INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR Nr. 4/2021

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INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR Nr. 4/2021
INFORMATIONEN
aus der Forschung des BBSR

Nr. 4/2021

Liebe Leserinnen und Leser,                                                        Raumentwicklung
                                                                                   Pilotphase Kleinstadtakademie –
wir im BBSR haben jüngst mit dem Aufbau unseres Kompetenzzentrums Regio­           fünf neue Modellvorhaben gestartet
nal­entwicklung in Cottbus begonnen. Bis Ende 2022 werden 50 qualifizierte Ar­     Internationale Bauausstellungen:
beitsplätze neu geschaffen. Mittelfristig sollen rund 90 Personen in diesem Kom­   IBA-Netzwerk diskutiert über die Post-IBA-Phase
petenzzentrum arbeiten und den Spurwechsel der Lausitz von der Braunkohle
hin zu einer nachhaltigen Energie- und Zukunftsregion unterstützen. Die neue       Stadtentwicklung
Einrichtung wird den Strukturwandel in allen vom Kohleausstieg betroffenen         20 Jahre Bundeswettbewerb
                                                                                   Stadtumbau Ost
Regionen durch ihre wissenschaftliche Expertise begleiten.
                                                                                   Produktive Stadt: ExWoSt-Projekt
                                                                                   untersucht Chancen und Risiken einer
Der Strukturwandel braucht die Bündelung aller Kräfte. Durch Forschung und
                                                                                   nutzungsgemischten Stadt
Beratung wird das Kompetenzzentrum die Kohleregionen dabei unterstützen,
gute Projekte und Ideen für eine nachhaltig wirkende regionale Entwicklung um­     Wohnen und Immobilien
zusetzen. Das betrifft vor allem Bereiche, die für die Raumplanung besonders       Mittelfristprognose der Baupreise
wichtig sind – etwa Wettbewerbsfähigkeit, Energiewende, Daseinsvorsorge, Sied­     Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte
lungs- und Landschaftsgestaltung, Klimawandel und Digitalisierung. Im Mittel­      und Zentren“: Ideen für die Innenstadtbelebung
punkt steht stets die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen vor Ort.    gesucht
                                                                                   Neues Projekt untersucht Datengrundlagen
Um gleichwertige Lebensverhältnisse und ein gutes Lebensumfeld in Stadt und        zur Festlegung der Mietenstufen im Wohngeld
Land geht es auch in der Pilotphase der Kleinstadtakademie. Kommunen erpro­
ben neue Wege, um sich zu Themen kleinstädtischer Entwicklung zu vernetzen,        Bauwesen
Wissen zu teilen und voneinander zu lernen. Erfahren Sie mehr über die Pilot­      Klimaneutraler Gebäudebestand
phase in diesem Heft.                                                              bis 2050?
                                                                                   Nutzerzentrierter Betrieb von Gebäuden
Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre!                                               Recycling von Baumaterialien:
                                                                                   Zirkuläres Bauen wird greifbar

Dr. Markus Eltges
Leiter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR Nr. 4/2021
2                                                   INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Raumentwicklung

Raumentwicklung

                              Pilotphase Kleinstadtakademie –
                              fünf neue Modellvorhaben gestartet

                              In gemeinsamen Forschungsprojekten ha­           Die folgenden fünf neuen Modellvorhaben
                              ben sich das Bundesministerium des Innern,       wurden von dem interdisziplinär besetzten
                              für Bau und Heimat (BMI) und das Bundes­         Beirat ausgewählt und haben Anfang 2021
                              institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung      ihre Arbeit aufgenommen:
                              (BBSR) in den letzten Jahren verstärkt der       1. Innenstadt (be)leben!: Zwönitz (Sach­
                              Stadtentwicklung in kleineren Städten und           sen), Demmin (Mecklenburg-Vorpom­
                              Gemeinden gewidmet. Innerhalb dieser                mern), Münnerstadt (Bayern), Bönen
                              Projekte entstand der Wunsch, aber auch der         (Nordrhein-Westfalen)
                              Bedarf nach einer Plattform für Kleinstädte      2. Kleine Städte. Große Vielfalt. Gute
                              in Form einer Kleinstadtakademie.                   Zukunft.: Seelow (Brandenburg), Bad
                                                                                  Soden-Salmünster (Hessen), Penkun
                              Die Akademie soll den Austausch und die             (Mecklenburg-Vorpommern), Stadtroda
                              Vernetzung fördern, das gemeinsame Ent­             (Thüringen)
                              wickeln und Lernen unterstützen, beraten         3. StadtLabor Kleinstadt – Kooperative
                              und wichtige Impulse für die Kleinstadt­            Entwicklung kleinstädtischer Transfor­
                              entwicklung vor Ort setzen. Übergreifen­            mationspfade im Themenfeld Digitale
                              des Ziel ist es, Handlungsempfehlungen zur          Arbeitswelten: Wittenberge (Branden­
                              Verstetigung der Kleinstadtakademie für             burg), Mölln (Schleswig-Holstein),
                              Bundespolitik und -verwaltung zu formulie­          Dießen am Ammersee (Bayern),
                              ren. Dazu sollen Kleinstadtverbünde in Mo­          Oestrich-­Winkel (Hessen), Dippoldis­
                              dellvorhaben möglichst viele Lösungs- und           walde (Sachsen)
                              Handlungsansätze für eine zukunftsfeste          4. Lokale Demokratie gestalten – Betei­
                              Kleinstadtentwicklung erarbeiten.                   li­gungspraxis zur Stadtentwicklung in
                                                                                  Kleinstädten: Eilenburg (Sachsen),
                              Die ExWoSt-Studie „Pilotphase Kleinstadt­           Osterburg (Altmark) (Sachsen-Anhalt),
                              akademie“ erforscht im Vorfeld geeignete            Großräschen (Brandenburg), Wurzen
                              Inhalte und Formate zur Unterstützung der           (Sachsen), Bad Berleburg (Nordrhein-
                              zukünftigen Stadtentwicklung von Klein­             Westfalen)
Kontakt:                      städten. Die Ergebnisse der Studie sollen in     5. Bündnis für Wohnen im ländlichen
Christoph Vennemann
                              die inhaltliche und strukturelle Ausgestal­         Raum – Neue Instrumente für die
Lars Porsche
Referat RS 7
                              tung der Kleinstadtakademie einfließen. Im          Stärkung der Ortsmitte kleiner Städte
Baukultur, Städtebaulicher    Projektaufruf 2020 waren alle Kleinstädte           und Gemeinden: Nieheim (Nordrhein-
Denkmalschutz                 in Deutschland aufgefordert, sich in einem          Westfalen), Marienmünster (Nordrhein-
christoph.vennemann           Konsortium von mindestens vier Kommu­               Westfalen), Drebkau (Brandenburg),
@bbr.bund.de                  nen deutschlandweit zu einem selbst ge­             Seehausen (Sachsen), Schieder-Schwalen­
lars.porsche@bbr.bund.de      wählten Thema zu finden und zu bewerben.            berg (Nordrhein-Westfalen), Vlotho
                                                                                  (Nordrhein-Westfalen)

                                                                               Jedes Modellvorhaben wird von einer ei­
                                                                               genen Projektagentur sowie einer wissen­
                                                                               schaftlichen Begleitung unterstützt. Die
                                                                               Projektlaufzeiten sind bis 2023 veranschlagt.

                                                                               Mit dem bereits 2020 gestarteten Modellvor­
                                                                               haben Reallabor Stadtentwicklung – Woh­
                                                                               nen gestalten im Wandel von Digitalisie­
                                                                               rung und Mobilität: Mücheln (Geiseltal)
                                                                               (Sachsen-Anhalt), Laucha an der Unstrut
                                                                               (Sachsen-Anhalt), Bad Lobenstein (Thürin­
                                                                               gen), Rodewisch (Sachsen) arbeiten nun sechs
                                                                               Modellvorhaben an aktuellen, spannenden
                                                                               Stadtentwicklungsthemen. Die durch Pro­
                                                                               jektaufrufe geförderten Modellvorhaben sol­
Die Stadt Wittenberge ist eine der teilnehmenden Kommunen in Brandenburg       len dabei die Kleinstadtakademie inhaltlich
Foto: Stadt Wittenberge                                                        und strukturell (weiter-)entwickeln.
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR Nr. 4/2021
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Raumentwicklung                                                           3

                                                                                                  Raumentwicklung

Internationale Bauausstellungen:
IBA-Netzwerk diskutiert über die Post-IBA-Phase

In Anbetracht des zunehmenden Interesses          turelle Verknappung der Ressourcen, Auf­
an Internationalen Bauausstellungen (IBA)         merksamkeit und Expertise fest. Diesem
als Experimentierfeld der Stadt- und Regio­       Umstand möchte sich die Qualitätsoffensive
nalentwicklung führt das Bundesbaumi­             künftig stärker stellen und erwägt eine be­
nisterium seit 2009 eine Qualitätsoffensive.      vorzugte Förderung über Bund und Länder-
Neben einem Expertenrat, der IBA-Prozesse         Programme einzelner IBA-Projekte, zur
kritisch begleitet und berät, ist ein zentraler   besseren Sichtbarmachung des Mehrwertes
Baustein der Offensive das IBA-Netzwerk.          von IBA als Katalysator für Exzellenz in der
Es dient der Kommunikation, dem Erfah­            Stadt- und Regionalentwicklung. Diskussio­
rungsaustausch und der Selbstreflexion.           nen des Netzwerkes lieferten erste Kriterien
                                                  für künftige Förderungen: Ein impulsgeben­
Mit der Einrichtung einer Kompetenzstelle         des IBA-Projekt ändert immer Bestehendes
im Referat RS 8 „Qualität im Städtebau, In­       und scheut dabei nicht, sich Schwierigkei-
vestive Projekte“ beteiligt sich das BBSR mit     ten zu stellen. Es stellt einen Beitrag zum
seiner Fachexpertise verstärkt am lernenden       Instrumentenkasten, insbesondere weil es
System des IBA-Netzwerkes. Im Kontext der         transversal angelegt ist, sowohl räumlich als
Finissage der IBA Basel 2020 bot ein digi­        auch in der Erstellung von Querverbindung
tales Netzwerktreffen am 4. Juni 2021 die         zwischen Agierenden, Themen oder Finan­
Möglichkeit, konkrete Aspekte des Nachlas­        zierungen. Der gesetzte Impuls muss jedoch
ses einer IBA zu diskutieren.                     allgemein praktikabel bleiben.
                                                                                                   Kontakt:
Mit ihrem Motto „Gemeinsam über Gren­             Beide Themenkomplexe werden die Arbei­           Dr. Bérénice Preller
zen wachsen" hat die IBA Basel über kon­          ten der IBA-Kompetenzstelle des BBSR in          Lars-Christian Uhlig
krete Projekte eine gemeinsame, grenz­            der nächsten Zeit prägen. Aufgeworfene Fra­      IBA Kompetenzstelle
                                                                                                   Referat RS 8
übergreifende räumliche Entwicklung               gestellungen sollen über Forschungsvorha­
                                                                                                   Qualität im Städtebau,
im Dreiländereck Schweiz, Deutschland,            ben weiter vertieft werden, um Lernprozesse      Investive Projekte
Frankreich angestoßen und illustriert die         aus IBA hervorzuheben und im Kontext des         berenice.preller@bbr.bund.de
Notwendigkeit, das Erreichte über die IBA-        Expertenrates kritisch zu diskutieren und zu     lars-christian.uhlig@bbr.bund.de
Laufzeit hinaus fortzuführen und weiterzu­        bewerten. So können diese Themen in den
denken. Drei weitere Internationale Bauaus­       IBA-Qualitätsdiskurs aufgenommen und             Weitere Informationen:
stellungen finden bis 2022 ihren Abschluss        langfristig in die Begleitung und Beratung       www.internationale-
und sehen sich dem Paradoxon konfrontiert,        der IBA überführt werden.                        bauausstellungen.de
einen „Ausnahmezustand auf Zeit“ nach
mehreren Jahren konzentrierter Arbeit ab­
zuschließen und zugleich eine Kontinuität
zur Überführung des Erreichten in die All­
tagspraxis sowie in Fachdiskurse zu sichern.

Diskussionen des Netzwerktreffens liefer­
ten hierzu zwei Erkenntnisse: Zwischen
den IBA-Beteiligten sind frühzeitig indi­
viduell tragfähige „Geschäftsgrundlagen“
für eine weiterführende Arbeit der Inhalte
und laufenden Projekte abzustimmen. Da­
ran anknüpfend ist die Diffusion der Inhal­
te sicherzustellen. Im Wesentlichen sollte
zwischen einer Analyse des Erreichten, die
schon im Abschlussjahr durch IBA-Mitwir­
kende erfolgt, und einer externen, systemati­
schen und zeitlich versetzten Wirkungsana­
lyse unterschieden werden.
                                                                                                   Schlussausstellung IBA Basel
In Anbetracht der Vielzahl parallel beste­                                                         Expo 2020, Vitra Campus,
hender IBA stellte der Expertenrat oft eine                                                        Weil am Rhein
Themenüberschneidung sowie eine struk­                                                             Foto: Lars-Christian Uhlig, BBSR
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR Nr. 4/2021
4                                                              INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Stadtentwicklung

Stadtentwicklung

                           20 Jahre Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost

                           Eine aktuelle Analyse des BBSR zeichnet die                      Insgesamt reichten 259 Kommunen und
                           Entwicklung der Fördergebiete nach, die im                       zehn Berliner Stadtteilgebiete jeweils ein
                           Jahr 2002 als Gewinner eines ersten Preises                      integriertes Stadtentwicklungskonzept mit
                           aus dem Bundeswettbewerb „Stadtumbau                             bis zu zwei Stadtteilkonzepten ein, die die
                           Ost – für lebenswerte Städte und attrakti­                       identifizierten Probleme vor Ort offenlegten
                           ves Wohnen“ hervorgingen, und ordnet sie                         und darauf aufbauende Stadtumbaustrate­
                           in den Kontext des Stadtumbauprogramms                           gien ausführten. Den ersten Preis erhielten
                           ein. Mit dem Städtebauförderprogramm                             zehn Kommunen mit insgesamt 18 Stadt­
                           Stadtumbau Ost reagierten Bund und Län­                          teilkonzepten. Die Aufnahme der auf dieser
                           der auf einen hohen Wohnungsleerstand in                         Grundlage konzipierten Gesamtmaßnah­
                           den neuen Ländern. Ziel des Wettbewerbs                          men in das Bundesprogramm erfolgte über­
                           war es, das Erstellen integrierter Stadtent­                     wiegend bis spätestens 2004, in einem Fall
                           wicklungskonzepte in den Fördergebieten                          erst im Jahr 2012.
                           zu unterstützen. Die Untersuchung beant­
                           wortet die folgenden Fragen:                                     Die Analyse zeigt, dass sich die Gebiete
                                                                                            mehrheitlich analog der für das Gesamt­
Kontakt:                       Ist es gelungen, die Erstellung integrierter                 programm festzustellenden Tendenzen ent­
Kathrin Schultheis             Stadtentwicklungskonzepte zu beschleu­                       wickelt haben. Zu Beginn setzten vor allem
Referat RS 4                   nigen?                                                       der Bevölkerungsrückgang sowie ein dar­
Städtebauförderung,            Wie gingen die Kommunen mit sich vor                         aus resultierender Angebotsüberhang von
Soziale Stadtentwicklung
                               Ort verändernden Rahmenbedingungen                           Wohn­immobilien den Rahmen der Gesamt­
kirsikathrin.schultheis
@bbr.bund.de
                               bei der Festlegung der Fördergebiete um?                     maßnahmen. Der Handlungsschwerpunkt
                               Waren die eingeleiteten Rückbaumaßnah­                       lag deshalb zunächst auf dem Rückbau dau­
Weitere Informationen:         men geeignet, um den Wohnungsleer­                           erhaft leerstehender Wohnungen. Obwohl
www.bbsr.bund.de               stand zu vermindern?                                         sich der Wohnungsleerstand im Zeitver­
> Veröffentlichungen           Welche Lehren lassen sich für das Gesamt­                    lauf deutlich verringerte, besteht weiterhin
> BBSR-Analysen KOMPAKT       programm ziehen? Welche weiteren For­                        Handlungsbedarf. Dieser umfasst vor allem
  12/2021                      schungsfragen ergeben sich?                                  Aufwertungsmaßnahmen und die Qualifi­
                                                                                            zierung von Bestandsimmobilien.
                           Gewinner des Bundeswettbewerbs
                           Stadtumbau Ost 2002 (1. Preis)                                   Unter Berücksichtigung aller Mittel von
                                                                                            Bund, Ländern und Kommunen zeigte sich
                                                                                            bereits 2004 ein relativ ausgeglichenes Ver­
                                                                                            hältnis der Finanzvolumina zwischen Rück­
                                                                                            bau- und Aufwertungsmaßnahmen. Eine
                                                   Schwerin                                 ähnliche Entwicklung vollzog auch das Bun­
                                                                                            desprogramm, das im Zeitverlauf zudem
                                                                                            um die Programmbereiche „Rückführung
                                                        Wittenberge         Schwedt/        der städtischen Infrastruktur“ sowie „Sanie­
                                                                               Oder
                                                                                            rung, Sicherung und Erwerb von Altbauten“
                                                                               Berlin       ergänzt wurde.

                                                                                            Für die Untersuchung war es wichtig, Ent­
                                                                                            wicklungen im Zeitverlauf abbilden zu kön­
                                                  Gräfenhainichen                           nen. Dies war nur für einen Teil der Förder­
                                               Sangerhausen                   Gröditz       gebiete möglich, da in den meisten Fällen die
                                                    Roßleben                                räumliche Abgrenzung des Fördergebiets
                                 Leinefelde-                                                verändert wurde. Mit den Anpassungen re­
                                 Worbis
                                                                                            agieren die Kommunen auf sich ändernde
                                                                                            Rahmenbedingungen und Handlungsbe­
                                                                Plauen                      darfe. Häufig gehen Zielanpassungen oder
                                                                                            die Konzeption neuer Einzelmaßnahmen
                                                                                            mit ihnen einher. Ob und in welchem Aus­
                                100 km                                   © BBSR Bonn 2021   maß dies auf das Gesamtprogramm zutrifft
                           Datenbasis: Städtebauförderungsdatenbank des BBSR
                           Geometrische Grundlage: Länder (generalisiert),
                                                                                            und wie sich dies auswirkt, ist noch genauer
                           31.12.2019 © GeoBasis-DE/BKG                                     zu untersuchen.
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Stadtentwicklung                                                5

                                                                                             Stadtentwicklung
Produktive Stadt: ExWoSt-Projekt untersucht
Chancen und Risiken einer nutzungsgemischten Stadt

Nach Jahren der Trennung von Wohnen und        Produktive Stadt ist ortsspezifisch unter­
Arbeiten geriet die Produktion in der Stadt    schiedlichen Dynamiken unterworfen und
zunehmend aus dem Blickfeld und wurde          manifestiert sich folglich in vielfältigen
vielfach aus den Städten ausgelagert. Ange­    Erscheinungsformen und Produktions­
stoßen durch veränderte Produktionsweisen      standorten. Der mit diesen Ansätzen ein­
und neue Möglichkeiten der Nutzungsmi­         hergehende Bedeutungsgewinn materiel­
schung wird aktuell wieder intensiv über       ler Produktion in der Stadt (material turn)
die produktive Stadt diskutiert. Sowohl in     stärkt das Bewusstsein für lokale Produk­
der Neuen-Leipzig Charta als auch im in­       tionsweisen, Stoffkreisläufe und Wertschöp­
ternationalen Dialog wird die Produktion       fungsketten. Im Sinne dieser produktiven
als Grundlage für die nachhaltige Stadtent­    Stadt ist die urbane, materielle Produktion
wicklung wiederentdeckt.                       in der direkten Nähe von Wohnstandorten
                                               ein wichtiger Bestandteil. Produktive Stadt
Hier setzt das ExWoSt-Vorhaben „Neue Räu­      umfasst aber nicht nur urbane Produktion,
me für die produktive Stadt“ an. Es nimmt      sondern darüber hinaus die funktionale Mi­
die Entwicklung der urbanen Produktion         schung in der gesamten Breite einer Stadt.
bundesweit in den Blick, analysiert Chan­
cen und Risiken für die nutzungsgemischte      Politik, Verwaltungen, Wirtschaft und Zi­
Stadt und zielt darauf ab, die Bedeutung und   vilgesellschaft sind noch nicht auf diese
Steuerungsmöglichkeiten für die Stadtent­      neue (alte) Mischung eingestellt. Eine er­
wicklungsplanung aufzuzeigen. Das Projekt      folgreiche, ortsspezifische Etablierung der
ist Teil des BBSR-Forschungsclusters „Städ­    produktiven Stadt muss daher ein breites
tische Arbeitswelten im Wandel“ und wird       Spektrum unterschiedlicher Akteure ein­        Kontakt:
durch die Westfälische Hochschule Gelsen­      beziehen, unter anderem im Rahmen von          Dr. Katharina Hackenberg
kirchen, Bocholt, Recklinghausen/Institut      Experimentierräumen, strategischen Kon­        Dr. Andrea Jonas
Arbeit und Technik (IAT), das Labor für        zepten und ggf. einer Weiterentwicklung des    Referat RS 2
urbane Orte und Prozesse, die Hochschule       Planungsrechts.                                Stadtentwicklung
                                                                                              katharina.hackenberg
Bochum und das Institut für Arbeitsmarkt-
                                                                                              @bbr.bund.de
und Berufsforschung (IAB) umgesetzt.           Im weiteren Projektverlauf erfolgt eine em­    andrea.jonas@bbr.bund.de
                                               pirische Analyse der urbanen Produktion.
Zunächst wurde aufbauend auf Literatur­        Vorgesehen dazu ist die Auswertung statis­     Weitere Informationen:
auswertungen und einem interdisziplinär        tischer Daten, eine Kommunalbefragung          www.bbsr.bund.de
besetzten Fachworkshop die folgende De­        sowie Werkstätten mit Teilnehmenden            > Forschung
finition des Begriffes „produktive Stadt“      aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und        > Forschungsprojekte
erarbeitet:                                    Forschung.                                     > ExWoSt

Die Idee der „produktiven Stadt“ hat zum
Ziel, inklusive und resiliente Städte durch
die Etablierung und Sicherung nutzungs­
gemischter Strukturen unter Einbeziehung
von Produktion zu schaffen.

Dies erfordert die Aufhebung der Funk­
tionstrennung und eine Anpassung der
bestehenden funktionalen und räumli­
chen Organisation von Produktion in der
Stadt. Zu berücksichtigen sind dazu diver­
se Produk­ tionsstandorte sowohl für die
Gesamtstadt als auch für deren Teilräume.
Ausgangspunkt hierfür sind eine sich wan­
delnde sozioökonomische Basis der Städte,
ökologische Herausforderungen, neue Ar­
beits- und Produktionsformen sowie daraus
resultierend veränderte Standortansprüche     Schreinerei/Drechslerei in Herne
und Flächenbedarfe von Produktion.             Foto: Kerstin Meyer
6                                                                 INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Wohnen und Immobilien

Wohnen und Immobilien

                                            Mittelfristprognose der Baupreise

                                            Die dynamische Entwicklung der Baupreise                                                   ten stärker vom technischen Fortschritt
                                            steht zunehmend im Fokus der öffentlichen                                                  profitieren, insbesondere bei elektronischen
                                            Aufmerksamkeit. Stagnierende oder nur                                                      Bauteilen.
                                            leicht ansteigende Baukosten könnten die
                                            Schaffung von bezahlbarem Wohnraum un­                                                     Der Produktivitätsfortschritt bei Bauleis­
                                            terstützen. In den zurückliegenden Jahren                                                  tungen ist hingegen vergleichsweise gering,
                                            sind die Baupreise jedoch deutlich gestiegen.                                              zudem werden diese überwiegend lokal pro­
                                            2018 und 2019 zogen die Preise für Bauleis­                                                duziert. Die Bauunternehmen können diese
                                            tungen um jeweils 4,5 % gegenüber dem                                                      geringeren Effizienzvorteile auch nicht mit
                                            Vorjahr an. Die schon seit Jahren sehr hohe                                                niedrigeren Personalkosten kompensieren:
                                            Kapazitätsauslastung im Baugewerbe und                                                     Bei Lohnanstiegen am Bau auf gesamtwirt­
                                            der kräftige Anstieg der Baupreise lassen                                                  schaftlichem Niveau müssen unter diesen
                                            befürchten, dass sich die starke Erhöhung                                                  Bedingungen Bauten gegenüber anderen
                                            der Preise für Bauleistungen spätestens nach                                               Gütern und Dienstleistungen teurer werden.
                                            Überwindung der Pandemie fortsetzt. Zu­                                                    Innerhalb der verschiedenen Gewerke des
                                            dem sorgt die angespannte Liefersituation                                                  Baugewerbes zeigen sich hierbei signifikan­
Kontakt:                                    bestimmter Baumaterialien für steigende                                                    te Unterschiede. Je nach unterschiedlichem
Stefan Rein                                 Beschaffungspreise.                                                                        Mechanisierungs- und Automatisierungs­
Referat WB 13                                                                                                                          grad der Produktion ergeben sich preiswirk­
Wohnungs- und Immobilien-
                                            Im langjährigen Mittel sind die Preise für                                                 same Produktivitätsdifferenzen.
wirtschaft, Bauwirtschaft
stefan.rein@bbr.bund.de
                                            Bauten stärker gestiegen als das gesamtwirt­
                                            schaftliche Preisniveau. Auch der Verbrau­                                                 Derzeit werden von verschiedenen Wirt­
Weitere Informationen:                      cherpreisindex hat im Vergleich weniger                                                    schaftsforschungsinstituten Prognosen der
www.bbsr.bund.de                            stark zugelegt. Ausrüstungsgüter konnten                                                   Entwicklung der Baupreise erstellt. Diese be­
> Veröffentlichungen                        einen Rückgang ihrer relativen Preise in Be­                                               trachten allerdings in der Regel nur die kur­
> BBSR-Online-Publikation                   zug zu den Baupreisen verzeichnen. Diese                                                   ze Frist. Mittelfristige Prognosen, die über
  10/2021                                   international gehandelten Produkte konn­                                                   die Entwicklung im Folgejahr hinausgehen,
                                                                                                                                       liegen bislang nicht vor. Das BBSR hat daher
                                                                                                                                       erstmals ein Modell zur weiteren Entwick­
Deflatoren der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Vergleich 1950 bis 2019                                                           lung der Baupreise erarbeiten lassen. Der
                                         Niveau (2015=100)                                           125
                                                                                                                                       Prognosehorizont betrifft den Zeitraum der
                                                                                                                                       Jahre 2021 bis 2025.
                                                                                                     100
                                                                                                                                       Wesentliche Determinanten des Modells
                                                                                                           Index 2015 = 100

                                                                                                     75                                sind die Lohnstückkosten, die Kapazitäts­
                                                                                                                                       auslastung sowie die internationalen Roh­
                                                                                                     50
                                                                                                                                       stoffpreise. Diese Faktoren bestimmen die
                                                                           Bauten
                                                                           Ausrüstungen                                                Grenzkosten der Produktion im Baugewer­
                                                                                                     25
                                                                           Konsumausgaben                                              be. Daneben werden das gesamtwirtschaftli­
                                                                           Bruttoinlandsprodukt
                                                                                                      0                                che Umfeld und die Erwartungen künftiger
 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015                                                                 Preisänderungen berücksichtigt. Die Unter­
                         Veränderung gegenüber dem Vorjahr (Prozent)                                 20
                                                                                                                                       suchung zeigt, dass die Baupreise im Rah­
                                                                                                                                       men eines leistungsfähigen Modells auch
                                                                                                                                       für eine mittlere Frist prognostiziert werden
                                                                                                           Änderungsraten in Prozent

                                                                                                     15
                                                                                                                                       können. Der Standardfehler bleibt im tole­
                                                                                                     10                                rierbaren Rahmen.
                                                                                                      5
                                                                                                                                       Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der
                                                                                                                                       mittelfristige Anstieg der Baupreise unter
                                                                                                      0
                                                                                                                                       der gesamtwirtschaftlichen Inflation liegen
                                                                                                      –5                               wird. Allerdings spiegelt sich die aktuelle
 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015                                                                 Entwicklung bei der Materialverfügbar­
Anmerkungen: Daten bis 1990 für das frühere Bundesgebiet; vor 1960 ohne Saarland und Berlin (West)                                     keit noch nicht im Modell wider. Das BBSR
Quelle: Statistisches Bundesamt; Berechnungen von Kiel Economics                                                                       strebt an, diesen Untersuchungsansatz zu
Research & Forecasting GmbH & Co.KG, Kiel                                                                                              validieren und fortzuführen.
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Wohnen und Immobilien                                                                                         7

                                                                                                            Wohnen und Immobilien

Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“:
Ideen für die Innenstadtbelebung gesucht

Städte und Gemeinden sind aufgerufen, bis       setzen gilt. Eine Umorientierung hin zu neu­
zum 17. September 2021 Projektvorschläge        en, multifunktionalen Angeboten eröffnet
für das Bundesprogramm „Zukunftsfähige          neue Möglichkeiten für Zentren, sich weiter­
Innenstädte und Zentren“ beim BBSR ein­         zuentwickeln. Insbesondere die Einbindung
zureichen. Gefördert wird die Erarbeitung       unterschiedlicher Akteure ist entscheidend,
innovativer Konzepte und Handlungsstra­         um zentrale Lagen wiederzubeleben.
tegien sowie deren Umsetzung; bis 2025
werden hierfür 250 Mio. Euro bereitgestellt.    Neben der Konzept- und Strategieentwick­
Ziel ist es, Städte und Gemeinden bei der       lung können die ausgewählten Kommunen
Bewältigung akuter und auch struktureller       auch mit konkreten Einzelmaßnahmen zur
Problemlagen zu unterstützen.                   Stärkung und Entwicklung der Innenstäd­                                         Kontakt:
                                                te bzw. Zentren unterstützt werden. Dazu                                        Verena Lihs
Viele Städte und Gemeinden sind von tief­       gehören beispielsweise Zwischen- und Um­                                        Mathias Metzmacher
                                                                                                                                Referat WB 12
greifenden Veränderungen in ihren Innen­        nutzungen leerstehender Gebäude, die Ge­
                                                                                                                                Wohnen und Gesellschaft
städten, Stadt- bzw. Ortsteilzentren und        staltung von Freiräumen oder das Ansiedeln                                      verena.lihs@bbr.bund.de
Ortskernen betroffen. Das gilt vor allem für    neuer Funktionen wie Bildung, Kultur und                                        mathias.metzmacher
den anhaltenden Strukturwandel im Einzel­       Wohnen. Das BBSR begleitet die Kommunen                                         @bbr.bund.de
handel. Neben zahlreichen Herausforderun­       bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer
gen bietet der anstehende Transformations­      Projektideen und stärkt den Wissenstransfer                                     Weitere Informationen:
prozess aber auch vielfältige Chancen, die es   zwischen den Städten und Gemeinden, auch                                        www.bbsr.bund.de/
zu erkennen und in guten Lösungen umzu­         über die beteiligten Förderprojekte hinaus.                                     innenstadtprogramm

Neues Projekt untersucht Datengrundlagen
                                                                                                                                Kontakt:
zur Festlegung der Mietenstufen im Wohngeld                                                                                     Nina Oettgen
                                                                                                                                Monique Haake
                                                                                                                                Referat WB12
Die Höhe des Wohngeldes für einkommens­         eine Kombination aus Daten der Wohngeld­                                        Wohnen und Gesellschaft
schwächere Haushalte richtet sich unter an­     statistik und weiteren amtlichen oder nicht-                                    nina.oettgen@bbr.bund.de
derem nach sieben Mietenstufen, denen die       amtlichen Datengrundlagen.                                                      monique.haake@bbr.bund.de
Gemeinden je nach örtlichem Mietenniveau
zugeordnet werden. Dadurch können in hö­                                  19,00
herpreisigen Gemeinden höhere Wohnkos­                                    18,00
ten bei der Wohngeldberechnung berück­                                    17,00
sichtigt werden.                                                          16,00
                                                                          15,00
Das örtliche Mietenniveau basiert auf den                                 14,00
in der Wohngeldstatistik erhobenen Mie­                                   13,00
                                                Bruttokaltmiete in €/m2

ten. Diese Mietdaten spiegeln das regionale                               12,00
Mietpreisniveau für die Gemeinden größ­                                   11,00
                                                                                                                                                            10,11
tenteils zutreffend wider. Insbesondere in                                10,00
                                                                                                                                              9,31
angespannten Wohnungsmärkten stellt sich                                   9,00                                                8,66
                                                                                                                 7,93
jedoch die Frage, ob Angebots- oder Neu­                                   8,00
                                                                                                  7,16
vertragsmieten stärker bei der Festlegung                                  7,00          6,45
                                                                                  5,71
der Mietenstufen berücksichtigt werden                                     6,00
                                                                           5,00
können. Auch angesichts der begrenzten
                                                                           4,00
Zahl der Wohngeldhaushalte (rund 500.000
                                                                           3,00
Haushalte Ende 2019) erscheint eine Über­
prüfung der Wohngeldstatistik als alleinige                                        I      II       III            IV            V              VI           VII
                                                                                                            Mietenstufe
Datengrundlage sinnvoll. In einer vom BBSR           Anmerkung: Im Boxplot-Diagramm sind der Median als Querstrich (mit Wert), das 25 %- und das 75 %-Perzentil als
beauftragten Studie werden daher seit Janu­          untere und obere Begrenzung der Box sowie der 1,5-fache Interquartilsabstand als Spannweite der Arme dargestellt.

ar 2021 Empfehlungen zur Verbesserung der       Bruttokaltmiete der reinen Wohngeldhaushalte (Hauptmieter) nach Mietenstufen
Datenbasis erarbeitet, beispielsweise durch     Quelle: BBSR 2021, Wohngeldstatistik 2019
8                                                        INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Bauwesen

Bauwesen

                             Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050?

                             Bis zum Jahr 2050 strebt die Bundesregie­       Im Trendszenario besteht zur Zielerreichung
                             rung einen klimaneutralen Gebäudebestand        im Jahr 2030 eine Ziellücke von rund 18 Mio.
                             in Deutschland an. Ziel ist, den Ausstoß kli­   Tonnen CO₂e (21 Mio. Tonnen CO₂e in Be­
                             maschädlicher Treibhausgase im Gebäude­         zug auf das Sektorziel im novellierten KSG).
                             bereich vollständig zu vermeiden. Welche        Die THG-Emissionen des Gebäudesektors
                             Entwicklungen hierfür notwendig sind, un­       betragen im Jahr 2030 rund 88 Mio. Tonnen
                             tersucht derzeit die vom BBSR beauftragte       CO₂e. Bis 2050 können jedoch mit den beste­
                             und vom Institut für Ressourceneffizienz        henden Maßnahmen sehr hohe Einsparun­
                             und Energiestrategien IREES und Fraun­          gen realisiert werden: Im Jahr 2050 betragen
                             hofer ISE durchgeführte Studie „Wege zur        die THG-Emissionen des Gebäudesektors
                             Erreichung eines klimaneutralen Gebäude­        nur noch 19 Mio. Tonnen CO₂e, ein Rück­
                             bestandes 2050“.                                gang von rund 91 % gegenüber 1990. Ursa­
                                                                             che für diese zunehmende Dynamik ist ins­
                             Hierbei wurden simulationsgestützt ein          besondere die Erhöhung der Energiepreise
                             Trendszenario sowie ein Zielszenario ent­       im Zuge der CO₂-Bepreisung. Die mittlere
                             wickelt und gegenübergestellt. Das Trend­       Sanierungsrate beträgt im Trendszenario
                             szenario bildet ab, wie sich die Treibhaus­     bis 2030 1,52 % und im Zeitraum von 2030
                             gasemissionen (kurz: THG-Emissionen) des        bis 2050 2,47 %. Zur Elektrifizierung der
                             Gebäudesektors unter Beibehaltung des ak­       Wärmebereitstellung werden bis 2050 rund
                             tuellen Rechts- und Förderrahmens entwi­        6,9 Millionen Wärmepumpen installiert.
                             ckeln. Unter der Annahme eines verschärf­
                             ten Klimaziels werden im Zielszenario die       Im Zielszenario betragen die THG-Emissio­
                             energiebedingten Emissionen der Sektoren        nen des Gebäudesektors im Jahr 2030 nur
                             Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr und         noch 52 Mio. Tonnen CO₂e, was eine Über­
                             Industrie um 65 % bis 2030 gegenüber 1990       erfüllung um 18 Mio. Tonnen CO2e bedeu­
                             und um 100 % bis 2050 in einer kostenop­        tet (15 Mio. Tonnen CO₂e in Bezug auf das
                             timalen Betrachtung des Gesamtsystems           Sektorziel im novellierten KSG). Die Ziel­
                             reduziert. Die Zielanpassung mit der No­        erreichung wird insbesondere durch eine
                             vellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes       konsequente Umstellung auf erneuerbare
                             (KSG) war zum Zeitpunkt der Szenariener­        Wärmeversorgung und Wärmenetze beim
                             stellung noch nicht erfolgt und blieb deshalb   Heizungstausch erreicht. So vollzieht sich
                             unberücksichtigt. Gemäß novelliertem KSG        die Wärmewende mit rund 5,6 Mio. instal­
                             soll die THG-Neutralität bereits im Jahr        lierten Wärmepumpen bis 2030 und 19 Mio.
                             2045 erreicht werden, die zulässige Jahres­     bis 2050 rechtzeitig und in ausreichender
                             emissionsmenge für den Gebäudesektor im         Ausprägung. Die Sanierungsrate liegt bis
                             Jahr 2030 wurde um 3 Mio. Tonnen CO₂e           2030 bei 1,60 % und von 2030 bis 2050 bei
                             (CO₂ Äquivalente) auf 67 Mio. Tonnen CO₂e       1,25 %. Im kostenoptimalen Pfad des Ziel­
                             abgesenkt.                                      szenarios wird auf ambitionierte Sanierun­
                                                                             gen sowie auf den Einsatz von synthetischem
                             Ergebnisse aus der Gegenüberstellung            Gas zur Wärmebereitstellung weitestgehend
                             der Szenarien                                   verzichtet. Dabei wird jedoch betont, dass
                                                                             die Sanierungstiefe zur Energieeinsparung
                             In beiden Szenarien zeigt sich eine deutliche   beiträgt und hierdurch auch die Sensibili­
                             Steigerung der Sanierungsaktivität sowie        tät des Gebäudebestands auf sich ändernde
                             eine Wärmewende in der Versorgungstech­         Rahmenbedingungen reduziert wird (bei­
                             nik von der gas- und ölbasierten hin zur        spielsweise stockender Ausbau der Erneuer­
Kontakt:
Nicolai Domann               strombasierten Wärmebereitstellung. Un­         baren Energien, Anstieg der Energiepreise).
Referat WB 2                 terschiede bestehen aber bei der Ausprägung
Energieeinsparung,           und dem zeitlichen Verlauf der Sanierungs­      Gleichzeitig kann ein klimaneutraler Ge­
Klimaschutz                  aktivität sowie des Energieträgerwechsels       bäudebestand nur bei einem massiven Aus­
nicolai.domann@bbr.bund.de   (siehe Abbildung).                              bau der erneuerbaren Energien in Deutsch­
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Bauwesen                                                                                                 9

                                                                                                                                               Bauwesen

land erreicht werden. Bis 2050 steigt die                                 schnellen und fundamentalen Wandel bei
prognostizierte Stromerzeugung auf ca.                                    der Neuinstallation von Wärmeerzeugern
1.500 TWh/a an, wovon 93 % durch Wind                                     (strombasiert anstatt gasbasiert) sowie der
Onshore, Wind Offshore und Photovoltaik                                   Dekarbonisierung und dem Ausbau der
gedeckt werden.                                                           Wärmenetze liegt. Dies muss begleitet wer­
                                                                          den durch vermehrte Sanierungsmaßnah­
Im Vergleich beider Szenarien zeigt sich,                                 men, welche insbesondere Niedertempera­
dass der Schlüssel zur Zielerreichung eines                               turverteilsysteme in Gebäuden ermöglichen.
klimaneutralen Gebäudebestands in einem

                                Trendszenario                       Zielszenario                   Trendszenario                        Zielszenario

                            €                     §                                                €                  §
Treiber

                          Förderung      Ordnungsrecht                                         Förderung      Ordnungsrecht

                                                                      –65 %                                                               –100 %
                       Hemmnisse und           60                                            Hemmnisse und       195
                     Entscheidungskalküle     EUR/t                                        Entscheidungskalküle EUR/t
Sanierungsak�vität

                                                                                              2,47
                                       Ambi�oniert                                                         Ambi�oniert
                                                             1,60                                          Moderat ambi�oniert
                                       Moderat ambi�oniert               Moderat                                                              Moderat
                         1,52                                            ambi�oniert                                                          ambi�oniert
                                                                         bis ambi�oniert                                         1,25         bis ambi�oniert
                                       Standard                                                            Standard

                                       Instandhaltung                    Instandhaltung                    Instandhaltung                     Instandhaltung
Zubau Wärmesysteme

                                      1,2                                                                      6 Mio.
                                                                                                5 Mio.
                                      Mio.                              5 Mio.                                                              13 Mio.
                          0,9
                          Mio.
                                                                2
                                   4,5 Mio.                                                                7 Mio.
                                                               Mio.
                                                                                                                                   2 Mio.
THG-Emissionen

                                  88 Mio.                           52 Mio.                              19 Mio.
                                  Tonnen                            Tonnen                               Tonnen

                                                     2020–2030                                                        2031–2050

                                                             Wärmepumpen              Wärmenetze            Gaskessel

Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050: Trendszenario und Zielszenario im Vergleich                                               Quelle: IREES und Fraunhofer ISE
10                                                                                     INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Bauwesen

Bauwesen

                                               Nutzerzentrierter Betrieb von Gebäuden

                                               Das BBSR beschäftigt sich im Rahmen seiner                         zur Optimierung der Effizienz von Gebäu­
                                               Eigen- und Vorlaufforschung auch mit Kon­                          den, welche die Nutzer-Technik-Wechsel­
                                               zepten eines nutzerzentrierten Betriebs von                        wirkung stärker in den Fokus rücken: Zum
                                               Gebäuden. Solche Konzepte berücksichtigen                          einen die nutzerzentrierte Betriebsführung
                                               verstärkt die Interaktion zwischen Mensch                          von Gebäuden, die auch Corona-bedingte
                                               und Technik und bieten so das Potenzial,                           Veränderungen der Arbeitswelt thematisier­
                                               sowohl die Zufriedenheit der Nutzerinnen                           te. Zum anderen Lowtech-Konzepte, die auf
                                               und Nutzer in einem Gebäude zu erhöhen                             einen reduzierten Einsatz möglichst robus­
                                               als auch die Betriebskosten und die Umwelt­                        ter und nutzerfreundlicher Technologien
                                               wirkung von Gebäuden zu reduzieren.                                setzen. Ein Zwischenfazit der Veranstaltung
                                                                                                                  ist, dass der häufig prototypische Charakter
                                               Anlässlich des geplanten Testlaufs der Nut­                        von anlagen-, steuerungs- und automatisie­
                                               zerzentrierten Betriebsführung und der zu­                         rungstechnischen Komponenten im Gebäu­
                                               gehörigen browserbasierten Datenplattform                          debereich immer wieder zu Problemen im
                                               „ComfortLab“ hat das BBSR zusammen mit                             Gebäudebetrieb führt, die nur mit großem
Kontakt:                                       dem BMU am 7. Juni 2021 einen digitalen                            Aufwand zu lösen sind. Darüber hinaus
Jörg Lammers                                   Wissensaustausch verschiedener themen­                             zeigt sich immer mehr, dass „lowtech“ vor­
Referat WB 7                                   verwandter Projekte und Forschungsvorha­                           rangig als Strategie denn als ein definierter
Energieoptimiertes Bauen                       ben durchgeführt. Das Treffen erörterte in                         Zustand zu verstehen ist.
joerg.lammers@bbr.bund.de                      zwei Sessions unterschiedliche Strategien

                                               Recycling von Baumaterialien: Zirkuläres Bauen wird greifbar

                                               Beim zirkulären Bauen werden die verwen­                           Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen
                                               deten Baumaterialien am Nutzungsende                               (BNB) überarbeitet. Zukünftig sollen Pla­
                                               dem Recyclingkreislauf zugeführt und wie­                          nende Materialkombinationen für Bautei­
                                               derverwertet. Die Qualitätsanforderungen                           le so auswählen können, dass Gebäude am
                                               zum zirkulären Bauen bei Bundesgebäuden                            Nutzungsende maximal verwertet werden.
                                               werden derzeit mit neuen Materialeinstu­                           Sowohl Erfahrungen aus der bisherigen An­
                                               fungen hinsichtlich der Verwertungswege                            wendung als auch aktuelle Erkenntnisse im
Kontakt:
                                               unterlegt, um die Auswahl geeigneter Mate­                         zirkulären Bauen legten eine Aktualisierung
Laura Kosse
Claus Asam                                     rialien zu erleichtern.                                            des bereits seit 2010 existierenden BNB-
Referat WB 6                                                                                                      Kriteriums nahe. Die Vorarbeiten für die
Bauen und Umwelt                               In diesem Zusammenhang wird im Auf­                                neue Bewertungssystematik endeten 2020,
laura.kosse@bbr.bund.de                        trag des BBSR der Kriteriensteckbrief 4.1.4                        der neue Steckbrief soll bis zum Jahresende
claus.asam@bbr.bund.de                         für Rückbau, Trennung, Verwertung des                              vorliegen. Die Abbildung zeigt die geplante
                                                                                                                  Materialeinstufung. Darüber hinaus benö­
Effizienzklasse       A+++          A++           A+             A            B            C            D         tigen Planerinnen und Planer zusätzliche
                   Bauprodukt    RC-Baustoff                                Abfall                                Materialkenntnisse, um mögliche Wieder­
                  Vorbereitung
                                                                          Sonstige
                                                                                                                  verwertungswege bewerten zu können.
                   zur Wieder-                 Recycling                                     Deponierung
                  verwendung                                             Verwertung

                                                                RC-          SV          DEP+         DEP-
                                                                                                                  Diese Lücke schließt das Online-Baustoff­
                                                            Werkstoff- Z.B. Verfüll- Deponierung Deponierung      informationssystem WECOBIS, indem es
                                                             liche Ver-   ungen        ohne Auf-   mit Auf-
                                                             wertung                  bereitungs- bereitungs-     in den Planungs- und Ausschreibungshilfen
                                                              mit Auf-                 aufwand     aufwand
                     ReUse       Closed Loop     RC+
                                                            bereitungs-                                           Informationen zum zirkulären Bauen gibt.
 Kategorien           Wieder-   Geschlossene Werkstoff-
                  verwendungs- Kreisläufe        liche
                                                             aufwand                                              So wird beispielsweise für textile Bodenbe­
                    fähige Bau- Rohstoffliche Verwertung
                   konstruktion Verwertung ohne Auf-
                                                                               Verbrennung                        läge empfohlen, auf halogenierte organische
                                              bereitungs-
                                               aufwand          EV+          EV-         EB+           EB-        Verbindungen zu verzichten, auf einen Min­
                                                            Energetische Energetische Energetische Energetische   destanteil an Recyclingmaterialien in Che­
                                                            Verwertung Verwertung Beseitigung Beseitigung
                                                              ohne Auf-    mit Auf-    ohne Auf-     mit Auf-     miefasern zu achten und den Nachweis eines
                                                             bereitungs- bereitungs- bereitungs- bereitungs-
                                                              aufwand      aufwand      aufwand      aufwand      Rücknahmesystems zu fordern, wenn eine
                                                                                                                  positive ökologische Bewertung und hohe
Neue Materialeinstufung der Verwertungswege                                                      Quelle: BBSR     Verwertungskategorie erreicht werden soll.
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Veröffentlichungen                                                11

                                                                                            Veröffentlichungen

Künstliche Intelligenz                                         Bundesraumordnung, Landes- und Regionalplanungen zu
                                                               stärken. Der Raumordnungsbericht gliedert sich gemäß
Informationen zur Raumentwicklung (IzR), Heft 3/2021           der vier Strategieansätze des Leitbilds: Metropolregionen
Hrsg.: BBSR, Bonn 2021                                         weiterentwickeln, Zusammenarbeit und Vernetzung von
zu beziehen bei: service@steiner-verlag.de, Preis: 19 Euro     Räumen stärken, Räume mit besonderem Handlungs-
                                                               bedarf unterstützen und Infrastrukturanbindung und
Künstliche Intelligenz (KI) kann unser Leben künftig           Mobilität sichern. Darüber hinaus werden zukünftige
verändern: Indem sie automatisiert Daten verknüpft und         Herausforderungen beleuchtet, die auf die Regionen etwa
analysiert und damit im besten Fall wichtige politische        je nach ihrer Wirtschaftsstruktur zukommen. Ein weite-
und planerische Entscheidungen vorbereitet. Sie soll nicht     res Kapitel beschreibt die räumlichen Auswirkungen der
nur Prozesse optimieren, sondern auch neue Handlungs-          Corona-Pandemie.
stränge aufzeigen. In vielen Bereichen werden daher schon
jetzt entsprechende Technologien eingesetzt. Auch für die
Stadtentwicklung, Planung, das Bauwesen oder die Ferner-       Green Urban Labs: Strategien und Ansätze ­
kundung wird KI immer wichtiger – gerade in Bezug auf          für die kommunale Grünentwicklung
Fragen zu Teilhabe, Mobilität, Energie oder Nachhaltigkeit.
Der Einsatz von KI hält jedoch auch Herausforderungen          Hrsg.: BBSR, Bonn 2021
bereit – und sorgt für Ängste. Schaffen Automatisierung        kostenfrei zu beziehen bei: silvia.wicharz@bbr.bund.de
und intelligente Systeme künftig tatsächlich mehr Arbeits-
plätze, als sie möglicherweise vernichten? Wie lassen sich     Grünflächen sind systemrelevant. Nicht nur als Aufent-
Fragen zum Datenschutz mit KI vereinen? Und wie verän-         haltsräume, wertvolle innerstädtische Naturräume oder
dern Blockchain-Technologien und Quantencomputer die           Retentionsflächen für Starkregenereignisse. Ohne attrak-
Prozesse künftig noch weiter? Auf diese und weitere Fragen     tive Grünräume wäre auch die Pandemie noch schwerer zu
geht das neue IzR-Heft ein. Die Autorinnen und Autoren         ertragen. Gleichzeitig wird deutlich: Gerade in den Stadt-
versuchen sich an einer Definition des Begriffs der Künst-     teilen, in denen viele Menschen auf engem Raum leben,
lichen Intelligenz und stellen Beispiele aus der Praxis vor.   fehlen oftmals Grünräume. Wir müssen uns fragen, wie
                                                               wir den Zugang und die Qualität von Stadtgrün verbes-
                                                               sern können. Das vor dem Hintergrund, dass unbebaute
                                                               Flächen in den wachsenden Städten knapper werden. Wie
                                                               können Lösungen hierfür aussehen? Seit 2017 erprobten
                                                               zwölf Modellvorhaben des Forschungsfeldes „Green Urban
                                                               Labs“ wirksame Strategien, um Stadtgrün zu stärken. Die
                                                               Veröffentlichung stellt die unterschiedlichen Ansätze und
                                                               gewonnenen Erkenntnisse der Modellvorhaben vor.

                                                               Zuletzt erschienen:
                                                               Regionale Landschaftsgestaltung
                                                               Hrsg.: BBSR, Bonn 2021
Quelle: iStock.com/elenabs                                     kostenfrei zu beziehen bei: gabriele.bohm@bbr.bund.de

                                                               Zentrale Orte in Deutschland
Raumordnungsbericht 2021                                       BBSR-Analysen KOMPAKT 11/2021; Hrsg.: BBSR, Bonn 2021
                                                               kostenfrei zu beziehen bei: rs1@bbr.bund.de
Raumordnungsbericht 2021
Hrsg.: BBSR, Bonn 2021                                         Digitale Gerechtigkeit in der Smart City
kostenfrei zu beziehen bei: rs1@bbr.bund.de                    BBSR-Analysen KOMPAKT 10/2021; Hrsg.: BBSR, Bonn 2021
                                                               kostenfrei zu beziehen bei: gabriele.bohm@bbr.bund.de
In regelmäßigen Abständen berichtet das BBSR über die
Situation und Entwicklung der Teilräume in Deutschland.        Bauen für die neue Mobilität im ländlichen Raum
Der Raumordnungsbericht 2021 orientiert sich – ebenso          BBSR-Online-Publikation 13/2021; Hrsg.: BBSR, Bonn 2021
wie der aus dem Jahr 2017 – an den Leitbildern der Raum-       kostenfreier Download unter: www.bbsr.bund.de
entwicklung, die von den für Raumordnung zuständigen
Ministerinnen und Ministern 2016 verabschiedet wurden.
Die empirischen Befunde und Empfehlungen des Berichts             Weitere Veröffentlichungen sowie Downloads
thematisieren das Leitbild „Wettbewerbsfähigkeit stär-            der kostenfreien Publikationen finden Sie unter:
ken“. Ziel des Leitbildes ist es, alle Regionen in Deutsch-       www.bbsr.bund.de > Veröffentlichungen
land zukunftsfähig zu gestalten und dabei den Beitrag von
12                                                 INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – www.bbsr.bund.de

www.bbsr.bund.de

Raumentwicklung                                                   Wohnen und Immobilien
Interreg: Räumliche Effekte der transnationalen                   Privatwirtschaftliche Unternehmen und ihre
­Zusammenarbeit und ihre Messbarkeit                              Wohnungs­bestände in Deutschland
 Die Vorbereitungen für die Programme der transnationa­           Neben den Privatvermietern als größte Anbietergruppe
 len Zusammenarbeit 2021–2027 sind in vollem Gange. Das           auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt sind privatwirt­
 Projekt zielte darauf ab, die aus deutscher Sicht spezifischen   schaftliche Unternehmen mit rund 3,15 Mio. Mietwoh­
 räumlichen Herausforderungen in den Kooperationsräu­             nungen von großer Bedeutung für die Wohnraumversor­
 men mit deutscher Beteiligung herauszuarbeiten und die           gung in Deutschland. Ihre Bestände liegen überwiegend
 Programmentwürfe entsprechend zu kommentieren. Um                in Groß- und Mittelstädten und damit besonders häufig in
 die Effekte der transnationalen Zusammenarbeit besser            Wohnungsmärkten, die in den letzten Jahren zunehmend
 messen zu können, erarbeitete das Projektteam zudem              angespannt sind. Die privatwirtschaftlichen Unternehmen
 Empfehlungen zur Entwicklung der Indikatorsysteme.               stehen daher in Bezug auf die Bereitstellung von bezahlba­
                                                                  rem Wohnraum und ihrer Mietpreisgestaltung im Fokus
                                                                  der öffentlichen Diskussion. Ihr Anlage-, Investitions- und
Stadtentwicklung                                                  Bewirtschaftungsverhalten ist von großem öffentlichen In­
                                                                  teresse. Das Forschungsprojekt will durch eine Befragung
Projektaufruf: Nationale Projekte des Städtebaus 2022             der privatwirtschaftlichen Unternehmen zu ihren Bestän­
Auch im Jahr 2022 wird das BMI national bedeutende Pro­           den eine fundierte Informations- und Datenbasis aufbauen.
jekte des Städtebaus fördern. Kommunen sind aufgerufen,
bis zum 14. Dezember 2021 geeignete Vorschläge beim
BBSR einzureichen. Mit dem Bundesprogramm zur Förde­              Bauwesen
rung von Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus
sollen erneut investive sowie konzeptionelle städtebauliche       Klimaangepasstes Bauen systemisch entwickeln:
Projekte mit besonderer nationaler bzw. internationaler           Beispiel Hitze und Starkregen
Wahrnehmbarkeit, mit sehr hoher fachlicher Qualität, mit          Das Klima ändert sich: Die Jahresmitteltemperaturen in
überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder mit               Deutschland steigen, extreme Starkregen- und Hochwasser­
hohem Innovationspotenzial gefördert werden. Die ein­             ereignisse nehmen zu. Wie müssen sich Gebäude und Lie­
zureichenden Projekte sollten die großen Herausforderun­          genschaften heute schon anpassen, um für die zukünftigen
gen deutlich machen, vor denen Städte und Gemeinden in            Herausforderungen des Klimawandels gewappnet zu sein?
Deutschland derzeit stehen (z. B. Bestandserhalt, Konversi­       Das Bauwesen als Teilbereich der Deutschen Anpassungs­
on, nachhaltige Quartiersentwicklung, Klimaanpassung).            strategie an den Klimawandel (DAS) zeigt gerade vor den
                                                                  aktuellen Klimafolgen seine Verletzbarkeit. Bislang sind
Jugendprojekte in strukturschwachen                               Gebäude und Liegenschaften jedoch nicht flächendeckend
und ländlichen Räumen                                             resilient gestaltet. Ihre Anpassungsfähigkeit an Klimafol­
Jugendliche wollen und können ihr Lebensumfeld und die            gen muss erhöht werden, um für die zukünftigen Heraus­
Entwicklung ihrer Stadt aktiv gestalten, wie zahlreiche er­       forderungen des Klimawandels gewappnet zu sein.
folgreiche Projekte der Jugendbeteiligung in den letzten Jah­
ren zeigen. Bislang waren dabei Projekte in großstädtischen       Prüfung der Kostenauswirkungen von Baunormen
Kontexten im Fokus der Forschung. Zugleich ist bekannt,           auf den Wohnungsbau und Einsparpotenziale
dass gerade Kleinstädte in strukturschwachen Räumen auf           Die Baukostensenkungskommission hat festgestellt, dass
bürgerschaftlich getragenes Engagement angewiesen sind,           die Weiterentwicklung bzw. Änderung von Baunormen
um die Lebensqualität zu erhalten und zu befördern. Die           Auswirkungen auf Baukosten haben kann. Mit Fokus auf
Untersuchung zielte daher darauf ab, innovative partizipati­      den Geschosswohnungsbau soll im Rahmen des Projekts
ve Jugendprojekte in Kleinstädten zu identifizieren und ihre      einerseits eine systematische Folgekostenermittlung sowie
Wirkung auf die Stadt- und Ortsentwicklung darzustellen.          ein Prüfverfahren etabliert werden, um den Normungspro­
                                                                  zess hinsichtlich der Folgekosten von Baunormen aktiv be­
Identifikation erfolgreicher Grün- und                            gleiten zu können. Andererseits soll der Aufbau einer „un­
Freiraumentwicklung in Großstadtregionen                          abhängigen Stelle“ etabliert werden, die sich insbesondere
Das Forschungsprojekt analysiert bestehende Grün- und             dem Prüfprozess widmet.
Freiraumkonzepte in den drei Fallstudienregionen Magde­
burg, Nürnberg und Kiel. Auf Basis im Vorfeld recherchier­
ter Kriterien untersucht das Projektteam mittels quantita­
tiver und qualitativer Forschung, welche Bedingungen für
Erhalt und Entwicklung der Frei- und Grünräume förder­
lich und hinderlich sind. In einem ersten Schritt konnten            Weitere Informationen zu den hier vorgestellten
mittels quantitativer und qualitativer Untersuchungen Ka­            Projekten bzw. Fachbeiträgen finden Sie unter:
tegorien gebildet und Wechselbeziehungen zwischen un­                www.bbsr.bund.de > Forschung
terschiedlichen Einflussfaktoren aufgedeckt werden.
INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Gremienarbeit/Veranstaltungen                                13

                                                                          Gremienarbeit/Veranstaltungen

Im Gespräch: Bauen in Zeiten des Klimawandels auf der BAU21
Auch in diesem Jahr beteiligte sich das BBSR gemeinsam        Im Zusammenhang mit Hitzestress hat die Verdunstung
mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und             von Wasser und der damit verbundene kühlende Effekt
Heimat (BMI) im Rahmen der Fachmesse BAU21 an der             eine große Bedeutung. Wirksame Anpassungsmaßnahmen
– diesmal digitalen – „STUDIO Bund“-Gesprächsreihe. In        sind laut der Expertinnen und Experten unter anderem das
der prominent platzierten Veranstaltung „Bauen für das        Begrünen von Gebäuden, das Schließen von Wasserkreis­
Klima und den Klimawandel – Experiment und Effizienz“         läufen oder nachhaltige Kühlungsverfahren in Gebäuden.
diskutierten Expertinnen und Experten aus Klima- und          Maßnahmen zur Klimaanpassung sollten nachhaltig und
Bauforschung, Politik und Praxis aktuelle Herausforderun­     ressourcenschonend umgesetzt werden, um den Klima­
gen und Potenziale des Klimaangepassten Bauens. Nach­         wandel nicht weiter zu beschleunigen und im besten Fall
folgend werden daraus einzelne Aspekte herausgegriffen,       weiter einzudämmen. So kann beispielsweise der kühlende
die von grundsätzlicher Relevanz sind und zugleich An­        Effekt von Gebäudegrün dazu beitragen, den Energiebe­
knüpfungspunkte zu aktuellen Forschungsschwerpunkten          darf zur Innenraumklimatisierung zu verringern.
des BBSR aufweisen.
                                                              Viele Planungsfragen und Lösungen werden bislang ein­
Das 2015 auf der internationalen Klimakonferenz beschlos­     zeln betrachtet. Nun gilt es, das Klimaangepasste Bauen
sene Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung        ganzheitlich zu entwickeln. Dieser Gedanke spiegelte sich
auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu      im Narrativ der Veranstaltung wider: von globalen Fragen
begrenzen. Aus Sicht der Klimaforschung rücken wir            des Klimawandels über nationale politische Strategien hin
schon jetzt kritisch nah an dieses 2-Grad/1,5-Grad Ziel       zur Umsetzung in der baulichen Einheit und dessen Funk­
heran. Einen strategischen Rahmen zur Verringerung der        tion in stadtklimatologischen Wirkungsketten.
Verletzlichkeit und Steigerung der Resilienz von Gebäuden
gegenüber Klimafolgen wie beispielweise Starkregen oder       Der Livestream der Veranstaltung wurde aufgenommen
Hitze setzt die Bundesregierung mit der „Deutschen An­        und ist online abrufbar unter https://www.zukunftbau.de/
passungsstrategie an den Klimawandel“ (DAS), unter an­        veranstaltungen/bau-2021/rueckblick.
derem für das Handlungsfeld Bauwesen.
                                                              Kontakt: svenja.binz@bbr.bund.de
Aufgrund der erheblichen Planungs- und Lebenszyklen                     stefan.haas@bbr.bund.de
von Gebäuden muss frühzeitig mit Klimaanpassungs­
maßnahmen begonnen werden. Nach Ansicht der Exper­
tinnen und Experten sind in der Praxis insbesondere Tech­
nische Regelwerke eine Herausforderung, da diese nur in
langen Zyklen aktualisiert werden. Beispielsweise sind
diese immer noch auf eine möglichst schnelle Entwässe­
rung ausgerichtet, statt Regenwasser lokal zu speichern
und somit nutzbar zu machen oder natürlich versickern zu
lassen. Als Planungsgrundlage müssen Regelwerke zeitnah
an die zu erwartenden Änderungen infolge des Klimawan­
dels angepasst werden, um eine erfolgreiche Umsetzung zu
sichern. Das BBSR erörtert diese Fragestellung in dem ak­
tuellen Forschungsprojekt „Analyse bestehender bautech­
nischer Normen und Regelwerke für einen Anpassungsbe­
darf an die Folgen des Klimawandels".

Bezüglich weiterer Herausforderungen wiesen die Teil­
nehmenden auf den kritischen Zusammenhang zwischen
Schäden durch Starkregen und die zunehmende Versiege­
lung von Flächen durch Bauaktivitäten hin. Kombiniert
mit Hitzeereignissen fördert dies außerdem den städ­
tischen Wärmeinseleffekt. Potenziale zur Starkregenvor­
sorge sind insbesondere in der Siedlungswasserwirtschaft
zu sehen. Im Fokus steht das Implementieren blau-grüner       Beispiel einer blau-grünen Infrastruktur zum Umgang
Infrastrukturen, welche hydrologische Funktionen (Was­        mit Starkregenereignissen
ser) und urbane Natur (Grünflächen, Pflanzen) verbinden.      Quelle: BBSR und Ingenieurbüro Beck
14                                                         INFORMATIONEN aus der Forschung des BBSR, Nr. 4/2021 – Personalia

Personalia

Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

                                                                                                                                                 Foto: ego-shootings.de
Christiane Berlin
Referentin im Referat WB 4                                                              Julia Brendgens

                                                            Foto: Foto Preim
Digitale Transformation                                                                 Sachbearbeiterin im Stab D
des Bauwesens                                                                           Direktor und Professor
Eintrittsdatum: 1. Mai 2021                                                             Eintrittsdatum: 1. Mai 2021

Aufgaben:                                                                               Aufgaben:
      Konzeption und fachliche Betreuung von                                              Aufbau, Betrieb, Auswertung und Weiterentwicklung eines
     ­Forschungsvorhaben                                                                  institutsinternen Berichtswesens mit aussagekräftigen
                                                                                          Kennwerten zur Umsetzung der im BBSR durchgeführten
     Analyse digitalisierter Prozesse im Bauwesen
                                                                                          Programme
      Aufbau und Strukturierung des Forschungsclusters
                                                                                          Betreuung und Auswertung der Kosten- und
     „­ Digitalisierung im Bauwesen“
                                                                                          Leistungsrechnung
                                                                                          Koordinierung, Fortschreibung und Qualitätssicherung
                                                                                          des Jahresarbeitsprogramms
                                                            Foto: Fotoland GbR Gießen

Dr. Philipp Gareis                                                                      Bettina Radermacher
Projektleiter im Referat RS 3                                                           Projektleitung Referat RS 8
Europäische Raum- und                                                                   Qualität im Städtebau,

                                                                                                                                                 Foto: privat
Stadtentwicklung                                                                        Investive Projekte
Eintrittsdatum: 1. Juli 2021                                                            Eintrittsdatum: 1. August 2021

Aufgaben:                                                                               Aufgaben:
     Europäische Raumbeobachtung, ESPON                                                    Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der
                                                                                          ­Städtebauförderung

Tim Pirsig                                                                              Florian Rödding
Projektleiter im Referat RS 6                                                           Sachbearbeiter im Referat RS 5
Stadt-, Umwelt- und                                                                     Digitale Stadt, Risikovorsorge
Raumbeobachtung                                                                         und Verkehr
Eintrittsdatum: 1. Mai 2021                                                             Eintrittsdatum: 1. August 2021

Aufgaben:                                                                               Aufgaben:
      Laufende Raumbeobachtung mit dem Schwerpunkt                                        Auswertung von Infrastruktur-, Verkehrs- und
     I­ ndikatoren und Karten zur Raumentwicklung INKAR                                   ­Mobilitätsdaten
     Mitwirkung am Integrierten Räumlichen Informations­                                  Erreichbarkeitsanalysen
     system IRIS
                                                                                          Räumliche Verflechtungen
     Raumbezogene (Fach-)Analysen und Forschungsprojekte
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