ärzteblatt» 1. Brunne K.: Acute Pain. 1997; 1: 33–40. 2. Bäumler E.: Neue Studien: Metamizol gehört zu verschrieben. 1999 einen Artikel «Neue Studien: Metami- den sichersten Analgetika, Dtsch Arztbl 1999(11); zol gehört zu den sichersten Analgetika» 96:A-70/B-578/C-544. Sachliche Betrachtung Die Renaissance von Metamizol hat sicher mit seiner guten analgetischen und im Facts Gegensatz zu anderen Analgetika auch ◆ 1922: Markteinführung und rasanter Anstieg der Umsatzzahlen spasmolytischen Wirksamkeit zu tun, so- ◆ 1987: Rezeptpflicht in Deutschland wie mit der Erkenntnis, dass auch bei ◆ 1999: «Metamizol gehört zu den sichersten Analgetika» (Dt. Ärzteblatt) anderen Analgetika zum Teil erhebliche ◆ 2009 BfArM: Indikationsstellung muss beachtet werden Nebenwirkungen auftreten können. Haupt- Pharmakologie Die wirksame Substanz ist immer noch nicht bekannt! Die Frage nach dem Wirk- dung nicht anders ist – bisher nicht restlos Pharmakokinetik prinzip geklärt werden, ob Metamizol selber oder Metamizol wird bei oraler Anwendung fast Was wirkt nun? Metamizol selber oder ei- einer oder mehrere seiner Metaboliten vollständig absorbiert, tritt aber nicht ins ner seiner vier Hauptmetaboliten? (vgl. Kasten 1) die analgetische, antipyreti- Plasma über, weil es schon im Magen voll- Trotz 80 Jahren Forschung auf dem Gebiet sche und spasmolytische Wirkung entfal- ständig metabolisiert wird (1, 2). Die Plasma- konnte – wie das bei zahlreichen anderen ten! halbwertszeit bei parenteraler Applikation Substanzen in der medizinischen Anwen- ist sehr kurz und beträgt etwa 15 Minuten. 2 thema RAT 1/2009
Kasten 1: Tabelle: Die vier Hauptmetaboliten von Pharmakokinetische Daten nach Verabreichung von radioaktiv markiertem Metamizol Metamizol (3) 4-Methylaminoantipyrin: 4-MAA Oral Intravenös 4-Aminoantipyrin: 4-AA Blut Serum Blut Serum 4-Acetylaminoantipyrin: 4-AcAA Cmax (g/ml) 21,1 ± 2,8 27,3 ± 3,0 38,1 ± 3,1 58,1 ± 8,2 4-Formylaminoantipyrin: 4-FAA tmax (h) 1,7 ± 0,6 1,7 ± 0,6 0,17 0,17 t1/2 (h) 10,5 ± 1,6 11,7 ± 0,8 10,0 ± 0,5 11,9 ± 0,1 Sowohl im Magen wie im Plasma wird AUC(24)(gxh/ml) 242,9 ± 27,2 304,1 ± 36,3 189,7 ± 23,1 240,3 ± 33,2 Metamizol zu 4-Methylaminoantipyrin AUC (g x h/ml) 321,4 ± 55,1 389,9 ± 66,2 240,2 ± 33,9 302,8 ± 44,7 (4-MAA) hydrolysiert (vgl. Tabelle). CL (ml/min/kg) 0,63 ± 0,15 0,51 ± 0,12 0,69 ± 0,6 0,55 ± 0,05 Plasmahalbwertszeiten und die Wirkdauer Cmax: Peak-Konzentration; tmax: Zeit bis Peak-Konzentration; t1/2: Halbwertszeit; AUC: Fläche unter der von Metamizol deuten auf eine Hauptbe- Plasma-Konzentrations-Zeitkurve; CL: Clearance teiligung von 4-MAA und 4-AA bei der Wir- kung hin. Ihre Plasmabindung beträgt 58 Prozent beziehungsweise 48 Prozent. Kasten 2: Die Plasmahalbwertszeiten sind unter- Wirkspektrum von Nichtopoidanalgetika schiedlich, diejenige von 4-MAA beträgt etwa 2,5 Stunden. Da diese Plasmahalb- Analgetikum Wirkqualität wertszeit etwa ähnlich lang ist wie die analgetisch antipyretisch antiphlogistisch spasmolytisch Wirkdauer von Metamizol, könnte dieser Metamizol +++ +++ + +++ Metabolit für die Hauptwirkung verant- Paracetamol + ++ – – wortlich sein. Acetylsalicylsäure ++ +(+) ++ – Die beiden anderen Metabolite, 4-FAA und Ibuprofen ++ +(+) ++ – 4-AcAA, erwiesen sich in Tierversuchen als Diclofenac ++ +(+) +++ – pharmakologisch viel weniger aktiv als 4-MAA und 4-AA. üben. Weiter hemmt es die Aktivierung von Literaturreferenzen: Spasmolytische Wirksamkeit Nozirezeptoren. Die zentrale Wirkung steht 1. Zylber-Katz E. et al.: Formation and Extraction of dipyron metabolites in men. Eur J Clin Pharmacol Im Gegensatz zu anderen häufig einge- mit einer Wirkung an afferenten Fasern, im 1992; 42: 187–191. setzten Nichtopoidanalgetika verfügt Meta- Rückenmark und im periaquäduktalen 2. Imming P. et al.: Renaissance eines Analgeti- mizol über eine ausgeprägte spasmolyti- Grau im Zusammenhang (5, 6, 7). kums. Pharm Tg 2006; 151: 237–242. sche Wirksamkeit (vgl. Kasten 2) 3. Badian M. et al.: Kinetics of radiolabelled dipyron Diese Eigenschaft besitzen alle Analgetika Geringe antiphlogistische (metamizol) after oral and intravenous administra- tion to healthy men. World Conference on Clinical vom Pyrazolontyp. Metamizol ist in der Wirkung Pharmacology and Therapeutics, Stockholm 1987. Schweiz noch der einzige Vertreter dieser Da Metamizol zu den nicht sauren Analge- 4. Forth W.: Metamizol: ein untragbares Risiko? Gruppe, der als orales Analgetikum einge- tika gehört, also nicht das Derivat einer Dtsch Apoth Ztg 1981; 121: 1886–1887. setzt wird. Früher gehörte auch der Wirk- Säure ist, besitzt es nur sehr schwach basi- 5. Podlewski A.C.: Cyclooxygenaseisoformaktivität stoff Phenazon dazu, der aber nur noch in sche Eigenschaften. Deshalb erreicht es im im ZNS von Mäusen. Dissertation Universität Mar- burg, 2007. Ohrentropfen vorkommt. entzündlichen Gewebe, das sauer ist, keine 6. Campos C. et al.: Regulation of cyclooxygenase Die Spasmolyse scheint an eine myotrope nennenswerte Konzentration und hat nur activity by metamizol. Eur J Pharmacol 1999; 378: Verminderung der Erregbarkeit der glatten schwache antiphlogistische Eigenschaf- 339–347. peripheren Muskeln gebunden zu sein, was ten. Aus demselben Grund besitzt Parace- 7. Beirith A. et al.: Spinal and supraspinal antinoci- in verschiedenen In-vitro- und In-vivo-Stu- tamol keine entzündungshemmende Wir- ceptive action of dipyrone in formalin, capsaicin and glutamate tests. Study of the mechanism of action, dien nachgewiesen wurde (4). kung. ◆ Eur J Pharmacol 1998; 345: 233–245. Ungeklärter analgetischer Wirkungsmechanismus Neben der bisher nicht restlos geklärten Facts Frage nach dem Wirkprinzip von Metami- ◆ Bei dem immer noch nicht geklärten Wirkprinzip von Metamizol scheint 4-MAA eine zol ist auch der analgetische Wirkungsme- zentrale Rolle zu spielen. chanismus teilweise immer noch unklar: ◆ Metamizol entfaltet periphere und zentrale analgetische und antipyretische Eigen- Man nimmt heute sowohl eine periphere schaften. wie auch eine zentrale Wirkung an. Zentral ◆ Es hat auch eine spasmolytische Wirksamkeit. scheint Metamizol eine hemmende Wir- ◆ Seine antiphlogistische Wirkung ist gering. kung auf die Prostaglandinsynthese auszu- 1/2009 thema RAT 3
Indikationen von Metamizol Metamizol hilft, wenn andere Analgetika versagen Metamizol ist ein stark wirk- sames nichtopoidanalgetikum Kasten 1: mit einer Reihe von wissen- Indikationen von Metamizol in der Schweiz schaftlich belegten Indikatio- Vorsorglich und nicht zuletzt aus juristischen Erwägungen beschloss die Firma Sanofi- nen. So können starke Aventis, die das Präparat Novalgin® heute vertreibt, 2006, weltweit einheitlich folgende Schmerzzustände, die auf Indikationen anzugeben: andere Massnahmen nicht ansprechen, wie zum Beispiel Starke Schmerzen und hohes Fieber, welche auf andere Massnahmen nicht ansprechen. Migräne, Urolithiasis, post- In der Schweiz ist neben Novalgin® von der Firma Sanofi-Aventis auch Minalgin® (mit den operative Schmerzen und identischen Indikationen wie Novalgin) von Spirig Pharma AG im Handel. Tumorschmerzen sowie pädia- trische Tumorschmerzen da- mit behandelt werden. Kasten 2: Darreichungsformen und Dosierung von Metamizol in der Schweiz Schmerzen und Fieber Darreichungsformen: Metamizol ist ein Analgetikum mit einem Novalgin® Minalgin® analgetischen und antipyretischen Poten- Injektionslösung 50% i.v./i.m. Injektionslösung 50% i.v./i.m. zial das demjenigen von Paracetamol, ASS, Filmtabletten 500 mg Filmtabletten 500 mg Ibuprofen und Diclofenac überlegen ist. Suppositorien 1 g (Ad) Suppositorien 500 mg Dieser Tatsache entsprechend kann es bei Tropfen 500 mg/ml Tropfen 500 mg/ml Fieber und Schmerzzuständen eingesetzt werden, wenn die Beschwerden auf andere Dosierungen: Analgetika und Antipyretika nicht anspre- Metamizol kann oral und parenteral sowohl Erwachsenen (Tabletten, Tropfen, Injektions- chen (1) (vgl. Kasten 1). Weiter besitzt Meta- lösung) als auch Kindern (Tropfen, Injektionslösung) verabreicht werden. Die rektale An- mizol ausgeprägte spasmolytische Eigen- wendung ist nur für Erwachsene bestimmt. schaften und eignet sich daher besonders Die orale Dosis für Erwachsene beträgt als Einzeldosis 500–1000 mg, als Tagesdosis für die Behandlung von Schmerzzuständen, 1000–3000 (max. 4000 mg). Die Dosierung für Säuglinge (ab 3. Lebensmonat), Kleinkin- die mit Krämpfen beziehungsweise Koliken der und Kinder richtet sich nach dem Lebensalter und Körpergewicht. einhergehen (Gallenkoliken, Koliken der ab- Bei der parenteralen Applikation gelten folgende Vorschriften: leitenden Harnwege). Metamizol ist auch Wegen der Gefahr des Blutdruckabfalls und des Schocks, muss die parenterale Injektion das einzige Spasmolytikum, das für pädia- am liegenden Patienten langsam (max. 1 ml/min) unter Kontrolle und Nachbeobachtung trische Anwendungen zugelassen ist. des Patienten erfolgen. Möglichkeiten zur Schockbehandlung müssen gegeben sein. Die verschiedenen Darreichungsformen Als übliche Einzeldosis werden Erwachsenen 0,5–1 g = 1–2 ml langsam i.m. oder i.v. (max. ermöglichen eine differenzierte Anwen- 500 mg/min) injiziert. Höhere Einzeldosen (bis max. 2,5 g = 5 ml) erfordern wegen des Ri- dung und Dosierung (vgl. Kasten 2). sikos eines Blutdruckabfalls besondere Vorsicht. Die Tagesdosis sollte 5 g = 10 ml nicht überschreiten. Migräne Bei Kindern im ersten Lebensjahr soll nur die i.m.-Injektion angewendet werden. Die Do- Wenn man an die Behandlung von regel- sierung richtet sich nach dem Körpergewicht. mässig auftretenden Spannungskopf- schmerzen oder Migräne denkt, dann kommt einem wahrscheinlich nicht in ers- mentiert. Es gibt sogar eine Cochrane Re- Perioperative Anwendung ter Linie Metamizol in den Sinn. Die Tryptane view von 2007, die die Wirksamkeit von Innerhalb der Anwendungsmöglichkeiten und ASS-Präparate scheinen zur Behand- Metamizol bei regelmässig auftretenden von Metamizol ist seine perioperative An- lung dieser regelmässigen Schmerzzu- Spannungskopfschmerzen und Migräne be- wendung besonders erwähnenswert, weil stände, die vielen Menschen immer wieder legt (2). Auch bei der Migräne im Kindesalter es als gut wirksames Analgetikum periope- Probleme machen, eher im Vordergrund zu kann Metamizol innerhalb eines ganzheit- rativ eingesetzt wird und zu einer deut- stehen. Die Wirksamkeit von Metamizol bei lichen Therapiekonzepts eine Behand- lichen Reduzierung der erforderlichen Migräne ist aber wissenschaftlich gut doku- lungsmassnahme darstellen (3). Opioide beitragen kann (4–6). In einer Stu- 4 thema RAT 1/2009
die von Steffen et al. konnte gezeigt wer- Dosen von 1000 mg alle vier Stunden ver- Literaturreferenzen: den, dass die postoperative Verwendung abreicht. Wenn die Schmerzen weiter be- 1. Arzneimittel-Kompendium der Schweiz 2009, Do- cumed Verlag, Basel. von Metamizol bei endoskopisch abdomi- stehen oder zunehmen, wird zum Nicht- 2. Ramacciotti A.S., Soares B.G.O., Atallah A.H.: Dipy- nalen Eingriffen eine Opioideinsparung opoid zusätzlich ein Opoid gegen milde bis ron for acute primary headaches. (Review), Cochrane von bis zu 67 Prozent bewirken kann (5). moderate Schmerzen verabreicht. Für Stufe Database of Systematic Reviews 2007, Issue 2. Dies ist auch auf die gute spasmolytische 3, bei bestehenden oder zunehmenden 3. Seung-Hee L., von Stülpnagel C., Heinen F.: Thera- Wirkung von Metamizol zurückzuführen. Schmerzen, wird zusätzlich zum Nicht- pie von Kopfschmerzen bei Kindern. Medreport 2005 (51); 29: 5. Weil Metamizol aber nur über ein geringes opoid ein Opoid gegen moderate bis 4. Steffen P. et al: Differential indications for non- antiphlogistisches Potenzial verfügt, kann schwere Schmerzen gewählt. Der Nutzen opioids for postoperative analgesia III. Analgesic ef- es nach muskuloskeletalen Eingriffen eine von Metamizol bei dieser Behandlungsart fect of perioperative administration of metamizole eher geringe Opioideinsparung von etwa wird in verschiedenen Studien beschrieben plus diclofenac after spinal anesthesia. Chirurg 1997(8); 68: 806–810. 20 Prozent bewirken (5). Tempel et al. (6) (10, 11, 12). 5. Steffen P. et al.: Postoperative analgesia after end- kommen bei einer Studie über die opioid- oscopic abdominal operations. A randomized double- sparende Wirkung von Metamizol nach ab- Urolithiasis blind study of perioperative effectiveness of metami- dominalen und urologischen Eingriffen Prof. D. K. Ackermann geht in einem Über- zole. Chirurg 1998(2); 69: 220–221. zum selben Resultat wie Steffen et al. und sichtsartikel über Harnsteine (13) auf die 6. Tempel G., von Hundelshausen B, Reeker W.: The opiate-sparing effect of dipyrone in post-operative berichten auch von einer geringen Rate Notfalltherapie ein und gibt folgendes pain therapy with morphine using a patient-control- von Nebenwirkungen. In einer weiteren Therapieschema an: led analgesic system. Intensiv Care Med 1996; 22: Studie, in der die Wirksamkeit von Metami- Basistherapie 1043–1047. zol und Tramadol zur Verminderung der ◆ Diclofenac: 100–150 mg/Tag p.o. oder 7. Stankov G. et al.: Observer-Blind Multicentre Study with Dipyron Versus Tramadol in Postoperative Pain. postoperativen Schmerzen verglichen wur- rektal, Cave :Niereninsuffizienz! Eur J Pain 1995; 16: 1–2. den, zeigte sich Metamizol sowohl bezüg- ◆ Flüssigkeitsretention 8. Grond S. et al.: Validation of world health organi- lich des Primärparameters «Sum of Pain In- Reservetherapeutika zation guidelines for cancer relief during the last days tensivity Differences» (SPID) wie auch ◆ Metamizol: 1 g langsam i.v.; max. 5 g/Tag and hours of life. bezüglich der Sekundärparameter der ◆ Pethidin: 50–100 mg s.c. oder 25–50 mg 9. Swerdlow S.: Cancer pain relief and palliative care. Report of a WHO Expert Committee, WHO Technical «Memorial Pain Assessment Card» (MPAC) langsam i.v.; max. 500 mg/Tag Report Series 804, Geneva, 1990. signifikant wirksamer als Tramadol (7). ◆ Parasympatholytika (Scopolaminbutyl- 10. Grond S. et al.: Schmerztherapie in der Finalphase bromid 20 mg s.c. oder langsam i.v. nur maligner Erkrankungen. Der Schmerz 1990; 4: 22–28. Tumorschmerzen bei Blasenkrämpfen wegen distaler 11. Schug S.A. et al.: Cancer pain management accor- Die obigen Aussagen lassen vermuten, Steine ding to WHO analgesic guidelines. J Pain and Sym- ptom Management 1990; 5: 27–32. dass Metamizol auch bei Tumorschmerzen ◆ bei Erbrechen Metoclopramid: 20 mg 12. Grond S. et al.: Validation of world health organi- eingesetzt werden kann. Und tatsächlich rektal oder 10 mg i.v. sation guidelines for pain relief in head and neck can- hat es in diese Behandlung Einzug gehal- Metamizol wird also auch hier seiner Indika- cer. Ann Otol Rhinol Laryngol 1993; 102: 342–348. ten und ist Bestandteil der WHO-Guide- tion gemäss eingesetzt, wenn die Basisthe- 13. Ackermann D. K.: Urolithiasis. The Medical Journal lines für das Management von Tumor- rapie nicht zum erhofften Erfolg führt. ◆ 6.11.2007. schmerzen, inklusive von Tumorschmerzen bei Kindern (8, 9). Opioide und Nichtopoide werden in einem «analgetischen Stufen- Facts verfahren» eingesetzt. Stufe 1 besteht aus ◆ Metamizol ist in der Schweiz indiziert, wenn andere Massnahmen versagen. einem Nichtopoidanalgetikum und allfälli- ◆ Es besitzt eine sehr gute Wirksamkeit bei perioperativen Schmerzen und bei Tumor- gen adjuvativ eingesetzten Medikamen- schmerzen. ten. Wegen pharmakokinetischer Vorteile ◆ Es ist bei Kindern ab dem 3. Monat erlaubt. werden die Analgetika in diesen Fällen vor ◆ Es ist das einzige erlaubte pädiatrische Spasmolytikum. allem oral verwendet. Metamizol wird in Impressum Anzeigenverkauf und -regie: ARS MEDICI thema RAT Rosenfluh Media AG ist eine Beilage zu ARS MEDICI Schaffhauserstrasse 13, 8212 Neuhausen © Copyright by Rosenfluh Publikationen AG. Verlag: Telefon 052-675 50 50, Fax 052-675 50 51 Rosenfluh Publikationen AG E-Mail: romed@rosenfluh.ch Alle Rechte beim Verlag. 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Sicherheit von Metamizol Nicht mehr Nebenwirkungen als bei vergleichbaren Analgetika Wie schon auf S. 1 beschrieben auf, und als gelegentliche Nebenwirkun- tauchten in den Siebziger- gen gelten etwa isolierte hypothensive Re- Kasten: jahren des letzten Jahrhun- aktionen, Haut- und Schleimhautreaktio- Häufigkeiten von Nebenwirkungen derts immer wieder Meldun- nen sowie lokale Reaktionen. gemäss Arzneimittelkompendium gen über zum Teil erhebliche Nebenwirkungen von Meta- Vergleich von Metamizol mit > 10% sehr häufig mizol auf. In der Folge kam es anderen Analgetika (Prozentangabe obligat) zur erwähnten Unterstellung Die Häufigkeit einer Agranulozytose wird > 1%, < 10% häufig in die Rezeptpflicht in Län- also mit «sehr selten» angegeben, das be- > 0,1%, < 1% gelegentlich dern wie der Schweiz und deutet in weniger als 0,01 Prozent der Fälle. > 0,01%, < 0,1% selten Deutschland sowie zum Rück- Verschiedene Studien haben sich mit dem < 0,01% sehr selten zug des Medikaments vom Risiko einer Agranulozytose bei einer Meta- Markt in verschiedenen Län- mizolbehandlung beschäftigt (2–5). Die dern wie zum Beispiel in den Studie von Andrade et al. (4) untersuchte Paracetamol 96 Prozent und für Metamizol USA oder in Schweden. Eine die Sicherheit von Acetylsalicylsäure, Diclo- 69 Prozent. Für Patienten über 60 Jahre genaue Nutzen-Risiko-Beur- fenac, Paracetamol und Metamizol, indem wurde ein erhöhtes Risiko gefunden. Das teilung von Metamizol zeigt sie in Medline alle englisch verfassten epi- Verhältnis des Risikos der vier Analgetika aber, dass es nicht mehr Risi- demiologischen Studien auswertete, die untereinander bleibt aber bei dieser Alters- ken birgt als vergleichbare zwischen 1970 und 1995 publiziert wurden gruppe dasselbe. Analgetika. und schwere Nebenwirkungen untersuch- Das Risiko von Nebenwirkungen mit tödli- ten, die auf die Einnahme auf eines der vier chem Verlauf insgesamt ist also für Parace- Analgetika zurückzuführen waren. tamol und Metamizol wesentlich geringer Agranulozytose Die Autoren errechneten die Todesfälle pro als für Acetylsalicylsäure und Diclofenac Viele kontrovers geführte Diskussionen be- 100 Millionen Anwender und 1 Woche Ein- (vgl. Tabelle). trafen die Agranulozytose, die in gewissen nahme des Präparats, die auf Nebenwir- Wenn man für die Berechnung des Risikos Fällen sogar zum Tod des Patienten führen kungen wie Agranulozytose, aplastische gastrointestinaler Komplikationen Perso- kann. Dabei wurde vielfach übersehen, Anämie, Anaphylaxie und schwere Kompli- nen mit einem peptischen Ulkus in der dass eine Agranulozytose zwar die bekann- kationen des oberen Gastrointestinaltrakts Krankengeschichte ausschliesst, vermin- teste und eine potenziell schwerwiegende zurückzuführen sind. Es waren dies dert sich das Risiko tödlich verlaufender Nebenwirkung von Metamizol ist, dass, (Fälle/Mio/Woche): Nebenwirkungen pro 100 Millionen An- wenn das Risiko jedoch nüchtern betrach- ◆ 185 für Acetylsalicylsäure wender erheblich, nämlich auf tet und in Relation zu den Nebenwirkungs- ◆ 592 für Diclofenac ◆ 79 für Acetylsalicylsäure risiken anderer Substanzen gestellt wird, ◆ 20 für Paracetamol ◆ 138 für Diclofenac Metamizol vergleichsweise sogar gut ver- ◆ 25 Metamizol. ◆ 3,6 für Paracetamol träglich ist. ◆ 5,4 für Metamizol. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Mögliche Risiken Risiko einer tödlichen Nebenwirkung pro Arzneistoffe und Agranulo- Die Nebenwirkungen von Metamizol sind 100 Millionen Anwendungen bei Diclofe- zytose im Arzneimittel-Kompendium der Schweiz nac und ASS 7- bis 24-mal höher ist als bei Ibanez et al. (3) untersuchten die in einem 2009 (1) aufgeführt: Paracetamol oder Metamizol!. bestimmten Zeitraum in Barcelona aufge- Die wichtigsten Nebenwirkungen sind ge- Der Anteil an Todesfällen infolge von Kom- tretenen Agranulozytosefälle und die von mäss dieser Einteilung sehr selten. Das gilt plikationen im oberen Gastrointestinal- den betroffenen Patienten innerhalb der für den anaphylaktischen Schock und die trakt war bei allen vier untersuchten An- letzten Woche vor dem Zwischenfall ein- Agranulozytose oder Störungen der Nie- algetika sehr hoch: Für Acetylsalicylsäure genommenen Arzneipräparate. Sie er- renfunktion. Selten tritt eine Leukopenie und Diclofenac waren es je 99 Prozent, für mittelten eine jährliche Inzidenzrate von 6 thema RAT 1/2009
Pharmazeutischen Zeitung sehr gut auf den Punkt (9), in dem es heisst: Tabelle: «Angesichts der Tatsache, dass auch an- Vergleich des relativen Risikos von tödlichen Nebenwirkungen dere Arzneistoffe wie die Antibiotika Trime- Annahme: Relatives Risiko von Diclofenac = 1 thoprim und Sulfamethoxazol, das H2- Diclofenac Acetylsalicylsäure Paracetamol Metamizol Antihistaminikum Clomipramin, das auch Diclofenac 0,315 0,033 0,042 bei chronischen Schmerzzuständen ange- Acetylsalicylsäure 0,315 0,108 0,135 wendet wird, zu einer Agranulozytose füh- ren können, bleibt unverständlich, warum Das relative Risiko von Diclofenac ist also fast 30-mal höher als dasjenige von Paracetamol und etwa 24-mal höher als dasjenige von Metamizol. Das relative Risiko von Acetylsalicylsäure ist 7,4-mal grösser gerade Metamizol so kontrovers diskutiert als dasjenige von Metamizol. wird.» ◆ ambulant erworbener Agranulozytose von ste und stellte fest, dass die Einnahmedauer Literaturreferenzen: 3,46:1 Million. Das Risiko nahm altersbe- 1. Arzneimittel-Kompendium der Schweiz 2009, in der spanischen Studie substanziell kürzer Documed Verlag, Basel. dingt zu. Die Fatalitätsrate betrug 7 Pro- und die gleichzeitige Einnahme von Begleit- 2. Ibanez L. et al.: Population-Based Drug Induces zent, das heisst das Mortalitätsrisiko be- medikamenten mit einem potenziellen Angranulocytosis. Arch Intern Med 2005; 165: trug 0,24:1 Million. Agranulozytoserisiko geringer war. 769–874. Zwei Drittel aller Fälle von Agranulozytose 3. Ibanez L. et al: Agranulocytosis associated with dipyron (metamizol). Eur J Clin Pharmacol 2005; 60: entstehen bei der Anwendung einer klei- Metamizolinduzierte 821–829. nen Anzahl von Arzneistoffen. Das relative Agranulozytose in Polen 4. Andrade S. et al: Comparative Safety Evaluation grösste Risiko stellt Ticlopidin dar, ein in der 2002 erschien eine polnische Studie (8), die of Non-narcotic Analgetics. J Clin Epidemiol 1998(12); Schweiz nicht verwendeter Thrombozyten- sich mit der metamizolinduzierten Agra- 51: 1357–1365. aggregationshemmer, gefolgt von Calcium- nulozytose in Polen befasste. Polen stellt 5. May S., Lis Y.: The Incidence of Metamizole So- dium induced Agranulocytosis in Poland. The Jour- dobesilat, einem Wirkstoff gegen Mikroan- insofern einen Sonderfall dar, weil in die- nal of International Medical research 2002; 30: giopathien und Mikrozirkulationsstörun- sem Land Metamizol nicht der Rezept- 488–495. gen. An dritter Stelle figurieren Thyreosta- pflicht unterworfen ist und dieses Analge- 6. Ibanez L. et al.: Agranulocytosis associated with tika. Erst dann wird Metamizol genannt, tikum in der Bevölkerung sehr beliebt ist dipyron (metamizol). Eur J Clin Pharmacol 2005; 60: 821–829. dahinter Spironolacton. In Bezug auf die und entsprechend häufig angewendet 7. Hedenmalm K., Spigset O.: Agranulocytosis and Agranulozytose gehört Metamizol damit wird. Die Autoren werteten die Daten von other blood dyscrasias associated with metamizol also nicht zur Gruppe mit dem höchsten sechs für Polen repräsentativen hämatolo- (metamizol). Eur J Clin Pharmacol 2002; 58: 265–274. Risiko. gischen Zentren der Jahre 1997 bis 2001 8. Maj S., Lis Y.: The Incidence of Metamizol Sodium- aus. Sie ermittelten eine Agranulozytose- induced Agranulocytosis in Poland. J Intern Med Res 2002; 30: 488–494. Agranulozytose und inzidenz von 0,2 Fällen pro Million Perso- 9. Imming P. et al.: Metamizol – Renaissance eines Metamizol nentage. Diese Inzidenzrate ist vergleich- Analgetikums. Pharm Ztg 2006; 151: 2936–2943. Dieselben Autoren untersuchten das spezi- bar mit derjenigen in anderen Ländern er- 10. Andrès E., Malaoisel F.: Idiosyncratic drug-in- fische Risiko einer Agranulozytose durch mittelten. duced agranulocytosis or acute Neutropenia, Cur- die Anwendung von Metamizol (6), indem rent Opinion in Hematology 2008, 15:15–21. sie alle Fälle einer diagnostizierten Agranulo- Zusammenfassung zytose in einer definierten Bevölkerungs- Die Kontroverse um Metamizol und Agra- gruppe von etwa 4 Millionen Personen seit nulozytose bringt ein Übersichtsartikel der 1980 untersuchten und mit einer Kontroll- gruppe verglichen. Die gefundenen Fälle wurden mit vorhergehenden Medikamen- Facts teneinnahmen und relativen Risiken ver- ◆ Bei den Analgetika bilden Komplikationen im oberen Gastrointestinaltrakt ein viel glichen. Die Autoren ermittelten eine Inzi- grösseres Risiko für tödliche Nebenwirkungen als eine Agranulozytose. denz von 0,56 (0,4–0,8) Fälle pro Million ◆ Das relative Risiko einer tödlichen Nebenwirkung ist für Metamizol etwa 24-mal Einwohner und Jahr. Das Risiko nahm mit kleiner als für Diclofenac und etwa 7,4-mal kleiner als für Acetylsalicylsäure. zunehmender Einnahmedauer zu und ver- ◆ Agranulozytose tritt als Nebenwirkung bei diversen Arzneistoffen auf; bei Metamizol schwand zehn Tage nach der letzten Ein- ist sie eine sehr seltene Nebenwirkung. nahme. Die Patienten mit einer Agranulo- ◆ Die Inzidenzrate einer ambulant erworbenen Agranulozytose beträgt unabhängig zytose nahmen Metamizol länger ein als vom Wirkstoff 2–4:1 Million Einnahmetage. Das relative Risiko steigt mit zunehmen- diejenigen der Kontrollgruppe. Der Artikel dem Alter und Einnahmedauer an. ging auch auf eine schwedische Studie (7) ein, die sich mit demselben Thema befas- 1/2009 thema RAT 7
Vergleich von Metamizol mit anderen Analgetika Metamizol, Diclofenac, ASS, Paracetamol und Tramadol Metamizol Diclofenac ASS Paracetamol Tramadol Darreichungsformen in der Schweiz Tabletten ja ja ja ja ja Tropfen ja ja nein ja ja Suppositorien ja ja nein ja ja parenteral ja ja ja ja ja Wirksamkeit analgetisch +++ ++ ++ + +++ antipyretisch +++ +(–) +(–) ++ – antiphlogistisch + +++ ++ – – spasmolytisch +++ – – – – Unerwünschte Wirkungen (gemäss Arzneimittel-Kompendium) Agranulozytose sehr selten sehr selten selten selten / GIT-Komplikationen / häufig häufig Vorsicht bei sehr häufig Nieren und Leber- insuffizienz Anaphylaxie sehr selten selten / / selten Tödlich verlaufende Zwischenfälle1 total 25 592 185 20 k.A. davon Agranulozytose (%) 31% 1% 1% k.A. k.A. davon GIT-Komplikationen (%) 69% 99% 99% k.A. k.A. Zulassung (gemäss Arzneimittelkompendium) für Säuglinge ja ja ja ja ja Tropfen: Tropfen ab 1. Jahr Suppositorien > 1 Jahr: Tropfen ab 3. Monat und Injektion parenteral: < 1 Jahr: nur i.m. für Kleinkinder ja ja ja ja ja Tropfen, Injektion Tropfen Suppositorien Tropfen und Injektion für Kinder ja ja ja ja ja Tropfen, Injektion < 14 Jahre: Tropfen > 3 Jahre: Tropfen und > 14 Jahre: Tabletten: Injektion alle Formen 1 Todesfälle pro 100 Millionen Anwender und 1 Woche Einnahme (1) k.A.: keine Angaben gefunden Literaturreferenz: 2. Wong A.: Antipyretic effect of dipyrone versus 3. Andrès E., Malaoisel F.: Idiosyncratic drug-in- 1. Andrade S. et al.: Comparative Safety Evaluation ibuprofen versus acetaminophen in children: results duced agranulocytosis or acute Neutropenia. Cur- of Non-narcotic Analgetics. J Clin Epidemiol 1998(12); of a multinational, randomized, modified double- rent Opinion in Hematology 2008, 15: 15–21. 51: 1357–1365. blind study. Clin Pediatr (Phila) 2001; 40: 313–324. 8 thema RAT 1/2009
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