NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern

 
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NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
DAS MAGAZIN

                                            NUTZEN
N U T Z E N _ 0 1/ 20 2 2 _ M A G A Z I N

                                             DER DRUCK- UND MEDIENVERBÄNDE

                                                     VOLLE LADUNG WISSEN
                                                     Motivation ist alles
                                                     Lieferengpässe und Kostenexplosionen
                                                     Online lernen für alle
                                                     Das ist neu beim Verbraucherschutz

                                                   AUSGABE 01/2022
NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
NUTZEN

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NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
Foto: Watch_Media_House - shutterstock.com
                                              Gerissene Lieferketten, leere Hallen – ist das die Zukunft? Auf alle Fälle müssen Unternehmen schnell
                                              und flexibel handeln und im guten Einvernehmen mit den Lieferanten vorausschauend planen.

                                              wir gehen – mal vorsichtig – davon aus, dass der     rechnen. Auch die Unternehmen unserer Bran-
                                              größere Teil unserer Leserinnen und Leser zwi-       che müssen daher Notfallpläne entwickeln, um
                                              schen 30 und 60 Jahren alt ist. Diese Altersgrup-    schnell und flexibel handeln zu können. Zudem
                                              pe – zu der auch ich gehöre – ist in eine Zeit hi-   dürfte die Beziehungsqualität mit den eigenen
                                              neingewachsen, die nahezu allen Menschen in          Lieferanten in der Zukunft eine immer größere
                                              unseren nord- und mitteleuropäischen Breiten-        Rolle spielen.
                                              und Längengraden mehr Möglichkeiten bietet              Bei diesen wichtigen Aufgaben unterstützen
                                              als je zuvor. Mit einer stetig wachsenden Wirt-      wir, die Druck- und Medienverbände, unsere Mit-
                                              schaft, einer riesigen bunten Warenwelt und          gliedsbetriebe nach Kräften. Im ganz Privaten
                                              nahezu grenzenloser Verfügbarkeit von Produk-        dagegen lohnt es sich vielleicht einmal, innezu-
                                              ten und Dienstleistungen – oft sogar „just in        halten. Muss es Spargel bereits im März zu kau-
TITELBILD: 9DREAM STUDIO – SHUTTERSTOCK.COM

                                              time“. Was wir nicht gelernt oder völlig verges-     fen geben und Erdbeeren den ganzen Winter
                                              sen haben: Es kann auch mal etwas nicht geben.       durch? Ist es ein Drama, wenn ich ein neues
                                              Wer von uns hätte denn ernsthaft gedacht, dass       Waffeleisen erst in vier Tagen erhalte? Ich meine,
                                              wir plötzlich an allen Ecken Knappheiten erle-       nein. Gelegentlich auf etwas warten zu müssen,
                                              ben würden? Lieferschwierigkeiten sowie enor-        kann die Freude und den Genuss sogar unge-
                                              me Preissteigerungen machen ja nicht nur der         mein steigern.
                                              deutschen Druck- und Medienwirtschaft zu
                                              schaffen – sie treffen Betriebe sämtlicher Bran-     Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre.
                                              chen und Größenklassen. Der Kreditversicherer
                                              Euler Hermes riet Unternehmen bereits 2020: Es       Herzlichst, Ihr Dr. Paul Albert Deimel,
                                              ist definitiv an der Zeit, das Thema anzugehen,      Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes
                                              denn auch in den kommenden Jahren ist mit            Druck und Medien e.V., und Ihre Geschäftsführer
                                              großen Problemen für die Versorgungsketten zu        der Druck- und Medienverbände

                                                                                                                                                                                                     0 1 / 2 0 2 2 // 3
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NUTZEN
INHALT

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                                                       BILDUNG

                                                   08 — VOLLE LADUNG WISSEN                              30 — DRUCK AUF BERLIN
                                                   » Motivation ist alles                                UND BRÜSSEL
                                                   » Bildungsurlaub – im Idealfall                       Quecksilber-UV-Strahler
                                                     eine Win-win-Situation                              ohne Alternative
                                                   » Dafür machen sich die
                                                     Verbände stark

    Die Druck- und Medien­
    verbände vertreten die
    Interessen der deutschen
    Druck- und Medienwirt-         IMPRESSUM
    schaft auf allen politischen   HERAUSGEBER: Bundesverband Druck und Medien e. V. (Dr. Paul Albert Deimel)
    und technischen Ebenen.        Friedrichstraße 194–199, 10117 Berlin
                                   Tel: (0 30) 20 91 390, Fax: (0 30) 20 91 39 113, E-Mail: info@bvdm-online.de
    Regional, national,
    ­international.                VERANTWORTLICH: Bettina Knape
     Und sie unterstützen die
     Betriebe auf sämtlichen       REDAKTIONSTEAM UND TEXTE: Kathrin Duschek, Melanie Erlewein, Cordula Hofacker,
                                   Bettina Knape, Gwendolyn Paul, Marian Rappl, Antje Steinmetz, Katrin Stumpenhausen
     Feldern ihrer Geschäfts-
     tätigkeit. Praxisnah,         LAYOUT: Verena Rembeck, Marina Kuhn, Verband Druck und Medien Bayern e. V.
     persönlich, kompetent.
                                   DRUCK: Schleunungdruck GmbH
                                   Eltertstraße 27, 97828 Marktheidenfeld, Tel: (0 9391) 6005 0, Fax: (0 9391) 6005 90

                                   GEDRUCKT AUF: GardaMatt Art 135 g/qm (Innenteil) und 250 g/qm (Umschlag),
                                   geliefert von Carl Berberich GmbH

                                   ANZEIGEN: Bundesverband Druck und Medien e. V.

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NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
NUTZEN
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03 — EDITORIAL
Herzlich willkommen zum
neuen NUTZEN

06 — PRINT KOMMT AN
Wähler, Nutzer, Leser

14 — WIRTSCHAFT
Lieferengpässe und
Kostenexplosionen

16 — DER NUTZEN                                             Seite   16
Die ganze Erde in einem Buch

18 — DIE FIRMA                 22 — NÜTZLICH
Top-Aus­bildung sichert        Wissenswertes für die Betriebsführung
Unternehmenserfolg
                               24 — DIE PROFIS
21 — NUR FÜR AZUBIS!           Vertrauen ist die Grundvoraussetzung
Gestaltungswettbewerb der
Druck- und Medienverbände

                                                                         Wir hoffen, dass Ihnen
                                                    Seite     24         die zwanzigste Ausgabe
                                                                         des Magazins der Druck-
                                                                         und Medienverbände
                                                                         gefällt und es Ihnen
                               26 — ONLINE LERNEN FÜR ALLE               ­NUTZEN bringt. Möchten
                               Die neue Print Academy                     Sie uns Feedback geben,
                                                                          Kritik äußern oder Anre-
                               28 — UNTERWEGS MIT ...                     gungen mitteilen?
                               Der nächste Karriereschritt
                                                                         Schreiben Sie uns an
                               33 — TARIFVERHANDLUNGEN 2022              nutzen@bvdm-online.de

                               34 — EINKAUF                              Wir freuen uns auf Ihre
                               Jetzt besser aufstellen im                Rückmeldungen!
                               Papiereinkauf!

                               36 — RECHT
                               Das ist neu beim Verbraucherschutz
                                                                               ID-Nr. 22114442
                               38 — TERMINE
        Seite   28             Regionale, nationale und inter­
                               nationale Branchenveranstaltungen

                                                                                                 0 1 / 2 0 2 2 // 5
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NUTZEN
PRINT KOMMT AN

              Print kommt an
              Print sorgt für Umsatz, Einschaltquoten, Käufer, Wähler,
              Gäste, Marktanteile, Mieter, Nutzer und Besucher. Und die
              deutschen Druck- und Medienunternehmen gehören zu
              den modernsten weltweit: Qualität und Geschwindigkeit der
              hiesigen Produktionen sind auf höchstem Niveau – von
              Auflage 1 im Digitaldruck bis zur Millionenauflage im Offset.

                                                                                                          TAG
    4 Mrd.
    Bierdeckel produzieren
                                                                                      Z A H L E N & FA K T E N

    die beiden deutschen
    Weltmarktführer pro Jahr.                                                                         96 %
                                                                                                   Für 96 % der
                                                                                                   Zeitungsleser
                                                                                                   ist die lokale
                                                                                                   Tageszeitung
                                                                                                   eine feste
                                                                                                   Größe in der
                                                                                                   Region.

    Außenwerbung
    erzielte im Jahr 2021  44 %
    mehr Umsatz als im Vorjahr.                                                       342
                                                                                      Tageszeitungen
                                                                                      gibt es allein in
                                                                                      Deutschland.

                                                                        120 Millionen
                                                                        Postkarten haben die Deutschen
                                                                        2020 verschickt.

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NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
NUTZEN
                                                                                                                    PRINT KOMMT AN

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                                                        9,3 MILLIONEN
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  O                       O                             Fotobücher wurden 2020
                          S                             produziert.

ESZEITUNG

  HÄNDLER

  600 Millionen €
  Mehr als 600 Millionen € investieren
  Lebensmittelhändler und Supermärkte
  in Tageszeitungsanzeigen.

      Sonnig e Grü
                     ße       An
                              C. C ohiba
                                                                                         78,8
                                                                                          24.344
                                                                                              MILLIONEN
                                                                                         Stimmzettel   werden
                                                                                                                        verschiedene
            vo n
                                            ch                                             Schulbücher  sind in für  Bundes- lieferbar
                                                                                                                 Deutschland
           V&M                 Roc ky - Bea                                              und
                               29600 Marbe
                                             lla                                           undLandtagswahlen
                                                                                                pro Jahr kommen  2021  gedruckt.
                                                                                                                    rund  2000 neue
                                                                                           auf den Markt.

                                                                                                                             0 1 / 2 0 2 2 // 7
                                                   ZUSAMMENSTELLUNG: BUNDESVERBAND DRUCK UND MEDIEN; SHUTTERSTOCK.COM
NUTZEN - VOLLE LADUNG WISSEN Motivation ist alles - Verband Druck und Medien Bayern
NUTZEN
VOLLE LADUNG WISSEN

         Volle Ladung
         Wissen

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NUTZEN
                                 VOLLE LADUNG WISSEN

      Eine Investition
      in Wissen bringt
      noch immer die
      besten Zinsen.“
      Benjamin Franklin

J
        eder Mensch kann nicht nur lernen, er will es
        auch! Das beginnt beim Säugling und hält ein
         Leben lang an. Bis zu einem gewissen Grad ist
        menschliches Lernen ein Automatismus. Auf hö-
herer Ebene ist es eingebunden in einen Prozess, der
 sehr viel mit Freude zu tun hat. Das mag vielleicht nicht
 für lateinische Konjugationen gelten, funktioniert aber
hervorragend, wenn es um Bundesligatabellen, Com-
puterspiele oder Zumba-Choreografien geht.
     Hirnforscher und moderne Pädagogen sind sich seit
 Langem einig: Entscheidend für den Lernerfolg ist die
 Motivation oder besser noch – die Relevanz! Was dem
Gehirn wichtig ist, saugt es auf wie ein Schwamm, und
der Lernprozess wird zu einer beglückenden Erfahrung.
 Erscheint ihm dagegen etwas unwichtig, bleibt es links
liegen, Lernen wird als mühsam, langweilig und öde
empfunden. Dabei geht es dem Hirn nicht unbedingt
nur um den Stoff, den es lernen könnte. Neurodidakti-
 schen Erkenntnissen zufolge ist das sogenannte soziale
 Lernen einer der wichtigsten Faktoren im Lernprozess.
 Das liegt daran, dass Menschen nahezu automatisch
empathisch sind und sich permanent in ihre Gegenüber,
 in Lehrer oder auch Gruppenmitglieder einfühlen. Ein
 Lehrer, der sein Thema wichtig und spannend findet
 und imstande ist, seinen Schülern dies auch zu vermit-
 teln, weckt viel eher Begeisterung als ein reines He-
runterbeten von Informationen. Ähnliches ist auch bei
 Erwachsenen in Vorträgen zu beobachten. Referenten,
die lebendig, dem Auditorium zugewandt und authen-
 tisch sind, reißen die Zuhörer mit, haben die volle Auf-
merksamkeit und schaffen es besonders gut, ihren
 ­I nhalten Bedeutung zu geben – also Relevanz zu
­transportieren.                                        »

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         Ähnlich erfolgreich lernt es sich bei Aktivitäten in Grup-
         pen. Sei es beim Körbewerfen auf dem Basketballfeld,
         beim Skaten, Kochen, Musizieren, Tanzen oder auch
         beim Arbeiten in gut funktionierenden Teams. Jede und
         jeder bringt die eigenen Ambitionen mit, und durch
         unbewusste gegenseitige Verstärkung entsteht ein             Motivation ist alles
         Höchstmaß an gemeinsamer Motivation, ein intensives
         Mit- und Voneinanderlernen. Es entwickelt sich eine          Lernen liegt uns in den Genen. Kleinkinder, die laufen
         kraftvolle Dynamik, die beseelen und glücklich ma-           lernen, machen durchschnittlich 2368 Schritte pro
         chen kann. Dieses Glück findet das Gehirn gut, deshalb       Stunde. Dabei legen sie rund 700 Meter zurück (Länge
         gibt es diesem Prozess und dem Lernerfolg das Prädikat       von 7 Fußballfeldern). Im Schnitt fallen sie 17-mal pro
        „wichtig“ und führt wie ein Perpetuum mobile sowohl           Stunde hin. Geht man davon aus, dass ein Kind etwa
         Individuen als auch die gesamte Gruppe zu immer bes-         fünf Stunden täglich herumtapst, macht es jeden Tag
         seren Leistungen.                                            knapp 12.000 Schritte und fällt dabei etwa 85-mal hin.
            Nicht zuletzt diese Art von Lernprozessen hat die Spe-    Aufgeben ist keine Option, intuitiv wissen die Kleinen,
         zies Mensch – trotz all ihrer Schwächen – erfolgreich        dass die Mühe sich lohnt. Später – insbesondere im Be-
         gemacht. Und was in den vergangenen 40.000 Jahren            rufsleben – ist dann eher das Interesse ausschlaggebend
         funktionierte, kann heute so falsch nicht sein. Hier sind    und damit verbunden die Frage, ob man in der Beschäf-
         die Bundesländer, Schulbehörden und Schulen dringend         tigung mit einem Thema einen Sinn sieht. Denn das ist
         gefragt, Konzepte umzusetzen, die zu den Lernerfolgen        entscheidend, um sich weiterzuentwickeln, zu lernen
         führen, die eine Wissensgesellschaft wie die unsere – so     und auch mal Durststrecken zu überwinden. Kann ein
         auch unsere Branche – in Zukunft braucht. Erkenntnis-        Chef, eine Chefin nichts wirklich Sinnstiftendes bieten,
         se, Studien und herausragende Pilotprojekte liegen den       ist es schwierig mit der Motivation. Die Lust am Lernen,
         politischen Entscheidern seit Langem vor.                    am Experimentieren und auch am Erfolg wird dann
            Die Verbände Druck und Medien mahnen seit vielen          einfach woanders ausgelebt – im Hausbau, im Garten,
         Jahren ein Umdenken in der Schulbildung an. Dem              beim Mitraten bei „Wer wird Millionär“, im Hobby-
         nachweislichen Rückgang des Grundlagen- und Allge-           raum, im Ehrenamt oder in der Volkshochschule. Dabei
         meinwissens und der nachlassenden Kompetenz in Ma-           wäre es gerade in unserer sich permanent verändern-
         thematik, Orthografie, Textverständnis und dem ver-          den Branche so wichtig, seine Truppe stetig mit neuen
         ständlichen Schreiben muss mit aller Kraft begegnet          Inhalten zu füttern. Hier bieten die Druck- und Medien-
         werden. Denn diese Fähigkeiten sind das entscheidende        verbände professionelle Beratungen an. So kann syste-
         Fundament für den Einstieg in die betriebliche Berufs-       matische Fort- und Weiterbildung die Mitarbeiterzu-
         ausbildung.                                                  friedenheit deutlich steigern und gerade für junge
                                                                      Menschen ein Grund sein, sich für ein Ausbildungsver-
                                                                      hältnis zu entscheiden, auch wenn die Druckbranche
                                                                      vielleicht nicht die erste Wahl war.

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                                                                                         VOLLE LADUNG WISSEN

Was Hänschen nicht lernt,
lernt Hans nimmermehr?

                                                               Auch hier gilt es, zu motivieren statt ausgetretenen
                                                            Pfaden zu folgen – was Arbeitgeber jedoch allzu oft tun.
                                                            „Der verbreitete Irrtum, dass Ältere nicht mehr gut ler-
Dass man mit zunehmendem Alter nur noch sehr                nen könnten, wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung“,
schwer Neues lernt, ist zwar eine verbreitete Ansicht.      kritisiert Professor Stamov Roßnagel vom Jacobs Center
Aber sie entspricht nicht der Wirklichkeit. Denn grund-     of Lifelong Learning der Jacobs University und führt
sätzlich entwickelt sich das Gehirn während des gan-        aus: „Kann ein 55-Jähriger eine Handy-App nicht be-
zen Lebens weiter.                                          nutzen, wird an seinen kognitiven Fähigkeiten gezwei-
   Seit über 60 Jahren erfassen Forscher an der Univer-     felt. Hat ein 25-Jähriger Probleme damit, denken die
sity of Washington alle sieben Jahre die geistigen Fähig-   meisten, dass die App nicht benutzerfreundlich sei.“
keiten von bis zu 6000 Personen. Die Befunde belegen:          Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels gilt es also,
Die über 50-Jährigen stechen die 25- bis 35-Jährigen in     dem Potenzial älterer Beschäftigter zu vertrauen und
puncto Sprachkompetenz und Wortgedächtnis aus. Sie          ihnen Anreize und Perspektiven zu bieten, die die Be-
können sich besser räumlich orientieren und in kom-         reitschaft zum Lernen stärken. Vielleicht reicht man-
plexen Situationen leichter Schlussfolgerungen ziehen.      chen ja bereits die Aussicht, die Alltagsroutine mal zu
Altersforscher und Biochemiker Christian Behl von der       verlassen und über den eigenen Tellerrand hinausbli-
Universität Mainz kommentiert die Ergebnisse: „Bei den      cken zu können. Gerade gemeinschaftliches Lernen,
kurzzeitigen Gedächtnisleistungen, also flink sein, sich    die Möglichkeit, sich mit anderen zu vergleichen und
schnell etwas merken, sind junge Menschen häufiger          auch positive Rückmeldungen zu erhalten, sowie der
im Vorteil. Aber bei langzeitlichen Gedächtnisleistun-      Austausch mit anderen Menschen kann stark motivie-
gen, die an die Erfahrung anknüpfen, punkten die Äl-        ren und den Lernerfolg unterstützen.                 »
teren. Sie sind besser darin, komplexe Sachverhalte zu
analysieren und Schlüsse daraus abzuleiten. Je breiter,
umfassender und komplizierter die Herausforderungen
sind, desto kleiner sind die Lernunterschiede zwischen
Älteren und Jüngeren.“
   Entscheidend für die erfolgreiche Fort- und Weiter-
bildung in der älteren Generation ist meist nicht das
Gehirn, sondern der Anreiz. Für viele steht ein spürbar
höheres Einkommen oder ein Karrieresprung nicht
mehr in Aussicht. Es stellen sich daher Fragen wie: Was
bringt es mir? Lohnen sich Anstrengung und Zeitauf-
wand?

                                                                                                             0 1 / 2 0 2 2 // 1 1
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VOLLE LADUNG WISSEN

                                                                        Dafür machen sich
                                                                        die Verbände stark
                                                                        Die Druck- und Medienindustrie braucht Fachkräfte
                                                                        und bildet in hohem Maße aus. Die Politik dagegen för-
         Bildungsurlaub –                                               dert das Hochschulstudium im Übermaß. Trotz großer
                                                                        Bemühungen in den letzten Jahren, die Bedeutung der
         im Idealfall eine                                              dualen Ausbildung in der Öffentlichkeit zu verbessern,
                                                                        sinkt die Anzahl der interessierten Jugendlichen.
         Win-win-Situation                                                 Die Zahl der Studienanfänger ist in den vergangenen
                                                                        Jahren weiterhin deutlich gestiegen. Ausbildungsberu-
         Etwas Neues lernen, sich persönlich und beruflich wei-         fe wurden und werden dagegen als weniger wertvoll
         terentwickeln: 77 Prozent der Beschäftigten sind laut          für die Wissensgesellschaft eingestuft. Damit arbeitet
         Deutschem Gewerkschaftsbund an Fortbildungen inte-             die Politik am Bedarf der Wirtschaft vorbei – denn ge-
         ressiert – aber nur ein bis zwei Prozent nehmen Bil-           rade das duale Ausbildungssystem macht unsere Be-
         dungsurlaub (in manchen Bundesländern auch als Bil-            triebe erfolgreich. Um jedoch das bewährte duale Aus-
         dungsfreistellung oder Bildungszeit bezeichnet). Und           bildungssystem auf wettbewerbsrelevantem Niveau zu
         das, obwohl es in allen Bundesländern, außer in Bayern         halten, brauchen die Berufsschulen modernere Ausstat-
         und Sachsen, einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt.          tungen, neue Maschinen, Top-Lehrerinnen und -Lehrer,
         Die einen kennen ihre Freistellungsansprüche nicht,            praxisnahe Lehrpläne sowie zeitgemäße Lehrmittel.
         die anderen wissen nicht, wie sie Bildungsurlaub be-
         antragen müssen, oder fürchten gar Nachteile im Be-            Forderungen des bvdm
         trieb. Das sollte so nicht sein, denn im Idealfall profitie-   1. 	Anerkennung der Stärken der Berufsausbildung und
         ren alle von dieser Form der Weiterbildung. So zahlt der            der beruflichen Aufstiegsqualifizierung
         Arbeitgeber den Lohn bzw. das Gehalt zwar wie bei              2. 	Vereinfachung der Übergänge zwischen Ausbil-
         einem regulären Urlaub weiter. Die Kursgebühren, Aus-               dungssystemen durch Anerkennung von Ausbil-
         gaben für Lehrmittel sowie Kosten für Fahrten und                   dungs-/Studieninhalten
         Unterkunft muss er jedoch nicht übernehmen. Diese              3. 	Aufkündigung des Kooperationsverbotes in der Bil-
         werden von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-                     dungspolitik
         mern selbst getragen, können als Ausgaben jedoch in            4. Moderne technische Ausstattungen der Berufsschulen
         der Steuererklärung geltend gemacht werden.                    5. 	Bundesweite Vereinheitlichung von Bildungsstan-
                                                                             dards und Lehrplänen
                                                                        6. 	Anpassung von Lerninhalten an heutige Techniken
                                                                             und Prozesse
                                                                        7. 	Eine Reform des Berufsschullehrerstudiums unter
                                                                             Berücksichtigung branchenspezifischer Inhalte
                                                                        8. 	Sicherstellung der Ausbildungsreife von Schulab-
                                                                             gängern

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NUTZEN
                                                                                       VOLLE LADUNG WISSEN

Nicht nur zur Pandemiezeit … –
Digitale Lernangebote für Azubis
von Thomas Hagenhofer, ZFA

Die Coronapandemie hat dem digitalen Lernen einen         den ZFA erhältlich. Alle Infos sind unter www.social-
gewaltigen Schub gegeben. In wenigen Wochen wur-          virtual-learning.de abrufbar.
den digitale Angebote für die allgemeine und die beruf-      Die neueste Anwendung, die der ZFA gemeinsam mit
liche Bildung entwickelt, wofür sonst viele Jahre not-    Partnern wie dem bvdm entwickelt hat, ist die LernApp
wendig gewesen wären. Dabei ist digitales Lernen in       „EinFach – Dein Lernbegleiter“ (https://einfach.zfa-
der Druck- und Medienbranche nichts Neues. Die vom        medien.de).
ZFA betriebene Mediencommunity (www.mediencom-               Die App richtet sich vor allem an Azubis im Bereich
munity.de), zählt seit Langem zu den größten Branchen-    der Fachpraktiker-Regelungen, sie eignet sich aber ge-
bildungsplattformen in Deutschland, das Englisch-         nerell für eine theoriereduzierte Ausbildung. Über 200
Deutsche Fachwörterbuch ist eines der am häufigsten       Beiträge zu Drucktechnik und Druckverarbeitung sind
genutzten Features.                                       in Leichter Sprache verfasst und daher gut verständlich.
   Ein Highlight im Bereich Drucktechnik und Druck-       Zusätzlich wurde zu jedem Beitrag eine Übungsaufga-
verarbeitung ist die Anwendung von Social Augmented       be erstellt. So entstanden über 215 interaktive Aufga-
und Social Virtual Learning. Sechs Lernmodule stehen      ben. Auch diese App ist kostenfrei nutzbar.
zur Nutzung auf Tablets, PCs und VR-Brille zur Verfü-        In den nächsten Jahren wird das Thema künstliche
gung. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt im Bereich        Intelligenz in der Aus- und Weiterbildung eine wichti-
Bogenoffsetdruck. Azubis können hier Wirkzusammen-        ge Rolle spielen, aber auch neue Ansätze, zum Beispiel,
hänge im Druckprozess interaktiv erleben und immer-       wie digitale Lernmedien zur Einbindung lernschwä-
siv in virtuellen Welten lernen. Die benötigte Software   cherer junger Menschen eingesetzt werden können.
ist für Schulen und Ausbildungsbetriebe kostenfrei über

                                                                                                           0 1 / 2 0 2 2 // 1 3
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WIRTSCHAF T

         Lieferengpässe und Kosten-
         explosionen verhindern
         Branchenerholung
         Nach dem Ende des aus Branchensicht verheerenden Jahres 2020 waren die Hoff-
         nungen auf eine nachhaltige konjunkturelle Erholung der Druck- und Medienbran-
         che im Jahr 2021 groß. Das Anhalten der Coronakrise sowie massive Lieferengpässe
         bei Vorleistungsgütern – insbesondere die Druckpapierknappheit – sorgten jedoch
         für ein jähes Ende dieser Erwartungen.

         Nachdem die Druck- und Medienindustrie im Jahr 2020                         wieder positiv – nach vorläufigen Ergebnissen des Sta-
         einen coronabedingt historischen Produktionseinbruch                        tistischen Bundesamtes (Destatis) stieg der kalender-
         von mehr als 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr ver-                          und saisonbereinigte Produktionsindex um rund 2 Pro-
         zeichnete, waren die Hoffnungen groß, dass das                              zent an. Allerdings fiel das auf coronabedingten
         Jahr 2021 besser verlaufen würde als das vorherige.                         Nachholeffekten basierende Produktionswachstum im
         Zwar entwickelte sich die Produktion in der Branche                         zurückliegenden Jahr niedriger aus, als auf Grundlage
         im Jahr 2021 im Vorjahresvergleich erstmals seit 2014                       der Auftragslage zu erwarten gewesen wäre.

          Materialknappheits- und Produktionsentwicklung in der Druckindustrie, 2010−2021
                             170                                                                                                        4%
                                                 Inflationsrate (rechte Skala)
                             160                 Preise für Druckerzeugnisse (rechte Skala)
                                                 Materialknappheitsindex Druckindustrie (linke Skala)                                   3%
                             150                 Produktionsindex Druckindustrie (linke Skala)
                                                                                                                                        2%    Prozent gegenüber Vorjahr
                             140
                                                                                                                                        1%
          Index (2015=100)

                             130

                             120                                                                                                        0%

                             110
                                                                                                                                        -1%
                             100
                                                                                                                                        -2%
                              90
                                                                                                                                        -3%
                              80

                              70                                                                                                        -4%
                                   2010   2011    2012     2013     2014    2015     2016     2017      2018   2019   2020   2021
         Der Materialknappheitsindex des bvdm basiert auf den Daten der monatlichen ifo-Konjunkturumfrage und spiegelt wider, wie stark die Druck-
         branche derzeit unter Materialengpässen leidet. Der Produktionsindex umfasst nur Betriebe mit 20 und mehr Mitarbeitern und spiegelt für
         das Jahr 2021 nur die Entwicklung zwischen Januar bis November wider; Quelle: Statistisches Bundesamt, Ifo-Institut; Berechnungen: bvdm

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                                                                                                         WIRTSCHAF T

                                    Infolge von Lieferengpässen stieg der
                                    Materialknappheitsindex − ein vom
                                    bvdm entwickelter Indikator zur
                                    Ermittlung des Materialmangels in der
                                    Branche – im Laufe des Jahres 2021
                                    auf ein Allzeithoch.“
                                    Cihan Mercimek, Referent für Wirtschaftspolitik des bvdm

Ursache dafür: die weltweiten Lieferengpässe während       aufgrund der energieintensiven Papierindustrie, die
des Jahres 2021. Diese sorgten über weite Teile des Jah-   ihre Belastungen über die Druckpapierpreise an die
res 2021 für eine sichtliche Verknappung von grafischen    Unternehmen weitergab.
Papieren. So stieg der vom bvdm entwickelte Branchen-
indikator für Materialengpässe im Oktober 2021 auf ein     Preise für Druckerzeugnisse rückläufig
Allzeithoch und lag 113 Prozent über seinem Vorjahres-     Trotz dieser Preisentwicklungen bei Vorleistungsgütern
niveau.                                                    konnten die Druck- und Medienunternehmen die enor-
   Dieser Anstieg des Index ist primär auf den Mangel an   men kostenseitigen Belastungen nicht (ausreichend) an
grafischen Papieren zurückzuführen, welcher sowohl         ihre Kunden weitergeben. So stiegen die Preise für
mit coronabedingten Entwicklungen – wie logistischen       Druckerzeugnisse ab April 2021 im vormonatlichen Ver-
Engpässen sowie der Altpapier- und Zellstoffknappheit      gleich zwar an, fielen im Jahresmittel jedoch um 0,3 Pro-
– als auch mit dem seit Jahren voranschreitenden Ka-       zent gegenüber 2020. Im selben Zeitraum legten die
pazitätsabbau im Bereich Druckpapiere zusammen-            Erzeugerpreise für industrielle Vorleistungsgüter um
hängt.                                                     rund 12,5 Prozent zu.
                                                             Die Preisentwicklungen bei Vorprodukten und ener-
Mehrfachbelastung durch hohe Preise                        getischen Rohstoffen waren 2021 die zentralen Treiber
Zwischen Januar und Dezember 2021 stiegen die Preise       der Verbraucherpreise, die im Jahresmittel um 3,1 Prozent
für grafische Papiere um 13,9 Prozent und lagen im De-     zulegten – die stärkste Zunahme seit 1993. Der Verbrau-
zember 13 Prozent über dem Vorjahresniveau und nur         cherpreisanstieg bei den meisten Druckerzeugnissen
noch 0,5 Prozent unter dem Allzeithoch vom April 2019.     hingegen blieb hinter dieser Entwicklung zurück.
Besonders stark betroffen waren Magazin- und Zeit-           Die begrenzten Möglichkeiten, die Preise für Druck-
schriftenpapiere, die 2021 um rund 24 bis 26 Prozent       erzeugnisse zu erhöhen, begründen sich mit dem harten
zulegten.                                                  Wettbewerb innerhalb der Branche sowie der zuneh-
  Eine noch steilere Entwicklung zeigten die Energie-      mend starken Substituierbarkeit von Werbedruckerzeug-
großhandelspreise. Während der Börsenstrompreis im         nissen durch digitale Alternativen. Angesichts der Kos-
Mittel um rund 135 Prozent zulegte, nahm der Erdgas-       tenexplosionen im letzten Jahr und der nach wie vor
börsenpreis um rund 310 Prozent zu. Diese Steigerun-       anhaltenden Papierknappheit planen allerdings immer
gen belasteten die Branche im abgelaufenen Jahr gleich     mehr Druck- und Medienunternehmen, ihre Preise zu er-
zweifach. Einerseits aufgrund des eigenen produktions-     höhen. Daher deutet sich in diesem Jahr eine Kehrtwen-
bedingten Bedarfs an Strom und Erdgas, andererseits        de in der Preisentwicklung von Druckprodukten an.

                                                                                                             0 1 / 2 0 2 2 // 1 5
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DER NUTZEN

                                                                       Die ganze
                                                                       Erde in
                                                                       einem Buch
                                                                        Seit 1883 lernen unsere Schulkinder die
                                                                        Erde mit dem „Diercke Weltatlas“ ken-
                                                                        nen. Heute schafft „Der Dierke“ einen
                                                                        besonders spannenden Spagat zwischen
    Bild: Nils Hendrik Müller

                                                                        Print und Digital.

                                I
                                   m Jahr 1883 veröffentlichte der Westermann Verlag      neuen Atlanten, Atlasseiten, -karten, -grafiken und -be-
                                   den „Schul-Atlas über alle Teile der Erde“ für höhe-   bilderungen werden in einer hausintern programmier-
                                   re Lehranstalten von Seminardirektor Carl Diercke      ten Datenbank verwaltet, sodass neue Kartenwerke
                                   und dem Kartografen Eduard Gaebler. Er setzte den      einfacher abgeleitet werden können. Der Clou dieser
                                Maßstab für eine neue Generation von deutschen Schul-     Datenbank ist die Einbeziehung geografischer Sachver-
                                atlanten: Die physischen Karten wurden perfektioniert,    halte aus unserer realen Umwelt: Auch die Orte, Staats-
                                vergleichbare Maßstäbe eingeführt, die Karten didak-      flächen oder anderen geografischen Objekte aus den
                                tisch aufbereitet. Der Durchbruch an deutschen Schu-      Karten sind Teil dieser Datenbank, genau wie ihnen
                                len gelang der Neubearbeitung von 1895 mit nahezu         zugeordnete statistische Angaben. Dadurch paust sich
                                verdoppeltem Umfang, der große „Diercke“ für alle von     die Änderung von geografischen Namen oder Ortsgrö-
                                der Schule nachgefragten Themen war entstanden.           ßen auf Wunsch in alle betroffenen Karten durch.

                                Komplett digitalisierter Kartenschatz                     Der „Diercke Weltatlas“ als Software
                                Bis heute ist der „Diercke Weltatlas“ der bekannteste     Heute entsteht keine Karte mehr ohne Georeferenzie-
                                und beliebteste Atlas für die Schule und fürs Studium.    rung, das heißt, jeder Punkt in der Karte kennt seine
                                Nach wie vor entsteht er in der Westermann-Hauskarto-     geografische Länge und Breite. Dadurch lassen sich
                                grafie in Braunschweig. Sie ist im Besitz eines wahren    Karten leichter umprojizieren und auch auf digitale
                                Schatzes von inzwischen Tausenden Grund- und The-         Globen auftragen oder mit Luft- und Satellitenbildern
                                menkarten, die in den vergangenen 20 Jahren komplett      zur Deckung bringen.
                                digitalisiert wurden.                                       Und: Die Karten können auch selbst digital in der
                                   Das erleichtert die Herstellung aktueller Kartendar-   Schule eingesetzt werden. Vor knapp sieben Jahren kam
                                stellungen und deren Fortentwicklung ungemein: Alle       der „Diercke Weltatlas“ digital auf den Markt – mit allen

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                                                                                                                         DER NUTZEN
Bild: Max Heise

                                                                            Maps kann ich mich hier auf die für meine Fragestel-
                                                                            lung wesentlichen Informationen konzentrieren, und
                       Mit Themenkarten wie                                 das ist didaktisch wichtig.“ Zum leichteren Kartenver-
                       etwa zum Klimawandel                                 ständnis trägt bei, dass man das Kartenbild aus dem
                                                                            gedruckten Atlas digital beliebig vereinfachen und
                       ist der Atlas immer auf                              individuell zusammenstellen kann. „Auch eigene Kar-
                                                                            teneinträge, Messungen und Unterrichtsszenarien sind
                       der Höhe der Zeit.“                                  digital möglich – ohne dass eine ständige Internetver-
                                                                            bindung nötig ist“, so Kartenredakteur Schlimm.
                       Reinhold Schlimm, Atlasredaktion
                                                                            Kartografie der Trendthemen
                                                                            Auch inhaltlich ist der „Diercke“ stets auf der Höhe der
                                                                            Zeit: Mit vielfältigem Material zu Themen wie Energie,
                  Karten der gedruckten Ausgabe. Seitdem können Schu-       Mobilität, Umwelt, Migration, Naturrisiken und Ver-
                  len wählen, ob sie mit dem Printatlas, dem digitalen      wundbarkeit oder Nachhaltigkeit reflektiert die aktu-
                  Pendant oder mit beidem unterrichten wollen. Inzwi-       elle Ausgabe die Trends und Herausforderungen des
                  schen gehört die Atlas-Software zu den erfolgreichsten    21. Jahrhunderts. Mit seinen Themenkarten zu den Aus-
                  Apps bei Westermann.                                      wirkungen des Klimawandels oder Beispielen des nach-
                    „Die Vorteile im Unterricht liegen darin, bis in alle   haltigen Siedlungsbaus eignet sich der „Diercke Welt-
                  Details gemeinsam über eine projizierte Karte sprechen    atlas“ zum Beispiel auch zur Anschauung der UN-Ziele
                  zu können“, sagt Reinhold Schlimm, bei Westermann         für nachhaltige Entwicklung.
                  für die Atlasredaktion zuständig. „Gegenüber Google

                                                                                                                             0 1 / 2 0 2 2 // 1 7
NUTZEN
DIE FIRMA

                                                  Top-Aus­bildung sichert
                                                  Unternehmenserfolg
                                                  Die Druckerei Vetters aus dem sächsischen Radeburg bildet jedes Jahr
                                                  junge Leute in bis zu acht verschiedenen Berufen aus. Und das mit sol-
                                                  chem Erfolg, dass die Auszeichnungen und Awards nur so purzeln.

                          M
                                                              an merkt Dieter Simon die Begeisterung
                                                              deutlich an, wenn er über das Thema Aus-
                                                              bildung bei der Druckerei Vetters spricht: „Je
                                                              besser wir unsere Azubis ausbilden, desto
                                                  besser sind sie auf ihren Beruf und ihre Karriere bei
                                                  uns im Haus vorbereitet.“ So beschreibt der Geschäfts-          Wir wollen bestmöglich
                                                  führer den wichtigsten Grundsatz des Nachwuchskon-
                                                  zeptes bei Vetters. Und der Erfolg gibt ihm Recht. Die          ausbilden und dann einen
                                                  Druckerei aus dem sächsischen Radeburg errang den
                                                  1. Platz bei der Verleihung der Druck&Medien Awards
                                                                                                                  erstklassigen Mitarbeiter
                                                  2021 in Berlin in der Kategorie „Ausbildungsbetrieb des         übernehmen.“
                                                  Jahres“. „Wir freuen uns gemeinsam mit unseren Auszu-
                                                  bildenden über den Sieg und sind stolz auf unsere Leis-         Michael Schardt, Geschäftsführer der
                                                  tung“, so Simon. Bereits 2017 hatte es in dieser Kategorie      Druckerei Vetters GmbH & Co. KG
                                                  einen 3. Platz gegeben. Und seit Jahren erreichen die

                                                                                                               Auszubildenden der Firma Vetters in allen Bereichen
                                                                                                               ausgezeichnete Leistungen. 2020 etwa heimste Jonas
                                                                                                               Kühne im Ausbildungsberuf Medientechnologe Druck
                                                                                                               den „Ausbildungspreis 2020“ der Kreishandwerkerschaft
                                                                                                               Region Meißen ein und wurde zugleich „1. Bundessieger
                                                                                                               2020“ im Leistungswettbewerb des Deutschen Hand-
                                                                                                               werks.

                                                                                                               Erfolgsrezept für Nachwuchsarbeit
                                                                                                               Das Erfolgsrezept beschreibt Michael Schardt, Ge-
                                                                                                               schäftsführer, bei der Preisverleihung so: „Wir wollen
      druckawards.de / Fotograf Andreas Schwarz

                                                                                                               bestmöglich ausbilden und dann einen erstklassigen
                                                                                                               Mitarbeiter übernehmen.“ Das war auch bei Jonas Küh-
                                                                                                               ne der Fall. Während seiner dreijährigen Ausbildung
                                                                                                               wurde er intensiv in Theorie und Praxis auf das Berufs-
                                                                                                               leben vorbereitet. Er wurde von Ausbildungsbeginn an
                                                                                                               ins Team integriert und ihm wurde früh Verantwor-
                                                                                                               tung übertragen. Regelmäßige Feedbackrunden halfen,
                                                                                                               Probleme noch in der Entstehungsphase zu erkennen
                                                                                                               und zu lösen.

                                                  Michael Schardt bei der Preisverleihung der
                                                  Druck&Medien Awards

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NUTZEN
                                                                                                                                                        DIE FIRMA
Bild: Kreishandwerkerschaft Region Meißen

                                            Der ausgelernte Medientechnologe Druck Jonas Kühne (l.) freut sich mit Marco Castiglioni (Leiter Fertigung)
                                            über den „Ausbildungspreis 2020“ der Kreishandwerkerschaft Region Meißen.

                                            Maximale Unterstützung für Azubis                         zu können.“ Schulnoten und Alter seien dabei zweit-
                                            Jedes Jahr nimmt die Druckerei Vetters an regionalen      rangig, die Person an sich müsse zum Unternehmen
                                            Ausbildungsmessen teil, um neue Auszubildende zu          passen. „Berufliche Exzellenz, das Interesse und die
                                            gewinnen. Die eigenen Azubis werden mit Prämien zu-       Leidenschaft für die Druckbranche stehen bei uns im
                                            sätzlich motiviert, etwa bei besonderen schulischen       Vordergrund.“
                                            Leistungen oder einer besonders guten Abschlussprü-
                                            fung. Es werden alle gefördert, die sich weiterbilden     Service, Qualität und Zuverlässigkeit
                                            möchten. Als ausgelernte Fachkraft hat man z. B. die      Die 1949 gegründete und seit 1982 von den heutigen Ei-
                                            Möglichkeit, die Prüfung nach der Ausbildereignungs-      gentümern geleitete Druckerei steht für Service, Qualität
                                            verordnung (AEVO) abzulegen, um die zukünftigen           und Zuverlässigkeit. Das Unternehmen mit seinen mehr
                                            Azubis ausbilden zu können. Für den Bereich Produk-       als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählt zu den
                                            tion kann man beispielsweise die Weiterbildung zum        innovativsten Druckunternehmen für Rollen- und Bo-
                                            geprüften Industriemeister Print, im Vertrieb z. B. die   genoffset sowie Mailingtechnologie in Deutschland. Als
                                            Fortbildung zum geprüften Medienfachwirt Print ab-        modernes, expandierendes und familiäres Medienunter-
                                            solvieren. „Neben spannenden und abwechslungsrei-         nehmen steht der Name Vetters für individuelle Druck-
                                            chen Ausbildungen haben wir unseren Azubis also eine      erzeugnisse sowie hohe Produktnachhaltigkeit. „Bei uns
                                            Menge zu bieten“, so die Assistentin Marketing Sandy      steht der Kunde immer im Fokus, wir machen alles pas-
                                            Veil. „Wir sichern unseren Auszubildenden die maxi-       send – ob Umschläge, Ad Specials oder portooptimierte
                                            male Unterstützung während der gesamten Ausbil-           Selfmailer“, erklärt Michael Schardt. „Und dass wir unsere
                                            dungszeit zu. Denn unser Ziel ist es, ausgezeichnete      Produkte immer in höchster Qualität anbieten können,
                                            Fachkräfte auszubilden und unseren Lehrlingen im          daran haben unsere Azubis einen gehörigen Anteil.“
                                            Anschluss an ihre Lehrzeit eine Stelle bei uns anbieten

                                                                                                                                                         0 1 / 2 0 2 2 // 1 9
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NUTZEN

resp
ect
  Wir glauben an die
  Nachhaltigkeit von Print.
  inapa.de
2 0 // 0 1 / 2 0 2 2
VDMB
                                                                                                                        EDITORIAL

                                                                                        Bild: Orla – shutterstock

                                  Tarifrunde 2022: Augen-
                                                                                                                    Von Holger Busch,
INHALT                                                                                                              Hauptgeschäftsführer
                                                                                                                    Verband Druck und
2 	
   PAPIER- UND ENERGIEKRISE       maß gefragter denn je                                                             ­Medien Bayern e. V.
   Anpassungen der Markt­
   preise für Print sind unaus­   Zum 31. Januar 2022 hat die Gewerkschaft        knappung, Papier- und Energieverteue­
   weichlich                      ­­ver.di das Lohnabkommen für die gewerb­       rung haben die Produktionssicherheit und
                                  lich Beschäftigten der Druckindustrie           die Kostenstruktur vieler Betriebe nach­
4 IM GESPRÄCH                     ebenso wie den Gehaltstarifvertrag für          haltig verschlechtert. Kunden sind an ihre
	Keine Entspannung am            die Angestellten der Druckindustrie in          Grenze gekommen, Preissteigerungen
  Energiemarkt in Sicht           Bayern gekündigt. Die Kündigung wurde           beim Papier mitzutragen. Die Konsequenz:
                                  mit einer Forderung nach einer Lohnerhö­        Umfänge und Auflagen werden gekürzt
6 UNTERNEHMENSPORTRÄT             hung von 5 Prozent für das Jahr 2022 ver­       bzw. Printaufträge komplett in die digita­
  „Andere drucken nur – wir      bunden. Seit dem Valentinstag sitzen die        le Welt verlagert. In dieser Lage sind wei­
    können auch Software“         Tarifpartner nun zusammen, um trag­             tere Kostensteigerungen kaum verkraft­
                                  fähige Lösungen für die Betriebe und ihre       bar. Denn: Es kann nur das verteilt werden,
10 SOCIAL MEDIA                   Beschäftigten zu finden.                        was zuvor auch verdient wurde.
   „Menschen wollen                  Das ist heuer eine besonders harte Nuss.       Selbstverständlich spüren viele Dru­
     Menschen sehen“              Warum? Zum einen sehen wir alle die ge­         ckereien den Fachkräftemangel. Da sind
                                  stiegene Teuerungsrate, die zu einer Real­      attraktive Arbeitsbedingungen und gute
12 KURZMELDUNGEN                  lohnabsenkung bei vielen geführt hat.           Löhne natürlich von Vorteil. An der Stelle
» Girls’Day                       Auch wenn die Tarifabschlüsse der letzten       darf allerdings daran erinnert werden,
» Verstärkung beim VDMB           20 Jahre meist über der durchschnittlichen      dass sich die Vergütungsstrukturen der
» Grafikmagazin                   Inflationsrate lagen, ist es nicht vorrangige   Druckindustrie nach wie vor sehen lassen
» Online Print Symposium          Aufgabe von Tarifverträgen, Reallohnein­        können. In nur sehr wenigen Branchen
» drupa 2024                      bußen zu verhindern. Vielmehr sollte die        wird besser verdient. Das gilt übrigens für
» Vogel Druck                     wirtschaftliche Lage einer Branche für ein      tarifgebundene Unternehmen genauso
» Musterverträge                  Tarifergebnis ausschlaggebend sein.             wie für die ohne Tarifbindung, die sich
                                      Wer sich die aktuelle Situation der         meist an den Tarifabschlüssen orientie­
15 PERSONALENTWICKLUNG            Druckindustrie anschaut, wird feststellen,      ren. Auch das mahnt die Tarifpartner zu
	Zukunftsorientierte             dass viele Unternehmen vor sehr ernsten         einem verantwortungsvollen Abschluss
   Weiterbildung                  He­rausforderungen stehen. Papierver­           mit Augenmaß.

                                                                                                                          01/202 2      1
VDMB
PAPIER- UND ENERGIEKRISE

       Anpassungen der
       Marktpreise für Print
       sind unausweichlich
        Der VDMB diskutiert mit Experten über Konsequenzen der Papier-
        und Energiekrise. Druckereien müssen sich auf dauerhaft höheres
        Preisniveau im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit einstellen.

       M
                  angel an Rohstoffen, Versorgungsengpässe     Herausforderungen für die Betriebe. Besonders die
                  und erhebliche Preissteigerungen bei Papier ­Verknappung und Verteuerung auf den Papiermärkten
                  und Energie: Es gibt derzeit viele drängen­ bereiten den Unternehmen nach wie vor große Sorgen.
                  de Fragen, die die Unternehmen der Druck-
        und Medienbranche umtreiben. Und der Bedarf nach       Papierknappheit größte Herausforderung
        Diskussion und Austausch zu diesen Themen im und „Die Entwicklung auf den Papiermärkten ist ohne Zwei­
        mit dem Verband ist groß. So sind die Entwicklungen    fel gegenwärtig das herausforderndste Thema in unse­
        auf den Energie- und Rohstoffmärkten derzeit große     rer Branche. Papier ist mittlerweile so knapp wie teuer

2      01/202 2
                                    Grafik: VectorMine – shutterstock
VDMB
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geworden. Und für die Zukunft gibt es häufig nur vage
Informationen darüber, wann und zu welchen Kondi­
                                                                Wir müssen einfach
tionen wir das benötigte Papier erhalten. Für viele Dru­        zur Kenntnis nehmen,
ckereien bedeutet das eine außerordentlich schwierige
Situation, weil verlässliche Kalkulationen kaum mehr            dass es in den vergan­
möglich und Kundenaufträge teils nicht mehr durch­
geführt werden können“, beschreibt Christoph Schleu­            genen Monaten auf
nung, Vorstandsvorsitzender des VDMB, die dramati­
sche Lage in den Betrieben.
                                                                der Angebotsseite
                                                                ­funda­mentale Verände­
Insidereinblicke und Austausch mit Experten
„Die mitunter schmerzhaften Erfahrungen der vergan­              rungen gegeben hat.“
 genen Monate zeigen, dass diese Probleme nur im part­
                                                                Dr. Jörg Sensburg, 2H Holding
 nerschaftlichen Dialog entlang der gesamten Wert­
 schöpfungskette von Papierherstellern, -händlern,
 Druckereien und Kunden zu lösen sind“, bewertet
 Schleunung die aktuelle Situation. Deswegen hat der
 Vorstand des VDMB auch Dr. Jörg Sensburg, geschäfts­
 führender Gesellschafter der 2H Holding, einem der
 führenden Papiergroßhändler, zu einer Diskussion ein­     langfristig deutlich höher sein wird als in den letzten
 geladen. Sensburg erläuterte die vielfältigen Ursachen    Jahren. Neben dem CO₂-Preis spielt mittlerweile der
 der Papierverknappung: „Wir müssen einfach zur            Gas-Preis bei der Strompreisentwicklung eine zuneh­
 Kenntnis nehmen, dass es in den vergangenen Monaten       mend wichtigere Rolle. Angesichts dieser Kostenex­
 auf der Angebotsseite fundamentale Veränderungen          plosionen bei Papier und Strom erscheinen Preisanpas­
 gegeben hat.“ Neben der Verringerung von Produkti­        sungen der Druckereien über kurz oder lang vielfach
 onskapazitäten für grafische Papiere hat sich vor allem   unausweichlich. „Unsere Kunden müssen sich darauf
 auch die Umwidmung bestehender Kapazitäten in Rich­       einstellen, dass Print schlicht teurer wird“, so Schleu­
 tung der Herstellung von Packaging-Materialien aus­       nung.
 gewirkt. Zusammen mit der gestiegenen Nachfrage
 nach Druckprodukten weltweit sowie den gestiegenen        Preisanpassungen der Verrechnungssätze
 Energiepreisen hat sich dies preistreibend auf die Pa­    notwendig
 piermärkte ausgewirkt. Trotz zu erwartender Entspan­      Neben steigenden Preisen für Papier und Strom sind
 nungen im Laufe des kommenden Jahres rät er Drucke­       Druckereien auch von weiteren Preissteigerungen be­
 reien, sich dauerhaft auf höhere Preise einzustellen.     troffen. So steigen auch die Preise für Roh-, Hilfs- und
                                                           Betriebsstoffe sowie anderer Positionen, die auf der
Besorgniserregende Entwicklung auch auf                    Fremdbeschaffungsliste der Druckhäuser stehen und
den Energiemärkten                                         als typische Gemeinkosten in die Kalkulation eingehen.
Auch auf den angesprochenen Energiemärkten kommt           Die aktuelle Entwicklung der Inflationsrate spiegelt
es derzeit zu erheblichen Preissteigerungen. „Wir alle     sich hier deutlich wider und Preissteigerungen finden
haben schmerzlich erfahren müssen, wie sehr in die­        an vielen Stellen statt, wenn auch nicht im selben Aus­
sem Jahr die Preise für Gas und Strom gestiegen sind       maß wie bei Papier oder Strom, jedoch in der Summe
und uns Unternehmen zusätzlich belasten“, so Schleu­       von bis zu 10 Prozent und mehr. Jede Druckerei sollte
nung. In der Diskussion mit Thomas Reitemann, Leiter       ihre Kalkulationswerte überprüfen und notwendige
Energiebeschaffung und Großkundenvertrieb von der          Anpassungen vornehmen. Die derzeit angespannte
Lechwerke AG wurde deutlich, dass die momentanen           ­Situation mit schmalen Margen bietet keinen Raum für
Preisspitzen eine Ausnahme sind, das Preisniveau aber      nicht weitergegebene Preissteigerungen.

                                                                                                           01/202 2      3
NUTZEN
IM GESPRÄCH

     INTERVIEW

    Keine Entspannung am
    Energiemarkt in Sicht
     Die Gründe für die derzeit hohen Preise und was ein mittelständisches Unternehmen
     tun kann, um seine Energiekosten in den Griff zu bekommen, veranschaulicht Thomas
     Reitemann, Leiter Energiebeschaffung und Großkundenvertrieb von der Lechwerke AG.

    Herr Reitemann, Energie war                                                   kugel gleich. Aus heutiger Perspek­
    noch nie so teuer wie derzeit.                                                tive sehen wir noch keine Indikato­
    ­Woran liegt das?                                                             ren für eine grundlegende Ent­
     Derzeit beeinflussen verschiedene                                            spannung.
     Faktoren die Preise. Da sind die Roh­
     stoffknappheit durch die weltweite                                           Was kann ein mittelständisches
     Konjunkturbelebung nach der ers­                                             Unternehmen tun, um seine Ener-
     ten Corona-Welle zu nennen sowie                                             giekosten im Griff zu behalten?
     eine lang anhaltende kühle Witte­                                            Erstens sollten sich die Unternehmen
     rung im Frühling 2021, die zu einer                                          über die aktuelle Entwicklung gut
     verspäteten und damit geringeren        Thomas Reitemann, Leiter Energie­    informieren. Zweitens sollten sie –
     Befüllung der Gasspeicher führte.       beschaffung und Großkundenvertrieb   das gilt vor allem für kleinere Unter­
                                             von der Lechwerke AG
     Die im Vergleich zu den Vorjahren                                            nehmen – über langfristige Verträge
     niedrigere Erzeugung aus erneuer­                                            bei einem verlässlichen Partner
     baren Energien steigerte den            je nach Energieträger zusätzliche    nachdenken. Das bringt mit Blick
     Bedarf aus konventioneller Erzeu­       Kostenbestandteile, wie z.B. die     auf die eigene Produktkalkulation
     gung und führte zu einer höheren        EEG-Umlage, die KWKG-Umlage          Planungssicherheit. Für große, ener­
     Nachfrage nach CO2-Zertifikaten.        und die Brennstoffemissionshan­      gieintensive Unternehmen gibt es
     Angesichts der niedrigen Speicher­      delssteuer, enthalten.               verschiedene flexible Beschaffungs­
     stände wirken sich die politischen                                           modelle, etwa über Tranchen und/
     Spannungen mit Russland und die         Welche Rolle spielen erneuerbare     oder eine Optimierung am Spot­
     damit verbundenen Sorgen über           Energien? Wirken die nicht preis-    markt. Drittens sollten sie auf rege­
     ausreichende Gaslieferungen im          dämpfend?                            nerative Eigenerzeugung und Ener­
     Winter massiv auf die Marktpreise       Erneuerbare Energien weisen keine    gieeffizienz setzen. Hier gilt es dann
     aus. Die Gaspreisentwicklung ist seit   variablen Kosten auf und wirken      auch, konsequent den Wärmebe­
     einigen Monaten der entscheiden­        preisdämpfend, wie der Spotmarkt     reich und den Verkehr mitzudenken,
     de Faktor für die stark ansteigenden    zeigt. Eine hohe Einspeisung von     zum Beispiel mit Wärmepumpen
     Strompreise.                            Ökostrom führt zu niedrigeren Bör­   und Elektromobilität.
                                             senpreisen. Fällt die regenerative
    Welche Rolle spielt der Klima-           Erzeugung witterungsbedingt          Wie kauft ein Energiebeschaf-
    schutz bei der Energiepreis­             schwächer aus, fehlt dieses preis­   fungsprofi wie Sie privat seine
    bildung?                                 mindernde Angebot. Bei einer         Energie ein?
    Bei konventioneller Erzeugung flie­      unveränderten Nachfrage stellen      Bei einem verlässlichen, nachhaltig
    ßen die Kosten für CO2-Zertifikate in    sich am Strommarkt dann höhere       ausgerichteten und regional enga­
    die Preisbildung am Großhandels­         Preise ein.                          gierten Energieunternehmen, wie
    markt ein. Der Preis für die Zertifi­                                         es die LEW-Gruppe ist. Für unsere
    kate hat sich im letzten Jahr in der     Ist ein Ende der Preiskapriolen      Privatkunden beschaffen wir den
    Spitze mehr als verdreifacht, was        in Sicht?                            Strom langfristig in Tranchen und
    auch die Strompreise nach oben           Prognosen sind aktuell schwierig,    können so Preisschwankungen auch
    zieht. Im Endverbraucherpreis sind       das kommt dem Blick in die Glas­-    besser abfedern.

4   01/202 2
WIR MACHEN
IHRE MITARBEITER
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VDMB
UNTERNEHMENSPORTRÄT

    „Andere drucken nur – wir
      können auch Software“
        Unser Mitgliedsunternehmen myposter zählt zu den E-Commerce-Erfolgs-
        geschichten in Deutschland und verzeichnete in den vergangenen Jahren
        ein rasantes Wachstum.

       W
                       ir haben zwei Dinge von Anfang an rich­
                       tig gemacht“, beschreibt René Ruhland,
                       Gründer und Geschäftsführer von my­
                       poster, das Erfolgsrezept seiner Unter­
                                                                         Am Ende werden
        nehmensgruppe. „Wir haben von vornherein stark auf               diejenigen erfolgreich
        eigene Softwareentwicklung gesetzt. Zudem haben wir
        gleichzeitig angefangen, alle Produkte selbst zu pro­            sein, die die besten
        duzieren.“ Im Jahr 2011 gründet René gemeinsam mit
        seinem Bruder Marc myposter. Mit eigener Software,               Fachkräfte haben.“
        ohne Druckkenntnisse, aber mit einem ersten Canon-               René Ruhland, Gründer und
        Drucker. Nach und nach bauen die beiden ein unab­                Geschäftsführer von myposter
        hängiges E-Commerce-Unternehmen für Digitaldruck
        im Premiumsektor auf.
           Ob Fotobuch, Kalender, Fotoabzüge und Wandbilder
        auf unterschiedlichen Materialien und individuellen
        Größen – bis zu 25.000 dieser Produkte verlassen heute
        täglich die Produktionshallen von myposter. Und bis       Wachstum tief im Unternehmen verankert
        heute stellt das Unternehmen all das in eigener Produk­   Zu ihrer Gruppe gehören heute die Marken myposter,
        tion in Bergkirchen (Bayern) und Bitterfeld (Sachsen-     Kartenliebe, ArtPhotoLimited sowie das eigene Produk­
        Anhalt) her und schreibt konsequent sämtliche Soft­       tionsunternehmen Printhouse. Erst im Januar dieses
        wareanwendungen für Shops, Apps, Services bis hin zur     Jahres übernahmen sie das Unternehmen JUNIQE in
        Produktionssteuerung selbst. Anna Ruhland, Ehefrau        Berlin. Mit der Übernahme steigt die Zahl ihrer Beschäf­
        von René, stieg im Jahr 2013 mit in die Geschäftsfüh­     tigten um 70 auf aktuell 350 Mitarbeiterinnen und Mit­
        rung ein. Zu dritt steuern sie heute die Unternehmens­    arbeiter. Wachstum ist ein wichtiger Bestandteil der
        gruppe mit fünf operativen Unternehmen.                   Unternehmens-DNA. „Einer unserer zentralen Werte ist
                                                                  deshalb ‚Beweglichkeit‘. Und das rasante Wachstum der
                                                                  vergangenene Jahre wollen wir auf alle Fälle beibehal­
                                                                  ten. Das ist Herausforderung und Antrieb zugleich“,
                                                                  erklärt Ruhland die Strategie des Familienunterneh­
                                                                  mens. „Da wir keine Investoren mit im Unternehmen
                                                                  haben, können wir immer selbst entscheiden, ob wir
                                                                  uns eher auf Ertrag oder doch besser auf weiteres
                                                                  Wachstum fokussieren.“

                                                                   Personalgewinnung gestaltet sich
                                                                  ­zunehmend schwierig
                                                                  Der zunehmende Mangel an Personal ist daher ein The­
                                                                  ma, das Ruhland stark umtreibt. „Durch verschiedene
                                                                  Veranstaltungen zur Personalgewinnung und unsere
                                                                  Maßnahmen im Employer Branding versuchen wir,
                                                                  ­volle Transparenz in den Markt zu geben. Und das auf
                                                                   möglichst allen verfügbaren Kanälen.“ Man muss als

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VDMB
                                                                                        UNTERNEHMENSPORTRÄT

Gemeinsam mit seiner Frau Anna und seinem Bruder Marc steuert René Ruhland (Mitte)
die Unternehmensgruppe mit fünf operativen Unternehmen.

Unternehmen heute viel tun, um die besten Mitarbei­         Krise wirkt sich positiv auf das Geschäft aus
tenden zu gewinnen, aber auch, um sie zu halten. So          Auch die Coronakrise konnte dem Erfolg des Unter­
kümmert sich ein eigenes Team um das Employer Bran­          nehmens nichts anhaben, im Gegenteil: Die konse­
ding und es gibt Managerinnen und Manager, die               quente Ausrichtung auf Endkunden habe dem Unter­
­ausschließlich Team-Events organisieren. „Am Ende           nehmen vor allem im Jahr 2020, aber auch im Jahr
 werden diejenigen erfolgreich sein, die die besten Fach­    2021, noch einen zusätzlichen Wachstumsschub ge­
 kräfte haben“, ist sich René Ruhland sicher.                geben, sagt Ruhland: „Auch wenn der Trend zum Do
     In der Unternehmensgruppe sind ganz unterschied­        it yourself – von dem wir in dieser Zeit profitiert haben
 liche Qualifikationen gefragt: Von der ungelernten          – abflacht, haben wir doch viele neue Kunden gewon­
 Hilfskraft über den ausgebildeten Medientechnologen         nen. Und es sind vor allem Kunden, die früher nicht
 Druck bis hin zur Softwareentwicklerin oder der Mar­        online eingekauft haben. Also: In den vergangenen
 ketingfachkraft mit Studium ist die Spanne breit. Das       zwei Jahren hat unser Kundenstamm noch einmal
 ist es aber auch, was den Charme des Unternehmens          ­ordentlich zugelegt.“
 ausmache, erzählt René Ruhland. „Dass wir diese zwei           Und die Kunden sind international, denn die Unter­
 Seiten haben, die Produktion auf der einen und die          nehmensgruppe liefert in alle Länder der Europäischen
 Software auf der anderen, mit total unterschiedlichen       Union und in das Vereinigte Königreich. 40 eigene
 Menschen und Arbeitsweisen – diese Welten zusam­            ­Service-Mitarbeitende betreuen die Kundinnen und
 menzubringen ist spannend! Wenn man sich den Er­             Kunden in der jeweiligen Landessprache. Auch um die
 folg unserer Produkte ansieht, so hängt dieser immer         Logistik kümmert sich das Unternehmen selbst. „Des­
 stark an der Kollaboration. Auch wenn es bei uns             wegen ist es für uns so wichtig, die Steuerungssoftware
 selbstverständlich die Möglichkeit des Homeoffice            selbst programmieren und anpassen zu können. Wir
 gibt, sind wir deshalb große Fans von der Arbeit im          beliefern unsere Kundschaft in ganz Europa und
 Office. Wir glauben einfach daran, dass der soziale          schleusen die Pakete in die deutschen Nachbarländer
 ­Zusammenhalt und das soziale Gebilde einen höheren          direkt per Lkw ein. Das spart uns Zeit und Geld.“
  Stellenwert hat als das effiziente Wegarbeiten im
  ­Homeoffice.“

                                                                                                              01/202 2      7
VDMB
UNTERNEHMENSPORTRÄT

                                                                         Drucken ist für uns
                                                                         ein wichtiger Teil des
        Nachhaltige Produktion: Druck von den                            Erfolges, aber nicht
        Endkunden
        Die Unternehmensgruppe übernimmt auch Verantwor­                 der Bereich, der den
        tung für die Umwelt, indem sie in allen Standorten Öko­
        strom nutzt, ausschließlich natürliche Materialien ver­
                                                                         Unterschied macht.“
        wendet, Restbestände zu 100 Prozent verwertet und die            René Ruhland, Gründer und
        Produkte möglichst nachhaltig liefert. „Nachhaltig zu            Geschäftsführer von myposter
        produzieren ist uns wichtig. Durch unser B2C-Geschäft
        stehen wir im direkten Fokus und spüren an der ein oder
        anderen Stelle auch Druck von unserer Kundschaft. Bei      Drucken nur ein Teil des Erfolges
        der Umstellung auf nachhaltige Verpackung haben wir         Ruhland definiert sein Unternehmen nicht als reinen
        gemerkt, dass es von Kundenseite sehr honoriert wird:       Druckbetrieb. „Ich würde uns in erster Linie als E-Com­
        Dennoch ist es auch ein schmaler Grat“, erklärt René        merce-Unternehmen beschreiben. Das Drucken ist für
        Ruhland. Nicht immer würde eine nachhaltigere Inno­         uns ein wichtiger Teil unseres Erfolges, aber am Ende
        vation von der Kundschaft für gut befunden oder nach­       nicht der Bereich, der den Unterschied macht“, sagt Ruh­
        gefragt. „Ein Beispiel: Um gerahmte Bilder für den          land über das Selbstverständnis der Unternehmens­
        ­Versand sicher zu verpacken, verwenden wir eine Spritz­    gruppe. myposter wirbt mit dem Slogan „Alle anderen
         gussecke. Wenn man dafür jedoch Papier verwendet,          drucken nur“. Dieser bringt für René Ruhland auf den
         denken viele Kunden, wir würden ihr Produkt nicht an­      Punkt, was sie von Mitbewerbern unterscheidet: „Es
         gemessen verpacken. Wir verschicken sehr emotionale        könnten sicher viele Druckereien unsere Produkte
         Produkte – dein eigenes Foto, das deines Kindes oder       ­herstellen. Aber das Herstellen ist nicht das Entscheiden­
         deines Enkelkindes –, da erwarten die Kunden einfach        de – es ist vor allem das Know-how in Software und Mar­
         100 Prozent Qualität und wollen nicht das Gefühl haben,     keting. Und das ist das, was uns dann von anderen
         dass es beim Transport hätte kaputt gehen können.“        ­abgrenzt.“

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