NATURSCHÄTZE IN HAMBURG - Gesetzlich geschützte Biotope 2020
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Inhalt Selten und unersetzlich Biotopschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Nasswiesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Gesetzgebung zum Biotopschutz . . . . . . . . . . . . . . . 4 Schmetterlinge über bunten Blüten Hamburg als Lebensraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Quellbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Die geschützten Biotope Wo das Grundwasser sprudelt Dünen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Offene Binnendünen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Vom Winde verweht Die Wüste lebt Salzwiese und Küstenwatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen . . 38 Überlebensstrategien an der Küste Wo die Eidechse sich sonnt Süßwasserwatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Trocken- und Halbtrockenrasen . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Bestimmt vom Wechsel der Gezeiten Ein Paradies für Falter und Heuschrecke Tide-Röhricht und Tide-Auwald . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Trockenwarme Wälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Wildnis mit Flut und Ebbe Ein Wald mit Sonnenschein Bach- und Flussabschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Bruch- und Sumpfwälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Immer in Bewegung Wo das sumpfige Dickicht blüht Stehende Kleingewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Auwälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Bitte nicht trockenlegen! Auf Hochwasser angewiesen Verlandungsbereich stehender Gewässer . . . 22 Knicks, Feldgehölze und Feldhecken . . . . . . . . . . 48 Der See wächst zu Ein dorniges Versteck Bracks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Arten- und Biotopschutz im Zeugen von Deichbrüchen Landschaftsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Moore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Biotopverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Auf Wasser gebaut Biotopschutz in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Sümpfe und Röhrichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Gesänge aus dem Dickicht Rieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1
EINLEITUNG ZUM sich Tier- und Pflanzenarten während ihrer Evolution (Artentwicklung) derart auf einen BIOTOPSCHUTZ speziellen Lebensraum ausgerichtet, dass sie in anderen nicht oder nur schlecht überleben können. Jeder Lebensraum hat seine Umdenken im Naturschutz Spezialisten Der Begriff Biotop stammt aus der Ökologie. Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes Anders als andere biologische Disziplinen wie greift solche wissenschaftlichen Erkenntnisse die Botanik oder die Zoologie befasst sich auf, die zu einem Umdenken im Naturschutz die Ökologie nicht mit einzelnen Tieren oder geführt haben. In seinen Anfängen beschränk- Pflanzen, sondern mit den Wechselwirkungen te sich der Naturschutz überwiegend darauf, zwischen Organismen und ihrer Umwelt. wild lebende Tier- und Pflanzenarten – zu- Der Lebensraum einer Tier- oder Pflanzenart meist seltene und gefährdete Arten – zu ist durch bestimmte Umweltbedingungen, bei- schützen und zu pflegen. Später entwickelten spielsweise Trockenheit oder salzhaltigen Bo- sich zunehmend ökologische Ansätze. Heute den geprägt. Tiere und Pflanzen, die ein Biotop streben Naturschützer an, auch die Lebens- besiedeln, müssen an die dort herrschenden räume der wild lebenden Tiere und Pflanzen Lebensbedingungen angepasst sein. zu schützen und zu pflegen beziehungsweise Teichrose und Heidelerche tragen ihr bevor- wiederherzustellen oder neu zu schaffen. zugtes Biotop schon im Namen. Auch der Dieser Denkansatz ist verstärkt in das Bun- Strandflieder, der hohe Salzgehalte verträgt, desnaturschutzgesetz eingeflossen. Wenn die Sumpf-Dotterblume, die gedeiht , wo es man den Biotopschutz auf die Bedürfnisse der feucht ist, die Rohrweihe, die im Röhricht brü- charakteristischen Arten ausrichtet, betreibt tet und die Sandwespe, die ihre unterirdischen man damit zugleich Artenschutz. Hierbei ist Brutröhren in den Binnendünen anlegt, sind an ein wichtiger Schritt der Schutz bestehender spezielle Lebensräume angepasst. Häufig – das Lebensräume. hat die ökologische Forschung gezeigt – haben 2
Wer A(rtenschutz) sagt, muss auch B(iotopschutz) sagen Fledermäuse, Orchideen, Vögel, Libellen – das sind nur einige der Artengruppen, die auch in einer Großstadt wie Hamburg einen gesetzlichen Schutz genießen. Laut Bun- desnaturschutzgesetz darf man wildle- bende Tiere nicht beunruhigen und nicht ohne vernünftigen Grund verletzen oder töten und wildlebende Pflanzen nicht von ihrem Standort entfernen oder auf sonstige Weise zerstören. Für besonders gefährdete Tier- und Pflanzenarten gelten nochmals strengere Vorschriften. Auf diese Weise sorgt der Gesetzgeber für den Schutz aller Arten. Darüber hinaus verbietet das Bundesnaturschutzgesetz die Lebensstätten, also die Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen, ohne vernünftigen Grund zu beein- trächtigen oder zu zerstören. Anwendung fin- det der gesetzliche Artenschutz in Hamburg in vielerlei Hinsicht. So ist er zum Beispiel in den zahlreichen Bau- und Unterhaltungs- maßnahmen im Stadtgebiet zu beachten. Hier gehen Arten- und Biotopschutz zudem oft ARTENSCHUTZ Hand in Hand. 3
GESETZGEBUNG ZUM Grundsatz jedoch nicht vom Bundesrecht abwei- chen. BIOTOPSCHUTZ Durch das Gesetz wird der Schutz bestimmter Biotope unter § 30 BNatSchG bundeseinheitlich direkt anwendbar gemacht. Die bestehende Lis- Singvögel im Hinterhof läuten den Frühlingsmor- te geschützter Biotoptypen wurde ergänzt und gen ein, an heißen Sommertagen duftet die Blu- die Grundsätze des Biotopschutzes festgelegt. menwiese im Park, und die alte Buche spendet Diese Liste kann und soll von den Bundesländern Schatten. Natur in der Großstadt. Bedingungen in den Naturschutzgesetzen des jeweiligen Lan- sind hier anders als auf dem Land, aber gerade des erweitert werden. im Ballungsraum erhöht eine intakte Tier- und Nach dem Hamburgischen Gesetz zur Ausfüh- Pflanzenwelt die Lebensqualität der Menschen. rung des Bundesnaturschutzgesetzes (HmbB- Natur hat darüber hinaus eine Daseinsberech- NatSchAG) vom 11.05.2010 sollen auch in Ham- tigung, die sich nicht nur an menschlichen Vor- burg wertvolle Lebensräume per Gesetz Schutz stellungen orientiert. Beide Aspekte fließen in genießen. Geschützt sind beispielsweise die von die Gesetzgebung ein. Die Erfahrung der letzten der Tide geprägten Lebensräume in der Gezei- Jahrzehnte hat gezeigt, dass es nicht ausreicht, tenzone der Unterelbe und ihrer Nebenflüsse, eine bedrohte Vogelart oder ein seltenes Wild- aber auch Knicks, Feldgehölze und Bracks. kraut unter Schutz zu stellen, auch ihre Lebens- Entscheidend für die Zuordnung zu den gesetz- räume – die Biotope – müssen geschützt wer- lich geschützten Biotopen ist die Ausprägung den. eines Lebensraumes. Standortverhältnisse, Tier- Die rechtliche Grundlage für den Schutz von Na- und Pflanzenwelt und sonstige Eigenschaften tur und Landschaft ist das Bundesnaturschutz- der geschützten Biotope sind in der Anlage zum gesetz (BNatSchG). Im Jahr 2009 wurde das Hamburgischen Naturschutzgesetz beschrie- Gesetz umfassend novelliert. Anders als zuvor ben. Dadurch ist kein besonderes Unterschutz- werden die Regelungen des Naturschutzes nun stellungsverfahren nötig. Wenn ein Biotop auf bundeseinheitlich vorgegeben. Die Bundesländer Grund charakteristischer Merkmale zu den im können einzelne Regelungen ergänzen, dürfen im Gesetz aufgeführten Lebensräumen gehört, sind 4
ter- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, alle Handlungen oder Maßnahmen, die dieses Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte, Biotop zerstören oder erheblich oder auf Dauer 4. Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- beeinträchtigen, untersagt. und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Ar- venwälder, Ausnahmen hiervon können nur zugelassen wer- 5. offene Felsbildungen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche, den, wenn die Beeinträchtigung ausgeglichen – 6. Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, also gleichwertig und gleichartig ersetzt – wer- Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegras- den kann. wiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Boden- Erlaubt und sogar erwünscht ist die bisherige megafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schill- Nutzung, die die Entwicklung des geschützten gründe im Meeres- und Küstenbereich. Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Biotops ermöglicht hat und die oft auch nötig ist, Ländern gesetzlich geschützte Biotope. (3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine um den Lebensraum zu erhalten – beispielsweise Ausnahme zugelassen werden, wenn die eine extensive Beweidung von Nasswiesen. Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. […] Eine Ausnahme kann nur zugelassen werden, wenn nicht Gründe des Naturschutzes den Er- Hamburgisches Gesetz zur Ausführung des Bundesnatur- halt des Biotops erfordern. schutzgesetzes (HmbBNatSchAG) Vom 11. Mai 2010 § 14 Gesetzlich geschützte Biotope (zu § 30 Absätze 2 und 7 BNatSchG) Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesna- (1) Die Biotope nach § 30 Absatz 2 Satz 1 BNatSchG sind turschutzgesetz - BNatSchG) Vom 29. Juli 2009 geschützt, sofern sie in ihrer Ausprägung hinsichtlich Stand- § 30 Gesetzlich geschützte Biotope ortverhältnissen, der Vegetation oder sonstiger Eigenschaf- (1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine beson- ten den näheren Regelungen nach der Anlage entsprechen. dere Bedeutung als Biotope haben, werden (2) Die Verbote des § 30 Absatz 2 Satz 1 BNatSchG gelten gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz). in Hamburg auch für folgende Biotope (weitere gesetzlich (2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen geschützte Biotope) erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope 1. Bracks, führen können, sind verboten: 2. Feldhecken, Knicks und Feldgehölze, 1. natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender sofern sie in ihrer Ausprägung hinsichtlich der Standortver- Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehöri- hältnisse, der Vegetation oder sonstiger Eigenschaften den gen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation näheren Regelungen der Anlage entsprechen. sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, […] Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche, 2. Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstel- len, 3. offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Gins- 5
bemerkbar macht, wird nach Osten der Ein- fluss des kontinentalen Klimas stärker. Daher finden sich im Bergedorfer Raum Pflanzen HAMBURG ALS und Tiere, die bevorzugt im Landesinneren vorkommen. LEBENSRAUM Den besonderen klimatischen Bedingungen und der landschaftlichen Vielgestaltigkeit im Urstromtal der Elbe verdankt die Stadt eine ungewöhnliche Vielfalt an Lebensräumen. Vor der Elbmündung, weit entfernt von der Stadt, liegt der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Er umfasst die Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn mit ihren Salzwiesen Ein feuchter Standort? und Dünen sowie dem Watt zwischen ihnen und Cuxhaven. Die Saale- und die Weichsel-Eiszeiten haben Hamburgs Landschaftsbild geprägt. Das An der Alster, an der Elbe, Schmelzwasser der abtauenden Gletscher an der Bill; formte das bis zu acht Kilometer breite Ur- stromtal der Elbe. Dieses ist im Süden und im Hamburg ist durch Wasser geprägt. Die Stadt Norden von höher gelegenen Geestgebieten hat mehr Brücken als Venedig. Unter dem begrenzt. Zwischen der Elbe und den Geest- Einfluss der Gezeiten haben sich einzigartige hängen befinden sich die ebenen Marschflä- Lebensräume entwickelt. Süßwasserwatt chen der Unterelbeniederung. und Tideauwald sind Besonderheiten von Nicht nur Geest und Marsch treffen im internationaler Bedeutung. Hamburger Raum aufeinander, sondern auch Die Pflanzen des Tideauwaldes sind an die verschiedene Klimazonen. Während der mit Ebbe und Flut wechselnden Wasserstände westliche Teil der Stadt unter atlantischem angepasst. Die Süßwasserwatten bieten Klimaeinfluss steht, der sich bedingt durch Jungfischen Schutz und Zugvögeln reichlich Elbe und Hafen bis weit in die Stadt hinein Nahrung. 6
Auch die übrigen Fließgewässer beherbergen man einen Eichen-Mischwald, wie er für zahlreiche Fisch- und Insektenarten und eine sandige Böden an warmen Südhängen vielfältige Vogel- und Pflanzenwelt. Soweit sie kennzeichnend ist. nicht begradigt oder ausgebaut sind, stel- len Hamburgs zahlreiche Bäche und Flüsse ... und auf der Geest wertvolle Lebensräume dar. An den Stellen, an denen zum Beispiel Alster und Saselbek In vielen Bereichen sind die Böden auf der bei Hochwasser noch über die Ufer treten, Geest eher durchlässig und trocken. Bedeut- wachsen Auwälder aus Weiden, Erlen, Eschen, same Lebensräume bilden hier die offenen Ulmen, und Eichen. Naturnahe stehende Ge- Heideflächen wie die der Fischbeker und der wässer sind die Heimat für Amphibien. Wittenbergener Heide. Sie sind Heimat von Typisch für Hamburg sind auch die Bracks. mehr als 2000 Insektenarten. Diese Gewässer hinterm Elbdeich sind Zeugen Feldhecken und -gehölze stellen in den land- früherer Deichbrüche. wirtschaftlich geprägten Gebieten wie der Hummelsbütteler Feldmark einen Zufluchts- ... in der Marsch ort für die Tierwelt dar. Landschaftliche Besonderheiten der Ein hoher Grundwasserstand ist typisch für Geest sind die Niedermoore auf den das Grünland der Elbmarsch. Wenn die feuch- undurchlässigen Böden. Staute sich dort das ten Wiesen weniger intensiv genutzt werden, Wasser, so entstanden – wie im Duvenstedter kommen hier Schachblumen und Orchideen Brook – Sümpfe und Bruchwälder, ein ideales vor. Auf nassen Böden, die nicht bewirt Brutgebiet für den Kranich. schaftet werden, entwickeln sich Röhrichte Ein Kennzeichen des Elbe-Urstromtales ist und Sümpfe. die Bildung von offenen Binnendünen, wie Den Übergang zwischen Marsch und Geest sie beispielsweise in der Boberger Niederung markieren die Elbhänge. Am nördlichen Ufer vorkommen. Der Sand, der aus dem Elb- der Elbe ist der Hang über weite Strecken als tal hierher geweht wurde, beherbergt eine Steilufer geformt. Als naturnahe Landschafts- spezielle Insektenfauna. struktur ist diese Geestkante beispielsweise am Falkensteiner Ufer erhalten. Hier findet 7
DIE GESCHÜTZTEN BIOTOPE 9
Dünen Am Strand von Scharhörn erwartet uns der im Wind. Die Dünengräser halten mit ihrem Vogelwart. „Vorsicht! Gelege!” warnt er und weitläufigen Wurzelwerk den Sand fest. So weist auf zwei sandfarbene gefleckte Eier. Hier kann ein Sandberg wachsen, die Weißdüne. Die brüten Zwergseeschwalben. Pflanzen auf der Weißdüne müssen sich anpas- Über unseren Köpfen kreist aufgeregt ein sen an Trockenheit und „Sandstrahlgebläse”. Elterntier, erkennbar am gegabelten Schwanz, Die stacheligen Blätter der Stranddistel sind der schwarzen Haube und einem spitzen gel- mit einer wachsartigen Schicht überzogen, die ben Schnabel. Den Blick zu Boden gerichtet die Pflanze vor Wasserverlust schützt. Strand stapfen wir durch den heißen Sand und errei- disteln sind selten geworden, weil sie früher in chen einen niedrigen Wall. Es ist die Vordüne. großen Mengen für Trockensträuße gepflückt Salzkraut, Salzmiere, schon die Namen verra- wurden – h eute sind es geschützte Pflanzen. ten, dass die Pflanzen hier dem Meerwasser Reicht die pflanzliche Befestigung nicht aus, und der salzigen Gischt ausgesetzt sind. Die trägt der Wind den Sand wieder ab. Auf diese rosa Blüten des Meersenfs duften. In ihren Weise wandert Scharhörn jährlich um rund fleischigen Blättern speichert die Pflanze Süß- zehn Meter in die Hauptwindrichtung – nach wasser, um den hohen Salzgehalt tolerieren zu Südosten. können. Dünen sind vom Wind geschaffen. Wenn bei Ebbe die Sonne die Sandbänke draußen im Watt trocknet, trägt der Wind den Sand an die Strände. Hier bleibt er an den Pflanzen hängen. Pionier auf der Vordüne ist die Binsenquecke. In ihrem Windschatten lagert sich weiterhin Sand ab. So entstehen die niedrigen Wälle der V ordünen. Ein Stück weiter oben wehen die Ähren von Strandhafer und Strandroggen 10 Zwergseeschwalbe
VOM WINDE VERWEHT i Stranddistel Tipp Wanderung von Neuwerk nach Scharhörn bei Niedrigwasser. Die Wanderung dauert rund 4 – 4,5 Stunden. Normalerweise gilt für die Vogelinsel „Betreten verboten”. Nur nach telefonischer Anmeldung beim Vogelwart (Tel. 0 47 21 / 2 85 84) oder der Nationalpark- verwaltung (0 47 21 / 6 92 71) kann man an einer Führung auf Scharhörn teilnehmen. 11
Salzwiese und Küstenwatt Violett blüht der Strandflieder, weißlich bis letzten Naturlandschaften Europas. Dieses blau die Strandastern, weiter draußen haben einzigartige Ökosystem ist vom Wechsel der sich einige Quellerpflanzen rötlich verfärbt. Im Gezeiten geprägt. Zweimal täglich fällt das Sommer entfaltet das Deichvorland östlich der Watt bei Ebbe trocken. Zweimal täglich bringt Insel Neuwerk seine ganze Farbenpracht. Der die Flut mit dem Wasser große Mengen an Boden ist salziger als auf einer gewöhnlichen Sand und Schwebstoffen. Die organischen Wiese, denn die Salzwiese wird bis zu 70-mal Stoffe – winzige Algen, abgestorbene Pflan- im Jahr überflutet. Die Pflanzen müssen den zen und Tiere – setzen sich in Küstennähe ab, extremen Salzgehalt im Boden bewältigen. Der weiter draußen lagert sich Sand ab. So ent- Strandflieder scheidet hierzu das Salz über steht Sandwatt, Schlickwatt oder Mischwatt. Drüsen aus. Auf den Blättern sind dann die Pflanzen und Tiere des Wattenmeeres sind weißen Kristalle zu erkennen. dem ständigen Wandel von Trockenfallen und Der Queller dagegen nimmt das Salz auf und Überflutung ausgesetzt und werden bei Flut lagert zusätzliches Wasser in die Zellen ein. mit der Strömung verdriftet. Viele Wattbewoh- So quillt die Pflanze während des Sommers ner wie der Schlickkrebs, die Sandklaffmuschel, immer mehr auf. Im Herbst verfärbt sich die die Herzmuschel und der Wattwurm leben da- Quellerpflanze rot und stirbt ab. Auf dem her im Boden. Auf einer Wattwanderung lernen Ostvorland von Neuwerk brüten Möwen, Sie, die Lebenszeichen dieser Bodenbewohner Seeschwalben und Rotschenkel. Hier sind sie zu erkennen. ungestört. Viel karger ist das Nordvorland. Von den zahlreichen Muscheln, Schnecken und Diese Salzwiese wird als Weide genutzt. Die Würmern im Wattenmeer ernähren sich die Blütenvielfalt ist der Beweidung gewichen. Vögel. Viele Zugvögel, wie z. B. der Knutt oder Doch selbst hier brüten noch die Austernfi- die Ringelgänse, können nur hier ausreichend scher und Seeschwalben. Jenseits der Salz- Nahrung für ihren weiten Flug zu sich nehmen. wiese beginnt das Wattenmeer, eine der 12
Auch für zahlreiche Fischarten ist das Wattenmeer von großer Bedeutung. Scholle, Flunder und Seezunge verbringen hier im fl achen Wasser – ihrer Kinder stube – die ersten Lebensjahre. i Tipp Wattwanderung zur Insel Neuwerk im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Die g eführte Tour von den Cuxhavener Orts- Strandkrabbe teilen Duhnen oder S ahlenburg dauert etwa zweieinhalb Stunden, die Rückfahrt per Schiff nach Cuxhaven eineinhalb Stunden. ÜBERLEBENS- Infos: Reederei Cassen Eils Tel. 0 47 21 / 3 22 11, STRATEGIEN Nationalparkstation Neuwerk Tel. 0 47 21 / 6 92 71 AN DER KÜSTE 13
Süßwasserwatt Vom Cranzer Hauptdeich überblickt man das von etwa zwei Jahren wandern die Jungfische Mühlenberger Loch – das größte Süßwasser- in die Nordsee. Wenn im Hochsommer in der watt Europas. Stromrinne der Sauerstoff knapp wird, ziehen Jetzt bei Ebbe liegt grauer Schlick frei. Im fla- sich die Elbfische in die Wattgebiete und Flach- chen Wasser waten ein paar langbeinige Vögel. wasserzonen zurück, die zur Selbstreinigung Was soll daran Besonderes sein? der Elbe beitragen. Der Einfluss der Gezeiten schafft einen einzig- Früher zogen sich große Überschwemmungs- artigen – nämlich vom Süßwasser geprägten – räume an der Unterelbe entlang. Der Strom Lebensraum im Mündungsbereich der Elbe. wurde durch Deiche immer weiter eingeengt Jede Flut trägt Nährstoffe in die Bucht hinein und die Ufer zunehmend verbaut. Heute gibt und düngt sozusagen die mikroskopisch es an der Hamburger Elbe nur noch weni- winzigen Algen, von denen Ringelwürmer, ge große Überschwemmungsflächen wie kleine Krebse und Schnecken leben. Diese die Naturschutzgebiete Mühlenberger Loch, zahllosen Kleintiere sind ein üppiges Nah- Schweenssand und Heuckenlock. Ein Viertel rungsangebot für die Vögel wie Rotschenkel des Mühlenberger Lochs ist durch die Erwei- und S äbelschnäbler. Löffel- und Krickenten terung des benachbarten Flugzeugwerkes rasten während ihres Zuges zu Tausenden auf verloren gegangen. Als Ausgleich sind flussab- der Süßwasserwattfläche und schlagen sich wärts und -aufwärts neue Süßwasserwatten den Bauch voll – die Energiereserve für den hergestellt worden. Weiterflug. Für die Fische ist das flache ruhige Wasser Aufwuchsgebiet. Neben Aal, Flunder, Stint und Kaulbarsch gibt es eine Reihe selte- ner Fischarten wie zum Beispiel Finten, die im Mühlenberger Loch laichen und heranwachsen. Finten schwimmen als Wander- fische zum Laichen flussaufwärts. Erst im Alter 14 Rotschenkel
BESTIMMT VOM WECHSEL DER GEZEITEN i Tipp Deichwanderung an der Billwerder Bucht. Mit der S21 bis „Rothenburgsort”, links den Billhorner Deich Richtung Norderelbe, links entlang der Billwerder Bucht vom Aus- schläger Elbdeich bis zum Sandwisch, die Andreas-Meyer-Straße schräg kreuzend in den Unteren Landweg zur Station „Billwer- der Moorfleet”. 15 Säbelschnäbler
Tide-Röhricht und Tide-Auwald Ein schmaler Weg führt zwischen Pappeln und Lebensräume für Wibels Schmiele oder Weiden hindurch bis zur Holzbrücke. Ein Priel Schierlings-Wasserfenchel. Diese Pflanzen hat sich tief in den Grund des Watts hineinge- sind weltweit nur im Tidegebiet der Elbe zu graben. finden. Mit etwa 700 Tier- und Pflanzenarten Wir erreichen einen Schilfgürtel, der uns weit sind das Heuckenlock und das gegenüberlie- überragt. Aus ihm hören wir den lebhaften Ge- gende Naturschutzgebiet Schweenssand eine sang eines Teichrohrsängers. Hier sind wir im der artenreichsten Flächen Hamburgs. Naturschutzgebiet Heuckenlock. Diese Wild- Durch die Eindeichungen sind solche von nis an der Süderelbe konnte ihre unberührte den Gezeiten b eeinflussten Gebiete an Vielfalt über die Jahrhunderte bewahren. Der der Unterelbe rar geworden. In Hamburg älteste Baum, eine Flatterulme, ist rund 400 gibt es weitere Tide-Röhrichte noch in den Jahre alt und hat einen Umfang von 4,5 m. Naturschutzgebieten Schweenssand und Zol- Der Einfluss von Ebbe und Flut hat hier einen lenspieker, auf dem Neßsand und am Mühlen- Tide-Auwald und ein Tide-Röhricht geschaf- berger Loch, einen Tide-Auwald nur noch im fen. Je nach Dauer und Häufigkeit der Über- Heuckenlock und auf dem Neßsand. flutungen haben sich auf dem Watt bestimmte Pflanzen angesiedelt. Der nährstoffreiche Schlick, den die Priele ins Heuckenlock spülen, lässt sie üppig wuchern. Die Bäume werden teilweise über 30 Meter hoch, das Tide-Röhricht erreicht bis zu vier Meter Höhe. An den Ästen der Bäume baut die seltene Beutelmeise ihr kunstvolles Nest, während Rohrsänger und Rohrammer das Röh- richt bewohnen. Die an die unbewachsenen Süßwasserwatten angrenzenden Tide-Röh- richt und -Auwälder bilden die einzigen 16
WILDNIS MIT FLUT UND EBBE i Schierlings-Wasserfenchel Tipp Naturschutzgebiet Heuckenlock – mit Bus/ Bahn: S3 bis Wilhelmsburg; dann mit dem Bus bis Haltestelle „Heuckenlock” • mit dem PKW: A1 Abfahrt HH-Stillhorn. 17 Beutelmeise am Nest
Bach- und Flussabschnitte Die Alster schlängelt sich durch den Wald. Im natürlichen Steilufern er seine Bruthöhle Schatten hoher Buchen treibt das Boot lang- stochert. Naturnahes Fließgewässer bevorzugt sam flussabwärts. Hin und wieder müssen wir auch die grüne Prachtlibelle, die ihre Eier auf tief hängenden Ästen ausweichen. Ein Eisvo- besonnte Wasserpflanzen legt. gel stürzt sich mit dem langen Dolchschnabel Viele Bäche und Flüsse wurden begradigt, die voran ins Wasser. Sein türkis-rotes Gefieder Ufer verbaut. Naturnahe Fließgewässer und leuchtet tropisch bunt. Die Strömung hat die viele ihrer Tier- und Pflanzenarten sind selten Wurzeln der Erlen freigelegt, sie stützen den geworden. Wenn Bäche in ihr altes Bett zu- steilen Hang. Das gegenüberliegende Ufer ist rückgelegt und ihrer Eigendynamik überlassen flacher. Wir gleiten über eine Sandbank. Hinter werden, kehren die ursprüngliche Flora und der nächsten Biegung wird es sonnig. Am Fauna zurück. Grund wiegen sich Laichkräuter. Im Rodenbeker Quellental lebt zum Beispiel Dazwischen macht sich ein Fisch zu schaffen, eine gefährdete Art der Blattfußkrebse sowie kaum länger als ein Zeigefinger. Drei Stacheln 14 Fischarten, auch die Gebirgsstelze brütet auf dem Rücken und sein leuchtend roter hier. In der Ammersbek tauchen hin und wie- Bauch signalisieren: ein Stichlingmännchen im der Fischotter auf und an der Alster und ihren Hochzeitskleid. Nebenflüssen macht die seltene Wasseramsel An den Ufern blühen Vergissmeinnicht und auf ihrem Zug Station. Baldrian. Die blauen Flügel einer Libelle blin- ken. Flussabwärts sind die Ufer mit undurch- dringlichem Schilfrohr bewachsen, in dem die Rohrsänger ihr Nest zwischen die Halme flechten. Hier finden diese Insektenfresser auch ihre Nahrung. Der Eisvogel jedoch, als Fischfän- ger, benötigt saubere, klare Bäche, in deren 18 Eisvogel
Auch Dove und Gose Elbe mit ihrer üppigen Schwimmblattvegetation und die Alte S üderelbe mit ihren verschiedenen Röhrichtgesellschaften am Ufer sind Lebens- raum für gefährdete Wasserpflanzen und Rückzugsräume für die V ogelwelt. i Tipp IMMER IN Paddeltour auf der Alster und Goose Elbe (Bootsverleihe siehe Internet: BEWEGUNG www.hamburg.de) Ein Spaziergang auf dem Alsterwander- weg (U-Bahn Klein-Borstel oder S-Bahn Poppenbüttel) oder auf dem Aue-Wanderweg beiderseits der Ammersbek zwischen der Mühlenschleuse am Duvenstedter Triftweg und dem Kupferhof (Naturschutzgebiete Duvenstedter Brook und Wohldorfer Wald). 19 Dreistacheliges Stichlings-Männchen im Balzkleid
Stehende Kleingewässer Ein Trampelpfad führte an stacheligen frosch, Grasfrosch und Wasserfrosch. Der Himbeersträuchern vorbei durchs Schilf ans Teichmolch wiederum fühlt sich in den T eichen Ufer. Auf dem Grund des Teiches wuchsen im R odenbeker Quellental wohl. Seit diese Pflanzen mit langen Stängeln und federför- nicht mehr als Fischteiche genutzt werden, migen Blättchen. An milden Frühsommer- leben dort auch wieder gefährdete Kleinfische abenden ertönte vielstimmiges Quaken, kurze wie Bitterling, Rotfeder und Schlammpeitzger. Zeit später beobachteten wir Kaulquappen Naturnahe Kleingewässer sind Laichplätze für im Wasser. Den Teich unserer Kindheit gibt viele Arten von Fischen, Fröschen, Kröten und es nicht mehr. Das Ufer ist mit Holzbohlen Molchen und beherbergen eine reiche Unter- eingefasst. Ein breiter Sandweg führt um das wasservegetation aus Wasserstern, Wasserfe- kreisrunde Gewässer. Zahlreiche Stockenten der, Hornblatt und Laichkräutern. warten auf die nächste Fütterung. Der faulige Diese können sich im ganzen Gewässer aus- Geruch weist darauf hin, dass der Entenkot im breiten, weil hier aufgrund der geringen Was- Wasser biologisch zersetzt wird. Dabei wird sertiefe das Licht bis zum Grund vordringen Sauerstoff verbraucht, Schwefelbakterien kann. Die W asseroberfläche wird neben dem vermehren sich und verbreiten einen Geruch Wasserhahnenfuß auch von den Schwimm- nach faulen Eiern. Das Gleiche passiert in in- blättern des weißen Froschbiss bedeckt, auf tensiv genutzten Angelteichen. Die eingesetz- denen gerne zarte Libellen landen, um Wärme ten Fische fressen zudem Kaulquappen und zu tanken. Unterhalb der Oberfläche grast Libellenlarven weg. kopfunter die Spitzschlammschnecke den Algenrasen ab. Der feuchte Uferbereich wird Es gibt in Hamburg aber auch viele beispielsweise von der Wasserminze besiedelt. Beispiele für Teiche mit reicher Wertvolle, seltene Lebensräume sind die Tier- und Pflanzenwelt. So lai- Tümpel. Sie entstehen meist durch hohe chen in den Teichen entlang Niederschläge im Winter und Frühjahr und der Hauptwege im Duvens- trocknen in der warmen Jahreszeit langsam tedter Brook Moor- aus. Tümpel beherbergen eine besondere 20 Spitzschlammschnecke
Krebs- und Kleintierfauna, die speziell an die Lebensbedingungen dieser periodischen Gewässer angepasst sind. So überleben die Dauereier einiger Kiemenfußkrebse bis zu 14 Monate Trocken- und Frostzeiten im Schlamm. Tümpel sind ebenfalls ein wichti- ges Laichbiotop für Amphibien. i Tipp BITTE NICHT Teiche im Duvenstedter Brook am Duvens- TROCKENLEGEN! tedter Triftweg (Lage der Teiche kann man der Wanderkarte NSG Duvenstedter Brook + NSG Wohldorfer Wald entnehmen; Infor- mationen zur Froschbalz gibt das Brook- hus, Tel.: 607 24 66). Mit der U-Bahn Linie U1 bis Ohlstedt, 5 km Fußweg entlang des Kupferredders. Mit dem Bus bis zur Halte- stelle Duvenstedter Triftweg. Mit dem Auto bis zum Parkplatz Ecke Duvenstedter Trift- weg / Wiemerskamper Weg. 21 Wasserfrosch
Verlandungsbereich stehender Gewässer Am Ufer leuchten purpurrot die Blüten der Lange elastische Stiele verbinden die Weidenröschen. Der morsche Steg liegt ver- auf der Wasseroberfläche schwim- steckt im Röhricht. Zwischen Schilf und brau- menden Blätter und die prachtvollen nem Rohrkolben blühen Schwanenblume und Blüten mit den Wurzeln im Teich- Fieberklee sowie zum Wasser hin Froschlöffel. grund. Zur Schwimmblattvege- Die Bucht ist übersät mit den runden Blättern tation gehören auch die Weiße und den gelben Blüten von Teichrosen. Vom Seerose, der W asser-Hahnenfuß, Ufer her dringt auf der W asseroberfläche der der Froschbiss und die Was- Wasser-Knöterich mit seinen rosa Ährenblüten serlinsen. Zum Ufer hin, wo vor. Ein b laues Plattbauch-Männchen – der die Wassertiefe geringer Brummer unter den Libellen – fliegt darüber ist, wachsen die Arten des hinweg. Dieser gewandte Jäger lauert seiner Schilfgürtels, die eine kurze Beute auf. Zeit des Trockenfallens Vom Schilf her ertönen kurze, laute Rufe. überstehen können. Ein Bläßhuhn schwimmt mit seinen Jungen heraus. Die Schöpfe der Küken leuchten rot. Am Grunde des Weihers wogt ein Wald von Laichkräutern mit fadenförmigen Blättern. Im flachen Wasser breiten sich Armleuchteralgen, Wasserstern, Wasserpest und andere Pflanzen aus. Dazwischen kriecht eine Sumpfdeckel- schnecke über den Boden, und ernährt sich von abgestorbenen Pflanzen. Die Schwimmblätter der Teichrose sind ledrig derb, um aufprallenden Regentropfen und Wellengang widerstehen zu können. Ein Wachsüberzug schützt sie vor Benetzung. 22 Plattbauch-Männchen
Jedes stehende Gewässer verlandet im Laufe der Zeit. Je mehr Schlamm und Mudde sich zwischen den Pflanzen und am Boden sammeln, desto weiter kann sich die Vegetation zur Gewässermitte hin ausdeh- nen, bis bei kleineren Seen nur noch eine nasse Senke übrig bleibt. i DER SEE Tipp WÄCHST ZU Öjendorfer See, östliches Ufer. Im Auto: über die A1 Abfahrt Öjendorf, Glinder Straße nach Westen, über Reinskamp, Driftredder und Barsbütteler Weg zu mehreren Parkplätzen oder über die A24 Abfahrt Jenfeld, Rodig Allee nach Osten, Steinbeker Weg nach Über- querung der A 24 in den Barsbütteler Weg 23 Spitze Sumpfdeckelschnecke
Bracks Zwischen zwei uralten Fachwerkhäusern Das Borghorster Brack gehört zu den be- schaut man vom Altengammer Hauptdeich sonders wertvollen Bracks in der Hamburger aufs Borghorster Brack. Am Ufer wechseln Elbtal-Niederung. Durch Erosion der ehemals Weiden und Erlen mit Röhricht und offenen steilen Ufer konnte sich ein Röhrichtgürtel aus Sandflächen. Bracks sind typische Gewäs- Schilf und Seggen ausbilden, der gefährdeten ser der Unterelbe. Diese Gewässer sind Vogelarten wie der Rohrweihe als Bruthabitat bei Deichbrüchen während einer Sturmflut dient. In den Randbereichen wird die Was- entstanden. Das Elbwasser strömte mit so ho- seroberfläche von der Gelben Teichrose einge- her Geschwindigkeit herein, dass das dahinter nommen. Auf der großen freien Wasserfläche liegende Land durch die Strudel des Hochwas- unternehmen Reiherenten und Haubentaucher sers ausgehöhlt wurde. So entstanden steile ihre Tauchgänge. Ufer. Viele Bracks zeichnen sich durch großen Das Gewässer bietet auch der im Bestand Fischreichtum aus. Zum Teil sind ursprüng- gefährdeten Ringelnatter Lebensraum und lich typische Elbfische eingespült worden und besitzt große Bedeutung als Refugium für haben seit Jahrhunderten überlebt. Bei ihrer viele Fischarten - unter anderem Steinbeißer Entstehung waren die Bracks nährstoffarm – und Schlammpeitzger – und eine artenreiche also sauber. und seltene Schneckenfauna. Eine besonde- Die heutigen Bracks werden leider häufig als re Lebensgemeinschaft zwischen Fisch und Angelgewässer und Viehtränke benutzt. Die Muschel ist hier zu beobachten. Der Bitterling Uferzonen sind oft durch Holz- und Stein- braucht zum Schutz seiner Eier die Große verkleidung, Rasen, Stege oder Gärten unna- Teichmuschel, in deren Kiemen er seinen Laich türlich verändert. Durch eng heranreichende ablegt. Die Larven der Muschel wiederum drin- Gärten oder Gärtnereien, Äcker, Obstbau, gen in die Haut von Fischen ein, ernähren sich Baumschulen oder häusliche Abwässer werden von dem Gewebe und fallen nach einiger Zeit die Bracks übermäßig mit Nährstoffen ver- der Entwicklung als kleine Muscheln wieder sorgt. Derartige Beeinträchtigungen setzten ab. den Gewässern heute leider sehr zu. 24
ZEUGEN VON DEICHBRÜCHEN i Bitterlinge Tipp Radtour zu den Bracks in den Vier- und Marschlanden. Am S-Bahnhof Billwer- der Moorfleet in den Brennerhof, links in den Tatenberger Weg, rechts in den Marschenbahndamm. Auf dem (autofreien) Marschenbahndamm vorbei am Sandbrack in Fünfhausen, am Riepenburger Brack, am Kiebitzbrack und am Borghorster Brack. Rückweg über Horster Damm, Brookdeich zur S-Bahn-Haltestelle Bergedorf. • mit dem Auto: B 5 (Bergedorfer Straße, Holtenklinker Straße, Rothenhauschaussee) rechts in den Speckenweg, Horster Damm, rechts in den Altengammer Hautdeich zum Borghorster Brack. 25
Moore Weiß leuchtet das Wollgras. Auf den Bulten, die der Moore, Pfeifengras und Moorbirken, und aus dem dunklen Wasser ragen, blüht pink die verdrängen die seltenen Moorpflanzen. Glockenheide. Himmelblaue Schmetterlinge flat- Der Sonnentau, dessen Arten in den verschiede- tern umher und in der feuchten Senke vor unse- nen Moortypen zu finden sind, holt sich Stick- ren Füßen fängt der fleischfressende Sonnentau stoff aus dem Eiweiß seiner tierischen Beute. eine Fliege. Eine solche Mooridylle gibt es in Mit klebrigen Haaren, die Tautröpfchen vortäu- Hamburg nur noch in Bereichen der Hochmoore schen, hält die fleischfressende Pflanze Käfer, und in den Übergangsmooren innerhalb einiger Fliegen und Mücken fest. Die Blätter rollen sich Naturschutzgebiete. Viele dieser ursprünglich in ein, die Insekten werden umschlossen und von Hamburg weit verbreiteten Hochmoore wurden Pflanzensäften aufgelöst. bis in das letzte Jahrhundert hinein abgetorft Torfmoos – der eigentliche Moorbodenbauer – und entwässert. Kleine Reste können noch im wächst nur, wenn es ständig unter Wasser steht. Wittmoor, im Raakmoor und im Duvenstedter In den Moorgebieten, die entwässert worden Brook gefunden werden. sind und in denen sich Birkenwälder angesiedelt Hochmoore entstanden dadurch, dass durch haben, wird daher heute wieder Wasser auf- die stark vernässten Böden Pflanzenreste nur gestaut. Absterbende Birken im Wittmoor, im unvollständig abgebaut wurden und sich somit Duvenstedter Brook oder im Schnaakenmoor teilweise mächtige Torfschichten entwickelten. zeugen von der Wiedervernässung. Die wie- Auf diesen siedelten dann die Torfmoose, die derbelebten Moorflächen besiedeln gefährdete neben dem Wollgras zu den typischen Pflanzen Pflanzen wie Gagelstrauch, Moosbeere und der Hoch- und Übergangsmoore gehören. Ein Sonnentau. Moorfrosch und Ringelnatter sind echtes Hochmoor ist extrem arm an Pflanzen- zurückgekehrt. Moore sind zudem Rückzugsge- nährstoffen wie Stickstoff. In der Stadt kommen biete für Libelle wie Moosjungfern, die Rote und jedoch auf jeden Hektar Fläche 40 Kilogramm die Schwarze Heidelibelle und für Schmetterlin- Stickstoff pro Jahr allein aus der Luft – vor allem ge wie die Bläulinge. aus Autoabgasen. Von dieser Düngung profitieren die „Unkräuter” 26 Moorfrosch
Im Gegensatz zu den von Regenwasser ge- speisten, sauren Hoch- und Übergangsmoo- ren sind die vom stagnierenden Grundwasser geprägten Niedermoore nährstoffreicher und weniger sauer. Dort dominieren Pflanzen der Röhrichte, Rieder, Brüche und Nasswiesen. Sonnentau AUF WASSER i GEBAUT Tipp Naturschutzgebiet Wittmoor – mit dem Bus ab S-Bahnhof Poppenbüttel bis zur Halte- stelle „Tannenhof”. Vom Tannenhof rechts in den Huulkamp und links in den Bilenbarg, dann links in die Straße „Unter den Tannen” einbiegen und am Ende rechts den Feldweg nehmen. 27
Sümpfe und Röhrichte In weiträumigen Sumpf- und Röhrichtgebieten geht ein. In den Folgejahren werden dann in den wie in der Reit laichen Amphibien und speziell so entstandenen Röhrichtlücken zahlreiche dün- an diesen Lebensraum angepasste Vögel ne Halme gebildet, die für die Verpuppung der halten sich hier versteckt. Zur Brut- Raupen zu eng sind, so dass sie absterben. Auf zeit ertönen aus dem Schilf das an diese Weise wird die Eulenpopulation dezimiert Heuschreckenzirpen erinnernde und kann nicht das ganze Schilf-Röhricht ver- Sirren des Rohrschwirls, das nichten. Gemischte Röhrichte aus Schilf, Rohr- Scharren und Knarren des kolben und Teichsimse finden sich an den Ufern Teichrohrsängers und der von Gewässern, wo sie oft zusammen mit dem Warnruf der Rohrweihe. purpurrot-blühenden Blutweiderich und dem Großflächige Röhrichte sind duftenden Mädesüß einen Verbund bilden. durch einen artenarmen und eher Die für die Elbmarsch typischen Röhrichte in der monoton wirkenden Pflanzenbe- Verlandungszone von Bracks sind zum großen stand gekennzeichnet – eine „natürliche Teil landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Nut- Monokultur“. Ein typischer Vertreter zung zum Opfer gefallen. Trotzdem finden sich dieser Flora ist das Schilf mit seinem Röhrichte auch heute noch vielfach an den Ufern hohen und hohlen Stängel. In die- von Fließ- und Stillgewässern. sen Stängeln lebt eine Vielzahl von Gerade ungestörte und ausgedehnte Röhrichte Insektenarten, die aufgrund ihrer bilden einen derart wertvollen Feuchtlebensraum, Entwicklung auf einen solchen dass ihnen ein eigener gesetzlicher Schutz zu- Lebensraum angewiesen kommt. Ähnliches gilt für Sümpfe, in denen eine sind. Zu ihnen gehören abwechslungsreichere Vegetation zu finden ist auch die Schilfeulen, Nacht- und die dadurch ebenfalls viele gefährdete Arten falter, deren Raupen fressend beherbergen. So brüten zum Beispiel Kraniche in in den Halmen zur Wachstums- den unzugänglichen Sümpfen des Duvenstedter zone des Schilfrohres klettern Brooks. und diese zerstören. Der Halm 28 Teichrohrsänger
GESÄNGE AUS DEM DICKICHT i Blutweiderich Tipp Im Frühjahr zum Vogelsang in das Natur- schutzgebiet „Die Reit“ in Reitbrook. • mit dem Auto: von der A25 Abfahrt Aller- möhe, nach Süden über den Allermöher Deich bis zur Kirche, rechts die Kirchen- brücke über die Dove-Elbe, rechts in den Vorderdeich, an der Straße Reitdeich parken oder weiter in den Reitbrooker Westerdeich bis zum Info-Haus. • mit dem Fahrrad: vom S-Bahnhof Mittlerer Landweg über die Straße Mittlerer Landweg, die A25 überquerend zum Allermöher Deich, weiter siehe oben. 29
Rieder Nur Fachleute können sie unterscheiden: Seggen Biotope dieser Art sind in Hamburg selten. und Simsen, verschiedene Arten von Sauergrä- Sie bergen zahlreiche gut an sie angepasste sern, die an feuchten und eher sauren Stand- Arten wie nur millimetergroße Wanzen und orten gedeihen. Rieder wachsen beispielsweise Zikaden. Eine Heuschrecke, die tagaktive Kurz- in den Zonen, in denen das Röhricht am Ufer flügelige Schwertschrecke, macht sich durch des Sees in feuchtes Grünland übergeht. In ihren hohen und zarten, langanhaltenden Gesang nassen Zeiten können die kräftigen Horste der bemerkbar, der – mal stärker, mal schwächer – bis zu drei Meter hohen Großseggen wie der wie das Geräusch beim Messerschleifen klingt. Rispen-Segge allseits von Wasser umspült sein. Aufgrund ihrer perfekten Tarnung ist sie kaum zu Hier kann man zwischen den Gräsern des Rieds entdecken. Letzteres gilt auch für den Wachtel- auch den Sumpf-Schachtelhalm finden, eine könig, der hauptsächlich während der Dunkelheit altertümliche Pflanze mit dickem Stängel, um „kreksend” aus dem Moorgrünland ruft. den herum bei den ausgewachsenen Pflanzen Rieder entstehen entweder durch Verbrachung die zarten Seitenäste in Etagen angeordnet sind. von Feucht- und Nasswiesen, deren Nutzung Im Gegensatz zum Röhricht besteht ein Ried aufgegeben wurde oder als bultiges Großseg- überwiegend aus größeren und kleineren Sauer- genried durch Verlandung von Teichen und gras-Arten. Ähnlich wie beim Röhricht werden im Weihern. Werden die Rieder entwässert, ver- Laufe der Entwicklung eines Rieds einige wenige armt die Vegetation und verbuscht allmählich. Arten dominant und kennzeichnen die Pflanzen- Auf landwirtschaftlichen Flächen sind sie durch gesellschaft dieses Rieds. Drainage und anschließende Grünlandnutzung gefährdet. Kurzflügelige Schwertschrecke 30
SELTEN UND UNERSETZLICH i Tipp Großseggenried im Moorgürtel zwischen dem Torfgraben im Osten und der Straße Dritte Meile im Westen, südlich Francoper Moor und östlich Vierzigstückenmoor. Eine kleine Fahrrad-Tour: von S-Bahnsta- tion Neugraben über den Gleisstieg nach Westen bis zur Straße Am Aschenland, diese entlang, nach der Links- Biegung den 1. Weg rechts hineinfahren, nach ca. 700m auf der T-Kreuzung links weiter, nach ca. 400m den 2. Weg rechts hinein, auf der rechten Seite nach ca. 200m beginnt die Fläche des Rieds. Wachtelkönig 31
Nasswiesen Der Sommer ist bunt: gelber Hahnenfuß zwi- besser durch ein „Meckern“ zu hören. Dieses schen Matten von weißem Wiesen-Schaum- Brummen erzeugt der Vogel beim Sturzflug kraut und Horsten von Binsen. Zwischen den mit dem Vibrieren der Schwanzfedern. Hier Blüten tummeln sich weiße, gelbe, blaue Falter. vollführt auch der Kiebitz s eine a krobatischen Feuchte bis sumpfige Weiden, Wiesen oder Balzflüge, oft schon Ende März. In der Nähe Senken sind reich auch an seltenen Pflanzen. von Wasserflächen schleichen sich scheue Hier blühen die Schachblume, das Breitblätt- Ringelnattern an ihre Beute: Frösche, Molche rige Knabenkraut – eine Orchideenart –, die und Kröten. Diese sind auch eine Hauptspeise Kohldistel und die Sumpf-Kratzdistel. Die Blü- des Weißstorches, den man vor allem in den ten locken eine vielfältige Insektenfauna aus Vier- und Marschlanden – auf den Nasswiesen Heuschrecken, Hummeln, Schwebfliegen und herumstolzierend – beobachten kann. Schmetterlingen an. Auf Nasswiesen brüten In den Hamburger Marschen die Uferschnepfe mit ihrer rostfarbenen waren solche Wiesen frü- Brust, die B ekassine und das Braunkehl- her typisch. Heute sind chen. Der Balzflug der Bekassine die meisten Nasswiesen ist in der Dämmerung kaum durch Entwässerung zu sehen, aber umso und Düngung zu- 32 Weißstorch
rückgedrängt worden. Ein großer Teil des Grünlandes in der Marsch ist heute soweit trockengelegt und durch intensive Bewei- dung so stark verdichtet, dass sich keine Nasswiesenflora mehr ausbilden kann. Weitere Vorkommen von Nasswiesen sind auf Stauwasser geprägten Böden der Geest beispielsweise in Volksdorf zu finden. i Tipp SCHMETTERLINGE Teichwiesen in Volksdorf gegenüber vom ÜBER U-Bahnhof Volksdorf. BUNTEN BLÜTEN 33 Bekassine Breitblättriges Knabenkraut
Quellbereiche Leise blubbernd tritt kühles klares Wasser rostige Farbe in einigen Quellbereichen hat aus dem Waldboden hervor. Die Hang- und übrigens nichts mit Verschmutzung zu tun. Im Sickerwässer im Alstertal und Bergstedt Gegenteil, das Wasser, das aus den oft lehmi- sowie der Quell-Topf am Liet-Barg im Natur- gen Hängen quillt, ist sauberes, aber eisen- schutzgebiet Boberg gehören zu den wenigen haltigen Grundwasser. Unter Mitwirkung von natürlichen Wasseraustritten auf Hamburger Bakterien wird das Eisen oxidiert und lagert Gebiet. sich in orangegelben Flocken entlang des ent- Durch fortgeschrittene Versiegelung und standenen Baches ab. Drainage sind viele Quellen leider schon ver- schwunden. Da in den Quellsümpfen aber eine charakteristische und seltene Flora aus Bit- terem Schaumkraut, Quellmoosen, Milzkraut, Brunnenkresse, Bachbungen-Ehrenpreis, Wasserdost und Wildprimeln wächst, gehören sie zu den schützenswertesten Biotopen überhaupt. Die Grasfrosch 34
WO DAS GRUNDWASSER SPRUDELT i Milzkraut Tipp Hangquellen im Naturschutzgebiet Hainesch-Iland im Bereich des Haingrabens. Vom U-Bahnhof Volksdorf mit dem Bus bis zur Haltestelle „Iland”, von der Straße Iland rechts ins Heindaal, dann links in den Wanderweg. Mit dem Auto: Bergstedter Chaussee bis Iland. • Quellen am nordöstlichen Rand des Naturschutzgebietes Boberg. Vom U-Bahnhof Mümmelmannsberg mit dem Bus bis zur Haltestelle „Boberg”, von dort in die Straße Unterberg. Mit dem Auto: Bergedorfer Straße (B5) bis Unterberg. Hinweis: Quellbereiche sind hochempfind- lich und sollten nur von den Wegen aus betrachtet werden. 35
Offene Binnendünen Am Fuße der Dünen räkelt sich eine Bikini Die offenen Sandflächen sind auch die Heimat schönheit. Sie schaut dem Beachvolleyballspiel der Ameisenjungfer. Dessen Larve, der Amei- zu. Sylt? Wir sind in den Boberger Dünen, senlöwe, baut anderen eine Grube. Ameisen einem sensiblen Lebensraum, den wir beson- rutschen in den sandigen Trichter, an dessen ders rücksichtsvoll behandeln sollten. Auch tiefstem Punkt der Fallensteller auf seine wenn die offenen Sandflächen der Dünen auf Beute lauert. den ersten Blick unwirtlich wirken, sind sie ein Wie die Dünen an der Küste sind Binnendü- bedeutsames Biotop. Das Leben spielt sich hier nen durch den Wind entstandene Sandan- im Untergrund ab. Zahlreiche Insektenarten häufungen entlang des Elbtales. Der Sand bevölkern den lockeren Sand. Sand- und andere stammt hier aus der Elbe. Die Boberger Düne Grabwespen legen ihre Brutröhren im sonnen- ist einer der letzten Reste einer einst ausge- durchwärmten Boden an. Ihre unterirdischen dehnten Dünen-Landschaft am Nordrand des Bauten sind extrem trittempfindlich. Diese Elbe-Urstromtales. Große Teile der Binnendü- wärmeliebenden Wespen sind auf die offenen nen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Dünenflächen angewiesen. Nur hier im warmen zur Aufhöhung der Stadtteile Hammerbrook Sand können ihre Larven sich entwickeln. Daher und Billbrook abgetragen. An anderer Stelle, ist im Naturschutzgebiet Boberger Niederung eine ungehinderte Freizeitnutzung nur auf bestimmten Flächen erlaubt. Ameisenjungfer 36
oberhalb des Rissener Elbufers, wurden weite Bereiche der offenen Binnendünen durch Aufforstung mit Kiefern zerstört. Heute zeigt sich in der Boberger Niederung der Konflikt zwischen dem Bedürfnis vieler Städter nach Erholung und den Erfordernis- sen des Naturschutzes. Spaziergänger und Radler sollten unbedingt beachten, dass die Binnendüne unter Naturschutz steht und außerhalb der Wege nicht betreten werden darf. Sie zerstören sonst die empfindlichen Nester der Insekten. Ameisenlöwe DIE WÜSTE i LEBT Tipp Naturschutzgebiet Boberger Niederung • Mit der U3 bis zur Haltestelle Billstedt, von dort mit dem Bus bis zur Haltestelle Am Langberg. Von dort 15 Minuten Gehweg über Schulredder und Boberger Furt zum Info-Haus. 37
Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen Hoch über uns trillert eine Lerche. Ginsterbü- Teilen der Fischbeker Heide leben 2500 Klein- sche leuchten grellgelb. Ein Bläuling flattert tierarten, beispielsweise Feldlaufkäfer und die vorbei, eine Eidechse verschwindet im Heide- Gefleckte Keulenschrecke. Im Herbstmorgen kraut. Die Heide, wie Spaziergänger sie lieben, ist die Besenheide großflächig von Spinnweben ist entstanden durch menschliche Nutzung der überzogen – hier kommen 140 Spinnenarten Landschaft. Die Pflanzen dienten als Stallstreu, vor. Dünger oder zur Besenherstellung, daher der Durch Bebauung, landwirtschaftliche Nut- Name Besenheide. Heidschnucken-Herden lie- zung und Aufforstung ist in den vergangenen ferten Fleisch, Milch und Wolle. Die Heidschnu- Jahrhunderten viel Heide verloren gegangen. cken erhalten und pflegen die Heide. Die verbliebenen Heideflächen auf Hamburger Besenheide braucht ständige Verjüngung, sonst Gebiet sind überwiegend in Naturschutzgebie- stirbt sie ab. Da es die ursprünglich bäuerliche ten geschützt. Borstgrasrasen sind in Hamburg Nutzung nicht mehr gibt, ist es eine Aufgabe kleinflächig zwischen Heide-Arealen einge- des Naturschutzes, diese alte Kulturlandschaft streut. Dieses kleine, in Horsten wachsende zu erhalten. Was die Heidschnucken nicht Gras besiedelt als eine der ersten Pflanzen schaffen, übernehmen heute die Menschen: magere, kalkarme Böden. Die Borstgrasrasen die Mahd, die Aussaat und das Entkusseln, das sind ein beliebter Aufenthaltsort für Feldheu- Entfernen der jungen Bäume. Die Heide ist die schrecken. Heimat von seltenen Reptilien. Hier sonnen sich abseits der Wege Kreuzotter, Zauneidech- se und Blindschleiche. Die Zauneidechse ist an ihrem geometrischen Muster aus dunklen Flecken mit hellen Augenpunkten zu erkennen, die giftige – und sehr scheue! – Kreuzotter am Zickzackmuster. Auch der Geisklee-Bläu- ling braucht diesen Lebensraum, seine Raupen leben an der Besenheide. In den trockenen Zauneidechse 38
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