Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82

Die Seite wird erstellt Christina Petersen
 
WEITER LESEN
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Mikroelektronik
Nachrichten
            80 82
                April 2021

MENSCHEN. MACHEN.
MIKROELEKTRONIK.
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Liebe Leserinnen und Leser,
                                                                              © Fraunhofer IZM / Volker Mai
mit dieser Frühlingsausgabe der »Mikroelektronik Nachrichten« halten Sie
ein Verbund-Magazin in den Händen, das zum ersten Mal über die Gren-
zen des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik hinaus auf die Kooperation
»Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland« (FMD) mit allen ihren
Partnern aus der Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft aus-
geweitet wird.

Die »Mikroelektronik Nachrichten«, die im Oktober 2000 erstmalig und
mit nur vier Seiten erschienen, veröffentlichen seitdem regelmäßig Neuig-
keiten aus dem Verbund und seinen Instituten. So wie im Laufe der Zeit
die Zahl der Mitgliedsinstitute zunahm, wuchs auch die Themenvielfalt
und damit auch unser Magazin.

Die technologischen Erfolge und Highlights aus 20 Jahren Fraunhofer-          Mehr Einblicke in die Arbeit inner-
Mikroelektronik-Forschung haben wir letztes Jahr kurz vor Weihnachten         halb der FMD finden Sie auch auf
in einer Jubiläumsausgabe gewürdigt. In der aktuellen Ausgabe geben           unserem YouTube-Kanal:
die Köpfe innerhalb der FMD und des Verbunds unter dem Motto
»Menschen.Machen.Mikroelektronik« Einblicke in ihre Arbeit: Mit
Forscherinnen und Forschern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
aller 18 Kooperationspartner in der FMD sprachen wir über zukunfts­
weisende Technologien und ließen uns ihre tägliche Arbeit näherbringen.
Alles Menschen, die trotz aller aktuellen Widrigkeiten in Zeiten der
Covid19-Pandemie hochmotiviert und mit beeindruckender Kreativität
und wissenschaftlicher Kompetenz unsere Zukunft mitgestalten!

Insgesamt rund 3.500 Forscherinnen und Forscher innerhalb der Forschungs­
fabrik Mikroelektronik Deutschland suchen täglich nach Antworten auf
wirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Fragen: Mit welchen Technolo-
gien und innovativen Elektroniksystemen können wir die Herausforderun-
gen unserer Zeit bewältigen? Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Smart
Living oder autonomes Fahren – all diese digitalen Entwicklungen benöti-
gen neue Verfahren, Prozesse und Geschäftsmodelle für die Übertragung,
Speicherung und Verarbeitung der Daten. Wo und wie kann die Mikro-
elektronik als Basistechnologie zur leistungsfähigen, vertrauenswürdigen
und ressourcen­effizienten Unterstützung eingesetzt werden?

Einen wichtigen strategischen Schritt, um den Einsatz der Mikroelektronik
zu stärken, sind die Mitgliedsinstitute des Fraunhofer-Verbunds Mikroelek-
tronik mit den Leibniz-Instituten FBH und IHP bereits gegangen. Die mit
Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im
Jahre 2017 aus dieser Kooperation hervorgegangene Forschungsfabrik
Mikroelektronik Deutschland ist heute auf gutem Weg, sich als ein Zu-
kunftsmodell der deutschen Forschungslandschaft zur Bewältigung der
großen globalen Herausforderungen zu etablieren.
                                                                              Hier können Sie sich für unsere
Nun laden wir Sie herzlich auf eine Reise durch die Institute ein und         Digitalkonferenz zur Verstetigung
wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!                                          der FMD am 22. April 2021
                                                                              anmelden:

                                                                                                                  2
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Aus den Instituten

                                          »Wir sind bereit für die aktuellen und
                                          zukünftigen Herausforderungen der
Dr. Stephan Guttowski.                    Elektronikforschung«
© Fraunhofer Mikroelektronik

                                          Dr. Stephan Guttowski heißt der neue Leiter der gemeinsamen Geschäfts-
Dr. Stephan Guttowski studierte Elek-
trotechnik an der TU Berlin und pro-      stelle des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik und der Forschungsfabrik
movierte anschließend im Bereich          Mikroelektronik Deutschland (FMD). Der langjährige Fraunhofer-Mitarbeiter
Elektromagnetische Verträglichkeit.       übernahm die Leitung am 1. Januar 2021. Schon zuvor setzte er sich für
Es folgte ein Post-Doc-Aufenthalt am      die institutsübergreifende Kooperation innerhalb der FMD als Technologie-
Massachusetts Institute of Technolo-
gy (M.I.T.) in Cambridge, USA. Nach       park-Manager für Heterointegration ein.
seiner Rückkehr arbeitete er zunächst
                                          Dr. Guttowski, Glückwunsch zu Ihrer                 Technologieangebot, aktuelle Forschungs-
im Forschungslabor Elektrische An-
                                          neuen Position. Wie fühlt es sich an,               projekte und wie wir die Herausforderun-
triebe der DaimlerChrysler AG und
                                          der Leiter der zusammengelegten                     gen der Zukunft annehmen wollen.
wechselte 2001 in das Fraunhofer
                                          Geschäftsstelle zu sein?
IZM. Hier war er zunächst Leiter der
                                                                                              Wo möchten Sie als der neue Geschäfts-
Gruppe Advanced System Develop-
ment, dann übernahm er die Abtei-         Vielen Dank! Es fühlt sich sehr gut an und          stellenleiter besondere Akzente setzen?
lung System Design & Integration.         trotz aller Widrigkeiten zur Bewältigung der
Von Juni 2017 bis Dezember 2020           Corona-Pandemie blicke ich mit Zuversicht in        Für mich sind es vor allem drei Aufgaben-
begleitete er die Forschungsfabrik        die Zukunft. Zum einen sind die Fußstapfen,         bereiche, in denen wir als Geschäftsstelle
Mikroelektronik Deutschland (FMD)         in die ich nun trete, groß: Jörg Amelung und        sichtbar werden wollen. Zuerst einmal ist
als Technologiepark-Manager für He-       Michael Galetzka haben die FMD in den letz-         es das aktive Business Development auf der
terointegration. Seit Januar 2021 lei-    ten drei Jahren erfolgreich durch die Aufbau-       Basis der komplementären Kompetenzen
tet er die gemeinsame Geschäftsstel-      phase geleitet, Patrick Bressler hat in der Nach­   unserer Institute. Das erfordert eine gute
le des Fraunhofer-Verbunds Mikro­         folge von Joachim Pelka die Geschäftsstelle         Zusammenarbeit auf den als wegweisend
elektronik und der FMD.                   des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik             erkannten Gebieten. Hier sehe ich die zwei-
                                          durch diese bewegten Zeiten geführt. Zum            te Aufgabe der Geschäftsstelle – die Exper-
                                          anderen steht die gemeinsame Geschäfts-             tinnen und Experten an einen Tisch zu brin-
                                          stelle vor der Herausforderung, den bishe­          gen und ein gemeinsames technologisches
                                                                                              Portfolio zu entwickeln. Den dritten Bereich
                                                                                              unserer Tätigkeit sehe ich in der Kommunika­
                                                                                              tion und der Sichtbarkeit unseres Leistungs-
                                                                                              angebots. Ich bin oft erstaunt, wie wenig
                                                                                              über zukunftsweisende Ergebnisse der For-
                                                                                              schungsarbeit bekannt ist. Daran müssen
Mit seinen Kollegen (v.l.n.r.)
                                                                                              wir arbeiten, um gemeinsam die Zukunft
Dr. Dirk Nüßler (Fraunhofer FHR),
Dr. Andreas Grimm und Dr. Patrick
                                                                                              nachfolgender Generationen zu sichern.
Bressler während der letzten FMD
Innovation Days am Leibniz IHP.                                                               Und zu guter Letzt: Woher kommt Ihre
© Fraunhofer Mikroelektronik /                                                                Motivation?
Uwe Steinert
                                                                                              Was mich antreibt, sind sowohl die ganz
                                          rigen Erfolg fort­zuführen und gleichzeitig         großen aber auch ganz kleine Themen. Ich
                                          Synergien für die Fraunhofer- und Leibniz-­         denke, dass in einem Land wie Deutsch-
                                          Institute in der FMD, deren Vertretung wir          land, Zukunft und Wohlstand kommender
                                          hier organisieren, in einem nachhaltigen            Generationen maßgeblich davon abhängen,
                                          Regelbetrieb zum Wohle aller zu heben.              dass wir den technologischen Fortschritt
                                                                                              nicht nur verstehen, sondern selbst mitge-
    Kontakt:                              Woran arbeiten Sie und Ihr Team gerade?             stalten. Dass Unternehmen – egal ob große
Dr. Stephan Guttowski                                                                         internationale Konzerne oder kleine erst
stephan.guttowski@                        Neben den institutsübergreifenden Projekten,        frisch gegründete Startups – den best­
mikroelektronik.fraunhofer.de             die die Geschäftsstelle koordiniert, sind wir       möglichen Zugang zu neuen Konzepten
Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik        aktuell dabei, unsere Außendarstellung zu           und Lösungen aus der Forschung erhalten.
Forschungsfabrik Mikroelektronik          schärfen. In wenigen Tagen veranstalten wir         Gleichzeitig empfinde ich es als höchst
Deutschland                               beispielsweise unsere Digitalkonferenz zur          motivierend mich mit den Forschenden aus-
Anna-Louisa-Karsch-Straße 2               Verstätigung der FMD. Unter dem Motto:              zutauschen und zu sehen, welche hervorra-
10178 Berlin                              »Impulsgeber FMD: Angebot & Potenzial               gende Arbeit in unseren Instituten geleistet
www.mikroelektronik.fraunhofer.de         − Köpfe & Know-how« berichten wir am                wird, mit welcher Begeisterung neue Ideen
www.forschungsfabrik-mikroelektronik.de   22. April 2021 über unser erweitertes               verfolgt und neue Ansätze erprobt werden.

3
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Aus den Instituten

»Nur durch Vernetzung und Kooperation
werden wir die Erwartungen an die
moderne Mikroelektronik erfüllen«                                                                  Prof. Albert Heuberger.
                                                                                                   © Fraunhofer IIS

Mikroelektronik bildet die Grundlage für die Innovationskraft in vielen
                                                                                                   Prof. Albert Heuberger ist seit 2011
Branchen. Um die europäische Halbleiter- und Elektronikindustrie im                                Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts
globalen Wettbewerb zu stärken wurde 2017 die Forschungsfabrik Mikro-                              für Integrierte Schaltungen IIS. Prof.
elektronik Deutschland (FMD) ins Leben gerufen. Über das Erreichte und                             Heuberger ist unter anderem im Wis-
                                                                                                   senschaftlich-Technischen Rat (WTR)
die Erwartungen an die moderne Mikroelektronik sprachen wir mit dem                                der Fraunhofer-Gesellschaft, er ist
Vorsitzenden der FMD und dem Sprecher des Fraunhofer-Verbunds Mikro-                               Mitglied im Vorstand des Medical
elektronik, Professor Albert Heuberger.                                                            Valley Europäische Metropol­region
                                                                                                   Nürnberg (EMN) e.V., im Hochschulrat
                                                                                                   der Technischen Hochschule Nürnberg
Prof. Heuberger, der Aufbau der FMD ist         Datenverarbeitung und Transferzeiten kaum
                                                                                                   Georg Simon Ohm und der Hochschu-
weitgehend abgeschlossen: Was wurde             mehr gerecht. Mit der wachsenden Abhän-
                                                                                                   le Coburg sowie im Programmaus-
erreicht und wie geht es jetzt weiter?          gigkeit von digitalen Netzen und Daten,
                                                                                                   schuss Kommunikation und Navi-
                                                steigen auch die Anforderungen an die
                                                                                                   gation der Deutschen Raumfahrta-
Die umfangreichen Investitionen in die Infra­   Sicherheit. Dabei kommt vor allem der tech­        gentur. 2017 wurde er als Mitglied
strukturen der Institute konnten bis auf        nologischen Souveränität, also der Selbst­         in die acatech, die Deutsche Akade-
wenige durch die Covid19-Pandemie be-           bestimmung und Kontrolle über Systeme              mie der Technikwissenschaften, be-
dingte Verzögerungen abgeschlossen              und Daten, in Deutschland und Europa eine          rufen. Für seine Verdienste rund um
werden. Nun sind wir in der Phase der           zentrale Rolle zu. Bislang führte die Markt-       die Fraunhofer-Gesellschaft erhielt er
Umsetzung und Verstetigung des Modells          macht vor allem US-amerikanischer IT-Kon-          im Jahr 2019 die Fraunhofer-Medail-
der Forschungs­fabrik Mikroelektronik           zerne wie Microsoft und Google zu nahezu           le. Seit 2020 ist Prof. Heuberger Vor-
Deutschland. Einen ersten Schritt haben wir     alternativlosen Abhängigkeiten. Gleiches           sitzender der FMD und Sprecher des
mit der Neuauf­stellung der Geschäftsstelle     gilt im Bereich der Chipfertigung, die zum         Fraunhofer-Verbunds Mikro­elektronik.
schon getan. Schon jetzt gilt die FMD als       überwiegenden Teil in Asien stattfindet.
Vorbild, wenn es darum geht, unterschied­
liche Kompetenzen der verschiedenen Insti-      Vertrauenswürdige Elektronik und Datensi-
tutionen mit einer gemeinsamen Strategie        cherheit sind die Basis für alle digitalen, ver-
und mit gebündelten Angeboten an die            netzten Systeme, speziell für das Internet
Industrie aufzustellen.                         der Dinge, aber auch KI. Vor allem dort, wo
                                                personenbezogene oder sicherheitskritische
Auch weiterhin gilt: Durch konsequente          Daten verarbeitet werden, wie in der Medi-
Verknüpfung und strategische Weiterent-         zintechnik, beim autonomen Fahren oder             Um Elektronik sicher und zuverlässig
wicklung der Expertise unserer Institute auch   bei kritischen Infrastrukturen, ist es essenti-    einzusetzen, muss man nachvoll­
zukünftig die technologische Souveränität       ell, dass die Eigentümer die vollständige          ziehen können, was sie macht und
und Attraktivität von Deutschland und Euro­     Kontrolle über ihre IKT-Systeme haben und          wie sie aufgebaut ist.
pa für die Spitzenforschung aufrechtzuer-       Nutzer über die Eigenschaften der von              © Fraunhofer IIS / Katharina Knaut
halten! Es ist wichtig, die Zukunftsthemen
zielgerichtet und gemeinsam voranzutrei-
ben – um gegenüber den Wettbewerbern
in den USA und Asien schneller zu agieren
als in der Vergangenheit.

Mit der Digitalisierung stehen viele
Branchen vor einem tiefgreifenden
Umbruch. Welche Herausforderungen
gilt es für die Mikroelektronik dabei
zu bewältigen?

Künstliche Intelligenz (KI), Industrie 4.0,
autonomes Fahren – all diese digitalen
Entwicklungen benötigen neue Verfahren,
Prozesse und Geschäftsmodelle für die
Übertragung, Speicherung und Verarbei-
tung der Datenmengen. Die heute existie-
renden Computertechnologien werden
neuen Anforderungen an Energieverbrauch,

                                                                                                                                        4
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Aus den Instituten

                                      ihnen genutzten Systeme informiert wer-              gehende Konzepte zu erstellen. Insgesamt
                                      den. Betrachtet werden muss dabei der                sind 12 Partner – 11 Fraunhofer- und
                                      gesamte Datenfluss – vom Endkunden bis               Leibniz-Institute der Forschungsfabrik Mikro­
                                      zu der eigentlichen Hardware, die die Daten          elektronik Deutschland sowie das edacentrum
Beispiel für ein energiesparendes,    verarbeitet.                                         – am Projekt beteiligt. Es sollen entsprechen-
lernfähiges System der Zukunft: die                                                        de Standards, Normen und Prozesse auf der
»intelligente Schraubverbindung«.     Können Sie uns Bespiele nennen wie                   Grundlage einer nationalen und europäi-
© Fraunhofer IIS                      die FMD der Industrie hierbei hilft?                 schen Chipsicherheitsarchitektur entwickelt
                                                                                           und in die Anwendung gebracht werden.
                                      Für neue Forschungsgebiete, die diese über-
                                      greifenden Kompetenzen brauchen, entwi-              Trotz aller technischen Anstrengungen, immer
                                      ckeln wir komplette innovative Elektronik-           energiesparendere elektronische Kompo-
                                      systeme. Hierfür möchte ich drei Beispiele           nenten zu entwickeln, um insbesondere die
                                      nennen.                                              durch elektronische Geräte unterstützte
                                                                                           Mobilität zu erhöhen, ist der Gesamtener-
                                      Im Projekt TRAICT (TrustedResourceAware              gieverbrauch der Informations- und Kom-
                                      ICT) arbeiten acht FMD-Institute mit weite-          munikationstechnik kontinuierlich gestie-
                                      ren zehn Fraunhofer-Instituten gemeinsam             gen. Aktuelle Entwicklungen zu lernfähigen
                                      an Rahmenbedingungen, damit Informa-                 Systemen und deren erwartete Verbreitung
                                      tions- und Kommunikationstechnik vertrau-            in allen Lebens- und Arbeitsbereichen ver-
                                      enswürdig und datenschutzkonform ist und             schärfen dieses Problem. Dabei wird sich
                                      dabei selbstbestimmt und sicher genutzt              der Energieverbrauch nicht nur auf große
                                      werden kann. Die Kernfrage ist: Wie lässt            Rechenzentren konzentrieren, sondern vor
                                      sich die Verlässlichkeit kritischer elektroni-       allem auch in den sich immer weiterverbrei-
                                      scher Komponenten und Systeme in global              tenden IoT-Geräten und -Systemen spürbar
                                      verflochtenen Liefer- und Wertschöpfungs-            mehr Relevanz erlangen. Ein wachsender
                                      ketten validieren und gewährleisten?                 Anteil entfällt dabei auch auf die enorm
                                                                                           zunehmende Übertragung von Daten. Für
                                                                                           die Bewältigung dieser Herausforderungen
                                                                                           plant die FMD ein Kompetenzzentrum für
                                                                                           ressourcenschonende Informations- und
                                                                                           Kommunikationstechnologien – kurz Kom-
                                                                                           petenzzentrum »Green ICT«.

                                                                                           Wir sind neugierig: Sie sind jetzt etwas
                                                                                           mehr als ein Jahr der Vorsitzende der
                                                                                           FMD und Sprecher des Verbunds. Was
                                                                                           hat sich für Sie verändert?

                                                                                           Das letzte Jahr war für alle von uns mit
                                                                                           großen Herausforderungen verbunden.
                                                                                           Die Takt­zahl der Online-Meetings und der
                                                                                           fehlende persönliche Austausch mit den
                                                                                           Kolleginnen und Kollegen der FMD hat
                                                                                           auch meine Arbeitsweise und -kultur stark
                                                                                           verändert. Ich bin dankbar, dass uns Tech-
                                                                                           nologie hier auch hilft, arbeitsfähig und in
                                      Zur Erreichung der deutschen und europäischen        Kontakt zu bleiben.
                                      Klimaschutzziele ist Mikroelektronik ein wichtiger
                                      positiver Baustein. © Shutterstock                   Mit der Rolle des Sprechers sind auch span-
                                                                                           nende Aufgaben, wie beispielsweise im
                                      Viele kritische Komponenten digitaler Tech-          Fraunhofer-Präsidium und in Europäischen
                                      nologien werden heute außerhalb Europas              Gremien verbunden. Ich finde es motivie-
                                      hergestellt und in vielen Bereichen der digi-        rend, dass aktuell die Bedeutung der Mikro-
                                      talen Wertschöpfungskette besitzen auslän-           elektronik für Zukunftsthemen wie Quanten­
   Kontakt:                           dische Anbieter monopolähnliche Markt­               technologien oder die technologische
Prof. Albert Heuberger                positionen. Dies erzeugt eine große Ab­hän­          Souveränität erkannt wird und dass ich auch
albert.heuberger@iis.fraunhofer.de    gig­keit, die zum Nachteil Deutschlands              persönlich Veränderungen in der deutschen
Fraunhofer-Institut für Integrierte   werden könnte. Die im März gestartete                Forschungslandschaft mitgestalten kann.
Schaltungen IIS                       Plattform für die Vertrauenswürdige
Am Wolfsmantel 33                     Elek­tronik – kurz »Velektronik« – hat es
91058 Erlangen                        sich zum Ziel gemacht, die komplette Wert-
www.iis.fraunhofer.de                 schöpfungskette zu beleuchten und durch-

5
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Leibniz
                                                   Aus denFBH
                                                           Instituten

Hochfrequenzelektronik für die 6G-Welt
Ob privat oder beruflich, unsere Welt wird immer digitaler – nicht zuletzt
befeuert durch die aktuellen Einschränkungen des Lebens in Pandemie-                              Dr. Hady Yacoub.
                                                                                                  © FBH / Petra Immerz
zeiten. Die neuen Kommunikationsstandards wie 5G und 6G versprechen
eine höhere Datengeschwindigkeit, größere Netzkapazität und schnellere
Reaktionszeit. Damit dies gelingt, müssen die dafür benötigten Hardware-
                                                                                                  Hady Yacoub hat Elektrotechnik an
Komponenten technologisch enorm weiterentwickelt werden. Dr. Hady                                 der Deutschen Universität Kairo sowie
Yacoub vom Leibniz FBH setzt genau hier an und erforscht Möglichkeiten                            Mikroelektronik und Kommunikations-
für die Nutzung von neuen Frequenzbändern im mm-Wellen-Bereich.                                   technik an der Universität Ulm stu-
                                                                                                  diert. Nach seinem Masterabschluss
                                                                                                  2011 promovierte er 2017 an der
Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut     vollautomatische Hightech-Anlagen zum
                                                                                                  RWTH Aachen mit Fokus auf III/V-
für Höchstfrequenztechnik (FBH) ist ein Teil der   Ätzen oder Galvanisieren erhöhen nicht nur
                                                                                                  Halbleiter-basierten Bauelementen für
Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutsch­          die Ausbeute und Homogenität der Schal-
                                                                                                  Hochleistungs- und Hochfrequenzan-
land (FMD) und bringt hierbei seine Expertise      tungen, sondern auch den Wafer-Durchsatz.
                                                                                                  wendungen. Hady Yacoub kam 2018
bei der Entwicklung von energieeffizienten
                                                                                                  als Postdoc an das Ferdinand-Braun-
Halbleiter-Komponenten ein. Es erforscht           Welche Möglichkeiten ergeben sich
                                                                                                  Institut in Berlin und leitet dort seit
neuartige Materialien und entwickelt die not-      dadurch für Ihren Forschungsbereich?           2019 das InP Devices Lab. Er ist
wendigen Bauelemente für Anwendungen                                                              Autor und Ko-Autor von mehr als 20
wie Elektromobilität, Industrie 4.0 oder die       Die neue, leistungsfähige Infrastruktur wird   Arbeiten aus dem Bereich der III/V-
mobile Kommunikation der Zukunft.                  in verschiedenen nationalen und europäi-       Halbleiter.
                                                   schen Vorhaben zum Einsatz kommen.
Dr. Yacoub, Sie forschen im Bereich der            Eines davon ist das Projekt ULTRAWAVE, in
III/V-Elektronik und leiten am FBH das             dem ein Konsortium eine neuartige drahtlose
InP Devices Lab. Was versprechen Sie               Systemarchitektur für die Kommunikation
sich von Indiumphosphid?                           mit verbesserter Netzdeckung und nie da-
                                                   gewesenen Datenraten entwickelt. Das FBH
Der zukünftige Kommunikationsstandard 6G
zielt auf Frequenzen oberhalb von 100 GHz
ab. Dies stellt neue Anforderungen an die
Hardware sowie Hochfrequenzelektronik,
was Konsequenzen für die Wahl der Halb-
leiter haben. Hetero-Bipolartransistoren (HBT)
auf Basis des Halbleiters Indiumphosphid
(InP) sind dank ihrer hohen Integrationsfä-
higkeit kompakt und liefern exzellente Leis-
tungsdichten, hohe Betriebsspannung und
damit, im Vergleich zu Silizium-basierten
Technologien, hohe Ausgangsleistung. Zu-
sammen mit mehrfachen Dünnschicht-­
Verdrahtungsebenen lassen sich komplexe
monolithisch-integrierte Schaltungen auf
geringer Fläche realisieren. Allerdings sind
solche Schaltungen technologisch und pro-
zesstechnisch sehr anspruchsvoll, da sie                                                          Modul mit monolithisch-integrierten
ex­trem skaliert werden müssen. Sie müssen         liefert die dafür benötigten monolithisch-     InP-DHBT-Schaltkreisen für die
also mehr Leistung auf kleinerer Fläche            integrierten Schaltkreise, die auf dem haus-   drahtlose Kommunikation im
                                                                                                  D-Band. © FBH / Nicole Vlach
bieten – bei gleichbleibender Ausbeute.            eigenen InP-DHBT-Prozess basieren. Dank
                                                   einer Point-to-Multipoint-Infrastruktur im
Wie können Sie diese Herausforderung               D-Band bei 140 GHz bietet die Systemarchi-
lösen?                                             tektur 100 Gbps im Umkreis von einem
                                                   Quadratkilometer. Dies soll erstmalig in
Ganz klar mit einer leistungsfähigen An-           einem Testversuch in Valencia erreicht wer-        Kontakt:
lagentechnik. Um die technologischen An-           den – Point-to-Point-Systeme im gleichen       Dr. Hady Yacoub
forderungen zu meistern, hat das FBH im            Frequenzband wurden von anderen Grup-          hady.yacoub@fbh-berlin.de
Rahmen der Forschungsfabrik Mikroelektro-          pen bereits in ersten Versuchen demonst-       Ferdinand-Braun-Institut gGmbH,
nik Deutschland seine Anlagentechnik im            riert. Das ULTRAWAVE-System nutzt einen        Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik
Reinraum entsprechend aufgerüstet. Mit             Standard-Modemzugang und ermöglicht            Gustav-Kirchhoff-Straße 4
modernster E-Beam-Lithographie sind Struk-         eine drahtlose Datenübertragung von bis zu     12489 Berlin
turgrößen von nur 30 nm möglich. Weitere           einem Kilometer.                               www.fbh-berlin.de

                                                                                                                                         6
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Fraunhofer
                                                     Aus          AISEC
                                                         den Instituten

                                         Vernetzungsplattform für vertrauens-
                                         würdige Elektronik
Dr. Johann Heyszl.
© Fraunhofer AISEC                       Um Elektronik sicher und zuverlässig einzusetzen, muss nachvollziehbar
                                         sein, was sie macht und wie sie aufgebaut ist. Aktuell gibt es technische
                                         Lösungen und Forschungsarbeiten zu einzelnen Aspekten einer vertrau-
Johann Heyszl promovierte an der         enswürdigen Elektronik, aber noch niemanden, der die komplette Wert-
Technischen Universität München
im Bereich der angewandten Kryp-
                                         schöpfungskette ausreichend beleuchtet und durchgehende Konzepte lie-
tografie und deren Schutz gegen          fert. Die »Plattform Vertrauenswürdige Elektronik« möchte hier Hilfe
hochentwickelte Seitenkanalangriffe.     leisten.
Am Fraunhofer AISEC in Garching
                                         Die vom Bundesministerium für Bildung und       und Unternehmen zu schaffen. Hierfür wird
bei München leitet er die Abteilung
                                         Forschung (BMBF) im Rahmen von Forschungs­      in allen Bereichen der Elektronikentwick-
Hardware Security und stellvertre-
                                         vorhaben für »Vertrauenswürdige Elektronik      lung, Fertigung und Analyse an Lösungskon-
tend das Institut. Der Schwerpunkt
                                         (ZEUS)« geförderte Plattform – kurz »Velek­     zepten gearbeitet. Die Ergebnisse können
seiner Arbeit liegt in der Sicherheit
                                         tronik« – begann ihre Arbeit im März 2021.      anschließend innerhalb der Plattform, für
und Vertrauenswürdigkeit von ein-
gebetteten elektronischen Systemen       Dr. Johann Heyszl vom Fraunhofer-­Institut      weitere Forschungsvorhaben und vor allem
und vernetzten Geräten für das In-       für Angewandte und Integrierte Sicherheit       von der Wirtschaft genutzt werden. So wer-
ternet der Dinge.                        AISEC war an dem Konzept maßgeblich be-         den vertrauenswürdige elektronische Kom-
                                         teiligt und ist der fachliche Leiter des For-   ponenten und Baugruppen zielgerichtet
                                         schungsvorhabens. 12 Partner aus der For-       entwickelt, gefertigt, analysiert und danach
                                         schungsfabrik Mikroelektronik Deutschland       integriert. Die Plattform »Velektronik« soll
                                         und dem Verbund Mikroelektronik sowie das       als Instrument für die komplette Wertschöp-
                                         edacentrum sind in dem Projekt involviert.      fungskette vertrauenswürdiger Elektronik
                                                                                         fungieren und den Ausbau der Technologi-
                                                                                         schen Souveränität in diesem Bereich für die
                                                                                         deutsche Industrie und den öffentlichen Sek-
                                                                                         tor auf dem globalen Markt unterstützen.

                                                                                         Stichwort »Technologische Souveränität«:
                                                                                         Welche Rolle spielt vertrauenswürdige
                                                                                         Elektronik in diesem Zusammenhang?

                                                                                         Wir sind in allen relevanten Anwendungs-
                                                                                         domänen – ob in kritischen Infrastrukturen,
                                                                                         in der Industrie 4.0, im Automobilbereich
                                                                                         oder auch bei medizinischen Geräten – auf
                                                                                         elektronische Komponenten angewiesen.
                                                                                         Auf diese müssen wir uns verlassen und
Durch Angriffe auf eingebettete                                                          ihnen vertrauen können, um darauf letzt-
Systeme kann die Sicherheit und          Dr. Heyszl, darf man nicht automatisch          endlich Produkte, Systeme und Infrastruktur
Vertrauenswürdigkeit elektroni-          jeder Elektronik vertrauen?                     aufzubauen. Technologische Souveränität
scher Komponenten untersucht                                                             bedeutet, dass wir vor dem Hintergrund
werden.© Fraunhofer AISEC
                                         Durch die starke Internationalisierung in der   einer stark internationalisierten Wertschöp-
                                         Elektronikentwicklung ist das Thema Ver-        fung die Hoheit darüber behalten, welche
                                         trauenswürdigkeit tatsächlich eine große        konkreten Eigenschaften technologische
                                         Herausforderung. Vertrauenswürdig ist           Komponenten unserer Produkte haben. Das
                                         Elektronik, wenn sie allen unseren Erwar-       sichert die Innovations- und Wettbewerbs-
                                         tungen an Funktionalität und Spezifikatio-      fähigkeit deutscher Unternehmen, insbe-
                                         nen entspricht und gleichzeitig keine Hin-      sondere des Mittelstands, nachhaltig.
                                         tertüren oder Schwachstellen für Angreifer
                                         offenlässt. Anderweitig könnte das zu Ma-       Je mehr wir fortschrittliche Elektronik selbst
    Kontakt:                             nipulationen, Angriffen oder Ausfällen von      in Deutschland und Europa konzipieren,
Dr. Johann Heyszl                        ganzen Systemen führen.                         entwickeln, herstellen und absichern, desto
johann.heyszl@aisec.fraunhofer.de                                                        besser können wir auch nachvollziehen,
Fraunhofer-Institut für Angewandte und   Welche Ziele verfolgt das Projekt genau?        was Elektronik Dritter leistet oder auch
Integrierte Sicherheit AISEC                                                             nicht leistet. So können wir weltweit auf
Lichtenbergstraße 11                     Die Vision des Projekts ist es, eine Ver­net­   Augenhöhe kooperieren und Anforderun-
85748 Garching b. München                zungs­plattform für vertrauenswürdige Elek­     gen an von uns genutzte oder betriebene
www.aisec.fraunhofer.de                  tronik als Schnittstelle zwischen Forschung     Elektroniksysteme durchsetzen.

7
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Fraunhofer HHI
                                                  Aus den Instituten

Neue Systemarchitektur für THz-Frequenz­
bereichsspektroskopie
                                                                                                 Dr. Lars Liebermeister.
Terahertz-Sensorik bietet ein großes Anwendungspotenzial für die indus-                          © Fraunhofer HHI
trielle Qualitätsüberwachung. Dabei ist die Komplexität aktueller Mess­
systeme und der damit verbundene hohe Systempreis eine große Heraus-
forderung. Hier ist die THz-Frequenzbereichsspektroskopie eine sehr                              Dr. Lars Liebermeister ist seit 2017 in
                                                                                                 der Gruppe Terahertz-Sensoren und
attraktive Alternative zur etablierten Zeitbereichsspektroskopie, da sie                         -Systeme am Fraunhofer HHI Projekt-
sich einfacher realisieren lässt und robuster ist.­                                              leiter und stellvertretender Gruppen-
                                                                                                 leiter. Seine aktuellen Forschungs­
                                                                                                 interessen umfassen integrierte Ter-
Dr. Liebermeister, Qualitätsüberwachung           flektieren und leitet die Reflexion an einen
                                                                                                 ahertz-Photonik, optoelektronische
zum kleinen Preis klingt sehr vielver-            zweiten Photomischer weiter. Wird dieser
                                                                                                 Terahertz-Systeme sowie Terahertz-
sprechend, wie kam Ihr Team auf die               zusätzlich mit den gleichen beiden optischen
                                                                                                 Quantenoptik. Lars Liebermeister hat
Idee für dieses Projekt?                          Wellen gefüttert, kann man ein Messsignal
                                                                                                 Physik an der Georg-August-Univer-
                                                  abgreifen. Dieses Signal gibt Aufschluss da-
                                                                                                 sität Göttingen studiert und promo-
In der Qualitätsüberwachung gibt es viele         rüber, wie die Probe die THz-Welle verän-
                                                                                                 vierte 2016 in Quanten- und Nano-
nützliche Anwendungen für THz-Sensorik.           dert hat – sowohl in ihrer Amplitude als       photonik an der Ludwig-Maximilians-
Die aktuelle Technologie löst viele Messauf-      auch in ihrer Phasenlage. Durch kontinuier-    Universität München.
gaben, die bisher von keinem anderen Ver-         liches Verändern der Frequenz einer der op-
fahren erfüllt werden konnten, aber der hohe      tischen Wellen, lässt sich die THz-Welle
Preis hat viele weiterführende Projekte ver-      selbst wiederum in ihrer Frequenz durch-
hindert. Vor diesem Hintergrund verfolgt das      stimmen und somit ein breites Reflexions-
Fraunhofer HHI zwei unterschiedliche Kon-         spektrum eines Probekörpers erfassen.
zepte: Die weit verbreitete THz-Zeit­bereichs­
spek­troskopie (TDS) und die eher nischenhaf­te   Welche Vorteile ergeben sich daraus?
THz-Frequenzbereichsspektro­skopie (FDS).
TDS dient gemeinhin als Arbeits­tier, ihr Auf-    THz-Frequenzen sind ungefährlich und bie-
bau ist aber aufwendig und daher entspre-         ten bei vielen Materialien (wie Kunststoffe
chend kostspielig. FDS zeichnet sich durch        oder Keramik) einen einzigartigen Kompro-
eine niedrigere Messgeschwindigkeit aus.          miss aus Eindringtiefe und räumlicher Auf-     THz-Spektroskopie bietet einen
Diese Technologie kommt bisher in Nischen         lösung. Dies erlaubt die berührungsfreie       einzigartigen Kompromiss aus
wie der Gasanalytik zum Einsatz. Sie hat den      Messung von Wand-Beschichtungsdicken,          Eindringtiefe und räumlicher Auf­
Vorteil, robuster und einfacher im Aufbau zu      wobei mehrere Lagen einzeln aufgelöst          lösung. © Fraunhofer HHI
sein und wird sich in Zukunft sogar auf einem
einzelnen photonisch-integrierten Chip reali-
sieren lassen. Ich habe intensiv an FDS gear-
beitet und konnte dabei eine alternative,
vereinfachende Systemarchitektur entwi-
ckeln. Im Ergebnis ist ein neues FDS-System
entstanden, das um zwei Größenordnungen
schneller ist als bisherige FDS-Systeme und
damit für viele Anwendungen konkurrenz­
fähig zur TDS wird. Darüber hinaus konnten
Material- und Aufbauaufwand weiter redu-
ziert werden. Meinen neuen Ansatz habe ich
erfolgreich im Labor demonstriert.

Und wie kann sich ein Laie die Funk­              werden können. Ein einfaches Beispiel ist
tionsweise der Technologie vorstellen?            die Bestimmung der Dicke einer Plastikfolie.
                                                  Diese kann eine Dicke von mehreren 10 µm
Aus zwei optischen Wellen (Laser) wird in         haben. Mit unserem System können wir in-
einem speziellen nicht-linearen Bauteil,          nerhalb von wenigen Millisekunden die              Kontakt:
einem sogenannten Photomischer, eine              THz-Reflexionseigenschaften breitbandig er-    Dr. Lars Liebermeister
elektromagnetische Welle mit der Differenz-       fassen. Von Amplitudenveränderungen bei        lars.liebermeister@hhi.fraunhofer.de
frequenz der beiden optischen Wellen ge-          bestimmten Frequenzen lässt sich dann ein-     Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik,
neriert. Auf diese Art und Weise lassen sich      deutig auf die Foliendicke rückschließen.      Heinrich-Hertz-Institut, HHI
Frequenzen erzeugen, bei denen keiner der         Das gleiche Prinzip gilt für mehrschichtige    Einsteinufer 37
Laser selbst arbeiten kann. Nun lässt man         Proben, wie dem Lackstapel auf einer Auto-     10587 Berlin
diese THz-Welle an einem Probekörper re-          karosserie.                                    www.hhi.fraunhofer.de

                                                                                                                                         8
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
­

                                                       AusFraunhofer
                                                           den Instituten
                                                                      IAF

                                           Rauscharme Hochfrequenzelektronik für
                                           Quantencomputer
    Dr. Fabian Thome hat am Fraunhofer
    IAF über das Thema »Drahtlose Low-­    Dr. Fabian Thome und Felix Heinz vom Fraunhofer IAF forschen gemeinsam im
    Power-Datenübertragungs­systeme
    mit hoher Datenrate« promoviert.
                                           EU-geförderten Kooperationsprojekt »SEQUENCE« daran, kryogene Hoch-
    Zurzeit forscht er im Bereich der      frequenzelektronik für bestehende Quantencomputerkonzepte zu entwi-
    ultra-­rauscharmen Verstärker und      ckeln. Denn nur mittels kompakter und extrem rauscharmer Elektronik wird
    leitet das Kooperationsprojekt
    »SEQUENCE« seitens des IAF.            es möglich sein, bestehende Quantencomputerkonzepte weiter zu skalieren.
    © Fraunhofer IAF
                                           Sie sind beide keine (Quanten-)Physiker,         Welchen Forschungsfragen würden Sie
                                           wie sind Sie zu diesem Projekt gekommen?         gerne als nächstes nachgehen?

                                           Thome: Quantencomputing (QC) ist längst          Thome: Ein spannendes Thema, das noch
                                           kein exklusiver Forschungsbereich von Quan­      nicht erschöpfend untersucht wird, ist die
                                           ten­physikern mehr, sondern ein interdiszipli-   Frequenzskalierung von QCs. Heutzutage
                                           näres Forschungsfeld. Letztlich beruht die       werden bei QCs rauscharme Verstärker im
                                           aktuell angestrebte Skalierung von QCs, die      Frequenzbereich von etwa 5 GHz als zent-
                                           heute nachgewiesenermaßen funktionieren,         rale Komponenten im Ausleseschaltkreis
                                           maßgeblich auf elektrotechnischen Kompo-         genutzt. Es ist aber theoretisch möglich,
                                           nenten – und da kommen wir als Ingenieure        diese Frequenz zu erhöhen. Das könnte
                                           der Hochfrequenztechnik ins Spiel.               zum einen die Performance der Systeme
                                                                                            verbessern und zum anderen könnten wir
                                           Heinz: Wir haben beide unseren wissen-           so auch mehr Synergien nutzen, die über
                                           schaftlichen Hintergrund in der Erforschung      das QC hinausgehen. Ein Beispiel hierfür
                                           von kryogenen und ultra-rauscharmen Ver-         sind zukünftige Satellitensysteme, bei
                                           stärkern. Das war bis vor ein paar Jahren noch   denen rauscharme Verstärker bei einer Be-
    Felix Heinz promoviert am Fraunhofer   ein richtiges Nischenthema, das klassischer-     triebstemperatur von etwa -220 °C zum
    IAF im Bereich der Mikrosystemtech-    weise in der Radioastronomie Anwendung           Einsatz kommen könnten.
    nik über ultrarauscharme Verstärker    findet. Seitdem die ersten funktionalen QCs
    und forscht im Projekt »SEQUENCE«      aufgekommen sind, gibt es aber ein ganz
    an der Charakterisierung und Model-
                                           neues Interesse an dem Forschungsbereich.
    lierung kryogener Nanoelektronik.
                                           Kryogene und rauscharme Elektronik wird
    © Fraunhofer IAF
                                           nämlich für das Auslesen und Steuern von
                                           Qubits benötigt.

                                           Was sind Ihre Aufgaben?

                                           Thome: Im Rahmen des Projekts untersuchen
                                           wir am Fraunhofer IAF Hochfrequenztech­
                                           nologien, mit denen wir schon viel Erfah-
                                           rung gesammelt haben, wie mHEMTs und
                                           MOSHEMTs. Diese wollen wir im Hinblick auf       Ein rauscharmer Verstärker (70 – 116 GHz) mit
                                           die Nutzung in QCs optimieren. Dazu müs-         einer durchschnittlichen Rauschtemperatur von
                                           sen wir das Rauschen der etablierten Tech-       30 K, hergestellt mit der 35-nm-HEMT-Techno-
                                           nologien noch weiter verringern und die          logie des Fraunhofer IAF. © Fraunhofer IAF
                                           Komponenten kompakter gestalten, damit
                                           die Elektronik näher an den empfindlichen        Heinz: Die Jagd nach immer rauschärmerer
                                           und gekühlten Qubits arbeiten kann. Als          Hochfrequenzelektronik wird auch nach
        Kontakt:                           Projektleiter seitens des IAF befasse ich mich   »SEQUENCE« eine spannende Fragestellung
    Dr. Fabian Thome                       mit der Erforschung rauscharmer Verstärker.      bleiben. In dem Projekt werden wir sicher-
    fabian.thome@iaf.fraunhofer.de                                                          lich einen großen Schritt in die Richtung
                                           Heinz: Ich bin in erster Linie für die Kryo-     machen, aber es wird noch nicht das Ende
    Felix Heinz                            Messtechnik und Rauschmodellierung zu-           sein. Darüber hinaus interessiere ich mich
    felix.heinz@iaf.fraunhofer.de          ständig. Dabei untersuche ich verschiedene       für neuartige Integrationskonzepte und
                                           Technologien bei extrem niedrigen Tempera-       multifunktionale Elektronik für skalierbare
    Fraunhofer-Institut für Angewandte     turen und beschreibe deren Verhalten mit         Quantencomputer.
    Festkörperphysik IAF                   elektrischen Modellen für CAD-Systeme. Dar-
    Tullastraße 72                         auf basierend entwerfe ich ultra-rauscharme
    79108 Freiburg                         Schaltungen, die für einen kryogenen Betrieb
    www.iaf.fraunhofer.de                  optimiert sind.

    9
Mikroelektronik Nachrichten - 80 April 2021 82
Fraunhofer IPMS
                                               Aus den Instituten

Neue Fähigkeiten in der Prozessierung
für die nächste Generation der MEMS
und MOEMS                                                                                    Fritz Herrmann. © Fraunhofer IPMS

Fritz Herrmann, Technical Sales Manager am Fraunhofer IPMS, berichtet in
                                                                                             Fritz Hermann hat in Dresden Wirt-
seinem Interview über die neue Fähigkeit des Instituts, »intelligent BSOI                    schaftsingenieurwesen studiert. Nach
Wafer« herzustellen. Damit lassen sich MEMS und MOEMS mit anspruchs-                         einem Praktikum bei BMW zog es ihn
vollen Eigenschaften realisieren, die mit konventionellen Fertigungsansät-                   zur Fraunhofer-Gesellschaft. Er star-
                                                                                             tete als wissenschaftlicher Mitarbei-
zen und Technologiekonzepten kaum möglich sind.                                              ter beim Fraunhofer IWS. Die Freu-
                                                                                             de an der Halbleiterei und der Kon-
Herr Herrmann, was bedeutet                    rung im Bereich der Waferbearbeitung
                                                                                             takt zu Industriekunden zog ihn ans
»intelligent BSOI«?                            Features wie vergrabene Leiterbahnen oder
                                                                                             Fraunhofer IMPS, wo er inzwischen
                                               Kavitäten zu den Device Layern hinzufügen,
                                                                                             seit zweieinhalb Jahren als Techni-
BSOI steht für »bonded silicon on insulator«   um die Kundenanforderungen noch indivi-       cal Sales Manager arbeitet. Hier ist
und bezeichnet einen speziellen Waferauf-      dueller zu adressieren und einen Schritt      er zuständig für Akquise und Projekt-
bau, welcher als Ausgangsmaterial unter        weiterzugehen. Nicht zuletzt dadurch soll     planung. Gleichzeitig leitet er eige-
anderem für moderne MEMS-Technologien          das Marktangebot an standardisierten          ne Projekte, vertritt das Institut bei
(MEMS = Micro-Electro-Mechanical-Systems)      BSOI-Wafern erweitert werden.                 Messen, hält Fachvorträge und freut
zur Anwendung kommt. Der Aufbau eines                                                        sich gleichzeitig immer auf jeden Tag,
BSOI-Wafer besteht grundlegend aus einem       Wie konnte die Forschungsfabrik               den er im Reinraum verbringen kann.
»Handlewafer« auf dem eine Oxidschicht         Mikroelektronik Deutschland dabei
abgeschieden ist. Die oberste, abschließende   unterstützen?
Schicht, der sogenannte »Device Layer«, ist
eine angepasste Schicht, welche in diversen    Durch die Unterstützung der FMD konnten
Technologien zur Anwendung kommt, auch         wir einen sogenannten »Grinder« beschaf-
über den MEMS-Bereich hinaus.                  fen, der für das Abdünnen der Wafer ge-
                                               nutzt wird um die Zieldicken der Device
Wofür ist das nützlich?                        Layer einzustellen. Zudem haben wir durch
                                               die FMD eine 5-Zonen-CMP erhalten, die
Die Nachfrage an BSOI-Wafern steigt jähr-      die Oberflächen planarisiert und so die
lich. Vor allem im MEMS-Bereich deswegen,      Wafer zunächst fürs Bonden und anschlie-
weil anspruchsvolle Sensoren diese Wafer als   ßend auch für eine produktive Substrat­
Ausgangsmaterial benötigen. Dabei wer­den      bearbeitung final präpariert. Wir sind sehr
die Device Layer derzeit typischerweise mit    stolz, dass wir im Rahmen der Forschungs-
unterschiedlichen Dicken, Materialien oder     fabrik Mikroelektronik Deutschland diese
Dotierungen angeboten. Das Fraunhofer-­        zwei Anlagen zur Verfügung gestellt be-
Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS     kommen haben, die uns nun befähigen,
möchte nun mit seiner langjährigen Erfah-      intelligente BSOI-Wafer zu fertigen.

                                                                                             Neben seiner Arbeit als Technical
                                                                                             Sales Manager hält Fritz Herrmann
                                                                                             auch regelmäßig Fachvorträge für
                                                                                             das Fraunhofer IPMS.
                                                                                             © Fraunhofer IPMS

                                                                                                  Kontakt:
                                                                                              Fritz Herrmann
                                                                                              fritz.herrmann@ipms.fraunhofer.de
                                                                                              Fraunhofer-Institut für Photonische
                                                                                              Mikrosysteme IPMS
                                                                                              Maria-Reiche-Straße 2
                                                                                              01109 Dresden
                                                                                              www.ipms.fraunhofer.de

                                                                                                                                    10
­

                                                           Fraunhofer
                                                          Aus          EMFT
                                                              den Instituten

                                              Innovative Chipintegration in Systeme
                                              der Mensch-Maschine-Interaktion
    Frank Vanselow. © Fraunhofer EMFT
                                              In Bereichen wie Industrie 4.0, Smart Health, Smart Security und Automo-
                                              tive kommen zunehmend intelligente Systeme für die Mensch-Maschine-
    Frank Vanselow studierte Elektro-         Interaktion zum Einsatz. Hierbei sind Sensorsysteme für den nonverbalen
    technik an der Ruhr-Universität Bo-       Informationsaustausch im Nahdistanz- und Kontaktbereich sowohl für die
    chum. Nach seinem Abschluss 1991
                                              Funktionalität als auch die Sicherheit essentiell.
    entwickelte er bei der Grundig E.M.V.
    RF-Empfangs- und Sendemodule für
                                              Die wachsenden Anforderungen hinsichtlich       Welche kniffligen Herausforderungen
    die damals neuen digitalen Übertra-
                                              einer energieeffizienten 3D-Erfassung und       haben Sie bereits im Projekt gelöst?
    gungsformate für Rundfunk und Fern-
                                              einer schnelleren Signalverwertung sind je-
    sehen. 1997 wechselte er zu Texas
                                              doch mit derzeit verfügbaren Lösungen           Wesentliche Herausforderungen bestanden
    Instruments, wo er in verschiedenen
                                              nicht realisierbar. Fraunhofer-Forschende       in der Synthese von Lösungsmöglichkeiten
    Funktionen die Entwicklung von RF-
    ICs und DC-DC Konvertern unter-           aus vier Instituten entwickeln im Projekt       für die Reduktion der Zahl der externen
    stützte. Er leitete dort das internati-   »ProtaktilUS« neue Ansätze. Die Ergebnisse      Komponenten, der Hochspannungsansteue-
    onale Entwicklungsteam für die Low-       sollen in eine modularisierte MEMS-Techno-      rung der MEMS Strukturen und die Umset-
    Power DC-DC Konverter. Seit 2016          logie- und Sensorplattform einfließen.          zung in eine vollintegrierte Lösung. Wir
    befasst er sich als Gruppenleiter für                                                     können nun zum Beispiel mit unserem An-
    die integrierte Schaltungstechnik an      Herr Vanselow, was ist Ihre Aufgabe im          satz die Ultraschall CMUT-Elemente ohne
    der Fraunhofer EMFT in München mit        Projekt?                                        externe DC-Blocking Elemente ansteuern
    smarten Sensor­systemen, neuromor-                                                        und trotzdem im rauscharmen Vorverstärker
    pher Hardware und Frequenzsynthese.       Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen          mit Niederspannungstransistoren arbeiten.
                                              aus den Fraunhofer-Instituten IPMS, IKTS        Diese Lösung wird uns in Zukunft die
                                              und IFF arbeiten wir an der erstmaligen         nächsten Schritte bei der Integration von
                                              Chip­integration hochauflösender kapazitiver    Ansteuerelektronik und MEMS-Elementen
                                                                                              entweder in einem System-in-Package oder
                                                                                              monolithischen Ansatz ermöglichen.

                                                                                              Die Projektarbeiten sollen den Grund-
                                                                                              stein für ein neues Fraunhofer-Geschäfts­
                                                                                              feld legen. Welche Erwartungen sind
                                                                                              damit verbunden?

                                                                                              Mit den entwickelten Modulplattformen
                                                                                              MEMS, Elektronik und Signalverarbeitung
                                                                                              wollen wir zukünftig den Zugang zu wei­
                                                                                              teren Applikationsfeldern in industriellen,
                                                                                              medizintechnischen, Consumer-orientierten
                                                                                              und sicherheitsbezogenen Sektoren eröffnen.

                                                                                              Was fasziniert Sie an der Entwicklung
                                                                                              neuartiger Schaltungstechnik beson-
                                                                                              ders?

                                                                                              Seit vielen Jahren bin ich immer wieder
                                                                                              davon begeistert, welche neue Aufgaben-
    Messaufbau für einen achtkanaligen                                                        stellungen bei dem Entwurf integrierter
    Ultraschalltransceiver-Chip.              und ultraschallerzeugender Elemente auf         Schaltungen und speziell bei dem Design
    © Fraunhofer EMFT                         einer CMOS-kompatiblen Plattform. Kon-          von analogen Schaltungen auftreten. So
                                              kret wollen wir die Leistungsfähigkeit unse-    werden wir für wichtige Themen auch in
                                              res Ansatzes am Beispiel des reaktiven Grei-    Zukunft neue Lösungen benötigen. Wie
        Kontakt:                              fens in der Robotik zur Handhabung und          können wir zum Beispiel den Energiehun-
    Frank Vanselow                            zur Identifikation unterschiedlich beschaffe-   ger des Internets durch neuromorphe oder
    frank.vanselow@emft.fraunhofer.de         ner Objekte demonstrieren. Unser Part hier      Quantencomputer reduzieren oder wie kön-
    Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme   an der Fraunhofer EMFT ist die Miniaturisie-    nen wir durch smarte Sensorlösungen beim
    und Festkörper-Technologien EMFT          rung der mehrkanaligen Hochspannungs-           Umweltschutz helfen? Das macht für mich
    Hansastraße 27 d                          elektronik, die für die Ansteuerung der mik-    die Faszination an diesem Thema aus.
    80686 München                             roelektromechanischen Ultraschallwandler
    www.emft.fraunhofer.de                    benötigt wird.

    11
Fraunhofer FHR
                                                  Aus den Instituten

Neue 3D-Drucker für Hochfrequenz­
komponenten am Fraunhofer FHR
                                                                                                 Aus Aluminium gedruckter Hohl­
Ende 2020 erweiterte das Fraunhofer FHR seinen Standort Villip mit neuen                         leiter-Filter für den Einsatz im
                                                                                                 Frequenzbereich von 100 GHz.
Anlagen. Die ergänzende 5-Achs-Maschine, der Metalldrucker und das                               Die Dicke der feinen Lamellen
Kunststoff-Laser-System wurden im Rahmen der Forschungsfabrik Mikro­                             innerhalb des Hohlleiters beträgt
elektronik Deutschland beschafft. Alex Shoykhetbrod ist einer der Forschen-                      ca. 200 µm. © Fraunhofer FHR

den, der an den drei Maschinen arbeitet. Heute erzählt er uns über die
Vorteile der additiven Fertigungsverfahren.

Herr Shoykhetbrod, wie würden Sie                 komplexe Geometrien, geringe Gewichtsan-
Ihrer Großmutter Ihre Arbeit erklären?            forderungen, Einsatz von Materialverbünden.    Alex Shoykhetbrod wurde 1983 in
                                                                                                 Odessa in der Ukraine geboren. Er
                                                                                                 schloss 2009 sein Studium der Tele-
Ich arbeite am Fraunhofer-Institut für Hoch-      Wofür sind die neuen 3D-Drucker
                                                                                                 kommunikationstechnik an der Fach-
frequenzphysik und Radartechnik FHR in der        nützlich?
                                                                                                 hochschule Koblenz mit Diplom ab.
Abteilung Integrierte Schaltungen und Sen-
                                                                                                 Im Jahr 2012 erhielt er den M.Eng.
sorsysteme und würde die Erklärung mit            Die neuen Fertigungsmöglichkeiten in Kom-
                                                                                                 an der Fachhochschule Koblenz in
einem Zitat von Charles Darwin anfangen:          bination mit den traditionellen Verfahren
                                                                                                 Systems Engineering. Seit Novem-
»Es ist nicht die stärkste Spezies, die über-     ermöglichen es uns am Institut, schnell und
                                                                                                 ber 2012 ist er am Fraunhofer FHR in
lebt, auch nicht die intelligenteste, sondern     agil auf die Anforderungen unserer Auftrag­
                                                                                                 Wachtberg als wissenschaftlicher Mit-
eher diejenige, die am ehesten bereit ist, sich   geber zu reagieren. Mithilfe der neuen
                                                                                                 arbeiter tätig. Sein Hauptforschungs-
zu verändern«. Genau diesen Aspekt versu-         Maschinen sind wir in der Lage, erweiterte
                                                                                                 bereich umfasst die interdisziplinäre
chen wir in unserer Forschungsgruppe zu           Antennen-Konzepte, Wellenleiter-Komponen­      Forschung an integrierten Millimeter-
adressieren. Jedes Projekt im Millimeterwel-      ten, Filterstrukturen und Meta-Mate­rialien    wellen-Systemen. Seit neuestem bein-
len-Bereich ist einzigartig und bringt ver-       zu fertigen. Diese existierten aufgrund der    haltet dies auch den Einsatz der addi-
schiedene Herausforderungen mit sich:             hohen mechanischen Komplexität bis heute       tiven Fertigungstechnologien.
                                                  nur konzeptionell in einer Simulationsum-
                                                  gebung. Der ausgebaute additive Fertigungs­
                                                  ­­park in Villip ist dadurch sicherlich ein
                                                  »Game-Changer«.

                                                  In welche anderen Bereiche fließen die
                                                  Ergebnisse Ihrer Arbeit mit ein?

                                                  Es gibt eine Vielzahl von Anwendungs­
                                                  bereichen für die unsere Arbeitsergebnisse
                                                  relevant sind. Ein Beispiel hierfür ist das
                                                  Wärme­management, denn insbesondere
                                                  Radarsysteme mit hoher Ausgangsleistung
                                                  müssen effizient gekühlt werden. Mit addi-
                                                  tiven Fertigungsverfahren lässt sich die
                                                  Oberfläche eines Kühlkörpers signifikant er-
                                                  weitern, was zur Steigerung des Wirkungs-
                                                  grades führt. Gleichzeitig kann dieser Kühl-
                                                  körper auch noch andere Zwecke erfüllen
                                                  und beispielsweise als Teil eines Wellenlei-
                                                  tersystems fungieren. Im Vergleich zu den
                                                  traditionellen Fertigungsverfahren ermögli-
                                                  chen die Ergebnisse der neuen 3D-Drucker
                                                  außerdem einen höheren Freiheitsgrad bei
                                                  der Gestaltung der Hochfrequenzkompo-
                                                  nenten. Die flexible Kontrolle über die Geo-      Kontakt:
                                                  metrie der Bauteile erlaubt eine Herstellung   Alex Shoykhetbrod
                                                  von viel leichteren Komponenten bei gleich-    alex.shoykhetbrod@fhr.fraunhofer.de
                                                  bleibender Funktionalität. Hierdurch können    Fraunhofer-Institut für Hochfrequenz-
                                                  hochintegrierte Radarsysteme mithilfe luft-    physik und Radartechnik FHR
                                                  getragener Systeme geflogen werden.            Fraunhoferstraße 20
                                                                                                 53343 Wachtberg
                                                  Alex Shoykhetbrod. © Fraunhofer FHR            www.fhr.fraunhofer.de

                                                                                                                                     12
Unsere Standorte

                              Itzehoe

                                                                                      Geschäftsstelle
                                                                                      Anna-Louisa-Karsch-Straße 2
                                                            Berlin                    10178 Berlin

                                                                     Frankfurt/O.

                                                  Halle/Saale
 Duisburg                                                             Dresden

                                        Ilmenau           Chemnitz
  Wachtberg

                                          Erlangen
         Saarbrücken

                                        Fürth/Nürnberg

                                                     Garching

                   Freiburg
                                                  München

Kooperationspartner in der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland

Fraunhofer EMFT München             Fraunhofer IMS Duisburg                 Fraunhofer AISEC Garching
Fraunhofer ENAS Chemnitz            Fraunhofer IPMS Dresden                 Fraunhofer FOKUS Berlin
Fraunhofer FHR Wachtberg            Fraunhofer ISIT Itzehoe                 Fraunhofer IKS München
Fraunhofer HHI Berlin               Fraunhofer IZM Berlin                   Fraunhofer IMWS Halle/Saale
Fraunhofer IAF Freiburg             Leibniz FBH Berlin                      Fraunhofer IZFP Saarbrücken
Fraunhofer IIS Erlangen             Leibniz IHP Frankfurt (Oder)
Fraunhofer IISB Erlangen

13
Das Team der Geschäftsstelle

                                                                  Dr. Michael Galetzka
                                                                  stellv. Leitung der Geschäftsstelle | Zukunftsthemen

                                                                  michael.galetzka@mikroelektronik.fraunhofer.de
Dr. Stephan Guttowski
Leitung der Geschäftsstelle

stephan.guttowski@mikroelektronik.fraunhofer.de

                                                                  Christoph Galle
                                                                  Business Development

                                                                  christoph.galle@mikroelektronik.fraunhofer.de
Dr. Patrick Bressler
EU-Koordination | Zukunftsthemen

patrick.bressler@mikroelektronik.fraunhofer.de

                                                                  Akvile Zaludaite
                                                                  Kommunikation

                                                                  akvile.zaludaite@mikroelektronik.fraunhofer.de

Bernd Hintze
Silizium-basierte Technologien

bernd.hintze@mikroelektronik.fraunhofer.de

                                                                                                                         14
Dr. Andreas Grimm
     Technologien der Verbindungshalbleiter

     andreas.grimm@mikroelektronik.fraunhofer.de
                                                      Jörg Stephan
                                                      Business Development | Öffentliche Programme

                                                      joerg.stephan@mikroelektronik.fraunhofer.de

     Dr. Dietmar Laß
     Business Development

     dietmar.lass@mikroelektronik.fraunhofer.de
                                                      Dr. Frank Hochschulz
                                                      Manufacturing Execution System

                                                      frank.hochschulz@mikroelektronik.fraunhofer.de

     Romy Zschiedrich
     Kommunikation

     romy.zschiedrich@mikroelektronik.fraunhofer.de

                                                      Tina Leyli
                                                      Projektmanagement

                                                      tina.leyli@mikroeletronik.fraunhofer.de

15
Unser Technologieangebot

                                           Als ein Forschungsverbund für Anwendungen und Systeme der Mikro- und Nano-
                                           elektronik sind wir in der Lage, maßgeschneiderte Technologie- und Systemlösungen
                                           aus einer Hand anzubieten. Basierend auf dem breiten Technologieportfolio der
                                           Kooperationspartner in der FMD haben wir sechs Technologieplattformen etabliert.
                                           Diese bündeln die notwendigen Einzelkompetenzen – vom System Design bis zur
                                           Prüfung und Zuverlässigkeitsbewertung – um Kundenbedarfe abzudecken.

Sensorsysteme                                                              Optoelektronische Systeme
Sensor Design, Fertigung, Integration,                                     Vollständig integrierte optoelektronische Systeme
Charakterisierung and Test von Sensoren,                                   für Bilderzeugung und -verarbeitung, sowie
auch in Systemen                                                           Kommunikation mit Tbit/s-Geschwindigkeit

Extended CMOS                                                               Microwave & Terahertz
Design, Fertigung und System-­                                              Cutting-edge-Bauelemente und Schaltkreise
Integration von CMOS-Schaltkreisen                                          für Frequenzen bis in den THz-Bereich

Leistungselektronik                                                         MEMS Aktoren
Design und Fertigung von Leistungs-                                         Design und Fertigung sowie
bauelementen, sowie deren Integration                                       Charakterisierung, Prüfung und
in Module und Systeme                                                       Systemintegration

                                                                                                                         16
AusFraunhofer  ISIT
                                                            den Instituten

                                            Ätz-Expertin am Fraunhofer ISIT
                                            Oxidieren, Ätzen, Strukturieren, Polieren und Abscheiden gehören zum
Dr. Marie Christin Wolff.                   Arbeitsalltag von Dr. Marie Christin Wolff. Sie und Ihr Team beschäf­tigen
© Fraunhofer ISIT
                                            sich am Fraunhofer ISIT mit Einzelprozessentwicklung in den Berei­chen
                                            Nass­chemie, Galvanik und chemisch-mechanisches Polieren (CMP).

                                            Dr. Wolff, woran arbeiten Sie und Ihr
Dr. Marie Christin Wolff studierte Che-     Team gerade?
mie an der Universität Oldenburg und
promovierte anschließend im Bereich         Einfach gesprochen stellen wir Mikrosysteme
anorganische Chemie an der Universi-        her. Mein Team und ich entwickeln die Ein-
tät Hamburg im AK Heck. 2018 wech-          zelprozesse für geplante Bauelemente und
selte sie an das Fraunhofer-­Institut für   kümmern uns um Prozessstabilität und das
Siliziumtechnologie ISIT und war dort       zugehörige Equipment. Wir bearbeiten
zunächst im Bereich Galvanik und            dabei so ziemlich alle Prozesse, die etwas
dann auch im Bereich Nasschemie             mit (ätzenden) Flüssigkeiten zu tun haben –
tätig. Im Januar 2020 wurde sie Team-       das ist quasi der gemeinsame Nenner des
leiterin der Fabrikation für Nassche-       Teams. Dazu gehören elektrochemische Ab-
mie, Galvanik und chemisch-mecha-           scheidungsprozesse in der Galvanik, aber
nisches Polieren. Seit Sommer 2020          auch chemisch-mechanisches Polieren von
vertritt Dr. Wolff das Fraunhofer ISIT      Wafer-Oberflächen. Dazwischen liegen
im Wissenschaftlich-Technischen Rat
                                            dann alle Ätz- und Reinigungsprozesse in
der Fraunhofer-Gesellschaft.
                                            der Nasschemie. In der Forschungsfabrik
                                            Mikroelektronik Deutschland und dem
                                            Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik enga-
                                            gieren wir uns derzeit in Expertengruppen,
                                            um die gemeinsamen Erfahrungen der
                                            Geräteverantwortlichen zu stärken. Hierbei
                                            ergeben sich gute Netzwerke und Aus-
                                            tauschplattformen. Wir können Kunden
                                            aus diesem Pool einen Zweitlieferanten für
                                            Prozesse aufzeigen, komplett andere Pro-       Frau Dr. Wolff bei der Arbeit an der Sprühätz-
                                            zesse anbieten oder Fachdiskussionen über      anlage zum Bearbeiten von GaN-Oberflächen
                                            Prozessführung anregen.                        im MEMS-Reinraum des Fraunhofer ISIT.
                                                                                           © Fraunhofer ISIT
                                            Wofür ist Ihre Arbeit nützlich?
                                                                                           genpark, wie zum Beispiel Aluminiumscan-
                                            Die Ergebnisse unserer Arbeit sind zentraler   diumnitrid, Parylene oder Galliumnitrid.
                                            Bestandteil für die Herstellung von MEMS-      Aber auch das Testen von anderen Ätz­
                                            Komponenten und MEMS-Bauteilen. In             medien, Schleifmaterialien oder Elektro­
                                            dem 1000 m² Reinraum des Fraunhofer ISIT       lyten gehört dazu. Der Drahtseilakt besteht
                                            leisten Nasschemie, Galvanik und CMP           darin, die Prozesse trotz unterschiedlicher
                                            einen wichtigen Beitrag in der Prozesskette,   Substrate möglichst vergleichbar und repro-
                                            um Sensoren, Aktoren und Post-CMOS-­           duzierbar hinzubekommen. Gleichzeitig
                                            Integration zu realisieren. Wir ätzen bei-     müssen die unterschiedlichen Anforderungen
                                            spielsweise Elektrodenstrukturen und Mem-      einer Machbarkeitsstudie mit einer Pilot­
                                            branen, scheiden Leiterbahnen und Pads ab      fertigung und teilweise einer Produktion
                                            und polieren Glas- und Metalloberflächen.      an denselben Anlagen kombiniert werden.

                                            Welchen Anteil hat die Mikroelektronik         Was finden Sie besonders spannend an
                                            in Ihrem Forschungsbereich?                    Ihrer Arbeit?

    Kontakt:                                Schaut man sich die Kette der Erstellung       Die Kombination aus Praxisnähe und den
Dr. Marie Christin Wolff                    von Bauelementen an, dann sind wir Teil        Freiheiten, die eine Forschungsumgebung
marie.christin.wolff@isit.fraunhofer.de     der Fertigung. In unserem Arbeitsalltag        mit sich bringt, gefällt mir am besten. Au-
Fraunhofer-Institut für Silizium­           wenden wir unsere Prozesse auf unter-          ßerdem bin ich noch nicht so lange in dem
technologie ISIT                            schiedliche Materialien und Stacks an. Eine    Kosmos der Mikroelektronik und Silizium-
Fraunhoferstraße 1                          unserer Hauptaufgaben ist dabei die Integ-     technologie, sodass für mich jedes neue
25524 Itzehoe                               ration und Evaluierung von für uns neuen       Projekt spannend ist.
www.isit.fraunhofer.de                      Materialien in unseren bestehenden Anla-

17
Sie können auch lesen