Peter A. Fischer, NZZ-Wirtschafts-ressortleiter, im Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in Bern

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Peter A. Fischer, NZZ-Wirtschafts-ressortleiter, im Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in Bern
Peter A. Fischer, NZZ-Wirtschafts­
ressortleiter, im Staatssekretariat
für Wirtschaft SECO in Bern

                                      DIE VOLKSWIRTSCHAFT
SCHWERPUNKT

                                                         INTERVIEW

   «Wirtschaft und Politik haben sich
        voneinander entfernt»
Der Leiter der Wirtschaftsredaktion der «Neue Zürcher Zeitung», Peter A. Fischer, äussert
sich im Gespräch mit der «Volkswirtschaft» zum Verhältnis zwischen dem globalisierten
Wirtschaftsstandort Schweiz und der Schweizer Politik. Manchen Managern fehle wohl die
Zeit, sich um den Heimstandort zu kümmern, sagt der Ökonom. Er erklärt, warum er sich
weniger Politprofis im Parlament wünscht.

Nach der Finanzkrise gewinnt die Forderung nach        Sind sich die Manager ihrer Verantwortung be-
dem Primat der Politik an Legitimation. Bereitet       wusst?
das dem Leiter des liberalen NZZ-Wirtschaftres-        In den letzten Jahrzehnten haben sich meines Er-
sorts Sorgen?                                          achtens Wirtschaft und Politik etwas voneinan-
Über die Forderung nach dem Primat der Politik         der entfernt. Das hängt damit zusammen, dass
diskutieren wir gelegentlich auch hausintern.          die Schweizer Wirtschaft – zum Glück – sehr
Ich halte die Diskussion einerseits für banal und      global orientiert ist. Viele Ma-
andererseits für gefährlich. Banal, weil es doch       nager sind stark unter Druck.
völlig klar ist, dass die Wirtschaft nicht in einem    Sie müssen um die Welt reisen        Zur Person
                                                                                            Peter A. Fischer ist seit November 2010
luftleeren Raum operiert, sondern innerhalb            und sind immer knapp an Zeit.
                                                                                                  Leiter der Wirtschaftsredaktion der NZZ in
eines politisch bestimmten Ordnungsrahmens.                                                       Zürich. Zuvor war der Doktor der Ökonomie
Zudem hoffe und denke ich, dass sich die meis-         Wollen Sie sagen, den Mana-                während dreieinhalb Jahren NZZ-Chinakor-
ten Manager bewusst sind, dass sie von einem           gern sei das Verständnis für die           respondent in Peking. Von 2001 bis 2007
                                                                                                  wirkte er als Wirtschaftskorrespondent für
Standort aus handeln, für den sie eine gewisse         Schweizer Politik abhandenge-              Russland, Zentralasien und den Kaukasus in
Mitverantwortung tragen.                               kommen?                                    Moskau. Sein Eintritt in die Wirtschaftsre-
                                                       Manchen fehlt wohl die Zeit,               daktion der NZZ erfolgte 1999. Die Disserta-
                                                                                                  tion erlangte Fischer in Hamburg zum Thema
Warum halten Sie die Diskussion für gefährlich?        sich um den Heimatstandort zu
                                                                                                  «Ökonomie der Immobilität». Das Studium
Weil sie oft die Vorstellung ausdrückt, uns gin-       kümmern. Vielleicht empfinden              der Wirtschaftswissenschaften absolvierte
ge es so gut, dass wir alles machen können – ob        sie manchmal auch das Provin-              der Ökonom in Bern, Kiel und Hamburg.
es nun der Wirtschaft schadet oder nicht. Das          zielle der Politik als fremd. Und          Fischer ist verheiratet und lebt in Wetzikon
                                                                                                  bei Zürich.
ist gefährlich. Es stimmt zwar: Uns geht es sehr       das ist gefährlich, wie sich in
gut. Aber nur, weil wir immer wieder entschie-         einigen Abstimmungen gezeigt
den haben: Was für die Wirtschaft gut ist, ist         hat. Denn das Wesen der Schweizer Demokratie
auch für das Land gut. Und wer träge wird und          beruht darin, dass der Ordnungsrahmen wirt-
denkt, «naja, das ist ja alles egal, wir sind sowie-   schaftsfreundlich ist. Bisher ist es fast immer
so besser», der läuft Gefahr zurückzufallen. Ich       gelungen, eine Mehrheit der Stimmbürger da-
bin Ökonom und für mich sind Freiheit und Ver-         von zu überzeugen. Deshalb ist es wichtig, dass
antwortung wichtig. Das funktioniert nur, wenn         sich Unternehmer äussern und für ihre Sache
Wirtschaft und Politik Hand in Hand gehen.             kämpfen.

                                                                                                          Die Volkswirtschaft 5 / 2015    29
WIRTSCHAFT UND POLITIK

Ist das nicht zu pauschal mit der Entfremdung?                      Denken wir an die Finanzkrise, wo der Markt ver-
In den vergangenen Jahren ist der Binnensektor                      sagt hat: Begrüssen Sie die neuen Finanzmarktre-
stärker gewachsen als die Exportwirtschaft.                         gulierungen?
In den letzten Jahren sind tatsächlich geschütz-                    Eine zentrale Erkenntnis aus der Finanzkrise
te, oft staatsnahe Binnensektoren wie beispiels-                    ist: Es geht nicht, dass Gewinne privatisiert und
weise das Gesundheitswesen und die öffentli-                        Verluste vergemeinschaftet werden. Der Staat
che Verwaltung überproportional gewachsen.                          soll nicht für Verluste aufkommen, die durch
Das ist aber eher ein Alarmzeichen. Denn unser                      ein zu risikoreiches Verhalten generiert wurden.
Wohlstand wird ganz wesentlich im exportori-                        Deshalb ist die Lösung des «too big to fail»-Pro-
entierten Sektor erwirtschaftet, der sehr pro-                      blems zentral. Banken müssen Konkurs gehen
duktiv ist. Ohne florierende Exportwirtschaft                                         können, und sie müssen einste-
könnte auch der eng damit verzahnte Binnen-                                           hen für das, was sie machen. Zu
sektor niemals so hohe Löhne bezahlen.                «Ich bin durch das,             viel Regulierung ist allerdings
                                                      was ich in China                gefährlich.
Stellen Sie eine gewisse Trägheit in der Schweiz
fest?
                                                      und Russland gesehen             Inwiefern?
Wohlstand fällt nicht vom Himmel. Die auslän-         habe, zu einem noch              Sie verursacht den Banken nicht
dischen Konkurrenten schlafen nicht. Ich habe         stärkeren Anhänger               nur hohe Kosten. Die Überregu-
zehn Jahre in Russland und in China gearbei-          der direkten Demokra-            lierung führt verstärkt zu einer
tet. Da sah ich: Gerade in China sind die Leute                                        Tick-the-box-Mentalität: Mana-
bereit, viel dafür zu tun, dass es ihnen besser       tie geworden.»                   ger verbringen ihre Zeit, Listen
geht. In der Schweiz müssen wir deshalb zu un-                                         abzuarbeiten, und haken ab, ob
serer durchaus vorhandenen Effizienz und Ge-                           alle Bedingungen der Finanzmarktaufsicht und
schicktheit Sorge tragen.                                              der Corporate Governance erfüllt sind. Bei einer
                                                                       solchen Arbeitsweise stehen strategische Fragen
Wie?                                                                   und Fragen der Verantwortung nicht mehr im
Ganz entscheidend ist für mich: Was wir ma-                            Zentrum. Und das ist heikel.
chen, müssen wir effizient tun. Lasst Märkte
effizient funktionieren. Danach können wir                             Gehen die Reformen zu den Finanzmarktgesetzen
diskutieren, ob wir das Marktergebnis politisch                        auch in Richtung Überregulierung der Banken?
verändern wollen – indem wir beispielsweise                            Die Reformen haben eine gewisse Berechti-
umverteilen. Wobei: Jeder Eingriff verursacht                          gung. Erstens, weil wir einen internationalen
Kosten. Deshalb sollten solche Aktionen zielge-                        Finanzplatz haben, und der muss global agieren
richtet und effizient sein. Der Erhalt der Freiheit                    können. So verlangt die EU beispielsweise für
ist aus ökonomischer Sicht zentral.                                    einen Marktzutritt regulatorische Äquivalenz.
                                                                       Das heisst, die Regulierung in der Schweiz muss
Das heisst Nachtwächterstaat?                                          gleichwertig sein. Da können wir nicht einfach
Nein, das heisst nicht Nachtwächterstaat. Es                           sagen: Das kümmert uns nicht. In der Schweiz
braucht einen starken aber schlanken, dem Bür-                         haben wir zum Glück die Tradition, zuerst die
ger verpflichteten Staat. Denken wir etwa an                           Prinzipien festzulegen und sie dann mit Ver-
das Schlagwort Marktversagen. Der Markt ist                            nunft anzuwenden. Dabei sprechen wir mitei-
sehr effizient. Aber er braucht in vielen Fällen                       nander. Und nicht: Wir legen Regeln für jedes
eine effiziente Regulierung. Und wenn wir von                          Detail fest und nehmen dann einfach das Hand-
Marktversagen sprechen, hat dies häufig mit                            buch aus dem Regal.
Politik- oder Regulierungsversagen zu tun – und
nicht mit Marktversagen selbst. Es braucht den                         Was ist schlecht daran, wenn durch das Finanz-
Staat also einerseits, um diesen Ordnungsrah-                          dienstleistungsgesetz die Anleger besser ge-
men sicherzustellen, aber es braucht ihn auch,                         schützt werden sollen?
um politisch bestimmte Verteilungsfragen zu                            Die Frage ist doch: Wen schützt man wirklich?
lösen.                                                                 Wie beispielsweise beim Arbeitnehmerschutz.

30   Die Volkswirtschaft 5 / 2015
DIE VOLKSWIRTSCHAFT

                      Wenn man zu sehr reguliert beim Arbeitsmarkt,        ten Demokratie geworden. Erstens, weil bei uns
                      dann ist der Arbeitnehmer arbeitslos und findet      Entscheidungen breit abgestützt werden: Inter-
                      keine neue Stelle.                                   essensgruppen werden dazu gebracht, sich zu
                                                                           erklären, um anschliessend einen Konsens zu
                      Wir sprechen hier vom Bankenwesen.                   finden. Zweitens, weil die Stimmbürger hier-
                      Das Bankenwesen funktioniert beim Anleger-           zulande nicht nur darüber abstimmen können,
                      schutz ähnlich. Die Bank muss unzählige For-         welche Ausgaben sie wollen, sondern auch, wie
                      mulare ausfüllen, die besagen, dass der Kun-         sie diese finanzieren. Das halte ich für ganz zent-
                      de dieses oder jenes zur Kenntnis genommen           ral. Vereinzelt habe ich mich aber auch schon ge-
                      hat. Damit sichert sie sich letztlich bloss selber   fragt, ob die direkte Demokratie manche Stimm-
                      ab. Deshalb gilt auch hier: Der Kunde ist nicht      bürger überfordert.
                      dumm. Er trägt eine gewisse Verantwortung für
                      sein Verhalten. Mehr Formulare und Zertifizie-       Bei einer Stimmbeteiligung von 40 Prozent zum
                      rungen für Berater garantieren keineswegs eine       Beispiel?
                      bessere, verantwortungsvollere Dienstleistung.       Die Stimmbeteiligung ist nicht so entscheidend.
                      Die Gesetzesänderungsvorschläge schiessen            Jeder kann ja entscheiden, ob er abstimmen will.
                      teilweise deutlich über das Ziel hinaus.             Aber ich war schon sehr betroffen, als die Mas-
                                                                           seneinwanderungsinitiative angenommen wur-
                      Themenwechsel. Nach der Annahme der Mas-             de. Da führten durchaus berechtigte Sorgen und
                      seneinwanderungs- und der Abzockerinitiative         Ängste dazu, dass man einem Instrument zuge-
                      wurde kritisiert, die direkte Demokratie schade      stimmt hat, das viele neue Probleme schafft und
                      der Wirtschaft. Teilen Sie diese Kritik?             uns schadet – ohne die eigentlichen Probleme zu
                      In Russland und in China hat man mir immer           lösen. Ich glaube, da waren sich zumindest ei-
                      erklärt, die direkte Demokratie überfordere die      nige Stimmbürger nicht ganz bewusst, was das
                      Bürger. Im Sinne von Churchills bekanntem Zi-        bedeutet.
                      tat kann ich sagen: Die direkte Demokratie ist die
                      schlechteste aller Staatsformen, mit Ausnah-         Sie sagen, die direkte Demokratie trage zum Kon-
                      me aller anderen, die ich kenne. Ich bin durch       sens bei. Aber die Entscheide an der Urne werden
                      das, was ich in diesen Ländern gesehen habe,         eben gerade nicht durch einen Kompromiss ge-
                      zu einem noch stärkeren Anhänger der direk-          fällt.

                                                                                                   Die Volkswirtschaft 5 / 2015   31
WIRTSCHAFT UND POLITIK

Der binäre Entscheid ist das eine. Aber schau-         definiert etwa, ob ein Unternehmen Fachkräfte
en wir doch auch, was nachher kommt. Im Fall           genug schnell finden kann und deshalb lieber
der Masseneinwanderungsinitiative ist nun ein          hier tätig ist als an einem ausländischen Stand-
längerer Prozess in Gang gesetzt worden, des-          ort. Wenn nicht, dann wandern eben Arbeits-
sen genaues Ergebnis noch unklar ist. Das haben        plätze ins Ausland ab.
wir der direkten Demokratie zu verdanken. Nun
hoffe ich, dass es uns gelingen wird, eine Lösung      Haben wirtschaftspolitische Themen einen Ein-
zu finden, die es erlaubt unser Verhältnis zu Eu-      fluss auf den Wahlkampf und das Wahlergebnis?
ropa zu bewahren und gleichzeitig die Migrati-         Wirtschaftspolitische Themen sollten beim
onsfrage so zu regeln, dass wieder ein Konsens         Wahlkampf präsent sein. Und zwar nicht nur im
entsteht.                                              Sinne von Schlagwörtern, sondern weil es wirk-
                                                       lich um ernsthafte Fragen geht. Die Schweiz ist
Dennoch: Bei solchen Volksabstimmungen kom-            wirtschaftlich erfolgreich. Wir haben sehr viele
men Emotionen hoch. Das ist Gift für die Wirt-         internationale Unternehmen und unsere KMU
schaft.                                                sind eng verzahnt mit den vielen internationa-
Mit solchen Situationen muss man umgehen               len Unternehmen. Wenn ein Teil der grossen
können. Es ist gefährlicher, wenn sich Emoti-          Firmen wegzieht, dann kommt schnell Sand ins
onen in politischem Extremismus entladen. In           Getriebe.
der Schweiz führen solche Volksentscheide im-
mer zu langen Diskussionen – und einer Kon-
senssuche. Initiativen müssen ja auch umgesetzt
werden. Was mich mehr beunruhigt: Diese stark
etablierte Konsenskultur ist in letzter Zeit in Be-
drängnis geraten – durch die Polarisierung auf
beiden Seiten des politischen Spektrums.

Auch Referenden und Initiativen haben in den ver-
gangenen Jahren zur Polarisierung beigetragen.
Ja. Traditionell war ja die Volksinitiative ein Ins-
trument für Gruppen, die im parlamentarischen
Betrieb kein Gehör fanden. Heute verwenden es
Parteien immer mehr, um Wahlkampf zu betrei-
ben. Das ist eine ungute Entwicklung. Dennoch
ist jetzt keine Panik angesagt. Nach der Massen­
einwanderungsinitiative kamen komplexe Initia­
tiven zur Abstimmung: Ecopop, Goldinitiative
und Pauschalsteuer. Wären sie angenommen
worden, wären sie alle schädlich für die Wirt-
schaft und für das Land gewesen – doch alle wur-
den deutlich abgelehnt. Das zeigt doch, dass die
direkte Demokratie in der Schweiz funktioniert.
Insofern sehe ich die Annahme der Massenein-
wanderungsinitiative auch als ein Weckruf an
die Wirtschaft, dass etwas nicht stimmt.

Wollen Sie sagen: Die direkte Demokratie weist
die Wirtschaft in Schranken, wenn sie über-
schiesst?
Die direkte Demokratie definiert den Ordnungs-
rahmen, in dem die Wirtschaft agieren kann. Sie

32   Die Volkswirtschaft 5 / 2015
SCHWERPUNKT

Ist es erfolgsversprechend für die Parteien solche   deutlich grösser. Ich glaube, das verdanken wir
Fragen aufzunehmen?                                  der direkten Demokratie. Insofern bin ich nicht
Ich glaube, es ist noch nicht allen genügend         so pessimistisch. Es gibt einen Grundkonsens,
bewusst, wie sehr die Frankenstärke zusam-           dass eine marktwirtschaftliche liberale Grund-
men mit der Unsicherheit über unser künftiges        ordnung der Schweiz zu ihrem Erfolg verholfen
Verhältnis zu Europa und der Zukunft der Un-         hat. Wir haben einen attraktiven Standort. Die
ternehmensbesteuerung für den Wirtschafts-           Schweiz ist politisch stabil, verlässlich und so-
standort Schweiz ein gefährlicher Schock sind.       lide, manchmal sind wir halt etwas langweilig
Darauf müssen wir geschickt reagieren. Ich hof-      und langsam.
fe, dass die Wähler wirtschaftspolitische The-
men ernst nehmen und überlegen, welche Par-          Wie steht es um die Verfilzung in unserem Land?
teien vernünftige Antworten haben. Die Schweiz       Ich habe lange in grossen Ländern gearbeitet
leidet in vielen Bereichen wieder unter einem        und bin deshalb überzeugt: «small is beautiful».
Reformstau, weil für längerfristig orientierte,      Man kennt sich, kommt regelmässig zusammen,
vernünftige Reformen die notwendigen soliden         muss sich immer wieder begeg-
politischen Mehrheiten fehlen. Die Stimmbürger       nen und mit den Argumenten des
haben es in der Hand, das zu ändern.                 anderen auseinandersetzen. Das
                                                     bedeutet, dass man immer wie-
                                                                                           «Die stark etablierte
Die Forschung zeigt aber, dass im Jahr 2011 die      der den Konsens suchen muss.          Konsenskultur ist in
Frankenstärke von den Parteien nicht in Wähler-      Es ist wichtig, dass die Politiker    letzter Zeit in Bedräng-
stimmen umgemünzt werden konnte.                     die Anliegen der Wirtschaft ver-      nis geraten – durch
Ich hoffe, dass die wirtschaftspolitischen The-      stehen. Und deswegen ist es auch
men mehr Einfluss haben werden als bei den           wichtig, dass Interessenvertreter
                                                                                           die Polarisierung auf
letzten Wahlen. Das ist eine Chance für die Par-     den Politikern das erklären.          beiden Seiten des poli-
teien. Die direkte Demokratie hat sehr viel mit                                            tischen Spektrums.»
Erklären zu tun und mit der Fähigkeit, komple-       Sie halten wenig von der Kritik am
xe Sachverhalte herunterzubrechen. Die Wirt-         Lobbyismus …
schaft hat es in den letzten Jahren etwas ver-       Ich glaube nicht, dass Politiker in der Schweiz
passt, zu vermitteln, dass es nicht nur darum        gekauft werden können. Aber es ist manchmal
geht, Abstimmungskämpfe zu gewinnen. Es geht         ein Problem, dass die Politik die Wirtschaft und
um das Grundverständnis: Was für die Wirt-           die Probleme eines Unternehmers nicht mehr
schaft gut ist, ist in einem guten Ordnungsrah-      versteht und umgekehrt. Deshalb wäre es mir
men auch für die Gesellschaft gut.                   eigentlich lieber, wenn es wieder mehr Durch-
                                                     lässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft gäbe,
Der freie Markt steht in der Kritik bei der Bevöl-   und etwas weniger klassische Politprofis im Par-
kerung. Das führt zu Misstrauen gegenüber der        lament.
Position der Wirtschaftsvertreter.
Es braucht glaubwürdige Wirtschaftsvertre-
ter, die ihre Position nachvollziehbar erklären.
Es braucht auch Medien, die wirtschaftspoliti-
sche Zusammenhänge aufzeigen, analysieren
und kommentieren. Es braucht hoffentlich die
NZZ (lächelt). Wenn ich die Länder in Europa
und die Schwellenländer mit der Schweiz ver-            Die Chefredaktorinnen Nicole Tesar und
gleiche, ist das Verständnis der Bevölkerung            Susanne Blank haben das Gespräch mit
für wirtschaftliche Zusammenhänge bei uns               Peter A. Fischer geführt.

                                                                                                 Die Volkswirtschaft 5 / 2015   33
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