Mittendrin und und doch nicht dabei - NEU! - Herbstzeitlose
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www.herbstzeitlose-magazin.de Ausgabe 06.2018 · Juni - Juli - August Gra tis itnehmen zum M NEU! Mittendrin und doch nicht dabei Hörzentrum Nordbayern ist Anlaufstelle für Hörminderungen in jedem Alter
EDITORIAL Foto: Carolin Nagel Liebe Leserinnen und Leser, schön, dass Sie bei uns sind und „Herzlich Willkommen“. Seit März 2014 gibt es unser beliebtes Magazin Herbstzeitlose bereits in Erlangen und Umgebung. Von nun an wollen wir viermal im Jahr auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser im Nürnberger Land, eine bunte Mischung aus hintergründigen Geschichten, aktuellen Informationen, zahlreichen Servicethemen aus den Bereichen Gesundheit, Recht, Finanzen, Reise und Erholung, Kul- tur und Freizeitgestaltung bieten. Für die erste Ausgabe, die nun vor Ihnen liegt, haben wir mit Landrat Armin Kroder beispielsweise darüber gesprochen, wie er dafür Sorge tragen will, dass sich die Alters- gruppe 60+ auch in Zukunft im Nürnberger Land wohlfühlt. Außerdem widmen wir uns einer Volkskrankheit, die in allen Altersklassen auftritt: Rund 15 Millionen Menschen sind hierzulande inzwischen hörgeschädigt. Ab dem 65. Lebensjahr würde jeder Zweite von einem Hörgerät profitieren. Abhilfe schafft das Hörzentrum Nordbayern, die An- laufstelle für Hörminderungen in jedem Alter. Natürlich darf in der Herbstzeitlosen auch gerätselt und geschmunzelt werden. Das Lösungswort unseres Kreuzworträtsels liefert zum Beispiel schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf die Titelgeschichte in unserer Septemberausgabe. Wir sind gespannt, ob Sie hinter dieses kleine Geheimnis kommen. Ihre Tipps können Sie uns gerne jederzeit zukommen lassen. Und auch sonst freuen wir uns über Ihre Rückmeldungen. Lassen Sie uns wissen, was Ihnen an der Herbstzeitlosen gefällt und was wir in Zukunft für Sie besser machen kön- nen. Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Sommer und viel Spaß beim Blättern in dieser Ausgabe. Herzlichst, Stephan Bühring Michael Kniess Herausgeber Redaktionsleitung
INHALT AUSGABE SOMMER // JUNI – JULI – AUGUST 2018 Inhalt 8 Titel 34 Ratgeber 8 Mittendrin und doch nicht dabei 34 Sicherheitstipps Ihrer Polizei 10 Aktuelles 36 Unterhaltung 10 „Senioren sind reiche 36 Kurzgeschichte Erfahrungsschätze“ 42 Buchtipp 14 Sicher und komfortabel unterwegs 43 Film & Fernsehen von 8 bis 80 44 Raten & Knobeln 17 Landschaft Lesen Lernen 18 Die Gedanken eines besorgten 47 Kulturtipp Beobachters 47 Lust auf…Theater? 20 Persönliche Ansprache statt Check In-Roboter 48 Ausflugstipp 48 Fünf-Flüsse-Radweg aufgewertet 23 Modernes Leben 49 Tiergarten Nürnberg 23 Etwas ins Rollen bringen 50 Kräuterwandern und Jodelkurs 24 Digitales statt Bares 51 Blechbahnen in Aktion 26 Weder mit Flutlicht bestrahlt noch im Fanshop zu finden 52 Veranstaltungen 28 Was, wo und wie Senioren 52 Veranstaltungskalender morgen essen möchten 63 Gut zu wissen 30 Gesundheit und Sport 63 Der kleine Herbstzeitlose-Kalender 30 Schmerzfrei durch künstliches Hüftgelenk 33 Schnell wieder aktiv werden Impressum: Herausgeber (V. i. S. d. P.): Stephan Bühring Verlag: Stephan Bühring Verlag, Bayreuther Straße 1, 91054 Erlangen, Telefon 09131.53020-85, Fax 09131.53020-89, www.herbstzeitlose-magazin.de, info@herbstzeitlose- magazin.de Redaktionsleitung: Michael Kniess Redaktion: Stephan Bühring, Andrea Löb, Carolin Nagel Autoren: Reimund Mihatsch Anzeigen: Christine Lippitsch, Saskia Neurauter, Hella Schröder, Frank Lippitsch, Telefon 09131.53020-88 Produktion: bühring werbeagentur, Erlangen. Die Herbstzeitlose erscheint vier Mal im Jahr und wird im Landkreis Nürnberger Land verteilt. Es gelten die AGB des Stephan Bühring Verlags und die Anzeigenpreisliste vom 01.01.2018 4 HERBSTZEITLOSE
Grußwort von Staatsministerin Kerstin Schreyer Sehr geehrte Damen und Herren, die Menschen in unserer Gesellschaft werden immer älter – und zudem ist die heutige Generation der Älteren die gesündeste, fitteste und engagierteste aller Zeiten. Diese wun- derbare Entwicklung gilt es weiter zu unterstützen. Es ist wichtig, dass wir dabei die Chancen und Möglichkeiten eines langen Lebens ebenso zum Thema machen wie herausfor- dernde Situationen in der zweiten Lebenshälfte. Die Lebensentwürfe und Bedürfnisse älterer Menschen sind so vielfältig wie das Leben selbst. Die Politik muss diese Ambivalenz des Alters aufnehmen und ernst- nehmen. Wir brauchen Angebote, die an die unterschiedlichen Bedürfnisse ange- passt sind, wie zum Beispiel Seniorengenossenschaften, Nachbarschaftshilfen, Quartierskonzepte oder neue Wohnformen, welche die persönliche Würde und Selbstbestimmung in den Vordergrund stellen, auch wenn man auf Ünterstutzung angewiesen ist. Gleichzeitig müssen wir zukünftig aber auch deutlich mehr Räume für die Teilhabe und Mitgestaltung älterer Menschen entwickeln und entstehen lassen. Ob in der Familie, der Nachbarschaft oder in der Gemeinde – oft ist es gerade die Großel- terngeneration, die in Krisensituationen unter die Arme greift, die das soziale Mit- einander stützt und zusammenhält. Das Credo bayerischer Seniorenpolitik heißt deshalb: Die Lebensleistung älterer Menschen anerkennen, ihre Selbstbestimmung im Alter wahren und ihnen ein Leben in Würde ermöglichen. Die besonderen Potentiale und das Erfahrungswissen älterer Menschen geben ein- zigartige Impulse für die Weiterentwicklung von Gesellschaft und öffentlichem Raum. Wir können alle dankbar für diese wertvolle Ressource sein. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lekture dieser Ausgabe der Herbstzeitlosen! Kerstin Schreyer Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales HERBSTZEITLOSE 5
KURZ & KNAPP: MELDUNGEN Meldungen spannt er einen weiten Bogen von den Foto: LRA/A. Gramlich klassischen demographischen Kennzahlen von Bevölkerungswachstum und Alters- struktur über den Arbeitsmarkt und die Einkommensverhältnisse bis hin zu den Leistungen der Sozialhilfe oder den Antei- len von Senioren und Menschen mit Be- hinderung an der Gesamtbevölkerung. Der Bericht kann auf der Internetseite des Landkreises abgerufen werden. u Präsentieren den „Sozialbericht 2017“: Landrat www.nuernberger-land.de Armin Kroder mit Abteilungsleiterin Catrin Grammel und Anja Gruhl (links). Repräsentative Umfrage: Senioren sorgen sich vor Alzheimer Neuer Sozialbericht für den Mit zunehmendem Alter steigt die Sorge, an Landkreis liegt vor Alzheimer zu erkranken. Das ergab eine re- Das Sachgebiet „Sozialwesen“ des Land- präsentative Umfrage im Auftrag der ge- ratsamtes hat die neueste Ausgabe des So- meinnützigen Alzheimer Forschung Initia- zialberichts für das Nürnberger Land vor- tive e.V. (AFI). Von den über 70-Jährigen gestellt. Anja Gruhl und Abteilungsleiterin fürchten insgesamt 61 Prozent eine solche Catrin Grammel übergaben Landrat Erkrankung. In der Gesamtbevölkerung Armin Kroder ein erstes Exemplar. Das sind es noch 40 Prozent. Während sich Nürnberger Land als sozialer Landkreis Männer (33 Prozent) weniger Sorgen über habe die soziale Lage und Entwicklung der eine Alzheimer-Erkrankung machen, liegt Menschen im Blick und versuche diese - dieser Wert bei Frauen (47 Prozent) deutlich wo immer es möglich sei – positiv zu be- höher. Die Angst vor der Krankheit ist bei einflussen, betonte Armin Kroder. Der So- Personen, die einen alzheimerkranken An- zialbericht sei ein wichtiges Instrument, gehörigen haben, mit 58 Prozent viel stärker um die zukünftige Entwicklung mit den ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung. u richtigen Maßnahmen gut zu begleiten. Der seit dem Jahr 2011 regelmäßig ver- Großes Kino unter freiem Himmel öffentlichte Bericht gibt einen fundierten in Leinburg Überblick über die aktuellen Trends der Be- Ab Ende August heißt es wieder: Platz neh- völkerungsentwicklung, die soziale Lage men, zurücklehnen und großes Open-Air- der Einwohner und die Sozial- sowie die Kino unter freiem Himmel genießen. Die Infrastruktur des Landkreises. Dabei N ERGIE Kinotour startet in ihre 14. Saison 6 HERBSTZEITLOSE
KURZ & KNAPP: MELDUNGEN und lädt zum Filmspaß im Freien. Einer eine Vorsorgevollmacht. Was vielen Men- der 17 Spielorte wird im Nürnberger Land schen nicht klar ist: Nach deutschem sein: Am 26. August können Kinofans in Recht können Ehepartner oder Angehörige Leinburg einen Familienfilm genießen, nicht automatisch die rechtliche Vertre- den sie selbst auswählen können. Denn tung übernehmen. Ohne Vorsorgevoll- unter www.n-ergie-kinotour.de kann macht dürfen Ehepartner oder Kinder jeder bis zum 9. August seinen persönli- nicht für sie handeln. Deshalb ist es wich- chen Favoriten wählen. Der Kinoabend tig, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht startet bereits ab 18.00 Uhr mit einem und eine Patientenverfügung zu erstellen. bunten Rahmenprogramm. „Film ab“ Damit können Menschen selbstverant- heißt es bei Einbruch der Dunkelheit wortlich festlegen, wer ihre Rechte wahr- gegen 20.00 Uhr. Die Vorstellungen fin- nehmen soll, wenn sie dazu nicht mehr in den bei jeder Witterung statt. Der Eintritt der Lage sind. Jeder Mensch sollte sich in Höhe von fünf Euro bleibt in der gast- frühzeitig Gedanken darüber machen, wer gebenden Kommune. Sämtliche Einnah- für ihn bei Krankheit oder im Alter die men aus den verkauften Eintrittskarten Entscheidungen treffen darf und dies gehen an gemeinnützige Einrichtungen schriftlich festlegen. und Vereine. u Aus diesem Grund bietet die Betreu- ungsstelle des Landratsamtes Nürnberger Informationsveranstaltungen Land in Kooperation mit dem Diakoniebe- zu Vorsorgevollmacht und treuungsverein und dem Verein „Leben in Patientenverfügung Verantwortung“ Informationsveranstal- Was wird, wenn ich meine Angelegenhei- tungen an, um über die Themen rund um ten nicht mehr selbst regeln kann? Wer Patientenverfügung und Vorsorgevoll- entscheidet für mich? Oft ist man schnel- macht zu informieren. Die kommenden ler in dieser Situation, als man sich vorstel- Termine sind der 19. Juli, der 20. Septem- len kann. Eine plötzliche Krankheit, ein ber sowie der 15. November, jeweils um Schlaganfall oder ein Herzinfarkt treffen 15.30 Uhr im Landratsamt Nürnberger die Menschen mitten im Leben. In diesen Land im großen Sitzungssaal, 1. Stock, Fällen hilft die frühzeitige Regelung durch Waldluststraße 1 in Lauf. u HERBSTZEITLOSE 7
TITEL Mittendrin und doch nicht dabei Das Hörzentrum Nordbayern ist die Anlaufstelle für Hörminderungen in jedem Alter R adfahren war schon immer die Lei- sind längst eine Volkskrankheit und treten denschaft von Hans W. – am liebs- in allen Altersklassen auf. Unter Schwerhö- ten durch die Fränkische Schweiz. rigkeit kann der ganze Körper leiden. Ein Als dann aber seine Ohren nicht mehr so unbehandelter Hörverlust ist nicht selten wollten wie früher, war das ein echtes Pro- der Auslöser für seelische Probleme, bis blem im Straßenverkehr. Der 65-Jährige hin zur Depression. Auch kann die stän- aus Gräfenberg fühlte sich zunehmend un- dige Konzentration auf das Zuhören zu sicher auf seinen Radtouren. Und auch Verspannungen und Schmerzen führen. beim Zusammensitzen mit der Familie Neueste Studien belegen zudem, dass und mit Freunden verstand der Rentner Schwerhörigkeit darüber hinaus eine Al- immer weniger. Hans W. hatte das Gefühl, tersdemenz begünstigen kann. Und sie nur noch die Hälfte mitzubekommen. Er macht es schwer bis unmöglich, aktiv am begann, sich ausgeschlossen zu fühlen. gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. So wie Hans W. geht es vielen Men- Im Hörzentrum Nordbayern arbeiten schen in Deutschland. Hörminderungen 50 Mitarbeitende aus allen Fachbereichen von Medizin und Audiologie daran, das Hörvermögen der Patienten zu optimieren und ihnen so wieder ein Stück Lebensqua- lität zurückzugeben. In der bayernweit ein- zigartigen Einrichtung, angegliedert an die Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Erlangen, sind sie in einem multiprofessio- nellen Team Hand in Hand im Einsatz. Für die Patienten ein großer Vorteil: Diesen bietet sich das gesamte diagnosti- sche, konservativ therapeutische und ope- rative Spektrum der Hals-Nasen-Ohren- „Wie bitte?“: Das Team um Professor Heinrich Iro (r.) und Professor Ulrich Hoppe hilft umfassend und ef- heilkunde und der Kopf-Halschirurgie fektiv bei allen Hörproblemen jeden Alters. unter einem Dach vereint. „Dabei bauen 8 HERBSTZEITLOSE
TITEL gen“, betont Professor Heinrich Iro, Direk- Fotos: UK Erlangen tor der HNO-Klinik des Uni-Klinikums Er- langen. Gemeinsam mit Professor Ulrich Hoppe hat er deshalb das im November 2017 eingeweihte Hörzentrum Nordbay- ern seit 2000 sukzessive aufgebaut. Orien- tiert am stets steigenden Bedarf: Rund 15 Millionen Menschen sind hierzulande in- zwischen hörgeschädigt. Ab dem 65. Le- bensjahr würde jeder Zweite von einem Hörgerät profitieren. Für Professor Heinrich Iro sind insbe- sondere die Interdisziplinarität und die ge- wir neben der umfassenden Expertise un- bündelte Kompetenz entscheidend: „Hier serer Mitarbeitenden auf modernste Ge- arbeiten Ärzte, Techniker, Logopäden und räte“, unterstreicht Professor Ulrich Therapeuten gemeinsam daran, sinnvolle Hoppe, Leiter des Cochlear-Implant-Cen- Wege in der Behandlung von Hörstörun- trums CICERO der HNO-Klinik des Uni- gen einzuleiten.“ Eine weitere Besonder- Klinikums Erlangen. heit: Im Hörzentrum Nordbayern besteht die Möglichkeit der umfassenden Kon- ––––––––––––––– trolle von Hörgeräten. „Nicht immer kom- Die richtige Auswahl erfordert men die Betroffenen mit ihrem Hörgerät eine genaue Diagnostik gut zurecht“, so Professor Ulrich Hoppe. ––––––––––––––– „Manchmal sind sie nicht optimal auf den individuellen Hörverlust programmiert. In Hörscreening, Medikamente, operative solchen Fällen können wir meist schnell Eingriffe, Hörgeräte, Implantate: Die Mög- Abhilfe schaffen.“ lichkeiten zur Verbesserung des Hörens Hans W. hat den Weg in das Hörzen- sind umfassend. „Die Therapie eines Hör- trum Nordbayern bereits gefunden. Seit er problems richtet sich aber stets nach des- wieder besser hört, fühlt sich der Rentner sen Ursache und Ausmaß und muss an das auch wieder sicher auf seinem Rad. Und: jeweilige Lebensalter angepasst sein. Ent- Er kann bei Familienfeiern endlich wieder sprechend vielfältig sind die Behandlungs- an den richtigen Stellen mitlachen.u methoden“, hebt Professor Ulrich Hoppe Michael Kniess hervor. Sie reichen von einer professionel- len Reinigung des Gehörgangs bis hin zum Cochlea-Implantat – einer elektronischen Hörzentrum Nordbayern Hörprothese, die die Funktion des beschä- Waldstraße 1, 91054 Erlangen digten Innenohrs übernimmt. Telefon 09131 85-40434 „Die Wahl der richtigen Therapie erfordert info@hoerzentrum-nordbayern.de jedoch eine genaue Diagnostik, viel Erfah- www.hoerzentrum-nordbayern.de rung und kann nur im Team optimal erfol- HERBSTZEITLOSE 9
AKTUELLES „Senioren sind reiche Erfahrungsschätze“ Landrat Armin Kroder im Herbstzeitlose-Interview S eit 2008 lenkt Armin Kroder als Land- „Wir wollen alle As- rat die Geschicke des Landkreises pekte einer zu- kunfts- und bedarfs- Nürnberger Land. Im Interview mit orientierten Alten- der Herbstzeitlosen erläutert der Freie- hilfe im Landkreis im Wähler-Politiker unter anderem, wie er Auge behalten“: Landrat Armin Kro- dafür Sorge tragen will, dass sich die Alters- der will dafür Sorge gruppe 60+ auch in Zukunft im Nürnber- tragen, dass sich die ger Land wohlfühlt. Außerdem fordert er Altersgruppe 60+ im Nürnberger Land einen Wandel des Images des Alterns in wohlfühlt. unserer Gesellschaft. Herbstzeitlose: Sehr geehrter Herr Land- auftragte installiert. Sie sind die Ansprech- rat, es hat sich längst herumgesprochen: partner für die Senioren vor Ort. Darüber Bei uns lässt es sich sehr gut leben. Der hinaus verfügt der Landkreis über einen Landkreis freut sich über die Rekordzahl Kreisseniorenbeirat und eine Projekt- von 169.332 Einwohner. So viele Men- gruppe Senioren. Vor allem mit der im schen lebten nie zuvor zwischen Neuhaus April 2015 geschaffenen Koordinations- und Burgthann. Weshalb ist das Nürnber- stelle für Seniorenarbeit am Landratsamt ger Land auch für Senioren lebenswert? Nürnberger Land wird in unserem Land- Landrat Armin Kroder: Das Nürnberger kreis der Altersgruppe 60+ besondere Auf- Land bietet ein breites Angebot, das das merksamkeit zuteil. Leben in unseren Städten, Märkten und Gemeinden attraktiv gestaltet. Das gilt für Wie zeigt sich diese besondere Aufmerk- Familien, für Kinder, für Unternehmen samkeit in der Praxis? und Selbständige, aber natürlich auch für Die Koordinationsstelle hat beispielsweise Senioren. Sie finden alles vor, was sie auch den Seniorenwegweiser erstellt. Dieser be- im fortgeschrittenen Alter brauchen. Der inhaltet eine sehr detaillierte Übersicht Landkreis ist hier gut aufgestellt und arbei- aller Angebote für Senioren im Nürnberger tet weiter an diesem Thema. Mittlerweile Land: von Begegnungsmöglichkeiten, haben sehr viele Gemeinden Seniorenbe- über Fitness im Alter, Bildung, Reisen und 10 HERBSTZEITLOSE
AKTUELLES Erholung bis hin zum ehrenamtlichen für den Landkreis erarbeitet wurde. Dieses und bürgerschaftlichen Engagement. Den basiert auf wissenschaftlichen Bestands- Seniorenwegweiser können Interessierte analysen und Prognosen. So wurde unter sowohl als Broschüre bei uns bestellen, als anderem eine Seniorenbefragung durchge- auch im Internet einsehen – alles selbstver- führt. Uns war es wichtig, nicht nur wis- ständlich kostenfrei. senschaftliche Maßzahlen, sondern die Weil uns aber auch bewusst ist, dass das persönliche Meinung der älteren Genera- Älterwerden nicht nur seine schönen Sei- tion zu einzelnen seniorenspezifischen ten hat, haben wir im vergangenen Okto- Themen zu hören. Herausgestellt haben ber die Aktionswoche „Älterwerden im sich elf Handlungsfelder mit entsprechen- Nürnberger Land“ durchgeführt. Zu den den Maßnahmenempfehlungen. Unsere Schwerpunktthemen „Wohnen im Alter“, Aufgabe besteht nun darin, diese Empfeh- „Gesundheit im Alter“, „Potentiale des Al- lungen umzusetzen und dafür Sorge zu tra- ters“, „Rat und Unterstützung im Alter“ gen, dass sich die Altersgruppe 60+ im sowie dem „Tag der offenen Tür“ verschie- Landkreis Nürnberger Land wohlfühlt. dener Anlaufstellen haben wir Senioren, Angehörigen und Interessierten ein vielfäl- Was kann ein solcher Wohlfühlfaktor sein? tiges Programm geboten: Vorträge und In- Dazu gehören beispielsweise die Barrierefrei- formationsveranstaltungen, eine Filmvor- heit von Bussen und Bahnen, von öffentli- führung, Ausstellungen sowie Mitmachak- chen Gebäuden oder auch die Sicherstel- tionen. Kurzum: eine umfangreiche Pa- lung der ärztlichen Versorgung, daher brau- lette an Veranstaltungen und Angeboten. chen wir das Krankenhaus in Hersbruck auch weiterhin. Die Arzneimittelversorgung Welche weiteren Maßnahmen haben Sie im ländlichen Raum gehört ebenfalls dazu, sich insbesondere mit Blick auf die ältere wie seniorengerechte Wohnungen, alterna- Generation für Ihre verbleibende Amtszeit tive Wohnformen für Senioren oder die Or- auf die Agenda gesetzt? ganisation von Fahr- und Begleitdiensten Das Thema „Demographischer Wandel“ sowie Nachbarschaftshilfe. Darüber hinaus beschäftigt uns im Landkreis bereits seit ei- wollen wir die Zusammenarbeit zwischen nigen Jahren und es wird uns auch weiter- Landkreis, Kommunen, professionellen hin beschäftigen, weit über die gegenwär- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in tige Wahlperiode hinaus. Aus meiner Sicht der Seniorenarbeit ebenso weiter stärken, ist das ein Dauerthema. Wir möchten die genauso wie die fachliche Beratung und im Landkreis existierenden Strukturen für Begleitung. Wir wollen alle Aspekte einer Senioren so unterstützen, dass sie auf die zukunfts- und bedarfsorientierten Alten- zukünftigen gesellschaftlichen Entwick- hilfe im Landkreis im Auge behalten. lungen bestmöglich eingestellt sind. Wir alle, also auch jüngere Generationen, sol- Welches sind für Sie die „klassischen“ Se- len langfristig davon profitieren. niorenthemen? Die entsprechenden Ansatzpunkte liefert Im Grunde gibt es klassische Seniorenthe- uns das Seniorenpolitische Gesamtkon- men aus meiner Sicht nicht. Denn wir zept, welches im Jahr 2011 zum ersten Mal wollen ja alle einmal alt werden, am liebs- HERBSTZEITLOSE 11
AKTUELLES ten bei bester Gesundheit. Daher betreffen lungs- und Beratungsangebote gibt. uns die Themen früher oder später alle Dies gilt aber nicht nur für Senioren. gleichermaßen. Nehmen wir das Beispiel Der Umgang mit Internet oder Multime- Gesundheitsversorgung: Die Modernisie- dia, der sicherlich auch Nachteile hat, wird rung unseres Krankenhauses in Lauf für uns alle immer mehr zur Notwendig- kommt genauso älteren Menschen zugute, keit, um nicht in Isolation zu geraten oder wie jungen Familien, die sich bei uns im von neuen Entwicklungen abgekoppelt zu Landkreis niederlassen. Die Themen Ge- werden. Gleichzeitig ist das Internet für Se- sundheit und Pflege betreffen meiner Mei- nioren, die nicht mehr so mobil sind, ein nung nach alle Generationen. Das gilt im Tor zur Welt. Es kann Dreh- und Angel- Übrigen auch für das Thema altersgerech- punkt von Kommunikation und Teilhabe ter und bezahlbarer Wohnraum. Oder werden, zum Beispiel beim Skypen mit nehmen wir das Beispiel Internet: Im Zuge räumlich weit entfernten Verwandten der Digitalisierung sollen auch Dienstleis- oder beim Austausch mit gleichgesinnten tungen von Behörden verstärkt digital an- Netzwerkpartnern. Das Netz bietet älteren geboten werden. Menschen, denen der Menschen viel Nützliches, das das Leben Umgang mit dem Internet nicht geläufig erleichtert und auch ein selbstbestimmtes ist, könnten davon ausgeschlossen wer- Älterwerden zu Hause unterstützt: vom den, wenn es nicht entsprechende Schu- Einkaufen übers Netz, am besten beim Händler vor Ort, der die Waren ins Haus liefert, bis hin zur Telemedizin. Worin liegen Ihrer Ansicht nach vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die größten Herausforderungen für un- sere Gesellschaft? Die Auswirkungen des demografischen Wandels werden alle Lebensbereiche be- treffen: Arbeitsmarkt, Wirtschaft, soziale Sicherungssysteme, kommunale Planung. Als große Herausforderungen sehe ich dabei: die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, präventive Maßnahmen zur Ge- sunderhaltung, das Einstellen der sozialen Sicherungssysteme auf den demografi- schen Wandel, die verstärkte Teilhabe äl- terer Menschen am tagtäglichen Leben – und insbesondere die verstärkte Nutzung der Potenziale und Ressourcen der Älteren. Das bedeutet aber auch: Das Image des Al- terns in unserer Gesellschaft bedarf eines Wandels. Senioren sind reiche Erfahrungs- 12 HERBSTZEITLOSE
AKTUELLES schätze, die die Jüngeren unter uns noch stärker als bisher würdigen und nützen „Erfolgreich. können. Die Menschen werden statistisch Familienfreundlich“ gesehen ja zum Glück immer älter, nur sind unsere Gesellschaft und dementspre- chend auch die wirtschaftlichen Infra- strukturen oft auf eine junge und mobile Preisträger aus dem Bevölkerung ausgerichtet. Nürnberger Land Ein Beispiel sind Einkaufsmöglichkeiten, M die sich oft nicht in fußläufiger Entfernung it dem Titel „Erfolgreich. Famili- zu Wohngebieten befinden. Das gilt insbe- enfreundlich“ darf sich das Se- sondere für die kleinen Ortschaften, aber nioren- und Pflegezentrum auch für Städte. Diese Funktionstrennung - Rupprechtstegen ab sofort schmücken. hier wohnen, dort einkaufen, wiederum Beim gleichnamigen bayerischen Unter- woanders arbeiten - war über Jahrzehnte so nehmenswettbewerb wurde das Senioren- gewollt, bedingt aber, dass man auf Mobili- zentrum von Arbeits- und Familienminis- tät angewiesen ist. In unserer älter werden- terin Kerstin Schreyer und Wirtschaftsmi- den Gesellschaft, in der es nicht mehr nister Franz Josef Pschierer in München selbstverständlich ist, sich hinter das Lenk- ausgezeichnet. Norbert Reh, stellvertreten- rad zu setzen, ist ein Umdenken nötig. der Landrat, der an der Preisverleihung Wir müssen diese Funktionstrennung teilnahm, zeigte sich stolz über den heimi- wieder aufbrechen und Wohngebiete so schen Titelträger: „Eines der zwanzig fami- umgestalten, dass eine Versorgung mit den lienfreundlichsten Unternehmen in Bay- Dingen des täglichen Bedarfs, mit Ärzten ern kommt aus dem Nürnberger Land – und Apotheken, aber auch mit Blick auf das passt sehr gut zu unserem familien- Freizeitangebote wieder vor Ort gegeben freundlichen und sozialen Landkreis und ist. Ich denke an den Dorfladen, das Wirts- zu unserem Bündnis für Familie.“ haus an der Ecke, den kleinen Buchhänd- Das Seniorenzentrum bietet seinen Mit- ler, und, und, und. Bei uns im Landkreis arbeitenden unterschiedlichste Angebote haben wir diese Infrastruktur glücklicher- zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie: weise bereits wieder, siehe die Dorfläden in Es gibt ein flexibles Gleitzeitsystem im Schönberg und Simonshofen, oder noch Schichtbetrieb, der Arbeitsbeginn ist den an sehr vielen Stellen. Ich kann mir vor- Kindergartenöffnungszeiten und die stellen, dass der Lieferservice für Senioren Dienstzeiten sind an die Fahrpläne des Öf- nicht nur – wie bislang ja schon prakti- fentlichen Personennahverkehrs ange- ziert – bei Apotheken ein gutes Modell ist. passt. Mütter und Väter werden bei einer notwendigen Kinderbetreuung von der Zu guter Letzt: Was macht Ihren Landkreis Schichtarbeit entbunden. Ferner können für Sie persönlich besonders lebenswert? die Beschäftigten ihre zu pflegenden An- Hier können wir gut leben sund arbeiten, gehörigen bei Bedarf mit in die Arbeit ganz einfach, das ist unsere Heimat. u bringen und Unterstützung in der Tages- Interview: Michael Kniess pflege erhalten. u HZL HERBSTZEITLOSE 13
AKTUELLES Sicher und komfortabel unterwegs von 8 bis 80 Bürgerbeteiligung zum Radverkehrskonzept für den Landkreis – Auftakt in Lauf Text: Michael Kniess N och müssen Fahrradfahrer im taktveranstaltung im Laufer Rathaus am 8. Landkreis stark sein, wenn sie Bil- Mai. der aus Kopenhagen sehen. In Dä- Dabei hob der stellvertretende Landrat nemarks Hauptstadt gehören nicht nur gut Norbert Reh (SPD) in seinem Grußwort ausgebaute Fahrradwege mit Spuren so hervor: „Bequem und sicher mit dem breit wie eine deutsche Landstraße zum Fahrrad unterwegs zu sein ist Lebensqua- Straßenbild. An speziellen Haltestangen lität. Ein solches Konzept ist deshalb wich- vor Ampeln können Fahrradfahrer sogar tig, um die Weichen für die nächsten Jahr- die Rotphase entspannt abwarten, ohne zehnte zu stellen.“ Zugleich betonte er, absteigen zu müssen. Doch solche Vor- dass der Radverkehr in der Entwicklung züge, welche die selbsternannte Fahrrad- des Nürnberger Landes nicht erst eine hauptstadt Europas bietet, sollen bald Rolle spiele, seitdem der Landkreis der Ar- auch im Nürnberger Land zum Radler-All- beitsgemeinschaft fahrradfreundliche tag gehören. Kommunen in Bayern e.V. (AGFK Bayern) Dafür lässt der Landkreis derzeit ein beigetreten sei. „Daher hat der Kreistag be- Radverkehrskonzept für das Nürnberger schlossen, das bisherige eher freizeitorien- Land durch das Institut für innovative tierte Radwegekonzept in ein modernes, Städte (i.n.s.) erstellen. Das Besondere: Alle alltagstaugliches Radverkehrskonzept zu Bürger sind eingeladen, sich im Rahmen überführen, welches das gesamte Kreisge- von Bürgerforen und über ein eigens ein- biet umfasst“, so Norbert Reh. gerichtetes Onlineportal selbst aktiv in die Auch Laufs Erster Bürgermeister Bene- Gestaltung dieses Konzeptes einzubringen. dikt Bisping (Grüne) wies auf die Bedeu- Im Mittelpunkt werden dabei insbeson- tung hin, dabei alle Aspekte des Radfah- dere die Fragen stehen, was getan werden rens zu beleuchten und den Alltagsverkehr muss, um mehr Menschen jeden Alters in den Mittelpunkt zu rücken: „Es geht zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen längst nicht mehr nur um die Frage, wel- und wie eine gute Radverkehrsinfrastruk- cher Weg wohin gebaut wird. Wir müssen tur aussieht. Den Startschuss gab eine Auf- allen Anforderungen gerecht werden, egal 14 HERBSTZEITLOSE
AKTUELLES ob es sich um den Freizeitfahrer handelt, in den Blick genommen werden, welche den Touristen oder den Arbeitnehmer, der der sich bietenden vielfältigen innovati- den Weg zum Büro mit dem Rad zurückle- ven Möglichkeiten wir für den Landkreis gen möchte.“ Eines steht für ihn fest: „Das als sinnvoll erachten.“ Rad ist das Transportmittel der Zukunft im An entsprechenden Anregungen und Wettbewerb mit der Bahn.“ Ideen mangelt es nicht. Vom Angebot, sich in kleinen Arbeitsgruppen aus ver- ––––––––––––––– schiedenen Perspektiven damit auseinan- Servicestationen, Schließanlagen derzusetzen, wie Fahrradfahren im Nürn- und mehr Sicherheit berger Land attraktiver und sicherer wer- ––––––––––––––– den kann, machten die Bürger in Lauf rege Gebrauch. Entscheidend sei es, ein umfas- Dass es für eine funktionierende Fahrra- sendes Fahrradstellplatzkonzept zu entwi- dinfrastruktur mehr als breite und komfor- ckeln, so der Befund der Beteiligten. Ge- table Fahrradwege und abgesenkte Bord- rade an zentralen Stellen, wie Bahnhöfen, steine braucht, machte Thiemo Graf deut- sei dies von Bedeutung, weil die meisten lich. In seinem Eröffnungsvortrag gab der Menschen nur kurze Strecken mit dem Geschäftsführer des beauftragten Instituts Fahrrad zurücklegen wollten. Auch die i.n.s. Anregungen für erfolgreiche Kon- Forderung nach einem fahrradfreundli- zepte: „Natürlich ist infolge der stetigen cheren Tarif im öffentlichen Personennah- Zunahme des Radverkehrs und der immer verkehr wurde laut. Auf diese Weise könne höheren Geschwindigkeiten allen voran das Einzugsgebiet von Haltestellen erwei- ein gut ausgebautes und beschildertes Rou- tert werden. tennetz bis hin zu Fahrradschnellstraßen In punkto Service gelte es Servicestatio- nötig. Genauso muss aber auch die Frage nen zur Erledigung kleinerer Reparaturen HERBSTZEITLOSE 15
AKTUELLES einzurichten, genauso wie Ladestationen für Autofahrer im Umgang mit Radfahrern für eBikes. Des Weiteren brauche es wurden angeregt. Inwieweit dieser Vor- Schließanlagen an zentralen Stellen wie schlag am Ende Eingang in das neue Rad- dem Laufer Marktplatz, um getätigte Ein- verkehrskonzept für den Landkreis findet, käufe zwischen dem Besuch von zwei bleibt abzuwarten. Läden sicher verstauen zu können. Kritik Sicher ist jedoch, dass es viel zu tun gab es an der aus Sicht der Bürger noch un- geben wird für die Steuerungsgruppe, die zureichenden Beschilderung und an teils mit der Umsetzung befasst sein wird, wenn zu vielen Schlaglöchern auf der Fahrbahn. das Konzept 2019 steht. Für Thiemo Graf Darüber hinaus müsse ein Fokus des ist damit ein Ziel verbunden: „Wir wollen neuen Radverkehrskonzepts der Lücken- mit dieser Form der Bürgerbeteiligung die schluss sein: Noch immer endeten zu viele Grundlage schaffen, damit im Landkreis in Radwege im Landkreis an den Ortseingän- Zukunft mehr Menschen zwischen 8 und gen. Eine durchgängige Verbindung zwi- 80 Jahren mit einem Lächeln auf das Rad schen Altdorf und Lauf sei gerade für steigen und sich komfortabel und sicher Pendler wichtig, um sie zum Umsteigen damit bewegen können.“ Und wer weiß, auf das Fahrrad zu bewegen. vielleicht blickt man irgendwann in der dä- Und auch die Sicherheit stand im Fokus nischen Hauptstadt sogar neidisch auf Bil- der Diskussion. Das eine: die klare Tren- der aus dem Nürnberger Land. u nung von Fuß- und Radwegen zur Vermei- www.von8bis80.de dung von Unfällen. Das andere: die Ent- schärfung von für Radfahrer gefährlichen Ihre Beteiligung ist gefragt Einmündungen, etwa in Rückersdorf an Das nächste Bürgerforum findet am 27. der Abzweigung nach Röthenbach. Sogar Juni um 19.00 Uhr in Schwarzenbruck Fahrradtrainings für Jung und Alt sowie im Sitzungssaal des Rathauses statt. Erhältlich im gut sortieren et Buchhandel und im Intern „Bamberg – unter www.gmeiner-v erl ag.de Porträt einer Stadt“ Begleiten Sie 42 Bamberger zu ihren persönlichen Orten in der Heimat! Ein außergewöhnliches Stadtporträt voller unterhaltsa- mer Geschichten! Weltberühmte Literaten, Spitzensportler und viele fränkische Originale laden ein, Bamberg neu zu entdecken! nur EUR Michael Kniess, „Bamberg – Porträt einer Stadt“, 16 HERBSTZEITLOSE Gmeiner Verlag, Meßkirch 2017, 192 Seiten. 14,95
AKTUELLES Landschaft Lesen Lernen Kulturlandschaftselemente für die Zukunft sichern K ulturlandschaften prägen Regionen Gegebenheiten und die geschichtliche Ent- und machen diese unverwechselbar. wicklung der Region vor. Bei einer Berei- Sie bilden einen Teil der regionalen sung des Nürnberger Landes hatte der Identität und vermitteln ein Gefühl von Fachmann bereits erste Kulturlandschafts- Heimat. Aus diesem Grund haben sich die elemente ausgemacht, wie Hutanger, Sand- mittelfränkischen LEADER-Regionen, da- gruben, das Kommunbrauwesen in Neu- runter der Landkreis Nürnberger Land, die haus oder verschiedene Hopfenbauten. Region Bamberg und drei Regionen aus Wer Interesse hat, sich als ehrenamtli- der Oberpfalz zum Ziel gesetzt, ihre vor- cher Erfasser zu engagieren, ist jederzeit will- handenen Kulturlandschaftselemente auf- kommen und kann sich beim LAG-Manage- zunehmen, in einer Datenbank zu erfassen ment telefonisch unter 09123 950-6068 und damit für die Zukunft zu sichern. über die Details informieren. Um den Aus- Damit dies gelingen kann, ist die Unter- tausch und die Vernetzung zu erleichtern, stützung möglichst zahlreicher ehrenamt- soll es regelmäßige Treffen der Ehrenamtli- licher Erfasser gefragt. Eine erste Schulung chen geben. Kreisheimatpflegerin Karin hierzu fand bereits im Landkreis statt. Raab und LAG-Managerin Christina Rein- Rund dreißig Interessierte waren der Ein- hardt, die das LEADER-Projekt im Nürnber- ladung der Lokalen Aktionsgruppe Nürn- ger Land betreuen, sind gespannt, welche berger Land gefolgt. Elemente die ehrenamtlichen Erfasser in „Landschaft kann sich verändern, aber den nächsten Jahren dokumentieren und sie sollte sich treu bleiben“, betonte dabei somit für die Zukunft sichern werden. u HZL Ursula Eberhard vom Bayerischen Landes- verein für Heimatpflege, der das Projekt ebenso unterstützt wie das Bayerische Lan- desamt für Denkmalpflege. Immer häufi- ger verschwindet kulturelles Erbe und gerät in Vergessenheit. Ferner geht mehr Foto: LRA Nürnberger Land/Bernd Hölzel und mehr Wissen über die regionale Ge- schichte verloren – und genau dem will das LEADER-Projekt entgegenwirken. Auf die Methodik der Erfassung ging Armin Röhrer, Projektmanager und wis- senschaftliche Begleitung des LEADER-Pro- jektes, ein. Er stellte die naturräumlichen HERBSTZEITLOSE 17
AKTUELLES Die Gedanken eines besorgten Beobachters Früherer NN-Chefredakteur geht auf die Suche nach Orientierung in Zeiten der Verunsicherung G lobalisierung und Digitalisierung die sich einer staatlichen Kontrolle entzie- verändern in unvorstellbarem Aus- hen, mittelfristig auf das Kapitalsystem maß unsere Welt – pausenlos. Ihr auswirken. Da ist eine Fragmentierung der Tempo erschwert den Informationsaus- Gesellschaft mit Parteien und Kirchen, die tausch darüber extrem. Nicht zuletzt die stetig Mitglieder verlieren. vielen Scheinwelten im Internet schüren Da sind Populisten, die unabhängige vor allem bei älteren Menschen die Angst Gerichte und Medien als Störfaktor be- vor dem Verlust sämtlicher Gewissheiten. trachten. Da sind Demokratie und Men- Der frühere Chefredakteur der Nürnberger schenrechte, die massiv infrage gestellt Nachrichten (NN), Wolfgang Schmieg, werden. Da sind deutsche Waffenlieferun- fragte Mitte Mai in der Volkshochschule gen in nahöstliche Krisengebiete. Da ist Erlangen deshalb aus der Perspektive eines ein immenses Bevölkerungswachstum ge- neugieren, abwägenden, kritischen und rade in der islamischen Welt und in Afrika. besorgten Beobachters: „Überfordert uns Da sind Menschen, die sich in Flüchtlings- die technische und gesellschaftliche Ent- strömen auf den Weg machen, um eine wicklung? Wer schützt uns vor den Ver- neue Perspektive für ihr aussichtsloses führern im Netz? Und wer oder was kann Leben zu finden. Da ist die Blutspur des is- den vielen verunsicherten Menschen Ori- lamistischen Terrorismus. „All das können entierung bieten?“ wir inzwischen Tag für Tag als unmittelbare In seinem Vortrag wies Wolfgang Augenzeugen der Weltpolitik in Echtzeit Schmieg auf eine ganze Reihe von Krisen- auf Smartphones, PCs und im Fernsehen symptome und Herausforderungen hin. zu verfolgen“, so Wolfgang Schmieg. Da sind Produktionsprozesse, die immer Angesichts dieser Herausforderungen weiter dorthin verlagert werden, wo gerin- sei es kein Wunder, sich überfordert zu gere Löhne gezahlt und geringere Steuern fühlen. Sein Befund: „Wir haben in dieser erhoben werden sowie geringere Umwelt- Unübersichtlichkeit den Sinn für Gemein- auflagen zu erfüllen sind. Da sind schmel- schaft und Solidarität verloren.“ Dem sei zende Polkappen und gerodete Tropenwäl- nur mit einer öffentlichen Debatte entge- der „für die Fleischtöpfe der Reichen“. Da genzuwirken, die auch vor unbequemen ist die Frage, wie sich Kryptowährungen, Fragen nicht zurückschrecke. Als großen 18 HERBSTZEITLOSE
AKTUELLES Fehler bezeichnete er deshalb den Um- Neuer wichtiger zu sein scheint, als der stand, dass sich die etablierten Parteien Ausstieg Donald Trumps aus dem Klimaab- genau davor drückten. Dieselbe Kritik äu- kommen stimmt mich nachdenklich“, so ßerte Wolfgang Schmieg in Bezug auf den Wolfgang Schmieg. Umgang der Politik mit der Digitalisie- In der Pflicht sieht er alle demokratisch rung: „Im Koalitionsvertrag wird die Digi- Gesinnten, dieser Desorientierung entge- talisierung nur von der technischen Seite genzuwirken: „Wir müssen bereit sein, uns gedacht. Kein Wort wird dagegen darüber stärker einzumischen. Nur eine breite De- verloren, welche wirtschaftlichen, politi- batte kann verhindern, dass sich unsere schen und sozialen Folgen mit der Digita- Gesellschaft in Einzelteile zerlegen lässt. lisierung verbunden werden.“ Das ist mühsam, kostet Zeit und gibt es nicht zum Nulltarif.“ Mit diesem Plädoyer ––––––––––––––– endeten die Gedanken eines besorgten Be- Mangel an Klarheit, obachters, der den Finger in die vielfälti- Mangel an Zeit gen Wunden unserer Zeit legte. u ––––––––––––––– M. Kniess Seine eindringliche Frage: „Wo bleibt der Ehrgeiz unserer Großen Koalition, sich Ziele zu setzen, die über eine Legislaturpe- riode hinausgehen?“ Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron habe die Digitalisierung längst zur Chefsache gemacht. Ähnlich klare Sätze vermisst er bei der deutschen Bundeskanzlerin. Und auch in seinem Metier, dem Journalismus, ist Wolfgang Schmieg etwas abhandenge- kommen. Die mangelnde Zeit für tiefgrün- dige Recherche, der Kostendruck der Ver- lage – für den früheren NN-Chefredakteur keine guten Voraussetzungen, um verun- sicherten Menschen verlorengegangene Orientierung zurückzugeben. „Die Nachrichtenflut, die heute über uns hereinbricht, macht uns nicht zu bes- ser informierten Menschen“, gab Wolf- gang Schmieg zu bedenken. Durch Algo- rithmen sortierte Newshäppchen führten nicht zu mehr Erkenntnisgewinn, sondern erhöhten vielmehr den allgemeinen Hys- teriespiegel. „Der Umstand, dass heute auf der Jagd nach Klicks der Fuß von Manuel HERBSTZEITLOSE 19
AKTUELLES Persönliche Ansprache statt Check In-Roboter Chancen und Herausforderungen der Tourismuswirtschaft in Franken D er Tourismus ist ein bedeutender bewerbsfähigkeit am Tourismusstandort Wirtschaftsfaktor Bayerns und verbessert werden kann. Mittelfrankens. Der Freistaat ist Die eigenen Stärken bei der Vermark- nach wie vor Tourismusziel Nummer eins tung auszubauen ist das zentrale Anliegen in Deutschland und auch Mittelfranken ist von Olaf Seifert. „In Deutschland ist Fran- dabei mit auf der Überholspur: Die Zahl ken bereits als eigenständige Marke etab- der Übernachtungen hat im Jahr 2017 er- liert. Mit Blick auf den weltweiten Markt neut die Sieben-Millionen-Marke über- ist Bayern jedoch die treibende Lokomo- schritten. Und doch steht die Tourismus- tive, an deren Zugkraft wir uns auch künf- wirtschaft vor der Herausforderung, sich tig anschließen müssen“, betonte der Ge- nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen zu schäftsführer des Tourismusverbands Fran- können. Der Wettbewerb um nationale ken. Gleichzeitig mahnte er jedoch, aus und internationale Gäste ist hart. Die fränkischer Sicht darauf zu achten, dass Chancen und Potenziale der mittelfränki- dabei Bayern nicht nur mit dem Oktober- schen Tourismuswirtschaft waren Thema fest oder den Alpen gleichgesetzt werde, eines Kongresses der vbw – Vereinigung sondern auch mit fränkischen Attributen. der Bayerischen Wirtschaft im April in Hier sieht Olaf Seifert auch die Politik ge- Nürnberg. Im Mittelpunkt stand eine von fordert, entsprechende Förderprogramme Stephan Sohr, Chefredakteur der Nürnber- zur Markenbildung aufzulegen: „Was ger Zeitung, moderierte Podiumsdiskus- haben Koch und Kellner davon, wenn sie sion, die Denkanstöße gab, wie die Wett- am Ende alleine am Tisch sitzen?“ An die Betreiber von Hotels und Gastro- 20 HERBSTZEITLOSE
AKTUELLES nomiebetrieben gerichtet appellierte er, für gute, handwerklich hergestellte Pro- trotz des „Erfolgsfaktors Digitalisierung“ dukte mehr Geld zu verlangen.“ für die Tourismuswirtschaft, die Bedeu- Und noch eines ist dem 1. Vizepräsi- tung des Persönlichen nicht zu vernach- denten des Bayerischen Hotel- und Gast- lässigen: „Auf der einen Seite sind Bewer- stättenverbands DEHOGA Bayern ein tungsportale das beste Marktforschungsin- Dorn im Auge: „Für das Airbnb-Segment strument, das es gibt.“ Auf der anderen müssen endlich gleiche gesetzliche Rah- Seite könne es nicht das Ziel sein, dass die menbedingungen wie für die Hotellerie Gäste am Ende von Check In-Robotern be- gelten. Es kann nicht sein, dass Airbnb-An- dient werden: „Wir müssen den persönli- bieter nicht der Gewerbeaufsicht unterlie- chen Touch erhalten. Die Digitalisierung gen oder einer Brandschutzbeschau.“ Mit darf allenfalls Hilfestellung sein, um mehr Blick auf seine 700 Mitarbeiter hob Tho- Zeit für den Gast zu haben.“ mas Förster hervor: „Diese sind unser Gold, das wir in der Schatulle haben. Ein ––––––––––––––– Großteil von ihnen wünscht sich eine Fle- Plädoyer für handwerklich xibilisierung der Arbeitszeit. Wir brauchen hergestellte Produkte demnach ein neues Arbeitszeitgesetz.“ ––––––––––––––– Weg von einer täglichen hin zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeitgrenze, die Letzteren sieht Thomas Förster mit in der es ermöglicht, auch länger als zehn Stun- Pflicht, wenn es darum geht, die Wettbe- den am Stück arbeiten zu dürfen, ist auch werbsfähigkeit am heimischen Tourismus- eines der Kernanliegen von Harald Hubert. standort auch in der Zukunft zu erhalten. Der Vorstandsvorsitzende der vbw Bezirks- „In Frankreich oder in der Schweiz sind die gruppe Mittelfranken verwies zugleich da- Menschen bereit, gut und gerne das Dop- rauf, dass es in puncto Mitarbeitergewin- pelte für eine gute Küche zu bezahlen“, nung mit einigen Mythen aufzuräumen hob der Nürnberger Gastronomie-Unter- gelte: „Wer heute nach Fachpersonal für nehmer hervor. „Das Werteverständnis seine Betriebe sucht, braucht nicht mit dem hierzulande muss sich ändern. Wenn bei Mindestlohn um die Ecke zu kommen.“ uns der Preis für das Schäufele um nur 20 Ein weiterer Erfolgsfaktor ist für ihn Cent steigt, führt das zu einem Aufschrei. eine Verlängerung der Wertschöpfungsket- Gleichzeitig müssen wir uns auch trauen, ten, etwa die Ergänzung der Übernachtung um weitere Dienstleistungen, Fotos: FrankenTourismus (Holger Leue, FRS/Hub, NLT/Hub, Andreas Hub) HERBSTZEITLOSE 21
AKTUELLES wie Kochkurse oder geführte Wanderun- überwiegen: „Wir haben ein völlig neues gen. Nicht zu vergessen: eine gute Erreich- Gästeverhalten. Informiert wird sich heute barkeit. Denn was nütze eine gute Home- in erster Linie nicht mehr über die Home- page oder ein beeindruckender Facebook- page, sondern über Bewertungsportale wie Account, wenn das Tagungshotel am Land ein Hotelzimmer aussieht oder wie sauber vom Handynetz abgeschnitten sei. der Wellnessbereich ist.“ Klar ist für ihn, dass der Tourismusstand- ––––––––––––––– ort am Scheideweg steht. Jetzt, in Zeiten des 500 bayerische Gemeinden Erfolgs, gelte es die Weichen für die Zukunft ohne Wirtshaus zu stellen. Ziel der Politik müsse es unter ––––––––––––––– anderem sein, auch kleinen Betrieben den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern. Dass eine schlecht gestaltete Internetprä- Denn auch für die Lebensqualität sei die senz womöglich von der eigentlichen Qua- Wettbewerbsfähigkeit des Tourismusstand- lität des Betriebs abhalte, glaubt Norbert orts von Bedeutung, so ein Resümee des Dünkel hingegen nicht. Der CSU-Landtags- Kongresses. Was wäre etwa Franken ohne abgeordnete für den Wahlkreis Nürnberger seine Gasthaustradition? Alleine 500 baye- Land sieht im World Wide Web stattdessen rische Gemeinden ohne Wirtshaus zeigen: die positiven Beeinflussungsmöglichkeiten Es gibt noch viel zu tun. u Michael Kniess
MODERNES LEBEN Etwas ins Rollen bringen Lebenskräfte neu entdecken beim Murmel-Spiel W er erinnert sich nicht an das Spielen mit Murmeln, Klickern oder Schussern oder wie sie auch sonst heißen? Aber können wir Erwachsene uns auch noch so ins Spiel vertiefen, wie wir es früher als Kinder taten? Vielen älte- ren Menschen fällt es schwer, mit anderen unbeschwert ins Spiel zu kommen. Vielleicht hatten sie in ihrer Lebensge- schichte wenig Zugang zu eigenen kreati- ven Kräften und Fähigkeiten erhalten. Oder das „Spiel“ wurde als Gegensatz zum Ernst des Lebens gesehen und allenfalls den Mitspielern möglichst viele Murmeln kleinen Kindern zugestanden, ansonsten abzuluchsen. Anderen dienen Murmeln aber eher abfällig als vertane Zeit beurteilt. eher zur meditativen, beruhigenden Be- Der irische Dramatiker George Bernard schäftigung. Murmeln sind Sinnbilder für Shaw, immerhin 94 Jahre alt geworden, unser Leben. sagte dagegen: „Wir hören mit dem Spielen Sie stehen dafür, dass wir imstande nicht auf, weil wir alt werden. Wir werden sind, etwas ins Rollen zu bringen, etwas alt, weil wir mit dem Spielen aufhören.“ bewirken können. Gleichzeitig stärken Murmeln unsere Sehnsucht, mit mög- ––––––––––––––– lichst wenig Schwerfälligkeit und mit gro- Für einen Moment die Zeit ßer Leichtigkeit in Schwung zu kommen, und alle Probleme vergessen mit uns selbst in Gleichklang zu sein. ––––––––––––––– Spielfreude kommt auf, wenn man ganz aufmerksam mit allen Sinnen dabei ist, Spielen könnte also auch eine Art „Jung- wenn man für einen Moment die Zeit brunnen“ sein. Dafür ist nicht mehr nötig und alle Probleme vergessen kann, wenn als eine Handvoll Murmeln, mit denen man kreative neue Ideen bekommt und man sich ganz gut allein beschäftigen und spürt jung und lebendig zu sein. Beim sie zum Beispiel auf einem Tablett ins Rol- Spielen lassen sich fast schon verschüttete len bringen kann. Lebenskräfte entdecken, besonders dann, Die einen entwickeln beim Murmel- wenn Jung und Alt miteinander ins Spiel spielen Ehrgeiz und Wettkampfgeist, um kommen. u HZL HERBSTZEITLOSE 23
MODERNES LEBEN Digitales statt Bares Klingelbeutel 4.0: Die digitale Kollekte hält Einzug in deutsche Gotteshäuser E s gibt Dinge, die sind so sicher, wie liedern findet: Diese Idee hatte Pastor und das Amen in der Kirche. Wenn im Superintendent Ottomar Fricke. Als sol- Sonntagsgottesdienst der Klingelbeu- cher ist er nicht nur für seine Gemeinde- tel durch die Kirchenbänke gereicht wird, mitglieder in Walsrode zuständig, sondern raschelt es in den Portemonnaies. Münzen hat zugleich die geistliche Aufsicht und und manchmal auch Scheine wandern de- Verwaltung des gleichnamigen Kirchen- zent in den Spendentopf, bevor man kreises inne. Seine Beobachtung: „Es ist guten Gewissens den Segen Gottes emp- Realität, dass manch Gottesdienstbesucher fängt. Doch das vermeintlich aus keinem beim Blick in ihre Geldbörse feststellt, dass Gottesdienst wegzudenkende Klimpern er gerade kein passendes Bargeld dabei hat, könnte über kurz oder lang verstummen. weil man sich inzwischen daran gewöhnt Was in skandinavischen oder anglikani- hat, überall bargeldlos zahlen zu können.“ schen Kirchen bereits längst zum Alltag ge- hört, hält langsam auch in Deutschland ––––––––––––––– Einzug: die digitale Kollekte. Kollekte als wesentlicher Teil Weil die Zahl der Bankfilialen, aber des Gottesdienstes auch der Geldautomaten zurückgeht, viele ––––––––––––––– Geldinstitute inzwischen für Bargeldein- zahlungen Gebühren erheben und es Dass die Resonanz noch sehr verhalten ist immer weniger funktionierende Einzah- und die meisten Kirchgänger ihre Spende lungsmaschinen gibt, suchen auch Kir- trotz des modernen Angebots lieber nach chengemeinden hierzulande nach ande- wie vor in den Klingelbeutel werfen, beun- ren, modernen Varianten des Kollekten- ruhigt Ottomar Fricke nicht. Er betont: sammelns. Eine mögliche Lösung wird „Früher sammelte man in den Gottes- derzeit in der evangelischen Kirchenge- diensten Naturalien für die Armen, Weisen meinde in Walsrode (Niedersachsen) getes- und Bedürftigen. Bei der Ablösung durch tet. Zusätzlich zur Opfergabe im Klingel- Geld werden ganz sicher auch viele noch beutel können Gottesdienstbesucher dort eine lange Zeit Getreide mitgebracht seit kurzem mit einer Handy-App Geld für haben, während andere schon Münzen ge- den guten Zweck spenden. geben haben. Genauso wie der Übergang Portemonnaie stecken lassen, stattdes- damals seine Zeit gebraucht hat, entwi- sen das Smartphone zur Hand nehmen, ckeln wir jetzt eben Stück für Stück den den quadratischen QR-Code einscannen, Übergang zur bargeldlosen Gabe.“ Ob sich den man auf einer Karte bei den Kirchen- die Kollekten-App in der vorhandenen 24 HERBSTZEITLOSE
MODERNES LEBEN Form durchsetzen wird, ist den- noch fraglich. Es gibt Verbesse- rungsbedarf. Die Smartphone- Kollekte ist eine normale Über- weisung. Die Kirche weiß also, anders als beim Klingelbeutel- ausleeren, wer wieviel gegeben hat. Hinzu kommen die dicken Kirchenmauern, die manchem Smartphone keinen Empfang er- möglichen. Und wird die Über- weisung erst einige Tage später getätigt, entsteht ein neues Pro- blem. Statt am Montag ist das Geld erst mit Zeitverzögerung auf dem Kirchenkonto. Weil der nächste Grund unabdingbar. Der Geistliche hebt Gottesdienst bereits wieder ansteht, müs- hervor: „Ein Gottesdienst ist mehr als nur sen ständig neue QR-Codes erstellt wer- innere Kontemplation. Dieser hat zwin- den, um die Spende auch der jeweils rich- gend immer auch etwas mit dem gelebten tigen Kollekte zuordnen zu können. Ein Glauben zu tun. Man denke nur an das Vorteil könnte dagegen sein, dass die Fürbittgebet, in dem sich der Not anderer Spende so steuerlich absatzbar ist. Menschen zugewendet wird. Oder eben, Mit all jenen Herausforderungen – von indem man bei der Kollekte tatsächlich technischen Voraussetzungen über den etwas gibt.“ Datenschutz bis zu Anschaffungskosten – Neue, praktikable Wege zu finden, hat setzt sich Stefanie Hoffmann Tag für Tag sich deshalb auch die Evangelische Bank auseinander. In der Evangelischen Kirche zur Aufgabe gemacht. Dafür erarbeitet die Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlau- Abteilung E-Business der kirchlichen Ge- sitz (EKBO) ist sie die „Pfarrerin für Kirche nossenschaftsbank aktuell in einem Pro- im digitalen Raum“. Ihr Hauptanliegen: jekt mit der EKBO ein umfassendes Ange- „Wir müssen die sich in der sich digitali- bot für digitale Kollekten. Bis Ende 2018 sierenden Welt bietenden Möglichkeiten sollen Lösungen bereitstehen. Weiter ist nutzen, um Gemeindeleben lebendiger zu man bereits im Bistum Münster. Dort machen und Menschen zu beteiligen.“ können Katholiken über ein Online-Spen- Gleichzeitig sei es auch die Verantwortung denportal Geld für Projekte anweisen, für der Kirche, möglichst vielen Menschen die auch in den Gottesdiensten gesam- eine weitestgehend barrierearme Teil- melt wird. Doch egal ob es am Ende eine nahme an allen Elementen des Gottes- App, ein Automat, ein Onlineportal oder dienstes zu ermöglichen. der digitale Klingelbeutel ist: Die eine, alle Ein vorläufiges Nebeneinander von überzeugende Lösung wird es nicht klassischem und digitalem Klingelbeutel geben. Das bleibt so sicher wie das Amen ist auch für Ottomar Fricke aus diesem in der Kirche. u Michael Kniess HERBSTZEITLOSE 25
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