Novus GESUNDHEITSWESEN - Ebner Stolz
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1. AUSGABE 2022 novus GESUNDHEITSWESEN Paukenschlag des BSG: Einrichtungsbezogene Neuregelungen im Vertragsarztrechtliche Impfpflicht: Geltung Fokus – Was ändert Anstellungsgenehmigung für alle dort „tätigen“ sich für Krankenhäuser setzt das Vorliegen einer Personen in 2022? abhängigen Beschäftigung voraus
novus EDITORIAL Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, in unserer ersten Ausgabe des novus Gesundheitswesen 2022 haben wir für Sie Themen auf- bereitet, die in den kommenden Monaten zu besonderen Herausforderungen werden. Auch zu Beginn des Jahres 2022 bleibt die COVID-19-Pandemie weiterhin ein gewichtiges Thema im Gesundheitswesen. Insbesondere die Einführung der einrichtungsbezogenen Impf- licht zum 15.03.2022 hat Einfluss auf die Einrichtungen, das dort mittelbar und unmittelbar beschäftige Personal, die Patienten und Bewohner sowie die Gesundheitsämter. In der aktuel- len Ausgabe des Novus möchten wir Ihnen daher einen Einblick geben in die unterschiedlichen Perspektiven der einrichtungsbezogene Impfpflicht. Weiterhin beschäftigen auch eine Vielzahl neuer Gesetze und Verordnungen, die zu Jahresbe- ginn in Kraft getreten sind, sowie aktuelle Gerichtsurteile mit weitreichenden Auswirkungen die Krankenhäuser. Im Steuerrecht behandeln wir in dieser Ausgabe das umsatzsteuerliche Thema der ambulanten Abgabe von Fertigarzneimitteln in Krankenhäusern sowie den sozialrechtlichen Umgang von Umsatzsteuererstattungsansprüchen, der sich daraus ergibt. In rechtlicher Hinsicht ist ein wesentliches Urteil des Bundessozialgerichts zur Erteilung einer Anstellungsgenehmigung für Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft zu diskutieren. Es wird außerdem ein Ausblick gegeben, wie mit der Problematik umgegangen werden kann. Im Abschnitt der Unternehmensberatung werden die für dieses Jahr besonders wichtigen Neu- regelungen und deren Auswirkungen auf die Krankenhäuser im Überblick zusammengefasst. Dazu zählen die Änderungen der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, die Umsetzung der Prüfverfahrensvereinbarung, die neuen Mindestmengenregelungen und auch die einrich- tungsbezogene Impfpflicht. Gerne informieren wir Sie in eigener Sache über die Ernennung von Dr. Sarah Gersch-Souvignet zur Partnerin, Daria Madejska zum Counsel sowie Annika Brunkhardt zum Director. Weiterhin freuen wir uns, dass wir unser Medizinrechtsteam mit Anne Marie Norrenbrock und Dr. Maren Trautmann verstärken konnten. Wir freuen uns stets über Ihr Feedback und Interesse und stehen Ihnen gern zum weiteren Austausch zur Verfügung. Dr. Sarah Gersch-Souvignet Annika Brunkhardt Rechtsanwältin, Fachanwältin Dipl. Gesundheitsökonomin (FH) und für Medizinrecht und Director bei Ebner Stolz Partnerin bei Ebner Stolz in Köln in Stuttgart 2
INHALT STEUERRECHT Neuentwicklungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der ambulanten Abgabe von Fertigarzneimitteln in Krankenhäusern und zur sozialrechtlichen Behandlung von Umsatzsteuererstattungsansprüchen hieraus 4 RECHTSBERATUNG Paukenschlag des BSG: Vertragsarztrechtliche Anstellungsgenehmigung setzt das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung voraus 5 Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Geltung für alle dort „tätigen“ Personen 6 „Reservierungsgebühr“ für das Freihalten eines Platzes im Pflegeheim unzulässig 7 UNTERNEHMENSBERATUNG Neuregelungen im Fokus – Was ändert sich für Krankenhäuser in 2022? 8 3
novus STEUERRECHT Neuentwicklungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der ambulanten Abgabe von Fertigarzneimitteln in Krankenhäusern und zur sozialrechtlichen Behandlung von Umsatzsteuererstattungsansprüchen hieraus Für patientenindividuell hergestellte und zur unbestimmten Ausweitung der Umsatz- Offenbar hatte das BSG zum Zeitpunkt der abgegebene Medikamente von Kranken- steuerfreiheit, weil diese auf die Fälle Urteilsverkündung noch keine Kenntnis hausapotheken im Rahmen einer ambu- beschränkt bleibe, in denen eine enge Ver- vom Zwischenurteil des FG Sachsen-Anhalt. lant in demselben Krankenhaus durchge- bindung mit einer ärztlichen Heilbehand- führten Heilbehandlung wird mittler- lung vorliege. Hinweis: Zwar ist bezüglich des Zwischen- weile auch von der Finanzverwaltung das urteils des FG Sachsen-Anhalt Revision beim Vorliegen eines umsatzsteuerfreien Um- Losgelöst von diesem Urteil hat das Bundes- BFH anhängig, gleichwohl empfehlen wir satzes nach § 4 Nr. 14 b UStG anerkannt sozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung Krankenhäusern, die eine eigene Kranken- (vgl. BMF-Schreiben vom 28.09.2016, vom 10.11.2021 eine Nichtzulassungs hausapotheke führen und in ihren Ambulan- BStBl. 2016 I S. 1043). Dagegen sieht die beschwerde (Az. B 1 KR 5/21 B), die Um- zen Fertigarzneimittel abgeben, ihre Um- Finanzverwaltung die Abgabe von Fertig- satzsteuerrückerstattungsansprüche einer satzsteuerbescheide soweit noch möglich arzneimitteln im Rahmen einer ambu- gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) offenzuhalten, um nicht schadensersatz- lanten Krankenhausbehandlung nicht bezüglich im Krankenhaus ambulant ab pflichtig gegenüber den GKV zu werden. als einen umsatzsteuerfreien, mit der gegebener Fertigarzneimittel zum Gegen- Denn wie Sozialgerichte auf Umsatzsteuer- Heilbehandlung eng verbundenen Um- stand hatte, abgewiesen. Die Ansprüche rückerstattungsansprüche in Bezug auf am- satz an, selbst wenn sie als Begleitmedi- der GKV bestünden, da es keine eindeuti- bulant abgegebene Fertigarzneimittel reagie- kamente verabreicht werden (vgl. Verfü- gen Regelungen der Finanzverwaltung ren werden, kann derzeit nicht vorhergese- gung der OFD Frankfurt vom 22.11.2016 gäbe. Weder behandle die Finanzverwal- hen werden. Ferner sollten betroffene Kran- (DStR 2017, S 604). tung ambulant abgegebene Fertigarznei- kenhäuser die Regelungen in ihren Verträgen mittel umsatzsteuerfrei, noch sei sie der nach § 129a SGB V bezüglich Ausgleichsme- Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hatte Auffassung, dass jene unter den ermäßig- chanismen überprüfen, um gegebenenfalls ein Zwischenurteil (Urteil vom 20.10.2021, ten Umsatzsteuersatz fallen würden. Gerichtsverfahren zu verhindern. Az. 3 K 1024/17) erlassen, indem es auch die Verabreichung von Fertigarzneimitteln Das BSG führt aber aus, dass eine Mindest- Wolfgang Reinhart im Rahmen einer ambulanten Kranken- voraussetzung für die Pflicht eines Kranken- +49 711 2049-1425 hausbehandlung als mit der Heilbehand- hauses, Umsatzsteuererstattungsansprüche lung eng verbundenen umsatzsteuerfreien gegenüber der Finanzverwaltung offen zu Umsatz nach § 4 Nr. 14 b UStG einstuft. halten, sei, dass ein Urteil eines Finanzge- Entscheidend für diese Einstufung sei, dass richts vorliege, das die Umsatzsteuerpflicht die Erreichung der therapeutischen Ziele im der Abgabe von Fertigarzneimittel verneine Rahmen der ambulanten Heilbehandlung oder den ermäßigten Umsatzsteuersatz auf Grund der ärztlichen Entscheidung für Anwendung halte. Hierbei verweist zur Verabreichung unerlässlich war. Ob das das BSG auf seine frühere Rechtsprechung Medikament individuell für den Patienten vom 19.04.2019 (BSGE 128, S. 65), wo- hergestellt wird oder ob es ein Fertigarz nach außergerichtliche kostenlose Rechts- neimittel ist, sei für die umsatzsteuerliche behelfe zumutbar seien, um einen vertrag Beurteilung ohne Relevanz. Es käme allein lichen Rückzahlungsanspruch abzusichern, auf die Bedeutung des Medikaments im wenn bei verständiger Würdigung die Rahmen der Heilbehandlung an. Der Um- naheliegende Möglichkeit der Änderung stand der Notwendigkeit einer Verabrei- der Rechtsauffassung der Steuerverwaltung chung von Fertigarzneimitteln im Rahmen bestehe. Dies sei jedoch nur dann der von Heilbehandlungsleistungen reiche aus, Fall, wenn der Krankenhausträger mit dem um von einem mit der ärztlichen Heil Hinweis auf eine abweichende finanzge- behandlung eng verbundenen Umsatz aus- richtliche Entscheidung erwarten dürfe, dass gehen zu können. Hierbei reiche es aus, die Steuerverwaltung ihrerseits das Verwal- wenn der behandelnde Arzt von der Not- tungs- oder zumindest das Einspruchsverfah- wendigkeit ausgehe. Es komme auch nicht ren deswegen nicht abschließen werde. 4
novus RECHTSBERATUNG Paukenschlag des BSG: Vertragsarztrechtliche Anstellungsgenehmigung setzt das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung voraus Am 26.01.2022 hat der Sechste Senat des für die Entscheidung über die Genehmigung ff Gesellschafter, der nicht zum Geschäfts- Bundessozialgerichts (BSG) im Rahmen der Anstellung erheblich seien. In diesem Fall führer bestellt ist, mit einem Kapitalanteil einer MVZ-Gründung über die Anstel- stünden keine solche Belange der Anstellungs- bis einschließlich 50 % – auch wenn er lungsgenehmigungen zweier GbR-Gesell- genehmigung entgegen, weshalb den Anträ- über eine Sperrminorität verfügt. schafter klargestellt (Az. B 6 KA 2/21 R), gen stattzugeben war. Nach der Sprungrevisi- dass die Anstellungsgenehmigungen in on des Berufungsausschusses Sachsen-Anhalt Fazit dieser Konstellation seitens des zustän- zum BSG wurde das Urteil des SG Magdeburg digen Zulassungsausschusses zu Recht aufgehoben und der Antrag auf Erteilung der Die Veröffentlichung der Entscheidungs- abgelehnt wurden, weil kein abhängi- Genehmigungen als unbegründet abgewie- gründe bleibt abzuwarten. In bestimmten ges Beschäftigungsverhältnis anzuneh- sen. Begründet wurde die Entscheidung da- Konstellationen, wie etwa einer MVZ-Träger- men war. Auch wenn die Entscheidungs- mit, dass angestellte Ärzte nicht die Rechts- gesellschaft mit zwei Gesellschaftern bei gründe des BSG bisher noch nicht ver- macht besitzen dürfen, durch Einflussnahme paritätischer Kapitalbeteiligung, dürfte die öffentlicht sind, ist anzunehmen, dass auf die Gesellschafterversammlung die Geschi- Bestellung eines Fremdgeschäftsführers die die Grundsätze dieser Entscheidung auf cke der Gesellschaft zu bestimmen und damit Lösung des Problems sein. Der Gesellschafter MVZ-Trägergesellschaften in der Rechts- die eigene Weisungsgebundenheit als Ange- einer Ein-Mann-GmbH könnte seitens der form einer GmbH übertragen werden stellte der Gesellschaft aufzuheben. Zulassungsausschüsse jedoch zukünftig auf und damit die Ein-Mann-GmbH sowie die Freiberuflervariante verwiesen werden, die Gründung von MVZ durch zwei Rechtsprechung des BSG zur Sozial wenngleich dies den bestehenden vertrags- Vertragsärzte in der Verzichtsvariante versicherungspflicht des Gesellschafter- arztrechtlichen Regelungen widerspricht. erheblich erschwert werden. Geschäftsführers Bereits zugelassene MVZ dürften bis zur nächsten strukturellen Veränderung Be- Im Streitfall beantragten zwei Ärzte sowohl Der Sechste Senat des BSG verweist zur Be- standsschutz genießen. die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform gründung seiner Entscheidung auf die Recht- einer GbR als auch die Genehmigung ihrer sprechung des Zwölften Senats. Hieraus ergibt Dr. Sarah Gersch-Souvignet Anstellung in diesem MVZ im Wege des sich eine abhängige Beschäftigung grund- +49 221 20643-642 Verzichts auf ihre Zulassungen zum Zwecke sätzlich in folgenden Fallkonstellationen: der Anstellung. Der Zulassungsausschuss Dr. Maren Trautmann lehnte den Antrag auf Genehmigung der ff Gesellschafter, der zum Geschäftsführer Anstellungen ab. Das MVZ klagte sodann bestellt ist, mit einem Kapitalanteil von auf Erteilung der Anstellungsgenehmigun- weniger als 50 % – jedenfalls dann, wenn gen vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg. der Gesellschaftsvertrag ihm keine ver- Dieser Klage gab das SG Magdeburg statt. gleichbare Position wie einem Mehrheits- Es war der Auffassung, dass ausschließ- gesellschafter einräumt, etwa in Form lich vertragsarztrechtliche Gesichtspunkte einer qualifizierten Sperrminorität; 5
novus RECHTSBERATUNG Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Geltung für alle dort „tätigen“ Personen Der Bundestag hat am 10.12.2021 das tätige Personen, wie z. B. Hausmeister oder genen Impfpflicht ausgenommen, die sich „Gesetz zur Stärkung der Impfpräven Transport-, Küchen- oder Reinigungsperso- lediglich kurzweilig und vorübergehend in tion gegen Covid-19“ und damit die sog. nal. Erfasst sind zusätzlich Auszubildende, der Einrichtung befinden. Zusätzlich sind die „einrichtungsbezogene“ Impfpflicht be- Personen, die ihren Freiwilligendienst ableis- Bewohner und Patienten von der Impfpflicht schlossen. Ziel dieser neuen Regelung ten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie ausgenommen, inklusive ihrer Begleitperso- ist es, ältere und vorerkrankte Menschen Zeitarbeitskräfte. nen. besser vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Wer davon (Vorläufige) Verfassungsmäßigkeit der Konsequenzen für Einrichtungen betroffen ist, wird im Folgenden be- einrichtungsbezogenen Impflicht leuchtet. Die von dem Gesetz betroffenen Personen Mehrere Eilanträge, die sich gegen die mussten spätestens bis zum 15.03.2022 der Gemäß § 20a Abs. 1 IfSG müssen Personen, einrichtungsbezogene Impfpflicht richteten, Einrichtung, in der sie tätig sind, einen Nach- die u. a. in Krankenhäusern, Pflegeeinrich- lehnte das Bundesverfassungsgericht bereits weis über eine Impfung oder Genesung tungen aber auch in Arztpraxen tätig sind, am 11.02.2022 mit der Begründung ab, dass vorlegen. Alternativ konnten sie auch ein geimpft oder genesen sein. Eine Ausnahme die Verfassungsbeschwerde im Hauptverfah- ärztliches Attest vorlegen, aus dem hervor- besteht lediglich für Personen, die aus medi- ren zwar nicht offensichtlich unbegründet geht, dass sie aus medizinischen Gründen zinischen Gründen nicht geimpft werden sei, jedoch eine Folgenabwägung zulasten nicht geimpft werden können. Verliert ein können. Im Vordergrund des Gesetzes ste- der Antragsteller ausfallen müsse. Denn die Nachweis seine Gültigkeit, z. B. weil mehr als hen betreuende Personen, die einen direkten eintretenden Nachteile, die für ungeimpfte sechs Monate seit Genesung vergangen sind, Kontakt zu den vulnerablen Personengrup- Personen entstehen würden, wenn die einst- muss ein neuer Nachweis vorgelegt werden. pen haben. weilige Anordnung nicht ergehe und die Verfassungsbeschwerde nachher im Haupt- Die Einrichtungen müssen das zuständige Ge- Geltungsbereich der Impfpflicht und verfahren Erfolg hätte, seien nicht so groß, sundheitsamt informieren, wenn die Nach- Betroffene im Einzelnen wie die möglichen Nachteile für vulnerable weise nicht fristgerecht vorgelegt werden Gruppen im alternativen Szenario. Auf Sei- oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit Dies lässt vermuten, dass die Impfpflicht ten der ungeimpften Personen stünde das der vorgelegten Nachweise bestehen. Das ausschließlich für Beschäftigte einer der im Risiko einer körperlichen Reaktion auf den Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in Gesetz genannten Einrichtungen gilt. Der Impfstoff. Die Folgen bei Verweigerung der einer solchen Einrichtung oder den Zutritt Wortlaut der Norm macht jedoch deutlich, Impfung und den damit einhergehenden dazu untersagen. Eine Missachtung der Prü- dass die Impfpflicht alle Personen betrifft, beruflichen Einschränkungen seien jedoch fung der Beschäftigten wird mit Bußgeldern die in diesen Einrichtungen „tätig“ sind. Das temporär, bis eine Entscheidung im Haupt- geahndet. bedeutet, dass diese Personen nicht zwangs- verfahren ergehen würde. Die vulnerablen weise in einer solchen Einrichtung angestellt Gruppen hingegen seien bis zur Hauptsache- Ob jedoch die einrichtungsbezogene Impf- sein müssen, denn auf ein konkretes Ver- entscheidung einer „deutlich größeren Ge- pflicht in dem vorgenannten Maße tatsäch- tragsverhältnis zwischen der jeweiligen Ein- fahr ausgesetzt, sich mit dem Coronavirus lich durchgesetzt werden wird, bleibt frag- richtung und der dort tätigen Person kommt SARS-CoV-2 zu infizieren und deshalb lich, denn die Verhängung von Geldbußen es für die Verpflichtung nicht an. Zudem ist schwer oder gar tödlich zu erkranken“. Dies liegt grundsätzlich im Ermessen der Verfol- die Art der Beschäftigung ohne Bedeutung. sei auch unter Berücksichtigung der Omik- gungsbehörde. So ist bereits bekannt, dass Danach unterliegen auch externe Personen, ron-Variante anzunehmen. bspw. in Bayern vorerst keine Geldstrafen die in einer Pflegeeinrichtung ihre Leistun- erhoben werden sollen und es den Kommu- gen erbringen und sich nicht nur kurzweilig Zusammenfassend kann festgehalten wer- nen in Nordrhein-Westfalen gestattet sein in der Einrichtung aufhalten (z. B. ein Paket- den, dass die einrichtungsbezogene Impf- soll, die Prüfung bis zum 15.06.2022 durch- zusteller) einer Impfpflicht. pflicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zuführen. Zur operativen Umsetzung der verfassungsgemäß ist und nicht nur für einrichtungsbezogenen Impfpflicht siehe Nach der Gesetzesbegründung handelt es Beschäftigte einer Einrichtung gilt, sondern auch S. 11 in dieser Ausgabe des novus sich bei den erfassten Personen nicht nur um grundsätzlich für alle Personen, die im Rah- Gesundheitswesen. medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungs- men einer Tätigkeit eine in § 20a Abs. 1 IfSG personal, einschließlich zusätzlicher Betreu- genannte Einrichtung betreten. Dabei sind Daria Madejska, LL.M. ungskräfte, sondern auch um andere dort nur die Personen von der einrichtungsbezo- +49 221 20643-645 6
„Reservierungsgebühr“ für das Freihalten eines Platzes im Pflegeheim unzulässig Laut BGH ist die Vereinbarung einer „Reser- Hinweis: Bei § 15 Abs. 1 WBVG handelt es Heimträgers grundsätzlich nur für die Tage, vierungsgebühr“ für das Freihalten eines sich um eine gegenüber den allgemeinen an denen sich der Pflegebedürftige tatsäch- Platzes in einem Pflegeheim unwirksam. heimvertraglichen Vorschriften vorrangige lich im Heim aufhält (Berechnungstage). Die Spezialregelung für Verträge mit Leistungs- Zahlungspflicht der Heimbewohner oder Der Kläger verlangte die Rückzahlung einer empfängern der gesetzlichen Pflegeversiche- ihrer Kostenträger endet mit dem Tag, an Reservierungsgebühr für die Reservierung rung. Danach werden die vertraglichen Ver- dem der Heimbewohner aus dem Heim eines Zimmers für seine Mutter in einem gütungsvereinbarungen den Vorgaben der entlassen wird oder verstirbt. Pflegeheim. Die inzwischen verstorbene §§ 82 ff. SGB XI zur Pflegevergütung unter- Mutter war privat pflegeversichert. Der Klä- stellt. Widersprechende Vereinbarungen sind Die durch Leerstände verursachten Kosten ger schloss für seine Mutter mit Wirkung demnach unwirksam. Dieser Vorrang des eines Pflegeheimes werden in die Pflegesät- zum 15.02.2016 mit dem Pflegeheim einen Sozialrechts stelle einen generellen Grund- ze eingerechnet und anschließend anteilig Pflegevertrag über vollstationäre Pflege. Der satz des WBVG dar, so der BGH. Der Ver- auf die Heimbewohner umgelegt. Dabei ist Einzug der Mutter erfolgte am 29.02.2016. braucherschutz, den das WBVG bezweckt, der Zahlungsanspruch des Einrichtungsträ- Gemäß Pflegevertrag war von Vertragsbe- werde somit durch das soziale Leistungsrecht gers bei einem Auszug oder bei Versterben ginn bis zum Einzugstermin eine Reservie- überlagert. Der Anwendungsbereich des des Heimbewohners auf den Tag der Beendi- rungsgebühr zu entrichten, den das Pflege- § 15 Abs. 1 WBVG umfasse nicht nur Ver- gung der tatsächlichen Leistungserbringung heim für die Reservierung eines Zimmers im braucher, die unmittelbar Leistungen der sozi- zu begrenzen, weil ansonsten die Zeit des Zeitraum vom 15. bis zum 28.02.2016 in alen Pflegeversicherung beziehen, sondern Leerstands zulasten des Heimbewohners Höhe von 1.127,84 Euro in Rechnung stellte. auch Verbraucher, die Leistungen einer priva- doppelt berücksichtigt werden würde. ten Pflegepflichtversicherung erhalten. An- Der BGH entschied in seinem Urteil vom dernfalls käme es zu einer kaum nachvollzieh- Laut BGH ist damit untersagt, eine Platz- 15.07.2021 (Az. III RZ 255/20), dass die Ver- baren Ungleichbehandlung der hinsichtlich oder Reservierungsgebühr für die Zeit vor einbarung einer solchen Reservierungsge- des Leistungsumfangs gleichgestellten Versi- der Aufnahme des Pflegebedürftigen in bühr der Regelung des § 87a Abs. 1 SGB XI cherten in der privaten Pflegeversicherung. das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Ein- widerspricht und deshalb gemäß § 15 Abs. 1 zugstermin vertraglich festzulegen. Es ist S. 2 WBVG unwirksam ist. Demnach darf Konsequenzen für Pflegeheime und nicht möglich, abweichenden Vereinbarun- eine Reservierungsgebühr auf der Basis des deren Bewohner gen in einem Wohn- und Betreuungsvertrag vertraglichen Leistungsentgelts für die Zeit den Vorrang einzuräumen. vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in Das Entgelt für die Unterkunft und Verpfle- das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Ein- gung in einem Pflegeheim ist für den Tag Daria Madejska, LL.M. zugstermin nicht vertraglich vereinbart wer- der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das +49 221 20643-645 den. Aus diesem Grund war das Pflegeheim Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des zur Rückerstattung der Reservierungsgebühr Heimaufenthalts taggenau zu berechnen. verpflichtet. Danach besteht der Zahlungsanspruch des 7
novus UNTERNEHMENSBERATUNG Neuregelungen im Fokus – Was ändert sich für Krankenhäuser in 2022? Zum Jahreswechsel kamen auf die Kran- Darüber hinaus sind zum 01.01.2022 die bis- pletten Klinik-Aufenthalt des Patienten kenhäuser eine Reihe an neuen Regelun- herigen pflegesensitiven Bereiche um die Or- umfassen. Wenn ein neonatologischer Pati- gen zu. Während die Corona-Pandemie thopädie, Gynäkologie und Geburtshilfe er- ent bspw. von der neonatologischen Inten- noch immer für eine Vielzahl von am weitert und die Pädiatrie um die spezielle sivstation auf eine Normalstation verlegt Virus erkrankten Patienten und infekti- Pädiatrie und die neonatologische Pädiatrie wird, gelten für alle Patienten dieser Station onsbedingten Personalausfällen sorgt, ergänzt worden. Hier gelten folgende Rege- die strengeren Pflegepersonaluntergrenzen sind zudem Neuregelungen umzusetzen, lungen: der neonatologischen Pädiatrie. Diese neuen die die Krankenhäuser vor zusätzliche Regelungen haben insbesondere einen star- personelle, finanzielle und bürokratische ff Orthopädie: In der Tagschicht 10 : 1, in ken Einfluss auf Perinatalzentren. Diese müs- Herausforderungen stellt. Zu den Neure- der Nachtschicht 20 : 1 sen nicht nur die G-BA-Vorgaben zur Perso- gelungen zählen die Erweiterung der ff Gynäkologie und Geburtshilfe: In der Tag- nalausstattung für Frühgeborene erfüllen, durch das Pflegepersonal-Stärkungs-Ge- schicht 8 : 1, in der Nachtschicht 18 : 1 sondern zusätzlich die Untergrenzen für die setz eingeführten personellen Unter- ff Spezielle Pädiatrie: In der Tagschicht 6 : 1, neonatologische Pädiatrie sowie auf sog. grenzen nach der Pflegepersonalunter- in der Nachtschicht 14 : 1 Mischstationen für die pädiatrische Intensiv- grenzen-Verordnung (PpUGV) auf wei- ff Neonatologische Pädiatrie: In der Tag- medizin einhalten. Auch für die Kinderkliniken tere Fachabteilungen, die Anpassung schicht 3,5 : 1, in der Nachtschicht 5 : 1 wird die zusätzliche Differenzierung voraus- der Mindestmengenregelungen, die Ver- sichtlich zu einem zusätzlichen Koordinations- änderungen in der Prüfverfahrensverein- Bei Nichteinhaltung der Untergrenzen ist mit und Dokumentationsaufwand führen. barung (PrüfvV) sowie die Einführung ei- Vergütungsabschlägen zu rechnen. Alterna- ner einrichtungsbezogenen Impfpflicht. tiv können die Krankenhäuser auch eine Re- Als Gegenentwurf zu den Pflegepersonalun- duktion der Fallzahl zur Gewährleistung der tergrenzen haben die Deutsche Krankenh- Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung Vorgaben verhandeln. Gemäß § 5 der PpUG- ausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pfle- Sanktions-Vereinbarung muss die Verringe- gerat und die Gewerkschaft Ver.di die Pfle- Ziel der durch das Pflegepersonal-Stärkungs- rung mindestens in einem Umfang erfolgen, gepersonal-Regelung 2.0 (PPR 2.0) entwi- Gesetz eingeführten personellen Untergren- in dem die Unterschreitung der Untergren- ckelt. Ziel ist es, die Verantwortung für den zen für pflegesensitive Bereiche soll eine Ver- zen der jeweiligen Station vermieden wer- Personaleinsatz wieder zurück ins Kranken- besserung der Arbeitsbedingungen für die den kann. Werden die Fallzahlen nicht ein- haus zu verlagern und so eine zielgerichtete Pflegekräfte sowie die Gewährleistung einer gehalten, werden Vergütungsabschläge für haus- und fachabteilungsindividuelle Perso- sicheren Behandlung der Patienten sein. den Anteil, der nicht wie verhandelt verrin- nalplanung zu ermöglichen, die eine qualita- gerten Fallzahl fällig. tiv hochwertige medizinische Versorgung Bisher galten die Innere Medizin, Allgemeine der Patienten sicherstellt und gleichzeitig Pädiatrie, Allgemeine Chirurgie, Unfallchirur- Mit der Erweiterung der als pflegesensitiv Flexibilität ermöglicht. Einschätzungen zufol- gie, Intensivmedizin, Pädiatrische Intensiv- eingestuften Fachabteilungen werden die ge wird der mittel- bis langfristige Mehrbe- medizin, Geriatrie, Kardiologie, Herzchirur- Krankenhäuser vor weitere personelle und darf in Deutschland mit 40.000 bis 80.000 gie, Neurologie, Stroke-Unit und die neuro- auch finanzielle Herausforderungen gestellt. Pflegekräften angegeben. Die neue Regie- logische Frührehabilitation als pflegesensi Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Unter- rung hat das Instrument der PPR 2.0 in den tive Bereiche. Im März 2020 wurde die Ein- grenzen regelhaft eingehalten und die ange- Koalitionsvertrag aufgenommen. haltung der Pflegepersonaluntergrenzen auf strebte Versorgungsqualität in allen Fachab- Grund der Corona-Pandemie, für die Inten- teilungen aufrechterhalten werden kann, Ob und wie schnell die Koalition die PPR 2.0 sivmedizin und Geriatrie bis August 2020 auch vor dem Hintergrund des sich verschär- umsetzt und welche Auswirkungen sich dar- und für die restlichen geltenden Bereiche fenden Fachkräftemangels. aus ergeben werden, wird sich erst zeigen bis Februar 2021, ausgesetzt. Seit dem müssen. Darüber hinaus ist die Steigerung 01.02.2021 sind die Vorgaben nun wieder Insbesondere in der Pädiatrie besteht die Be- der Attraktivität des Pflegeberufes zu be- vollumfänglich zu erfüllen, was im Hinblick fürchtung, dass sich durch die Aufgliederung rücksichtigen, denn unabhängig davon, wel- auf weiterhin hohe Corona-Inzidenzwerte der pädiatrischen Bereiche ein hoher büro- ches Personalbemessungsinstrument einge- zur Diskussion führt. kratischer Aufwand ergibt. Hintergrund ist, setzt wird, bleiben der Fachkräftemangel dass die Pflegeschlüssel für die neonatologi- sowie die Refinanzierung der zusätzlich not- sche Pädiatrie nicht nur für die neonatologi- wendigen Stellen bestimmende Themen für schen Stationen gelten, sondern den kom- die Krankenhäuser. 8
Mindestmengen-Regelung Auch wenn die neuen Mindestmengen für Leistungen Konsequenzen auf die zukünf die chirurgische Behandlung von Brustkrebs tige Fachabteilungsstruktur, Personalbeset- Neben den Neuerungen bei den Pflegeper- und für das Lungenkarzinom erst 2024 bzw. zung, Kapazitätsplanung und insbesondere sonaluntergrenzen soll durch die Anpassung 2025 gültig werden, müssen die Kliniken die Patienten einen Einfluss hat. der Mindestmengen die Qualität der Versor- sich schon jetzt damit auseinandersetzten, gung der Patienten verbessert werden. Das wie sie planerisch mit den Veränderungen Veränderungen in der Prüfverfahrens- Ziel der neuen und höher gesetzten Mindest- umgehen werden. Insbesondere die Kran- vereinbarung und Strukturprüfungen mengen ist eine höhere Behandlungssicher- kenhäuser, die die aktuell geltenden Min- heit und -qualität bei komplexen und teilwei- destmengen nicht bzw. nur knapp erreichen, Mit den Änderungen durch das MDK- se nicht routinemäßigen Eingriffen. müssen die Perspektive der betreffenden Reformgesetz folgen in diesem Jahr weitere Leistungen hinterfragen: Ist die Erreichung Herausforderungen für die Krankenhäuser, Mit Wirkung zum 01.01.2022 hat der G-BA der Mindestmengen auf der aktuellen die zum Ziel haben, die Abrechnungsqualität neue Mindestmengenregelungen für die Grundlage realistisch? Können oder sollen zu erhöhen und den Prüfungsaufwand chirurgische Behandlung von Brustkrebs die Leistungen zukünftig erbracht werden? insgesamt zu verringern. (Mamma-Ca) und für das Lungenkarzinom Wie ist die Erreichung der Mindestmenge bei Erwachsenen festgelegt sowie die Min- möglich? Hierbei spielen die medizinstrategi- Die wichtigsten Änderungen für die Kran- destmengen bei den komplexen Eingriffen sche Ausrichtung, die notwendige personel- kenhäuser betreffen die Prüfquoten, die am Organsystem Pankreas, komplexen Ein- le Ausstattung, eventuelle Personalwechsel Regelung zu Straf- bzw. Aufschlagszahlun- griffen am Organsystem Ösophagus für Er- insbesondere im Chef- und Oberarztbereich, gen, die eingeschränkte Rechnungskorrektur wachsene und bei der Versorgung von Früh- mögliche Kooperationen sowie das Einzugs- sowie Falldialoge und Erörterungsverfahren. und Reifgeborenen mit einem Aufnahme- gebiet eine entscheidende Rolle. Denn wenn Zusätzlich muss für bestimmte komplexe gewicht von unter 1.250 g erhöht. Die ein Krankenhaus nicht plausibel prognosti Leistungen die Erfüllung der notwendigen Anpassung findet dabei gestaffelt bis 2024 zieren kann, dass die Mindestmengen des OPS-Strukturmerkmale zur Prüfung vorge- bzw. 2025 statt. jeweiligen Eingriffes im Folgejahr erreicht legt werden. werden, darf die Leistung nicht mehr er- Die Mindestmenge für komplexe Eingriffe bracht werden bzw. wird bei Unterschreiten Von allen Krankenhäusern, die eine Prü- am Organsystem Pankreas für Erwachsene der Mindestmenge im Worst Case nicht fung beantragt haben, konnten zum Stand wurde 2021 von 10 auf 20 Eingriffe erhöht. vergütet. 24.02.2022 92 % die OPS-Strukturmerkmale Hierbei gilt eine Übergangsfrist bis 2025. erfüllen. Die übrigen 8 % haben die Möglich- Für 2022 und 2023 gilt weiterhin die Min- Für die Patienten bedeutet dies auf der einen keit, nach entsprechenden Nachbesserungen destmenge von 10 Eingriffen, für 2024 sind Seite eine möglicherweise höhere Qualität eine erneute Prüfung zu beantragen. Bei 15 Eingriffe zu erbringen. Für komplexe der Leistungserbringung, auf der anderen erfolgreicher Prüfung ist eine Beanstandung Eingriffe am Organsystem Ösophagus für Seite jedoch unter Umständen erhöhte We- der Abrechnung aufgrund der OPS-Struktur- Erwachsene werden die Mindestmengen ge- und Wartezeiten, wenn Krankenhäuser merkmale durch die Kasse bzw. den Medizi dieses Jahr von 10 auf 26 Eingriffe und für zukünftig als Leistungserbringer wegfallen nischen Dienst (MD) nicht mehr möglich. die Versorgung von Früh- und Reifgebore- und sich eine Konzentration auf Zentren nen mit einem Aufnahmegewicht unter ergibt. Der Prüfungsaufwand soll sich durch die 1.250 g von 14 auf 20 Leistungen erhöht. festgelegte Prüfquote reduzieren und mehr Hier gelten ebenfalls Übergangsregelungen Bei einer nicht mehr sichergestellten Versor- Planungssicherheit für die Krankenhäuser bis 2024 (Früh- und Reifgeborene) bzw. gung einer bestimmten Leistung treten bewirken. Die Prüfquote und die Straf- bzw. 2025 (Ösophagus). Ausnahmetatbestände ein, die die Leistungs- Aufschlagszahlungen werden seit 2022 an- erbringung nach Genehmigung durch die hand der Abrechnungsprüfungen im Vor- Die neuen Mindestmengenregelungen lie- Landesverbände der Krankenkassen und der quartal nach einem entsprechenden Schema gen für das Mamma-Ca bei 100 Operatio- Ersatzkassen für ein Jahr erlauben können. berechnet. nen und für das Lungenkarzinom bei 75 Operationen pro Jahr und Krankenhaus Für die Krankenhäuser bedeutet die Anpas- standort. Für 2022 und 2023 gelten über- sung und Neueinführung der Mindestmen- gangsweise keine Mindestmengen, 2024 gen die Notwendigkeit einer realistischen sind übergangsweise 50 (Mamma-CA) bzw. strategischen Mittelfristplanung sowie ggf. 40 Operationen (Lungenkarzinom) nachzu- eine Neuausrichtung des Leistungsspekt- weisen. rums und des Personals. Wichtig ist es, sich bereits jetzt mit den zukünftigen Auswirkun- gen zu beschäftigen, da die Entscheidung über die Möglichkeit der Erbringung der 9
novus UNTERNEHMENSBERATUNG Prüfquote In Abhängigkeit des Anteils vom MD unbeanstandeter Abrechnungen aller geprüften Abrechnungen ≥ 60 % < 60 % – 40 % < 40 % < 20 % Prüfquote bis 5 % Prüfquote bis 10 % Prüfquote bis 15 % Prüfquote offen Strafzahlungen Fällig bei Anteil korrekter Abrechnungen unter 60 % ≥ 60 % < 60 % – 40 % < 40 % Kein Aufschlag Aufschlag 25 % Aufschlag 50 % ff Rückzahlungen der Differenz zwischen dem abgerechneten Betrag und dem geminderten Abrechnungsbetrag zuzüglich dem Aufschlag auf die Differenz. ff Die Strafzahlung beträgt allerdings maximal 10 % des geminderten Abrechnungs betrages und mindestens 300 €. Weitere Änderungen ergeben sich u. a. Adäquate digitale Strukturen und unterstüt- Die Herausforderung der Politik besteht in durch das Rechnungskorrekturverbot, wel- zende Software-Anwendungen erhöhen der Weiterentwicklung der Vergütungssyste- ches eine nachträgliche Korrektur der Ab- dabei die Abrechnungsqualität und das me im ambulanten und stationären Bereich, rechnung untersagt und damit die sofortige Abrechnungsmanagement bei der Erfüllung um allgemeine Trends und Anforderungen vollständige Einreichung aller Unterlagen der gesetzlichen Vorgaben. aufzufangen. Ein Beispiel hierfür ist die an die Krankenkassen notwendig macht. geplante Einführung des Hybrid-DRG. Eine Nach den statistischen Auswertungen zur adäquate Vergütungsstruktur ambulanter Aus Sicht der Krankenhäuser ergibt sich prin- Abrechnungsprüfung des GKV Spitzenver- Leistungen verringert die Fehlbelegungspro- zipiell eine Entlastung im Sinne von weniger bands waren von 290.137 durch eine Leis- blematik und erhöht die Anreize für die Kran- Prüfungen, allerdings nur dann, wenn die tungsentscheidung beendeten MD-Prüfun- kenhäuser, das bestehende ambulante Poten- Prüfquote niedrig gehalten wird. Dafür ist gen im dritten Quartal 2021 (entspricht einer zial konsequenter zu heben. Voraussetzung eine zeitnahe und prüfsichere Abrechnungs- durchschnittlichen Prüfquote von 11 %) neben eines gesundheitspolitisch angepass- erstellung notwendig. Eine gute Aufstellung rd. 51 % minderungsfähig. 42 % der bean- ten Vergütungsrahmens sind und bleiben des eigenen Abrechnungsmanagements ist standeten Prüfungen sind auf sekundären jedoch die Anpassung der internen Struktu- daher für eine hohe Abrechnungsqualität, Fehlbelegungen, 32 % auf fragliche Kodie- ren und Prozesse, die das interne Kostenge- eine niedrige Prüfquote sowie für die Be- rungen und 16 % auf primäre Fehlbelegung rüst der Leistungserbringung maßgeblich werkstelligung von Falldialogen und Erörte- zurückzuführen (Stand 2019). Daher sollten flankieren. rungsverfahren unumgänglich. Wesentlich die Krankenhäuser neben der Erhöhung der hierbei sind möglichst standardisierte Kodier- Abrechnungsqualität auch ein Augenmerk Die PrüfvV soll die Abrechnungsqualität und Abrechnungsprozesse, die sich an ein auf das Verweildauermanagement sowie das erhöhen und den Prüfungsaufwand für stringentes Entlassmanagement anschließen ambulante Potenzial legen. Zukünftig wird alle Seiten standardisieren und verringern. Es bzw. bestenfalls damit verzahnt sind. sich das ambulante Potenzial aufgrund des bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die Neu- medizinisch-technischen Fortschritts sowie regelungen auf den Krankenhausalltag aus- der Neugestaltung des AOP-Kataloges vor- wirken werden, z. B., ob eine hohe Anzahl aussichtlich erhöhen. an Falldialogen zu mehr Prüfungen führt 10
oder ob dieses Instrument als Chance zum Aus den Ergebnissen einer Umfrage des Aufwand entsteht durch die Regelungen offenen Dialog zwischen den Krankenhäu- Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag auch ein hohes Maß an Unsicherheit. Viele sern und den Krankenkassen bzw. dem MD der Deutschen Krankenhausgesellschaft Krankenhäuser sind bisher nicht ausreichend genutzt wird. (DKG) vom 24.01.2022 geht hervor, dass auf die Veränderungen vorbereitet und müs- bereits 95 % des Krankenpflegepersonals sen sich nun neu aufstellen im Hinblick auf Einrichtungsbezogene Impfpflicht geimpft sind. Dies klingt zunächst positiv; Prozesse, Leistungsplanung, Strategieaus- aufgrund des bestehenden und steigenden richtung und Medizincontrolling. Mit dem aktuellen Infektionsschutzgesetz Fachkräftemangels ist es für viele Kranken- (IfSG) wurde die Impfpflicht für Angestellte häuser aber bereits aktuell eine Herausforde- Die Vielzahl der Änderungen und deren in Gesundheitseinrichtungen und -unterneh- rung, einzelne Mitarbeiter adäquat zu erset- gewichtige Auswirkungen erfordern daher men beschlossen (siehe auch S. 6 in dieser zen. Auch im Hinblick auf die Einhaltung wieder einmal mehr eine kritische Analyse Ausgabe des novus Gesundheitswesen). der Pflegepersonaluntergrenzen und die der aktuellen Abläufe und Prozesse, eine neuen Mindestmengenregelungen erhöht vorausschauende Planung sowie die zeitna- Mit Inkrafttreten dieser Version des Gesetzes sich damit die Planungsunsicherheit für die he Umsetzung der notwendigen Änderun- gilt die Impfpflicht gegen das Corona-Virus Krankenhäuser. gen. Für die Sicherstellung des Klinikbetriebs seit dem 15.03.2022 für alle Mitarbeitenden ist dies ebenso wichtig wie die zukünftige in Gesundheitseinrichtungen und -unterneh- Bei Mitarbeitern, die nicht in der direkten Strategieausrichtung. men. Der Arbeitnehmer muss einen Nach- Patientenversorgung eingebunden sind, wie weis seiner Immunisierung vorlegen. Dazu z. B. in der Personalabteilung, könnte über Annika Brunkhardt zählen Impf- und Genesenennachweise oder flexible Arbeitsmodelle im Homeoffice nach- +49 221 20643-207 eine Bescheinigung über eine medizinische gedacht werden, um ungeimpfte Mitarbeiter Kontraindikation. Bei Ablauf der Gültigkeit trotz Impfpflicht weiter zu beschäftigen. Nina-Marie Holzkamm muss innerhalb eines Monats ein neuer Die ggf. resultierende ungleiche Behandlung +49 221 20643-206 Nachweis vorgelegt werden. im Vergleich zu den Berufsgruppen mit direktem Patientenkontakt wird vermutlich § 20a IfSG regelt zudem, dass dem Gesund- zu weiteren Diskussionen und Unzufrieden- heitsamt jeder Mitarbeiter, der keinen Nach- heit führen. weis über eine Immunisierung oder Kontra- indikation vorlegt, durch den Arbeitgeber Insgesamt ergibt sich aus der einrichtungs- gemeldet werden muss. In Folge der Mel- bezogenen Impfpflicht ein bürokratischer dung an das Gesundheitsamt wird die Aufwand, ergänzend zu den übrigen Neu Person aufgefordert, einen entsprechenden regelungen. Der Arbeitgeber muss nicht Nachweis zu erbringen. Geschieht dies nicht, nur gewährleisten, jeden Arbeitnehmer kann das Amt ein Verbot über das Betreten überprüft zu haben. Er muss auch die Daten der Arbeitsstätte aussprechen. datenschutzkonform aufbewahren und an das Gesundheitsamt weiterleiten und er Neben den wenigen eindeutig definierten muss er sich zudem damit auseinanderset- Regelungen bleiben für die Krankenhäuser zen, wie er mit ungeimpften Mitarbeitern viele Fragen offen. Die Pflicht zur Überprü- umgeht auch im Hinblick auf die Konse- fung der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber quenzen, die sich aus künftigen Gerichtsur- ist bisher dessen einzige festgelegte Pflicht. teilen und Rechtsverfahren sowie eventuel- Hat er diese zum 15.03.2022 erfüllt, ist len Nachschärfungen des Gesetzes ergeben. zunächst unklar, welche konkreten Schritte Welche Auswirkungen die einrichtungsbezo- folgen. Wie mit Mitarbeitern verfahren wird, gene Impflicht für die Pflichten der Arbeitge- die keinen Nachweis vorlegen, könnte zwar ber und die Beschäftigung der Mitarbeiter allgemein rechtlich abgeleitet werden, wie die haben wird, bleibt daher abzuwarten. Gerichte allerdings bezogen auf diese beson- deren Umstände entscheiden werden, ist un- Fazit klar. Erwartet wird daher eine Vielzahl von Kla- gen. Wie auch bei der Auslegung des Infek- Die Herausforderungen, die sich für die tionsschutzgesetzes in Bezug auf die Corona- Krankenhäuser aus der anhaltenden COVID- Maßnahmen, werden die Bundesländer und 19-Pandemie sowie den gesetzlichen Neure- auch die jeweiligen Ämter unter Umständen gelungen und deren Auswirkungen erge- individuelle Regelungen festlegen. Eine ein- ben, sind vielfältig. Neben dem erhöhten heitliche Bewertung wird somit unmöglich. bürokratischen, personellen und finanziellen 11
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