Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche

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Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
UMWELT

         Demnächst wird im Parlament über eine Gesetzesrevision debattiert, mit der invasive Neophyten wie der Götterbaum (oben) und der
         Japanische Staudenknöterich (rechts) konsequenter bekämpft werden sollen. Fotos: Shutterstock / Iva Villi; Urs Rüttimann

         Neobiota: Pflicht
         zur ­Schadensbegrenzung
         Die Zahl der invasiven gebietsfremden Arten nimmt in der Schweiz zu. Mit neuen Rechtsvorschriften und
         einem umfassenden Management will man Neobiota überwachen, eingrenzen und bei drohendem Schaden
         tilgen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die kantonale Plattform «Cercle Exotique». Text: Urs Rüttimann

         Mit eingeschleppten invasiven Neophyten             Neobiota, so die übergeordnete Bezeich-        CE unter anderem über die Bekämpfung
         und Neozoen befassen sich vor allem Ex-          nung für gebietsfremde Pflanzen und Tie-          invasiver Neobiota aus und bringen ihre
         perten. Auch erhalten die Verantwortlichen       re, sind Begleiterscheinungen des globalen        Inte­ressen gegenüber dem Bund ein. Jar-
         von Unterhaltsdiensten, die Gemeinde- und        Handels, des Tourismus und des Klima-             dinSuisse ist Mitglied der CE-Arbeitsgruppe
         Kantonsbehörden sowie die Gärtner regel-         wandels. Insbesondere invasive Vertreter,         «Vollzug der Grünen Brache» und vertritt
         mässig Informationen zu diesem Thema.            die erwiesenermassen Schäden anrichten,           die Interessen der Gärtner. Mit der The-
         In der Bevölkerung ist die Problematik der       sollten unverzüglich bekämpft oder besser         matik der gebietsfremden Arten setzen sich
         Neobiota hingegen nur wenigen bekannt,           bereits mit Prävention und Monitoring ein-        auf kantonaler Ebene ausserdem die Natur-
         wie Studien zeigen. Dabei liefern lokale         gedämmt werden. Dieses Anliegen vertraten         schutzfachstellen (KBNL) und die Konfe-
         Ereignisse genügend Anschauungsmate-             an der Online-Tagung von «Cercle Exo-             renz der kantonalen Pflanzenschutzdienste
         rial, wie ein Befall sich auswirken kann:        tique» Wissenschaftler sowie Fachleute aus        (KPSD) auseinander.
         Gebietsfremde invasive Arten können in           Behörden und Wirtschaft. 300 Zuhörer und            Neben kantonsübergreifenden Orga-
         einer neuen Umgebung grossen Schaden             40 Referenten nahmen an der Tagung teil.          nisationen sind CE drei Arbeitsgruppen
         anrichten, beispielsweise durch Verdrängen                                                         angegliedert: Die Arbeitsgruppe «Neophy-
         der einheimischen Vegetation oder durch          Durchdachte Organisation                          tenmanagement» versucht mit Umfragen
         Ernteausfall in der Landwirtschaft. Weltweit     «Cercle Exotique» (CE) ist der neue N
                                                                                              ­ ame         Wissenslücken ausfindig zu machen und
         setzen invasive Neophyten und Neozoen            für die Arbeitsgruppe für invasive Neo-           zu schliessen sowie die Meinungsbildung
         die einheimische biologische Vielfalt fast       phyten (Agin), zu der sich die kantonalen         voran­zutreiben. Im Fokus steht der Vollzug
         gleich stark unter Druck wie der Mensch          Neobiota-Fachleute zusammengeschlossen            der Prävention und Bekämpfung. Die Fach-
         mit der Zerstörung von Biotopen, wie die         haben. Vergleichbar mit anderen «Cercles»,        leute suchen in ihren Kantonen nach den
         «International Union for Conservation of         beispielsweise zu den Themen Wasser, Luft         besten Lösungsansätzen, arbeiten Merkblät-
         Nature» warnt.                                   und Lärm, tauschen sich die Fachleute von         ter und Empfehlungen aus und gewährleis-

   24       7/2021
Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
ther von der Abteilung Biodiversität und
                                                                                            Landschaft des Bundesamtes für Umwelt
                                                                                            (Bafu).
                                                                                               Der Entwurf des neuen USG basiert auf
                                                                                            der vom Bafu ausgearbeiteten «Strategie
                                                                                            der Schweiz zu invasiven gebietsfremden
                                                                                            Arten», die im Mai 2016 vom Bundesrat
                                                                                            gutgeheissen wurde. Sie ist als Stufenkon-
                                                                                            zept ausgearbeitet. Unterteilt wird dabei in
                                                                                            nicht invasive und invasive gebietsfremde
                                                                                            Arten. Zudem stuft das Konzept die Bekämp-
                                                                                            fung nach den Kriterien Schadensausmass,
                                                                                            Verbreitung und nach den zur Verfügung
                                                                                            stehenden Bekämpfungsmassnahmen ein:
                                                                                            –– A: Schadensvorbeugung durch Selbstkon-
                                                                                               trolle
                                                                                            –– B: Schadensverhütung durch vorschrifts-
                                                                                               und anweisungsmässigen Umgang
                                                                                            –– C: Eindämmung durch inhaberverbind-
                                                                                               lichen Unterhalt
                                                                                            –– D1: Tilgung mit dem Ziel der vollstän-
                                                                                               digen Beseitigung auf der gesamten Lan-
                                                                                               desfläche
                                                                                            –– D2: Eindämmung in Befallszonen und
                                                                                               Tilgung ausserhalb von Befallszonen

                                                                                            Kampf gegen die Ausbreitung
                                                                                            Für die gebietsfremden Arten hat der Bund
ten den Austausch geprüfter Massnahmen.       Neues Gesetz zur Bekämpfung                   ein Expertengremium zusammengestellt.
Darüber hinaus will die Arbeitsgruppe den     Die Revision des Umweltgesetzes (USG) soll    Dieses Gremium überwacht, aktualisiert
betrieblichen Unterhalt von Strasse und       unter anderem bessere Grundlagen für den      und untersucht einerseits die Ausbreitung
Schiene sowie das Vorgehen der Land- und      Handel mit gebietsfremden Pflanzen und die    von Neophyten und Neozoen. Andererseits
Forstwirtschaft und der Branchenverbände      Bekämpfung invasiver Neophyten schaffen.      bemüht es sich, neue Arten im Wissensaus-
koordinieren.                                 Ausserdem verlangt eine 2020 von beiden       tausch mit anderen Staaten frühzeitig zu
   Die Arbeitsgruppe «Vollzug Grüne Bran-     Kammern des Parlaments angenommene            erkennen, um sie bei Befall in der Schweiz
che» befasst sich hauptsächlich mit der       Motion (Nationalrätin Claudia Friedl/SP       frühzeitig zu lokalisieren. Für die invasi-
Kontrolle der Betriebe und dem Strafmass      St. Gallen), dass der Bundesrat beauftragt    ven gebietsfremden Arten hat der Bund ein
bei Nichteinhalten von Vorschriften. Über     wird, «die rechtliche Diskrepanz von inva-    Entscheidungsmodell für eine Priorisierung
die Kantonsgrenzen hinweg versucht sie,       siven Neophyten und deren Bekämpfung          entwickelt. Eingeschätzt wird die Gefahr
Massnahmen und Regeln zu harmonisieren.       aufzulösen und den Verkauf aller invasiver    eines Neobionten nach den zuvor genann-
Zusätzlich gewährleistet sie den Wissen-      Neophyten zu verbieten»*.                     ten Kriterien des Stufenkonzepts. Je nach
stransfer von den Experten über die Behör-                                                  Art werden spezifische Ziele ausgearbeitet,
den und Verbände bis hin zu den Garten-                                                     wie sie verhältnismässig und effizient ein-
bauern und Landschaftsarchitekten.              «­Neophyten sind nicht                      gedämmt oder bekämpft werden.
   Fragen, wie gebietsfremde Organismen         nur invasiv»                                  Das Bafu trägt die neuen Fachinformatio­
erfasst und ihr mögliches Schadpotenzial        Mehr zum Thema Seite 26
                                                                                            nen über Neobiota, die sich in der Schweiz
ermittelt werden kann, klärt die Arbeits-                                                   etablieren konnten, laufend zusammen.
gruppe «Monitoring». Mit breit angelegten                                                   «Aktuell gehen wir von rund 1400 gebiets-
Beobachtungen aus der Bevölkerung und                                                       fremden Arten aus. Davon sind nur 185
von Experten sollen invasive gebietsfrem-       Der vom Bundesrat ausgearbeitete            gebietsfremd und invasiv», sagt Walther.
de Organismen früh erkannt werden und         Revisions­entwurf zum USG verfolgt das        Diese sind gemäss dem zuvor aufgeführten
eine Verbreitung soll möglichst schon lokal   Ziel, mit neuen Vorschriften invasive ge-     Stufenkonzept klassifiziert als B, C, D1 und
unterbunden werden. Datenzentralen mit        bietsfremde Organismen besser zu verhü-       D2. In den nächsten Wochen kommen ver-
exakten Standortmeldungen sollen den In-      ten, zu bekämpfen und zu überwachen.          mutlich 40 weitere Arten hinzu, allerdings
formationsaustausch zu den zuständigen        Die Vernehmlassung zur Revision wurde         noch ohne Einstufung zwischen B bis D2.
Vollzugsstellen der Kantone gewährleisten.    im September 2019 abgeschlossen, und mo-
Die nationalen Daten- und Informations-       mentan überarbeitet das Departement für
zentren sind:                                 Umwelt, Verkehr, Energie und Kommuni-         * Die Liste der invasiven Pflanzen wird bei
–– Info Species: www.infospecies.ch           kation (Uvek) den Gesetzesentwurf. «Der       Inkrafttreten des neuen Umweltschutzgesetzes
                                                                                            angepasst.
–– Info Flora: www.infoflora.ch               Bundesrat soll noch im Jahr 2021 über diese   Aktuelle Informationen über invasive Neophyten:
–– Info Fauna: www.cscf.ch                    Gesetzesvorlage zuhanden des Parlaments       www.jardinsuisse.ch→Umwelt→invasive Neophyten
–– SwissFungi: www.swissfungi.wsl.ch          entscheiden können», sagt Gian-Reto Wal-      Web mit Broschüre: www.neophyten-schweiz.ch

                                                                                                                                   7/2021   25
Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
UMWELT

         Neophyten sind
         nicht nur invasiv
         Invasive Neophyten verdrängen in der freien Natur eine lokale
         Vegetation. Als Alternative ist in Siedlungen eine Gestaltung von
         Grünfläche und Gärten mit einheimischen Pflanzen erwünscht.
         Doch nicht ausschliesslich: Die Klimaerwärmung hat die Ökologie
         bereits so weit verändert, dass über angepasste Bepflanzungen
         auch mit kultivierten und gebietsfremden Arten nachgedacht
         werden muss. Text: Urs Rüttimann

         Die Gärtnerbranche wurde in den vergan-        timent und vernichten sie.» Weber kennt
         genen Jahren verpflichtet, verschiedene        allerdings auch Händler und Käufer, die
         Rechtsvorschriften zu invasiven Neophy-        solche Pflanzen nach wie vor beziehen und
         ten umzusetzen. «JardinSuisse instruierte      pflanzen. Verboten ist dies nicht; zurzeit gilt
         die Gärtner, wie sie invasive Neophyten be-    für sogenannte Neophyten mit invasivem
         kämpfen können», sagt Hans-Ruedi Weber,        Potenzial nur die Informationspflicht: Auf
         der im Fachvorstand Baumschulen für den        der Verkaufsetikette muss deklariert werden,
         Bereich Umwelt zuständig ist und zuvor in      dass solche Pflanzen die Natur gefährden
         der Umweltkommission des Verbandes tätig       und ihr Wuchs in der Siedlung kontrolliert
         war. Für verschiedene invasive Pflanzenar-     werden muss.
         ten sind Methoden zur Tilgung vorhanden.          Seit 2005 hat JardinSuisse schriftliches In-   oft nur beiläufig behandelt oder dann zum
           Die Gärtnereien und Gartencenter bieten      formationsmaterial wie Broschüren, Plakate        Opfer gegenseitiger Interessen, obschon Ge-
         gemäss Weber Kunden, die invasive Pflan-       und Merkblätter zur Problematik der in-           staltung und Ökologie keine Widersprüche,
         zen aus Unkenntnis kaufen wollen, eine         vasiven gebietsfremden Pflanzen erarbeitet        sondern eine Chance wären. Der Berufsver-
         Vielzahl von Ersatzpflanzen an. Auch die       und die Webseite www.neophyten-schweiz.           band BSLA hat deshalb 2019 das «Positions-
         Gartenlandschaftsbauer kennen die Proble-      ch geschaffen. Seit 2008 werden zusätzlich        papier Biodiversität» veröffentlicht. «Der
         matik der invasiven Neophyten und können       Kurse dazu angeboten. Weber ist überzeugt:        Biodiversität ist in der Interessenabwägung
         beraten, was, wo, in welchem Boden gedeiht     «Gärtner sind heute stark sensibilisiert auf      mehr Gewicht zu geben», hält Wullschle-
         und wie viel Pflegeaufwand eine Pflanzung      die Problematik der invasiven Neophyten.          ger fest. «Dies ist auch notwendig, weil die
         erfordert. «Zusätzlich soll die Pflanzenwahl   Sie tragen dazu bei, invasive gebietsfremde       Leistungen der Natur erheblich zum Funk-
         vielseitig sein», nennt Weber einen weiteren   Pflanzen einzudämmen.»                            tionieren von Städten beitragen, etwa bei
         wichtigen Aspekt. «Je mehr einheimische                                                          Themen wie Stadtklima, Hochwasserschutz,
         Pflanzen, Kulturpflanzen und Obstgehöl-        Siedlungen mit mehr Biodiversität                 Erholung und Wohlbefinden.»
         ze nebeneinander verwendet werden, desto       Gefordert sind auch die Landschaftsarchi-            Damit sich die Biodiversität in Stadt und
         besser ist das für die Biodiversität.»         tekten. «Je weniger ökologische Vielfalt in       Landschaft künftig besser entfalten kann,
                                                        Feld, Wald und Wiesen zu finden ist, desto        müssen Landschaftsarchitekten gemäss Po-
         Sortiment ohne invasive Neophyten                                                                sitionspapier die Artenvielfalt, die Vernet-
         JardinSuisse empfiehlt Gärtnereien, Baum-                                                        zung und die Durchlässigkeit der Räume
         schulen und Gartencentern, invasive Neo-                                                         bewusst planen. Nur so können sie gemäss
         phyten möglichst nicht mehr zu verkaufen.        «­Neobiota: Pflicht                             BSLA die Artenvielfalt aktiv fördern. Die Ge-
         «Die meisten invasiven Neophyten sind in         zur Schadensbegrenzung»                         staltungsplanung einer Überbauung muss
         den vergangenen Jahren aus dem Sortiment         Mehr zum Thema Seite 24                         sich dazu auf natürliche Prozesse abstützen.
         entfernt worden», berichtet Weber, der in                                                        Ebenso sollten traditionelle Garten- und
         der Geschäftsleitung der Hauenstein AG                                                           Naturbilder auf tatsächliche Naturnähe
         ist und die Pflanzenproduktion leitet. Auch                                                      überprüft werden, damit wirklich Lebens-
         weil eine mittlerweile sensibilisierte Kund-   wichtiger wird der Beitrag von Siedlungen         räume für viele Pflanzen- und Tierarten ge-
         schaft solche Pflanzen gar nicht mehr kauft:   und Städten», sagt Peter Wullschleger, Ge-        schaffen werden. Dazu sind bei der Wahl der
         «Der Kirschlorbeer und die Hanfpalme bei-      schäftsführer des Bundes Schweizer Land-          Pflanzen bisherige Routinen zu hinterfra-
         spielweise werden kaum noch nachgefragt.       schaftsarchitekten und Landschaftsarchi-          gen, wie der BSLA-Geschäftsführer auffor-
         Die meisten Gärtnereien nehmen Pflan-          tektinnen (BSLA). Die Biodiversität werde         dert. Klar zu unterscheiden sei insbesondere
         zenarten ohne Absatz schnell aus dem Sor-      jedoch in der Stadt- und Projektplanung           zwischen gebietsfremden und invasiven ge-

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Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
SCHWERPUNKTRUBRIK
Links: Die invasive kanadische Goldrute kam um 1650 von Nordamerika nach Europa und beeinträchtigt heute die Biodiversität. Foto: Wikimedia / Muriel Bendel
Rechts: Der Sonnenhut stammt ebenfalls aus Nordamerika und ziert die Gärten in Mitteleuropa. Foto: Urs Rüttimann

bietsfremden Arten: «Im extremen Stadtkli-          die Qualität sowie den Wert eines Freiraums          aufgeschalteten Webplattform floretia.ch
ma sind heimische Arten nicht immer die             langfristig zu erhalten.»                            Verkaufsstellen aufgelistet und Pflegetipps
standortgerechte Wahl. Kultivierte Arten                                                                 zusammengestellt. «Das kostenlose Infor-
und Neophyten sind eine Chance.»                    Wildpflanzen als Alternative                         mationsangebot zu Wildpflanzen richtet
   Neuen Pflegekonzepten spricht er in              Für eine Gestaltung mit Wildpflanzen statt           sich beiderseits an Privatpersonen und Gar-
einer solchen Stadtnatur eine besondere             mit Neophyten setzt sich der Verein Flore-           tenprofis», so Balmer.
Bedeutung zu. Gleichzeitig müsse disku-             tia ein. «Wir schlagen auf unserer Website              Mit «Floretia+» realisiert der Verein ein
tiert werden, dass Biodiversität nicht kos-         für jeden Standort in der Schweiz passende           weiterführendes Projekt zur Beurteilung
tenlos sei, aber für die Wirtschaft und für         Wildpflanzen und Strukturen vor», sagt Da-           eines Bepflanzungsplans, das unter ande-
die Gesellschaft wertvoll: «Differenzierte          niel Balmer, der Geschäftsleiter von Flore-          rem das Bundesamt für Umwelt sowie die
Pflegekonzepte helfen Kosten zu sparen und          tia. Zusätzlich sind auf der vor zwei Jahren         Kantone Zürich und Aargau mitfinanzie-

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Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
ren. Dieses Instrument soll vor allem von       Schatten und Kühlung und übernehmen            –– Baumarten mit hoher Biodiversität geben
Gartenbauern und Landschaftsarchitekten         Funktionen der Gestaltung, filtern den            die Stadtgärtner den Vorzug.
genutzt werden können, aber auch von Bau-       Feinstaub, speichern Wasser, produzieren       –– Die Baumvielfalt fördern sie gezielt mit
herren und Architekten. Voraussichtlich ab      Sauerstoff und schützen vor Lärm.                 Mischalleen anstelle von Monokulturen.
Juli wird das Webangebot nach Testläufen           «Tendenziell sollten aufgrund der verän-    –– Ebenso bepflanzen sie die Baumscheiben
unter anderem mit Gemeinden, kantona-           derten Standortkriterien vermehrt ‹Exoten›        vielfältig.
len Stellen und Firmen aufgeschaltet sein.      gepflanzt werden», wünscht sich Hans-Jürg      –– Bei der Auswahl beziehen die Stadtgärtner
    «Floretia+» greift auf das für die Web-     Bosshard. Der Projektleiter von Grün Stadt        vermehrt Wildformen ein.
plattform des Vereins bereits aufbereitete      Zürich verweist dazu auf die Standortfakto-    –– Invasive Neophyten dürfen keine mehr
Wissen zu und verwertet es für die Beurtei-     ren, die sich durch die Klimaerwärmung in         verwendet werden.
lung geplanter Bepflanzungen. «Das Tool         den vergangenen Jahren deutlich verändert
kann die Bepflanzung auf die Standortge-        haben. Für die heimischen Baumarten hat        Erwärmung begünstigt Neophyten
rechtigkeit und den ökologischen Wert über-     dies Auswirkungen: «Wir sind gezwungen,        «Die Neophyten nehmen seit dem Jahr
prüfen sowie auf invasive Neophyten und         bei der Auswahl von Stadtbäumen darauf         1800 ungebremst zu», sagt Niklaus Zim-
andere Problempflanzen wie beispielsweise       zu reagieren. In Zürich haben wir mittler-     mermann, Mitarbeiter der Eidgenössischen
Weideunkräuter oder Feuerbrandüberträger        weile ein Steppenklima.» Zusätzlich wur-       Forschungsanstalt Wald, Schnee und Land-
hinweisen», führt Balmer aus. Ebenso liefert    den mit dem globalen Pflanzenhandel neue       schaft (WSL) und Professor am Departe-
es automatisch ein Feedback, fragt allenfalls   Schädlinge in die Schweiz eingeschleppt, die   ment Umweltsystemwissenschaften der ETH
nach den präzisen Namen der Pflanzenarten       keine Fressfeinde haben und sich deshalb       Zürich. Die Ursache dafür ist der Mensch.
und schlägt Alternativen zu den weniger         ungehindert vermehren können. Um öko-          Zumeist gelangen Neophyten über den Han-
passenden oder problematischen Pflanzen         logische Gleichgewichte zu erhalten und        del in Gärten. Von dort können sie sich
vor. Der Arbeitsaufwand, um die Pflanzlis-      die Artenvielfalt zu fördern, hat Grün Stadt   in die Landschaft ausbreiten, je nach Art
te mitsamt der Postleitzahl und gewissen        Zürich einen Biodiversitätsindex für Bäume     invasiv vermehren und in der neuen Um-
Standortparametern (fakultativ) hochzu-         erarbeitet. Im Index aufgelistet sind sowohl   gebung die angestammte lokale Vegetation
laden, beträgt gemäss dem Geschäftsführer       heimische Stadtbäume als auch erprobte         zerstören.
von Floretia zwei bis fünf Minuten. «Gar-       «exotische» Zukunftsbäume*.                      Ob dabei bereits auch der Klimawandel
tenbauer und Landschaftsarchitekten kön-           Damit der richtige Baum am richtigen Ort    eine Rolle spielt, beantwortet Zimmermann
nen so ihre Projekte ökologisch verbessern,     gepflanzt wird, orientiert sich das Zürcher    mit einem Ja, wenn dies auch für die ein-
ohne dass sie grosse ästhetische Änderungen     Grünamt an 50 Bewertungsfaktoren. Die          zelne Art noch nicht präzis nachgewiesen
am Konzept vornehmen müssen.»                   Liste der verwendeten Bäume ist in den ver-    werden kann. Die Evolution von Pflanzen
                                                gangenen Jahren von 74 Baumarten auf 110       bei Erwärmung jedoch ist erforscht: Viele
Klimawandel setzt Zwang für «Exoten»            erweitert worden. Hinzugekommen sind 5         Pflanzenarten werden durch eine zu kalte
Soll die Biodiversität im Siedlungsraum         in anderen Städten verwendete Arten und        Temperatur in der Ausbreitung limitiert oder
gefördert werden, verdienen insbesondere        33 Klimabäume. Übergeordnet richten sich       überleben in der Winterhärtezone nicht.
die Stadtbäume Beachtung. Dem Wachs-            die Wahl, die Planung und die Pflege der       Sobald die Temperaturen jedoch steigen,
tum und der Gesundheit der Bäume setzen         Stadtbäume nach den Grundsätzen:               werden neue Pflanzen aus wärmeren Regio­
die engen Verhältnisse im bebauten Raum         –– Alte Bäume sollen möglichst erhalten        nen begünstigt, robust anzuwachsen, zu
Grenzen. Doch möglichst viele Stadtbäume           bleiben. Ersatzpflanzungen muss das         blühen, und reife Samen auszubilden. Sie
sind erwünscht: Sie bieten den Bewohnern           Zürcher Grünamt trotzdem rechtzeitig        beginnen sich also ohne Pflege auszubreiten.
von Städten und Ballungsgebieten nebst             anhand des Lebenszyklus einer Baumart       «Mit dem Klimawandel können deshalb
der Biodiversität zahlreiche Leistungen wie        planen.                                     Neophyten invasiv werden, die zuvor nicht

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Neobiota: Pflicht zur Schadensbegrenzung - g'plus Magazin für die grüne Branche
ratur von Lugano vor 100 Jahren», führt
                                                                                                   Zimmermann aus. Zu bedenken gilt es: Im
                                                                                                   Tessin haben sich bisher weit mehr invasive
                                                                                                   Arten als nördlich der Alpen etabliert. «Bei
                                                                                                   fortschreitendem Klimawandel finden diese
                                                                                                   auch bei uns Bedingungen vor, die zu einer
                                                                                                   invasiven Ausbreitung führen können», so
                                                                                                   der Forscher der WSL. Beobachtet werden
                                                                                                   kann dies bereits beim Götterbaum, der sich
                                                                                                   früher erst im Tessin invasiv vermehrt hat,
                                                                                                   und seit Neustem auch bei der Hanfpalme.
                                                                                                     Modelle der Klimaerwärmung zeigen für
                                                                                                   die Schweiz, wie sich die Vegetation entwi-
                                                                                                   ckeln könnte. Künftig sinkt die Temperatur
                                                                                                   in vielen Regionen nördlich der Alpen nur
                                                                                                   noch in einzelnen Jahren tageweise unter
                                                                                                   minus 10 Grad. Voraussichtlich ab etwa
                                                                                                   2050 werden solche kühlen Temperaturen
                                                                                                   nicht mehr erreicht. «Wir haben hier bald
                                                                                                   Bedingungen, die dem heutigen Tessin ent-
                                                                                                   sprechen oder sich durch noch mehr Wärme
                                                                                                   auszeichnen werden», so Zimmermann. Die
                                                                                                   Gefährdung durch Neophyten nimmt dann
                                                                                                   zu. Zudem wird sich ab 2050 die Buche aus
                                                                                                   dem Mittelland in die Berge zurückziehen,
                                                                                                   während Eichenarten den neuen Bedingun-
Forscher vermuten, dass sich die Hanfpalme aufgrund der Klimaerwärmung bald auch nördlich der      gen standhalten. Allein schon dieses Bei-
Alpen invasiv ausbreiten könnte. Foto: Shutterstock  / J. Need                                     spiel zeigt, wie rasch und folgenreich der
                                                                                                   Klimawandel die Ökosysteme und damit
                                                                                                   die Bedingungen für Flora und Fauna aus
auf der Liste der zu bekämpfenden Arten          re-Perioden unterteilt, so zeigt sich, dass die   dem Lot bringen könnte.
waren», warnt Zimmermann. «Für alle ge-          Periode 1991 bis 2010 gegenüber 1961 bis
bietsfremden Arten sollte deshalb geprüft        1990 um 0,9 bis zuletzt 1,5 Grad wärmer ge-
werden, ob sie bereits in anderen Ländern        worden ist. Wird mit den Perioden vor 1910
invasiv geworden sind. Vor allem gilt dies       verglichen, beträgt der Anstieg sogar bis 2,5
für importierte Pflanzen, die wärmere und        Grad. Auch die Minimumtemperaturen im             * Weitere Informationen zum Thema Stadtbäume
trockenere Bedingungen lieben, als sie bis-      Winter sind deutlich angestiegen. Um 1900         vermittelt Ihnen die Broschüre «Der ökologische
her bei uns vorgefunden haben.»                  lagen sie für Zürich noch bei minus 15 Grad,      Wert von Stadtbäumen bezüglich der Biodiversität»
                                                                                                   (Gloor S & Göldi Hofbauer M.). Darin enthalten ist ein
  «Das Klima der Schweiz ist eindeutig           jetzt sind sie auf minus 10 Grad angestiegen.     Biodiversitätsindex von 70 Stadtbäumen, die in Mit-
wärmer geworden», sagt der WSL-Forscher.         «Heute haben wir in der kalten Jahreszeit         teleuropa oft gepflanzt werden. Download des PDF:
Wird die Zeit von 1870 bis 2010 in 30-Jah-       in Zürich ungefähr die Minimumtempe-              www.swild.ch → Angebote → 2018

                                                                       mehr Ruhe
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