PHARMASTANDORT SCHWEIZ 2030 - Wir forschen weiter - Interpharma

Die Seite wird erstellt Veit Schmidt
 
WEITER LESEN
PHARMASTANDORT SCHWEIZ 2030 - Wir forschen weiter - Interpharma
PHARMASTANDORT
     SCHWEIZ 2030
     Ausgangslage – Strategie – Massnahmen

                          Wir forschen weiter.

Die forschenden pharmazeutischen Unternehmen der Schweiz.
PHARMASTANDORT SCHWEIZ 2030 - Wir forschen weiter - Interpharma
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Pharmastandort
Schweiz 2030
Überarbeitete Fassung 2022

                         Vorwort3
                         Die Schweiz muss zum Wohle
                         der Patienten handeln

                         Vision Pharmastandort Schweiz 2030                                                                          4

                         Ausgangslage6
                         Eine starke Branche in einem
                         herausfordernden Umfeld

                         Die Pharmabranche auf einen Blick                                                                           8

                         Strategie und Massnahmen                                                                                    9
                         Das Beste für Patienten, Forschung
                         und Volkswirtschaft

                         – Der Patient im Mittelpunkt                                                                                10
                         – Führend in Forschung und Entwicklung                                                                      14
                         – Starke wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen                                                            18

                         Über Interpharma                                                                                            22

                         Quellenverzeichnis24

                         Hinweis: Zur Vereinfachung und leichteren Lesbarkeit wird im Lauftext für die einzelnen Personenkategorien
                         die männliche Form verwendet.

2
PHARMASTANDORT SCHWEIZ 2030 - Wir forschen weiter - Interpharma
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

VORWORT

Die Schweiz muss
zum Wohle der
Patienten handeln
                                                                Gleichzeitig konkurrieren zahlreiche Länder darum, die glo-
                                                                bal führenden Standorte der digitalisierten Wirtschaft und
                                                                der forschenden Pharmaindustrie zu werden.

                                                                «Dieses Strategiepapier skizziert, wie Pharmabranche,
                                                                Politik und Behörden zu einem erfolgreichen Pharma-
                                                                standort Schweiz 2030 und zum Wohl der Patientinnen
Jörg-Michael Rupp            Dr. René Buholzer                  und Patienten beitragen können.»
Präsident Interpharma        Geschäftsführer
                             und Delegierter des                Die Schweiz soll auch in Zukunft der führende Pharma-
                             Vorstandes
                                                                standort Europas bleiben. Um diese Ziele zu erreichen,
                                                                müssen wir noch engagierter vorangehen: Bessere Rahmen-
Liebe Leserin, lieber Leser                                     bedingungen für Start-ups, ein modernisierter und wirksa-
Die Entwicklung eines neuen Medikaments ist für Forschen-       mer Schutz des geistigen Eigentums und schnellere Bewilli-
de ein ausdauernder Prozess: Um ein einzelnes Medikament        gungs- und Vergütungsprozesse für innovative Arzneimittel
auf den Markt zu bringen, werden 10’000 Substanzen unter-       sind einige von zahlreichen Handlungsfeldern. Gleichermas-
sucht. Davon werden nur rund zehn weiter klinisch analy-        sen werden wir als forschende Pharmaindustrie unseren
siert, bis ein Molekül zu einem wirksamen Medikament ent-       Beitrag leisten: Die Förderung eines global führenden Öko-
wickelt werden kann. Bis es so weit ist, sind im Durchschnitt   systems für Gesundheitsdaten, flexible Vergütungsmodelle
12 Jahre von Forschung und Entwicklung notwendig. Dieser        für Innovationen und eine intensivierte Zusammenarbeit mit
harte Weg wird in Kauf genommen. Denn das oberste Ziel          Behörden sind Beiträge, wie wir aktiv und konstruktiv an
aller Forschungsarbeiten ist die Verbesserung der Gesund-       Lösungen mitwirken wollen.
heit von Menschen. Entsprechend gilt für die Mitglieder von
Interpharma, dem Verband der forschenden pharmazeuti-           In diesem Strategiepapier skizziert Interpharma, wie Phar-
schen Unternehmen der Schweiz: Wir forschen weiter.             mabranche, Politik und Behörden zu einem erfolgreichen
                                                                Pharmastandort Schweiz 2030 beitragen und Patientinnen
Die Schweiz und ihre forschenden Pharmaunternehmen sind         und Patienten nachhaltig den Zugang zu innovativen Arznei-
eine Erfolgsgeschichte. Das attraktive Schweizer Umfeld und     mitteln sichern können. Wir wollen damit einen Beitrag zum
die Innovationskraft der Pharmaindustrie haben Lebens-          dringend benötigten Diskurs über die Zukunft des Pharma-
qualität und Wohlstand der Bevölkerung über Jahrzehnte          standortes leisten, damit es in Zukunft auch in der Schweiz
verbessert. Gerade in der COVID-Pandemie wurden die             noch heisst «Wir forschen weiter». Wir laden Sie ein,
Stärken und die Bedeutung des Pharmaforschungs- und             mit uns und allen anderen Akteuren in diese Diskussion
Produktionsstandorts Schweiz sichtbar.                          einzusteigen.

Doch die Herausforderungen wachsen: Digitalisierung, zu-        Wir freuen uns darauf.
nehmende Einschränkungen des Unternehmertums, der
Anspruch auf eine nachhaltige Finanzierung des Gesund-
heitswesens, die Pandemie und ihre Folgen sowie verän-
derte (geopolitische) Rahmenbedingungen und vieles mehr
fordern uns. Die Digitalisierung mit neuen Technologien und     Jörg-Michael Rupp                Dr. René Buholzer
«Big Data» bietet ein gewaltiges Potential für den medizini-    Präsident Interpharma            Geschäftsführer und
schen Fortschritt und den Patientennutzen. Dies führt dazu,                                      Delegierter des Vorstandes
dass neue Unternehmen in den Gesundheitsmarkt drängen.

                                                                                                                                 3
PHARMASTANDORT SCHWEIZ 2030 - Wir forschen weiter - Interpharma
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Vision Pharmastandort
Schweiz 2030
«Die Schweiz ist auch im Jahr 2030 der führende
Pharmastandort Europas. Unser Land profitiert von
hochwertigen medizinischen Innovationen und kann
diese nachhaltig finanzieren. Die Pharmabranche
trägt massgeblich zu Wohlstand und Lebensqualität
der Schweizer Bevölkerung bei.»

                            Starke wirtschaftspolitische
                            Rahmenbedingungen bedeutet
                            im Jahr 2030:

                                        Die Schweiz verfügt über
                                        hochqualifizierte Arbeitskräfte
                                        auf allen Ebenen.

                  Ein attraktives Umfeld für Investitionen
                  sichert Beschäftigung in der Pharma-
                  industrie und deren Wohlstandsbeitrag.

                                        Die Schweizer Volkswirtschaft
                                        profitiert vom hohen Export-
                                        volumen der Industrie.

                                               Die Pharmaindustrie ist eine
                                               treibende Kraft bei der
                                               Umsetzung einer nachhaltigen
                                               Wirtschaft.

4
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Der Patient im Mittelpunkt
bedeutet im Jahr 2030:

Innovative Arzneimittel stehen
Patientinnen und Patienten in der
Schweiz schnell zur Verfügung.

        Alle Patientinnen und Patienten erhalten
        die Kosten von innovativen Arzneimitteln ab
        dem Tag der Marktzulassung vergütet.

                 Die Kosten der Arzneimittel stehen in
                 einem angemessenen Verhältnis zum
                 Nutzen für Patientinnen und Patienten
                 und Gesundheitswesen sowie zu den
                 Investitionen der Industrie.

                         Führend in Forschung
                         und Entwicklung ­bedeutet
                         im Jahr 2030:

                              Dank wirksamem und ­modernem
                              ­Patentschutz investiert die
                               Pharma­industrie in die Erforschung
                               inno­vativer Arzneimittel.

                         Klinische Studien in der Schweiz
                         ermöglichen Patientinnen und Patienten
                         den frühen Zugang zu lebensrettenden
                         Therapien.

            Ein digitales Gesundheitsdaten­­öko­system
            fördert die Behandlungs­qualität und
            beschleunigt den medizinischen Fortschritt.

                                                                                             5
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

AUSGANGSLAGE

Eine starke Branche
in einem heraus-
fordernden Umfeld
Die Pharmabranche trägt in hohem Masse zu Lebensqualität und Wohlstand der
Schweizer Bevölkerung bei. Gleichzeitig bietet die Schweiz innovativen Pharma­
unternehmen traditionell attraktive Rahmenbedingungen. Im internationalen
Konkurrenzkampf verliert die Schweiz aber zunehmend an Boden. Eine gemein­
same Strategie aller Beteiligten ist deshalb dringender denn je.

Nutzen für die Menschen und                 werden. Auch viele seltene Krankheiten     Hälfte der Exporte verantwortlich. Viele
darüber hinaus                              sind heutzutage wirksam therapierbar       Unternehmen engagieren sich zudem
Für die forschende Pharmaindustrie          und ermöglichen ein fast normales Le-      aktiv in der Gesellschaft, beispielswei-
stehen der Mensch und seine Gesund-         ben – dank der Forschung der Pharma-       se in der Kultur, bei Freizeitangeboten
heit im Zentrum. Oberstes Ziel ist,         branche.                                   und im Sport. Der ausgeglichene Frau-
dass Krankheiten besiegt oder min-                                                     enanteil bei der Beschäftigung zeugt
destens gemildert werden können.            Eine Branche mit Wirkung für               zudem davon, dass die Branche eine
Entsprechend ist die zentrale Aufgabe       die Gesellschaft                           Vorreiterrolle einnimmt, insbesondere
der forschenden Pharmaunterneh-             Der medizinische Fortschritt wirkt aber    bei der Vereinbarkeit von Familie und
men, neue innovative Arzneimittel           über den Patientennutzen hinaus. Die       Beruf. Daraus resultiert nicht zuletzt
gegen Krankheiten zu entwickeln und         Branche leistet zahlreiche indirekte       ein überdurchschnittlich hoher Anteil
diese den Patientinnen und Patienten        Beiträge für Gesellschaft und Volks-       an Frauen in den Geschäftsführungen.
schnellstmöglich zugänglich zu ma-          wirtschaft. Familienangehörige und
chen. Damit erbringen die Unterneh-         Freunde der Patientinnen und Patien-       Die Branche engagiert sich für eine
men einen direkten Beitrag zu einer         ten haben weniger Pflege- und Für-         nachhaltige Entwicklung, insbeson-
höheren Lebensqualität und Lebens-          sorgeaufwand. Neue und wirksamere          dere für die weltweite Förderung von
erwartung.                                  Arzneimittel reduzieren Arbeitsausfälle.   Gesundheit und Wohlbefinden und für
                                            Effizientere Behandlungen führen zu        umfangreiche Massnahmen zur Ver-
In der Schweiz leben wir heute länger       einer deutlich schnelleren Wiederein-      langsamung des Klimawandels und
und besser, weil die Bevölkerung von        gliederung. Damit werden Arbeitgeber,      seiner Auswirkungen. Denn für die
innovativen Arzneimitteln profitiert und    Angehörige und Sozialversicherungen        pharmazeutische Industrie ist klar:
Zugang zu einer qualitativ hochstehen-      entlastet und deren Kosten gesenkt.        Ein gesundes Klima ist zwingende
den Gesundheitsversorgung hat. In-                                                     Voraussetzung für die Gesundheit der
dem die forschenden Pharmaunterneh-         Zudem ist die Pharmabranche in der         Menschen.
men innovative Arzneimittel entwickeln      Schweiz seit langer Zeit fest verwurzelt
und auf den Markt bringen, tragen sie       und national wie regional eine wich-       Die klinische und universitäre For-
wesentlich zur Lebensqualität der Be-       tige Stütze und ein Impulsgeber. Die       schung erhält durch die Zusammen-
völkerung bei. Krankheiten, die früher      Pharmaunternehmen sind dabei nicht         arbeit wichtige Impulse. Nicht zuletzt
tödlich verliefen oder mit langwierigen     nur wichtige Arbeitgeber und tragen        übernimmt die Branche eine aktive
schweren Einschränkungen verbunden          zur regionalen Wertschöpfung bei.          Rolle im Diskurs über die nachhaltige
waren, wie beispielsweise Krebs oder        In den letzten zehn Jahren waren sie       Weiterentwicklung des Schweizer Ge-
Herz-Lungen-Erkrankungen, können            etwa für einen Drittel des Schweizer       sundheitswesens, mit dem Ziel, dass
heute effizient und wirksam behandelt       Wirtschaftswachstums und für fast die      es auch noch 2030 zu den weltbesten

6
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

gehört. Gerade die COVID-Pandemie
hat gezeigt, wie viel ein starkes, an
den Bedürfnissen der Menschen ausge-
                                           Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz
richtetes Gesundheitssystem wert ist.
                                           85
Grosse volkswirtschaftliche
Bedeutung
Die Schweiz und die Pharmaindustrie        84
gehen seit Jahrzehnten erfolgreich
einen gemeinsamen Weg: Attraktive
wirtschaftspolitische Rahmenbedin-         83
gungen haben die beeindruckende
Entwicklung der forschenden Pharma-
industrie begünstigt. Mitarbeitende von    82
Pharmaunternehmen profitieren direkt
von attraktiven Arbeitsplätzen und
                                           81

                                                                 Vereinigte Staaten
Entwicklungsmöglichkeiten. Gleichzei-

                                                                                                                                                                 Grossbritannien
tig trägt die Pharmabranche als Pfeiler

                                                                                                                                        Deutschland
                                                                                                 Niederlande
der Wirtschaft überdurchschnittlich

                                                                                                                                                      Schweden
                                                                                      Hongkong

                                                                                                                                                                                   Dänemark
                                                      Singapur

                                           80

                                                                                                               Schweiz
zum Wohlstand der Schweiz bei. Sie ist

                                                                                                                           Japan
einer der bedeutendsten privaten Wirt-
schaftszweige der Schweiz. Der Staat       79
erhält in grossem Umfang Steuern und
Abgaben.
                                           Im Global Competitiveness Index ist die Schweiz innerhalb weniger Jahre vom ersten auf
                                           den fünften Platz zurückgefallen. Auch in verschiedenen Subindizes, wie beispielsweise
Heute ist unser Land neben den USA         dem für Informations- und Kommunikationstechnologien (Rang 15), verliert die Schweiz
einer der wichtigsten Pharma-For-          an Boden. Andere Studien zeigen weitere Schwächen auf: So liegt die Schweiz beispiels-
schungsstandorte weltweit und besitzt      weise bezüglich Verfügbarkeit elektronischer Patientendaten und der entsprechenden
eine Strahlkraft, die weit über Europa     ­regulatorischen Rahmenbedingungen im hinteren Mittelfeld.
hinausgeht. 2020 wurden von den for-
schenden pharmazeutischen Unterneh-        Quelle: World Economic Forum (2019)

men mehr als 7 Milliarden Franken in
die Forschung und Entwicklung (F&E)
in der Schweiz investiert.                 ge Branche zu erhöhen. Die Krise hat                                          Herausforderungen
                                           auch die Bedeutung der Branche für                                            gemeinsam meistern
Wachsende Herausforderungen                ein Land wie die Schweiz aufgezeigt:                                          Die gegenwärtigen Herausforderun-
für den Standort Schweiz                   Trotz der aussergewöhnlichen und                                              gen kann kein Akteur im Alleingang
Optimale Rahmenbedingungen bleiben         herausfordernden Umstände war die                                             meistern – es braucht eine gemeinsa-
für einen erfolgreichen und internatio-    Versorgung der Schweizer Bevölkerung                                          me Strategie sämtlicher Anspruchs-
nal konkurrenzfähigen Pharmastandort       mit patentgeschützten Medikamenten                                            gruppen. Die vorliegende Broschüre ist
essenziell. Die Standortattraktivität      gewährleistet. Mit starken Export-                                            einerseits eine Analyse. Andererseits
steht jedoch von vielen Seiten unter       zahlen hat die Pharmaindustrie einmal                                         skizziert sie eine Strategie für Rah-
Druck: Wirtschaftsfeindliche Vorstösse,    mehr die Rolle als Wirtschaftslokomoti-                                       menbedingungen, die notwendig sind,
die Erosion der bilateralen Verträge mit   ve wahrgenommen und ihre Krisenre-                                            damit auch in Zukunft die Pharma-
der EU, regulatorische Hürden für die      sistenz eindrücklich aufgezeigt.                                              branche einen wesentlichen Beitrag zu
Forschung sowie wachsende Bürokra-                                                                                       einem attraktiven Wirtschafts-, For-
tie- und Regulierungskosten gefährden      Auch die Auswirkungen der demografi-                                          schungs- und Lebensstandort Schweiz
die Spitzenplätze der Schweiz in den       schen Entwicklung auf das Gesund-                                             leisten kann.
Bereichen Innovation, Produktivität        heitswesen fordern alle Anspruchs-
und Export. Der technologische Fort-       gruppen. Die Pharmabranche nimmt                                              Die Chancen für eine erfolgreiche Zu-
schritt und die wachsende Digitalisie-     die Befürchtungen über die nachhaltige                                        sammenarbeit stehen gut. Bei allen
rung führen dazu, dass zunehmend           Finanzierbarkeit des Gesundheitswe-                                           Herausforderungen und unterschied-
auch branchenfremde Unternehmen in         sens ernst. Sie leistet bereits heute mit                                     lichen Perspektiven weist die Schweiz
den Gesundheitsmarkt einsteigen.           regelmässigen Preissenkungen einen                                            immer noch eine starke Kultur der
                                           Beitrag zur Kostendämpfung, die jähr-                                         gemeinsamen Lösungsfindung auf.
Der internationale Standortwettbe-         lich zu wiederkehrenden Einsparun-                                            Zudem verfolgen die Akteure die glei-
werb, der durch die COVID-Pandemie         gen von über einer Milliarde Franken                                          chen übergeordneten Ziele: das Wohl
zusätzlich an Schwung gewonnen             führen. Der gesellschaftliche Diskurs                                         der Patientinnen und Patienten, einen
hat, verschärft sich weiter. Länder wie    zu den wirtschaftlichen und ethischen                                         starken Wirtschaftsstandort sowie
Grossbritannien oder Dänemark haben        Auswirkungen des medizinischen Fort-                                          Wohlstand und Lebensqualität für die
den Wert der forschenden Pharma-           schritts ist und bleibt anspruchsvoll                                         Bevölkerung.
industrie erkannt und entsprechend         und wichtig. Gleichzeitig muss sich das
eigene Pharmastrategien entwickelt,        Gesundheitswesen den neuen Anforde-
um die Attraktivität für diese wichti-     rungen anpassen.

                                                                                                                                                                                              7
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Die Pharmabranche auf
einen Blick
            Lebenserwartung + 25 %                         Erfolge bei der Krebsbehandlung
            in den letzten 50 Jahren
                                                                                         100 %                    100 %
                                                                          80 %

                                                                                                  50 %                        50 %
             > 7,5 Mrd. CHF in F&E                              40 %
             in der Schweiz pro Jahr
                                                             1972    2018              1990    2018               1990     2018
                                                            Heilungschance           Sterblichkeitsrate          Sterblichkeitsrate
             109 Mrd. CHF Exporte in                       Krebs bei Kindern          bei Brustkrebs              bei Darmkrebs
             die ganze Welt pro Jahr
                                                           Durchschnittliche Forschungs- und
                                                           Entwicklungsintensität (Anteil F&E am Umsatz 2019)
             ⅓ Anteil am Wertschöpfungs-
             wachstum der letzten 10 Jahre                     Pharma

                                                               Software

                                                               Hardware
             181 Medikamente gegen
             seltene Krankheiten                               Elektronik

                                                               Automobil
                                                           0%               5%             10 %              15 %

Beschäftigung (2020)                                       Wertschöpfung (2020)
                                 47’000                                            CHF 36,8 Mrd.
                                 Direkte Beschäftigung                             Direkte Wertschöpfung

                                 209’200                                           CHF 26,4 Mrd.
                                 Indirekte Beschäftigung                           Indirekte Wertschöpfung

                                 256’200                                           CHF 61,4 Mrd.
                                 Total                                             Total

Patentanmeldungen                                          Wirkstoffe in der Entwicklung (2020)
pro Million Einwohner (2020)
                                                                       Phase I                   Phase II             Phase III
                966
                                                                       2’140                      2’862                   778

                                                           0                     2’000                4’000                     6’000

                                                           Anteil Frauen /                       Tertiärabschluss /
    434
                                                           Männer (2020)                         Forschende (2020)
                               410                                      44 %                                28’500

                                                                        56 %                                9’800
Schweden      Schweiz     Dänemark
                                                                                                      Quellen dazu finden Sie auf Seite 24

8
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

STRATEGIE UND MASSNAHMEN

Das Beste für
Patienten, Forschung
und Volkswirtschaft
Im vorliegenden Strategiebericht skizziert Interpharma einen Weg, wie der
­Pharmastandort auch im Jahr 2030 für die Schweiz und ihre Bevölkerung einen
 überdurchschnittlichen Wert stiften kann. Er ist in drei grosse Themenbereiche
 gegliedert: Patient und Umfeld, Forschungsstandort Schweiz und wirtschafts­
 politischer Rahmen. Für jedes Thema werden die wichtigsten Hebel identifiziert
 und es wird aufgezeigt, welche Beiträge die Branche sowie Politik und Behörden
 leisten müssen, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten.

Die 3 Schwerpunktthemen der Strategie

 Der Patient                           Führend in                         Starke wirtschafts-
 im Mittelpunkt                        Forschung und ­                    politische ­Rahmen-
                                       Entwicklung (F&E)                  bedingungen

 Die Gesundheit der Bevölkerung        Forschung und Entwicklung          Die Pharmabranche benötigt
 ist und bleibt für alle Akteure das   ist für ein rohstoffarmes Land     gute Rahmenbedingungen und
 oberste Ziel. Es geht darum, Pa-      wie die Schweiz essenziell. Der    die Schweiz braucht erfolgreiche
 tienten den raschen und breiten       Forschungsplatz lebt von einem     Unternehmen. In dieser Symbio-
 Zugang zu Innovation zu ermög-        wirksamen und zeitgemässen         se spielen politische Stabilität,
 lichen. Dies bedingt ein Umfeld,      Schutz des geistigen Eigentums.    Rechtssicherheit, offene Export-
 das Innovation honoriert und          In einer zunehmend digitalisier-   märkte, Verfügbarkeit von quali-
 damit medizinischen Fortschritt       ten Welt ist zudem der weltweite   fizierten Arbeitskräften und ein
 vorantreibt.                          Zugang zu hochwertigen Gesund-     attraktives fiskalisches Umfeld
                                       heitsdaten ein neuer Erfolgs-      eine wesentliche Rolle.
                                       faktor.

                                                                                                                   9
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Der Patient im
Mittelpunkt
Alle Patientinnen und Patienten in der Schweiz erhalten im Jahr 2030 einen
raschen und breiten Zugang zu innovativen Arzneimitteln. Dazu braucht es eine
schnelle Zulassung durch Swissmedic, der schweizerischen Zulassungs- und
Kontrollbehörde für Heilmittel, die Vergütung über die Grundversicherung ab dem
Tag der Zulassung und nachhaltige Modelle zur Honorierung von Innovationen.

Arzneimittel so rasch wie                           Die Pharmabranche will die Bedeutung
möglich zulassen                                    von Swissmedic stärken, indem die                                        Ambition 2030
Die Schweiz braucht auch in Zukunft                 Mitglieder von Interpharma neue Arz-                           Bei Zulassungsverfahren für
eine unabhängige Zulassungsbehörde.                 neimittel früher für die Zulassung und                      Innovationen ist Swissmedic unter
Swissmedic soll mittels schlanker und               die Erstattung einreichen. Idealerweise                       den weltweit führenden Arznei­
strukturierter Prozesse allen Patientin-            wird ein Zeitfenster zwischen der Ein-                               mittelbehörden.
nen und Patienten einen raschen und                 reichung bei den amerikanischen und
breiten Zugang zu innovativen Medika-               jener bei den europäischen Behörden
menten und Therapien ermöglichen.                   angestrebt.                                               zwischen den zuständigen Behörden
Damit neue innovative Arzneimittel                                                                            und dem Pharmaunternehmen. Zu-
prioritär und mit beschleunigten Ver-               Verschiedene Zulassungsbehörden bie-                      dem arbeitet Swissmedic mit anderen
fahren zugelassen werden, muss sich                 ten heute beschleunigte Verfahren für                     Zulassungsbehörden zusammen, um
Swissmedic im internationalen Kontext               innovative Arzneimittel an. Während                       Expertise und Ressourcen zu teilen.
als eigenständige und kompetente                    des Bearbeitungsprozesses besteht ein                     Indem Swissmedic die beschleunigten
Behörde für Innovationen behaupten.                 intensiverer, konstruktiver Austausch                     Verfahren und regulatorische Rah-

Verzögerungen im Zulassungs- und Vergütungsprozess

Nach der Ersteinreichung durch die Pharma-
firmen dauert es im Median fast 776 Tage, bis
                                                                 FDA
ein Arzneimittel einem Patienten in der Schweiz
zur Verfügung steht. Dies ist deutlich länger als
in vielen anderen europäischen Ländern. Das                                              EMA
ist auf drei Faktoren zurückzuführen: Pharma-
unternehmen reichen ein neues Arzneimittel im
                                                                                                Swissmedic
Median in der Schweiz 49 Tage später als bei
der European Medicines Agency (EMA) ein. Die
Zulassung durch Swissmedic dauert im Median                                                                                           BAG
186 Tage länger als bei der Food and Drug Ad-
ministration (FDA). Das BAG benötigt für den        0          100           200          300           400          500           600          700          800
definitiven Vergütungsentscheid im Median fast
300 Tage (statt in der Regel 60 Tage, wie in der                              Zeit vom Einreichezeitpunkt bis zum Entscheid (Tage)
Verordnung festgelegt).
                                                    Quellen: Bundesamt für Gesundheit BAG (2017–2020), European Medicines Agency EMA (2017–2020),
                                                    Food and Drug Administration FDA (2017–2020), Swissmedic (2017–2020), Aufbereitung: Interpharma (2022)

10
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

                                                                                                  Innovation honorieren

Beurteilung des gesamtheitlichen                                                                  Damit auch in Zukunft Innovationen
                                                                                                  auf den Markt kommen, müssen sol-
Nutzen-Kosten-Verhältnisses                                                                       che nachhaltig finanzierbar sein. Das
                                                                                                  gegenwärtige System ist aber nicht auf
                                                                                                  innovative Therapien ausgelegt. Für
                                                                                                  den institutionalisierten Innovations-
                                                                                                  und Vergütungsprozess braucht es
                                                                                                  deshalb Instrumente, die nach festge-
Direkter Nutzen                               Gesellschaftlicher                                  legten Kriterien das Resultat bewerten
für Patienten                                 Nutzen                                              und dabei den gesamten Patientennut-
                                                                                                  zen und alle Kostenfolgen miteinbezie-
–   Höhere Lebenserwartung                    – Tiefere Kosten durch verkürzten                   hen. Dies hat datenbasiert und unter
–   Rasche Genesung                             Heilungsprozess                                   Einbezug der relevanten Anspruchs-
–   Chance auf Heilung                        – Schnellere Rückkehr an den Arbeitsplatz           gruppen zu erfolgen.
–   Bessere Lebensqualität                    – Reduktion der Pflegekosten
                                              – Auswirkung auf Sozialwerke (ALV, IV)
                                              – Erfolgreichere Forschung
                                                                                                               Ambition 2030

                                                                                                     Die Schweiz befindet sich bezüg-
Eine zeitgemässe Preis- und Tariffestsetzung basiert auf einer breiten Nutzen-Kosten-­
                                                                                                     lich Anreizen zur Förderung des
Evaluation. Dabei wird nicht nur der direkte Nutzen für den Patienten berücksichtigt,
                                                                                                    medizinischen Fortschritts weltweit
sondern eine ganzheitliche Betrachtung angestrebt. So haben viele innovative Arzneimittel
                                                                                                    an der Spitze. Dies wird durch die
positive Auswirkungen auf Sozialwerke wie die Arbeitslosenversicherung (ALV) oder die
Invaliditätsversicherung (IV) und führen langfristig zu grossen Einsparungen und Effizienz-         Anwendung eines nutzenbasierten
gewinnen im gesamten Gesundheitswesen. Auch eine schnellere Wiedereingliederung in                  Evaluations-, Preis- und Tariffest-
den Arbeitsprozess dient der Gesellschaft.                                                               setzungssystems erreicht.

Quelle: Interpharma
                                                                                                  Die Preis- und Tariffestsetzung muss
                                                                                                  auf einer Nutzen-Kosten-Evaluation
                                                                                                  basieren und geeignete Instrumen-
menbedingungen weiter optimiert,                     Massnahme schlägt Interpharma vor,           te von flexiblen Vergütungsmodellen
hilft sie mit, einen Standortvorteil für             zusammen mit den Behörden und den            (z.B. Pay for Performance) einsetzen,
die Schweiz zu schaffen. Dies kommt                  Anspruchsgruppen fortlaufend eine            um Wirksamkeit, Zweckmässigkeit
schliesslich den Patientinnen und                    transparente 360°- Übersicht der an-         und Wirtschaftlichkeit (sogenannte
Patienten zugute, denn: Die Behand-                  stehenden Innovationen durchzufüh-           WZW-Kriterien) in der Einführungs-
lung von Krankheiten mit innovativen                 ren. Anstehende Innovationen werden          phase sicherzustellen. Für Patientinnen
Arzneimitteln hilft dabei, dass die Be-              so frühzeitig identifiziert und allfällige   und Patienten, die auf experimentelle
troffenen schneller wieder in ihren ge-              notwendige Anpassungen von Prozes-           Therapien angewiesen sind, bleibt die
wohnten Alltag zurückkehren können.                  sen und Regularien können rechtzeitig        Abdeckung von sogenannten Off-Label-
Um eine schnelle Zulassung zu garan-                 initiiert werden.                            Arzneimitteln und unlizensierten The-
tieren, müssen bestehende Prozesse                                                                rapien über Artikel 71 a–d der Kran-
regelmässig auf Optimierungspotenzial                                                             kenversicherungsverordnung (KVV)
geprüft werden. Bei Bedarf müssen                                    Ambition 2030                entscheidend. Die von Interpharma
Anpassungen von regulatorischen und                     Alle Patientinnen und Patienten in        skizzierten Prozessverbesserungen sol-
gesetzlichen Vorgaben rasch umsetz-                      der Schweiz haben ab dem Tag             len helfen, die Anzahl der über diesen
bar sein. Hier sind auch Politik und                     der Swissmedic-Marktzulassung            Artikel abgedeckten Fälle zu reduzieren
Behörden gefordert.                                     Zugang zu Arzneimitteln. Die Ver-         und so den Artikel wieder zurück zum
                                                          gütung durch die Kostenträger           ursprünglichen Zweck zu führen.
Raschen und breiten Zugang zu                                    ist gewährleistet.
Innovationen schaffen                                                                             Eine optimierte Preis- und Tariffestset-
Mit der Zulassung durch Swissmedic                                                                zung schafft Anreize zur Verbesserung
steht das Arzneimittel den Patientinnen              Es braucht Verbesserungen und einen          der Effizienz im Gesundheitswesen.
und Patienten im heutigen System noch                nationalen Ansatz, um den Menschen           Kosteneinsparungen sind damit plan-
nicht zur Verfügung. Zuvor muss das                  in der Schweiz den Innovationszugang         barer und dienen dazu, Innovationen
Bundesamt für Gesundheit (BAG) die                   ab dem «Tag 0» sicherzustellen: Ein          nachhaltig zu finanzieren. Wenn bei
Vergütung durch die Grundversiche-                   frühzeitiger Dialog zwischen dem BAG         Durchbruchinnovationen die quantita-
rung festlegen. Erst danach haben die                und den Herstellern und die Beratung         tive Bewertung von Nutzen und Kosten
Patientinnen und Patienten tatsächlich               des BAG durch ein neues Experten-            mit erhöhter Unsicherheit behaftet ist,
Zugang. In Zukunft sollen sie am Tag                 gremium stärken die Expertise und            sind die Pharmaunternehmen bereit,
der Marktzulassung durch Swissme-                    wirken beschleunigend. Durch verbind-        sich über flexible Vergütungsmodelle
dic («Tag 0») Zugang zu innovativen                  liche Timelines und planbare Prozesse        am Risiko zu beteiligen.
Arzneimitteln erhalten. Um dies zu                   wird der Vergütungsprozess effizienter.
garantieren, braucht es einen klar defi-             Dabei muss die Vergütung mittels pro-
nierten und schnelleren Zugangs- und                 visorischer Preise und flexibler Preis-
Vergütungsprozess. Als unterstützende                modelle möglich sein.

                                                                                                                                            11
SCHWERPUNKTE                     BEITRAG PHARMABRANCHE                         BEITRAG POLITIK UND BEHÖRDEN

Arzneimittel                     – Die Branche bekennt sich zu einer           – Swissmedic lässt innovative Arzneimittel mit
                                   starken, führenden Swissmedic als             beschleunigten Verfahren zu und etabliert
so rasch wie                       First Wave Agency.                            sich im internationalen Kontext als eigen-
möglich zulassen                 – Interpharma-Mitglieder streben eine
                                                                                 ständige und kompetente Behörde für
                                                                                 Innovation.
                                   ­möglichst zeitnahe Einreichung an,
                                    idealerweise im Zeitfenster zwischen der   – Swissmedic fokussiert auf innovative
Benchmark:                          Einreichung bei den amerikanischen und       ­Neuzulassungen (NAS) und Indikations-­
USA (Agilität), Europa              jener bei den europäischen Be­hörden.         erweiterungen (Variations Type II).
(Zeitpunkt der Einreichung)      – Interpharma und ihre Mitglieder             – Erkannte Optimierungspotenziale bei
                                   ­analysieren die beschleunigten Ver-          der ­Zulassung werden realisiert, bei B
                                                                                                                       ­ edarf
                                    fahren von Swissmedic, FDA und EMA           durch Anpassung der gesetzlichen und
                                    auf ihre Vorteile, Nachteile, Chancen        ­regulatorischen Vorgaben.
                                    und R­ isiken und zeigen Optimierungs­
                                    potenziale auf.

Raschen und                      – Die Branche beteiligt sich am gesell-       – Der Bund institutionalisiert eine breit abge-
                                   schaftlichen Dialog zu den wirtschaft-        stützte 360°-Übersicht (Horizon-Scanning).
breiten Zugang                     lichen und ethischen Implikationen
                                                                               – Der Bund etabliert bedarfsorientiert und un-
zu Innovationen                    der personalisierten Medizin.
                                                                                 mittelbar die notwendigen neuen Prozesse
schaffen                         – Die forschende Industrie führt fortlau-       auf Zulassungs- und Vergütungsebene und
                                   fend zusammen mit Politik, Behörden           stellt damit per «Tag 0» den breiten Zugang
                                   und anderen Anspruchsgruppen eine             zu innovativen Therapieformen und -modellen
Benchmark:
                                   transparente 360°-Trendübersicht der          sicher.
0 Tage Abweichung zwischen
der Swissmedic-Marktzu-            Innovationen in Entwicklung durch, ein
                                                                               – Das BAG stellt einen effizienten Vergütungs-
lassung und der Vergütung          sogenanntes Horizon-Scanning.
                                                                                 prozess sicher, der auf einer umfassenden
durch die Kostenträger           – Für Innovationen, die neue Behand-            und unabhängigen medizinischen und öko-
                                   lungsmöglichkeiten eröffnen und für Pa-       nomischen Beurteilung basiert.
                                   tientinnen und Patienten unentbehrlich
                                   sind, initiieren die forschenden Firmen
                                   den frühen Dialog mit dem BAG.

Innovation                       – Die Mitglieder bringen Innovationen im      – In der institutionalisierten, breit abgestützten
                                   Dialog mit den führenden Zulassungs-          360°- Übersicht (Horizon-Scanning) wird das
honorieren                         behörden, Health-Technology-Assess-           Potenzial von Durchbruchinnovationen für
                                   ment- (HTA-)Agenturen und Patienten-          Paradigmenwechsel beurteilt. Falls notwendig
Benchmark:                         vertretenden in die Schweiz.                  wird die Entwicklung geeigneter Finanzie-
Die Schweiz ist für Techno-                                                      rungslösungen eingeleitet.
logieanbieter ein Ersteinfüh-    – Die Mitglieder arbeiten mit den relevan-
rungsland für Innovationen,        ten Anspruchsgruppen bei der Daten-         – Für den institutionalisierten frühen Dialog
die Effektivität und Effizienz     erfassung und -analyse zusammen,              und den Aufnahmeprozess in die Positivlisten
im Gesundheitswesen ver-           damit die Wirksamkeit der Therapien in        (z.B. Spezialitätenliste) werden die Nutzen-
bessern.                           der Praxis gemessen werden kann (Real         bewertungselemente nach anerkannten
                                   World Evidence [RWE] und Patient-Re-          Kriterien evaluiert.
                                   ported Outcome Measures [PROM]).
                                                                               – Die Preis- und Tariffestsetzung basiert auf
                                 – Wenn bei Durchbruchinnovationen die           einer Nutzen-Kosten-Evaluation. Es werden
                                   quantitative Bewertung von Nutzen und         geeignete Instrumente eingesetzt, um die
                                   Kosten mit erhöhter Unsicherheit be-          Erfüllung der WZW-Kriterien in der Ein­
                                   haftet ist, sind die Pharmaunternehmen        führungsphase sicherzustellen. Die Preis-
                                   bereit, sich über flexible Vergütungs­        und Tariffestsetzung setzt Anreize für die
                                   modelle am Risiko zu beteiligen.              Verbesserung der Effizienz im Gesundheits-
                                                                                 wesen.
Heilungsrate von 87 %
bei Brustkrebs
klingt nach viel.
Bis man zu den
restlichen 13 % gehört.

      Wir forschen weiter.
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Führend in Forschung
und Entwicklung
Die schnell voranschreitende Digitalisierung und der andauernde technologische
Fortschritt ermöglichen in Zukunft noch verstärkt neue Forschungsansätze.
Diese schaffen ein zusätzliches und grosses Potenzial für medizinischen Fortschritt
und Patientennutzen. Um dies jedoch alles realisieren zu können, braucht es
gemeinsame Anstrengungen aller Anspruchsgruppen.

Geistiges Eigentum schützen                                                              wie Gen- oder Zelltherapie, erzielbare
Pharmakologische und technologische                      Ambition 2030                   Patentschutz ist schwächer als jener für
Innovationen werden mit hoher Kadenz               Die Schweiz bleibt bei der            klassische Medikamente. Ein effekti-
den Patientennutzen durch neue The-           ­Sicherung des geistigen Eigentums         ver Stoffschutz ist nicht zugänglich.
rapien und Arzneimittel verbessern.                  weltweit an der Spitze.             Daher steht auch für individualisierte
Die Digitalisierung wird die Entwicklung                                                 Therapien in der Regel keine Patent-
und Anwendung von Arzneimitteln                                                          laufzeitverlängerung zur Verfügung.
fundamental verändern. Für Daten,           Daten sogenannte Real World Data             Es müssen Optionen zur Stärkung des
Algorithmen und die Resultate der           (RWD) für pharmakologische Innovati-         Schutzrechtssystems für individualisier-
Datenanalyse, aus denen innovative          onen. Dies ist jedoch nur mit qualitativ     te Therapien analysiert und vorange-
Therapien resultieren, steht heute noch     exzellenten Daten möglich, die unter         trieben werden.
kein ausreichender Schutz zur Verfü-        definierten Bedingungen gewonnen,
gung. Es gilt daher, die Rahmenbedin-       standardisiert erfasst und sorgfältig        Mit hochwertigen Gesundheits-
gungen für geistiges Eigentum (IP) so       ausgewertet werden. Auch hier sind           daten medizinischen Fortschritt
weiterzuentwickeln, dass Innovationen       Rahmenbedingungen zu schaffen, die           sichern
ausreichend geschützt werden können.        einen fairen finanziellen Ausgleich für      Die Interpharma-Mitglieder investieren
Eine enge Zusammenarbeit der Bran-          den hohen Aufwand zur Generierung            heute in der Schweiz über 7 Milliarden
che mit Schweizer Behörden und an-          und Kuratierung solcher Daten und die        Franken in die Forschung und Ent-
deren Partnern wird beim Aufbau einer       damit ermöglichten Innovationen ge-          wicklung. Aufgrund der zunehmenden
weltweit führenden Datenschutz- und         währleisten.                                 Bedeutung von «Big Data» und der
IP-Umgebung deshalb für die Zukunft                                                      Digitalisierung für Forschung und Ent-
zentral sein.                               Daten zur Förderung des Gesundheits-         wicklung sowie der führenden Rolle
                                            wesens sollten breit zugänglich sein.        der USA und Asiens in diesem Bereich
Die Generierung klinischer Daten als        Dabei muss sichergestellt werden, dass       stellen sich zwei Fragen: Wo werden
Voraussetzung für die Marktzulassung        Datenschutzregelungen eingehalten            diese Investitionen in Zukunft getätigt?
neuer Arzneimittel ist zeit- und kosten-    werden. Es gilt hier, ein Bewusstsein        Welche externen Faktoren beeinflussen
intensiv. Für die Generierung dieser        für die unterschiedlichen Arten von          diese Entscheide massgeblich? In Zu-
Daten hat der Ersteller Anspruch auf        RWD zu schaffen: Es gibt einerseits          kunft werden Forschung und Entwick-
eine Kompensation, die auch in Zu-          RWD, die quasi nebenbei unter unkont-        lung dort stattfinden, wo der Schutz
kunft über einen zeitgemässen Unter-        rollierten Bedingungen gewonnen wer-         des geistigen Eigentums sichergestellt
lagenschutz gewährleistet sein muss.        den, und andererseits RWD, die sehr          ist und der beste Zugang zu Talenten,
Der Unterlagenschutz ist dort von ele-      hohen Qualitätsanforderungen genügen         hochqualitativen Gesundheitsdaten und
mentarer Bedeutung, wo eine Therapie        müssen. RWD, die gezielt für klinische       Partnern besteht.
nicht patentiert werden kann.               Zulassungen erhoben werden, sollten
                                            einem vergleichbaren Schutz unter-           Für den Standort Schweiz ist entschei-
Immer mehr an Bedeutung gewinnen            stellt werden, wie er für klinische Daten    dend, ein weltweit führendes, inte­
neben den herkömmlichen klinischen          gilt. Der für individualisierte Therapien,   griertes Gesundheitsdaten-Ökosystem

14
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Anzahl klinischer Studien in der Schweiz

Die Zahl der in der Schweiz durchgeführten     350
klinischen Versuche geht seit Jahren zurück.
                                               300
Mit Einhaltung von gesetzlichen Fristen und
einem beschleunigten Verfahren für Studien     250
zu innovativen Therapien kann dieser Trend
­umgekehrt werden.                             200
                                                                                                                                         181
                                               150
Swissmedic (2007–2020), Interpharma
                                               100
                                                                                                                                          83
                                                     81                                                                                   59
                                                50
                                                                                                                                          39
                                                 0
                                                           2008     2010       2012          2014           2016         2018         2020

                                                          Phase I   Phase II     Phase III          Total Phasen I–III

mit Schweizer Daten und Zugang zu               schen Mensch und Maschine stellt ein            Forschungsmodelle der Zukunft
ausländischen Daten zu schaffen. Dafür          noch kaum ausgeschöpftes Potenzial              müssen in der Schweiz rasch umsetz-
braucht es die rechtlichen Rahmenbe-            dar. Mit Projekten, die verschiedene            bar sein. Dezentrale klinische Studien
dingungen sowie die Zusammenarbeit              Anspruchsgruppen einbeziehen, kann              passen bestens zur dezentralen Versor-
von Branche, Behörden und weiteren              die Grundlage für eine erfolgreiche Zu-         gung in der Schweiz: Sie stellen die
relevanten Partnern. Ein Beispiel hierfür       kunft geschaffen werden.                        Patienten in den Mittelpunkt und er-
ist das «Swiss Personalized Health Net-                                                         leichtern deren Zugang zu Forschungs-
work», eine Initiative der Universitäts-        Klinische Versuche zügig                        projekten. Für die Umsetzung neuer
spitäler und Hochschulen.                       genehmigen und neue Forschungs-                 Modelle bedarf es eines entsprechen-
                                                modelle fördern                                 den Umfelds, insbesondere im Bereich
                Ambition 2030                   Die Schweiz hat eine lange Tradition            der Digitalisierung des Gesundheitswe-
                                                in der klinischen Forschung und ver-            sens und der Gesundheitsdaten. Hier
       Die Schweiz verfügt über ein             fügt über hervorragende universitäre            besteht gegenüber führenden Ländern
   global führendes Datenökosystem              Kliniken. Die klinische Forschung               ein beträchtlicher Rückstand, der nicht
    und kann aus der Schweiz her-               ermöglicht Patientinnen und Patien-             kleiner wird. Entsprechend besteht
   aus F&E auf Basis von weltweiten             ten den raschen und nachhaltigen                dringender Handlungsbedarf.
      ­Gesundheitsdaten betreiben.              Zugang zu innovativen Arzneimitteln
                                                und Behandlungsmethoden und ist                 Die Branche wird diese Ziele in engem
Ein solches Ökosystem schafft einer-            essenziell für den Forschungsstand-             Austausch mit Ethikkommissionen, Be-
seits eine Voraussetzung für erfolg-            ort Schweiz. Die Rahmenbedingungen              hörden und Netzwerken akademischer
reiche Forschung und Entwicklung,               in der Schweiz sind für die klinische           Forschung weiterverfolgen. Dies mit
andererseits auch für ein nutzenbasier-         Forschung aber nicht ideal. Dies                dem Anspruch, dass die Anzahl durch-
tes Preisfestsetzungssystem für medi-           spiegelt sich auch in einer sinkenden           geführter klinischer Studien zum Wohl
zinische Innovationen. Darüber hinaus           Anzahl klinischer Studien wider. Das            von Patienten und Forschungsstandort
sollen die Entwicklung und die breite           per Anfang 2014 in Kraft getretene              wieder zunimmt.
Anwendung der personalisierten Me-              Humanforschungsgesetz (HFG) legte
dizin für die Menschen in der Schweiz           die Grundlage für effizientere Bewil-                              Ambition 2030
ermöglicht und gefördert werden.                ligungsverfahren für klinische Versu-
Global muss der Datentransfer von               che bei den Ethikkommissionen. Der                       Der Genehmigungsprozess
Gesundheitsdaten aus der Welt in die            bestehende, lokal zwischen mehreren                  klinischer Studien bei den Ethik-
Schweiz und umgekehrt durch Sicher-             unabhängigen Ethikkommissionen und                   kommissionen und den Behörden
stellung der Datenschutzäquivalenz              der Behörde vernetzte, schlanke und                    gehört zu den schnellsten und
gewährleistet werden. Ebenso ist der            schnelle Genehmigungsprozess ist                    einfachsten in Europa. Die Schweiz
Cyber-Sicherheit genügend Beachtung             beizubehalten. Es gibt jedoch Optimie-                  ist mit patientenorientierten
zu schenken.                                    rungspotenzial. Die Prozesse müssen                  klinischen Studien kompetitiv im
                                                insbesondere bei den Ethikkommissio-                       multinationalen Umfeld.
Daten allein genügen aber nicht:                nen schneller und einfacher werden.
Neue Entwicklungen im Bereich der               Darüber hinaus braucht es eine be-
künstlichen Intelligenz (KI) können             schleunigte Bewilligung (Fast-Track-
dem Standort Schweiz zu einem                   Verfahren) von klinischen Studien für
entscheidenden Standortvorteil und              Produkte mit hohem medizinischem
Differenzierungsmerkmal verhelfen.              Bedarf. Anzustreben ist auch ein
Insbesondere der Einbezug moder-                schweizweites Portal zur elektroni-
ner Algorithmen in den Arbeits- und             schen Einreichung von Studiengesu-
Forschungsalltag als Symbiose zwi-              chen an die Behörde.

                                                                                                                                               15
SCHWERPUNKTE                  BEITRAG PHARMABRANCHE                        BEITRAG POLITIK UND BEHÖRDEN

Geistiges                     – Die Branche schafft ein Bewusstsein        – Digitale Innovation im Gesundheitsbereich
                                für die Bedeutung der Qualität von           wird belohnt, insbesondere, wenn sie die Prä-
Eigentum                        Real-World-Daten (RWD), wenn sie im          vention und die Therapie deutlich verbessert.
schützen                        ­klinischen Umfeld verwendet werden,
                                                                           – Es wird ein zusätzlicher Schutz für neue Ver-
                                 sowie für den Nutzen von digitalen
                                                                             wendungen von Arzneimitteln gewährt und
                                 Innovationen.
Benchmark:                                                                   eine auf Indikationen bezogene Vergütung
Die Schweiz ist weltweit an   – Die Branche arbeitet aktiv mit Schweizer     geschaffen.
der Spitze.                     Behörden und Partnern beim Aufbau
                                                                           – Eine weltweit führende Datenschutz- und
                                einer weltweit führenden Datenschutz-
                                                                             IP-Umgebung für die F&E wird gefördert.
                                und IP-Umgebung für die Pharma-F&E.
                                                                           – Die Versorgungssicherheit wird durch Erhalt
                              – Die Branche schafft ein Bewusstsein für
                                                                             der nationalen Erschöpfung patentgeschütz-
                                den Nutzen von neuen Indikationen und
                                                                             ter Arzneimittel sichergestellt.
                                die Begründung für eine indikationsspe-
                                zifische Vergütung.

Mit hochwertigen              – Die Branche arbeitet durch die Bereit-
                                stellung eines internationalen Netzwerks
                                                                           – Aufbau eines weltweit führenden Gesund-
                                                                             heitsdaten-Ökosystems mit Schweizer Daten
Gesundheits-                    und Fachwissens (z.B. aus über 100           und Zugang zu ausländischen Daten wird
daten medizini-                 Jahren Erfahrung mit sensiblen Daten         gefördert. Dies bedingt die Schaffung eines
                                in klinischen Studien) eng mit Behörden      rechtlichen Rahmens, der die Governance
schen Fortschritt               und Partnern bei der Bildung eines inte-     über die Nutzung von Gesundheitsdaten
sichern                         grierten Gesundheitsdaten-Ökosystems         transparent regelt.
                                zusammen.
                                                                           – Die vertiefte Entwicklung und die breite An-
Benchmark:                    – Investitionen in industrieübergreifende      wendung der personalisierten Medizin (PHC)
USA, UK, Finnland               und Multi-Stakeholder-Partnerschaften        für Schweizer Patientinnen und Patienten
                                (Leuchtturmprojekte), um den ge-             werden ermöglicht und gefördert.
                                sellschaftlichen Wert von Gesundheits-
                                                                           – Der Datentransfer von Gesundheitsdaten
                                datenökosystemen aufzuzeigen.
                                                                             aus der Welt in die Schweiz und umgekehrt
                              – Förderung der digitalen Kompetenzen          wird durch Sicherstellung des Datenschutzes
                                der Mitarbeitenden durch Aus- und            (Priorität: EU, USA, UK) und Stärkung von
                                Weiterbildung.                               Cyber-Sicherheit gefördert.

                              – Stärkung des Bewusstseins für den Wert     – Ein nationaler Dialog zu Gesundheitsdaten
                                des Gesundheitsdatenökosystems durch         wird mit allen Anspruchsgruppen gefördert,
                                Teilnahme am öffentlichen und politi-        um in der Schweiz ein führendes Cluster für
                                schen Dialog.                                digitale Gesundheitsprodukte und -dienstleis-
                                                                             tungen aufzubauen.

                                                                           – Horizontale Einbindung digitaler Kompeten-
                                                                             zen im Bildungssystem.

Klinische                     – Interpharma bringt die Bedürfnisse der
                                Industrie im Rahmen der Evaluation des
                                                                           – Die Schweizer Behörden behalten den eige-
                                                                             nen unabhängigen, schlanken und schnellen
Versuche zügig                  Humanforschungsgesetzes aktiv ein.           Genehmigungsprozess bei.
genehmigen und                – Die Branche pflegt einen engen Aus-        – Die Prozesse werden insgesamt schneller und
neue Forschungs­                tausch mit Ethikkommissionen, Behör-         einfacher. Ein neues, beschleunigtes Verfah-
                                den und Netzwerken klinischer Forscher.      ren für Studien mit innovativen Arzneimitteln
modelle fördern                                                              wird auf Basis des erfolgreichen Pilotversu-
                              – Die Zusammenarbeit mit den Behörden
                                                                             ches mit COVID-19-Therapeutika geschaffen.
Benchmark:                      wird intensiviert, um die Optimierung
EU                              von Prozessen und die Akzeptanz für        – Es erfolgt keine weitere Zentralisierung der
                                neue Forschungsmodelle (wie z.B. de-         Ethikkommissionen. Bei multizentrischen
                                zentrale klinische Studien) bei Swissme-     Studien erfolgt eine Abstimmung der Ent-
                                dic und Ethikkommissionen zu unter-          scheide der Ethikkommissionen.
                                stützen.
Es dauert rund 5’000
Tage, bis ein neues
Medikament entwickelt ist.
Hier im Bild: Tag 463.

       Wir forschen weiter.
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

Starke
wirtschaftspolitische
Rahmen­bedingungen
Investitionen in Forschung und Entwicklung brauchen Planungs- und Rechts-
sicherheit. Neben dem Zugang zu Beschaffungs-, Absatz- und Arbeitsmärkten
sind auch attraktive steuerliche Rahmenbedingungen für den Standort
Schweiz von zentraler Bedeutung.

Politische Stabilität und                    ziales und Unternehmensführung ein
­Rechtssicherheit stärken                    Zeichen setzt. Neben der Einhaltung
                                                                                         Politische Stabilität
 Die politische Stabilität und die Rechts-   der relevanten nationalen und inter-
 sicherheit sind wichtige traditionelle      nationalen Standards will die Branche       in der Schweiz
 Stärken des Standorts Schweiz. In den       ökologische und sozial-gesellschaft-
 letzten Jahren ist jedoch eine Erosion      liche Aspekte stärker in den unter-         2020                Rang 10
 der Stabilität zu beobachten, die sich      nehmerischen Entscheidungsprozess
                                                                                         2019                Rang 9
 auch in entsprechenden internatio-          einfliessen lassen. Dazu gehört auch
 nalen Indizes niederschlägt. Weiter         ein aktiver Beitrag zu den Sustainable      2018                Rang 11
 führen die zunehmenden Spannungen           Development Goals (SDG). Dies in            2017                Rang 10
 in der Beziehung mit der EU zu Rechts-      Partnerschaft mit anderen Anspruchs-
                                                                                         2016                Rang 9
 unsicherheit. Die Schweiz ist gefordert,    gruppen, insbesondere in Bezug auf
 das bilaterale Verhältnis mit der EU        die Ziele Gesundheit, «Diversity &          2015                Rang 6
 langfristig zu festigen.                    Inclusion» und Klimaschutz.                 2014                Rang 3
                                                                                         2013                Rang 3
                                             Es gilt, einen transparenten Dialog mit
               Ambition 2030                 der Gesellschaft und der Politik über die   2012                Rang 1
       Die Schweiz gelangt in punkto         Bedeutung der Pharmaindustrie für die
                                                                                         Im Jahr 2012 galt die Schweiz als politisch
      politische Stabilität und Rechts-      Schweiz und die notwendigen Rahmen-
                                                                                         stabilstes Land der Welt. Heute hat die Schweiz
     sicherheit wiederum an die Spitze       bedingungen für die Zukunft zu führen.
                                                                                         den Anschluss an die Weltspitze verloren.
       und kann den negativen Trend          Angesichts der dynamischen Entwick-         Damit einher geht eine sinkende Rechts-
                  brechen.                   lungen könnte für die Beratung von          und ­Planungssicherheit, die aufgrund des langen
                                             Politik und Bundesrat ein institutionali-   Investitionshorizontes der Pharmabranche
                                             sierter Beirat zur Zukunft des Lifescien-   ­Neuansiedlungen und Investitionen hemmt.
Die Rechtsunsicherheit ist teilweise         ces-Standortes hilfreich sein. Dieser
hausgemacht und die Qualität des             würde sich aus hochrangigen Vertretern      Quelle: The World Bank (2012–2020)

Standorts Schweiz wird damit auch            von Wissenschaft, Privatwirtschaft und
von innen bedroht. Vor dem Hinter-           Behörden zusammensetzen. Er würde           ist auf funktionierende Handelsbezie-
grund der gesellschaftlichen Entwick-        insbesondere den Bundesrat beraten,         hungen und offene Märkte angewiesen.
lungen in der COVID-Krise, der demo-         damit zukünftige Entwicklungen in die-      Die Pharmaindustrie exportiert jährlich
grafischen Herausforderungen und der         ser für die Schweiz wichtigen Branche       Güter im Wert von rund 90 Milliarden
damit einhergehenden steigenden Ge-          antizipiert werden können.                  Franken. Davon gehen rund die Hälfte
sundheitskosten dürften Forderungen                                                      in die Europäische Union. Geregelte
zur Beschränkung der unternehmeri-           Zugang zu Export- und Import-               und stabile Handelsbeziehungen mit
schen Freiheit zunehmen. Deshalb ist         märkten sichern                             der EU sind deshalb für die pharma-
es in Zukunft umso wichtiger, dass die       Ein international vernetztes und ex-        zeutische Industrie von essenzieller
Branche in den Bereichen Umwelt, So-         portorientiertes Land wie die Schweiz       Bedeutung.

18
Interpharma | Pharmastandort Schweiz 2030

                                                                                               europäischen Forschungsprogrammen.
Pharmaexporte der Schweiz im Jahr 2021                                                         Gleichzeitig muss die Spezialisierung
                                                                                               forciert werden, um im internationalen
nach Destination                                                                               Wettbewerb bestehen zu können.

                                                                          48 %   EU                         Ambition 2030
52 %    Rest                                                              14 %   Deutschland
                                                                                                    Die Schweiz hält die Spitzen­
26 %    USA                                                                9%    Spanien
                                                                                                  position bei der Bildungsqualität
 7%     BRIC                                                               5%    Slowenien        inne und hat einen unbürokrati-
 4%     Japan                                                              4%    Italien          schen Zugang zu ausländischen
 2%     UK                                                                 4%    Frankreich        Experten, Fach- und Führungs­
13 %    Rest der Welt                                                      3%    Österreich      kräften. Ein stabiler und ungehin-
                                                                           2%    Niederlande      derter Zugang zum EU-Arbeits-
                                                                           7%    Rest EU            markt sichert dabei auch die
                                                                                                 Verfügbarkeit von Grenzgängern.
Mit rund der Hälfte aller Exporte ist die EU der wichtigste Handelspartner der Schweizer
Pharmaindustrie. Entsprechend wichtig sind verlässliche bilaterale Beziehungen und die damit
verbundene Rechtssicherheit.                                                                   Der flexible Arbeitsmarkt ist eine
                                                                                               Stärke der Schweiz, nicht aber der
                                                                                               Zugang zu ausländischen Fach- und
Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung EZV (2022)
                                                                                               Spitzenkräften. Die Sicherstellung der
                                                                                               Personenfreizügigkeit gehört deshalb
                                                                                               zu den zentralen Forderungen für die
                                                   Zugang zu den besten                        kommenden Jahre. Daneben müssen
                 Ambition 2030                     Köpfen ermöglichen                          ausreichend Kontingente aus Dritt-
    Die Schweiz verfügt über einen                 Die Pharmaindustrie beschäftigt über-       staaten zur Verfügung gestellt und die
    stabilen und geregelten Zugang                 durchschnittlich viele hochqualifizier-     Verteilschlüssel überarbeitet werden.
    zum EU-Binnenmarkt und einen                   te Mitarbeitende. Innovationen sind         Eine stärker bedarfsorientierte Ver-
     barrierefreien Zugang zu den                  jedoch nicht nur vom wissenschaft-          teilung mit vereinfachten Prozessen ist
    weltweit wichtigsten Export- und               lichen Niveau einzelner Spitzenforscher     notwendig. Nur so bleibt die Branche
      Importmärkten mit starkem                    abhängig: Sie werden massgeblich von        im Wettbewerb um Fachkräfte kompe-
    Schutz des geistigen Eigentums.                der Qualifikation der gesamten Beleg-       titiv. Weiterhin müssen Schweizer Aus-
                                                   schaft mitbestimmt. Die Schweiz steht       bildungsbetriebe auf das Aufkommen
                                                   punkto Bildungsqualität im internatio-      neuer Berufsbilder wie zum Beispiel
Die Schweiz muss mit weiteren Län-                 nalen Vergleich gut da, nicht zuletzt       Data Scientist agil reagieren.
dern Freihandelsabkommen abschlies-                dank dem dualen Bildungssystem.
sen. Dabei wird eine länderspezifische             Dennoch gibt es Verbesserungspoten-         Umfeld für Investitionen
Vorgehensweise nötig sein, die vom je-             zial, denn der technologische Wandel        attraktiv gestalten
weiligen Entwicklungsstand der Länder              führt zu neuen Herausforderungen            Die Schweiz hat heute noch ein wett-
abhängt. So sollen auch weniger kauf-              bezüglich der künftigen Berufsbilder.       bewerbsfähiges fiskalisches Umfeld.
kräftige Länder Zugang zu innovativen              Die Digitalisierung führt zu einem Wan-     Der internationale Steuerwettbewerb
Arzneimitteln erhalten. Die Pharma-                del der Kompetenzanforderungen. Die         ist aber nicht abgeschlossen. Um
branche beschäftigt sich aktiv mit der             obligatorischen Schulen müssen mehr         gegenüber diesen Ländern aufzuholen,
Frage der Handelsabkommen und wird                 digitale Fachkompetenzen und inter-         müssen verschiedene Massnahmen
regelmässig zuhanden der zuständigen               personelle Sozialkompetenzen ver-           ergriffen werden. Ein Beispiel ist die
Behörden eine Prioritätenliste erstellen.          mitteln. Das duale Bildungssystem der       Abschaffung der Emissionsabgaben
Bei neuen Abkommen muss jederzeit                  Schweiz ist eine Stärke, ist aber vor       auf Eigenkapital, wovon insbesondere
garantiert sein, dass Minimalstan-                 dem Hintergrund des rasanten digita-        Start-ups profitieren könnten.
dards mit starkem Schutz des geisti-               len Wandels gefordert. Es braucht hier
gen Eigentums eingehalten werden.                  eine Flexibilisierung und Modularisie-
Neben multilateralen Abkommen, die                 rung der Berufsbildung. Angesichts der                   Ambition 2030
das effektivste Mittel zur Sicherung               langen Aufbauzeit für neue Berufslehr-         Die Schweiz bietet ein attraktives
des Marktzugangs sind, braucht es                  gänge ist zudem eine frühzeitige und            und international akzeptiertes
branchenspezifische Mutual Recogni-                rollende Planung einzuführen. Auch die             Umfeld für Investitionen.
tion Agreements (MRA). Der diskrimi-               Schweizer Universitäten und Fach-
nierungsfreie Zugang zu ausländischen              hochschulen sind gut aufgestellt und
Märkten für Waren, Dienstleistungen                erzielen in Rankings oftmals Spitzen-       Forderungen nach harmonisierten
und Arbeitskräfte ist auch eine wichtige           plätze. Die internationale Vernetzung       Steuern der OECD gefährden einen
Voraussetzung für widerstandsfähige                und Anbindung ist für die Qualität der      wichtigen Standortfaktor der Schweiz.
Lieferketten und damit Versorgungs-                universitären Forschung und Lehre           Hier sind neben der Politik alle wirt-
sicherheit in der Schweiz. Um auch im              zentral. Die Einbettung der Schwei-         schaftspolitischen Akteure gefordert,
Krisenfall auf diese zurückgreifen zu              zer Universitäten in die internationale     auf internationaler politischer Ebene
können, muss, wo angemessen, dieser                Forschungslandschaft muss daher             Einfluss auf die Entscheidungsträger
Zugang mit zusätzlichen Staatsverträ-              auch in Zukunft sichergestellt werden,      zu nehmen, um weiterhin ein liberales
gen abgesichert werden.                            beispielsweise durch die Teilnahme an       Steuersystem zu ermöglichen.

                                                                                                                                         19
SCHWERPUNKTE         BEITRAG PHARMABRANCHE                          BEITRAG POLITIK UND BEHÖRDEN

Zugang zu            – Die Behörden werden bei der länderspe-       – Stabile Handelsbeziehungen mit der EU wer-
                       zifischen Ausarbeitung von Freihandels-        den sichergestellt.
Export- und            abkommen (FHA) mit starkem Schutz
                                                                    – Die Behörden setzen sich für die Aufrechter-
Importmärkten          des geistigen Eigentums unterstützt,
                                                                      haltung einer multilateralen Handelsordnung
                       beispielsweise durch klare Positionierung
sichern                der Branche und Bereitstellung der be-
                                                                      ein, verhindern neue Handelsbeschränkungen
                                                                      und konzentrieren sich auf eine angemes-
                       nötigten Datengrundlagen.
Benchmark:                                                            sene Aktualisierung der pharmaspezifischen
Schweiz, mit einer   – Die Branche stellt den Behörden regel-         Handelsregelungen. Dies schliesst die Umset-
Prioritätenliste       mässig eine aktualisierte Prioritätenliste     zung der 5. Review des WTO-Pharma-Null-
                       für FHA und Mutual Recognition Agree-          zollabkommens und eine Vereinfachung des
                       ments (MRA) zur Verfügung.                     Überprüfungsverfahrens mit ein.

                     – Die Branche bietet Unterstützung bei der     – Die internationale Zusammenarbeit auf
                       Ausarbeitung von MRA mit den relevan-          technischer Ebene (MoU) wird verstärkt.
                       ten Handelspartnern.                           Swissmedic engagiert sich stark im Rahmen
                                                                      der International Conference on Harmoniza-
                     – Die Industrie unterstützt weiterhin das
                                                                      tion (ICH).
                       bewährte Schweizer System gesetzlich
                       geregelter Melde- und Lagerpflichten.        – Das FHA-Netzwerk wird mit Fokus auf wich-
                       Jede zusätzliche Änderung muss sinnvoll        tige (Wachstums-)Märkte verbreitert und
                       und nachhaltig finanziert sein.                vertieft. Dabei wird das TRIPS-Schutzniveau
                                                                      (gemäss Prioritätenliste) eingehalten (TRIPS
                                                                      = Trade-Related Aspects of Intellectual Pro-
                                                                      perty Rights). Lücken im Bereich MRA müs-
                                                                      sen geschlossen werden (z.B. mit den USA).

                                                                    – Versorgungssicherheit durch offene Grenzen
                                                                      für Waren und Arbeitskräfte. Wo angemes-
                                                                      sen, werden Staatsverträge ausgehandelt.

Zugang zu den        – Die Branche verstärkt die Investitionen
                       in die berufliche Weiterbildung und bei
                                                                    – Die digitalen Fachkompetenzen und inter-
                                                                      personelle Sozialkompetenzen werden in der
besten Köpfen          Bedarf in Umschulungen der Mitarbei-           Schulbildung gestärkt.

ermöglichen            tenden sowie in attraktive Berufsbil-
                       dungschancen.
                                                                    – Die Flexibilisierung und die Modularisierung
                                                                      der Berufsbildung sowie die rollende Planung
Benchmark:           – Die Branche engagiert sich bei der             der Anforderungen werden verstärkt.
Finnland               Anpassung der Berufslehren an die wan-
                                                                    – Die Qualität der Schweizer Universitäten
                       delnden Bedürfnisse und somit für die
                                                                      und deren Einbettung in die internationale
                       Chance auf Anstellung nach der Lehre.
                                                                      Forschungslandschaft werden gesichert. Die
                     – Die Branche intensiviert die Zusammen-         internationale Anerkennung der Fachhoch-
                       arbeit zwischen Industrie und Hoch-            schulen und die Spezialisierung der Univer­
                       schulen für eine bedarfsgerechte und           sitäten auf Schwerpunktbereiche werden
                       zukunftsgerichtete Ausbildung.                 gestärkt.

                     – Die Branche berücksichtigt den Inländer­     – Die Personenfreizügigkeit und ausreichende
                       vorrang bei geeigneter Qualifikation.          Kontingente für die Schweizer Wirtschaft
                                                                      werden sichergestellt. Der Verteilschlüssel
                                                                      wird in Richtung einer bedarfsorientierten
                                                                      Verteilung mit vereinfachten Prozessen an-
                                                                      gepasst. Rechtliche Rahmenbedingungen
                                                                      werden im Hinblick auf flexible Arbeitsmodel-
                                                                      le überprüft und angepasst.
Sie können auch lesen