Pöyry Post 07/2016 - BERICHT
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PÖYRY MANAGEMENT CONSULTING Pöyry Post 07/2016 BERICHT DER EINZIGE WEG ZUM SIEG?! INTERVIEWS THOMAS BIRR (RWE) ULI HUENER (ENBW) THORSTEN MARQUARDT (E.ON) CLAUS WATTENDRUP (VATTENFALL)
PÖYRY POST 2 INHALT IMPRESSUM HERAUSGEBER Pöyry Management Consulting SHORTCUTS Rather Straße 110b Meldungen aus der Energiebranche 40476 Düsseldorf Phone +49 (211) 1752380 Fax +49 (211) 17523850 E-Mail roland.lorenz@poyry.com Besuchen Sie uns unter www.poyry.de REDAKTION Virgil Grymonprez AUTOREN Matthias Laue, Roland Lorenz, MANAGEMENT CONSULTING Robert Schwarz, Iris Steinweller NEUE WEGE FÜR NEUE MODELLE Kooperation Fraunhofer Zentrum und Pöyry Management Consulting KONZEPT UND KREATION Filip & Grimm NACHWEISE Fotos (Shortcuts): Apple Inc., Tennet Holding B.V. Fotos (Interviews): EnBW AG, E.ON SE, RWE AG, Vattenfall Europe Innovation GmbH Fotos (Gotthard): Pöyry Deutschland GmbH Weitere: Adobe Stock, Fotolia, Gettyimages, iStock MANAGEMENT CONSULTING Pöyry Management Consulting ist mit 26 INNOVATION – DER EINZIGE WEG ZUM SIEG?! Wege zur Neuausrichtung klassischer Geschäftsmodelle Niederlassungen und über 400 Consul- tants die weltweit führende Beratungs- gesellschaft für kapital- und ressourcen- intensive Unternehmen. Welche Ziele Sie auch verfolgen, bei uns arbeiten für Sie Experten mit Leidenschaft in den Berei- chen Energie, Forstwirtschaft, Papier und Zellstoff sowie Biovalue. Unsere umfas- sende Erfahrung, bewährten Fähigkeiten und unsere hoch qualifizierten Berater sind es, die unsere Kunden immer wieder aufs Neue überzeugen. Gemeinsam helfen wir Ihnen, sachkundigere Entscheidungen zu treffen, Potenziale zu erkennen sowie Werte zu generieren, um so langfristig den INTERVIEWS Erfolg Ihres Unternehmens zu sichern. Die Innovationsmanager der Big Four im Gespräch www.poyry.de/managementconsulting
3 EDITORIAL LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, wir leben in Zeiten, in denen das größte Taxi-Unternehmen der Welt (Uber) keine Fahrzeuge besitzt und der größte Anbieter von Unterkünften (Airbnb) keine Immo- bilie. Vor unseren Augen ist die digitale Disruption ohne lange Ankündigung gesche- hen. Heißt das in der Fortführung dieser Logik, dass künftig neue Marktakteure die Energieversorgung in die Hand nehmen, ohne physische Assets zu besitzen? Eines verdeutlichen diese Beispiele alle: Innovation sucht nicht nach Wegen, sie schafft sie. Auch Energieversorger sind gezwungen, auf diese Entwicklungen zu reagieren. Und wir können bestätigen, ihre Haltung gegenüber Innovation verändert sich aktuell radikal. Grund genug für uns, in dieser Pöyry Post mit dem Thema Innovation einen Schwerpunkt zu setzen. Unternehmen, die Neues gestalten und fördern wollen, brauchen vor allem eines: fähige Manager, die das Unternehmen, seine Mitarbeiter und die gelebte Unterneh- menskultur so umgestalten, dass Innovationen überhaupt erst möglich werden. Wir haben deshalb mit den Innovationsmanagern der Big Four gesprochen, mit Thomas Birr (RWE), Thorsten Marquardt (E.ON), Claus Wattendrup (Vattenfall) und Uli Huener (EnBW) und gefragt, wie sie ihre Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten. MANAGEMENT CONSULTING INNOVATION MONITOR Und wie innovativ ist Pöyry Management Consulting? Wie können wir Ihnen helfen? Europäische Energie-Start-Up-Szene im Fokus Wir stellen Ihnen mit unserem Innovation Monitor, der Customer Insight Analysis und unserer neuen innovativen digitalen Plattform zur Simulation der Auswirkungen unterschiedlicher Unternehmensszenarien eine Auswahl unserer Werkzeuge vor, mit denen wir Sie unterstützen können, in der Transformation in die Zukunft. Eines ist klar, es gibt kein Pauschalrezept für Innovation. Gemeinsam mit Ihnen aber schaffen wir die Voraussetzungen, die nötig sind, damit Sie und Ihr Unternehmen Ihren eigenen Weg gestalten können. Last but not least berichten wir aus der Pöyry Gruppe und von Kollegen, die mit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels ein Generationenprojekt abgeschlossen und eine ganz besondere Erfolgsgeschichte zu erzählen haben. Es erwartet Sie also eine im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtige neue Ausgabe der Pöyry Post, mit der ich Ihnen jetzt eine anregende Lektüre wünsche. Mit freundlichen Grüßen Roland Lorenz Vice President Head of Central and South Europe INSIGHTS AUS DER GRUPPE 57 KM DURCH DEN BERG Zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels
PÖYRY POST 4 100 Ladestationen Die bayerische Landeshauptstadt will die Elektromobilität fördern und forciert den Ausbau der Ladeinfrastruktur. In einer ersten Ausbaustufe sollen 30 neue öffentliche Ladestationen entstehen, und zwar hauptsächlich innerhalb des Mittleren Rings. In einem zweiten Schritt werden dann ab 2017 noch bis zu 70 weitere Stationen dazukommen. Die Stadtwerke München werden mit dem Aufbau und Betrieb des öffentlichen Ladesäulensystems betraut. Die Stadt wird bis zu 3,28 Mio. Euro aus bereits bewilligten Mitteln beisteuern, sollte sich das Projekt nicht tragen. Die Ladestationen werden ausschließlich mit Ökostrom betrieben. 93% Apple will offenbar den Markt für erneuerbare Energien aufmischen und gründet den Ableger Apple Energy LLC. Bei der zuständigen US-Behörde stellt der Konzern den Antrag, als Energie- Händler aktiv werden zu dürfen. Apple versorgt nach eigenen Angaben seine Rechenzentren seit 2013 komplett mit Ökostrom. Nun will der Konzern offenbar überschüssigen Strom verkaufen und neue Energie-Quellen anzapfen. 2021 Innerhalb der kommenden fünf Jahre werden die USA die installierte Leistung von Energiespeichern auf über 2 GW ausbauen, so die Prognose des Marktforschungsunternehmens GTM Research. 2015 seien 226 MW installiert und 2016, so die Erwartungen, 281 MW. 4 gewinnt Neben den Komponenten Erzeugung, Netz und Verbrauch werden sich, so der Tenor auf dem BDEW-Kongress 2016 in Berlin, Speicher als vierte Größe im Energiesystem etablieren.
5 Die Nummer 1 in der Welt: China beschäftigt über 3,5 Millionen Menschen im Bereich der erneuerbaren Energien – das ist mit Abstand der Spitzenplatz. Weltweit stieg die Zahl der Beschäftigten im Sektor auf über acht Millionen, wie die Analyse „Renewable Energy Jobs“ der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien jetzt ergab. Dabei verbuchte die Photovoltaik-Branche mit einem Zuwachs von elf Prozent den größten Anstieg. Allein in China sind aktuell 1,7 Millionen Arbeitskräfte im PV-Bereich tätig. 30 GW Laut eigenen Angaben plant der niederländische Netzbetreiber Tennet den Bau einer künstlichen Insel für Windstrom in der Nordsee. Das Eiland soll die Windmühlenparks der Nordseestaaten miteinander verbinden und zum Knotenpunkt für die Stromnetze der Niederlande, Deutschlands, Großbritanniens, Norwegens und Dänemarks werden. 2030 könne der Bau der Insel, so Mel Kroon, der Tennet-Vorstandsvorsitzende, beginnen. 2050 solle sie dann samt Verkabelung einsatzbereit sein. Mit einer geplanten Kapazität von 30 GW könnten seiner Vision 10 Millionen Menschen mit Strom versorgt werden. Erste Gespräche mit Behörden und Umweltorganisationen werden bereits geführt. 200 Mit 200 unter dem Rasen installierten Kinetik-Platten sorgen die Spieler auf dem Fußballplatz im Favela Morro da Mineira in Rio de Janeiro auch nach Sonnenuntergang für ihre eigene Beleuchtung. Sechs Flutlichtmasten sorgen auch nachts für ordentliche Spielbedingungen. Die Platten werden aus recyceltem Kunststoff hergestellt und produzieren, werden sie durch die Spieler „betreten“, bis zu 7 W Strom. Wie genau die Technik funktioniert, will der britische Hersteller Pavegen nicht verraten.
7 Neue Wege für neue Modelle Zukunftsfähige Akteure der Energiebranche müssen sich auf immer kürzere Innovations- und Investitionszyklen einstellen. Dabei ist die Beziehung zum Kunden mit einer Vielzahl neuer Geschäftsmodelle nachhaltig zu entwickeln. Lösungen dazu bieten jetzt das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie und Pöyry Management Consulting in einer neu begründeten Kooperation. Energiewirtschaft unter Veränderungsdruck „Mit dem Unternehmensimulations-Modell Projekt -Phase II Die Akteure der Energiewirtschaft stehen und auf Basis der innovativen Software des Die festgelegten Szenarien werden umfas- gegenwärtig unter einem starken Verän- Fraunhofer-Zentrums in Leipzig ermöglichen send analysiert und das für einen individuell derungsdruck. Die zunehmend dezentrale wir unseren Kunden in der Energiewirtschaft, skalierten Zeithorizont ebenso wie die notwen- Erzeugung, politisch-regulatorische Vorgaben strategische Maßnahmen und Optionen zu digen Stützjahre. Im nächsten Schritt erfolgt zur Dekarbonisierung sowie die Digitalisierung identifizieren und zu bewerten, um langfristig eine strukturierte modellbasierte Analyse hin- stellen die Unternehmen vor große Heraus- dem Wettbewerbs- und Margendruck stand- sichtlich der Auswirkungen innovativer Tech- forderungen. Die damit einhergehenden zuhalten“, sagt Robert Schwarz, Principal bei nologien und dezentraler Entwicklungen, die sinkenden Eintrittsbarrieren für Wettbewerber Pöyry Management Consulting, zur strategi- die Grundlage für die Simulation der infrage führen zu Organisations- und Produktinno- schen Perspektive der Zusammenarbeit mit kommenden Maßnahmen, Konzeptionen und vationen und erhöhen den Wettbewerbs- den Ökonomen und Energieexperten des Geschäftsmodellen bilden. Final werden die und Margendruck zusätzlich. Obwohl das Fraunhofer-Zentrums in Leipzig. Risiken in Bezug auf disruptive Faktoren und klassische Versorgergeschäft alleine keine Ziel der Kooperation ist es, eine von Fraun- Rückwirkung auf einzelne Unternehmensteile nachhaltige Handlungsoption mehr darstellt, hofer-Experten und der Universität Leipzig betrachtet und besprochen. fällt es den Versorgungsunternehmen schwer, entwickelte IT-Softwarelösung in der Energie- den Entwicklungen in Form von Produkt- und wirtschaft anzuwenden, um modellbasierte Projekt-Phase III Service-Innovationen Rechnung zu tragen. Strategien in disruptiven Märkten weiterzu- Die Resultate der zweiten Projekt-Phase ge- Zukunftsfähige Akteure der Energiebranche entwickeln. koppelt mit den langjährigen Erfahrungen der müssen daher Innovationen immer schneller Energie-Experten von Pöyry führen zu Han- vorantreiben und auch Investitionsentschei- Ganzheitliche Modellierung dlungsempfehlungen, aus denen Manager dungen im höheren Takt treffen – häufig ohne Wie funktioniert das konkret? Gemeinsam mögliche strategische Maßnahmen definieren die wirtschaftlichen Auswirkungen auf ihre mit ihren Kunden entwickeln die Berater können, um beispielsweise wirtschaftlich Geschäftsbereiche zu kennen. Das Fraun- von Pöyry Management Consulting in einem nachteiligen Effekten entgegenzuwirken. hofer-Zentrum für Internationales Manage- mehrphasigen Projekt modellbasierte ment und Wissensökonomie und Pöyry Antworten sowie innovative und individuelle Steigerung von Effizienz und Effektivität Management Consulting arbeiten gemeinsam Konzepte für die jeweiligen Unternehmen. Die Pöyry-Berater helfen Energieversorgern, an der Aufstellung eines energiewirtschaft- gerade integrierten Versorgungsunternehmen lichen Modells, welches Entscheider unter- Projekt-Phase I und Verteilnetzbetreibern bei der Identifi- stützt, frühzeitig Zukunftsszenarien, neue Modellierung von Wertschöpfungsstufen zierung von Zukunftsszenarien und neuen Perspektiven in bestehenden und neuen des Unternehmens zur Abbildung der Ist- Perspektiven in bestehenden und neuen Märkten sowie relevante Maßnahmen zur Situation, Definition wesentlicher Ziele der Märkten. Sie gewinnen durch den Einsatz zukünftigen Positionierung zu identifizieren Unternehmensstrategie und Rahmenbe- des integrierten Modells auf Basis eines struk- und diese, quantitativ zu bewerten. dingungen. turierten, leistungsfähigen IT-Front-Ends
PÖYRY POST 8 die notwendige Transparenz künftiger Investi- Die Ergebnisse umfassen u.a. nicht nur tionsentscheidungen, z.B. für Speicher, energetische, sondern auch monetäre Flüsse Netzerweiterungen oder den Ausbau ihrer zwischen den einzelnen Akteuren über einen energiewirtschaftlichen Dienstleistungen. festzulegenden Zeitraum. Damit werden auf Eine Risikoanalyse ermöglicht es den Basis der Energieflüsse (Strom, Gas und Entscheidern, fundierte Aussagen über die Wärme) die Auswirkungen auf die GuV Wirtschaftlichkeit von neuen dezentralen einzelner Geschäftsbereiche simuliert. Geschäftsmodellen im Kontext bestehender Wertschöpfungsprozesse zu treffen. Potenzia- „Zukunftsfähige Akteure der Energiebranche le von Flexibilität, wie auch Schwarmeffekte müssen immer schneller Innovationen können simuliert werden, mit dem Ziel, neue vorantreiben und Investitionsentscheidungen Produkte und Dienstleistungen zu validieren. treffen häufig ohne die Auswirkungen auf Ökonomische Aussagen über Effekte fluktu- ihr Geschäft zu kennen. Dabei gilt es, die ierender Einspeiser helfen Ihnen, Marktent- Kundenbeziehung mit einer Vielzahl neuer wicklungen frühzeitig zu antizipieren. Geschäftsmodelle nachhaltig zu entwickeln“, sagt Matthias Laue, Director bei Pöyry Innovative Software für die Energiewirtschaft Management Consulting. Die Software IRPsim (Integrierte Ressour- cenplanung und Simulation für kommunale Pöyry Management Consulting kann Ihnen Energieversorger) ist eine techno-ökono- keine Glaskugel bieten, aber einen Blick mische Energiesystem-Modellierungslösung. auf plausible Zukunftsszenarien mit Hilfe Sie ermöglicht eine ganzheitliche Model- eines auf Ihr Unternehmen zugeschnittenen lierung, Analyse und Evaluation von Ener- Modells, das sowohl die energieseitige als gieversorgungsunternehmen. Mit der auch die wirtschaftliche Seite eines integrier- Software können Energieunternehmen ten EVU abbildet und dabei den Einfluss Effekte und Entwicklungen simulieren und technologischer und dezentraler Entwicklun- deren Aus- und Wechselwirkungen nicht nur gen simuliert. Gern stellen die Berater Ihnen qualitativ, sondern auch quantitativ werden. diesen Ansatz persönlich vor und freuen sich Energiewirtschaftliche Zusammenhänge, über Ihr Interesse. marktseitig und regulatorisch, werden dabei in einer hohen zeitlichen Auflösung simu- liert. Strukturierte, modellbasierte Szenario- Ansprechpartner Analysen zeigen, welche Auswirkungen Pöyry Management Consulting mögliche Maßnahmen und Strategien auf ein Phone +49 (211) 17 52 38 0 Energieunternehmen haben werden, z.B. wie Matthias Laue sich die Einführung innovativer Technologien, E-Mail: matthias.laue@poyry.com neue Konzeptionen und Geschäftsmodelle zukünftig auswirken könnten. Risiko-Analysen betrachten zudem disruptive Faktoren und mögliche Rückwirkungen auf einzelne Ge- schäftsbereiche. Ausgangspunkt ist beispielsweise die Erfas- sung des Kundenportfolios des Energie- unternehmens und dessen Entwicklung über den Analysezeitraum anhand von abgestimmten Kriterien. Zudem werden Vorgaben der Unternehmensstrategie bei der Definition des Marktumfelds berücksichtigt. Eine Evaluation von Ge- schäftsmodellen und Strategien kann dabei aus Geschäftsfeld- sowie aus Kundensicht im Rahmen von Szenario-Analysen erfolgen. Das Modell bildet eine Bandbreite an Technolo- gien und Maßnahmen ab, die bestimmten Akteuren zuzuweisen sind. Auf der Kun- denseite sind dies u.a. Batteriespeicher, Wärmespeicher, Gaskessel, KWK-Anlagen, PV-Anlagen und Wärmepumpen.
11 Innovation - der einzige Weg zum Sieg?! Wieviel Innovation brauchen die Energieversorgungsunternehmen, um ihre Zukunftsfähigkeit sicherzustellen? Im Gespräch mit den Big Four, in der Analyse der Start-Up-Szene der Energiebranche und mithilfe innovativer Kundenpräferenzanalyse zeigen die Berater von Pöyry Management Consulting Wege in die Neuausrichtung klassischer Geschäftsmodelle auf. UM ERFOLG ZU HABEN, Düsseldorf/Berlin. Innovation setzt die Auf- MUSST DU DEN HENRY FORD Management Consulting. „Die Voraussetzung gabe des Alten voraus, mitunter sogar seine STANDPUNKT DES für die Veränderung, das Bewusstsein für Vernichtung. Joseph Schumpeter spricht einen notwendigen Wandel der Unterneh- dabei von schöpferischer Zerstörung, wir von ANDEREN EINNEHMEN UND mensstruktur und -kultur ist bei vielen Un- disruptiven Geschäftsmodellen. Sie bieten DIE DINGE MIT SEINEN ternehmen bereits vorhanden.“ Klar sei aber Unternehmen nicht nur die Möglichkeit, den AUGEN BETRACHTEN. auch, so Schwarz, das nicht jedem pauschal Wettbewerb für sich zu entscheiden, sondern ein Innovationsprogramm verordnet werden ihn neu zu gestalten. Airbnb, Google, Uber könne ebenso wenig wie die Höhe der Dosis. oder Apple führen uns das vor Augen. Und Punkten per Perspektivwechsel wenn seit Apples Aufschwung ein Steve-Jobs- Für die Energiewirtschaft eröffnen sich „Entscheidend ist vielmehr, das Unterneh- Zitat nachklingt, dann dieses: Innovation is aus diesen Beispielen neue Perspektiven. men und die darin gelebte Kultur dahinge- the only way to win. Während das klassische Commodity-Ge- hend auszurichten, dass die individuelle Auf den ersten Blick scheinen Apples Inno- schäft dahinsiecht, wird um die strategische Unternehmensstrategie erfolgreich umge- vationskraft und sein unvergleichlicher Neupositionierung und die Sicherung der setzt werden kann.“ Siegeszug eine einfache offensichtliche Erklä- Zukunftsfähigkeit gerungen. Die Steigerung rung zu haben, das iPhone – ein innovatives der Innovationskraft zur Entwicklung neuer Ein Grund dafür, warum in der aktuellen Produkt mit bahnbrechendem Design und Geschäftsmodelle sowie zur Optimierung und Ausgabe der Pöyry Post Innovationsmanager neuen Funktionen. Bei näherer Betrachtung Adaption von Prozessen an dynamischen aller Big Four in Deutschland (s. S. 14-21) zu offenbart dieses Produkt, das fasziniert, neue Rahmenbedingungen scheint das Gebot der Wort kommen. Denn längst, so wird in den Perspektiven bietet und wie ein Geschenk des Stunde. Aber gibt es ein Innovationsrezept? Gesprächen mit den EVUs deutlich, ist die rein Himmels daherkommt, seine wahre Natur: Es Wieviel Innovation brauchen die EVUs und prozessorientierte Denke, das klassische In- ist ein Instrument, gestaltet, produziert und wie kann Innovationsfähigkeit zur Unterneh- novationsmanagement passé. Längst suchen kommerzialisiert zur Invasion von Märkten, menskultur werden? Versorger ihr Heil nicht mehr nur im Umbau um im Militärjargon zu bleiben, das troja- von Unternehmensstrukturen, um ihre In- nische Pferd des digitalen Zeitalters. Denn „Die Art, wie die Energieversorger neue novationskraft zu steigern, vielmehr sind ver- die eigentliche Innovation steckt in seinem Ideen generieren und Innovationen um- netzte Arbeitsformen und Kooperationen ein Inneren, dem Betriebssystem, derPlattform. setzen, verändert sich derzeit radikal“, Erfolgsfaktor ebenso wie die Förderung neuer Sie hat das Spiel nicht bloß gewonnen. Sie hat Arbeitsmethoden und einer neuen offenen es neu erschaffen. sagt Robert Schwarz, Principal von Pöyry Unternehmenskultur.
PÖYRY POST 12 „Innovation ist ja nicht nur die Suche nach Je höher Komplexität und Geschwindigkeit neuen Produkten und Services – Innovation der Vorgänge wird, desto mehr ist man auch ist auch ein Kulturelement, das für uns sehr bei der Analyse von Kundenbedürfnissen auf wichtig ist. Wir müssen alle unsere Aktivitäten geeignete real-time Plattformen angewiesen am Kunden ausrichten, wir müssen schnell (wie beispielsweise von TrueChoice, Pöyrys neue Produkte und Services entwickeln“, strategischem Partner aus den USA). Algo- rithmen verraten, was der Kunde will, welche sagt Thomas Birr, Leiter Group Strategy und In- Stellhebel für eine Kaufentscheidung bei ihm novation der RWE AG. Ausnahmslos haben die angesprochen werden müssen und wie hoch vier großen Versorger Plattformen geschaffen, seine Zahlungsbereitschaft für bestimmte vernetzen sich räumlich, öffnen sich anderen Leistungen ist, und das in Echtzeit. „Die Zeiten, Branchen und Playern und setzen den Kunden in denen Zielgruppen und Produkte auf Basis in den Fokus – der Schlüssel zum von demografischer Marktforschung definiert Erfolg. und kommerzialisiert wurden, sind vorbei“, sagt Roland Lorenz, Managing Director von Pöyry ll Management Consulting. „Heute gibt es Lösun- rmmode gen aus dem Bereich wie Customer Insight ttfo Pla Analysis und Predictive Selling, die helfen, Kundenpräferenzen und Zahlungsbereit- schaft wirklich kennenzulernen, um Plattformprovider gezielt neue Produkte und Services Vertriebsunternehmen / zu entwickeln und diese persona- Serviceanbieter lisiert in den digitalen Vertriebs- kanälen zu adressieren.“ Dies ist als eigenständige Ergänzung Erzeuger von Big-Data-Analytics zu sehen, denn oftmals ist der Zugang zu Präferenzinformationen und nicht die Analytik selber das Problem „Pointiert kann man es mit dem Stromverbraucher Rote-Socken-Dilemma beschreiben: Big-Data-Analytics wird mir sagen, welcher Kunde rote Socken trägt, wo er sie gekauft und was er dafür gezahlt hat. Vielleicht auch, wie oft er sie trägt. Aber interessiert mich das wirklich? Spannender wäre es doch zu ver- Nicht platt, sondern Plattform stehen, warum er seine roten Socken gekauft Die Beispiele von Apple, Google, Airbnb oder hat und ob er sie vielleicht nur gekauft hat, Uber legen nahe, dass der Aufbau eines Platt- weil es die in seiner Lieblingsfarbe nicht gab formgeschäfts auch Basis für die Zukunftsfähig- und wieviel er bereit gewesen wäre, mehr zu keit der Versorger sein kann. Die Vorteile des zahlen, wenn es sie in seiner Lieblingsfarbe Prinzips liegen auf der Hand (s. Grafik): gegeben hätte.“ Im Miteinander von Plattform-Provider, Ser- viceanbietern, Erzeugern und Verbrauchern Gerade bei der Entwicklung neuer Produkte profitiert der Plattformanbieter sowohl von den und Services ist diese schnelle und effektive bilateralen Beziehungen mit den anderen Plat- Kundenpräferenzanalyse relevant. Das Wissen tformteilnehmern als auch von ihren Netzwerk- um die Kundenbedürfnisse wird so zu einer effekten untereinander. Diese Neuausrichtung der wertvollsten Ressourcen der Entwickler- des Geschäftsmodells verlangt aber sowohl teams, um die Produktgestaltung in die richtige neue Strategien als auch einen Perspektiv- Richtung zu lenken und Fehler zu vermeiden. wechsel. Kundenbedürfnisse werden viel stär- Letztlich aber auch, um dem Kunden in den ker als in der Vergangenheit in den Mittelpunkt digitalen Vertriebskanälen einen wirklichen der Betrachtung rücken, um Fehlinvestitionen Mehrwert zu bieten und ein hohes customer zu vermeiden. engagement zu erzielen. „Eigentlich muss guter Manager, die sich diesen Herausforderungen digitaler Vertrieb sein wie das digitale Gespräch stellen, müssen daher die Aktionen aller Platt- mit einem guten Freund“, so Lorenz. formteilnehmer permanent im Auge behalten.
13 Steve Jobs INNOVATION IS THE ONLY WAY TO WIN!
PÖYRY POST 14 Wer nicht wagt, verliert! Jahre Anlagen wie etwa Kraftwerke geplant, „Mit unserer Erfahrung in Innovations- Vor dem Hintergrund unscharfer, teilweise 5 Jahre gebaut und dann diese Anlagen 50 prozessen, der Entwicklung von neuen diffuser rechtlicher und regulatorischer Jahre betrieben. So sah bei uns ein Produkt- Geschäftsmodellen gemeinsam mit unseren Rahmenbedingungen verlangt es mitunter zyklus aus. Das hat sich verändert und wird Kunden als auch der gezielten Bewertung unternehmerischen Mut, Innovationen sich weiter dramatisch verändern – statt von Start-Ups und deren Integration in anzustoßen und zu realisieren. Auch bei dem in Jahren zählen wir bei der Entwicklung bestehende Strukturen unterstützen wir Gedanken, dass sich die Energieversorgung jetzt Monate und Wochen.“ Diesem Rhyth- unsere Kunden von verschiedenen Seiten“, nach wie vor nur auf lokalen, regionalen und muswechsel begegnet Pöyry Management maximal auf nationalen Märkten abspielt, mag Consulting in einer neuen Kooperation mit so Robert Schwarz. „Wir haben mit dem Pöyry die naheliegende Entscheidung, sich auf das dem Fraunhofer-Zentrum für Internationales Innovation Monitor, durch einen systema- Kerngeschäft zu konzentrieren, als probates Management und Wissensökonomie: Mit Hilfe tischen Scouting-Prozess der europäischen Mittel erscheinen. Doch wer nur sein Kernge- einer innovativen Softwareplattform können Start-Up-Szene der Energiebranche seit Jah- schäft optimiert, erfüllt schlicht seine Pflicht Energieunternehmen erstmals dezentrale resbeginn ein Monitoring aufgebaut, dessen und läuft Gefahr auf der Strecke zu bleiben. Veränderungen, neue Geschäftsmodelle und Insights wir unmittelbar in die Strategieent- disruptive Effekte szenariobasiert simulieren wicklung gemeinsam mit unseren Kunden „Zu optimieren und dabei neue Geschäfts- und deren Aus- und Wechselwirkungen auf einfließen lassen. So profitieren unsere felder zu ergründen, ist die eigentliche verschiedene Unternehmensteile bis in die Kunden und gewinnen kostbare Zeit bei der Herausforderung“, Unternehmensplanung auch quantifizieren. sinnvollen Erweiterung ihrer bestehenden Geschäftsaktivitäten.“ Der Monitor als erste Stufe eines strukturierten Angebots dient 700 Investitionen der Energiebranche der qualifizierten Information der Kunden, 650 in Forschung und Entwicklung er vermittelt den Überblick über eine sehr 600 543 dynamische Entwicklung. Darüber hinaus 527 bietet Pöyry Hilfestellung bei der Bewertung 500 der Passfähigkeit zur eigenen Strategie sowie Ausgaben in Mio. € der Integration neuer Ideen und Business 400 2012 Cases in bestehende Geschäftsprozesse. 2013 Oder um im Militärjargon zu bleiben: Die 300 2014 Herausforderung hierbei ist die Einbindung schlanker „Schnellboote“ in einen komplexen 200 150 151 159 170 „Flottenverband“. 144 145 119 110 99 100 37 27 28 Innovation, aber wie?! 0 Egal in welchem Unternehmensbereich neu EnBW E.ON RWE Iberdrola EDF gedacht und umgesetzt werden soll, Innova- tion beginnt über eine aktiv gelebte Unterneh- menskultur. Diese hängt von den Managern sagt Roland Lorenz in Hinblick auf die Ausga- „Akteure der Energiebranche müssen immer und den Mitarbeitern des Unternehmens ab, ben der Versorger für den Bereich Innova- schneller Innovationen vorantreiben und die sie leben. Doch in welchem Unterneh- tion. Zwar haben auf europäischer Ebene die Entscheidungen zu Strategien, neuen mensbereich auch immer eine Adaption an Energieversorger ihre Innovationsbudgets zwi- Geschäftsmodellen und Investitionen neue Gegebenheiten erfolgen muss, Pöyry schen 2007 und 2014 deutlich angehoben, treffen. Hier hilft die einzigartige Plattform unterstützt Sie mit bewährter Expertise von die deutschen Versorger allerdings haben ihre ungemein, die Transparenz zu bewahren“, der Strategie bis zur erfolgreichen Umsetzung Forschungs- und Entwicklungsbudgets in und greift hierbei auf internationale Erfahrung, diesem Zeitraum jedoch reduziert. (s. Grafik) sagt Matthias Laue, Director bei Pöyry ein hochmotiviertes Beraterteam als auch in Dr. Jens Weinmann, Program Director der Management Consulting. (s. S. 6-9) ihren Spezialbereichen führende Koopera- ESMT European School of Management and tionspartner zurück. Technology, unterstreicht diese Entwicklung: Die Start-Up-Falle „Investitionen der etablierten Energiever- Ein weiterer Trend, der sich in der Branche sorger in Deutschland im Kontext notwendiger abzeichnet, ist die Suche nach Substituten Ansprechpartner Innovation erfolgen deutlich fokussierter, verlorener Marktanteile und Erweiterungs- Pöyry Management Consulting während gleichzeitig ein stärkeres Gewicht auf möglichkeiten des eigenen Geschäftsmo- Phone +49 (211) 17 52 38 0 disruptive Geschäftsideen gelegt wird.“ dells über die Integration von Start-Ups. Die Roland Lorenz Fixierung auf die Einhörner der Branche ist E-Mail: roland.lorenz@poyry.com Was wäre, wenn … aus Sicht der Energieversorger jedoch ebenso Die Zunahme an Dynamik bei Veränderungen riskant wie banal. Erfolgsmodelle aus anderen der Rahmenbedingung war auch ein Thema Branchen zu adaptieren oder gar Marktführer in den Gesprächen mit den Innovationsma- zu kopieren sichert nicht den nachhaltigen nagern der Big Four. Der Faktor Zeit: „In der Geschäftserfolg. Vergangenheit lief es doch so: Wir haben 5
15 YOU HAVE TO START WITH THE CUSTOMER EXPERIENCE Steve Jobs AND WORK BACKWARDS TO THE TECHNOLOGY.
Haben Sie gewusst ... Pöyry Management Consulting veranstaltet regelmäßig das Pöyry Ping Energy Vision Forum für Top-Führungskräfte der Energiewirtschaft. Der Pöyry Ping ist ein agiles, innovatives Podium für neue Perspektiven und Ideen zur Zukunft der Energiebranche. Außergewöhnliche Keynote-Speaker bieten Steil-vorlagen für die anschließende Diskussion in großer und kleiner Runde. Manager treffen auf Gründer, Autoren auf IT-Spezialisten, Berater auf Kunden. Wir freuen uns auf Ihren Ping! Ihr Team von Pöyry Management Consulting „Ping“ – Er ist sowohl Impulsgeber als auch Impulsmesser. Mitglieder eines Netzwerks kommunizieren und orten sich über den Ping.
PING ENERGY VISION FO RUM Für themenbezogene Fragen oder Informationen zur nächsten Veranstaltung melden Sie sich unverbindlich an unter: poyry.ping@poyry.com
PÖYRY POST 18 INTERVIEW INTERVIEW THOMAS BIRR, LEITER GROUP STRATEGY & INNOVATION DER RWE AG Neu denken – schnell handeln Pöyry: Wie steigert RWE seine Innovationsfähigkeit? Im Innovation Hub entwickeln rund waren es bisher 100 Experten neue, spannende Ideen und gewohnt, in einem anderen Rhythmus zu Thomas Birr: RWE hat eine lange und stolze Geschäftsmodelle. Darunter sind viele, hoch arbeiten. In der Vergangenheit lief es doch so: Tradition. Unser Konzern war schon immer engagierte Mitarbeiter aus dem Konzern, innovativ. Allerdings ändert sich auch für uns aber auch zahlreiche externe Spezialisten Wir haben 5 Jahre Anlagen wie etwa Kraft- die Welt gerade fundamental: Der Energie- von Tech-Unternehmen, die uns unterstützen. werke geplant, 5 Jahre gebaut und dann markt wird grüner, dezentraler und digitaler, Zusätzlich sind wir mit einer eigenen Truppe diese Anlagen 50 Jahre betrieben. So sah darauf stellen wir uns ein. Außerdem müssen im Silicon Valley präsent, die einen sehr engen bei uns ein Produktzyklus aus. Das hat sich wir noch innovativer und schneller werden, Draht zur dortigen Start-Up-Szene hält. Wir verändert und wird sich weiter dramatisch und zwar im gesamten RWE-Geschäft. Dieser sind auch mit eigenen Teams in Tel Aviv und verändern – statt in Jahren zählen wir bei der Spirit muss Teil unserer Konzern-DNA werden. in Berlin vor Ort und arbeiten auch hier eng Entwicklung jetzt Monate und Wochen. So gewinnen wir den Energiemarkt der mit sehr innovativen, jungen Firmen zusam- Zukunft für uns. Da ziehen wir übrigens alle an men. Wir haben in unserem Innovation Hub Pöyry: Innovation bedeutet auch Verände- einem Strang – von den Mitarbeitern bis zum aber nicht nur Ideen, sondern auch neue rung. Wie groß sind denn aus Ihrer Sicht die Vorstand. Arbeitsmethoden und eine entsprechende tatsächlichen Veränderungen, mit denen Sie Arbeitskultur entwickelt, mit der wir viele Inno- konfrontiert werden? Pöyry: Wie ist das Thema Innovation in Ihrem vationen anschieben, schnell ausrollen, aber Unternehmen verankert und über welche auch schnell wieder verwerfen können. Hier Thomas Birr: Um zu verstehen, was es strate- Plattformen gehen Sie ihm nach? zählt „time to market“ – auf die Geschwindig- gisch heißt, dass wir den „Energiekonzern der keit kommt es an, um erfolgreich zu sein. Zukunft” bauen, müssen wir uns anschauen, Thomas Birr: Mit dem Thema Innovation und was in anderen Industrien gerade passiert. der Frage, wie wir uns für die Zukunft aufstellen, Pöyry: Wie können Unternehmen aus ihrer Da werden Geschäftsmodelle komplett auf beschäftigen wir uns im gesamten Konzern. Innovationskultur einen nachhaltigen den Kopf gestellt. Das sind Umwälzungen, die Und zwar jeden Tag. Zusätzlich haben wir mit Wettbewerbsvorteil generieren? unglaubliche Möglichkeiten eröffnen: dem Innovation Hub eine Plattform geschaf- fen, wo wir uns mit neuen Geschäftsmodellen Thomas Birr: Innovation ist ja nicht nur die Wer bereit ist, neu zu denken, seinen Markt beschäftigen. Wir denken hier disruptiv und Suche nach neuen Produkten und Services - neu zu begreifen, hat erstklassige Chancen. fragen uns: Welche Technologie kann unser Innovation ist auch ein Kulturelement, das für bisheriges Geschäftsmodell angreifen und uns sehr wichtig ist. Wir müssen alle unsere Pöyry: Glauben Sie, dass im Dialog mit dem zerstören? Aktivitäten am Kunden ausrichten, wir müssen Kunden neue Geschäftsmodelle entstehen schnell neue Produkte und Services entwi- können? Diese Technologie wollen wir selbst entwickeln. ckeln. Auch diesen Kulturwandel treiben wir Wenn schon jemand unser Geschäftsmodell als Innovatoren voran. Wir kommen ja als Thomas Birr: Natürlich! Ich würde sogar noch angreift, dann wollen wir es selbst sein. Konzern aus einer Welt ganz anderen Welt und weiter gehen: Nur im Dialog mit den Kunden
19 Thomas Birr Thomas Birr, geboren am 21. September 1965 in Hamburg, absolviert zunächst eine Ausbildung zum Feinmechaniker in Hamburg. Anschließend studiert er Maschinenbau in Hamburg mit Abschluss als Diplom-Ingenieur 1992. Im selben Jahr beginnt er seine berufliche Tätigkeit bei der Firma Mannesmann KTI. Im Bereich Projektmanagement und Vertrieb arbeitet er hier in verschiedenen Positionen an unterschiedlichen Standorten. Seit Eintritt in die VEW Energie AG im Mai 1999 und der Fusion zwischen VEW und RWE im Oktober 2000 übernahm er verschiedene leitende Positionen in den Bereichen Handel, Vertrieb und Netz. Als Leiter der Business Unit Industrielle Energieversorgung der RWE Solutions AG ist er ab Oktober 2003 verantwortlich für alle industriellen Key Accounts der RWE Gruppe, bis er im April 2005 Geschäftsführer der RWE Key Account GmbH wird. Von April 2008 bis August 2009 ist Thomas Birr Vorstandsvorsitzender der RWE Westfalen-Weser-Ems AG. Seit September 2009 leitet Thomas Birr die Konzernstrategie und Unternehmensentwicklung der RWE AG und seit Juli 2015 zusätzlich den RWE Innovation Hub. entstehen neue Geschäftsmodelle. Deshalb ist Konzern ein Ecosystem von Partnern, einen Pöyry: Wie beurteilen Sie die Innovations- für uns ja auch der Kulturwandel innerhalb des ganz engen Draht in die Start-Up-Szene, wo fähigkeit der Energieversorger im Vergleich zu Unternehmens so wichtig. Unsere derzeit rund jeden Tag viele neue Ideen entwickelt werden. anderen Branchen? 16 Millionen Stromkunden und 7 Millionen Wir sind als RWE heute international bei den Gaskunden in Europa sind unser wichtigstes Start-Ups sehr gut vernetzt. Das hat vor weni- Thomas Birr: In vielen Industrien ändern sich Gut. Deshalb müssen wir uns vom Gedanken gen Wochen auch unser Blockchain-Contest gerade fundamental die Spielregeln. verabschieden, dass Energiewirtschaft vom in Berlin wieder gezeigt: Wir haben weltweit Ende her geplant wird, nach dem Motto: Da junge Tech-Firmen aufgerufen, an unserem Was bislang als unumstößlich galt, löst sich wollen wir hin, was müssen wir planen, um „Blockchain Innovation Award“ teilzunehmen. in Luft auf. Das gilt in großen Teilen auch für dorthin zu kommen? Heute leben wir in einer die Energiebranche. Welt, in welcher der Kunde bestimmt und Die Reaktion war großartig: Mehr als 100 mitredet, selbst Strom erzeugt und am Markt junge Technologie-Firmen aus Europa, den Ich kann Ihnen zu unseren Wettbewerbern teilnimmt. USA, Russland, Afrika und Australien haben nichts sagen. Aber eins steht fest: Wir bei RWE sich auf den Award beworben. Das zeigt, dass behalten unser hohes Innovationstempo bei, Pöyry: Große Konzerne wie RWE gelten oft wir als RWE bei den jungen Technologie-Un- um unseren Kunden Lösungen anzubieten, die als schwerfällig und wenig innovativ, zumin- ternehmen einen sehr guten Ruf genießen und sie davon überzeugen, dass RWE der vertrau- dest im Vergleich zu kleinen Start-Ups. Wie als Partner anerkannt sind. Wir bringen eben enswürdige und leistungsstarke Partner der schaffen Sie es trotzdem, Innovationen zu nicht nur Geld mit wie andere Investoren. Energiewende ist. entwickeln, wo nehmen Sie die Ideen her, lesen Sie spezielle Innovationszeitschriften? Wir bieten unser eigenes Know-how und suchen Impulse für unser operatives Thomas Birr: Innovationsmagazine sind ja Geschäft. Das macht uns zu einem sehr meistens schon veraltet, wenn sie aus der attraktiven und zuverlässigen Partner Druckerpresse kommen. Sie brauchen als für Start-Ups.
PÖYRY POST 20 INTERVIEW INTERVIEW ULI HUENER, HEAD OF INNOVATIONMANAGEMENT DER ENBW AG Reden ist Silber – Innovation ist Gold Pöyry: Wie steigert ihren Ideen zu neuen Geschäftsmodellen Uli Huener die EnBW ihre Innovationsfähigkeit? arbeiten, um diese bis zur Marktreife weiter- Uli Huener war Geschäftsführer der Yello Strom zuentwickeln. Vorteil des Campus ist, dass GmbH von September 2009 und ab März Uli Huener: Die EnBW steigert ihre Innova- sich die Mitarbeiter dort zu 100 Prozent auf 2012 ebenfalls Geschäftsführer der EnBW tionsfähigkeit, indem sie gewohnte Muster die neuen Projekte fokussieren können. Vertrieb GmbH. Die Verantwortung für das bricht und offen für Neues ist. Konkret Darüber hinaus wird die Innovationsfähigkeit Innovationsmanagement bei der EnBW AG hat bedeutet das, Geschäftsideen schnell und un- der Mitarbeiter über Methoden, wie z.B. er am 1. Oktober 2013 übernommen. Uli Huener abhängig von Bereichsgrenzen und internen „1492@EnBW@” weiter vorangetrieben. In studierte an den Universitäten Bielefeld und Prozessen zu entwickeln und darüber hinaus diesem Programm können Mitarbeiter neben Hamburg Mathematik sowie BWL und erlangte partnerschaftlich mit externen Start-Ups auf ihrer Linientätigkeit bis zu sechs Monaten am California Institute of Technology den Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Unter- bereichsübergreifend in einer Projektstruktur Master of Science in Angewandter Mathematik. stützend dabei sind Formate zur Ideengene- an vorgegebenen Themen arbeiten. Vor seinem Wechsel in die Energiebranche rierung wie Design Thinking, Business Model war Uli Huener bei der Deutschen Telekom Canvas, agiles Arbeiten etc. Damit haben Eine ständige Ideengenerierung und Ideen- verantwortlich für das DSL- und Festnetz- wir bereits gute Erfahrungen gemacht und bewertung stellen wir durch eine interaktive Geschäft. Insgesamt blickt er auf 25 Jahre werden diese neue Art zu arbeiten weiter in Ideen-Plattform sicher, auf der alle Mitar- internationaler Erfahrung in verschiedenen das Unternehmen tragen. beiter ihre Ideen einstellen und bewerten Managementfunktionen in der IT- und und kommentieren können. Telekommunikationsbranche zurück - vom Pöyry: Wie ist das Thema Innovation in Start-Up bis zum Großkonzern. Ihrem Unternehmen verankert und über Somit schaffen wir Transparenz und Ideen- welche Plattformen gehen Sie ihm nach? generierung auf allen Ebenen, damit gute Ideen nicht verloren gehen können. besetzen in Teilen unsere Geschäftsfelder. Uli Huener: Die Innovationsstrategie ist Teil Um dem standzuhalten, müssen wir viel der EnBW Strategie und somit klar mit allen Pöyry: Wie können Unternehmen aus Ihrer flexibler, schneller und ideenreicher werden. Zukunftsthemen verankert. Hierbei spielt der Innovationskultur einen nachhaltigen Wett- Denn genau das ist der Wettbewerbsvorteil, EnBW InnovationsCampus als das Herzstück bewerbsvorteil generieren? den diese Unternehmen aktuell noch haben. unserer Innovationsstrategie eine bedeutende Wir haben diese Zeichen erkannt und re- Rolle. Dort können interne Start-Ups für Uli Huener: Immer öfter drängen branchen- agieren mit unserer Innovationsstrategie und mehrere Monate in kleinen agilen Teams an fremde Unternehmen in unsere Märkte und den daraus resultierenden Maßnahmen
21 Uli Huener: Ich bin davon über- Pöyry: Wie beurteilen Sie die Innovations- zeugt, dass im Dialog mit Kunden fähigkeit der Energieversorger im Vergleich Bedürfnisse und Rahmenbedingungen zu anderen Branchen? erfasst werden können. Ohne den Dialog bereits darauf. Soll heißen: Wir lernen von mit Kunden können wir keine erfolgreichen Uli Huener: Ich glaube, mittlerweile haben Start-Ups und arbeiten mit ihnen auf Augen- Produkte entwickeln. Produktideen müssen alle Energieversorger erkannt, dass sie ihre höhe zusammen. Das schafft bisher unge- immer wieder mit dem Kunden verprobt und Innovationsfähigkeit steigern müssen, um nutzte Synergien, die wir auch in Zukunft hinterfragt werden, um ein Gespür dafür zu in Zukunft überhaupt noch eine Chance am weiter ausbauen werden. Eine Maßnahme bekommen, welche Bedürfnisse ein Produkt Markt zu haben. Die Energiebranche muss ist etwa die Investition in strategisch wichtige tatsächlich befriedigen sollte. sich neu erfinden. Das bietet Chance und junge Unternehmen. Risiko zugleich. Eine andere Alternative haben Wir arbeiten aus diesem Grund mit dem wir nicht. In der Umsetzung gibt es allerdings Eigens dazu haben wir die EnBW New Design-Thinking-Ansatz, über den die rich- noch viel Potenzial nach oben. Ventures GmbH gegründet, die sich mit tigen Fragen nach dem Verbraucher, seinen Wagniskapital an Start-Ups beteiligt. Lebensumständen und seinen Bedürfnissen gestellt werden. Pöyry: Innovation bedeutet auch Verände- rung. Inhärent ist der Widerspruch zu In einem agilen Prozess kann man diese Fra- Gewohntem. Wie kommunizieren Sie die gen während der Produktentwicklung immer Notwendigkeit von Innovation, etwa in Hin- wiederholen. blick auf Ihre Mitarbeiter oder hinsichtlich der Erwartungen Ihrer Kunden? Pöyry: Ihre Kunden erwarten von Ihnen ein einwandfreies, fehlerfreies Produkt – jetzt Uli Huener: zu Zeiten der Energiewende vielleicht noch Innovation kann man nicht kommunizieren. mehr als zuvor. Fehler aber liefern Lernef- Innovation muss man leben und erleben. fekte und sind die Grundlage von Innovation. Genau das tun wir bei der EnBW. Wie meistern Sie diesen Spagat? Aus der Notwendigkeit eines Umbaus unseres Uli Huener: Natürlich müssen wir bei sicher- Konzerns entstehen innovative Ansätze, heitsrelevanten Themen wie bisher auf eine andere Strukturen, Denkweisen und Arbeits- null Fehlertoleranz achten. Trotzdem haben prozesse. Diese Transformation wirkt sich wir doch die Chance auch bei unserem Kern- sowohl auf unsere Kultur aus als auch auf die geschäft innovative Ansätze zu denken und daraus entstehenden Produkte und somit daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. natürlich auch auf unsere Kunden. Konkret bedeutet das: Weg vom zentralen Energieversorger hin zu einem dezentralen Pöyry: Glauben Sie, dass im Dialog mit dem Lösungsanbieter, der über digitale Platt- Kunden neue Geschäftsmodelle entstehen formen Energieströme managt und dem können? Kunden entsprechend flexibel anbietet.
PÖYRY POST 22 INTERVIEW INTERVIEW CLAUS WATTENDRUP, GESCHÄFTSFÜHRER VATTENFALL EUROPE INNOVATION GMBH Veränderungen ehrlich kommunizieren Pöyry: Wie steigert Vattenfall seine Innova- dem Unternehmen heraus aufzubauen. Haushalte und fördert Transparenz und Indi- tionsfähigkeit? vidualisierung. All diese Veränderungen brin- Ein Beispiel dafür ist „green:field“. Hier gen neue Erwartungen seitens der Kunden Claus Wattendrup: Unser Leitgedanke ist, bringen wir Menschen mit erfolgsverspre- und der Gesellschaft hervor. Um auch in dass nachhaltige Innovationen nicht im chenden Geschäftsideen innerhalb und Zukunft eine bedeutende Rolle zu spielen, Elfenbeinturm entstehen, sondern nah am außerhalb von Vattenfall zusammen und un- müssen wir Teil dieser neuen Welt sein. Kunden. Aktuelle Beispiele dafür sind unsere terstützen sie, ihre Projekte zu verwirklichen peer-to-peer-Plattform „powerpeers“ und sowie sie bei uns zu integrieren. Pöyry: Innovation bedeutet auch Verände- unsere neue Batterie „SunBESSy“. Beides rung. Inhärent ist der Widerspruch zu haben wir im Dialog mit unseren Kunden so So profitieren Start-Ups vom Know-how und Gewohntem. Wie kommunizieren Sie die weiterentwickelt, dass sie auf die Bedürfnisse den Ressourcen eines erfahrenen Unterneh- Notwendigkeit von Innovation, etwa in Hin- der Konsumenten zugeschnitten sind. mens. Und wir von ihrer Dynamik und den blick auf Ihre Mitarbeiter oder hinsichtlich frischen Ideen. der Erwartungen Ihrer Kunden und wie Pöyry: Wie ist das Thema Innovation bei Vat- stehen Sie bei Vattenfall zum Thema tenfall verankert und über welche Plattfor- Pöyry: Wie können Unternehmen aus ihrer Customer Co-Creation? men und Initiativen gehen Sie ihm nach? Innovationskultur einen nachhaltigen Wett- bewerbsvorteil generieren? Claus Wattendrup: Es stimmt schon, dass Claus Wattendrup: Wir versuchen, die Inno- Veränderungen nicht von jedem begrüßt vationskultur auf allen Unternehmensebenen Claus Wattendrup: Wichtig für eine In- werden. Besonders in Deutschland sieht zu verankern. Die Innovationsabteilung ist novationskultur ist, dass möglichst viele im man neue Produktideen und Entwicklungen deshalb keine Zentrale in Stockholm. Vielmehr Unternehmen offen sind für das Neue: CEO, schnell kritisch. verfügt jede Geschäftseinheit vor Ort über Aufsichtsrat, Manager regionaler Geschäfts- eigene Innovationsabteilungen, die neue bereiche – alle sind sich einig, dass wir neue Das Wichtigste bei der Kommunikation von Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln. Ideen brauchen, um auch in Zukunft profita- Veränderungen ist Ehrlichkeit. Niemand Der Grund dafür ist derselbe wie gerade bel zu sein. Das ist natürlich auch die Folge bei Vattenfall weiß mit 100-prozentiger angesprochen: ohne die Nähe zum Kunden unseres strategischen Wandels: weg von Sicherheit, wie die Energiebranche in stochern wir bei neuen Entwicklungen nur im der Energieerzeugung durch konventionelle Zukunft aussehen wird. Deshalb befinden Dunkeln. Die dezentrale Organisation erlaubt Rohstoffquellen und hin zu individuellen und wir uns, genauso wie unsere Wettbewerber, es uns, Kundenwünsche einzuschätzen und nachhaltigen Energielösungen. Heute konkur- auf einer Reise und versuchen Kunden, aber grobe Fehler schnell zu beheben. Darüber rieren wir mit Start-Ups, Google und Tesla auch kritische Kollegen von den neuen Ideen hinaus haben wir Plattformen initiiert, um genauso wie mit Stadtwerken und großen zu überzeugen. neue Ideen sowohl von außen als auch aus Energieerzeugern. Die Digitalisierung vernetzt
23 Claus Wattendrup leitet bei Vattenfall das Business Development für die Erneuerbaren Energien. Mit seinen Teams baut er neue Geschäftsbereiche in verschiedenen Ländern auf, um Vattenfall fit für die Zukunft zu machen. Dafür entwickelt er neue Geschäftsmodelle, investiert in vielversprechende Technologien und arbeitet mit innovativen Start-Ups zusammen. Was ihm dabei hilft, sind seine vorherigen Erfahrungen als Gründer von zwei Unternehmen und Unternehmensberater. Claus Wattendrup hat Energie- und Verfahrenstechnik in Berlin und London studiert. Denn erfolgreich sein können wir nur, wenn möglichst alle im Unternehmen sich die Energielösungen wollen, welche ihr Leben Pöyry: Wie beurteilen Sie die Innovations- an Veränderungen beteiligen und selbst vereinfachen. fähigkeit der Energieversorger im Vergleich versuchen, in ihrem Bereich Innovationen zu anderen Branchen? anzustoßen. Verschiedene Plattformen Der Kunde ist das Zentrum und Ausgangs- helfen dabei: Zum einen kommunizieren wir punkt unserer Innovationsbestrebungen. Claus Wattendrup: Die Energiewirtschaft über unser Firmen-Netzwerk „Connect Us“. war in der Vergangenheit selten innovativ. Im Hier informieren wir uns über Neuigkeiten, Gegensatz etwa zur Automobilbranche, die kritisieren und loben einander – besonders in Pöyry: Vattenfall-Kunden erwarten einwand- ständig Technik und Design ihrer Produkte turbulenten Zeiten der Energiewirtschaft ist freie, fehlerfreie Produkte – jetzt zu Zeiten weiterentwickelt hat, lieferten wir Strom und das unerlässlich, um an aktuellen Entwicklun- der Energiewende vielleicht sogar mehr als Wärme – hier gibt es wenig Differenzierungs- gen beteiligt zu sein. zuvor. Fehler aber liefern Lerneffekte und potenzial. Erneuerbare Energien und die sind die Grundlage von Innovation. Wie Digitalisierung ändern dies und eröffnen neue Zum anderen fördern wir durch Ideenwett- meistern Sie diesen Spagat? Geschäftsmöglichkeiten. Das erfordert eine bewerbe, bspw. „Nuon next“ und „Vattenfall neue Unternehmenskultur, eine gesunde Por- Vision“, kreative Einfälle der Kollegen. Claus Wattendrup: Das ist ein schmaler tion Risiko und neue Kooperationen. Grat. Es liegt in der Natur der Sache, dass So signalisieren wir, dass Innovationen Pioniergeist Risiko mit sich bringt, und wir nicht gleichbedeutend sind mit Kritik am sind bereit, dieses finanzielle und strukturelle Status quo, sondern mit einem Interesse Risiko einzugehen. Auf der anderen Seite am Fortschritt des Unternehmens. wissen die Kunden auch, dass viele Produkte, wie etwa im Bereich „Smart Home“, sich Pöyry: Glauben Sie, dass im Dialog mit dem im Entwicklungsprozess befinden. Oftmals Kunden neue Geschäftsmodelle entstehen überwiegt hier die Begeisterung für Neues können? die kleineren und größeren Mängel. Das war bei der ersten Generation der Smartphones Claus Wattendrup: Ja, natürlich. Es ist unsere nicht anders. Gleichzeitig versuchen wir das oberste Pflicht, dem Kunden zuzuhören und Risiko eines unbrauchbaren Produktes zu ihm das anzubieten, was er möchte. Wir ge- minimieren, indem neue Entwicklungen ver- hen hier als Branche durch einen Kulturwan- schiedene Innovationsphasen durchlaufen: del: Als ehemalige Monopolisten und Anbieter Anfangs wägen Experten und erfahrene Mit- von einem Produkt, das jeder benötigt, konnte arbeiter mögliche Chancen und Risiken ab, sich unsere Branche bis vor zehn Jahren die einem Produkt begegnen können. Aber erlauben, sich nicht allzu intensiv mit dem schon in einer frühen Phase lassen wir es von Kunden zu beschäftigen. Heute gehen wir von Kunden testen, die zwar kritisch, aber uns Kunden als Menschen und Unternehmen mit dennoch wohlgesonnen sind. Erst dann wird Bedürfnissen, Neigungen und Interessen aus, ein Produkt am freien Markt angeboten.
PÖYRY POST 24 INTERVIEW INTERVIEW THORSTEN MARQUARDT, MANAGING DIRECTOR Erst crazy – dann disruptiv Pöyry: Wie steigert E.ON seine Entwicklung neuer Produkte und innovativer Thorsten Marquardt Innovationsfähigkeit? Kundenlösungen ebenso wie das Geschäft mit leitet bei E.ON das :agile accelerator Programm, den erneuerbaren Energien. Er verantwortet das er seit Mitte 2013 aufgebaut hat. Bei der Thorsten Marquardt: Mit der Trennung von auch unsere Venture Capital Investments. Da- Entwicklung und Förderung der E.ON internen E.ON und Uniper sind wir einen großen in- raus ist etwa die Kooperation mit Thermondo und externen Start-Ups ist ihm insbesondere novativen Schritt gegangen und haben unsere entstanden. der Fokus auf die Kundenbedürfnisse Gedanken ganz neu sortiert. Innovation bei wichtig. Mit viel operativer Erfahrung aus der E.ON wird von anderen Themen getrieben Außerdem geben wir dem Thema Innovation Energiewirtschaft ist Thorsten Marquardt stets und erfordert eine andere Herangehens- über Corporate Acceleration neue Impulse. ein Querdenker, ein Change Manager und weise als etwa Kraftwerksthemen. Außerdem Schon 2013 sind wir neue Wege gegangen Coach. Immer auf der Suche nach Innovation arbeiten wir an unserer Innovationskultur, aus und haben den :agile accelerator gegründet. und Herausforderung, schwimmt er auch gerne der heraus erst Innovation entsteht. Und das mal gegen den Strom. Veränderungsbereitschaft müssen wir erst lernen. Unser Business war Seitdem fördern wir quartalsmäßig bis zu zehn gehört zu seinem Leben, vor :agile verbrachte er langfristig angelegt. Jetzt ist daraus quasi über Geschäftsideen mit Energiebezug – erst nur viel Zeit in Nordafrika als Director Public Affairs Nacht ein sehr schnelllebiges, wettbewerbs- von internen Ideengebern und seit Herbst bei der Desertec Industrial Initiative und davor intensives und noch kundenorientierteres 2014 nehmen wir auch externe Start-Ups und drei Jahre in Schweden als Leiter Strategie und Geschäft geworden. Wir stecken mitten in Gründer auf. Über dieses Dreimonatspro- Analyse bei der E.ON Sverige AB in Malmö. einem Kulturwandel, und das bedeutet auch, gramm unterstützen wir die Start-Ups, schnel- die Organisation neu auszurichten – neues ler am Markt zu sein. :agile trägt heute einen Gedankengut und auch neue Gesichter. wichtigen Teil zum Kulturwandel und zur Ent- disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln. wicklung innovativer Geschäftsmodelle bei. Um solche Schätze zu bergen, muss man Pöyry: Wie ist das Thema Innovation in zuhören und Freiheitsgrade zur Entwicklung Ihrem Unternehmen verankert und über Pöyry: Wie können Unternehmen aus ihrer der Idee schaffen. Das tun wir bei :agile. welche Plattformen und Initiativen gehen Innovationskultur einen nachhaltigen Wett- Sie ihm nach? bewerbsvorteil generieren? Wir scouten junge Unternehmern und Start- Ups, um uns mit ihnen auszutauschen und Thorsten Marquardt: Zunächst einmal Thorsten Marquardt: Erst mal brauchen sie sinnvoll mit ihnen zusammen zu arbeiten. wurden wichtige Struktur- und Personalent- überhaupt eine Innovationskultur, auch um Es gibt unzählige gute Geschäftsideen am scheidungen getroffen. Im Vorstand wurde den Wert wirklich innovativer Ideen zu erken- Markt – nicht nur wir kennen diese auch die Funktion des Chief Markets Officer (CMO) nen und zu schätzen. Häufig hat gerade die unsere Wettbewerber kennen sie. Und es neu geschaffen. Seit dem 2. Quartal 2016 ver- Idee, die wir als „abgefahren” oder „crazy” gibt viele gute Start-Ups. antwortet Dr. Karsten Wildberger als CMO die bezeichnen, das größte Potenzial aus ihr ein
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