NEUE W EGE BEI DER FINANZIERUNG DER SOZIALVERSICHERUNG
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WIRTSCHAFTSPOLITIK N E U E W EGE BEI DER FINANZIERUNG DER SOZI ALVERSICHERUNG SCHON HEUTE LIEGEN DIE SOZIALBEITRÄGE BEI RUND 40 % DER BEITRAGSPFLICHTIGEN EINKOMMEN. UM EINEN WEITEREN ANSTIEG ZU VERHINDERN, BRAUCHEN WIR EINE TRAGFÄHIGE FINANZIERUNG D as System der Sozialversicherungen hat in Deutschland eine lange Tradition, die zurückreicht bis in die Kaiserzeit. Damals wurden zunächst eine Krankenversicherung und grafische Entwicklung in Deutschland zurückzu- später auch eine Unfall-, Renten- und Arbeitslosen- führen. Zusätzlich treiben der medizinisch-tech- versicherung eingeführt. Diese vier Versicherungen nische Fortschritt und steigende Personalkosten die haben bis heute Bestand und wurden 1995 noch Ausgaben für Gesundheit und Pflege in die Höhe. 53 durch die soziale Pflegeversicherung ergänzt. Die Finanzierung der gesetzlichen Versicherungen er- DEMOGRAFISCHER WANDEL UND MEDIZI- folgt, mit Ausnahme der Unfallversicherung, als NISCH-TECHNISCHER FORTSCHRITT S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 beitragsfinanziertes Umlagesystem: Die eingezahl- ten Beiträge werden als Leistungen an andere direkt Die Demografie in Deutschland ist durch zwei Ent- wieder ausgezahlt. Für ihre Beiträge erwerben Bei- wicklungen gekennzeichnet. Die eine Entwicklung tragszahlerinnen und Beitragszahler einen Leis- ist durch die geburtenstarken Jahrgänge der „Baby- tungsanspruch im Alter bzw. bei Arbeitslosigkeit, boomer“ (ab 1952) und durch den starken Rückgang Krankheit oder Pflegebedürftigkeit. der Geburten nach dem „Pillenknick“ 1965 geprägt. Allerdings gelangt das Umlagesystem zu- Bis 2035 werden die Babyboomer in Rente gehen. nehmend an die Grenzen der Finanzierbarkeit. Die Die zweite Entwicklung ist die steigende Lebens- aktuelle Pandemie führt wegen Mindereinnahmen erwartung um mehr als sieben Jahre zwischen 2010 sowie Mehrausgaben insbesondere in der gesetz- und 2060. lichen Krankenversicherung zu zusätzlichen Be- Die derzeitige Geburtenrate unterhalb des so- IN KÜRZE lastungen. Vorhandene Rücklagen der verschiede- genannten Reproduktionsniveaus (2,1 Kinder pro nen Versicherungszweige werden bzw. wurden zur Frau) hat zur Folge, dass die Gesellschaft schrumpft Immer mehr Bewältigung der Krise abgebaut. Im Sommer 2020 und im Durchschnitt immer älter wird. Bei einem Rentnerinnen und Rentner hat sich die Bundesregierung mit dem Beschluss unveränderten Renteneintrittsalter führt diese Ent- werden von einer „Sozialgarantie 2021“ verpflichtet, die Sozial- wicklung dazu, dass immer mehr Rentnerinnen immer weniger versicherungsbeiträge bis Ende 2021 bei maximal und Rentner von immer weniger erwerbstätigen Erwerbstätigen 40 % zu stabilisieren. Darüberhinausgehende Fi- Personen finanziert werden müssen. Die Anzahl der finanziert. nanzbedarfe werden aus Bundesmitteln getragen. Leistungsempfängerinnen und -empfänger in der Reformbedarf mit Blick auf die Tragfähigkeit gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) könnte von der Sozialversicherungen besteht nicht erst seit der rund 22 Millionen im Jahr 2020 auf bis zu 25 Mil- Pandemie und ist im Wesentlichen auf die demo- lionen Personen im Jahr 2040 ansteigen, während die Anzahl der Beitragszahlerinnen und -zahler möglicherweise im gleichen Zeitraum von rund 33 Millionen auf bis zu 28 Millionen Personen
WIRTSCHAFTSPOLITIK ABBILDUNG 1: VERÄNDERUNG DER ANZAHL DER BEITRAGSZAHLER UND LEISTUNGSEMPFÄNGER IN DER GRV IM VERGLEICH ZU 2020 Quelle: Tragfähigkeitsbericht 2020 des BMF 54 ABBILDUNG 2: WACHSTUM DER GESAMTAUSGABEN UND DER ANZAHL DER LEISTUNGSEMPFÄNGERINNEN UND S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 -EMPFÄNGER, GRV UND SPV Quelle: Tragfähigkeitsbericht 2020 des BMF und BMG
WIRTSCHAFTSPOLITIK schrumpft (Abbildung 1). Wegen der steigenden Lebenserwartung ist zusätzlich eine längere Inan- spruchnahme der Rentenversicherungsleistungen zu erwarten. Die GRV hat also gleichzeitig mit steigenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen zu kämpfen. Auch in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) dem eine besondere Rolle. Ebenfalls ausgaben- sind die demografischen Auswirkungen spürbar: steigernd dürfte sich sowohl in der Gesundheits- Die Alterung der Gesellschaft führt zu einer Zu- versorgung als auch in der Pflege der bestehende nahme der Leistungsempfängerinnen und -emp- Fachkräftemangel niederschlagen. Ihn zu behe- fänger und zugleich auch zu überproportional ben, gelingt möglicherweise nur mit Hilfe einer steigenden Ausgaben (Abbildung 2). Weniger ein- besseren Entlohnung. deutig sind dagegen die demografischen Effekte GKV und SPV sind zusätzlich zu Ausgaben- auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). steigerungen ebenfalls mit Einnahmerückgängen Tendenziell sind Gesundheitsausgaben im Alter konfrontiert: Zwar leisten Rentnerinnen und Rent- höher, jedoch hängt ihr Anstieg auch von der Ent- ner weiterhin ihre Beiträge zur Kranken- und zur IN KÜRZE wicklung der gesunden Lebensjahre ab. Als gesi- Pflegeversicherung. Da Renten aber niedriger als chert gilt jedoch, dass stetige Fortschritte in der Erwerbseinkommen ausfallen, zahlen sie durch- Der medizinische Medizin die Ausgaben der GKV trendmäßig über schnittlich auch geringere Beiträge als zu Erwerbs- Fortschritt er- alle Altersgruppen hinweg erhöhen, auch wenn zeiten. Dies führt bei einem steigenden Anteil von höht tendenziell sich die durch Gesundheitsinnovationen beding- Beitragszahlerinnen und -zahlern im Rentenalter die Ausgaben ten Kostensteigerungen schwer abgrenzen lassen. und bei einer insgesamt zurückgehenden Bevölke- in der Kranken- versicherung. Die GKV spielt als Finanzierungsquelle einer Wirt- rung zu sinkenden Einnahmen. schaftsbranche (der Gesundheitswirtschaft) zu- L E I ST U N G S AU SW E I T U N G E N U N D GARANTIEN 55 Ein Teil der Ausgabensteigerungen ist auf politische Reformen zurückzuführen. So haben in der SPV Leistungsausweitungen und die Einführung eines S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs maßgeblich zur jüngsten, ungeplanten Beitragserhöhung um 0,5 Prozentpunkte zum 1. Januar 2019 beigetragen. Auch der Rentenzweig ist von Leistungsaus- weitungen betroffen: Sowohl durch die „Mütter- rente“ als auch durch die Rente für besonders lang- jährig Versicherte („Rente mit 63“) wurden für bestimmte Personengruppen zusätzliche Leis- tungsansprüche geschaffen. Außerdem stellt die sogenannte Rentengarantie seit 2009 sicher, dass sinkende Löhne und Beitragseinnahmen nicht zu einer Senkung des Rentenwertes führen. Ursprüng- lich sollte mit dem sogenannten „Nachholfaktor“ sichergestellt werden, dass durch die Rentengaran- „MÜTTERRENTE“ UND tie verhinderte Rentensenkungen durch spätere ge- „RENTE MIT 63“ STEIGERN dämpfte Rentenerhöhungen wieder ausgeglichen DIE AUSGABEN DER werden. Doch seit 2018 ist dieser Nachholfaktor ausgesetzt. Zusätzlich wurde mit der sogenannten RENTENVERSICHERUNG. „doppelten Haltelinie“ sichergestellt, dass das Siche- rungsniveau – also das Verhältnis zwischen einer durchschnittlichen Rente und einem durchschnitt- lichen Erwerbseinkommen1 – bis 2025 1 as Sicherungsniveau berechnet sich als das Verhältnis zwischen der Rente eines „Standardrentners“, der in 45 Beitrags- D jahren jeweils durchschnittliche Verdienste hatte, und dem Erwerbseinkommen eines Durchschnittsverdieners.
WIRTSCHAFTSPOLITIK 40 % nicht unter 48 % fallen darf (Haltelinie I). Gleich- AUF ÜBER zeitig wird der Beitragssatz im selben Zeitraum bei 20 % stabilisiert (Haltelinie II). Hieraus entstehen- de Finanzierungslücken werden mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt geschlossen. Die doppel- te Haltelinie hat zur Folge, dass der sogenannte könnten schon 2023 die Nachhaltigkeitsfaktor, durch den die Belastungen Sozialversicherungsbeiträge des demografischen Wandels in der GRV genera- steigen. tionengerecht aufgeteilt werden sollen, bis 2025 de facto außer Kraft gesetzt ist. fremder Leistungen dann vertretbar, soweit diese DAS UMLAGESYSTEM BRAUCHT Leistungen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe be- STEUERZUSCHÜSSE trachtet werden. Doch unter anderem bedingt durch die ausgesprochenen Garantien, i nsbesondere Hohe Sozialversicherungsbeiträge führen zu hohen die GRV betreffend, dürfte der Versicherungscha- Lohnzusatzkosten und vermindern nicht nur Ar- rakter – der Zusammenhang von Beitrag und Leis- beitsanreize, sondern gefährden auch die Wettbe- tung – zunehmend mehr in Frage gestellt werden. werbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Schon Insgesamt stellt die stetige Erhöhung der Bundes- heute werden die beitragspflichtigen Einkommen zuschüsse keine nachhaltige Lösung dar. Da Steuer- mit rund 40 % belastet. Die Hälfte davon (abzüglich einnahmen nur begrenzt verfügbar sind, verdrän- des Kinderlosenzuschlags beim Pflegebeitrag) ent- gen wachsende Sozialausgaben dauerhaft andere fällt auf die Arbeitgeberseite, die andere Hälfte zahlt öffentliche Ausgaben, zum Beispiel Investitionen. die Arbeitnehmerseite. Die demografische Entwick- lung und der medizinisch-technische Fortschritt DIE PANDEMIE ALS BRENNGLAS werden in den nächsten Jahren verstärkt Druck auf die Sozialbeiträge entfalten. Die Einkommen kin- IN KÜRZE Da die Beitragseinnahmen von der Entwicklung derloser Beitragszahler und Beitragszahlerinnen der Lohnsumme der sozialversicherungspflichtig 56 sind aufgrund des höheren Beitrags zur SPV bereits Kinderlose zahlen Beschäftigten abhängen, führen konjunkturelle schon Sozial in diesem Jahr mit knapp über 40 % belastet. In der Schwankungen wie die aktuelle Rezession zwangs- beiträge von GRV stehen weitere Beitragserhöhungen an, so läufig zu Mindereinnahmen in allen Zweigen der gut 40 %. S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 dass die 40-Prozent-Grenze voraussichtlich schon Sozialversicherung. Gleichzeitig ergeben sich etwa 2023 für alle Versicherten überschritten wird. in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung (ALV) Wenn Beitragserhöhungen vermieden wer- Mehrausgaben aufgrund des Anstiegs von Kurzar- den sollen, wird der Staat perspektivisch die Sozial- beit und Arbeitslosigkeit. versicherung Jahr für Jahr mit höheren Zuschüssen Außerdem sind wegen der Pandemie die Ge- unterstützen müssen. Dabei ist die Verwendung von sundheitsausgaben sprunghaft angestiegen. Vor Steuereinnahmen zur Finanzierung versicherungs- der Pandemie lag der jährliche Bundeszuschuss zur GKV bei rund 14,5 Milliarden Euro. Um pande- miebedingte Mehrausgaben und Mindereinnah- TABELLE 1: VERSICHERUNGSBEITRÄGE IN 2021 men abzufedern, wird er 2021 voraussichtlich auf über 19 Milliarden Euro ansteigen. Zusammen mit GKV 14,6 % + 1,3 % (durchschn. Zusatzbeitrag) dem prognostizierten Bundeszuschuss zur GRV für 2021 in Höhe von 97,4 Milliarden Euro werden sich GRV 18,6 % allein die steuerlichen Zuschüsse an die beiden ALV 2,4 % wichtigsten Säulen der Sozialversicherung bereits auf 116,4 Milliarden Euro belaufen – dies ent- SPV 3,05 % (3,3 % Kinderlose) spricht knapp einem Viertel des gesamten Bundes- haushalts für 2021. Insgesamt belaufen sich die Summe 39,95 % (40,2 % Kinderlose) Bundeszuschüsse zur Sozialversicherung in 2021 Beiträge zur Unfallversicherung werden allein von den Arbeitgebern getragen. Sie sind je auf 134 Milliarden Euro (Abbildung 3). nach Unternehmen und Branche unterschiedlich und daher nicht einkommensabhängig. Aufgrund besonderer rechtlicher Rahmenbe- Quelle: BMWi dingungen hat die Rezession auch langfristige Ver- änderungen in der GRV zur Folge: Durch die Rezes- sion sind die Löhne 2020 real um 1,3 % gesunken. Die Rentengarantie verhindert die entsprechende
WIRTSCHAFTSPOLITIK ABBILDUNG 3: VERÄNDERUNG DER GESAMTEN BUNDESZUSCHÜSSE ZUR SOZIALVERSICHERUNG IM VERGLEICH ZU 2018 Quelle: Bundeshaushalt.de Absenkung des Rentenwertes (Wert eines Entgelt- punktes in der gesetzlichen Rentenversicherung). Sinkende Löhne haben also bei gleichzeitig unver- änderten Renten zur Folge, dass das Sicherungs- zur Beitragserhöhung mindern, indem sie die Bun- 57 niveau ansteigt – je schwerer die Rezession und je desregierung zum Handeln verpflichtet. Ziel einer niedriger die Löhne, desto stärker. Da der Renten- solchen Regelung muss es sein, dass zusätzliche wert mit folgenden Lohnsteigerungen wieder nor- Maßnahmen ergriffen werden. Denn sowohl hö- S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 mal ansteigen wird, bleibt das Sicherungsniveau im here Beiträge als auch höhere Steuern würden die aktuellen Regelungsumfeld mit ausgesetztem künftige Generation stärker belasten. Nachholfaktor dann auch dauerhaft höher als es ohne Pandemie gewesen wäre. VO RT E I L E D U R C H M E H R NEUE WEGE IN DER SOZIALVERSICHERUNG ERWERBSPERSONEN UND HÖHERE PRODUKTIVITÄT Ziel einer tragfähigen Finanzierung der Sozialver- sicherung muss es sein, strukturelle Defizite zu be- Zusätzliche Beitragseinnahmen in allen Bereichen heben – also Einnahmen und Ausgaben langfristig der Sozialversicherung könnten unter anderem einander anzugleichen – und gleichzeitig eine durch eine bessere Auslastung des Erwerbsperso- effektive und leistungsgerechte Absicherung der nenpotentials erzielt werden. Zentrale Anknüp- mit Langlebigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit fungspunkte bietet hierfür die Erwerbsbeteiligung und Arbeitslosigkeit verbundenen finanziellen von Frauen. Zu prüfen wären sowohl steuerliche Risiken zu garantieren. Anreize für eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit Weder die Finanzierung der steigenden Aus- als auch Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit gaben durch weitere Erhöhungen der Beiträge noch von Familie und Beruf. Diskutiert wird auch immer die Deckung durch weitere Steuermittel sind aus- wieder, zusätzliche Beitragseinnahmen durch eine reichend für eine zukunftsfähige Finanzierung der Steigerung der Beschäftigtenzahl (etwa durch ge- Sozialversicherungssysteme. Die gesetzliche Ver- zielte Zuwanderung) oder durch die Einbeziehung ankerung einer Obergrenze für den Gesamtbeitrag von Beamtinnen und Beamten sowie Selbstständi- zur Sozialversicherung bei 40 % könnte den Druck gen in die gesetzliche Sozialversicherung zu erzielen. Die Aufnahme zusätzlicher Personen in die Versi- cherungen vergrößert jedoch auch den Kreis der Leistungsempfängerinnen und -empfänger
licher oder privater Zusatzversicherungen. Bei der Rente und in der Pflege werden private Zusatzver- sicherungen bereits gefördert (Riesterrente, Pflege- Bahr). Insgesamt ist die Nachfrage nach privater Vorsorge aber bisher eher gering. Zum einen ist die private Vorsorge einkommensabhängig. Zum an- deren gehen hiermit komplexe Entscheidungen einher, die aufgrund des langen Planungshorizon- tes gerne aufgeschoben werden. Immerhin sollte die von der Bundesregierung eingeführte digitale Rentenübersicht die Transparenz über die zu er- wartenden Einkünfte erhöhen und somit auch den Anreiz zur zusätzlichen privaten Vorsorge verbes- sern. Darüber hinaus sollten weitere Möglichkeiten zur Stärkung der kapitalgedeckten Vorsorge dis- kutiert werden, wie beispielsweise ein Ausbau der Förderung oder gar eine Versicherungspflicht. Et- waige Herausforderungen einer kapitalgedeckten Vorsorge – wie etwa die anhaltende Niedrigzins- phase – müssen dabei berücksichtigt werden. DIE UMLAGEFINANZIERUNG BRAUCHT NACHHALTIGE REFORMEN. und führt folglich mittel- und langfristig zu hö- Letztendlich wird kein Reformansatz alleine aus- 58 heren Ausgaben – der finanzielle Entlastungseffekt reichen, um die Tragfähigkeit der Sozialversiche- ist daher nicht dauerhaft. Uneingeschränkt vorteil- rungssysteme zu erhöhen und eine nachhaltige haft für die Finanzlage der Sozialversicherungen Finanzierung zu gewährleisten. Vielmehr müssen S C H L A G L I C H T E R M Ä R Z 2 021 ist dagegen ein stetiges Produktivitätswachstum: verschiedene Maßnahmen kombiniert werden. Ein Es erhöht die Arbeitsentgelte und sorgt somit für regelmäßig verfasster Gesamtversicherungsbe- höhere Beitragseinnahmen. richt mit einer längerfristigen Entwicklungsprog- IN KÜRZE Weitere Reformen könnten die ausgabenstei- nose, zusätzlich zu den bereits etablierten Veröf- gernden Effekte des demografischen Wandels in fentlichungen zu einzelnen Zweigen, könnte für die Der Rentenein- Angriff nehmen – insbesondere in der GRV. Dis- weitere Diskussion eine hilfreiche Daten- und Ent- tritt könnte an kutiert wird eine Kopplung des Renteneintritts- scheidungsgrundlage bieten. Ein solcher Bericht die Lebenserwar- tung gekoppelt alters an die Lebenserwartung. Dies würde die Bei- könnte die notwendige Aufmerksamkeit für Re- werden. tragsphase verlängern und den Leistungsbeginn formbedarfe wecken, die Grundlage für eine evidenz- hinauszögern. So könnte zumindest ein Teil der basierte Diskussion schaffen und auf diese Weise zusätzlichen Lebenserwartung zu einer längeren auch den politischen Handlungsdruck erhöhen. Erwerbstätigkeit genutzt werden, während der üb- Auf keinen Fall darf das Thema aber auf die lange rige Zugewinn an Lebenszeit den Rentenbezug Bank geschoben werden, denn die Zeit drängt. verlängern würde. Dabei müssten Ungleichheiten zwischen Berufsprofilen bedacht werden. Körper- liche Anforderungen und auch das Berufseintritts- KONTAKT alter unterscheiden sich mitunter stark zwischen Berufsgruppen. DR. INGA HILLESHEIM & JAN FRIEDEMANN Referat: Wirtschaftspolitische Fragen des Arbeits- Den Herausforderungen, vor denen das um- marktes und der Sozialordnung lagefinanzierte System steht, könnte auch mit dem Ausbau ergänzender kapitalgedeckter Versiche- HENRIETTE DRUBA rungen begegnet werden, etwa im Rahmen betrieb Referat: Gesundheitswirtschaft schlaglichter@bmwi.bund.de
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