Die Zukunft von Fidesz jenseits der EVP - Einleitung

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Die Zukunft von Fidesz jenseits der EVP - Einleitung
NR. 32 APRIL 2021                         Einleitung

Die Zukunft von Fidesz jenseits der EVP
Folgen des Austritts für das europäische Parteiengefüge und für Ungarns
Verhältnis zu Deutschland
Kai-Olaf Lang / Nicolai von Ondarza

Nach langem Ringen ist die ungarische Partei Fidesz im März 2021 aus der Europäi-
schen Volkspartei (EVP) und deren Fraktion im Europäischen Parlament (EP) aus-
getreten. Fidesz kam damit einem nahenden Ausschluss zuvor. Der Vorgang wirkt
sich in doppelter Weise aus. Er betrifft auf der einen Seite das europäische Parteien-
system. Zwar bleibt die »von der Leyen«-Mehrheit im Parlament intakt, doch rechts
der EVP werden sich Umgruppierungen im EU-skeptischen Lager ergeben. Auf der
anderen Seite geht es um Ungarns Innen-, Außen- und Europapolitik, die Fidesz als
Regierungspartei bestimmt. Die direkten Folgen des EVP-Austritts werden hier zu-
nächst weniger prononciert sein. Allerdings fehlt Ungarn künftig ein Rahmen, der
zumindest Kommunikationskanäle mit einigen wichtigen Partnern gesichert hat. Dies
gilt insbesondere für Deutschland, das darauf achten sollte, mit Budapest im Dialog
zu bleiben – trotz aller Differenzen, die künftig sicherlich nicht abnehmen werden.

Der Austritt von Fidesz aus der EVP und        2019 in der EVP suspendiert. Seither war
deren Fraktion markiert den Schlusspunkt       Orbán etwa vor Treffen des Europäischen
eines langen Streits, der sich vor allem um    Rates von den Beratungen mit den Staats-
die Einhaltung rechtsstaatlicher und demo-     und Regierungschefs aus der EVP und
kratischer Standards durch Ungarns Regie-      Kommissionspräsidentin Ursula von der
rung unter Premierminister und Fidesz-         Leyen (ebenfalls EVP) ausgeschlossen. Im
Parteichef Viktor Orbán drehte. EVP-Abge-      März 2021 änderte die EVP-Fraktion ihre
ordnete im Europäischen Parlament und          Geschäftsordnung dahingehend, dass ein
von EVP-Mitgliedsparteien geführte Regie-      Fraktionsausschluss mit einfacher Mehrheit
rungen anderer Staaten haben Fidesz lange      möglich wurde. Einem solchen kam Orbán
gegen Kritik verteidigt, sind aber seit Sep-   zuvor, indem er zunächst den Fraktions-
tember 2018 schrittweise auf Abstand           und wenige Tage später auch den Partei-
gegangen. Damals stimmte mehr als die          austritt von Fidesz verkündete.
Hälfte der EVP-Abgeordneten dafür, ein            In seiner politischen Bedeutung geht
Verfahren nach Artikel 7 EUV gegen die         dieser Schritt über die im EP vergleichs-
ungarische Regierung einzuleiten. Jenseits     weise häufig vollzogenen Fraktions- oder
der Fraktion wurde Fidesz bereits im März      Parteiwechsel hinaus. Auf der einen Seite
steht das Ringen der EVP mit Fidesz auch         bzw. Präsident seit 2004. Während der letz-
                 dafür, wie die EU als Ganzes mit Rechts-         ten Dekade wuchsen innerhalb des politi-
                 staatlichkeit umgeht und inwiefern die EVP       schen Konstrukts »Europäische Volkspartei«
                 eine Trennlinie gegenüber nationalkonser-        aber auch die Spannungen zwischen ihren
                 vativen und EU-skeptischen Parteien zieht.       konservativ-liberalen, christdemokratischen
                 Dass sich Fidesz von den Werten der EVP          und zum Teil nationalkonservativen Mit-
                 und dem parteipolitischen Mainstream in          gliedsparteien, vor allem was die Migra-
                 der EU schrittweise abgewandt hat, ist auf       tionspolitik betraf. Gleichzeitig werden die
                 der anderen Seite eng verbunden mit einer        meisten EVP-Mitgliedsparteien auf nationa-
                 zunehmend EU-kritischen Positionierung           ler Ebene von nationalkonservativen, popu-
                 der ungarischen Regierung. Dieser Prozess        listischen bzw. EU-skeptischen Parteien her-
                 dürfte somit ausstrahlen auf die in Buda-        ausgefordert, wobei sie sehr unterschiedlich
                 pest verfolgte Innen-, Europa- und Außen-        auf diese Konkurrenz reagieren – von pro-
                 politik. Aus Berliner Perspektive war die        grammatischer Imitation bis hin zu klarer
                 gemeinsame EVP-Mitgliedschaft der Regie-         Abgrenzung und einem Fokus auf die poli-
                 rungsparteien Fidesz und CDU/CSU zudem           tische Mitte.
                 strukturierend für die deutsch-ungarischen           Vor diesem Hintergrund war der Um-
                 Beziehungen.                                     gang mit Fidesz in der EVP höchst umstrit-
                                                                  ten. Insbesondere konservativ-liberale Mit-
                                                                  glieder aus nordischen Ländern und die
                 Auswirkungen auf die                             polnische Bürgerplattform (PO) von EVP-
                 europäische Parteienlandschaft                   Präsident Donald Tusk forderten, die Partei
                                                                  auszuschließen und sich konsequent von
                 Im Europäischen Parlament hat der Fidesz-        Orbán abzugrenzen. Christdemokratische
                 Austritt auf den ersten Blick nur begrenzte      Mitglieder einschließlich deutscher CDU/CSU
                 Folgen, was die Machtbalance zwischen den        waren wiederum lange um Vermittlung
                 Fraktionen betrifft. Die EVP verliert 12 Ab-     bemüht. Südliche und mitteleuropäische
                 geordnete, bleibt aber mit nunmehr 175           Mitglieder wie etwa der spanische Partido
                 Sitzen weiterhin größte Fraktion vor den         Popular (PP), die französischen Republika-
                 Sozialdemokraten (S&D), die 145 Mandate          ner, die Österreichische Volkspartei (ÖVP)
                 haben. Auch die »von der Leyen«-Mehrheit         oder die Slowenische Demokratische Partei
                 aus EVP, S&D und liberaler Renew-Fraktion,       (SDS) plädierten hingegen für eine Reorien-
                 von denen 2019 die Kommissionspräsiden-          tierung der EVP nach rechts, mit der Platz
                 tin gewählt wurde, ist mit jetzt 417 von 705     für Fidesz geschaffen würde. Die Partei war
                 Abgeordneten ungefährdet.                        ihrerseits jedoch nicht bereit, beim Thema
                                                                  Rechtsstaatlichkeit einzulenken, und be-
                 Abgrenzung der EVP nach rechts                   lastete die Atmosphäre zusätzlich durch
                                                                  verbale Attacken auf das EVP-Führungs-
                 Bei näherem Hinsehen sind die potentiellen       personal. Zuletzt votierten so 148 der da-
                 parteipolitischen Auswirkungen jedoch            mals noch 187 EVP-Abgeordneten für eine
                 nicht ganz unerheblich. Dies gilt zunächst       Änderung der Fraktionsgeschäftsordnung,
                 für die EVP selbst, die zusammen mit ihren       um Fidesz ausschließen zu können.
                 Mitgliedsparteien im letzten Jahrzehnt die           Dies bedeutet auch einen Einschnitt für
                 europäische Politik dominiert hat. Durch-        die Entwicklung der EVP, die sich damit
                 gängig stellte sie jeweils die größte Fraktion   nach rechts abgrenzt. Trotz vereinzelt ge-
                 im EP, die größte Gruppe unter den Staats-       äußerten Bedauerns über den Abgang von
                 und Regierungschefs im Europäischen Rat          Fidesz sind weitere Austritte nicht zu erwar-
                 (ohne Ungarn nun 10 von 27, der Großteil         ten. Eine Ausnahme könnte allenfalls die
                 davon aus Mittel- und Osteuropa) und die         slowenische SDS sein, die zwar nur zwei EP-
                 größte Gruppe unter den Mitgliedern der          Abgeordnete, aber mit Janez Janša einen
                 Kommission, einschließlich Präsidentin           Regierungschef im Europäischen Rat mit

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engem Kontakt zu Orbán stellt. In naher        Fraktionen und Parteienfamilien nach dem
Zukunft – nicht zuletzt mit Blick auf die      Fidesz-Austritt weiterhin sehen: Nehmen
slowenische Ratspräsidentschaft ab Juli        sie möglichst viele nationale Parteien auf,
2021 – dürfte Janša an einer Abkehr von        um ihre Machtressourcen in Rat und EP zu
der EVP allerdings kein Interesse haben.       vergrößern, oder fokussieren sie sich auf
   Dabei ist mit dem Austritt von Fidesz       die innere Kohärenz? Die vier zentralen
auch die EVP-Strategie gescheitert, eine       Fraktionen EVP, S&D, Renew und Grüne
Brücke zwischen konservativ-liberalen,         erreichen mittlerweile bei Abstimmungen
christdemokratischen und nationalkonser-       im Parlament eine Kohärenz von über
vativen Kräften in der EU zu bauen. Fidesz     90 Prozent. Bei kritischen Themen gibt es
verliert den Zugang zur größten Parteien-      aber immer wieder zahlreiche Abweichler.
familie der EU. Für die EVP bedeutet dies      Ohne Fidesz dürfte die EVP geschlossener
zunächst, dass sich ihr politischer Schwer-    als zuletzt auftreten. Überdies wird sie wohl
punkt mehr in Richtung Zentrum verlagert.      versuchen, etwa die S&D-Fraktion politisch
Schon bislang vertrat sie die Linie, nicht     zu attackieren, was deren Umgang mit Mit-
mit der hart EU-skeptischen Fraktion Iden-     gliedsparteien betrifft, die in Regierungs-
tität und Demokratie (ID) zusammen-            verantwortung stehen und eine fragwürdi-
zuarbeiten und nur in Einzelfällen mit der     ge Bilanz zur Rechtsstaatlichkeit aufweisen.
Fraktion Europäische Konservative und          Ein erster Angriffspunkt war hier im März
Reformer (EKR). Daher ist die EVP ohnehin      2021 die maltesische Labourpartei; ähn-
gezwungen, für politische Mehrheiten mit       liche Fragen dürften auch zu Rumäniens
der S&D, der liberalen Renew und zuneh-        Sozialdemokraten gestellt werden, immer-
mend auch der Fraktion Die Grünen/Euro-        hin die viertgrößte Gruppe in der S&D.
päische Freie Allianz (Grüne/EFA) zu koope-
rieren. Diese »supergroße« Koalition im EP     Drei Optionen für Fidesz
(sowie in Rat und Europäischem Rat), die
vollzogene Abgrenzung vom nationalkon-         Sollte die EVP weiter ins Zentrum rücken,
servativen Fidesz und das dadurch gewach-      stellt sich umso mehr die Frage, welche
sene Gewicht konservativ-liberaler Kräfte      Allianzen nun Fidesz anstrebt und wie die-
bewirken im Zusammenspiel, das sich die        se sich auf das EU-skeptische Lager rechts
EVP und auch die Parlamentsmehrheit ein        der EVP auswirken würden. Maßgeblich
Stück zur Mitte hin stabilisieren und in       für den »Wert« nationaler Parteien im EU-
Einzelfragen sogar nach links verlagern.       System sind zwei Faktoren: erstens, ob sie
   Im Binnenverhältnis der supergroßen         heimische Regierungsmacht innehaben
Koalition ändert sich nichts: Die EVP bleibt   und daher im Europäischen Rat oder zu-
größter Partner, benötigt aber mindestens      mindest im Rat mitbestimmen; zweitens,
zwei Fraktionen links der Mitte, um Mehr-      wie viele Abgeordnete sie im EP stellen, was
heiten generieren zu können. Bei knappen       maßgeblich ist für Finanz- und Personal-
Abstimmungen mit mehr Abweichlern in           ausstattung, die Zahl an Ausschussvorsit-
den Fraktionen werden auch die Grünen          zenden und Berichterstatterposten sowie
häufiger in Verhandlungen einzubinden          für die Redezeit der Fraktionen im Plenum.
sein, damit sichere Mehrheiten zustande        Mit zwölf EP-Abgeordneten und den damit
kommen. Möglich ist aber auch noch eine        verbundenen Rechten sowie einer direkten
weitere Kräfteverschiebung im Laufe der        Vertretung im Europäischen Rat ist Fidesz
aktuellen Legislaturperiode. So positioniert   jedenfalls ein attraktiver Partner für andere
sich die italienische Fünf-Sterne-Bewegung     EU-skeptische Parteien.
(M5S) zunehmend als Mitte-links-Partei. Sie       Grundsätzlich stehen der Partei drei
könnte mit ihren zehn Abgeordneten die         Optionen offen. Die erste wäre es, im EP
S&D noch näher an die EVP heranführen.         fraktionslos zu bleiben – wie etwa aktuell
   Diese Zahlenspiele verdeutlichen ein        die M5S aus Italien. Fidesz könnte dann auf
Dilemma, vor dem sich die europäischen         eine informelle Koordinierung mit der EVP

                                                                                               SWP-Aktuell 32
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setzen, während die ungarische Regierung       hat die mit Abstand geringste Kohärenz im
                 auf bi- und multilaterale Formate etwa mit     Parlament.
                 Polen bzw. innerhalb der Visegrád-Gruppe          Machtpolitisch wäre ein solcher Zusam-
                 aufbauen kann. Fraktionslose Abgeordnete       menschluss allerdings durchaus attraktiv.
                 haben im EP jedoch deutlich weniger            Ein Block aus EKR und (Teilen der) ID plus
                 Rechte und Ressourcenausstattung, so dass      Fidesz würde nach der EVP die zweitstärks-
                 der Status wenig attraktiv ist.                te Fraktion im Parlament bilden. Sie hätte
                     Die zweite Option wäre der Beitritt in     Anspruch auf erhebliche Finanzmittel, auf
                 eine andere bestehende Fraktion. Derzeit       Ausschussvorsitze in entsprechender Zahl
                 sind die EU-skeptischen Parteien gespalten     und auf mehr Redezeit im Plenum als S&D.
                 – in die von der polnischen PiS dominierte     Der größte Unterschied ergäbe sich für den
                 EKR-Fraktion, die vom französischen Ras-       Europäischen Rat, in dem die betreffenden
                 semblement National (RN) und von der           Kräfte erstmals als relevante Gruppierung
                 italienischen Lega angeführte ID sowie eini-   vertreten wären. Für eine Kooperation von
                 ge fraktionslose Abgeordnete. Während die      Fidesz insbesondere mit der italienischen
                 EKR partiell in parlamentarische Mehrheits-    Lega spricht auch, dass diese sich zuneh-
                 bildungen einbezogen ist, nimmt die ID         mend als Regierungspartei positionieren
                 eine vollständig oppositionelle Rolle ein.     möchte. Zudem haben mehrere ID-Mit-
                 Vom Abstimmungsverhalten her steht             gliedsparteien mittlerweile Abstand davon
                 Fidesz der EKR näher (mit 72 Prozent Über-     genommen, den Euro- bzw. EU-Austritt
                 einstimmung laut VoteWatch.eu); hinzu          ihrer Staaten zu fordern. Gegen eine solche
                 kommt das politisch ohnehin nahe Ver-          Neuformation spricht wiederum, dass unter
                 hältnis von Fidesz zur polnischen PiS, mit     den potentiellen Mitgliedern weiterhin
                 der bedeutenden Ausnahme der jeweiligen        handfeste Interessensunterschiede beste-
                 Beziehungen zu Russland, China, den USA        hen, etwa mit Blick auf Russland. Auch gibt
                 und durchaus auch zu Deutschland. Mit          es in mehreren Ländern konkurrierende
                 Fidesz würde die EKR auf 75 Sitze anwach-      Parteien, die bislang ID bzw. EKR angehö-
                 sen und somit knapp vor der ID viertgrößte     ren, so etwa im Falle Italiens die Lega und
                 Fraktion werden.                               die Fratelli d’Italia. Nicht zuletzt unter-
                     Dritte Option wäre eine umfassende Neu-    scheiden sich die einzelnen Parteien in der
                 formierung der EU-skeptischen Parteien         Frage, wie konstruktiv sie auf EU-Ebene
                 im Rahmen einer gemeinsamen Fraktion.          Politik mitgestalten wollen.
                 Orbán hat bereits den Anspruch formuliert,        Noch ist offen, in welche Richtung sich
                 eine »demokratische europäische Rechte«        Fidesz bewegt und ob es gelingen könnte,
                 jenseits der EVP aufbauen zu wollen, die       ein breiteres Bündnis als die jetzige EKR-
                 etwa Migration und LGBTQ-Rechte weitge-        Fraktion aufzubauen. Die wahrscheinlichs-
                 hend ablehnt und sich für die Souveränität     te Option ist ein Fidesz-Beitritt zur EKR,
                 europäischer Nationen einsetzt. Am 1. April    eventuell ergänzt um einen Fraktionswech-
                 traf sich Orbán in Budapest mit Mateusz        sel der italienischen Lega dorthin. Unmit-
                 Morawiecki (PiS/EKR) und Matteo Salvini        telbaren Zeitdruck gibt es nicht. Im Januar
                 (Lega/ID), um über eine mögliche Koopera-      2022 allerdings ist »Halbzeit« im Europäi-
                 tion zu sprechen; ob es zu einer Einigung      schen Parlament, zu der die Führungsposi-
                 kommen wird, ist aber noch offen. Bemü-        tionen in EP-Präsidium und den Ausschüs-
                 hungen, die nationalkonservativen und          sen neu besetzt werden. Bis dahin müssten
                 hart EU-skeptischen bis hin zu rechtsextre-    sich Fidesz und die anderen EU-skeptischen
                 men Kräften im EP zu vereinigen, gibt es       Parteien entscheiden, um die Postenvertei-
                 bereits seit mehreren Legislaturperioden.      lung zu ihren Gunsten beeinflussen zu kön-
                 Sie sind bisher an persönlichen Rivalitäten,   nen; umgekehrt kann Fidesz dies auch als
                 aber auch an deutlichen politischen Diffe-     Verhandlungspfand nutzen. Selbst bei der
                 renzen gescheitert. Bereits die ID-Fraktion    dritten Option, die am weitesten geht, blie-
                 ist weitgehend eine Zweckgemeinschaft; sie     ben die generellen Mehrheitsverhältnisse

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zumindest bis zu den Wahlen 2024 beste-          Mitglieder im Rat). Doch hat dies weniger
hen. Die EU-skeptische Opposition im Parla-      mit parteipolitischer Affiliation als mit den
ment wäre zwar lauter, aber nicht durch-         Interessen vieler zögerlicher Mitgliedstaaten
setzungsfähiger als zuvor.                       zu tun. Polens konservatives Regierungs-
                                                 lager, das auch nicht mit der EVP verbun-
                                                 den ist, hatte in seinen Rechtsstaatskonflik-
Ungarn in der EU                                 ten mit Brüssel auch nicht mit mehr Gegen-
                                                 wind zu rechnen als Fidesz. Das Vorgehen
Nicht zu erwarten ist, dass sich die Buda-       des Europäischen Gerichtshofs und auch
pester Europapolitik mit dem EVP-Austritt        der Kommission orientiert sich wiederum
abrupt ändern wird. Fidesz verfügt im unga-      an rechtlichen Kriterien; politische oder gar
rischen Parlament zusammen mit seinem            parteipolitische Faktoren spielen keine
kleineren Koalitionspartner, der Christlich-     Rolle bzw. sollten es nicht tun, wenn mög-
Demokratischen Volkspartei (KDNP), die           liche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit
weiterhin der EVP angehört, über eine Ver-       geprüft werden. Sollte sich daran künftig
fassungsmehrheit und damit über eine             etwas ändern, würde sich etwa die Europäi-
stabile Basis, die von den Modifikationen        sche Kommission dem Vorwurf aussetzen,
der europäischen Parteienpolitik nicht be-       Rechtsfragen politisch zu interpretieren.
troffen ist. Die bisherigen Prioritäten,         Auch die Schwierigkeiten bei Umsetzung
Handlungsformen und Schwerpunktfelder            des Ende 2020 verabschiedeten Mechanis-
gegenüber Brüssel werden weiterbestehen,         mus zum Schutz von EU-Finanzmitteln
ebenso die Kontroversen. Ungarns Europa-         bleiben rechtlich vom EVP-Fraktionsaustritt
politik bleibt in der Substanz souveränis-       unberührt.
tisch und in der Rhetorik EU-kritisch. Sie ist
aber auch darauf angelegt, das Land und
seine Wirtschaft durch Einbindung in einen       Stärkeres Ausscheren in
funktionierenden Binnenmarkt wettbe-             der Außenpolitik?
werbsfähig zu halten und trotz aller Wirr-
nisse im Verhältnis zur EU nicht aus der         Am ehesten wird auf Ungarns Verhalten in
Gemeinschaft herauszusteuern.                    der Außenpolitik zu achten sein. Ohne die
   Für die Brüsseler Rechtsstaatlichkeits-       Trump-Administration fehlt ein wichtiger
politik bringt der EVP-Austritt keinen spür-     Balancing-Partner gegen Brüssel in Buda-
baren Unterschied. Die Mitgliedschaft von        pests pragmatischer und vieldimensionaler
Fidesz in der EVP-Fraktion war längst kein       Außenpolitik und damit auch mittelbar in
Schutzschild mehr gegen Maßnahmen der            der Europapolitik. Ungarn hat sich zwar
EU. Dies zeigte sich spätestens, als das Euro-   in der China-Politik der EU etwa zusammen
päische Parlament im September 2018 das          mit Griechenland bei Einzelfragen konträr
Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn initiierte.     zur großen Mehrheit der Mitgliedstaaten
Damals stimmte mehr als die Hälfte der           positioniert und sich symbolisch wie real
EVP-Abgeordneten für die Prozedur. Und           immer wieder als (Wirtschafts-)Partner für
zwischenzeitlich schmolz das Lager der           Russland und China angeboten. Budapest
Fidesz-treuen Parteien in der EVP-Fraktion       legte sich dabei in der EU bisweilen auch
weiter ab, bis zuletzt nur noch ein Sechstel     quer und setzte sich beispielsweise für
der Abgeordneten dagegen war, die Ge-            einen weicheren Kurs der Union gegenüber
schäftsordnung zu ändern.                        Peking ein. Dennoch ist man bisher in zent-
   Das laufende Artikel-7-Verfahren kommt        ralen Fragen zumeist nicht ausgeschert und
nicht voran, und es wäre erst recht schwie-      hat etwa die Sanktionspolitik gegenüber
rig, die »eindeutige Gefahr einer schwerwie-     Russland nicht verhindert. Budapest kriti-
genden Verletzung der in Artikel 2 genann-       sierte zwar öffentlich die jüngsten EU-
ten Werte« feststellen zu lassen (dafür be-      Menschenrechtssanktionen gegenüber
dürfte es einer Vier-Fünftel-Mehrheit der        China, nachdem sie beschlossen worden

                                                                                                 SWP-Aktuell 32
                                                                                                    April 2021

                                                                                                             5
waren, hatte zuvor aber auf ein Veto dage-      wie vor Mitglied der EVP, doch sollte sich
                 gen verzichtet.                                 eine neue Fraktion bilden, dürfte Orbán
                    Zwar war die EVP-Mitgliedschaft von          wohl versuchen, Janša von einem Wechsel
                 Fidesz kein definierender Faktor für Ungarns    zu überzeugen. Budapest bringt sich auch
                 Außenpolitik. Doch könnte nach dem rup-         in die sogenannten C5 ein, das erst Mitte
                 pigen Abgang die Neigung steigen, in Euro-      2020 gegründete minilaterale Format aus
                 pas Gemeinsamer Außen- und Sicherheits-         den mitteleuropäischen Ländern Österreich,
                 politik (GASP) öfter Nein zu sagen, wenn        Slowakei, Slowenien, Tschechische Repub-
                 es eigenen Interessen entspricht. Dies gilt     lik und Ungarn. Deren Außenminister tra-
                 sicherlich für die bekannten Großthemen         fen Anfang März in diesem Rahmen bereits
                 Russland und China, könnte aber auch bei        zum fünften Mal zusammen.
                 den Beziehungen zur Türkei eine Rolle spie-
                 len. Verstärkt wird diese Tendenz womög-
                 lich durch die Corona-Impfpolitik. Denn die     Kaum Konsequenzen für Ungarns
                 ungarische Regierung hat auf Grundlage          Innenpolitik
                 einer nationalen Notfallzulassung als erster
                 EU-Staat russische und chinesische Impf-        Der Abgang von Fidesz aus der EVP wird
                 stoffe außerhalb des EU-Ankaufprogramms         nur wenig Einfluss auf Ungarns innenpoli-
                 erworben und eingesetzt. Damit konnte           tische Entwicklung haben. Der Fokus liegt
                 sich das Land nach aktuellem Stand – bei        hier vor allem auf den im Frühjahr 2022
                 sehr hohen Infektionszahlen – einen Impf-       anstehenden Parlamentswahlen. Um die
                 vorsprung gegenüber anderen EU-Staaten          bisherige Dominanz von Fidesz herauszu-
                 sichern. Mitte April stellten die Impfstoffe    fordern, wollen dabei fast alle Oppositions-
                 Sputnik V und BBIBP-CorV etwa 46 Prozent        parteien (die sozialistische MSZP, die links-
                 der an das Land gelieferten Dosen; außer        liberale Demokratische Koalition, die natio-
                 Malta ist Ungarn mit deutlichem Abstand         nalkonservative Jobbik, die ökologische
                 das EU-Land mit der höchsten Impfquote.         Párbeszéd, die liberal-zentristische Momen-
                 Wenn es Ungarn gelingt, diesen Weg durch        tum-Bewegung und die grüne LMP) mit ge-
                 weitere Vakzine russischer und chinesi-         meinsamen Kandidaten in allen 106 Wahl-
                 scher Herkunft fortzusetzen, dürfte die         kreisen, einem gemeinsamen Spitzenkan-
                 Regierung in Budapest auch europapoli-          didaten und einer gemeinsamen Landesliste
                 tisch Rückenwind verspüren.                     antreten. Beim Blick auf die Wahlen stehen
                    Sollte Fidesz sich im Europäischen Parla-    bislang das Pandemiemanagement und
                 ment auf eine formalisierte Zusammen-           vor allem die wirtschaftlichen Folgen der
                 arbeit mit der polnischen PiS einlassen –       Corona-Krise im Vordergrund, ebenso die
                 in welcher Fraktion auch immer –, würde         bislang schon dominanten Polarisierungs-
                 dadurch die Verklammerung zwischen              und Mobilisierungsthemen der ungarischen
                 Warschau und Budapest nochmals sichtbar         Innenpolitik wie etwa Migration. Der EVP-
                 gestärkt. In der Sache bliebe es bei den bis-   Austritt von Fidesz, der ohnehin vor allem
                 herigen Interessenüberlappungen (Rechts-        in außenpolitisch interessierten Kreisen
                 staatlichkeit, Migration) und Differenzen       und weniger von der breiten Öffentlichkeit
                 (Verhältnis zu Russland, China, USA sowie       wahrgenommen wurde, spielt angesichts
                 zu Deutschland). Weiterhin wird Ungarn          dessen nur eine nachgeordnete Rolle.
                 auf unterschiedlichen Wegen eine aktive            Oppositionelle Medien und Parteien
                 Mitteleuropapolitik betreiben, die wie bis-     argumentieren, Fidesz habe sich nun defi-
                 lang schon nicht von europäischer Partei-       nitiv vom europäischen Mainstream ent-
                 politik abhängig sein wird, sei es im Vise-     fernt. Dem hält Fidesz offensiv entgegen,
                 grád-Rahmen oder bilateral. Enge Kontakte       der Mainstream der rechten Mitte in Europa
                 bestehen zudem mit Slowenien, der dorti-        habe sich von seinen Wurzeln entfernt und
                 gen Hauptregierungspartei SDS und Minis-        dagegen optiert, einen Modus Vivendi mit
                 terpräsident Janša. Zwar ist die SDS nach       einer profilierten christlich-konservativen

SWP-Aktuell 32
April 2021

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und souveränistischen Partei zu finden. Soll-   ungarischen Modell eines Kaufs von Vakzi-
te Fidesz einer anderen oder einer frisch ge-   nen aus Russland und China.
gründeten nationalkonservativen Parteien-
familie beitreten, dürfte dies so dargestellt
werden, dass man erfolgreich eine neue          Folgen für die deutsch-
Alternative zu den etablierten Parteien-        ungarischen Beziehungen
verbünden lanciert habe.
   Mit nahendem Wahltermin könnten EU-          Mit dem Austritt von Fidesz aus der EVP
kritische Töne aus dem Budapester Regie-        endet nicht nur eine zwei Jahrzehnte
rungslager lauter werden. Zu achten wäre        währende Mitgliedschaft in dieser Parteien-
dann nicht nur auf deren inhaltlichen           familie. Es verändert sich auch der formelle
Fokus, sondern auch auf die Zielrichtung.       Rahmen für die Kontakte mit anderen EVP-
Das Europäische Parlament, wo Fidesz und        Parteien, was besonders für das Verhältnis
EVP auseinandergingen, ist angesichts der       zwischen Fidesz und CDU/CSU gilt. Dieses
dortigen Mehrheitsverhältnisse nach Sicht-      hat, auch durch den Austausch parteinaher
weise der Partei und großer Teile der unga-     Stiftungen, während der letzten Jahre wich-
rischen Öffentlichkeit ohnehin keine dem        tige Kommunikationskanäle gesichert und
Land wohlgesinnte Institution. Eher wird        so dazu beigetragen, die spannungsanfäl-
man in Budapest darauf achten, welche           ligen Beziehungen zwischen Deutschland
Signale von der Europäischen Kommission         und Ungarn zu stabilisieren.
kommen. Sollte sich diese – und vor allem          Was es für das Bilaterale bedeuten kann,
ihre Präsidentin, die offensichtlich auch       wenn parteipolitische Schnittstellen fehlen,
mit Fidesz-Stimmen gewählt wurde – kriti-       zeigt sich in den Beziehungen zu Polen. Die
scher als bisher gegenüber Ungarn äußern,       dort regierende PiS hat keine im Bundestag
wird dies nicht ohne Echo bleiben. Von          vertretene Partnerpartei in Deutschland.
Bedeutung wird dabei der Fahrplan zur           Der Wegfall eines parteipolitischen Rah-
Umsetzung der Rechtsstaatskonditionalität       mens im deutsch-ungarischen Fall bedeutet
sein. Sollte der Europäische Gerichtshof        aber nicht, dass die Kommunikation sofort
relativ rasch bis Sommer ein Urteil zur         zum Erliegen kommen muss. Persönliche
Rechtmäßigkeit des neuen Instrumenta-           Kontakte werden fortbestehen; Fidesz bzw.
riums fällen und die Kommission kurz da-        Amtsträger der Partei sind mit Deutschland
nach die Umsetzungsrichtlinie vorlegen,         sowohl auf Bundes- als auch auf Länder-
könnte ein solches Verfahren noch in die-       ebene gut vernetzt. Doch der konfliktvolle
sem Jahr beginnen. Damit wäre das Proze-        Fraktionsaustritt, die nun entstehende
dere Teil des Wahlkampfs zu den ungari-         parteipolitische Konkurrenz auf europäi-
schen Parlamentswahlen 2022. Die Buda-          scher Ebene und der Druck, sich voneinan-
pester Regierungsseite würde dies gewiss so     der abzugrenzen – diese Faktoren werden
deuten, dass ein wichtiges (wenn auch           auch das Verhältnis zwischen Fidesz und
nicht direkt formuliertes) Element des Kom-     CDU/CSU neu bestimmen.
promisses aufgekündigt worden sei, der die         Im bilateralen Bereich gibt es weiterhin
EU-Finanzpakete und die Einführung der          Konfliktthemen, aber auch eine Vielzahl
neuen Rechtsstaatskonditionalität ermög-        gut funktionierender Kooperationsfelder.
lich hatte. Die Kritik an »Brüssel« würde da-   Deutschland sollte in der jetzigen Situation
mit nochmals deutlich zunehmen. So oder         nicht damit nachlassen, Ungarn einzubin-
so wird man davon ausgehen können, dass         den. Dazu gehört auch, gerade mit Blick auf
man in Budapest neben klassischen The-          die 2022 stattfindenden Wahlen, auf die
men wie Migration oder LGBTQ-Fragen wei-        Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit und
tere Streitfragen aufgreifen wird. Schon        demokratischen Standards zu pochen. Fra-
jetzt wird etwa nachdrücklich auf Brüssels      gen der Rechtsstaatlichkeit und solche zu
angebliche Fehler bei der Beschaffung von       Gestalt und künftiger Entwicklung der
Impfstoff verwiesen – gegenüber dem             Europäischen Union werden nach wie vor

                                                                                               SWP-Aktuell 32
                                                                                                  April 2021

                                                                                                           7
für Verwerfungen sorgen – gerade deshalb                       sicherheitspolitischen Dialog, der sich gera-
                               kann Deutschland kein Interesse an einer                       de auch Fragen der europäischen Sicherheit
                               Dauerkonfrontation mit Ungarn oder wei-                        und den Folgen wachsender Großmacht-
                               teren europapolitischen Verhärtungen                           konkurrenz widmet. Von Bedeutung ist
                               haben. Daraus folgt auch, dass die zwischen                    dabei der Umgang mit Russland und China,
                               beiden Regierungen vereinbarte »Positiv-                       der immer stärker in die außenpolitischen
                               Agenda« gestärkt und nicht zuletzt sicht-                      Debatten beider Länder hineinspielt. Sinn-
                               barer gemacht werden sollte. Jenseits von                      voll wäre hier ein strukturierter Dialog zu
                               Wettbewerbsfähigkeit, Forschung, Techno-                       strategischer Autonomie sowie zu Prioritä-
                               logie und Digitalisierung – die aufgrund                       ten des Strategischen Kompasses, des künf-
© Stiftung Wissenschaft        der hohen Relevanz der Wirtschaftsverbin-                      tigen sicherheits- und verteidigungspoliti-
und Politik, 2021              dungen zwischen beiden Ländern natür-                          schen Grundlagendokuments der EU.
Alle Rechte vorbehalten        liche Kooperationsfelder sind – bieten sich                       Schließlich bildet die EU-Nachbarschafts-
                               in hier weitere Themen an, die europapoli-                     politik ein Themenfeld, bei dem es Diskus-
Das Aktuell gibt die Auf-
                               tisch zu kontextualisieren wären.                              sionsbedarf zwischen Berlin und Budapest
fassung der Autoren wieder.
                                  Die klimafreundliche Transformation                         gibt, vor allem was den Westbalkan betrifft.
In der Online-Version dieser   der Wirtschaft etwa fordert beiden Ländern                     Deutschland möchte sich stärker engagie-
Publikation sind Verweise      mit ihrer ausgeprägten industriellen Basis                     ren, um die Länder des westlichen Balkans
auf SWP-Schriften und          und insbesondere wegen der Folgen für die                      zu stabilisieren und an die EU heranzufüh-
wichtige Quellen anklickbar.
                               Automobilindustrie große Anpassungs-                           ren. Ungarn wiederum betreibt eine profi-
SWP-Aktuells werden intern
                               leistungen ab. Sie wird daher immer mehr                       lierte, achtsame Partnerpolitik mit einigen
einem Begutachtungsverfah-     ins Zentrum deutsch-ungarischer Kontakte                       Ländern aus der Region (allen voran
ren, einem Faktencheck und     treten. Ungarn hat angekündigt, den Aus-                       Serbien) und stellt den für Nachbarschafts-
einem Lektorat unterzogen.     stieg aus der Kohleverstromung von 2030                        fragen zuständigen EU-Kommissar. Neue
Weitere Informationen          auf 2025 vorzuziehen. Damit sich die EU-                       Dialogformate, in denen sich Kooperatio-
zur Qualitätssicherung der
                               Klimaziele erreichen lassen, wird das Land                     nen ausloten ließen, könnten sowohl von
SWP finden Sie auf der SWP-
Website unter https://www.     nicht nur auf Erdgas und Atomkraft setzen.                     den Exekutiven als auch durch parlamenta-
swp-berlin.org/ueber-uns/      Bedeutsam wird ebenfalls sein, erneuerbare                     rische Initiativen angestoßen werden. Zu
qualitaetssicherung/           Energiequellen auszubauen und die Ener-                        denken wäre möglicherweise auch an mini-
                               gieeffizienz zu verbessern. Ein deutsch-                       laterale Formate unter Einschluss von EU-
SWP
                               ungarischer Energie- und Nachhaltigkeits-                      Staaten wie Slowenien, Kroatien, der Slowa-
Stiftung Wissenschaft und
Politik
                               dialog, organisiert durch die Wirtschafts-                     kei oder der Tschechischen Republik.
Deutsches Institut für         ministerien, könnte ein Ort sein, um Erfah-                       Dass Fidesz seine bisherige Parteienfami-
Internationale Politik und     rungen und Herausforderungen beider                            lie verlassen hat, war letztlich dem Drängen
Sicherheit                     Länder zu thematisieren.                                       der meisten anderen EVP-Mitglieder und
                                  Einen weiteren Schwerpunkt der bilate-                      eigener Unnachgiebigkeit geschuldet. Der
Ludwigkirchplatz 3–4
                               ralen Beziehungen sollte die Zukunft der                       Schritt sollte von allen Seiten eher als par-
10719 Berlin
Telefon +49 30 880 07-0        europäischen Außen- und Sicherheitspoli-                       teipolitische Klärung und Neuaufstellung
Fax +49 30 880 07-100          tik bilden. Die beiden Länder sind verteidi-                   verstanden und von deutscher Seite nicht
www.swp-berlin.org             gungspolitisch und rüstungswirtschaftlich                      als Zurückweisung Ungarns kommuniziert
swp@swp-berlin.org             eng miteinander verbunden. Ungarn kauft                        werden. Bei der Modifizierung des partei-
                               bei der Modernisierung seiner Streitkräfte                     politischen Settings wird es deshalb auch
ISSN (Print) 1611-6364
ISSN (Online) 2747-5018
                               in großem Maßstab deutsches Gerät und                          darum gehen, dass sich Regierungen und
doi: 10.18449/2021A32          war 2020 ebenso wie 2019 größter Abneh-                        Parlamente stärker engagieren – zumin-
                               mer deutscher Rüstungsgüter. Damit einher                      dest dann, wenn die deutsch-ungarischen
                               geht ein intensivierter Austausch zwischen                     Beziehungen nicht nur eine negative
                               den Streitkräften. Dies alles sollte eingebet-                 Affektgemeinschaft oder ein gut funktio-
                               tet sein in einen verstetigten außen- und                      nierendes Wirtschaftsgeflecht sein sollen.

                               Dr. Kai-Olaf Lang ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe EU / Europa.
                               Dr. Nicolai von Ondarza ist Leiter der Forschungsgruppe EU / Europa.

      SWP-Aktuell 32
      April 2021

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