SCHIFFBAU UND MARITIME WIRTSCHAFT IN FINNLAND - Zielmarktanalyse - iXPOS
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Impressum Herausgeber enviacon international eine Marke der enviacon GmbH Schloßstraße 26 12163 Berlin Text und Redaktion Laura Schwarzer Valentin Hoyer enviacon international eine Marke der enviacon GmbH Schloßstraße 26 12163 Berlin Gestaltung und Produktion enviacon international Stand April 2019 Die Studie wurde im Rahmen des BMWi- Markterschließungsprogramms für das Projekt „Geschäftsanbahnung für deutsche Unternehmen und Zulieferer mit Produkten und Dienstleistungen im Bereich Schiffbau, Maritime Wirtschaft mit Fokus auf Passagierschiffbau, Technologien für arktischen Schiffbau und IKT-Lösungen“ erstellt und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Die Zielmarktanalyse steht der Germany Trade & Invest GmbH sowie geeigneten Dritten zur unentgeltlichen Verwertung zur Verfügung. Sämtliche Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen unmittelbar oder mittelbar verursacht werden, haftet der Herausgeber nicht, sofern ihm nicht nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden zur Last gelegt werden kann. 2
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................. 5 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................................................... 6 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................ 7 1. Abstract ................................................................................................................................................ 8 2. Einführung: Zielmarkt Finnland ........................................................................................................... 9 2.1 Allgemeine Länderkennzahlen und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen ................................ 9 2.2 Wirtschaftsdaten ............................................................................................................................... 12 2.3 Außenhandel und Investitionsklima ................................................................................................. 13 3. Branchenspezifische Informationen ................................................................................................... 18 3.1 Allgemeiner Marktüberblick ............................................................................................................ 18 3.2 Branchentrends: Ausgewählte Chancen und Herausforderungen .................................................... 20 3.2.1 Großaufträge in den Werften..................................................................................................... 20 3.2.2 Forschung und Entwicklung – Chance für Innovationen .......................................................... 21 3.2.3 Umweltpolitik – Chance für neue Investitionen ........................................................................ 22 3.2.4 Herausforderungen der Branche ............................................................................................... 23 3.3. Regierungsstrategien zur Unterstützung der Branche ..................................................................... 24 3.3.1 Empfehlungen zur Erneuerung und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der finnischen Schifffahrtsindustrie (2013) ................................................................................................................ 24 3.3.2 Die finnische Seeverkehrs-Strategie 2014-2022........................................................................ 24 3.3.3. Fördermöglichkeiten für deutsch-finnische Kooperationen ..................................................... 25 4. Markteinstieg in der Praxis................................................................................................................. 26 4.1 Politische, steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................ 26 4.1.1 Politische Rahmenbedingungen ................................................................................................ 26 4.1.2 Steuerliche Rahmenbedingungen .............................................................................................. 28 4.1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................................... 29 4.2. Technische und logische Voraussetzungen ..................................................................................... 30 4.2.1 Zollinformationen ...................................................................................................................... 30 5.2.2 Logistik und Transport in Finnland .......................................................................................... 32 4.3. Stärken und Schwächen des finnischen Marktes............................................................................. 33 4.4. Geschäftskultur in Finnland ............................................................................................................ 34 5. Übersicht über zentrale Marktakteure, Messen und weiterführende Informationen .......................... 36 5.1 Verbände und öffentliche Einrichtungen.......................................................................................... 36 5.2 Marktakteure .................................................................................................................................... 37 5.3 Messen im Zielland .......................................................................................................................... 42 3
5.4 Forschung ......................................................................................................................................... 42 6. Literaturverzeichnis ............................................................................................................................ 43 4
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Nationalflagge der Republik Finnland ................................................................................... 9 Abbildung 2: Lage der Republik Finnland in Europa ................................................................................ 10 Abbildung 3: Veränderung des BIP in %, nominal .................................................................................... 13 Abbildung 4: Ausländische Direktinvestitionen in Mio. Euro, Stand 2016 ............................................... 14 Abbildung 5: Exporte aus Finnland nach Deutschland 2018 ..................................................................... 15 Abbildung 6: Einfuhren aus Deutschland nach Finnland 2018 .................................................................. 16 Abbildung 7: Anzahl der Projekte ausländischer Direktinvestitionen ....................................................... 17 Abbildung 10: Unternehmenscluster der maritimen Branche in Finnland ................................................. 22 5
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Basiswissen Finnland ................................................................................................................ 11 6
Abkürzungsverzeichnis ADI = Ausländische Direktinvestitionen AG = Aktiengesellschaft BIP = Bruttoinlandsprodukt BMWi = Bundesministerium für Wirtschaft und Energie EU = Europäische Union EUR = Euro EWR = Europäischer Wirtschaftsraum F&E = Forschung und Entwicklung GmbH = Gesellschaft mit beschränkter Haftung GTAI = Germany Trade and Invest IKT = Informations- und Kommunikationstechnologie kg = Kilogramm km = Kilometer km² = Quadratkilometer km/h = Kilometer pro Stunde Mio. = Millionen Mrd. = Milliarden NATO = North Atlantic Treaty Organization OECD = Organization for Economic Cooperation and Development p. a. = per annum (pro Jahr) Tsd. = Tausend UNCTAD = United Nations Conference on Trade and Development USD = US-Dollar z. B. = zum Beispiel 7
1. Abstract Die vorliegende Zielmarktanalyse zeigt, dass es sich trotz des an sich kleinen Marktes lohnt, Finnland im Blick zu haben. Die finnische Regierung verfolgt in einem Strategieplan den Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Schiffbausektors. Wichtige Marktsegmente sind dabei Kreuzfahrtschiffe, Autofähren, Öl- und Gasförderer sowie umweltfreundliche Technologien. In den letzten Jahren stieg vor allem die internationale Nachfrage nach Kreuzfahrtschiffen. Dieser Aufwärtstrend soll sich Prognosen zufolge in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Besonders im Hinblick auf Digitalisierung, Umweltschutz und intelligente Logistik wird die moderne Schifffahrt zunehmend als Chance verstanden. Durch eine Verschärfung der Umweltauflagen werden in der maritimen Branche Auf- und Nachrüstungen notwendig. Diese weisen auch auf absehbare Zeit auf eine gute Auftragslage für den Sektor hin. Gepaart mit den steigenden Investitionen in Digitalisierung und Automatisierung entstehen so Chancen für gemeinsame Investitions- und Innovationsprojekte im Bereich der maritimen Wirtschaft. Die Zugehörigkeit beider Länder zur Europäischen Union erleichtert den Markteinstieg für deutsche Unternehmen ungemein, da alle relevanten Bestimmungen den einheitlichen EU-Regelungen folgen. Auch zahlreiche kulturellen Gemeinsamkeiten sowie die unkomplizierte finnische Geschäftskultur sind von Vorteil für den erfolgreichen Einstieg in den finnischen Markt. Die Zielmarktanalyse wurde in Vorbereitung der „Geschäftsanbahnung für deutsche Unternehmen und Zulieferer mit Produkten und Dienstleistungen im Bereich Schiffbau, Maritime Wirtschaft mit Fokus auf Passagierschiffbau, Technologien für arktischen Schiffbau und IKT-Lösungen“ in Finnland (Mai 2019) im Rahmen des BMWi-Markterschließungsprogramms erstellt. Sie bietet deutschen Anbietern aus den genannten Bereichen, sowie allgemeinen Interessenten des Zielmarktes, erste Einblicke. Inhaltlich wird in einem ersten Schritt die wirtschaftliche und politische Lage Finnlands thematisiert, um dann im Detail auf Charakteristika und Trends der Schiffbaubranche und der maritimen Wirtschaft im Zielmarkt einzugehen. Ergänzend werden Hinweise zum Markteinstieg in der Praxis gegeben. Hier werden insbesondere steuerliche und rechtliche Aspekte thematisiert, Markteintrittsformen aufgezeigt und „kulturelle Fallstricke“ behandelt. Eine übersichtliche SWOT-Analyse zeigt resümierend Stärken und Schwächen sowie zukünftige Potenziale der Branche. Eine Auflistung relevanter Unternehmen, Institutionen und Behörden in Finnland runden die Marktstudie ab. Als Informationsquellen wurden aktuelle Daten vorrangig aus den Jahren 2015 bis 2018 verwendet. Neben Primärquellen (z. B. Gesetzestexte) wurden Veröffentlichungen von Verbänden, Fachzeitschriften, Regierungseinrichtungen und weiteren relevanten Akteuren ausgewertet. Weiterführende Angaben wurden durch Erhebungen der Deutsch-Finnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Finnland) eingebracht. 8
2. Einführung: Zielmarkt Finnland 2.1 Allgemeine Länderkennzahlen und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen Die Republik Finnland ist eines der nördlichsten Länder der Welt – gelegen in Nordeuropa, zwischen Schweden und Russland, angrenzend an die Ostsee sowie den Bottnischen Meerbusen und den Finnischen Meerbusen. Die Küste Finnlands erstreckt sich auf einer Gesamtlänge von 1.100 km. In Finnland leben rund 5,5 Mio. Einwohner auf einer Fläche von insgesamt 338.448 km². Damit ist das Land eines der am geringsten besiedelten Gebieten in Europa. Der Großteil der Bevölkerung lebt in und um die Großstädte Helsinki (1,63 Mio.), Espoo (276 Tsd.), Tampere (228 Tsd.), Vantaa (219 Tsd.) und Turku (188 Tsd.). Die Amtssprachen sind Finnisch und Schwedisch. Die Währung ist der Euro. Abbildung 1: Nationalflagge der Republik Finnland Quelle: CIA World Fact Book Finnland gehört heute zu den wohlhabendsten Volkswirtschaften der Europäischen Union (EU). Das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes lag 2017 bei 223,5 Milliarden USD. Das entspricht einem nominalen Pro-Kopf-Einkommen von 46.017 USD.1 Damit ist Finnland unter den TOP 20 weltweit. Bereinigt man das BIP um die Kaufkraftparität zählt das Land immer noch zu den TOP 30 der wohlhabendsten Volkswirtschaften der Welt. Im Global Competitiveness Index, welcher die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes misst, schneidet Finnland ebenfalls hervorragend ab (Platz 10 von 137),2 ebenso wie bei dem Index für wirtschaftliche Freiheit (Platz 24 von 180). Finnland ist Teil der Europäischen Union und damit ebenso wie Deutschland Teil des europäischen Binnenmarktes. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Zugehörigkeit zur Eurozone, welcher insgesamt 18 Länder angehören. 1 Auswärtiges Amt (2019): Finnland: Überblick. Link 2 World Economic Forum (2019): Finnland. Link 9
Abbildung 2: Lage der Republik Finnland in Europa Quelle: CIA World Fact Book Der wirtschaftliche Aufbau Finnlands gleicht dem anderer entwickelter Volkswirtschaften. Der Anteil des tertiären Sektors am BIP liegt bei circa 60 % und wächst seit vielen Jahren beständig. Der sekundäre Sektor macht einen Anteil von 38 % aus und konnte von 2016 auf 2017 leicht zulegen. Dem primären Sektor kommt mit einem Anteil von 2 % nur eine geringe Rolle in der finnischen Wirtschaft zu. Die Entwicklung des Sektors stagniert seit vielen Jahren3. Bis vor einigen Jahren war die Holz- und Papierindustrie das industrielle Standbein des Landes, da die Finnischen Wälder die wichtigsten Rohstoffvorkommen des Landes sind. Auch heute noch entfällt ein Anteil von 12 % der industriellen Produktion auf die Holz- und Papierindustrie. In den letzten Jahren wurde die Holz- und Papierindustrie jedoch in ihrer Bedeutung von der Metall- und Elektroindustrie überholt. Beide machen inzwischen jeweils 20 % der industriellen Produktion aus. Zu der Metallindustrie gehören vor allem Zulieferer und Hersteller für die Forstwirtschaft. Auch der Maschinen-, Fahrzeug- und Schiffbau machen einen großen Teil aus. Im Bereich der Elektroindustrie ist besonders der Telekommunikationsbereich mit dem Branchenriesen Nokia und seinen Zulieferern zu nennen. Die Bevölkerungsentwicklung in Finnland weist signifikante Parallelen zu der in Deutschland auf. Seit vielen Jahren ist sie von einer andauernden, aber nicht stetigen Landflucht geprägt. Besonders junge Menschen ziehen in die Großstädte, um dort zu arbeiten und sich ausbilden zu lassen, weshalb vor allem die ländlichen Gebiete in Ost- und Mittelfinnland mit dem Problem der Überalterung zu kämpfen haben. Aber auch in den Ballungszentren zeigt sich eine Tendenz zur Alterung. Durch einen regen Zuzug aus dem Ausland besteht jedoch kein negatives Bevölkerungswachstum. 3 GTAI (2018): Wirtschaftsdaten kompakt Finnland. Link 10
Die Landessprache Finnisch gilt als eine sehr schwer zu erlernende Sprache. Sie gehört zu den finnisch- ugrischen Sprachen und ist mit Ungarisch und Estnisch verwandt. Allerdings sprechen sehr viele Finnen gutes bis sehr gutes Englisch. Einige sprechen bisweilen auch sehr gutes Deutsch. Wenn man den einheimischen eine Freude machen möchte, kann man dies mit dem Erlernen einiger Höflichkeitsfloskeln tun. Das Bildungsniveau in Finnland ist laut der PISA-Studie überdurchschnittlich hoch. In allen Bereichen belegt das Land einen der ersten vier Plätze und gehört neben Japan, Korea, Kanada und der Niederlande zu der Spitzengruppe. Die Akademikerquote liegt bei 45,5 %, zum Vergleich: in Deutschland beträgt die Quote 32,3 %.4 Die Analphabetenquote liegt bei 0,0 %. Tabelle 1: Basiswissen Finnland Ländername Republik Finnland (Suomen Tasavalta) Hauptstadt Helsinki Parlaments- und Regierungssitz Helsinki Staatsform Parlamentarische Demokratie mit Elementen einer Präsidialdemokratie Staatsoberhaupt Sauli Niinistö (Präsident der Republik Finnland, seit 01. März 2012 im Amt) Regierungschef Die Parlamentswahlen am 14. April 2019 konnten die Sozialdemokraten für sich entscheiden, die Regierung wird zum aktuellen Stand gebildet. Eine Niederlage musste der bisherige Ministerpräsident Juha Sipilä, dessen Regierung im März 2019 zurückgetreten war, einbüßen. Unabhängigkeit Proklamation 6. Dezember 1917 (Loslösung von Russland) Nationalfeiertag 06. Dezember = Unabhängigkeitstag Landessprachen Finnisch und Schwedisch, in Teilen Nordfinnlands auch Nordsamisch, Skoltsamisch und Inarisamisch Einwohnerzahl 5,52 Millionen (Stand Februar 2019) Arbeitslosigkeit 6,7 % (Januar 2019) Währung Euro (EUR) BIP Nominal: 223,5 Mrd. EUR (2017) Pro-Kopf-Einkommen Nominal 40.568 EUR (2017) Vorwahl +358 Quelle: Auswärtiges Amt, CIA World Fact Book, Statistics Finland 4 DerStandard (2016): Akademikerquote: Österreich in EU nur auf Rang 18. Link 11
2.2 Wirtschaftsdaten Noch in den 1970er Jahren war Finnland weltwirtschaftlich betrachtet ein vollkommen unbedeutender Akteur auf dem internationalen Markt. Heute gilt das Land als eine Innovations-Supermacht. Mit insgesamt 70 Patentanmeldungen pro 1 Million Einwohner liegt Finnland weltweit an der Spitze und noch ein gutes Stück weit vor dem zweiten Platz Schweden mit 42 Anträgen auf eine Million Einwohner. Nach dem zweiten Weltkrieg waren viele Finnen von der Landwirtschaft abhängig. Aufgrund der hohen Reparationszahlung, welche Finnland an Russland leisten musste, wurde nach dem Krieg begonnen, die Industrialisierung des Landes voranzutreiben. Es entwickelte sich eine diversifizierte Wirtschaftslandschaft, mit der Metallindustrie als Schwerpunkt. Das schnelle Wirtschaftswachstum war mit einem regen Osthandel verknüpft, weshalb der Zusammenbruch der Sowjetunion auch für Finnland wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zog. Das Bruttosozialprodukt sank in der folgenden Rezession um 13 % und die Arbeitslosenquote stieg auf 18,4 % an. Die Rezession führte zu einem Umdenken in der finnischen Wirtschaftspolitik. Viele vormals staatliche Unternehmen wurden privatisiert und der Staat investierte massiv in die Hochschulbildung und den Hochtechnologiebereich. Der folgende Aufschwung wurde vor allem durch die entstandene Elektroindustrie mit dem Großkonzern Nokia als Zugpferd vorangebracht. Das (reale) Wirtschaftswachstum in Finnland lag 2018 bei 2,9 % und konnte damit im Vergleich zu 2017 leicht gesteigert werden. Für die kommenden Jahre wird allerdings eine Umkehr des Aufwärtstrends hin zu einem Abwärtstrend erwartet. Das prognostizierte Wachstum für das aktuelle Jahr liegt nur noch bei 2,2 % des Vorjahres. Die globale Banken- und Wirtschaftskrise von 2008/09 hat Finnland, als ein besonders globalisiertes Land, hart getroffen. Das BIP hatte einen Rückgang von 8,3 % zu verkraften. In den letzten Jahren hat sich die finnische Wirtschaft jedoch weitestgehend erholt, auch wenn sie noch nicht das Niveau von vor der Krise erreichen konnte. Die Jugendarbeitslosigkeit ist immer noch sehr hoch und liegt bei 18,3 %. Um die wirtschaftliche Lage weiter zu verbessern, bleiben eine Konsolidierung der Haushalte und umfassende Strukturreformen zur langfristigen Verbesserung der Wirtschaftslage zentrale Aufgaben der Wirtschaftspolitik.5 5 GTAI (2018): Wirtschaftsdaten kompakt Finnland. Link 12
5,00% 4,39% 4,50% 4,07% 3,91% 4,00% 3,50% 3,00% 2,50% 2,00% 1,50% 1,00% 0,50% 0,00% 2017 2018 2019 Abbildung 3: Veränderung des BIP in %, nominal Quelle: Eigene Darstellung nach GTAI Da Finnland Teil des Euroraums ist, gilt auch hier das Inflationsziel von 2 % p. a., welches allerdings wie in Deutschland nicht erreicht werden konnte. Die Inflation wurde für 2018 mit 1,25 % angegeben. Für Finnland fallen keine relevanten Ex- und Import- oder Reisebestimmungen an, da es Mitglied der EU ist. Die Lebenshaltungskosten in Finnland sind, ähnlich wie in den anderen skandinavischen Staaten, im europäischen Vergleich hoch. Die Preise liegen 23,5 % über dem europäischen Durchschnitt.6 Der finnische Staatshaushalt wies 2017 ein Defizit von insgesamt 2,9 % des BIP auf. Damit stieg die Staatsverschuldung auf 150,2 Milliarden USD, was im Vergleich einem Anteil von 63,5 % des BIP entspricht. Zu erwarten ist jedoch ein Rückgang der Schuldenquote. Die größten Aufwendungen des Staatshaushaltes fallen für Gesundheit (8,2 %) und Bildung (6,4 %) an. Um seinen Vorsprung bei innovativen Technologien zu erhalten, investiert die finnische Regierung ebenfalls verstärkt in digitale Neuerungen im Zuge der Digitalisierung. Im weiten Feld der Digitalisierung beachtenswert sind in dem nordischen Land vor allem die Entwicklung der Industrie 4.0, der Ausbau des E-Health-Systems, das Forschungsumfeld um den neuen Mobilfunkstandard 5G herum sowie das autonome Fahren auf der Straße und zur See.7 2.3 Außenhandel und Investitionsklima Die finnische Wirtschaft ist stark auf Exporte angewiesen. Insgesamt 80 % des Außenhandels werden mit europäischen Staaten abgewickelt. Zu den wichtigsten Handelspartnern, gemessen am jeweiligen Anteil 6 Der Spiegel: Lebenshaltungskosten. Link 7 GTAI (2018): Digitalisierungsmeister Finnland baut E-Health- und E-Government-Lösungen aus. Link 13
der Importe und Exporte, sind Deutschland, mit einem Anteil von 14,9 %, sowie Schweden und Russland mit einem Anteil von jeweils 11,2 %. ADI Bestand 2016 in Mio. Euro 0 5000 10000 15000 20000 25000 30000 35000 40000 Schweden 35.289 Niederlande 11.916 Luxemburg 7.874 Dänemark 5.448 Deutschland 3.303 USA 1.348 Frankreich 1.132 Vereinigtes Königreich 1.073 Irland 1.055 Japan 994 Other 7.168 Abbildung 4: Ausländische Direktinvestitionen in Mio. Euro, Stand 2016 Quelle: Eigene Darstellung nach GTAI Der Handel mit Deutschland entwickelte sich in den letzten Jahren gut. Finnland ist für Deutschland ein im internationalen Vergleich kleiner, aber über die Jahre hinweg solider und verlässlicher Handelspartner. Umgekehrt ist Deutschland für Finnland seit Jahren der weltweit wichtigste Handelspartner. Wichtige Importgüter aus Deutschland sind chemische Produkte, Maschinen und Kraftfahrzeuge (inklusive Fahrgestelle, Karosserien, Motoren).8 Exportiert werden chemische Produkte, Holz- und Papierprodukte, sowie Metalle. Das Investitionsklima in Finnland ist, nicht zuletzt wegen des gut ausgeprägten Innovationswillens, trotz der letzten Auswirkungen der Finanz- und Bankenkrise von 2008/09 gut. 8 Finnisch-Deutsche Handelsgilde zu Hannover (2018): Außenhandel Niedersachen-Finnland im Jahr 2018. Link 14
Abbildung 5: Exporte aus Finnland nach Deutschland 2018 Quelle: Eigene Darstellung nach Finnischem Zoll9 9 Tulli (2018): Finnisch international trade 2018 – Figures and diagrams. Link 15
Abbildung 6: Einfuhren aus Deutschland nach Finnland 2018 Quelle: Eigene Darstellung nach Finnischem Zoll Insgesamt wurden Schätzungen zufolge 2018 rund 22,9 % des BIP von öffentlicher und privater Seite investiert. Das entspricht einem Investitionsvolumen von circa 53,3 Milliarden Euro. Laut Prognosen soll der Anteil der Investitionen auch in Zukunft weiter steigen.10 Die ausländischen Direktinvestitionen aus Deutschland machten 2017 insgesamt 3 % (2,58 Mrd.) aller bestehenden Direktinvestitionen aus. Damit steht Deutschland hinter Ländern wie Schweden oder Dänemark an der fünften Stelle der Länder, mit den meisten Direktinvestitionen in Finnland. Vor allem wird in die Dienstleistungsbranche (55,2 % aller ausländischen Investitionen) und die Bereiche des verarbeitenden Gewerbes (38 % aller ausländischen Investitionen), darunter Metallerzeugung und Maschinenbau (18,4 %), chemische Industrie (11,2 %) und die holzverarbeitende Industrie (5 %), investiert. 10 GTAI (2018): Wirtschaftsdaten kompakt Finnland. Link 16
Anzahl der ADI-Projekte in Finnland USA 97 (=15%) Schweden 144 (=22%) Deutschland 68 (=10%) Vereinigtes Königreich 43 (= 7%) Estland Andere 36 (=6%) Norwegen 233 (=35%) 36 (=5%) Abbildung 7: Anzahl der Projekte ausländischer Direktinvestitionen Quelle: Eigene Darstellung nach GTAI Insgesamt ist festzustellen, dass Finnland, als ein in besonderem Maße globalisiertes Land, deutlich stärker als andere Länder auf den Außenhandel angewiesen ist. Die Außenhandelsquote betrug 2017 54,5 % des BIP und wuchs damit um 4,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Im Rahmen seiner EU-Mitgliedschaft profitiert Finnland von rund 40 Freihandelsabkommen, die die EU mit circa 70 Staaten weltweit geschlossen hat.11 Über weitere Abkommen wird derzeit verhandelt. 11 GTAI (2018): Wirtschaftsdaten kompakt Finnland. Link 17
3. Branchenspezifische Informationen 3.1 Allgemeiner Marktüberblick Der Schiffbau und die maritime Industrie als Ganzes sind ein wichtiger Teil der finnischen Wirtschaft. Daher werden viele Anstrengungen und Investitionen in die Branche getätigt, um sie für das Land profitabel zu halten. Während die Branche zeitweise einen Rückgang verzeichnete, ist sie in den letzten Jahren stark gewachsen. Derzeit liegen mehr Aufträge bei den wichtigsten Werften vor als in den Vorjahren. Die Projekte bieten Arbeit für fast ein Jahrzehnt, wahrscheinlich noch länger. Dieses außergewöhnliche Wachstum bietet auch gute Geschäftschancen für Subunternehmer und Unternehmen anderer Branchen (vom Innenausbauspezialisten bis zum Technologiehersteller).12 Die maritime Industrie in Finnland umfasst Schiffs- und Offshore-Werften, Schiffsreparaturanlagen, sowie den Schiffbau und schließt damit Gerätehersteller, Turnkey-Lieferanten, Designer, ebenso wie Software- und Systemanbieter mit ein. Über fünf Entwicklungswellen hinweg hat sich die Branche zu dem entwickelt, wofür sie heute steht – Innovation und technologischer Fortschriftt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Standorte Turku und Helsinki für ihre Schiffbauaktivitäten bekannt. Zum Zeitpunkt des Zweiten Weltkrieges wollte man mit den finnischen Schiffbauaktivitäten die Inlandsnachfrage und die nationalen Bedürfnisse decken. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Finnland jedoch verpflichtet, Kriegsentschädigungen an die Sowjetunion zu zahlen, was zur Produktion von 500 verschiedenen Schiffe führte, die von rund einem Dutzend neu errichteter Werften in einem Jahrzehnt gebaut wurden. Diese Entwicklung ließ die finnische Schifffahrtindustrie wachsen und ermöglichte den Einstieg in das Exportgeschäft.13 Später in den 1950er Jahren verbesserten sich die politischen und handelspolitischen Beziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion und führten zu der zweiten Entwicklungswelle, in der finnische Werften Frachtschiffe, Flussschiffe und Schiffe, Boote, Tanker sowie Eisbrecher bauten. Während der dritten Entwicklungswelle, die in den 1960er Jahren begann, baute Finnland Eisschnellfähren, die zwischen Finnland und Schweden in Betrieb waren, sowie fünf Eisbrecher der Urho-Klasse. Darüber hinaus verlagerte die Sowjetunion ihre Aufträge für den Bau von einfacheren Schiffen schrittweise auf die eigenen Werften. Aufgrund der besonderen bilateralen Handelsbeziehungen zu Finnland ließ man Spezialaufträge für Ro-Ro-Schiffe, arktische Tanker und Kreuzfahrtschiffe weiterhin in Finnland fertigen. Als bemerkenswerte Errungenschaft in den 1980er Jahren ist die finnische Produktion von nuklearen 12 OECD (2018): Peer Review of the Finnish Shipbuilding Industry. Link 13 Ebd. 18
Eisbrechern, schwimmenden Fischverarbeitungsanlagen und fortschrittlichen Forschungsschiffe zu nennen. Die vierte Entwicklungswelle begann mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre. Finnische Werften erhielten Aufträge von Neukunden zum Bau von Spezialschiffen, wie beispielsweise Katamaranen aus Aluminium- und Gastankschiffe. Darüber hinaus investierte die finnische Regierung in Mehrzweck-Eisbrecher, für deren Bau die Werften verpflichtet waren, neue innovative technische Lösungen zu entwickeln.14 In den frühen 2000er Jahren wurde die Forschung und Entwicklung im Bereich der Energieeffizienz, der Emissionsminderung und alternativer Kraftstoffe intensiviert. Ein erheblicher Teil der F&E-Arbeit wurde in Zusammenarbeit zwischen den finnischen Unternehmen der maritimen Industrie und Universitäten sowie anderen Forschungseinrichtungen geleistet. Die Finanzkrise von 2008/09 war der Auslöser für die fünfte und letzte Entwicklungswelle. Aufgrund der Finanzkrise verschlechterte sich die Auftragslage im finnischen Schiffbau, insbesondere im Bereich der Kreuzfahrtschiffproduktion. Die schlechte Situation der Branche war nicht zwingend der Anzahl an Aufträgen, sondern der schwierigen Finanzierung von Großaufträgen geschuldet. Im Jahr 2014 erwarb die deutsche Kreuzfahrtschiffbauerfamilie Meyer 70 % der größten finnischen Werft, STX Finland in Turku Oy (heute unter dem Namen Meyer Turku Oy bekannt) und wurde 2015 zu 100 % Eigentümer, so dass das Land seinen wesentlichen Anteil am Kreuzfahrtschiffgeschäft halten kann.15 Heute konzentriert sich der finnische Schiffbau auf drei Marktsegmente: Kreuzfahrt- und andere Passagierschiffe, arktische Schiffe und Technologien sowie grüne Technologien. Seine führende Position im Bau von Kreuzfahrtschiffen bezog Finnland im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts aufgrund von Veränderungen und systematischen Investitionen in die Fahrgastschifftechnologie. Neue Innovationen und der Einsatz hochwertiger Technologien sind dabei ebenso entscheidende Erfolgsfaktoren. Im Bereich des arktischen Schiffbaus und arktischer Technologien konnte Finnland sein Know-how und seine Position in den letzten Jahren ausbauen und stärken. Zurückzuführen auf die nördliche Lage und der damit verbundenen geografischen Notwendigkeit, hat sich für Finnland in dem Segment eine Expertise entwickelt, die durch anhaltende Arbeiten an neuen Eisbrechern und Spezialschiffen weiterentwickelt wird. Heute werden etwa 60 % der weltweit eingesetzten Eisbrecher in Finnland gebaut und das Land investiert weiterhin kontinuierlich in die Wissensbildung in diesem Segment. Zum Beispiel lieferte Arctech Helsinki Shipyard im Jahr 2016 den weltweit ersten LNG-betriebenen Eisbrecher für die finnische Transportbehörde.16 14 OECD (2018): Peer Review of the Finnish Shipbuilding Industry. Link 15 Ebd. 16 Ebd. 19
Auch die Forschung und Entwicklung im Bereich der grünen Technologien stellt einen wichtigen Bestandteil der finnischen maritimen Industrie dar. Die Schwefelrichtlinie forderte die Produktion von "grüneren" Schiffen im SECA-Gebiet einschließlich der Ostsee. Trotz der damit einhergehenden Auflagen, verstanden die Schiffswerften diese Richtlinie auch als eine Chance, das Know-how, das sie im Bereich der sauberen Technologien besitzen, zu fördern. 3.2 Branchentrends: Ausgewählte Chancen und Herausforderungen 3.2.1 Großaufträge in den Werften Die Werft- und Schiffbauindustrie hat in Finnland eine lange Tradition. Finnland war über 500 Jahre lang ein bedeutendes Zentrum für den Schiffbau. Überdies wurden in Finnland die größten Kreuzfahrtschiffe und Fähren der Welt gebaut. Während die Branche unter der jüngsten Rezession litt, verzeichnet sie heute ein starkes Wachstum. Die weltweite Auftragslage der Branche ist derzeit positiv und auch das Auftragsvolumen der finnischen Werften ist gut. Das größte Risiko bei der Umsetzung der Aufträge stellt für Finnland der Mangel an kompetenten Arbeitskräften dar, mit deren Hilfe Projekte dieser Größe realisiert werden können. Es besteht zudem Bedarf an kompetenten Subunternehmern. Im Vergleich zu anderen Ländern, allen voran asiatischen Ländern, baut Finnland nicht viele Schiffe. Dennoch sind die finnischen Werften für ihre hohe Qualität bekannt und deshalb werden hier die größten Luxus-Kreuzfahrtschiffe gebaut. Wie bereits beschrieben, ist die Auftragslage der Werften derzeit gut. Auch die Auftragslage der zur deutschen Meyer Gruppe gehörenden Schiffswerft in Turku ist gut. Die bis 2024 ausgelastete Turkuer Meyer Werft hält die Schiffsexporte mit der Lieferung von „Mein Schiff 1“ (Mai 2018), „Mein Schiff 2“ (2019) und der „Costa Smeralda“ (2019) auf hohem Niveau.17 Die Ausbaupläne der Werft und neue Investitionen im „Blue Industry Park“ in Turku bieten auch deutschen Zulieferern Geschäftschancen. Mit der Fertigstellung und Lieferung des Kreuzfahrtschiffs „Mein Schiff 6“ an TUI Cruises erreichten die finnischen Exporte von Wasserfahrzeugen nach Deutschland 2017 einen Anteil von rund 6 % an den gesamten finnischen Exporten nach Deutschland. Der Umfang der Aufträge dürfte die Arbeitsplätze der Schiffbauindustrie in Südwestfinnland im Zeitraum 2019 bis 2024 verdoppeln. Die Belegschaft von Meyer Turku wird voraussichtlich auf rund 1.600 Mitarbeiter anwachsen. Das gesamte Projektvolumen könnten inklusive Subunternehmer rund 7.000 Arbeitnehmern einen Arbeitsplatz bieten. Das Wachstum ist auf die mehreren großen Schiffe zurückzuführen, die gleichzeitig oder in Folge gebaut werden. Insgesamt ist für den Zeitraum zwischen 2019 und 2024 die Fertigstellung von insgesamt sieben Kreuzfahrtschiffen geplant. Dabei sollen vier 17 AHK Finnland (2018): Wirtschaftsstandort Finnland. Link 20
Schiffe der Helios-Klasse, 2 der Icon-Klasse und die „Mein Schiff 7“ gebaut werden. Der Höhepunkt von Produktion und Beschäftigung wird für 2021 erwartet. Das Unternehmen plant Investitionen in Höhe von 75 Millionen Euro. Die Projekte sollten mindestens bis 2024 laufen und der Gesamtwert der Projekte wird auf 7 bis 8 Milliarden Euro geschätzt. Dies ist sowohl für die Werft als auch für die Subunternehmer von großem Nutzen. Die lange Laufzeit der Projekte garantiert auch den Subunternehmern eine sichere Auftragslage, was wiederum die Zuverlässigkeit ihres Beitrags erhöht, da die Finanzierung bereits gesichert ist. 3.2.2 Forschung und Entwicklung – Chance für Innovationen Finnland ist als Standort für Forschung und Entwicklung international renommiert. Auch im Bereich der Schifffahrt kann Finnland mit seiner Forschungsexzellenz überzeugen. Ein Beispiel für diese Exzellenz ist die autonome Schifffahrt, die im Testgebet Jaakonmeri erprobt werden soll. Das Testgebiet befindet sich ca. 3 Autostunden von Helsinki entfernt, vor der Küste der Hafenstädte Rauma und Pori. Seit Mitte 2018 steht dieses Areal allen Technologieentwicklern offen.18 Ziel des Forschungsclusters ist es, bis 2025 eine Vorreiterrolle einzunehmen und im Zuge dessen als erstes Produkte und Dienstleistungen aus dem Bereich der autonomen Schifffahrt anbieten zu können. Des Weiteren soll ein global führendes Ökosystem in diesem Bereich etabliert werden. Unterstützt wird das Vorhaben unter anderem von dem namenhaften Antriebshersteller Rolls-Royce. Die Firma gab im März 2017 bekannt, ein Forschungszentrum im südwestfinnischen Turku aufbauen zu wollen, um Lösungen im Bereich der autonomen Schifffahrt zu entwickeln. Auch die Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz in diesem Bereich soll untersucht werden. Rolls-Royce gab zeitgleich auch bekannt, insgesamt 57 Millionen Euro in die Modernisierung und Erweiterung von Produktionsanlagen zur Propellergondelherstellung im finnischen Raum zu investieren. Der Fahrplan der One Sea Forschungsinitiative sieht vor, bis 2020 funktionsfähige Fernsteuerungssysteme für bemannte Schiffe zu entwickeln. Diese sollen dann bis 2025 soweit verbessert werden, dass ein vollständig autonomer Schiffverkehr gewährleistet werden kann. Die Pläne sehen weiterhin vor, bis 2035 eine vollkommen autonome, hoch technisierte und unbemannte Hochseeschifffahrt zu ermöglichen.19 Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der beteiligten Unternehmen werden vom Cluster One Sea in Turku unterstützt. Neben der Technik steht ebenso die Unterstützung der Internationalen Seeschifffahrts- 18 GTAI (2018): Markets International. 19 GTAI (2017): Finnland treibt die autonome Schifffahrt voran. Link 21
Organisation IMO im Fokus des Clusters. Die Unterstützungsaufgaben umfassen allen voran die Ausarbeitung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die für die autonome Schifffahrt.20 Unternehmen, die in Finnland tätig sind, können von den zahlreichen Branchenclustern profitieren, die den Unternehmen unterstützend zur Seite stehen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Standorte verschiedener Cluster der Branche.21 Abbildung 8: Unternehmenscluster der maritimen Branche in Finnland Quelle: OECD Die autonome Schifffahrt stellt nicht den einzigen Schwerpunkt der Forschung Finnlands dar. Dies spiegelt sich auch in den Investitionen von Staat und Unternehmen wieder, die 2016 rund 2,7 % der Wirtschaftsleistungen für Forschung und Entwicklung ausgaben. Neben den Forschungsinitiativen der Industrie wie zur autonomen Schifffahrt, belebt eine große Start-up-Szene des Landes das Streben nach Innovation. Von der Innovationsbereitschaft des Landes können auch deutsche Unternehmen profitieren, für die die Beteiligung in den Clustern Fortschritt und Bereicherung für die eigenen unternehmerischen Tätigkeiten bringen kann. 3.2.3 Umweltpolitik – Chance für neue Investitionen Die finnische Umweltpolitik unterliegt den EU-Richtlinien, die insbesondere die Reduzierung der CO2‐ Emissionen im Fokus haben. Auch die Schifffahrtindustrie unterliegt maritimen Umweltvorschriften, von denen die Branche jedoch insbesondere profitieren kann. Für die Erfüllung der Umweltauflagen sind Nachrüstungen notwendig, die für die Branche neue Absatzchancen darstellen. Eine Studie des 20 GTAI (2017): Finnland treibt die autonome Schifffahrt voran. Link 21 Ebd. 22
Verkehrsministeriums zu Folge, belaufen sich die Investitionskosten, die durch die Vorschriften bestehen, auf rund 4,5 Mio. Euro. Besonders nennenswert ist in Zuge dessen das Icon-Projekt. Bei der Icon-Klasse handelt es sich um einen neuen Schiffstyp, der im Gegensatz zu herkömmlichen Kreuzfahrtschiffen verflüssigtes Erdgas (LNG) als Kraftstoff verwenden soll. Da die Kreuzfahrtindustrie immer häufiger wegen ihrer geringen Umweltverträglichkeit in der Kritik steht, soll diese neue Technologie dazu beitragen, auch in Zukunft die Umweltvorschriften erfüllen zu können. Eine weitere Neuerung bei der Icon-Klasse ist die Versorgung des gesamten Hotelbereichs des Schiffes mit aus Brennstoffzellen gewonnener Energie. Auch diese Maßnahme soll die Umweltverträglichkeit der Schiffe weiter steigern. Da Brennstoffzellen als Energielieferant auf Kreuzfahrtschiffen noch nicht zugelassen sind, sollen diese schrittweise auf anderen Schiffen der Werft getestet und eingebaut werden. 3.2.4 Herausforderungen der Branche Die finnische Schifffahrtindustrie agiert in einem Nischenmarkt mit hochwertigen Zusatzprodukten und Dienstleistungen, insbesondere mit dem Schwerpunkt auf Kreuzfahrt-, Passagiers- sowie Eisschiffen. Dennoch wird die Branche vor Herausforderungen gestellt. Eine Herausforderung für die finnische und europäische Schifffahrtindustrie stellt unter anderem Chinas Bestreben dar, in den Kreuzfahrtmarkt einzusteigen.22 Eine weitere Herausforderung für die Branche stellt die Qualifikation der Mitarbeiter und ein damit einhergehender Fachkräftemangel dar. In Folge der schlechten wirtschaftlichen Lage der Branche nach der Weltwirtschaftskrise haben viele junge Menschen andere Berufe erlernt und fehlen der maritimen Branche künftig als qualifizierte Arbeitskräfte. Da für die Fertigstellung der Schiffsprojekte jedoch neue Mitarbeiter benötigt werden, haben die Unternehmen Schwierigkeiten, genügend Fachkräfte zu finden. 22 OECD (2018): Peer Review of the Finnish Shipbuilding Industry. Link 23
3.3. Regierungsstrategien zur Unterstützung der Branche 3.3.1 Empfehlungen zur Erneuerung und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der finnischen Schifffahrtsindustrie (2013) Wie bereits thematisiert wurde, ist nach der Finanzkrise von 2008 die Produktion in der globalen Schiffbauindustrie in den Folgejahren deutlich zurückgegangen. Da die Krise auch die finnische Schiffbauindustrie betraf, hat das finnische Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung (MEE) 2013 eine Arbeitsgruppe benannt, die damit beauftragt wurde Maßnahmen für die Erneuerung, Förderung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der finnischen Schifffahrtsindustrie zu identifizieren. Im Zuge dessen konnte eine Reihe von Empfehlungen vom Ministerium und der Arbeitsgruppe ausgesprochen werden. Als besondere Chance wurde der arktische Schiffbau gesehen. Darüber hinaus sah man die Notwendigkeit zur Einführung eines speziellen Entwicklungsprogrammes für die Schiffbauindustrie. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe wurden angenommen und in Folge dessen zwei Programme initiiert: das Arctic Seas Programm und TEM-Meri. Das Arctic Seas Programm wird von Tekes verwaltet, einer Regierungsbehörde, die dem Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung unterstellt ist. TEM-Meri (2014-16) wurde vom Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung verwaltet und Ende 2016 abgeschlossen. Wie bereits aufgeführt, war es die primäre Zielsetzung des Programms, die Wettbewerbsfähigkeit der finnischen Marineindustrie zu stärken und zu fördern. Eines der Schlüsselelemente war auch die Stärkung und Förderung der Zusammenarbeit innerhalb des gesamten finnischen maritimen Clusters: der Schifffahrtsindustrie, den Häfen und Hafenbetreibern. Das MEE stellte 4 Mio. EUR für das Programm bereit, und zehn Projekte konnten erfolgreich durchgeführt werden. 3.3.2 Die finnische Seeverkehrs-Strategie 2014-2022 Die Seeverkehrs-Strategie für Finnland 2014-2022 wurde vom Verkehrsministerium ins Leben gerufen. Im Fokus der Strategie stehen Fördermaßnahmen für die maritime Wirtschaft, zugleich beinhaltet die Strategie Maßnahmen zur Stärkung des maritimen Clusters in Finnland. Die Maßnahmen wurden auf Grundlage einer Analyse erstellt, die die Veränderungen der Branche und zukünftige Herausforderungen in Augenschein genommen hat. Als Potenziale der Branche wurden effiziente Transportketten zur Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit, grünes Wachstum, finnisches Fachwissen über Meer und Eis sowie die Ostsee als Gebiet internationaler Aktivitäten identifiziert. Dabei werden folgende Ziele verfolgt: • Effiziente Transportketten zur Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit: Sicherstellung des reibungslosen und kosteneffizienten finnischen Außenhandels und des inländischen Schiffsverkehrs insbesondere im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Entwicklung 24
• Expertise im Bereich des grünen Wachstums: Sicherstellung, dass Finnland eine Vorreiterrolle bei Umwelttechnologien für die Schifffahrt entwickelt und ein Exporteur von Fachwissen im Bereich maritimer Technologien wird • Stärkung und Bekanntmachung des Wissens über Meer und Eis • Sicherstellung einer gefahrlosen und umweltschonenden Nutzung der Ostsee als Meer der Möglichkeiten Die Strategie enthält auch eine Vision für den Seeverkehr bis zum Jahr 2030, die in Zusammenarbeit mit dem Seeverkehrssektor und den entsprechenden Akteuren abgestimmt und vereinbart wurde. Ziel der Strategie ist es, die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten zu gewährleisten sowie die Sicherheit und die Umwelt der Ostsee zu erhalten, insbesondere im Hinblick auf Ölkatastrophen.23 3.3.3. Fördermöglichkeiten für deutsch-finnische Kooperationen Seit 2017 werden deutsch-finnische Kooperationen im Bereich der Forschung und Entwicklung auch staatlich gefördert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die finnische Finanzierungsagentur für Forschungsförderung Business Finnland unterstützen mittelständische deutsche Unternehmen. Seit Initiierung der Förderung fanden bereits neun Ausschreibungsrunden statt, in deren Rahmen sich Unternehmen jeweils um Förderung bewerben konnten. Für die letzte Runde endete die Bewerbungsfrist im Februar 2019. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass weitere Ausschreibungsrunden folgen werden. 24 Die Förderung kann von Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist, dass die geförderten Projekte marktwirtschaftliche Innovationen (neue Produkte, Verfahren und/oder technische Dienstleistungen) als Projektziel haben. Darüber hinaus muss an jedem Projekt mindestens ein finnisches und ein deutsches Partnerunternehmen beteiligt sein und jeweils einen entscheidenden Beitrag zum Projekt leisten. Die Teilnahmen von Unternehmen aus anderen Ländern ist ebenfalls möglich, wird jedoch nicht gefördert. Die Projektlaufzeit sollte eine Dauer von drei Jahren nicht überschreiten.25 23 OECD (2018): Peer Review of the Finnish Shipbuilding Industry. Link 24 GTAI (2017): Finnland treibt die autonome Schifffahrt voran. Link 25 BMWi (2019): Bekanntmachung für die 9. Ausschreibungsrunde 25
4. Markteinstieg in der Praxis 4.1 Politische, steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen 4.1.1 Politische Rahmenbedingungen Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1917 ist Finnland eine parlamentarische Republik. Der Präsident wird auf eine Amtszeit von sechs Jahren direkt vom Volk gewählt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2018 wurde der amtierende Präsident Sauli Niinistö mit 62,7 % der Stimmen für eine zweite, und nach der Verfassung letztmögliche, Amtszeit bestätigt. Bei seiner ersten Wahl 2012 war er der erste Präsident seit 30 Jahren, der kein Sozialdemokrat war, sondern einer konservativen Partei angehört. Das finnische Parlament besteht aus einer Kammer mit 200 Abgeordneten. Sie werden direkt, geheim und auf vier Jahre gewählt.26 Das Land ist in sechs Regionalverwaltungsbezirke und die autonome Region Åland gegliedert. Diese sind wiederum in insgesamt 311 Kommunen untergliedert, welche als Selbstverwaltungskörperschaften über umfassende Kompetenzen verfügen. In den Bereichen Schul-, Gesundheits- und Sozialwesen kommt dies besonders zum Tragen. Eine tiefgreifende Regional-, Gesundheits- und Sozialreform ist im März 2019 an einer Mehrheit im Parlament gescheitert, woraufhin die amtierende Regierung ihren Rücktritt erklärte.27 Im April 2018 ließ der amtierende Umweltminister Kimmo Tiilikainen mitteilen, dass Finnland ab 2029 den Einsatz von Kohle im Bereich der Energieerzeugung verbieten wird. Zudem würde ein großes Subventionsprogram geprüft, das Unternehmen belohnen soll, die sich vorzeitig aus der Kohleenergie zurückziehen. Um dies auszugleichen, soll der Anteil der Atomenergie von aktuell 30 % auf insgesamt 60 % bis 2025 gesteigert werden. Die finnischen Reaktoren zählen zu den effizientesten der Welt. Finnland versteht sich als ein liberaler Wohlfahrtsstaat. Arbeitslose erhalten eine Unterstützung in Form von Tagegeldern. Diese hängen nicht von früheren Einkommen ab. Die Rentenansprüche sind über öffentliche Pflichtversicherungen geregelt. Arbeitgeber müssen zwei Drittel der Versicherungsbeiträge tragen. Das Gesundheitswesen ist ebenso auf eine staatliche Grundsicherung aufgebaut.28 Die ärztliche Versorgung wird mit Steuergeldern finanziert und öffentlich organisiert. Ein gesellschaftlich häufig beachtetes Thema ist die Alkoholpolitik. Im Jahr 2005 war übermäßiger Alkoholkonsum die häufigste Todesursache von Finnen im arbeitsfähigen Alter. Kriminaltechnisch gehört Finnland zu den sichersten Ländern Europas. In Finnland gelten die standardisierten EU-Normen. Darüber hinaus existieren noch andere internationale und die finnischen SFS Normen. In vielen Bereichen hat die EU bereits Harmonisierungsmaßnahmen 26 Vaalit Val: Seite der finnischen Wahlbehörde. Link 27 Zeit Online (2019): Finnische Regierung tritt zurück. Link 28 Ksshp (2019). Link 26
getroffen, etwa bei der Produktstandardisierung (z. B. Fahrzeuge) oder durch die CE-Kennzeichnung. Wo (noch) keine gemeinschaftliche Regelung besteht, gilt nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, dass Waren, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in Verkehr gebracht werden, auch von jedem anderen Mitgliedstaat akzeptiert werden müssen. Im Bestimmungsrecht darf ein Produkt auf Konformität mit nationalen technischen Vorschriften überprüft werden. Dabei dürfen aber alternative technische Lösungen nicht abgelehnt werden, wenn sie ein gleichwertiges Schutzniveau bieten.29 Die Zahlungskonditionen in Finnland sind frei zwischen dem finnischen Abnehmer und der ausländischen Lieferanten verhandelbar. Die Gewährung von Skonti ist nicht üblich. Das Zahlungsziel wird meist über einen kurzen Zeitraum vereinbart (14 Tage). Finnische Firmen weisen in der Regel eine gute Zahlungsmoral auf und versuchen, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Im Falle von Zahlungsströmen werden häufig Ratenzahlungen vereinbart. Hinweise zu Mahngebühren und Verzugszinsen müssen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt sein. Sollte ein Inkassodienst eingeschaltet werden, muss auf der Lieferantenrechnung vermerkt sein, dass die Kosten der Betreibung zusätzlich berechnet werden, da sie sonst nicht Teil der offenen Forderungen sind. Gerichtliche Betreibungen von Forderungen sind wegen der verbundenen Kosten erst ab einem Betrag von circa 5.000 Euro sinnvoll.30 Wie bereits beschrieben, war in den Anfängen der Industrialisierung Finnlands vor allem die Sowjetunion einer der Haupthandelspartner des Landes. Nach dem Zerfall des ehemaligen Ostblocks und der darauffolgenden Krise in Finnland, richtete sich das Land westlich aus und trat 1995 der Europäischen Gemeinschaft bei, was eine ökonomische Stabilisierung zur Folge hatte. Die Arbeitslosenquote konnte bis 2001 halbiert werden. Seit 1999 gehört Finnland zur Eurozone. Deutschland und Finnland verbinden bereits seit der Hansezeit enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Es gibt eine jeweilige Handelsvertretung in Köln und Helsinki. Auf politischer Ebene gibt es viele persönliche Kontakte und mehrere Parlamentarier- und Freundschaftsgruppen. Den deutschen Städten Hamburg, Rostock und Lübeck kommt als Seehäfen eine besondere Bedeutung in den deutsch-finnischen Beziehungen zu, da mehr als 80 % der Im- und Exporte Finnlands auf dem Seeweg gehandelt werden. Die gegenseitigen Beziehungen werden durch einen regen Austausch von gegenseitigen Investitionen auf unternehmerischer Ebene noch intensiviert. In Deutschland sind insgesamt 440 finnische Unternehmen vertreten, während bis jetzt 330 deutsche Unternehmen geschäftlich in Finnland tätig sind.31 29 Außenwirtschaft Austria (2017): Länderreport Finnland, Normen. Link 30 Außenwirtschaft Austria (2017): Länderreport Finnland, Liefer-, Leistungs- und Zahlungsbedingungen. Link 31 Auswärtiges Amt (2019): Finnland: Deutschland und Finnland: bilaterale Beziehungen: wirtschaftliche Beziehungen, Link 27
Schwerpunkte der finnischen Außenpolitik ist die Mitgliedschaft in der EU. Zusätzlich ist Finnland bei den Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) engagiert und an einer Kooperation mit der NATO interessiert. Hauptpartnerländer im Rahmen der bilateralen Beziehungen sind neben Deutschland, Schweden sowie die anderen nordischen Staaten. Außerhalb Europas sind besonders die US-amerikanisch-finnischen Beziehungen zu betonen. Grundpfeiler der finnischen Außenpolitik ist die Förderung von Stabilität, Frieden, Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit. Finnland möchte die EU als Werte- und Sicherheitsgemeinschaft stärken. In der EU ist Finnland aktuell bemüht, die Wettbewerbsfähigkeit, den EU-Binnenmarkt, besonders den digitalen, Wachstum und Beschäftigung, sowie die EU als globalen Akteur zu fördern. Finnland befürwortet gemeinsame Beschlüsse, wie zum Beispiel die EU-Sanktionen gegen Russland.32 4.1.2 Steuerliche Rahmenbedingungen In Finnland ansässige Firmen sind mit ihrem weltweiten Einkommen steuerpflichtig. Nicht in Finnland ansässige Firmen hingegen sind lediglich mit ihrem aus Finnland stammenden Einkommen steuerpflichtig. Es wird davon ausgegangen, dass ein in Finnland registriertes Unternehmen auch in Finnland ansässig ist. Die Körperschaftssteuer liegt bei 20 %. Es wird in der Beteuerung kein Unterschied zwischen selbstständig beschäftigten Personen und Firmen gemacht. Die Umsatzsteuer beträgt 24 %, es gibt jedoch einen reduzierten Steuersatz von 10 %, der unter anderem für Bücher, Medizin, Personentransporte oder den Verkauf und Import von Kunstwaren gilt. Eine Umsatzsteuer in Höhe von 14 % fällt auf die Umsätze von Lebensmitteln und Tierfutter, lebenden Tieren, Trinkwasser, Alkohol und Tabakwaren an. Für medizinische Pflege, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Lotterien, Dienstleistungen darstellender Künstler und Immobilien und Bauland werden keine Umsatzsteuern erhoben. Eine Vorsteuerrückerstattung ist nur von Unternehmen, die nicht in Finnland ansässig sind und keine feste Niederlassung in Finnland haben, einforderbar. Was die generelle Steuerbelastung betrifft, liegt Finnland im OECD-Vergleich im oberen Bereich. Besonders Besserverdienende sind von stark progressiven Steuersätzen betroffen. 33 Für die Einfuhr von Edelmetallen gilt ein gesetzlicher Mindestfeingehalt: Goldwaren (585/1000), Silberwaren (830/1000), Platinwaren (950/1000)). Elektromaterialien und -geräte müssen vor dem Vertrieb in Finnland nicht geprüft und gutgeheißen werden. Eine Kennzeichnung durch ein FI Zeichen kann jedoch günstig sein. Zuständig hierfür ist das SGS Fimko Oy. 32 Auswärtiges Amt (2019): Finnland: Außenpolitik. Link 33 Außenwirtschaft Austria (2017): Länderreport Finnland, Steuern und Zoll. Link 28
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