Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz

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Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
1. AUSGABE 2022

novus
 GESUNDHEITSWESEN

 Paukenschlag des BSG:       Einrichtungsbezogene      Neuregelungen im
 Vertragsarztrechtliche      Impfpflicht: Geltung      Fokus – Was ändert
 Anstellungs­genehmigung     für alle dort „tätigen“   sich für Krankenhäuser
 setzt das Vorliegen einer   Personen                  in 2022?
 abhängigen Beschäftigung
 voraus
Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
novus EDITORIAL

Vorwort

                      Liebe Leserinnen und Leser,

                      in unserer ersten Ausgabe des novus Gesundheitswesen 2022 haben wir für Sie Themen auf-
                      bereitet, die in den kommenden Monaten zu besonderen Herausforderungen werden.

                      Auch zu Beginn des Jahres 2022 bleibt die COVID-19-Pandemie weiterhin ein gewichtiges
                      Thema im Gesundheitswesen. Insbesondere die Einführung der einrichtungsbezogenen Impf-
                      licht zum 15.03.2022 hat Einfluss auf die Einrichtungen, das dort mittelbar und unmittelbar
                      beschäftige Personal, die Patienten und Bewohner sowie die Gesundheitsämter. In der aktuel-
                      len Ausgabe des Novus möchten wir Ihnen daher einen Einblick geben in die unterschiedlichen
                      Perspektiven der einrichtungsbezogene Impfpflicht.

                      Weiterhin beschäftigen auch eine Vielzahl neuer Gesetze und Verordnungen, die zu Jahresbe-
                      ginn in Kraft getreten sind, sowie aktuelle Gerichtsurteile mit weitreichenden Auswirkungen
                      die Krankenhäuser.

                      Im Steuerrecht behandeln wir in dieser Ausgabe das umsatzsteuerliche Thema der ambulanten
                      Abgabe von Fertigarzneimitteln in Krankenhäusern sowie den sozialrechtlichen Umgang von
                      Umsatzsteuererstattungsansprüchen, der sich daraus ergibt.

                      In rechtlicher Hinsicht ist ein wesentliches Urteil des Bundessozialgerichts zur Erteilung einer
                      Anstellungsgenehmigung für Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft zu diskutieren. Es
                      wird außerdem ein Ausblick gegeben, wie mit der Problematik umgegangen werden kann.

                      Im Abschnitt der Unternehmensberatung werden die für dieses Jahr besonders wichtigen Neu-
                      regelungen und deren Auswirkungen auf die Krankenhäuser im Überblick zusammengefasst.
                      Dazu zählen die Änderungen der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, die Umsetzung
                      der Prüfverfahrensvereinbarung, die neuen Mindestmengenregelungen und auch die einrich-
                      tungsbezogene Impfpflicht.

                      Gerne informieren wir Sie in eigener Sache über die Ernennung von Dr. Sarah Gersch-Souvignet
                      zur Partnerin, Daria Madejska zum Counsel sowie Annika Brunkhardt zum Director. Weiterhin
                      freuen wir uns, dass wir unser Medizinrechtsteam mit Anne Marie Norrenbrock und Dr. Maren
                      Trautmann verstärken konnten.

                      Wir freuen uns stets über Ihr Feedback und Interesse und stehen Ihnen gern zum weiteren
                      Austausch zur Verfügung.

                      Dr. Sarah Gersch-Souvignet                Annika Brunkhardt
                      Rechtsanwältin, Fachanwältin              Dipl. Gesundheitsökonomin (FH) und
                      für Medizinrecht und                      Director bei Ebner Stolz
                      Partnerin bei Ebner Stolz in Köln         in Stuttgart

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Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
INHALT

   STEUERRECHT

Neuentwicklungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der ambulanten Abgabe von
Fertigarzneimitteln in Krankenhäusern und zur sozialrechtlichen Behandlung von
Umsatzsteuererstattungsansprüchen hieraus                                                      4

   RECHTSBERATUNG

Paukenschlag des BSG: Vertragsarztrechtliche Anstellungs­genehmigung setzt das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung voraus                                                          5
Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Geltung für alle dort „tätigen“ Personen                     6
„Reservierungsgebühr“ für das Freihalten eines Platzes im Pflegeheim unzulässig                7

   UNTERNEHMENSBERATUNG
Neuregelungen im Fokus – Was ändert sich für Krankenhäuser in 2022?                            8

                                                                                                3
Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
novus STEUERRECHT

Neuentwicklungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung
der ambulanten Abgabe von Fertigarzneimitteln
in Krankenhäusern und zur sozialrechtlichen Behandlung
von Umsatzsteuererstattungsansprüchen hieraus
Für patientenindividuell hergestellte und      zur unbestimmten Ausweitung der Umsatz-        Offenbar hatte das BSG zum Zeitpunkt der
abgegebene Medikamente von Kranken-            steuerfreiheit, weil diese auf die Fälle       Urteilsverkündung noch keine Kenntnis
hausapotheken im Rahmen einer ambu-            beschränkt bleibe, in denen eine enge Ver-     vom Zwischenurteil des FG Sachsen-Anhalt.
lant in demselben Krankenhaus durchge-         bindung mit einer ärztlichen Heilbehand-
führten Heilbehandlung wird mittler-           lung vorliege.                                 Hinweis: Zwar ist bezüglich des Zwischen-
weile auch von der Finanzverwaltung das                                                       urteils des FG Sachsen-Anhalt Revision beim
Vorliegen eines umsatzsteuerfreien Um-         Losgelöst von diesem Urteil hat das Bundes-    BFH anhängig, gleichwohl empfehlen wir
satzes nach § 4 Nr. 14 b UStG anerkannt        sozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung     Krankenhäusern, die eine eigene Kranken-
(vgl. BMF-Schreiben vom 28.09.2016,            vom 10.11.2021 eine Nichtzulassungs­           hausapotheke führen und in ihren Ambulan-
BStBl. 2016 I S. 1043). Dagegen sieht die      beschwerde (Az. B 1 KR 5/21 B), die Um-        zen Fertigarzneimittel abgeben, ihre Um-
Finanzverwaltung die Abgabe von Fertig-        satzsteuerrückerstattungsansprüche einer       satzsteuerbescheide soweit noch möglich
arzneimitteln im Rahmen einer ambu-            gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)         offenzuhalten, um nicht schadensersatz-
lanten Krankenhausbehandlung nicht             bezüglich im Krankenhaus ambulant ab­          pflichtig gegenüber den GKV zu werden.
als einen umsatzsteuerfreien, mit der          gegebener Fertigarzneimittel zum Gegen-        Denn wie Sozialgerichte auf Umsatzsteuer-
Heilbehandlung eng verbundenen Um-             stand hatte, abgewiesen. Die Ansprüche         rückerstattungsansprüche in Bezug auf am-
satz an, selbst wenn sie als Begleitmedi-      der GKV bestünden, da es keine eindeuti-       bulant abgegebene Fertigarzneimittel reagie-
kamente verabreicht werden (vgl. Verfü-        gen Regelungen der Finanzverwaltung            ren werden, kann derzeit nicht vorhergese-
gung der OFD Frankfurt vom 22.11.2016          gäbe. Weder behandle die Finanzverwal-         hen werden. Ferner sollten betroffene Kran-
(DStR 2017, S 604).                            tung ambulant abgegebene Fertigarznei-         kenhäuser die Regelungen in ihren Verträgen
                                               mittel umsatzsteuerfrei, noch sei sie der      nach § 129a SGB V bezüglich Ausgleichsme-
Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hatte         Auffassung, dass jene unter den ermäßig-       chanismen überprüfen, um gegebenenfalls
ein Zwischenurteil (Urteil vom 20.10.2021,     ten Umsatzsteuersatz fallen würden.            Gerichtsverfahren zu verhindern.
Az. 3 K 1024/17) erlassen, indem es auch
die Verabreichung von Fertigarzneimitteln      Das BSG führt aber aus, dass eine Mindest-     Wolfgang Reinhart
im Rahmen einer ambulanten Kranken-            voraussetzung für die Pflicht eines Kranken-   +49 711 2049-1425
hausbehandlung als mit der Heilbehand-         hauses, Umsatzsteuererstattungsansprüche
lung eng verbundenen umsatzsteuerfreien        gegenüber der Finanzverwaltung offen zu
Umsatz nach § 4 Nr. 14 b UStG einstuft.        halten, sei, dass ein Urteil eines Finanzge-
Entscheidend für diese Einstufung sei, dass    richts vorliege, das die Umsatzsteuerpflicht
die Erreichung der therapeutischen Ziele im    der Abgabe von Fertigarzneimittel verneine
Rahmen der ambulanten Heilbehandlung           oder den ermäßigten Umsatzsteuersatz
auf Grund der ärztlichen Entscheidung          für Anwendung halte. Hierbei verweist
zur Verabreichung unerlässlich war. Ob das     das BSG auf seine frühere Rechtsprechung
Medikament individuell für den Patienten       vom 19.04.2019 (BSGE 128, S. 65), wo-
hergestellt wird oder ob es ein Fertigarz­     nach außergerichtliche kostenlose Rechts-
neimittel ist, sei für die umsatzsteuerliche   behelfe zumutbar seien, um einen vertrag­
Beurteilung ohne Relevanz. Es käme allein      lichen Rückzahlungsanspruch abzusichern,
auf die Bedeutung des Medikaments im           wenn bei verständiger Würdigung die
Rahmen der Heilbehandlung an. Der Um-          naheliegende Möglichkeit der Änderung
stand der Notwendigkeit einer Verabrei-        der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung
chung von Fertigarzneimitteln im Rahmen        bestehe. Dies sei jedoch nur dann der
von Heilbehandlungsleistungen reiche aus,      Fall, wenn der Krankenhausträger mit dem
um von einem mit der ärztlichen Heil­          Hinweis auf eine abweichende finanzge-
behandlung eng verbundenen Umsatz aus-         richtliche Entscheidung erwarten dürfe, dass
gehen zu können. Hierbei reiche es aus,        die Steuerverwaltung ihrerseits das Verwal-
wenn der behandelnde Arzt von der Not-         tungs- oder zumindest das Einspruchsverfah-
wendigkeit ausgehe. Es komme auch nicht        ren deswegen nicht abschließen werde.

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Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
novus RECHTSBERATUNG

Paukenschlag des BSG: Vertragsarztrechtliche
Anstellungs­genehmigung setzt das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung voraus
Am 26.01.2022 hat der Sechste Senat des       für die Entscheidung über die Genehmigung        ff
                                                                                                Gesellschafter, der nicht zum Geschäfts-
Bundessozialgerichts (BSG) im Rahmen          der Anstellung erheblich seien. In diesem Fall    führer bestellt ist, mit einem Kapitalanteil
einer MVZ-Gründung über die Anstel-           stünden keine solche Belange der Anstellungs-     bis einschließlich 50 % – auch wenn er
lungsgenehmigungen zweier GbR-Gesell-         genehmigung entgegen, weshalb den Anträ-          über eine Sperrminorität verfügt.
schafter klargestellt (Az. B 6 KA 2/21 R),    gen stattzugeben war. Nach der Sprungrevisi-
dass die Anstellungsgenehmigungen in          on des Berufungsausschusses Sachsen-Anhalt       Fazit
dieser Konstellation seitens des zustän-      zum BSG wurde das Urteil des SG Magdeburg
digen Zulassungsausschusses zu Recht          aufgehoben und der Antrag auf Erteilung der      Die Veröffentlichung der Entscheidungs-
abgelehnt wurden, weil kein abhängi-          Genehmigungen als unbegründet abgewie-           gründe bleibt abzuwarten. In bestimmten
ges Beschäftigungsverhältnis anzuneh-         sen. Begründet wurde die Entscheidung da-        Konstellationen, wie etwa einer MVZ-Träger-
men war. Auch wenn die Entscheidungs-         mit, dass angestellte Ärzte nicht die Rechts-    gesellschaft mit zwei Gesellschaftern bei
gründe des BSG bisher noch nicht ver-         macht besitzen dürfen, durch Einflussnahme       paritätischer Kapitalbeteiligung, dürfte die
öffentlicht sind, ist anzunehmen, dass        auf die Gesellschafterversammlung die Geschi-    Bestellung eines Fremdgeschäftsführers die
die Grundsätze dieser Entscheidung auf        cke der Gesellschaft zu bestimmen und damit      Lösung des Problems sein. Der Gesellschafter
MVZ-Trägergesellschaften in der Rechts-       die eigene Weisungsgebundenheit als Ange-        einer Ein-Mann-GmbH könnte seitens der
form einer GmbH übertragen werden             stellte der Gesellschaft aufzuheben.             Zulassungsausschüsse jedoch zukünftig auf
und damit die Ein-Mann-GmbH sowie                                                              die Freiberuflervariante verwiesen werden,
die Gründung von MVZ durch zwei               Rechtsprechung des BSG zur Sozial­               wenngleich dies den bestehenden vertrags-
Vertragsärzte in der Verzichtsvariante        versicherungspflicht des Gesellschafter-         arztrechtlichen Regelungen widerspricht.
erheblich erschwert werden.                   Geschäftsführers                                 Bereits zugelassene MVZ dürften bis zur
                                                                                               nächsten strukturellen Veränderung Be-
Im Streitfall beantragten zwei Ärzte sowohl   Der Sechste Senat des BSG verweist zur Be-       standsschutz genießen.
die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform     gründung seiner Entscheidung auf die Recht-
einer GbR als auch die Genehmigung ihrer      sprechung des Zwölften Senats. Hieraus ergibt    Dr. Sarah Gersch-Souvignet
Anstellung in diesem MVZ im Wege des          sich eine abhängige Beschäftigung grund-         +49 221 20643-642
Verzichts auf ihre Zulassungen zum Zwecke     sätzlich in folgenden Fallkonstellationen:
der Anstellung. Der Zulassungsausschuss                                                        Dr. Maren Trautmann
lehnte den Antrag auf Genehmigung der         ff
                                               Gesellschafter, der zum Geschäftsführer
Anstellungen ab. Das MVZ klagte sodann         bestellt ist, mit einem Kapitalanteil von
auf Erteilung der Anstellungsgenehmigun-       weniger als 50 % – jedenfalls dann, wenn
gen vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg.      der Gesellschaftsvertrag ihm keine ver-
Dieser Klage gab das SG Magdeburg statt.       gleichbare Position wie einem Mehrheits-
Es war der Auffassung, dass ausschließ-        gesellschafter einräumt, etwa in Form
lich vertragsarztrechtliche Gesichtspunkte     einer qualifizierten Sperrminorität;

                                                                                                                                          5
Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
novus RECHTSBERATUNG

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Geltung für alle dort
„tätigen“ Personen
Der Bundestag hat am 10.12.2021 das              tätige Personen, wie z. B. Hausmeister oder      genen Impfpflicht ausgenommen, die sich
„Gesetz zur Stärkung der Impfpräven­             Transport-, Küchen- oder Reinigungsperso-        lediglich kurzweilig und vorübergehend in
tion gegen Covid-19“ und damit die sog.          nal. Erfasst sind zusätzlich Auszubildende,      der Einrichtung befinden. Zusätzlich sind die
„einrichtungsbezogene“ Impfpflicht be-           Personen, die ihren Freiwilligendienst ableis-   Bewohner und Patienten von der Impfpflicht
schlossen. Ziel dieser neuen Regelung            ten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie     ausgenommen, inklusive ihrer Begleitperso-
ist es, ältere und vorerkrankte Menschen         Zeitarbeitskräfte.                               nen.
besser vor einer Ansteckung mit dem
Coronavirus zu schützen. Wer davon               (Vorläufige) Verfassungsmäßigkeit der            Konsequenzen für Einrichtungen
betroffen ist, wird im Folgenden be-             einrichtungsbezogenen Impflicht
leuchtet.                                                                                         Die von dem Gesetz betroffenen Personen
                                                 Mehrere Eilanträge, die sich gegen die           mussten spätestens bis zum 15.03.2022 der
Gemäß § 20a Abs. 1 IfSG müssen Personen,         einrichtungsbezogene Impfpflicht richteten,      Einrichtung, in der sie tätig sind, einen Nach-
die u. a. in Krankenhäusern, Pflegeeinrich-      lehnte das Bundesverfassungsgericht bereits      weis über eine Impfung oder Genesung
tungen aber auch in Arztpraxen tätig sind,       am 11.02.2022 mit der Begründung ab, dass        vorlegen. Alternativ konnten sie auch ein
geimpft oder genesen sein. Eine Ausnahme         die Verfassungsbeschwerde im Hauptverfah-        ärztliches Attest vorlegen, aus dem hervor-
besteht lediglich für Personen, die aus medi-    ren zwar nicht offensichtlich unbegründet        geht, dass sie aus medizinischen Gründen
zinischen Gründen nicht geimpft werden           sei, jedoch eine Folgenabwägung zulasten         nicht geimpft werden können. Verliert ein
können. Im Vordergrund des Gesetzes ste-         der Antragsteller ausfallen müsse. Denn die      Nachweis seine Gültigkeit, z. B. weil mehr als
hen betreuende Personen, die einen direkten      eintretenden Nachteile, die für ungeimpfte       sechs Monate seit Genesung vergangen sind,
Kontakt zu den vulnerablen Personengrup-         Personen entstehen würden, wenn die einst-       muss ein neuer Nachweis vorgelegt werden.
pen haben.                                       weilige Anordnung nicht ergehe und die
                                                 Verfassungsbeschwerde nachher im Haupt-          Die Einrichtungen müssen das zuständige Ge-
Geltungsbereich der Impfpflicht und              verfahren Erfolg hätte, seien nicht so groß,     sundheitsamt informieren, wenn die Nach-
Betroffene im Einzelnen                          wie die möglichen Nachteile für vulnerable       weise nicht fristgerecht vorgelegt werden
                                                 Gruppen im alternativen Szenario. Auf Sei-       oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit
Dies lässt vermuten, dass die Impfpflicht        ten der ungeimpften Personen stünde das          der vorgelegten Nachweise bestehen. Das
ausschließlich für Beschäftigte einer der im     Risiko einer körperlichen Reaktion auf den       Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in
Gesetz genannten Einrichtungen gilt. Der         Impfstoff. Die Folgen bei Verweigerung der       einer solchen Einrichtung oder den Zutritt
Wortlaut der Norm macht jedoch deutlich,         Impfung und den damit einhergehenden             dazu untersagen. Eine Missachtung der Prü-
dass die Impfpflicht alle Personen betrifft,     beruflichen Einschränkungen seien jedoch         fung der Beschäftigten wird mit Bußgeldern
die in diesen Einrichtungen „tätig“ sind. Das    temporär, bis eine Entscheidung im Haupt-        geahndet.
bedeutet, dass diese Personen nicht zwangs-      verfahren ergehen würde. Die vulnerablen
weise in einer solchen Einrichtung angestellt    Gruppen hingegen seien bis zur Hauptsache-       Ob jedoch die einrichtungsbezogene Impf-
sein müssen, denn auf ein konkretes Ver-         entscheidung einer „deutlich größeren Ge-        pflicht in dem vorgenannten Maße tatsäch-
tragsverhältnis zwischen der jeweiligen Ein-     fahr ausgesetzt, sich mit dem Coronavirus        lich durchgesetzt werden wird, bleibt frag-
richtung und der dort tätigen Person kommt       SARS-CoV-2 zu infizieren und deshalb             lich, denn die Verhängung von Geldbußen
es für die Verpflichtung nicht an. Zudem ist     schwer oder gar tödlich zu erkranken“. Dies      liegt grundsätzlich im Ermessen der Verfol-
die Art der Beschäftigung ohne Bedeutung.        sei auch unter Berücksichtigung der Omik-        gungsbehörde. So ist bereits bekannt, dass
Danach unterliegen auch externe Personen,        ron-Variante anzunehmen.                         bspw. in Bayern vorerst keine Geldstrafen
die in einer Pflegeeinrichtung ihre Leistun-                                                      erhoben werden sollen und es den Kommu-
gen erbringen und sich nicht nur kurzweilig      Zusammenfassend kann festgehalten wer-           nen in Nordrhein-Westfalen gestattet sein
in der Einrichtung aufhalten (z. B. ein Paket-   den, dass die einrichtungsbezogene Impf-         soll, die Prüfung bis zum 15.06.2022 durch-
zusteller) einer Impfpflicht.                    pflicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit        zuführen. Zur operativen Umsetzung der
                                                 verfassungsgemäß ist und nicht nur für           einrichtungsbezogenen Impfpflicht siehe
Nach der Gesetzesbegründung handelt es           Beschäftigte einer Einrichtung gilt, sondern     auch S. 11 in dieser Ausgabe des novus
sich bei den erfassten Personen nicht nur um     grundsätzlich für alle Personen, die im Rah-     Gesundheitswesen.
medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungs-       men einer Tätigkeit eine in § 20a Abs. 1 IfSG
personal, einschließlich zusätzlicher Betreu-    genannte Einrichtung betreten. Dabei sind        Daria Madejska, LL.M.
ungskräfte, sondern auch um andere dort          nur die Personen von der einrichtungsbezo-       +49 221 20643-645

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„Reservierungsgebühr“ für das Freihalten eines Platzes
im Pflegeheim unzulässig
Laut BGH ist die Vereinbarung einer „Reser-     Hinweis: Bei § 15 Abs. 1 WBVG handelt es         Heimträgers grundsätzlich nur für die Tage,
vierungsgebühr“ für das Freihalten eines        sich um eine gegenüber den allgemeinen           an denen sich der Pflegebedürftige tatsäch-
Platzes in einem Pflegeheim unwirksam.          heimvertraglichen Vorschriften vorrangige        lich im Heim aufhält (Berechnungstage). Die
                                                Spezialregelung für Verträge mit Leistungs-      Zahlungspflicht der Heimbewohner oder
Der Kläger verlangte die Rückzahlung einer      empfängern der gesetzlichen Pflegeversiche-      ihrer Kostenträger endet mit dem Tag, an
Reservierungsgebühr für die Reservierung        rung. Danach werden die vertraglichen Ver-       dem der Heimbewohner aus dem Heim
eines Zimmers für seine Mutter in einem         gütungsvereinbarungen den Vorgaben der           entlassen wird oder verstirbt.
Pflegeheim. Die inzwischen verstorbene          §§ 82 ff. SGB XI zur Pflegevergütung unter-
Mutter war privat pflegeversichert. Der Klä-    stellt. Widersprechende Vereinbarungen sind      Die durch Leerstände verursachten Kosten
ger schloss für seine Mutter mit Wirkung        demnach unwirksam. Dieser Vorrang des            eines Pflegeheimes werden in die Pflegesät-
zum 15.02.2016 mit dem Pflegeheim einen         Sozialrechts stelle einen generellen Grund-      ze eingerechnet und anschließend anteilig
Pflegevertrag über vollstationäre Pflege. Der   satz des WBVG dar, so der BGH. Der Ver-          auf die Heimbewohner umgelegt. Dabei ist
Einzug der Mutter erfolgte am 29.02.2016.       braucherschutz, den das WBVG bezweckt,           der Zahlungsanspruch des Einrichtungsträ-
Gemäß Pflegevertrag war von Vertragsbe-         werde somit durch das soziale Leistungsrecht     gers bei einem Auszug oder bei Versterben
ginn bis zum Einzugstermin eine Reservie-       überlagert. Der Anwendungsbereich des            des Heimbewohners auf den Tag der Beendi-
rungsgebühr zu entrichten, den das Pflege-      § 15 Abs. 1 WBVG umfasse nicht nur Ver-          gung der tatsächlichen Leistungserbringung
heim für die Reservierung eines Zimmers im      braucher, die unmittelbar Leistungen der sozi-   zu begrenzen, weil ansonsten die Zeit des
Zeitraum vom 15. bis zum 28.02.2016 in          alen Pflegeversicherung beziehen, sondern        Leerstands zulasten des Heimbewohners
Höhe von 1.127,84 Euro in Rechnung stellte.     auch Verbraucher, die Leistungen einer priva-    doppelt berücksichtigt werden würde.
                                                ten Pflegepflichtversicherung erhalten. An-
Der BGH entschied in seinem Urteil vom          dernfalls käme es zu einer kaum nachvollzieh-    Laut BGH ist damit untersagt, eine Platz-
15.07.2021 (Az. III RZ 255/20), dass die Ver-   baren Ungleichbehandlung der hinsichtlich        oder Reservierungsgebühr für die Zeit vor
einbarung einer solchen Reservierungsge-        des Leistungsumfangs gleichgestellten Versi-     der Aufnahme des Pflegebedürftigen in
bühr der Regelung des § 87a Abs. 1 SGB XI       cherten in der privaten Pflegeversicherung.      das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Ein-
widerspricht und deshalb gemäß § 15 Abs. 1                                                       zugstermin vertraglich festzulegen. Es ist
S. 2 WBVG unwirksam ist. Demnach darf           Konsequenzen für Pflegeheime und                 nicht möglich, abweichenden Vereinbarun-
eine Reservierungsgebühr auf der Basis des      deren Bewohner                                   gen in einem Wohn- und Betreuungsvertrag
vertraglichen Leistungsentgelts für die Zeit                                                     den Vorrang einzuräumen.
vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in       Das Entgelt für die Unterkunft und Verpfle-
das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Ein-       gung in einem Pflegeheim ist für den Tag         Daria Madejska, LL.M.
zugstermin nicht vertraglich vereinbart wer-    der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das        +49 221 20643-645
den. Aus diesem Grund war das Pflegeheim        Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des
zur Rückerstattung der Reservierungsgebühr      Heimaufenthalts taggenau zu berechnen.
verpflichtet.                                   Danach besteht der Zahlungsanspruch des

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novus UNTERNEHMENSBERATUNG

Neuregelungen im Fokus – Was ändert sich
für Krankenhäuser in 2022?
Zum Jahreswechsel kamen auf die Kran-             Darüber hinaus sind zum 01.01.2022 die bis-      pletten Klinik-Aufenthalt des Patienten
kenhäuser eine Reihe an neuen Regelun-            herigen pflegesensitiven Bereiche um die Or-     umfassen. Wenn ein neonatologischer Pati-
gen zu. Während die Corona-Pandemie               thopädie, Gynäkologie und Geburtshilfe er-       ent bspw. von der neonatologischen Inten-
noch immer für eine Vielzahl von am               weitert und die Pädiatrie um die spezielle       sivstation auf eine Normalstation verlegt
Virus erkrankten Patienten und infekti-           Pädiatrie und die neonatologische Pädiatrie      wird, gelten für alle Patienten dieser Station
onsbedingten Personalausfällen sorgt,             ergänzt worden. Hier gelten folgende Rege-       die strengeren Pflegepersonaluntergrenzen
sind zudem Neuregelungen umzusetzen,              lungen:                                          der neonatologischen Pädiatrie. Diese neuen
die die Krankenhäuser vor zusätzliche                                                              Regelungen haben insbesondere einen star-
personelle, finanzielle und bürokratische         ff
                                                   Orthopädie: In der Tagschicht 10 : 1, in        ken Einfluss auf Perinatalzentren. Diese müs-
Herausforderungen stellt. Zu den Neure-            der Nachtschicht 20 : 1                         sen nicht nur die G-BA-Vorgaben zur Perso-
gelungen zählen die Erweiterung der               ff
                                                   Gynäkologie und Geburtshilfe: In der Tag-       nalausstattung für Frühgeborene erfüllen,
durch das Pflegepersonal-Stärkungs-Ge-             schicht 8 : 1, in der Nachtschicht 18 : 1       sondern zusätzlich die Untergrenzen für die
setz eingeführten personellen Unter-              ff
                                                   Spezielle Pädiatrie: In der Tagschicht 6 : 1,   neonatologische Pädiatrie sowie auf sog.
grenzen nach der Pflegepersonalunter-              in der Nachtschicht 14 : 1                      Mischstationen für die pädiatrische Intensiv-
grenzen-Verordnung (PpUGV) auf wei-               ff
                                                   Neonatologische Pädiatrie: In der Tag-          medizin einhalten. Auch für die Kinderkliniken
tere Fachabteilungen, die Anpassung                schicht 3,5 : 1, in der Nachtschicht 5 : 1      wird die zusätzliche Differenzierung voraus-
der Mindestmengenregelungen, die Ver-                                                              sichtlich zu einem zusätzlichen Koordinations-
änderungen in der Prüfverfahrensverein-           Bei Nichteinhaltung der Untergrenzen ist mit     und Dokumentationsaufwand führen.
barung (PrüfvV) sowie die Einführung ei-          Vergütungsabschlägen zu rechnen. Alterna-
ner einrichtungsbezogenen Impfpflicht.            tiv können die Krankenhäuser auch eine Re-       Als Gegenentwurf zu den Pflegepersonalun-
                                                  duktion der Fallzahl zur Gewährleistung der      tergrenzen haben die Deutsche Krankenh-
Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung             Vorgaben verhandeln. Gemäß § 5 der PpUG-         ausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pfle-
                                                  Sanktions-Vereinbarung muss die Verringe-        ge­rat und die Gewerkschaft Ver.di die Pfle-
Ziel der durch das Pflegepersonal-Stärkungs-      rung mindestens in einem Umfang erfolgen,        gepersonal-Regelung 2.0 (PPR 2.0) entwi-
Gesetz eingeführten personellen Untergren-        in dem die Unterschreitung der Untergren-        ckelt. Ziel ist es, die Verantwortung für den
zen für pflegesensitive Bereiche soll eine Ver-   zen der jeweiligen Station vermieden wer-        Personaleinsatz wieder zurück ins Kranken-
besserung der Arbeitsbedingungen für die          den kann. Werden die Fallzahlen nicht ein-       haus zu verlagern und so eine zielgerichtete
Pflegekräfte sowie die Gewährleistung einer       gehalten, werden Vergütungsabschläge für         haus- und fachabteilungsindividuelle Perso-
sicheren Behandlung der Patienten sein.           den Anteil, der nicht wie verhandelt verrin-     nalplanung zu ermöglichen, die eine qualita-
                                                  gerten Fallzahl fällig.                          tiv hochwertige medizinische Versorgung
Bisher galten die Innere Medizin, Allgemeine                                                       der Patienten sicherstellt und gleichzeitig
Pädiatrie, Allgemeine Chirurgie, Unfallchirur-    Mit der Erweiterung der als pflegesensitiv       Flexibilität ermöglicht. Einschätzungen zufol-
gie, Intensivmedizin, Pädiatrische Intensiv-      eingestuften Fachabteilungen werden die          ge wird der mittel- bis langfristige Mehrbe-
medizin, Geriatrie, Kardiologie, Herzchirur-      Krankenhäuser vor weitere personelle und         darf in Deutschland mit 40.000 bis 80.000
gie, Neurologie, Stroke-Unit und die neuro-       auch finanzielle Herausforderungen gestellt.     Pflegekräften angegeben. Die neue Regie-
logische Frührehabilitation als pflegesensi­      Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Unter-       rung hat das Instrument der PPR 2.0 in den
tive Bereiche. Im März 2020 wurde die Ein-        grenzen regelhaft eingehalten und die ange-      Koalitionsvertrag aufgenommen.
haltung der Pflegepersonaluntergrenzen auf        strebte Versorgungsqualität in allen Fachab-
Grund der Corona-Pandemie, für die Inten-         teilungen aufrechterhalten werden kann,          Ob und wie schnell die Koalition die PPR 2.0
sivmedizin und Geriatrie bis August 2020          auch vor dem Hintergrund des sich verschär-      umsetzt und welche Auswirkungen sich dar-
und für die restlichen geltenden Bereiche         fenden Fachkräftemangels.                        aus ergeben werden, wird sich erst zeigen
bis Februar 2021, ausgesetzt. Seit dem                                                             müssen. Darüber hinaus ist die Steigerung
01.02.2021 sind die Vorgaben nun wieder           Insbesondere in der Pädiatrie besteht die Be-    der Attraktivität des Pflegeberufes zu be-
vollumfänglich zu erfüllen, was im Hinblick       fürchtung, dass sich durch die Aufgliederung     rücksichtigen, denn unabhängig davon, wel-
auf weiterhin hohe Corona-Inzidenzwerte           der pädiatrischen Bereiche ein hoher büro-       ches Personalbemessungsinstrument einge-
zur Diskussion führt.                             kratischer Aufwand ergibt. Hintergrund ist,      setzt wird, bleiben der Fachkräftemangel
                                                  dass die Pflegeschlüssel für die neonatologi-    sowie die Refinanzierung der zusätzlich not-
                                                  sche Pädiatrie nicht nur für die neonatologi-    wendigen Stellen bestimmende Themen für
                                                  schen Stationen gelten, sondern den kom-         die Krankenhäuser.

8
Mindestmengen-Regelung                          Auch wenn die neuen Mindestmengen für           Leistungen Konsequenzen auf die zukünf­
                                                die chirurgische Behandlung von Brustkrebs      tige Fachabteilungsstruktur, Personalbeset-
Neben den Neuerungen bei den Pflegeper-         und für das Lungenkarzinom erst 2024 bzw.       zung, Kapazitätsplanung und insbesondere
sonaluntergrenzen soll durch die Anpassung      2025 gültig werden, müssen die Kliniken         die Patienten einen Einfluss hat.
der Mindestmengen die Qualität der Versor-      sich schon jetzt damit auseinandersetzten,
gung der Patienten verbessert werden. Das       wie sie planerisch mit den Veränderungen        Veränderungen in der Prüfverfahrens-
Ziel der neuen und höher gesetzten Mindest-     umgehen werden. Insbesondere die Kran-          vereinbarung und Strukturprüfungen
mengen ist eine höhere Behandlungssicher-       kenhäuser, die die aktuell geltenden Min-
heit und -qualität bei komplexen und teilwei-   destmengen nicht bzw. nur knapp erreichen,      Mit den Änderungen durch das MDK-
se nicht routinemäßigen Eingriffen.             müssen die Perspektive der betreffenden         Reformgesetz folgen in diesem Jahr weitere
                                                Leistungen hinterfragen: Ist die Erreichung     Herausforderungen für die Krankenhäuser,
Mit Wirkung zum 01.01.2022 hat der G-BA         der Mindestmengen auf der aktuellen             die zum Ziel haben, die Abrechnungsqualität
neue Mindestmengenregelungen für die            Grundlage realistisch? Können oder sollen       zu erhöhen und den Prüfungsaufwand
chirurgische Behandlung von Brustkrebs          die Leistungen zukünftig erbracht werden?       insgesamt zu verringern.
(Mamma-Ca) und für das Lungenkarzinom           Wie ist die Erreichung der Mindestmenge
bei Erwachsenen festgelegt sowie die Min-       möglich? Hierbei spielen die medizinstrategi-   Die wichtigsten Änderungen für die Kran-
destmengen bei den komplexen Eingriffen         sche Ausrichtung, die notwendige personel-      kenhäuser betreffen die Prüfquoten, die
am Organsystem Pankreas, komplexen Ein-         le Ausstattung, eventuelle Personalwechsel      Regelung zu Straf- bzw. Aufschlagszahlun-
griffen am Organsystem Ösophagus für Er-        insbesondere im Chef- und Oberarztbereich,      gen, die eingeschränkte Rechnungskorrektur
wachsene und bei der Versorgung von Früh-       mögliche Kooperationen sowie das Einzugs-       sowie Falldialoge und Erörterungsverfahren.
und Reifgeborenen mit einem Aufnahme-           gebiet eine entscheidende Rolle. Denn wenn      Zusätzlich muss für bestimmte komplexe
gewicht von unter 1.250 g erhöht. Die           ein Krankenhaus nicht plausibel prognosti­      Leistungen die Erfüllung der notwendigen
Anpassung findet dabei gestaffelt bis 2024      zieren kann, dass die Mindestmengen des         OPS-Strukturmerkmale zur Prüfung vorge-
bzw. 2025 statt.                                jeweiligen Eingriffes im Folgejahr erreicht     legt werden.
                                                werden, darf die Leistung nicht mehr er-
Die Mindestmenge für komplexe Eingriffe         bracht werden bzw. wird bei Unterschreiten      Von allen Krankenhäusern, die eine Prü-
am Organsystem Pankreas für Erwachsene          der Mindestmenge im Worst Case nicht            fung beantragt haben, konnten zum Stand
wurde 2021 von 10 auf 20 Eingriffe erhöht.      vergütet.                                       24.02.2022 92 % die OPS-Strukturmerkmale
Hierbei gilt eine Übergangsfrist bis 2025.                                                      erfüllen. Die übrigen 8 % haben die Möglich-
Für 2022 und 2023 gilt weiterhin die Min-       Für die Patienten bedeutet dies auf der einen   keit, nach entsprechenden Nachbesserungen
destmenge von 10 Eingriffen, für 2024 sind      Seite eine möglicherweise höhere Qualität       eine erneute Prüfung zu beantragen. Bei
15 Eingriffe zu erbringen. Für komplexe         der Leistungserbringung, auf der anderen        erfolgreicher Prüfung ist eine Beanstandung
Eingriffe am Organsystem Ösophagus für          Seite jedoch unter Umständen erhöhte We-        der Abrechnung aufgrund der OPS-Struktur-
Erwachsene werden die Mindestmengen             ge- und Wartezeiten, wenn Krankenhäuser         merkmale durch die Kasse bzw. den Medizi­
dieses Jahr von 10 auf 26 Eingriffe und für     zukünftig als Leistungserbringer wegfallen      nischen Dienst (MD) nicht mehr möglich.
die Versorgung von Früh- und Reifgebore-        und sich eine Konzentration auf Zentren
nen mit einem Aufnahmegewicht unter             ergibt.                                         Der Prüfungsaufwand soll sich durch die
1.250 g von 14 auf 20 Leistungen erhöht.                                                        festgelegte Prüfquote reduzieren und mehr
Hier gelten ebenfalls Übergangsregelungen       Bei einer nicht mehr sichergestellten Versor-   Planungssicherheit für die Krankenhäuser
bis 2024 (Früh- und Reifgeborene) bzw.          gung einer bestimmten Leistung treten           bewirken. Die Prüfquote und die Straf- bzw.
2025 (Ösophagus).                               Ausnahmetatbestände ein, die die Leistungs-     Aufschlagszahlungen werden seit 2022 an-
                                                erbringung nach Genehmigung durch die           hand der Abrechnungsprüfungen im Vor-
Die neuen Mindestmengenregelungen lie-          Landesverbände der Krankenkassen und der        quartal nach einem entsprechenden Schema
gen für das Mamma-Ca bei 100 Operatio-          Ersatzkassen für ein Jahr erlauben können.      berechnet.
nen und für das Lungenkarzinom bei 75
Operationen pro Jahr und Krankenhaus­           Für die Krankenhäuser bedeutet die Anpas-
standort. Für 2022 und 2023 gelten über-        sung und Neueinführung der Mindestmen-
gangsweise keine Mindestmengen, 2024            gen die Notwendigkeit einer realistischen
sind übergangsweise 50 (Mamma-CA) bzw.          strategischen Mittelfristplanung sowie ggf.
40 Operationen (Lungenkarzinom) nachzu-         eine Neuausrichtung des Leistungsspekt-
weisen.                                         rums und des Personals. Wichtig ist es, sich
                                                bereits jetzt mit den zukünftigen Auswirkun-
                                                gen zu beschäftigen, da die Entscheidung
                                                über die Möglichkeit der Erbringung der

                                                                                                                                          9
novus UNTERNEHMENSBERATUNG

                                                             Prüfquote
                    In Abhängigkeit des Anteils vom MD unbeanstandeter Abrechnungen aller geprüften Abrechnungen

             ≥ 60 %                              < 60 % – 40 %                         < 40 %                              < 20 %

       Prüfquote bis 5 %                   Prüfquote bis 10 %                    Prüfquote bis 15 %                   Prüfquote offen

                                                                 Strafzahlungen
                                             Fällig bei Anteil korrekter Abrechnungen unter 60 %

                   ≥ 60 %                                        < 60 % – 40 %                                       < 40 %

               Kein Aufschlag                                    Aufschlag 25 %                                 Aufschlag 50 %

  ff
   Rückzahlungen der Differenz zwischen dem abgerechneten Betrag und dem geminderten Abrechnungsbetrag zuzüglich dem
   Aufschlag auf die Differenz.

                                                     ff
                                                      Die Strafzahlung beträgt allerdings maximal 10 % des geminderten Abrechnungs­
                                                      betrages und mindestens 300 €.

Weitere Änderungen ergeben sich u. a.              Adäquate digitale Strukturen und unterstüt-     Die Herausforderung der Politik besteht in
durch das Rechnungskorrekturverbot, wel-           zende Software-Anwendungen erhöhen              der Weiterentwicklung der Vergütungssyste-
ches eine nachträgliche Korrektur der Ab-          dabei die Abrechnungsqualität und das           me im ambulanten und stationären Bereich,
rechnung untersagt und damit die sofortige         Abrechnungsmanagement bei der Erfüllung         um allgemeine Trends und Anforderungen
vollständige Einreichung aller Unterlagen          der gesetzlichen Vorgaben.                      aufzufangen. Ein Beispiel hierfür ist die
an die Krankenkassen notwendig macht.                                                              geplante Einführung des Hybrid-DRG. Eine
                                                   Nach den statistischen Auswertungen zur         adäquate Vergütungsstruktur ambulanter
Aus Sicht der Krankenhäuser ergibt sich prin-      Abrechnungsprüfung des GKV Spitzenver-          Leistungen verringert die Fehlbelegungspro-
zipiell eine Entlastung im Sinne von weniger       bands waren von 290.137 durch eine Leis-        blematik und erhöht die Anreize für die Kran-
Prüfungen, allerdings nur dann, wenn die           tungsentscheidung beendeten MD-Prüfun-          kenhäuser, das bestehende ambulante Poten-
Prüfquote niedrig gehalten wird. Dafür ist         gen im dritten Quartal 2021 (entspricht einer   zial konsequenter zu heben. Voraussetzung
eine zeitnahe und prüfsichere Abrechnungs-         durchschnittlichen Prüfquote von 11 %)          neben eines gesundheitspolitisch angepass-
erstellung notwendig. Eine gute Aufstellung        rd. 51 % minderungsfähig. 42 % der bean-        ten Vergütungsrahmens sind und bleiben
des eigenen Abrechnungsmanagements ist             standeten Prüfungen sind auf sekundären         jedoch die Anpassung der internen Struktu-
daher für eine hohe Abrechnungsqualität,           Fehlbelegungen, 32 % auf fragliche Kodie-       ren und Prozesse, die das interne Kostenge-
eine niedrige Prüfquote sowie für die Be-          rungen und 16 % auf primäre Fehlbelegung        rüst der Leistungserbringung maßgeblich
werkstelligung von Falldialogen und Erörte-        zurückzuführen (Stand 2019). Daher sollten      flankieren.
rungsverfahren unumgänglich. Wesentlich            die Krankenhäuser neben der Erhöhung der
hierbei sind möglichst standardisierte Kodier-     Abrechnungsqualität auch ein Augenmerk          Die PrüfvV soll die Abrechnungsqualität
und Abrechnungsprozesse, die sich an ein           auf das Verweildauermanagement sowie das        erhöhen und den Prüfungsaufwand für
stringentes Entlassmanagement anschließen          ambulante Potenzial legen. Zukünftig wird       alle Seiten standardisieren und verringern. Es
bzw. bestenfalls damit verzahnt sind.              sich das ambulante Potenzial aufgrund des       bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die Neu-
                                                   medizinisch-technischen Fortschritts sowie      regelungen auf den Krankenhausalltag aus-
                                                   der Neugestaltung des AOP-Kataloges vor-        wirken werden, z. B., ob eine hohe Anzahl
                                                   aussichtlich erhöhen.                           an Falldialogen zu mehr Prüfungen führt

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oder ob dieses Instrument als Chance zum           Aus den Ergebnissen einer Umfrage des            Aufwand entsteht durch die Regelungen
offenen Dialog zwischen den Krankenhäu-            Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag        auch ein hohes Maß an Unsicherheit. Viele
sern und den Krankenkassen bzw. dem MD             der Deutschen Krankenhausgesellschaft            Krankenhäuser sind bisher nicht ausreichend
genutzt wird.                                      (DKG) vom 24.01.2022 geht hervor, dass           auf die Veränderungen vorbereitet und müs-
                                                   bereits 95 % des Krankenpflegepersonals          sen sich nun neu aufstellen im Hinblick auf
Einrichtungsbezogene Impfpflicht                   geimpft sind. Dies klingt zunächst positiv;      Prozesse, Leistungsplanung, Strategieaus-
                                                   aufgrund des bestehenden und steigenden          richtung und Medizincontrolling.
Mit dem aktuellen Infektionsschutzgesetz           Fachkräftemangels ist es für viele Kranken-
(IfSG) wurde die Impfpflicht für Angestellte       häuser aber bereits aktuell eine Herausforde-    Die Vielzahl der Änderungen und deren
in Gesundheitseinrichtungen und -unterneh-         rung, einzelne Mitarbeiter adäquat zu erset-     gewichtige Auswirkungen erfordern daher
men beschlossen (siehe auch S. 6 in dieser         zen. Auch im Hinblick auf die Einhaltung         wieder einmal mehr eine kritische Analyse
Ausgabe des novus Gesundheitswesen).               der Pflegepersonaluntergrenzen und die           der aktuellen Abläufe und Prozesse, eine
                                                   neuen Mindestmengenregelungen erhöht             vorausschauende Planung sowie die zeitna-
Mit Inkrafttreten dieser Version des Gesetzes      sich damit die Planungsunsicherheit für die      he Umsetzung der notwendigen Änderun-
gilt die Impfpflicht gegen das Corona-Virus        Krankenhäuser.                                   gen. Für die Sicherstellung des Klinikbetriebs
seit dem 15.03.2022 für alle Mitarbeitenden                                                         ist dies ebenso wichtig wie die zukünftige
in Gesundheitseinrichtungen und -unterneh-         Bei Mitarbeitern, die nicht in der direkten      Strategieausrichtung.
men. Der Arbeitnehmer muss einen Nach-             Patientenversorgung eingebunden sind, wie
weis seiner Immunisierung vorlegen. Dazu           z. B. in der Personalabteilung, könnte über      Annika Brunkhardt
zählen Impf- und Genesenennachweise oder           flexible Arbeitsmodelle im Homeoffice nach-      +49 221 20643-207
eine Bescheinigung über eine medizinische          gedacht werden, um ungeimpfte Mitarbeiter
Kontraindikation. Bei Ablauf der Gültigkeit        trotz Impfpflicht weiter zu beschäftigen.        Nina-Marie Holzkamm
muss innerhalb eines Monats ein neuer              Die ggf. resultierende ungleiche Behandlung      +49 221 20643-206
Nachweis vorgelegt werden.                         im Vergleich zu den Berufsgruppen mit
                                                   direktem Patientenkontakt wird vermutlich
§ 20a IfSG regelt zudem, dass dem Gesund-          zu weiteren Diskussionen und Unzufrieden-
heitsamt jeder Mitarbeiter, der keinen Nach-       heit führen.
weis über eine Immunisierung oder Kontra-
indikation vorlegt, durch den Arbeitgeber          Insgesamt ergibt sich aus der einrichtungs-
gemeldet werden muss. In Folge der Mel-            bezogenen Impfpflicht ein bürokratischer
dung an das Gesundheitsamt wird die                Aufwand, ergänzend zu den übrigen Neu­
Person aufgefordert, einen entsprechenden          regelungen. Der Arbeitgeber muss nicht
Nachweis zu erbringen. Geschieht dies nicht,       nur gewährleisten, jeden Arbeitnehmer
kann das Amt ein Verbot über das Betreten          überprüft zu haben. Er muss auch die Daten
der Arbeitsstätte aussprechen.                     datenschutzkonform aufbewahren und an
                                                   das Gesundheitsamt weiterleiten und er
Neben den wenigen eindeutig definierten            muss er sich zudem damit auseinanderset-
Regelungen bleiben für die Krankenhäuser           zen, wie er mit ungeimpften Mitarbeitern
viele Fragen offen. Die Pflicht zur Überprü-       umgeht auch im Hinblick auf die Konse-
fung der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber         quenzen, die sich aus künftigen Gerichtsur-
ist bisher dessen einzige festgelegte Pflicht.     teilen und Rechtsverfahren sowie eventuel-
Hat er diese zum 15.03.2022 erfüllt, ist           len Nachschärfungen des Gesetzes ergeben.
zunächst unklar, welche konkreten Schritte         Welche Auswirkungen die einrichtungsbezo-
folgen. Wie mit Mitarbeitern verfahren wird,       gene Impflicht für die Pflichten der Arbeitge-
die keinen Nachweis vorlegen, könnte zwar          ber und die Beschäftigung der Mitarbeiter
allgemein rechtlich abgeleitet werden, wie die     haben wird, bleibt daher abzuwarten.
Gerichte allerdings bezogen auf diese beson-
deren Umstände entscheiden werden, ist un-         Fazit
klar. Erwartet wird daher eine Vielzahl von Kla-
gen. Wie auch bei der Auslegung des Infek­-        Die Herausforderungen, die sich für die
tionsschutzgesetzes in Bezug auf die Corona-       Krankenhäuser aus der anhaltenden COVID-
Maßnahmen, werden die Bundesländer und             19-Pandemie sowie den gesetzlichen Neure-
auch die jeweiligen Ämter unter Umständen          gelungen und deren Auswirkungen erge-
individuelle Regelungen festlegen. Eine ein-       ben, sind vielfältig. Neben dem erhöhten
heitliche Bewertung wird somit unmöglich.          bürokratischen, personellen und finanziellen

                                                                                                                                               11
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