Regenwasser in der Stadt - Technologie Report - Wirtschaftsagentur Wien
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
2 Regenwasser in der Stadt Technologie Report 3 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Wien zählt zu den erfolgreichsten Metropolen im Bereich der nachhaltigen Innovationen. Insgesamt beschäftigen sich in Wien rund 9.200 Unternehmen mit Stadt- und Umwelttechno- logien. Mehr als 90.000 Menschen erwirtschaften Umsätze von rund 40 Mrd. Euro jährlich, das entspricht 16 % des Ge- samtumsatzes der Wiener Unternehmen. Laut verschiedenen Studien punktet Wien besonders stark mit Innovationskraft, der umfassenden Unterstützung von Startups sowie einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Auch in mehreren „Smart City“-Rankings liegt Wien auf den vordersten Plätzen. Das Leitziel von Smart City Wien ist die Bereitstellung der besten Lebensqualität bei größtmöglicher Ressourcenschonung bis 2050 und wird durch die Smart City Wien Rahmenstrategie1 durch viele innovative Einzel- projekte Wirklichkeit. Der Standort überzeugt außerdem durch sein forschungs- und technologiefreundliches Klima, die geographische und kulturelle Nähe zu den östlich gele- genen Wachstumsmärkten, die hohe Qualität der Infrastruk- tur und des Ausbildungssystems sowie nicht zuletzt die welt- weit höchste Lebensqualität. Um das Potenzial an diesem Standort optimal zu nutzen, fungiert die Wirtschaftsagentur Wien als Informations- und Kooperationsplattform für Wiener Technologieentwicklerin- nen und Technologieentwickler. Sie vernetzt Unternehmen mit Entwicklungspartnerinnen und Leitkunden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtverwaltung und unterstützt die Wie- ner Unternehmen mit gezielten monetären Förderungen und einer Vielzahl von Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Die Wirtschaftsagentur Wien unterstützt Sie mit der gezielten Förderung smarter Unternehmensideen und innovativer Lö- sungen. Zielgruppen sind Betriebe aus den Bereichen Ener- gie und Umwelt, Mobilität und Bau sowie Soziale Innovationen und Assistierende Technologien. Der vorliegende Technologie Report bietet einen Über- blick über die verschiedensten Trends und Entwicklungen im Bereich des urbanen Regenwassermanagements sowie eine Auswahl von Unternehmen, die in diesem Bereich in Wien tätig sind. Ihr Team der Wirtschaftsagentur Wien 1 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008551.pdf Einleitung
Inhalt 4 Inhalt 5 S. 14 5. Interessante 10. Leistungen der S. 36 Entwicklungen in Wirtschaftsagentur Europa Wien S. 17 6. Wiener Kontext S. 36 10.1 Aktuelle Förderprogramme S. 39 11. Unternehmen S. 18 7. Projekte der aus Wien Challenge „Regen- wasser in der Stadt“ S. 47 12. Impressum 8. Sonstige Projekte S. 30 in Wien 1. Einleitung S. 6 S. 30 8.1 Schwammstadt-Quartier in der Seestadt Aspern S. 32 8.2 Regenwassermanagement in der Biotope 2. Regenwasser in S. 7 City Wienerberg der Stadt S. 32 8.3 Wasserkreislauf innerhalb des Wohn- parks Süßenbrunner Straße S. 33 8.4 Versickerung und Verdunstung von S. 10 3. Historie S. 33 Straßenabwässern im Bruno-Kreisky-Park 8.5 BOKU – Dreifachnutzung des Dachs: Freiraum, Grünraum & PV-Strom 4. Neue S. 11 S. 34 8.6 Qualitätssprung im Grätzl Anforderungen S. 34 8.7 Die erste „Schwammstraße“ Wiens S. 11 4.1 Tendenz zu extremeren Niederschlags- ereignissen S. 35 9. Ausblick S. 11 4.2 Hoher Versiegelungsgrad S. 12 4.3 Schwammstadt S. 12 4.4 Gründächer: ein beträchtliches Potenzial in vielerlei Hinsicht Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 6 2. Regenwasser in der Stadt 7 Das bringt mehrere Vorteile mit sich: das über die Vegetation Ausbau der Kanalisation und der Kläranlage für die Bewälti- verdunstende Regenwasser bewirkt bei ausreichender Di- gung solcher Ereignisse ist weder technisch möglich noch mensionierung einen Kühleffekt, der die Bildung von urbanen wirtschaftlich sinnvoll. Dazu ist anzumerken, dass ein abso- Hitzeinseln (UHI) unterbindet. Dazu kommt, dass dieses Nie- luter Schutz vor Starkregenereignissen, ganz gleich welcher derschlagswasser nicht über das Kanalsystem abgeführt Intensität, praktisch nicht umsetzbar ist. Die entsprechenden werden muss, womit eine allfällige Vorbehandlung entfällt und Anlagen – also auch die Kanalsysteme – werden für den die stoffliche Belastung des Grund- und Oberflächenwassers Schutz vor statistisch mit einer konkreten maximalen Jähr- so gering wie möglich gehalten wird. lichkeit zu erwartenden Ereignissen ausgelegt. Es bleibt also Die Stadt Wien ist sehr bemüht, möglichst viel Regen- immer ein Szenario ohne Schutz vor extremeren Ereignissen, wasser lokal in den natürlichen oder naturnahen Wasserkreis- was aber auch für naturnahe Lösungen gilt. Daher ist die Ein- lauf zurückzuführen. Die Stadtbaudirektion (MD – BD), die leitung von Niederschlagswassern in die öffentliche Kanali- Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22), die Abteilung Wiener sation in vielen Bereichen der Stadt nur eingeschränkt oder Gewässer (MA 45) sowie die Unternehmung Wien Kanal und gar nicht zulässig. Die zunehmende Flächenversiegelung be- andere arbeiten gemeinsam daran, dass nachhaltiges Regen- günstigt zudem die Bildung von urbanen Hitzeinseln, der Tem- wassermanagement in Wien verstärkt zum Einsatz kommt. In peraturunterschied zum Umland erreicht mitunter zweistelli- der Smart City Wien Rahmenstrategie 2019 – 20502 wird ei- ge Werte. nem solchen Regenwassermanagement ein sehr hoher Stel- Für die wachsende Stadt geht somit eine Schere auf, lenwert zugewiesen, um die unvermeidbaren Folgen des was den Kühlbedarf und die Ableitung von Niederschlags- Klimawandels im Zuge eines Anpassungsprozesses durch wasser anbelangt. Da aber gerade auf den neu bebauten geeignete Maßnahmen abzufedern. Flächen, die Chance besteht, ein nachhaltiges Regenwasser- Ein solcher Anpassungsprozess mit dem Ziel einer mög- management zum integralen Bestandteil der Planung zu ma- lichst weitgehenden Renaturierung von Teilen des urbanen chen, ist von der Baudirektion (MD BD – Geschäftsbereich Gefüges bietet auch große Chancen für Innovationen. Deshalb Bauten und Technik) ein Leitfaden für die Bauplanung zum wurde im Vorjahr im Rahmen des Co-Creation Lab der Wirt- Thema Oberflächenentwässerung herausgegeben worden.5 schaftsagentur Wien die Challenge „Regenwasser in der Dieser Leitfaden bietet in übersichtlicher, tabellarischer Niederschlag im urbanen Raum ist von verschiedenen Aspek- Stadt“ bearbeitet. Der vorliegende Report bietet einen Über- Die jährlichen Niederschlagsmengen sind in Wien sehr unter- Form für alle überbauten Flächen (wie z.B. Dachflächen, Geh- ten geprägt. Das Regenwasser ist eine wertvolle Ressource, blick über die aktuelle Entwicklung des Regenwassermanage- schiedlich. Grund dafür ist die Topographie, mit dem Übergang wege, Radwege, unbefahrene Plätze, Parkplätze) eine Bewer- die dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt werden ments in Wien und stellt die im Rahmen des Co-Creation Lab vom Flachland im Osten zu den feuchteren und niederschlags- tung des Flächentyps und der Entwässerung sowie Erläute- sollte. Da dies aufgrund des hohen Versiegelungsgrades nur eingereichten Ideen und Projekte vor. reicheren Wienerwaldbergen im Westen. Im Stadtzentrum rungen dazu, ergänzt durch die diesbezüglichen rechtlichen mehr sehr eingeschränkt möglich ist, müssen Methoden ent- und unmittelbar östlich davon liegt die mittlere Jahressumme Vorgaben und Rahmenbedingungen. wickelt werden, mit denen große, vor allem in relativ kurzer bei nur 550 – 600 mm, in den westlichen Stadtteilen steigt die Planungen, die den Umgang mit Oberflächenwasser be- Zeit anfallende Regenmengen abgeführt werden können, um jährliche Niederschlagsmenge mit einer mittleren Zunahme- treffen, sollten demnach unbedingt folgender Prioritätenrei- Überflutungen zu vermeiden. rate von 100 mm pro 100 m bis gegen 900 mm / Jahr an. Die hung entsprechen: In der Natur, wo der Großteil des Regenwassers vom Lage Wiens an der sehr scharf ausgeprägten Grenze zwi- Vermeidung/Minimierung der versiegelten Flächen Boden zwischengespeichert wird, verdunsten ca. 75 % des schen den feuchten, niederschlagsreichen Wienerwaldgebie- Rückhalten und Verdunsten Niederschlagswassers im natürlichen Wasserkreislauf wieder ten und der trockenen Ebene im Osten (Marchfeld), mit nur Versickern am selben Ort, wobei die Vegetation dabei eine erhebliche wenig mehr als der Hälfte des Wienerwaldniederschlages, Ableiten Rolle spielt. Im Siedlungsgebiet, wo dieser Kreislauf durch die hat also einen unmittelbaren Einfluss auf die Regenmengen Bodenversiegelung und die Entwässerung über das Kanal- in den einzelnen Stadtteilen. Wie die unterschiedlichen technischen Lösungen in diesem system unterbrochen ist, beträgt der Anteil des verdunsten- Der Großteil des Niederschlagswassers, das in Wien auf Kontext eingestuft und bewertet werden, ist in der Abbildung den Regenwassers nur noch ca. 5 %. versiegelten Flächen fällt, wird über das Kanalsystem abge- Nachhaltiger Umgang mit Niederschlagswasser „do’s und Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung eines nach- leitet und landet – je nachdem ob es sich bei dieser Art der don’ts“ (siehe Seite 9) ersichtlich: aufwändige bauliche Maß- haltigen Regenwassermanagements für den urbanen Raum Entwässerung um ein Mischsystem oder um ein Trennsystem nahmen zur Ableitung großer Regenwassermengen stehen von vitalem Interesse, da dieser in der Lage sein sollte, mit handelt – entweder in der Kläranlage oder direkt im Vorfluter. einem nachhaltigen Regenwassermanagement diametral ent- einer zunehmenden Anzahl von Extremwetterereignissen wie Das Grünraummonitoring Wien 2005 – 2008 ergab bei gegen. Sie sind außerdem sehr teuer und stellen lediglich eine Hitzewellen und Starkregen angemessen umzugehen. Das einer Gesamtfläche von 41.667 ha einen versiegelten Anteil von Symptombekämpfung dar. deklarierte Ziel eines solchen Regenwassermanagements ist 30 % (12.496 ha, davon 5.646 ha bebaute Fläche und 6.850 ha es, möglichst viel Regenwasser wieder dem natürlichen Was- sonstige versiegelte Flächen, z.B. Verkehrsflächen).3 Auf den serkreislauf zuzuführen. Das erfordert zum Teil eine Entsie- ersten Blick mag dieser Flächenanteil moderat erscheinen, gelung des Bodens, deutlich mehr Stadtbegrünung sowie aber die enorme jährliche nur auf dieser Fläche anfallende zusätzliche lokale Speichermöglichkeiten für Regenwasser, Niederschlagsmenge, die dem natürlichen Wasserkreislauf 3 das in der Folge für die Bewässerung des Pflanzenbestandes entzogen wird, verdeutlicht den mit einem nachhaltigen Regen- www.wien.gv.at/kontakte/ma22/studien/pdf/monitoring-2005-1.pdf, S. 24 verwendet werden kann. wassermanagement verbundenen Handlungsbedarf. Dazu kommt, dass Wien eine wachsende Stadt ist. So verzeichnete die versiegelte Fläche allein zwischen 1997 und 4 www.wien.gv.at/umweltschutz/raum/pdf/regenwassermanagement.pdf, S. 3 2005 einen Zuwachs um 555 ha.4 Nun hat sich bedingt durch den Klimawandel nicht nur die Anzahl der Hitzetage (Tage mit 2 mehr als 30 Grad) seit 1990 verdoppelt, sondern auch Stark- 5 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008551.pdf regenereignisse werden häufiger und teilweise heftiger. Der www.wien.gv.at/umweltschutz/raum/pdf/oberflaechenentwaesserung-leitfaden.pdf Kapitel 1, Einleitung Kapitel 2, Regenwasser in der Stadt
8 Nachhaltiger Umgang mit Niederschlagswasser „do’s and don’ts“ 9 Regenwasser auf unversiegelte Fächen Regenwasser auf versiegelte Fächen Nachhaltiges Regenwassermanagement strebt – auch in der Auch in Wien gibt es mittlerweile drei unterirdische Regen- und Dächer Stadt – einen möglichst naturnahen Wasserkreislauf an. Die wasserspeicherbecken, weil solche Infrastrukturmaßnahmen Speicherfunktion des Bodens wird technisch nachgeahmt, die einzige Möglichkeit darstellen, heftige lokale Starkregen- beispielsweise durch Dachbegrünungen oder Straßenunter- ereignisse, sog. „Rain Bombs“ zu entschärfen. Hier wird die bauten. Mit dem Wasser werden Dach- und Fassadenbegrü- Problematik sichtbar, die der Klimawandel mit sich bringt: In Ausnahmefällen mit Zustimmung von Wien Kanal nungen oder Straßenbäume versorgt. Die Verdunstungsrate Extremereignisse werden häufiger und erfordern Anpassun- Verdunstung und Versickerung Retention / Verdunstung über Grundächer wird erhöht, und dem sogenannten Urbanen Hitze-Insel-Effekt gen im zunehmend unterdimensionierten Abwassersystem, oder Wasserflächen wird entgegengewirkt. Die Vorteile von nachhaltigem Regen- die den Spielraum erweitern. Allerdings: „Jahrhundertereig- wassermanagement: nisse wie das vom 13. August 2010 können zwar abge- Wasser wird im natürlichen Kreislauf belassen. schwächt, aber nicht zur Gänze verhindert werden.“6 Niederschlagswasser versorgt Boden, Pflanzen und Kein sickerfähiger Boden oder Versickerung nicht zulässig Grundwasser. Versickerung über Bodenfilter Regenwasser verdunstet, wodurch die Luft befeuchtet und gekühlt sowie Staub gebunden wird. Nutzung von Trinkwasser für Bewässerungen wird vermieden. Regenwasser wird durch Versickerung über belebten Boden gereinigt. Versickerung über Sickerschächte Grundwasserneubildung wird begünstigt. (bei Erfordernis mit technischem Filter) Technische und finanzielle Vorteile durch Entlastung des Kanals und der Kläranlage. Hochwasserabflussmengen, Hochwasserereignisse werden gemildert, weil der Abfluss verzögert und re- duziert wird, dadurch werden Hochwasserschäden Retention ober- oder unterirdisch in Becken verringert. oder Staukanälen Natürliche, gleichmäßigere Pegelstände der Fließge- wässer. Quelle: vgl. www.wien.gv.at/umweltschutz/raum/pdf/oberflaechenentwaesserung-leitfaden.pdf, S. 6 Niederwasser und Dürreperioden werden durch Spei- cherung des Wassers im Boden gemildert. Feuchtbiotope werden erhalten bzw. neu geschaffen. Diese bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Gedrosselte Ableitung in Kanalisation Wie fatal sich eine großflächige Bodenversiegelung mit irrever- siblem Charakter auswirkt, zeigt sich z.B. in der Megacity Tokio. Dort mussten gigantische unterirdische Speicherbecken er- richtet werden, um die anfallenden Mengen des auf den ver- siegelten Flächen gesammelten Regenwassers geordnet aus Ungedrosselte Ableitung in Kanalisation der Stadt ableiten zu können. Wenn man sich vor Augen führt, dass diese Milliarden verschlingenden baulichen Maßnahmen nur den Zweck verfolgen, eine Überlastung des städtischen Abwassersystems mit dadurch entstehenden Überflutungen zu verhindern, wird die ökonomische Wirksamkeit von nach- haltigem Regenwassermanagement mehr als deutlich. In Städten wie Wien sind solche Dimensionen zwar nicht anzutreffen, aber in der ähnlich großen Stadt München, die mit 1.000 mm pro Jahr die größte Niederschlagsmenge aller deutschen Großstädte verzeichnet, sind bei starken Regen- fällen die Kanäle und die Klärwerke trotz doppelter Auslegung überlastet. Um vorbelastetes Regenwasser nicht in großen Mengen ungeklärt in die Isar einzuleiten, wurden 13 Regen- rückhalteanlagen mit einem Volumen von rund 703.000 Kubik- metern errichtet. Dies entspricht einer Wassermenge, mit der sich ein Fußballfeld rund 70 Meter hoch unter Wasser setzen empfehlenswert ließe. Somit kann das Niederschlagswasser zeitversetzt und richtig dosiert zur Kläranlage weitergeleitet werden. 6 nicht empfehlenswert Europas größtes Kanalbauprojekt in Simmering: www.wien.gv.at/umwelt/kanal/baustellen/kanal-simmering.html Kapitel 2, Regenwasser in der Stadt
3. Historie 10 4. Neue Anforderungen 11 4.2 Hoher Der Klimawandel und die damit verbundenen immer häufige- ren Starkregenereignisse brachten das Kanalsystem im 10. Versiegelungsgrad und 11. Bezirk an seine Grenzen. Um eine Überlastung bei solchen Ereignissen zu vermeiden, wird überschüssiges Nie- derschlagswasser in unterirdischen Rückhaltebecken auf- gestaut und anschließend langsam aus diesem 86 Millionen Werden Böden versiegelt, gehen alle biologischen Funktionen Liter Regenwasser fassenden Speichersystem an die Haupt- verloren. Dieser Prozess ist schwer rückgängig zu machen. kläranlage abgegeben.8 Dieses besteht aus drei großen Spei- Die Entsiegelung von Böden ist ein kostspieliger und zeitauf- cherbecken bzw. Mischwasserretentionsräumen, sowie wei- wändiger Prozess. terem Speicherraum in den großen Sammelkanälen bzw. im Ein hoher Versiegelungsgrad bedeutet stets eine Ver- gesamten Kanalsystem. größerung des Oberflächenabflusses und eine Konzentration Die Steuerung und Überwachung des Wiener Kanal- der Abflussspitzen. Die Folge: Erhöhtes Hochwasserrisiko mit systems wird von einem computergesteuerten Leitsystem zunehmender Gefahr von Überschwemmungen im Siedlungs- unterstützt. Dieses arbeitet in Echtzeit, kann auf sämtliche raum. Ein Hektar funktioneller (unversiegelter) Boden kann Wetterszenarien reagieren und unterschiedliche Betriebs- 2.000 m³ Wasser speichern. Im Zuge der Klimaveränderung arten steuern, wie etwa den verzögerten Abfluss großer Nie- nimmt die Zahl von Starkregenereignissen und somit auch derschlagsmengen bei Starkregen. von Überschwemmungen zu. Die Unterbindung der Versicke- rung von Wasser durch den Boden verhindert auch die Filte- rung von Schadstoffen aus dem Wasser und erhöht außerdem den Bedarf für die Ableitung von Oberflächenwasser über ein Kanalsystem. Verlust der Staubbindung: Unversiegelte Böden können Staubpartikel binden. In Städten und stadtnahen Gebieten, wo die Staubbildung besonders hoch ist, liefern Stadtböden einen besonders positiven Beitrag zur Luftverbesserung. 4.1 Tendenz zu Das Wiener Stadtgebiet ist zum größten Teil nach dem Misch- Hitzeeffekte: Versiegelter Boden kann kein Wasser ver- system kanalisiert, was bedeutet, dass Schmutz- und Regen- dunsten. In Siedlungsräumen mit hohen Versiegelungsraten extremeren Nieder- wasser gemeinsam abgeleitet werden. Das Abwassersystem führt dies zur Veränderung des Mikroklimas und zum Anstieg ist 2.500 km lang und transportiert täglich eine halbe Milliar- der lokalen Temperaturen. Daher sind Parkanlagen und „grü- schlagsereignissen de Liter Abwasser für 99,7 % der angeschlossenen Gebäude. ne Inseln“ besonders wichtig. In Wien stehen rund 480.000 Die ersten unterirdischen Schmutzwasserableitungen Wiens Bäume innerstädtisch auf den Straßen, in den Parks und zwi- entstanden bereits im Mittelalter und mündeten in die um- schen den Gemeindebauten. Dazu kommen mehr als 8.000 gebenden, offenen Wasserläufe. Ein systematischer Ausbau Die Auswirkung der Klimaveränderung auf die Niederschlags- Hektar Wald. Auf jeden Wiener und jede Wienerin kommen eines Kanalnetzes wurde erst im frühen 18. Jahrhundert be- ereignisse hat mehrere Facetten: Wärmere Luft kann mehr mehr als fünf Bäume. Ein durchschnittlicher Baum kann im gonnen, sodass die Stadt innerhalb der Basteien Mitte des Wasserdampf aufnehmen als kältere. Im typischen Tempera- Sommer bei guter Wasserversorgung etwa 100 bis 500 Liter 18. Jahrhunderts fast vollständig kanalisiert war. In den Vor- turbereich der Atmosphäre beträgt diese Zunahme etwa 7 % Wasser pro Tag verdunsten. Die Wirkung auf den Wasser- städten kam man aber nur langsam voran. 1830 waren dann pro °C Temperaturanstieg. Dieser physikalische Zusammen- haushalt und das Mikroklima ist beachtlich: Ein Laubbaum schließlich in der Innenstadt ca. 20 km und in den Vorstädten hang bedingt, dass wärmere Luft auch zur Bildung intensive- kann den Asphalt unter seiner Krone um bis zu 20°C und die ca. 90 km Straßenkanäle vorhanden, an die immerhin knapp rer Niederschläge fähig ist. Umgebungsluft um ca. 2°C abkühlen.9 85 % der Gebäude angeschlossen waren. Da sich aber auch andere bestimmende Faktoren für In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte dann das globale Wettergeschehen verändern, wie z.B. der Jet- die Einwölbung der Bäche, die Regulierung des Donaukanals stream, kommt es in manchen Gebieten zu stärkeren Schwan- und die Errichtung von Sammelkanälen. Dieses Abwasser- kungen der jährlichen Regenmenge und zu einer veränderten system stellte sicher, dass keine von Unrat belasteten Ge- zeitlichen Verteilung im Jahresablauf. Die Folgen sind regio- wässer das bebaute Stadtgebiet offen durchflossen. Bis 1914 nale Dürreperioden aber auch lokale Hochwasserereignisse wuchs die Länge des Kanalnetzes auf 900 km. infolge von heftigem Starkregen. 1980 ging die Hauptkläranlage für Wien in Simmering in Der Hydrografische Dienst der Abteilung Wiener Gewäs- Betrieb, die mit einer biologischen Reinigungsleistung von ser (MA 45) betreibt derzeit 20 über das gesamte Stadtgebiet 95 % täglich 500.000 m³ Abwasser bei Trockenwetter be- verteilte, mit Datensammlern ausgestattete Niederschlags- und wältigen kann. Die maximale Aufnahmekapazität bei Regen- Lufttemperatur-Messstellen. Die Messergebnisse der vergan- wetter liegt bei 18 Kubikmetern pro Sekunde, was in etwa der genen Jahrzehnte im gesamten Bundesgebiet zeigen: bei ins- 3-fachen Menge bei Trockenwetter entspricht. Im Jahr 2000 gesamt annähernd gleichbleibenden Jahressummen hat sich hatte das Kanalnetz dann eine Gesamtlänge von 1.975 km das Spektrum zu tendenziell weniger, dafür aber intensiveren erreicht.7 Niederschlagsereignissen verschoben. 7 Starkregen ist definitionsgemäß dann gegeben, wenn die www.geschichtewiki.wien.gv.at/Kanalisation Niederschlagshöhe in mm größer ist als die Quadratwurzel der Niederschlagsdauer in Minuten mal 5 (Auskunft MA 45 – Re- 8 ferat Hydrologie). Wenn also in 5 Min. mehr als 5 mm Nieder- 9 www.wien.gv.at/umwelt/kanal/baustellen/kanal-simmering.html schlag fallen, wird dieses Ereignis als Starkregen eingestuft. vgl. wua-wien.at/naturschutz-und-stadtoekologie/baumschutz Kapitel 3, Historie Kapitel 4, Neue Anforderungen
12 4.3 Schwammstadt dens, über die Baumscheibe, über sickerfähiges Pflaster etc. Solche entwässerungstechnischen baulichen Elemente er- möglichen zusätzliche Gestaltungsoptionen im öffentlichen Hohe Temperaturen und Trockenheit setzen Bäume unter Raum, sofern die aus den verschiedenen Nutzungsansprü- Stress. Die Lebenserwartung eines Stadtbaumes beträgt chen resultierenden Gegebenheiten dies auch zulassen. Sie unter den heutigen Bedingungen (Salz, Verdichtung, fehlender sind jedenfalls eine zwingende Voraussetzung, um dauerhaft Wurzelraum) nur 20 bis 30 Jahre. Bäume benötigen je nach große Bäume im Straßenraum erhalten zu können. Alter und Größe zumindest eine Wasserversorgung von bis zu 100 Liter Wasser pro Tag. Eine Möglichkeit, Bäumen in der 4.4 Gründächer: ein Stadt das Überleben zu erleichtern, ist es, den Wurzelraum unter den Fahrbahnen – also unter Straßen, Parkplätzen und beträchtliches Potenzial Gehwegen – zu erweitern. Regenwasser wird gespeichert und zurückgehalten und steht den Bäumen länger zur Ver- Schwammstadt, © DI Karl Grimm in vielerlei Hinsicht fügung. Gleichzeitig werden Überflutungen bei Starkregen- ereignissen abgeschwächt oder verhindert. Dafür muss der Unterbau eine geeignete Struktur auf- weisen, die sowohl den Anforderungen des Straßentiefbaus als Die Summe aller Dachflächen in Wien beträgt ca. 5.420 ha, auch den Ansprüchen von großkronigen Bäumen gerecht wird. davon weisen 1.070 ha 0 bis 5 Grad und 750 ha 5 bis 20 Grad In der Praxis erfolgt der Lastabtrag durch den Einbau Neigung auf. Die Stadt Wien hat die gesamte Dachlandschaft von Grobschlag (Korngröße 100 / 150mm) und der darüber in einem Gründachpotenzialkataster erfasst. Flachdächer bis liegenden Verteilschicht (Korngröße 32 / 63mm). Dieser Auf- fünf Grad Neigung sind für intensive und extensive Gründach- bau ist verdichtet mit 45MN / m2 belastbar. Dennoch verbleibt nutzung sehr gut geeignet, flach geneigte Dächer bis hier ca. 30 % Hohlraum. 20 Grad für extensive Gründachnutzung. Die Mindestfläche Dazu wird unterhalb der befestigten Oberflächen im für eine Begrünung beträgt 5 qm und da die Datengrundlage Straßenraum eine Schicht aus grobkörnigem Schotter sowie rein vermessungstechnischer Natur ist, können im Kataster feineren, wasserspeichernden Materialien angelegt. bautechnische Faktoren wie der Zustand und die Statik eines Um für Wurzeln von Stadtbäumen geeignete Bedingun- Daches nicht erfasst werden. Dazu bedarf es einer geson- gen zu schaffen (Luft, Wasser, Nährstoffe), wird in den Grob- derten Fachprüfung vor Ort. Abhängig von den erwünschten Eigenschaften wie Auflast, Photovoltaik- und / oder Solarthermie-Anlagen geeignet. Zu- schlag Feinsubstrat (Schluff, Sand) mit Dünger-, Kompost- und Begrünte Dachflächen können durch Regenwasser- Verdunstungsleistung, Retentionsvermögen etc. ergeben sich dem gelten Einschränkungen wie Verschattung oder eine Kohleanteilen eingeschlämmt (hier reduziert sich der Reten- rückhalt und Minimierung der Niederschlagsabflussspitzen folgende technische Eckdaten: ungünstige Ausrichtung nicht für Gründächer, wodurch sich tionsraum von 30 % auf ca. 10 %). Die unterschiedlichen Po- einen wesentlichen Beitrag zu nachhaltigem Regenwasser- Aufbauhöhe von 10 bis 20 cm das Konkurrenzverhältnis nochmals verringert. rengrößen dieses Substrats bedingen die „Schwammwirkung“: management leisten. Darüber hinaus lassen sich damit Ener- Gewicht, wassergesättigt von 90 bis 250 kg / m² Bei flachen Dachneigungen mit einer ausreichend großen Die Sandanteile sind für den Luft-, die Schluffanteile für den giekosteneinsparungen durch eine Verbesserung des Wär- Wasserspeichervolumen von 25 bis über 60 l / m² Fläche, wie sie häufig in den äußeren Bezirken anzutreffen Wasserhaushalt zuständig. Die Nährstoffversorgung wird über me- und Kälteschutzes bis hin zur Verbesserung des sind, besteht die Möglichkeit, eine Dachbegrünung mit Photo- Dünger- (kurzfristig), Kompost- (mittelfristig) und Biokohle- Kleinklimas erzielen. Intensive Dachbegrünungen entsprechen dem Aufbau eines voltaik zu kombinieren. Durch die kühlende Wirkung des Grün- anteile (langfristig) sichergestellt. In diesem Zusammenhang ist auch das Gründachpoten- Gartens auf einem Dach. Solche Dächer sind meist multi- daches auf die PV-Module erhöht sich deren Ertrag, wodurch Die Bäume stehen wie üblich in ihren Baumscheiben, zial auf Betriebs- und Industriegebäuden in den äußeren funktional und zugänglich. Eine intensive Begrünung erfordert ein synergetischer Effekt entsteht. haben aber direkten Kontakt zu den Schotterschichten im Gemeindebezirken hervorzuheben. Hier befinden sich auch einen höheren Systemaufbau, der mit einer deutlich höheren Bei größeren Flachdächern wie z.B. auf Betriebs- und Unterbau und können diesen durchwurzeln. die größten potentiell begrünbaren Dachflächen, z.B. das Auflast verbunden ist. Die Pflege und Wartung hat, wie bei Industriegebäuden ist sogar ein dachdurchdringungsfreier Auch das Regenwasser kann direkt in die Baumscheibe 64.295 m² große Kiesdach eines Baumarktes in der Donau- jedem gepflegten Garten, regelmäßig zu erfolgen und hängt Einbau möglich: der Begrünungsaufbau dient gleichzeitig als oder über Einlaufschächte und Drainageeinrichtungen in die stadt, oder die Zentralwerkstatt der Wiener Linien (39.363 m²) von der Gestaltung und den gewählten Pflanzen ab. Abhängig notwendige Auflast zur Windsogsicherung der Solaranlage, Schotterschicht der Schwammstadtkörper ablaufen. Es steht in Simmering. von der Schichtdicke ist die Nutzung nahezu aller Pflanzen was Dachdurchdringungen überflüssig macht und zudem auch dem Baum somit in ausreichender Menge und über einen Im Allgemeinen ist das Gründachpotential in den äußeren möglich (z.B. Rasen, Stauden, Sträucher und Bäume), ein- hohe Punktlasten verhindert. entsprechend längeren Zeitraum zur Verfügung. Bezirken durch die dort stattfindende Stadterweiterung und schließlich anderer gestalterischer Maßnahmen (z.B. Teiche, Das Regenwasser sollte aber nicht stark vorbelastet sein Entwicklung am höchsten, bedingt durch einen steigenden Pergolen und Terrassen). (siehe ÖWAV – Regelblatt 45 Oberflächenentwässerung Anteil an neuen Wohnbauten, die fast immer eine flache Dach- Bandbreite der technischen Eckdaten: durch Versickerung in den Untergrund). Von stark befahrenen konstruktion aufweisen. Aufbauhöhe von 15 bis 200 cm Straßen ablaufendes Wasser ist für diese Zwecke nicht ge- Extensive Dachbegrünungen sind eine ökologische, pfle- Gewicht, wassergesättigt von 200 bis 3.000 kg / m² eignet. Im Straßenraum sind jedoch noch genügend andere geleichte Alternative zu konventionellem Oberflächenbelag, Wasserspeichervolumen von 60 bis über 150 l / m² besser geeignete Flächen vorhanden, wie Geh- und Radwe- wie z.B. Kies. Sie zeichnen sich durch eine geringe Aufbau- ge oder auch Plätze und Fußgängerzonen. höhe und Pflanzengemeinschaften, die von Natur aus mit den Da die Dachlandschaft der Stadt Wien sowohl dem Grün- Die Straße muss umdefiniert und als multifunktionales Standortbedingungen auf Dächern gut zurechtkommen (Son- dachpotenzialkataster als auch dem Solarpotenzialkataster10 Bauwerk gesehen werden und nicht mehr nur als verkehrs- ne, Wind, Trockenheit usw.), aus. Der Pflegeaufwand ist sehr zugrunde liegt, entsteht auf den ersten Blick der Eindruck, technisches. Die Straße muss so beschaffen sein, dass sie gering. In der Regel genügen ein bis zwei Wartungsgänge pro dass diese unterschiedlichen Nutzungen von Dächern in Kon- der Vegetation ausreichend Lebensraum zur Verfügung stellt. Jahr. Diese Art der Dachbegrünung ist auch für geneigte kurrenz zueinander stehen. 10 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/stadtvermessung/geodaten/solar Das kann aber nur im Untergrund passieren. Ein zusätzlicher Dächer geeignet. In den inneren Bezirken ist das Gründachpotenzial auf- Vorteil: Wasser kann dabei über die unterschiedlichsten Wege grund der steileren Dächer im Verhältnis zur gesamten Dach- nach unten kommen, z.B. über Kanalschächte, über Rain Gar- fläche im Bezirk allerdings ziemlich gering (7,3 bis 19,6 %).11 11 Die steileren Dächer sind im Gegenzug aber sehr wohl für www.wien.gv.at/kontakte/ma22/studien/pdf/dachbegruenungspotenzial.pdf Kapitel 4, Neue Anforderungen Kapitel 4, Neue Anforderungen
5. Interessante Entwicklungen in Europa 14 15 te können diese Daten anschließend für eigene Maßnahmen Im Zuge einer Gesamtbewertung wurden die Kosten für An- ser und Wasser aus Swimming-Pools vor. Regenwassertanks der Klimafolgenanpassung nutzen. Die Gründachstrategie hat passungsmaßnahmen den Kosten für Folgeschäden mit und und die Installation von Regenwassernutzungssystemen sind drei Handlungsebenen: ohne die genannten Maßnahmen gegenübergestellt. Der verpflichtend vorgeschrieben. Haushalten, die von dieser Ver- pragmatische Zugang zur Problematik ist interessant: die ordnung nicht berührt werden, aber ein Interesse zeigen, Handlungsebene 1 „Fördern“: gewählte kombinierte Lösung besteht aus dem Ausbau des solche Systeme auf freiwilliger Basis zu installieren, wurden Förderung von Grünen Dächern mittels Auflage eines Förder- Kanalnetzes und rund 300 Oberflächenprojekten mit Schwer- Zuschüsse angeboten. So konnte das Bewusstsein für nach- programms für Neubauten, Bestandssanierungen und der punkt auf Wasserretention und Entwässerung. haltige Systemlösungen mit einem ökonomischen Interesse besonderen Honorierung von Intensivdachbegrünungen bei Da in Kopenhagen intensive Niederschlagsereignisse verknüpft werden, weil weniger Gebühren für den Bezug von der Bemessung von Niederschlagsabwassergebühren. recht häufig auftreten und große Schäden verursachen, wur- Wasser aus dem Leitungsnetz anfallen, das somit erheblich de zusätzlich ein strategischer städtischer Hochwasserplan entlastet werden kann. Handlungsebene 2 „Dialog“: entworfen (Copenhagen strategic urban flood plan). In die- Sant Cugat del Vallès war die erste spanische Gemein- Kommunikation der Gründachstrategie in der Öffentlichkeit, sem wird vorgesehen, dass Elemente des Stadtraumes, wie de, die eine solche Verordnung erließ. Zwischenzeitlich sind extern bei Bauherren und Architektinnen, intern in den Be- Parks, Plätze und Straßen so umgestaltet werden, dass sie etliche Kommunen diesem Beispiel gefolgt und auf regionaler hörden, Vorteile und gute Beispiele vermitteln. im Notfall als Retentionsflächen fungieren können, beispiels- Ebene wurden Rechtsinstrumente geschaffen, die diesen weise als „Retention Boulevard“, Teil des Sets der sog. Prozess unterstützen. Handlungsebene 3 „Fordern“: „Cloudburst Toolbox“.12 Bis dato wurde in Gemeinden mit insgesamt knapp 1,5 Dachbegrünung stärker steuern durch eine konsequente Nut- Welche praktischen Umsetzungen ein solcher Plan er- Millionen Einwohnern – darunter 32 in der Metropolregion zung zur Verfügung stehender rechtlicher Instrumente, wie möglicht, veranschaulicht das folgende Beispiel: Das kombi- Barcelona – solche Verordnungen erlassen. Das innovativste dem Baugesetzbuch, dem Naturschutzgesetz, der Hambur- nierte Klimaanpassungs- und Stadtraumprojekt Bryggervan- und hervorstechendste Merkmal dieser örtlichen Wasser- gischen Bauordnung und einer Gründachverordnung. gen und Skt. Kjelds Plads ist das bislang größte und vorschriften ist die Installation kleiner Wassersysteme zur umweltfreundlichste Projekt zur Anpassung an Starkregen- Ernte von Regenwasser und zur Wiederverwendung von Die Hamburger Gründachstrategie ist ein ausgezeichnetes ereignisse in Kopenhagen. Es umfasste die Umwandlung eines Grauwasser vor Ort. Beispiel für eine solche Idee einer Schwammstadt. Es sollen stark frequentierten städtischen Raums in einen neuen öf- Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Ab- dort möglichst viele bewachsene Dächer dafür sorgen, dass fentlichen Grünraum. Etwa 9.000 m2 Asphalt wurden ent- fluss von ungenütztem Regenwasser von versiegelten Flä- Regenwasser langsamer abfließt. In Berlin, im abflusslosen siegelt und renaturiert und knapp 600 neue Bäume gepflanzt. chen, seien es Dächer oder Verkehrsflächen, eine Verschwen- Auf gesamt-europäischer Ebene hat die Flächeninanspruch- Siedlungsgebiet Adlershof in Treptow-Köpenick, wird Regen- Hier gelangt die sog. „First-Flush-Methode“ zur Anwendung, dung von wertvollen Ressourcen darstellt. Ein Überangebot nahme durch Versiegelung eine beachtliche Dimension er- wasser dezentral von Grundstücken, Plätzen und Straßen in bei der das erste schmutzige Regenwasser von der Fahrbahn an Niederschlagswasser lässt sich mit dem Schwammstadt- reicht. Wirtschaftswachstum und Bodenverbrauch sind Rasenmulden gesammelt und versickert. Das Wasser wird in die Kanalisation abgeführt wird, das nachfolgende saube- Prinzip hervorragend verwerten. Deshalb haben einige Millio- europaweit stark miteinander gekoppelt. Der jährliche Bo- dabei durch die Bodenpassagen gereinigt und reichert an- re Wasser (Second Flush) wird dann jedoch zu den Grünflä- nenstädte in Europa dieses Prinzip zum integralen Bestandteil denverbrauch der EU entspricht mit rund 1.000 km² etwa schließend das Grundwasser an. Diese Maßnahme entlastet chen weitergeleitet. ihres Smart-City Konzeptes gemacht. Das Schwammstadt- der Fläche Berlins. Neue nachhaltige Ansätze für Siedlungs- das Kanalnetz und dient als Überflutungsvorsorge. Die 586 neuen Bäume, die die Basis eines Netzwerkes Prinzip hat Zukunft: Megacities in China haben ebenfalls dies- und Gewerbeentwicklung ohne zusätzlichen Bodenver- Das Land Berlin und die Berliner Wasserbetriebe haben von grünen Regengärten bilden, welche großteils in Sicker- bezügliche Programme entwickelt, dreistellige Milliardenbe- brauch sind daher erforderlich. Dem wird in vielen Ländern gemeinsam eine Berliner Regenwasseragentur gegründet. mulden angelegt wurden, spielen eine zentrale Rolle im Re- träge wurden für diese Vorhaben zur Verfügung gestellt. Im Europas zunehmend Rechnung getragen, da sich der unter- Sie ist bei den Wasserbetrieben angesiedelt und soll die Ver- genwassermanagement. Bei intensiveren Niederschlägen Zuge dessen wurden auch Kooperationen mit Partnerinnen brochene natürliche Wasserkreislauf extrem negativ auf waltung, Planerinnen und Bürger bei der Umsetzung dezen- oder Starkregen wird das Regenwasser in die Regengärten und Partnern in Europa vereinbart.13 Siedlungsgebiete auswirkt, was durch den Klimawandel zu- traler Lösungen für einen neuen Umgang mit Regenwasser abgeleitet und versickert langsam vor Ort. Jener Anteil, der Der andere Aspekt der Regenwassernutzung betrifft sätzlich verstärkt wird. unterstützen, da die Ausbaumöglichkeiten der zentralen Sys- von den Sickermulden nicht mehr aufgenommen werden kann, Wasserknappheit infolge von Dürreperioden, die, bedingt So hat beispielsweise die Stadt Hamburg als erste deut- teme begrenzt sind. wird mittels einer „Cloudburst-Pipeline“ zum Hafen von Kopen- durch den Klimawandel, inzwischen auch in Mitteleuropa zu sche Großstadt eine umfassende Gründachstrategie entwi- Wie das künftig in der ganzen Stadt aussehen kann, ist hagen weitergeleitet. beobachten sind. Auch hier gibt es probate Lösungen. Ent- ckelt. Diese ist Teil einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Das bereits jetzt im Südosten Berlins zu besichtigen. Beim Bau Im Gegensatz zu jenen Regionen Europas, wo der Re- scheidend für den Erfolg all dieser Maßnahmen sind die recht- ambitionierte Ziel ist es, mindestens 70 % sowohl der Neu- der Möbelmärkte und des Sportmarkts an der Schnellerstra- genwasserüberschuss zur Problematik wird, hat man in den lichen Rahmenbedingungen, die in Bauordnungen, Bebau- bauten als auch der geeigneten zu sanierenden, flachen oder ße wurde zwischen Parkplatz und Straße ein riesiges, rund südlichen Regionen die Speicherung von Niederschlagswas- ungspläne und dergleichen einfließen. Nur so können teure flach geneigten Dächer zu begrünen. Insgesamt sollen 100 200 Meter langes und ein Meter tiefes Versickerungsbecken ser zur Überbrückung von Trockenphasen mit teils akutem Folgeschäden vermieden und die Lebensqualität in Siedlungs- Hektar Dachfläche im Stadtgebiet bepflanzt werden, womit angelegt. Es hat ein Fassungsvermögen von 1.000 Kubik- Wassermangel zum Thema gemacht. gebieten gleichzeitig deutlich erhöht werden. die bislang nicht im Fokus stehende Ressource „Dächer“ in metern Wasser, die nach einem Starkregen langsam im Unter- Viele städtische Gebiete in Südeuropa leiden unter Was- den Blick genommen und auf ihren Beitrag für Lebensqualität grund versickern. Ähnliche Versickerungsmulden gibt es an serknappheit, obwohl paradoxerweise eine lokale Wasser- und Attraktivität betrachtet und entwickelt wurde. So sollen den Straßen des Wissenschaftsstandorts Adlershof. Das quelle – wie Regenwasser – meist eher als Risiko und nicht 20 % der Gründachfläche für Bewohnerinnen oder Beschäf- Wasser der dortigen Hauptstraßen wird in ein biologisches als wertvolle Ressource behandelt wurde. Regenwasser und tigte als Freiräume nutzbar sein. Die Gründächer sollen eine Filterbecken an der Wegedornstraße geleitet und nach der seine Verwendung könnte eine zentrale Rolle bei der Erhö- durchschnittliche Regenwasserrückhaltung von 60 % erzielen. Reinigung in den Teltowkanal geführt. In den beiden je 6.000 hung der Versorgungssicherheit mit Wasser spielen. Hier hat Die Hamburger Gründachstrategie wird wissenschaft- Quadratmeter großen Filterbecken können pro Jahr rund bereits ein Umdenkprozess eingesetzt, der Regenwasser als lich von der HafenCity Universität begleitet. Neben der inhalt- 300.000 Kubikmeter Regenwasser gereinigt werden. lokale Ressource betrachtet: Mit geerntetem Regenwasser lichen Unterstützung erheben die Wissenschaftler etwa Um den Auswirkungen von Wolkenbrüchen wirksam ent- können Gärten bewässert, Toiletten gespült und Kleidung 12 www.nclurbandesign.org/2019/12/living-with-floods-water-management-and-the- Messdaten zum Wasserrückhalt und damit zur wasserwirt- gegenzutreten, hat die Stadt Kopenhagen bereits 2012 einen gewaschen werden. ecological-urban-park schaftlichen Wirksamkeit von Gründächern. Es wird unter- Plan für das Starkregenmanagement („Cloudburst program“) Sant Cugat del Vallès in Spanien verfolgt das Ziel, Was- sucht, wie Gründächer insbesondere bei Starkregenereig- entwickelt, der gewissermaßen ein Ableger des Kopenhagener ser zu sparen und zu speichern und schreibt bei Neubauten nissen für den Regenwasserrückhalt optimiert und ob Klimaanpassungsplans ist. Der Plan enthält die Prioritäten und die Installation von Wassersparvorrichtungen wie Wasser- 13 CEWP Water and Urbanisation – China-EU Cooperation on Sponge Cities: Klimakennzahlen für den stadtklimatischen Nutzen unter- Maßnahmen, die für eine Klimaanpassung empfohlen werden, druckreglern oder Doppelspültoiletten sowie die (Wieder-) www.tuas.fi/en/research-and-development/projects/cewp-water-and-urbanisation- schiedlicher Flächen ermittelt werden können. Andere Städ- einschließlich des Umganges mit extremen Niederschlägen. Nutzung lokaler Wasserquellen wie Regenwasser, Grauwas- china-eu-cooperation-s/ Kapitel 5, Interessante Entwicklungen in Europa Kapitel 5, Interessante Entwicklungen in Europa
16 6. Wiener Kontext 17 An der „Schnittstelle von gefördertem Wohnbau und Stadt- raum“ wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten versucht, über Qualitätsvorgaben und -verfahren übergeord- nete städtebauliche, verkehrsbezogene und freiraumplaneri- sche Zielsetzungen auf der Ebene von Bauprojekten zu im- plementieren. Ein zielführendes Instrument zur Förderung stadtteilbezogener Nutzeneffekte von Neubauquartieren sind städtebauliche Verträge, wobei grundsätzlich auch Anforde- rungen an Gebäudebegrünung und Regenwassermanage- Wasserspeicher Simmering, © Stadt Wien ment gestellt werden können.16 Solche Projekte spielen bei der Umsetzung von Regen- wassermanagement eine wesentliche Rolle, wobei die Band- breite von der europäischen Dimension bis zu kleinen Initia- tiven, die im Rahmen einer lokalen Agenda entstehen oder die von Gebietsbetreuungen unterstützt werden, reicht. Im Rahmen des EU-Projektes „Smarter Together“ konnte bei- spielsweise für eine Schule am Enkplatz in Wien Simmering ein Retentionsbecken zur Regenwasserspeicherung für die Bewässerung einer Dachbegrünung und zur Kühlung initiiert werden.17 In lokalen Agendagruppen wie z.B. im siebenten Bezirk „Draußen in Neubau“ engagieren sich Menschen aktiv für den Schutz von Stadtbäumen.18 Die Herausforderung „Regenwasser in der Stadt“ wird in Wien auf unterschiedlichen Ebenen angenommen. Die stra- tegischen Dokumente des Stadtentwicklungsplans und der Smart-City Rahmenstrategie zeigen die grundsätzliche Her- angehensweise und lassen die Spielräume für konkrete Maß- nahmen erkennen. Dabei wird auch der Paradigmenwechsel deutlich, denn galt es bisher, Regenwasser möglichst rasch in die Kanalisation zu bringen, so soll der Niederschlag nun möglichst vor Ort versickern und verdunsten. Die rechtliche Ebene kommt ins Spiel, wenn es um er- wünschte und unerwünschte Wirkungen sowie um Fragen der Haftung geht. So ist zum Beispiel bei innovativen Projek- ten die Frage von Bedeutung, wofür nicht in die Kanalisation eingeleitetes Wasser verwendet werden kann. Grundsätzlich ist bei Bauvorhaben für die Einleitung von Niederschlagswasser in die Kanalisation die Zustimmung von Wien Kanal erforderlich. Für Niederschlagsmengen, die nicht in den Kanal eingeleitet werden, ist ein Nachweis erforderlich 14 (§63 der Wiener Bauordnung, Kanalanlagen- und Einmün- www.wien.gv.at/umwelt/cooleswien/foerderungen-bezirke.html dungsgebührengesetz). Die Zuständigkeit für Projekte der sogenannten „Grü- nen“ und „Blauen Infrastruktur“ im Straßenbereich liegt auf 15 gruenstattgrau.at/urban-greening/foerderungen Bezirksebene. Damit müssen die Bezirke auch für die Finan- zierung sorgen. Fördermittel stehen dafür sowohl von Seiten der Stadt Wien14 als auch vom Bund zur Verfügung.15 16 Vieles bedarf aber der Eigeninitiative. Viele Innenhöfe www.wohnbauforschung.at/index.php?inc=download&id=5948 sind Flächen, die nicht verbaubar und gärtnerisch auszu- gestalten sind, können dennoch zu lebenswerten kleinen Oasen umgestaltet werden. Für die Entsiegelung und Be- 17 www.smartertogether.at/umfassende-sanierung-der-nms-enkplatz-im-plan grünung gibt es Förderungen. Im geförderten Wiener Wohnbau sind Klimawandelan- passung und Regenwassermanagement wesentliche Bei- 18 träge zu den beiden Säulen Ökologie und Soziales. www.agendaneubau.at/blog-detail/ein-leben-ohne-baeume-ist-nicht-vorstellbar.html Kapitel 6, Wiener Kontext Kapitel 6, Wiener Kontext
7. Projekte der Challenge „Regenwasser in der Stadt“ 18 ENTSCHEIDUNGSMATRIX STANDORT- FASSADEN- DACHBEGRÜNUNG INNENHOF GRÜNSTREIFEN BEDINGUNGEN BEGRÜNUNG SPEICHE keine Zisterne Zisterne Sie konnten die Jury mit ihrer Entscheidungsmatrix als inter- aktive Webanwendung für Planer, Bauherrinnen und Interes- VERWENDUNGS- sierte zur schnellen Findung von passgenauen, auf Bautypen Entscheidungsmatrix, © Berger / Macher/ Minixhofer / Weiss ZWECK Dach extensiv Dach intensiv Günderzeit und -strukturen abgestimmte Regenwasser-Lösungen über- Bewässerung Sprühnebel Kühlung RWretention & - RWretention & - RWspeicher & - Fassaden- begrünung verteilung zeugen: TECHNISCHE MÖGLICHKEITEN verteilung - nutzung Auflastoptimierte Retentionsbewässerung – intensiv Kanal Regenwasserretention, -speicher und -verteilung am VERSICKERUNG S-BAUWERK Dach bei Möglichkeit hoher Auflasten Anwendungsgebiet: Dach, (Fassade), Boden Flächen- Standard- Wiener Modell Structural Soils Speicher- und Rigolversickerun versickerung grünmulde Rückhaltebecken Regenwasserspeicher: Zisterne Systemkomponenten: Zisterne, Solarpumpe, Solarpanel Verlegerohr, perforierte Rinne mit Vliesummantelung optional: Komponenten für Bewässerungs-, Nebel-, LEGEND und Grauwassersysteme, Energiespeicher Wasserfluss Dachbegrünung Wasserfluss Wasserfluss Innenhof Auflastoptimierte Retentionsbewässerung – Wasserflus extensiv Rückfluss Regenwasserretention & -verteilung am Dach bei Mög- Standortbedingung gegeben Standortbedingung nicht gegeben lichkeit geringer Auflasten Fließrichtung Anwendungsgebiet: Dach Regenwasserspeicher: optional Systemkomponenten: perforierte Rinne mit Vliesum- mantelung Das Co-Creation Lab der Wirtschaftsagentur Wien unterstützt optional: Zisterne, Solarpumpe, Solarpanel, Verlege- Unternehmen und öffentliche Organisationen, die auf der Su- rohr, Komponenten für Bewässerungs-, Nebel- und che nach innovativen Lösungen für eine Business-Heraus- Grauwassersysteme forderung sind bzw. neue Impulse von anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen benötigen. Kreislauf in Gründerzeithäusern Im speziellen Fall wurde die Challenge „Regenwasser in Regenwasserspeicher und -nutzung für Gründerzeit- der Stadt“ vom Kompetenzzentrum für grüne und umwelt- häuser bezogene Infrastruktur, Umwelt der Magistratsdirektion der Anwendungsgebiet: Dach, Fassade, Boden Stadt Wien im März 2019 eingebracht. Regenwasserspeicher: Zisterne Die Stadt Wien und Wien Kanal sind auf der Suche nach Systemkomponenten: auf jeweiliges Fassadenbegrü- Lösungen zum Thema nachhaltige Entwässerung und Nut- nungssystem abgestimmte Komponenten, Zisterne, zung von Regenwasser in der Stadt. Der Einladung, an einer Solarpumpe, Solarpanel, Verlegerohr öffentlichen Co-Creation-Challenge teilzunehmen und Lö- optional: Komponenten für Bewässerungs-, Nebel- und sungsideen einzureichen, folgten 22 Unternehmen. Beim Grauwassersysteme, Energiespeicher Business Treff zum Thema im Juni 2019 wurden die Heraus- forderungen genauer besprochen und Gelegenheit zum Aus- tausch geboten. Im September 2019 fand ein Hearing statt, bei dem 21 Vorschläge von 17 Unternehmen und Forschungseinrichtun- gen von einer Jury bewertet wurden. Im November konnten die Ergebnisse präsentiert und die Preise verliehen werden, Preisgelder in Höhe von 15.000 € kamen zur Verteilung. Das Co-Creation Lab Vienna wird aus Mitteln des Europäi- schen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert. 1. Preis: Entscheidungsmatrix Als Gewinnerinnen und Gewinner wurde die Studierenden- gruppe ‚kollektiv regenwasser‘ (Andreas Berger, Marlies Macher, Pia Minixhofer, Oliver Weiss) gekürt, die am Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau (BOKU) zusammen- gefunden hat. Kapitel 7, Projekte der Challenge „Regenwasser in der Stadt“
20 Modell Standardausführung, © Frühmann / Savic 2. Preis: Lokale Regenwasserspeicherung 3. Preis: Street-Tree-Planter mithilfe von künstlichen Becken Mit dem dritten Preis wurde die Idee ‚StreetTreePlanter‘ aus- Den zweiten Preis erhielten Marc Frühmann und Stefan Savic gezeichnet. Ein Konsortium bestehend aus Unternehmen vom FH Technikum Wien vom Studiengang Urbane Erneuer- (GEOplast Kunststofftechnik Ges.m.b.H, Green4cities GmbH, bare Energiesysteme für die Entwicklung von 4 Modellen zur Weissenböck Baustoffwerk Gesellschaft m.b.H., IMG Innova- lokalen Regenwasserspeicherung. tion Management Group GmbH) und dem Institut für Ingeni- Durch lokale Speicherung von anfallendem Regenwasser eurbiologie und Landschaftsbau (BOKU) erstellte ein Konzept und gezielter, nachhaltiger Verwendung dieses Regenwas- zur einfacheren und kostengünstigeren Pflanzung von Stadt- sers, ist es möglich die Kanäle zu entlasten und überschüs- bäumen in Pflanzgefäßen mit Nutzung von Niederschlags- siges Regenwasser auf natürliche Art versickern zu lassen. wasser zur Bewässerung. Dabei wird das anfallende Regenwasser in künstlichen Becken Street-Tree-Planter ist ein neuartiges Konzept, um eine in der Stadt geleitet bzw. gesammelt und zur Bewässerung durchdachte und kostengünstige Möglichkeit zu schaffen, von Pflanzen verwendet, welche wiederum durch die Ver- Stadtbäume noch einfacher und breiter als wirksame Maß- dunstung von Wasser, die Umgebung auf natürliche Weise nahme zur Klimawandelanpassung im urbanen Raum einzu- abkühlen und somit Hitzeinseln in der Stadt vorbeugen. Durch setzen. Der Street-Tree-Planter ermöglicht neue Standorte die flexible Gestaltung und Auslegung solcher Regenwasser- für Stadtbäume durch die Schaffung von ausreichendem Modell Hydroponik System mit Vordach, © Frühmann / Savic becken, soll es möglich sein die Kosten gering zu halten und Wurzelraum bei gleichzeitigem Schutz vorhandener leitungs- das entwickelte System an die jeweiligen Erfordernisse an- gebundener Infrastrukturen (Kanalisation, Trinkwasserleitun- zupassen. Zu diesem Zweck wurden vier mögliche Varianten gen, ...) vor Schädigungen durch Baumwurzeln. Durch das eines solchen Systems ausgearbeitet: Konzept wird auch die Errichtung vereinfacht und beschleu- nigt, weil die Bäume bereits mit dem Pflanzsystem zur Bau- Erstes Modell, Standardausführung: stelle geliefert werden können. Zum dritten tragen Stadtbäu- Das Standard Modell umfasst einen 180m³ großen Regen- me, die mit dem Street-Tree-Planter ausgestattet sind, auch wasserspeicher welcher in Fußgängerzonen, in den Boden zur Vermeidung von Abflußspitzen in die Kanalisation in Folge eingelassen werden kann. Abgesichert wird dieser Tank durch von Starkregenereignissen bei, da Niederschlagswasser lokal eine Panzerglasscheibe. Durch den darüber liegenden Aufbau im Street-Tree-Planter gespeichert und zur Bewässerung des wird Verschattung erzeugt und Anbaufläche bereitgestellt, Stadtbaumes herangezogen wird. um etwaige Grünpflanzen anzubauen. Zweites Modell, Hydroponik System: Bei dem zweiten Modell wird die Bewässerung der Pflanzen durch ein Hydroponik-System gewährleistet. Mit diesem Sys- tem wird die Pflege der Pflanzen auf ein geringeres Ausmaß reduziert, das Wachstum beschleunigt und der Platz effizient genutzt. Die Düngung wird hier durch ausgesuchte Fisch- kulturen bewerkstelligt, welche an die Umgebung angepasst sind und keine Algen benötigen, um zu überleben. Heraus- forderung hierbei ist die entsprechende Reinigung und Filte- rung des anfallenden Regenwassers, um einen geeigneten Lebensraum für die Fische zu schaffen, die neben der Dün- gung der Pflanzen auch eine Attraktion in der Stadt schaffen. Drittes Modell, Hydroponik System mit Vordach: Der grundlegende Aufbau entspricht hierbei dem des zweiten Modells. Zusätzlich werden zwei Vordächer mit weiterem Be- pflanzungsraum hinzugefügt. Dadurch wird sowohl eine hö- here Verschattungsleistung als auch eine höhere Verduns- tungsleistung erzielt, wodurch städtischen Hitzeinseln effektiver vorgebeugt werden kann. Modell Stadttreff, © Frühmann / Savic Viertes Modell, „Stadttreff“: Bei diesem Modell wird der verschattete Raum gleichzeitig für gastronomische Zwecke genutzt. Hierdurch wird bewerk- stelligt, dass das vorhandene bzw. eingepachtete Unterneh- men die Pflege und Wartung der Anlage übernimmt. Ziel ist es nicht nur eine Kühlleistung zu erbringen, sondern auch einen interessanten Treffpunkt zu schaffen. Laufende Kosten können durch Erlöse aus dem Gastronomiebetrieb gesenkt werden. Kapitel 7, Projekte der Challenge „Regenwasser in der Stadt“
Sie können auch lesen