Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort - Gestaltungsspielräume erkennen und nutzen - Bundesvereinigung Prävention und ...
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bvpg Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort – Gestaltungsspielräume erkennen und nutzen kongressdokumentation 8. gemeinsamer Präventionskongress des Bundesministeriums für Gesundheit und der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG) 20. November 2018 | Berlin Tagungswerk Jerusalemkirche
INHALT Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort – Grußwort 4 Gestaltungsspielräume erkennen und nutzen Sabine Weiss | Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit 8. gemeinsamer Präventionskongress des Bundesministeriums für Gesundheit und der Grußwort 5 Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Ute Bertram | Präsidentin der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. 20. November 2018 | Berlin | Tagungswerk Jerusalemkirche Kommunale Prävention und Gesundheitsförderung: 6 New Public Health-Verständnis, rechtliche Grundlagen und Governance Prof. Dr. Katharina Böhm | Ruhr-Universität Bochum Impulsforum: Kommunen den Weg bereiten Präventionsstrategien für Kommunen: 8 Unterstützung durch die Bundesebene Dr. Heidrun Thaiss | Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Unterstützung der Kommunen auf Länderebene 9 Ulrich Lensing | Gesundheitsministerkonferenz der Länder Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort: 10 Der Beitrag der Kommunen Stefan Hahn | Deutscher Städtetag Auf dem Weg zu einer gesunden Kommune: 11 Unterstützung durch die Kassen Gernot Kiefer | GKV-Spitzenverband Workshops zu ausgewählten Handlungsfeldern kommunaler Prävention und Gesundheitsförderung Workshop 1 | Netzwerkbildung vor Ort (I) 12 Gesund und aktiv in Dresden Dr. Peggy Looks | Landeshauptstadt Dresden Grünau bewegt sich – Strategien für einen gesundheitsförderlichen Stadtteil Ruth Gausche | Universitätsklinikum Leipzig Ulrike Igel | Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Moderation: Klaus-Peter Stender | Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Hamburg Workshop 2 | Netzwerkbildung vor Ort (II) 14 Das Saarburger Modell, ein System zur Aktivierung von Quartieren und Kommunen Bernd Gard | Bürgermeister und Dorfentwickler 2 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
INHALT Gesundheitsförderung vor Ort – Entscheidungen Forschungsverbund »Gesund Aufwachsen«: in der Region treffen Qualitätsentwicklung und Evaluation in der vernetzten Prof. Dr. Wolfgang H. Caselmann | kommunalen Gesundheitsförderung für Kinder Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Regine Rehaag | Forschungsverbund »Gesund Aufwachsen« Moderation: Dr. Ellis Huber | Berufsverband der Präventologen e.V. Moderation: Susanne Jordan | Robert Koch-Institut Workshop 3 | Integrierte kommunale Strategien (I) 16 Fazit 24 Integrierte Ansätze in Nordrhein-Westfalen Teilnehmende Organisationen 26 Manfred Dickersbach | Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen Impressum 27 Herne als »First Mover« für mehr Lebensqualität Dr. Katrin Linthorst und Marie Meinhardt | Stadt Herne Gesamtmoderation: Dr. Beate Grossmann | Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Moderation: Eva Bruns | Gesunde Städte-Netzwerk Workshop 4 | Integrierte kommunale Strategien (II) 18 Präventionsketten in Niedersachsen: Eine landesweite Umsetzung Dr. Antje Richter-Kornweitz | Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. Mittendrin: Im Leben – Das Dormagener Modell Martina Hermann-Biert | Stadt Dormagen Moderation: Stefan Pospiech | Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit Workshop 5 | Kommunale Gesundheitsplanung – 20 Modelle und Instrumente Leitfaden Gesunde Stadt und Fachplan Gesundheit Dr. Thomas Claßen | Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen Gesundheitsplanung: Strategieentwicklung im kommunalen Kontext Dr. Ulrike Freundlieb | Stadt Mannheim Moderation: Dr. Ute Teichert | Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen Workshop 6 | Evaluation kommunaler Aktivitäten 22 Forschungsverbund PartKommPlus: Qualitätsentwicklung und Evaluation kommunaler Gesundheitsförderung. Erfahrungen aus dem Verbund und den Teilprojekten KEG, Age4Health und ElfE Prof. Dr. Gesine Bär und Christina Kühnemund | PartKommPlus Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 3
GRUSSWORT Sehr geehrte Damen und Herren, ob in Kita oder Schule, beim Seniorentreff oder im Kegelverein – Gesundheitsförderung in den Lebenswelten muss stärker werden! Die Lebenswelt »Kommune« – also das Stadtviertel, das Dorf, der Sabine Weiss, Parlamentarische Staatssekretärin Ort, wo die Menschen zu Hause sind und einen Großteil ihrer Zeit im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verbringen – bietet ideale Voraussetzungen für eine wirksame Prävention und Gesundheitsförderung. Dort werden die Grund lagen für ein gesundes Aufwachsen und Älterwerden sowie ein har- monisches Zusammenleben gelegt. Die Prävention besitzt eine Schlüsselrolle für die Frage, wie sich eingebundenen »Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancen unsere Gesundheit in Zukunft entwickeln wird – insbesondere vor gleichheit« wurden im Zuge der Umsetzung des Präventions dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Zunahme gesetzes personell aufgestockt. Sie beraten Kommunen, bauen von Erkrankungen, die durch Lebensgewohnheiten begünstigt Netzwerke auf und verbreiten auf diese Weise Beispiele guter werden. Ein Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen lautet Praxis. Darüber hinaus unterstützt die BZgA das »GKV-Bündnis für daher, bis 2030 die vorzeitige Sterblichkeit weltweit aufgrund von Gesundheit«. Unter diesem Dach wurde bei der BZgA ein Förder- nicht-übertragbaren Krankheiten durch Prävention und Behand- programm entwickelt, um die soziallagenbezogene Gesundheits- lung um ein Drittel zu senken. Neben einer älter werdenden Bevöl- förderung und Prävention in den Kommunen zu stärken. Kommu- kerung trägt vor allem der westliche Lebensstil mit Risikofaktoren nen müssen also Prävention nicht neu erfinden! Sie können sich wie übermäßigem Alkoholkonsum, Rauchen, Bewegungsmangel Anregungen, Ideen und Unterstützung holen. und ungesunder Ernährung zur Krankheitslast bei. Außerdem müssen wir noch mehr diejenigen erreichen, bei d enen Die gute Nachricht ist, dass wir solchen Risikofaktoren nicht hilf- – auch wegen der Lebensumstände – das Bewusstsein für den los ausgeliefert sind. Wir müssen den eigenen Einfluss auf unsere eigenen Beitrag zur Gesundheit bisher eine unzureichende Rolle Gesundheit aber noch mehr vermitteln. Hier spielen Eigenwahr- spielt. Weil diese Lebensumstände gerade für Kinder und Jugend nehmung und Selbsterkenntnis eine wichtige Rolle; zentral ist aber liche fatale Auswirkungen für das ganze weitere Leben haben auch ein gesundheitsförderliches Umfeld. können, wollen wir beispielsweise Übergewicht bei Kindern in den Blick n ehmen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat darum Durch niedrigschwellige Angebote können »ohne erhobenen Zeige den Förderschwerpunkt »Prävention von Kinderübergewicht« ins finger« gesundheitsförderliche Lebensbedingungen geschaffen Leben gerufen. Auch bei dem gemeinsam mit dem Bundesministe werden, z.B. durch ein sicheres Radwegenetz oder Grünanlagen, rium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) getragenen die zu einer »bewegten« Pause einladen. Ich wünsche mir, dass Aktionsplan IN FORM ist uns das gesunde Aufwachsen mit aus noch mehr Kommunen entdecken, dass sich durch Schaffung ge- reichender Bewegung und gesunder Ernährung von Kindern ein sundheitsförderlicher Strukturen die Lebensqualität ihrer Gemein- zentrales Anliegen. Mitte 2019 liegt der erste Präventionsbericht de verbessern lässt. vor – auf dieser Grundlage werden wir weitere Schritte gehen. Das funktioniert aber nicht alleine, sondern nur mit den Akteuren vor Es gibt hierzulande schon seit vielen Jahren gute Strukturen Ort. Auf diese Arbeit mit Ihnen freue ich mich! – beispielsweise unter dem Dach des »Kooperationsverbunds Gesundheitliche Chancengleichheit«. Dieser wurde von der Vielen Dank. Bundes zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) initiiert und existiert bereits seit dem Jahr 2003. Der kommunale Part- Sabine Weiss nerprozess »Gesundheit für alle« stellt eine zentrale Aktivität des Kooperationsverbundes dar. Er unterstützt und begleitet Kommu- Parlamentarische Staatssekretärin im nen im Auf- und Ausbau von kommunalen Strategien zur Gesund- Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heitsförderung, den so genannten »Präventionsketten«. Die hier 4 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
GRUSSWORT bvpg Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Sehr geehrte Damen und Herren, zum 8. Mal seit 2008 richten das Bundesministerium für Gesund- heit und die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförde- rung e.V. einen gemeinsamen Präventionskongress aus. Ute Bertram, Präsidentin der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Mit der Ausgestaltung dieses Kongresses trägt die BVPG dem »Potenzial Gesundheit 2020« Rechnung, innovative Perspektiven von Gesundheitsförderung auf kommunaler Ebene zu erörtern und einem Fachpublikum aus Forschung und Praxis sichtbar zu machen. Zudem hat das zweite Präventionsforum der Nationalen Präventionskonferenz aufgezeigt, dass für den Bereich »kommu- ihrer Steuerungsrolle zu einem Gelingen von Prävention und Ge- nale Prävention und Gesundheitsförderung« weiterhin Diskussi- sundheitsförderung beitragen können. Die Vortragenden von onsbedarf besteht. Bund, Ländern und Kassen zeigen auf, was bereits getan wurde und in Zukunft getan wird, um Kommunen bei der Prävention und Unter dem Titel »Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort – Gesundheitsförderung wirksam zu unterstützen. Die Themen der Gestaltungsspielräume erkennen und nutzen« steht bei diesem sechs praxisorientierten Workshops tragen der hohen Varianz der 8. gemeinsamen Präventionskongress die große Bedeutung der Umsetzung im Feld der kommunalen Prävention und Gesundheits- Kommune im Mittelpunkt. Vor Ort, in der Kommune, werden die förderung Rechnung und bieten Einblicke in die Handlungsfelder Grundlagen für ein gesundes Aufwachsen, ein harmonisches Zu- »Netzwerkbildung vor Ort«, »Integrierte kommunale Strategien«, sammenleben und ein selbstbestimmtes Altern gelegt. Übergrei- »Kommunale Gesundheitsplanung« und »Evaluation kommunaler fend über alle Settings hinweg werden die Menschen dort erreicht Aktivitäten«. und Präventionsketten können systematisch strategisch aufge- baut und verankert werden. Ein weiteres wichtiges Ziel des Präventionskongresses ist es, Inte- ressierten aus Forschung und Praxis die Gelegenheit zu geben, sich Der 8. gemeinsame Präventionskongress greift dieses Potenzial auszutauschen, miteinander zu diskutieren und sich zu vernetzen. auf und stellt folgende Leitfragen in den Fokus: Die hohe Zahl der Teilnehmenden spricht für das große Interesse der Fachöffentlichkeit, kommunale Prävention und Gesundheits- • Welche Unterstützungsangebote stehen Städten und Gemein- förderung gemeinsam voranzubringen. den durch die Bundes- und Landesebene und durch die Kassen zur Umsetzung nachhaltiger kommunaler Prävention und Ge- Ich freue mich, wenn der 8. gemeinsame Präventionskongress sundheitsförderung zur Verfügung? dazu beiträgt, dass noch mehr Kommunen ihrer Steuerungsrolle nachkommen und mit Hilfe von Unterstützungsangeboten Präven- • Welche konkreten evidenzbasierten Beispiele und Erfahrun- tion und Gesundheitsförderung in den Lebenswelten ihrer Bewoh- gen gibt es, die als Anregungen dienen können? Was sind för- nerinnen und Bewohner verankern. derliche und hemmende Faktoren kommunaler Prävention und Gesundheitsförderung? • Wie können kommunale Prävention und Gesundheitsförderung Ute Bertram nachhaltig sichergestellt und ausgebaut werden? Wie können Präsidentin der Bundesvereinigung die Erkenntnisse in die Breite getragen werden? Wie lassen Prävention und Gesundheitsförderung e.V. sich Akteurinnen und Akteure zur Mitwirkung an Vorhaben kommunaler Prävention und Gesundheitsförderung gewinnen? Der Kongress gibt einen Überblick über die Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Gestaltungsspielräume kommunaler Prävention und Gesundheitsförderung und darüber, was die Kommunen in Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 5
VORTRAG Kommunale Prävention und Gesundheitsförderung: New Public Health-Verständnis, rechtliche G rundlagen und Governance »Ebene. Die Kommune ist der zentrale Steuerungsakteur auf der lokalen Einige Kommunen haben diese Steuerungsrolle mit hohem Engagement bereits angenommen und nutzen die vielfältigen Unter stützungsangebote und den Rückenwind durch das Präventions gesetz. Jedoch nicht alle Kommunen kommen bislang ihrer Steue « Prof. Dr. Katharina Böhm rungsrolle nach. Prof. Dr. Katharina Böhm | Ruhr-Universität Bochum 1 | Kommunale Gesundheitsförderung und Prävention – 2 | Zuständigkeiten und rechtlicher Rahmen New Public Health-Verständnis Als kleinste politisch-geographische Verwaltungseinheit entschei- Aus einer New Public Health-Perspektive umfasst die kommunale den Kommunen über viele gesundheitsrelevante Lebensbedingun Gesundheitsförderung und Prävention sowohl strukturelle als auch gen wie Freizeitmöglichkeiten, Wohnumfeld, soziale und wirt- verhaltensbezogene Maßnahmen, ist partizipativ ausgerichtet und schaftliche Infrastruktur. zielt darauf, die gesundheitliche Chancengleichheit zu verbessern. Zudem sind sie in vielfältiger Weise mit Aufgaben betraut, die d irekt Dieses Verständnis ist historisch kontingent und entspricht zurzeit oder indirekt einen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung eher einem normativen Leitideal als der realen Praxis kommunaler haben (z.B. Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfe) und können des- Gesundheitsförderung und Prävention (GFP). halb GFP als Querschnittspolitik umsetzen. Da sie für viele Settings (mit-)verantwortlich sind, können sie zudem die Übergänge zwi- Mit dieser Definition versteht sich die kommunale GFP als Quer- schen den Einzelsettings moderieren. schnittsaufgabe aller Verantwortlichen (öffentliche, gesellschaft- liche und private Akteure) auf kommunaler Ebene und erfordert deshalb eine intersektorale Zusammenarbeit. 2. Zuständigkeiten und rechtlicher Rahmen 1. Kommunale Gesundheitsförderung und • Zuständig für „Maßnahmen gegen gemein- gefährliche und übertragbare Krankheiten“ (Art. Prävention Bund 74 Abs. 1 Nr. 19 GG) New Public Health-Verständnis • Zuständig für Sozialversicherungen: GFP als Leistung der GKV, GUV, GRV, SPV* Kommunale Gesundheitsförderung und Prävention … • basiert auf einem mehrdimensionalen und positiven Gesundheitsverständnis Länder • Gesetzgebungskompetenz für GFP • berücksichtigt gesellschaftliche Einflussfaktoren auf Gesundheit • umfasst verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen • ist im Gesundheitsdezernat und in allen anderen Dezernaten verankert • Übertragung von Aufgaben durch das Land (Healthy Public Policy) Kommunen • Freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe • bindet alle für GFP relevanten Akteure (öffentl., gesell., privat) ein • zielt auf gesundheitliche Chancengleichheit • verwirklicht Partizipation als Querschnittsprinzip Böhm | Präventionskongress 2018| Berlin, 20.11.2018 2 1 * gesetzliche Krankenversicherung (GKV), gesetzliche Unfallversicherung (GUV), Böhm | Präventionskongress 2018| Berlin, 20.11.2018 gesetzliche Rentenversicherung (GRV), soziale Pflegeversicherung (SPV) 6 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
VORTRAG 3 | Governance Unterstützungsstrukturen • Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit Die kommunale GFP ist durch eine große Akteursvielfalt gekenn- • Gesunde Städte-Netzwerk zeichnet. Um die vielfältigen Angebote ziel- und bedarfsorientiert • Nationales Zentrum Frühe Hilfen aufeinander abzustimmen, bedarf es der Koordination. Diese stellt • Unterstützung auf Landesebene (Unterstützung durch die die Kommunen vor Herausforderungen. Landesministerien, Landesvereinigungen für Gesundheit, Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit) Die Koordinierung der GFP-Akteure erfolgt meist über das Gesund- • Aus-,Fort-und Weiterbildungseinrichtungen des heitsamt, manchmal auch durch andere Dezernate wie beispiels- Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) weise das Jugendamt. • Hochschulen vor Ort Ergebnisse des Forschungsprojektes »Krankenkassen als Partner der kommunalen Gesundheitsförderung und Prävention« in Nord- rhein-Westfalen (NRW) zeigen, dass bislang nur wenig Koordinie- 4. Förderliche Faktoren: Einblick in die Praxis rung der Angebote besteht; außerdem existiert eine große Varianz Ergebnisse des Forschungsprojekts „Krankenkassen als Partner der zwischen den Kommunen. Die verwaltungsinterne, sektorüber kommunalen Gesundheitsförderung und Prävention“ in NRW greifende Zusammenarbeit gestaltet sich oft aufwendig. Bei den n = 32 (entspricht 60,4%) Kreisen besteht das Problem der unterschiedlichen Zuständig Interesse/Unterstützung keiten. kein grundsätzliche wichtiger seitens des/der Landrats/ Interesse: Unterstützung: Partner: Landrätin bzw. 12% 43% 37% Bürgermeister_in Anerkennung des Themas innerhalb des öffentlichen 3. Governance: Einblick in die Praxis Gesundheitsdienstes/ wenig: 31% mittel: 25% Stark: 40% Dezernats Ergebnisse des Forschungsprojekts „Krankenkassen als Partner der kommunalen Gesundheitsförderung und Prävention“ in NRW Gesundheitsziele definiert Ja: 16% Nein: 84% GFP auf kommunaler n = 32 (entspricht 60,4%) Ebene Böhm | Präventionskongress 2018| Berlin, 20.11.2018 4 Bedeutung der GFP in der Gleichauf mit kommunalen Gering: zentral: anderen Themen: Gesundheitskonferenz 23% 35% 42% (KGK) (n = 31) Überblick über Ja: Einzelne Settings: Nein: Maßnahmen 3% 44% 53% Prof. Dr. Katharina Böhm | Seit 2015 Juniorprofessorin für Koordinierung von Ja: Versuch/ Ansatz: Nein: Gesundheitspolitik an der Fakultät für Sozialwissenschaft Maßnahmen 16% 28% 56% der Ruhr- Universität Bochum. Forschungsschwerpunkte: kommunale Gesundheitspolitik, Prävention und Gesundheits- Böhm | Präventionskongress 2018| Berlin, 20.11.2018 3 förderung, Priorisierung und Rationierung von Gesundheits- leistungen s owie Gesundheitssystemvergleich. Weitere Informationen: www.sowi.rub.de/gespol/ 4 | Förderliche Faktoren Förderliche Faktoren* • Unterstützung durch die politische Ebene • Unterstützung durch die Verwaltung (Dezernats- und Amtsleitung) • Institutionalisierte Strukturen wie Steuerungsgruppe, Koordinierungsstelle • Definition von Zielen • Gesundheits-/ Sozialplanung • Ausreichend Personalressourcen • Langfristige Finanzierung • Transparente Kommunikation und klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten * Quellen: Bogumil/Seuberlich 2015; Böhm/Klinnert/ Weidtmann 2018; Böhme/Reimann 2018 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 7
IMPULSFORUM Kommunen den Weg bereiten Präventionsstrategien für Kommunen: Unterstützung durch die Bundesebene »Kommunen Die Achse trägt: Gemeinsam können Bund, Länder und die Präventionsstrategien und Strukturen in den Lebenswelten stärken und qualitätsgesichert weiterentwickeln. « Dr. Heidrun M. Thaiss | Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Dr. Heidrun M. Thaiss Gesellschaftlicher und sozialer Wandel, demographische Entwick Schulen, private Anbieter und weitere Fachkräfte in Kooperation lung und der Wechsel der Morbiditäten, welche Gesundheits mit der Bundesebene. Auf Plattformen wie inforo oder in Webina- förderung und Prävention beeinflussen, bilden den Kontext für die ren, in Schulungen vor Ort unterstützt die BZgA die Multiplikatoren, Institutionen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die genauso wie bei der Identifikation von Good Practice-Beispielen. sich mit Konzeption, Etablierung, Qualitätssicherung und Evalu ation präven tiver Maßnahmen und Programmen beschäftigen. Konkrete weitere Hilfen sind in Form von Anschubfinanzierungen Hierzu zählt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Strukturförderung denkbar, durch Materialien (Schulungs (BZgA), Behörde im Geschäftsbereich zweier Ministerien (BMG und videos, Webcontent, Printmaterial) oder durch anteilige finanzielle BMFSFJ*) und im Rahmen des Präventionsgesetzes U nterstützerin Unterstützung regionaler Präventionsbeauftragter für kommunal der gesetz lichen Krankenkassen bei der Etablierung qualitäts gesteuerte Umsetzungsstrategien. gesicherter und nachhaltiger gesundheitsförderlicher Strukturen in kommunalen Lebenswelten. Fachliche Expertise zur Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit kann die Bundesebene selbst bereitstellen (Förderprogramm Soziale Wie aber kann die Bundesebene Aktivitäten entfalten, die auf Stadt des Bundesinnenministeriums, Good Practice Kriterien wie kommunaler Ebene wirken? Nach Artikel 28 Grundgesetz kommt im Integrierten kommunalen Handlungskonzept, im kommunalen den Gemeinden zunächst das Recht der Selbstverwaltung zu, Partnerprozess »Gesundheit für alle«, Eckpunkte Gesundheits nach dem sie alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in förderung bei Arbeitslosen der Bundesagentur für Arbeit oder durch eigener Verantwortung regeln. Dies betrifft Fragen des kommuna Vermittlung von zusätzlicher wissenschaftlicher oder praktischer len Gesundheitsschutzes, aber auch die Präventions- und Gesund Kompetenz). Zusätzlich begleitet die Bundesebene die G remien der heitsnetzwerke, die regionalen Gesundheitskonferenzen oder die Gesundheits- und der Kultusministerkonferenz sowie der Arbeits Präventionsbeauftragten, mit denen zahlreiche »Gesunde Kommu- gemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden als wich- nen« bereits effektive Strukturen zur Gesundheitsförderung etab- tige Partner in gemeinsamen Statuskonferenzen und unterstützt liert haben. Einige Kommunen beginnen, ihre singulären Angebote die Umsetzung der Nationalen Gesundheitsziele oder weiterer zu systematisieren, andere haben dafür bislang weder finanzielle Bundesprogramme, mit denen die Brücke in die Kommunen und noch personelle Ressourcen. deren Lebenswelten geschlagen wird. Hier kann die Bundesebene wirksam unterstützen: Bei der Strukturbildung geschieht dies bereits flächendeckend, z.B. in den Dr. med. Heidrun Thaiss | Seit 2015 Leiterin der Bundes »Frühen Hilfen«, deren verbindliche Netzwerke und q ualifizierende zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln; zuvor Maßnahmen seit 2007 finanziell (51 Mill. Euro p.a.) und fachlich Leiterin der Leitstelle Prävention und Gesundheitsförderung unter stützt werden. Die Koordinierungsstellen Gesundheitliche im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Chancen leichheit, gestärkt durch das Präventionsgesetz, oder Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein; klinische und das Gesunde Städte-Netzwerk bieten koordinative und fachliche wissenschaftliche Tätigkeit an der Universitäts-Kinderklinik Hilfen. »Gut Drauf« fördert seit 25 Jahren kommunale Akteure. Freiburg; Stationen im Öffentlichen Gesundheitsdienst mehre- rer Bundesländer; Kinder- und Jugendärztin, Sozialpädiaterin. In Regionalkonferenzen, in Fachveranstaltungen für Partner- kommunen oder bei kommunalen Wettbewerben sind regionale Akteure wie Landesvereinigungen für Gesundheit, kommunale * Bundesministerium für Gesundheit Verwaltungen, Mediziner, Krankenkassen, Fachberatungsstellen, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 8 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
IMPULSFORUM Kommunen den Weg bereiten Unterstützung der Kommunen auf Länderebene »engagierte Gelingende Gesundheitsförderung und Prävention braucht Menschen in kommunalen Settings, die auf die Unterstützung der Länder und aller Sozialversicherungsträger bauen können. « Ulrich Lensing | Gesundheitsministerkonferenz der Länder Ulrich Lensing Zu einem besseren Gelingen der Gesundheitsförderung und Das pädagogische Fachpersonal in Kitas und Schulen trägt zu Prävention vor Ort muss der kommunale Sachverstand in Sachen einem guten Heranwachsen in Sachen Bildung und Gesundheit bei. Prävention weiter unterstützt werden. Programme statt der Not- wendigkeit, einzelne Projektanträge entwickeln zu müssen, er- Oftmals haben Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung leichtern den Kommunen den Einstieg in die Gesundheitsförderung in ihrer Ausbildung nur eine geringe Rolle gespielt. Hier können und Prävention. Gleichzeitig sollte der präventive Blick von vorhan vorhandene pädagogische Blicke erweitert werden. Eine große denem pädagogischem Personal weiter geschärft und geschult Krankenversicherung in NRW hat sich die gesundheitsförderliche werden und damit ein gesundes Aufwachsen verbessert werden. Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf die Fahne geschrieben und so in mittlerweile 20jähriger Arbeit m ehrere Das Wissen über Gesundheitsförderung und Prävention in den tausende Kitas im Bereich der Gesundheitskompetenz fortge- Kommunen ist vielfältig. Hier treffen die Blicke der Kinder- bildet. Eine gesunde Kindheit und ein gesundes Aufwachsen und und Jugendhilfe auf den öffentlichen Gesundheitsdienst, die Leben enden nicht im Kindergarten. Das Präventionsgesetz bietet Sozial ämter mit ihrem Blick auf die Armutsbekämpfung und gute Grundlagen dafür, mehr solcher Ansätze zu entwickeln, um die Seniorenhilfe. Gleichzeitig sind viele Stadtplaner um ein attraktives Gesundheitskompetenz von vorhandenem Personal in kommunalen Stadtbild, Wohn- und Lebensumfeld mit Bewegungsmöglichkeiten Settings zu stärken. So könnten früh verstärkt gesundheitsförder- bemüht und die Wirtschaftsförderer haben ein großes Interesse an liche Handlungsbedarfe bei Kindern erkannt und entsprechende gesunden florierenden Unternehmen. Diese teilpräventiven Blicke Maßnahmen angegangen werden, um spätere lebensstilbedingte gilt es stärker zu vernetzen, um daraus weitreichende Präventions Erkrankungen zu vermeiden. projekte in kommunalen Settings zu entwickeln. Zur Unterstützung und Beratung der Kommunen hat das Land Ulrich Lensing | Seit 2018 Referatsleiter für Prävention im Nordrhein-Westfalen (NRW) die drei von der Bundeszentrale Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) finanzierten Stellen der Nordrhein-Westfalen. Zuvor dort Referatsleiter für Betrieb Koordinierungsstelle für Gesundheitliche Chancengleichheit beim liche Gesundheitsförderung; bis 2011 Leitung eines Fraktions Landeszentrum für Gesundheit in NRW paritätisch mit Personal vorsitzendenbüros im Landtag von Nordrhein-Westfalen; aus Landesmitteln aufgestockt. Auftrag neben der Gewinnung bis 2010 Leitung der Gruppe Ministerbüros für die Referate neuer Kommunen durch Veranstaltungen ist insbesondere die Be- »Presse«, »Ministerbüro« und »Öffentlichkeitsarbeit«. gleitung und Beratung, damit die Zahl der förderfähigen Anträge weiter erhöht werden kann. Modulare Programme statt mühsam konzipierte Einzelprojekte können einen wertvollen Beitrag leisten, um mehr Kommunen auf den Weg der Gesundheitsförderung und Prävention zu leiten und zu begleiten. Denn dann müssen interessierte Kommunen nicht einen Großteil der konzeptionellen Arbeit leisten, sondern ledig- lich die Rahmenbedingungen einer Programmlinie auf die örtlichen Gegebenheiten anpassen. Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 9
IMPULSFORUM Kommunen den Weg bereiten Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort: Der Beitrag der Kommunen »verantwortlichen Die finanzielle Förderung der Etablierung von Präventions- vor Ort durch Mittel des Präventionsgesetzes ist ein wichtiger Baustein für das Gelingen von Prävention und Gesundheitsförderung in den Kommunen. « Stefan Hahn | Deutscher Städtetag Stefan Hahn Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, durch die Umsetzung des Für die gelingende örtliche Präventionsarbeit im Rahmen des Präventionsgesetzes die Lebenssituation der Menschen vor Ort Präventionsgesetzes ist zudem die gute Zusammenarbeit mit den zu verbessern. Wie groß sind hier die Fortschritte der vergange- Krankenkassen wichtig. Die kommunalen Verantwortlichen benöti- nen Jahre? Die Erfolgsbilanz der letzten Jahre ist eher ernüch- gen Klarheit über die Ansprechpartner der Krankenkassen vor Ort. ternd. Derzeit ist vor allem zu beobachten, dass Konzepte, Vorga- Auch im ländlichen Raum bedarf es mindestens eines Kassenver ben, gute Ideen, Strukturen auf Bundes-, Landes- und jedenfalls treters pro Kommune. Im Ballungsraum benötigt man möglicher- überörtlicher Ebene in einer ganz besonderen Vielzahl erstellt und weise einen Koordinator für die Vielzahl von Kassen, die vor Ort verbreitet werden. Dabei entsteht häufig der Eindruck, dass jetzt präsent sind. hier reflektiert, erklärt und möglichst auch geregelt werden soll, wie, was und für wen auf kommunaler Ebene nun passiert. Von Die vorgenannten Maßnahmen können als Beispiele dafür gesehen der Intention her gut gemeint und oft auch vom Inhalt her beach- werden, wie auch bei einem nicht perfekten Präventionsgesetz die tenswert, ist mittlerweile jedoch ein Zustand erreicht, in dem ein potentielle Rolle der lebensweltnächsten Institution, nämlich der Weniger an Konzepten einen Mehrwert hätte. Wo Bedarfe liegen, Kommune, stärker und besser zum Tragen kommt. Für die Sozial was getan werden könnte und auch was derzeit schon getan wird versicherungsträger wird so eine effiziente Mittelverwendung und was besser unterstützt werden sollte, ist vor Ort am besten und gefördert. Für die Kommunen würden die durch das Präventions- hinreichend bekannt. gesetz zur Verfügung gestellten Mittel auf breiter Basis nutzbar gemacht. Der größte Bedarf besteht nicht an neuen Konzepten. Nach Ansicht der Kommunen sind für das Gelingen von Prävention und Auch wenn noch vieles getan werden muss, lässt sich sagen: Wir Gesundheitsförderung vor Ort der Aufbau und die Etablierung sind auf einem guten Weg. von Präventionsverantwortlichen in den Rathäusern der n ächste wichtige und notwendige Schritt. Sie haben die Aufgabe, die Gesundheitsakteure vor Ort mit den Akteuren der Jugendhilfe, der Stefan Hahn | Beigeordneter des Dezernats Arbeit, Jugend, Altenhilfe und der Quartiersarbeit usw. zusammen zu bringen. Nur Gesundheit und Soziales beim Deutschen Städtetag; zuvor hierdurch werden die zahlreichen Angebote und Konzepte zu den Beigeordneter der Stadt Neuss und der Gemeinde Wachtberg; Menschen kommen. Leider sind gerade die Kommunen mit dem Dozent für Staats- und Verfassungsrecht beim Kommunalen größten Anteil an vulnerablen Zielgruppen diejenigen, die nicht aus Studieninstitut in Aachen und für Staatsrecht an der Fach- eigener Kraft dazu in der Lage sind, Präventionsverantwortliche zu hochschule für öffentliche Verwaltung in Köln; Rechtsanwalt. finanzieren. Es ist daher dringend notwendig, mit Hilfe der P räventionsmillionen die kommunalen Präventionsverantwortlichen zu finanzieren und damit den Aufbau der kommunalen Präventionsstrukturen zu initi ieren. Hierdurch könnte das Zusammenbringen verschiedenster Bemühungen und Maßnahmen unterschiedlicher Akteure und Fachbereiche unterstützt werden. Wichtig wäre in dem Zusammen hang auch, dass nicht nur hierfür, sondern auch für konkrete Maß- nahmen vor Ort entsprechende Ressourcen aus dem Präventions- gesetz zur Verfügung stehen. 10 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
IMPULSFORUM Kommunen den Weg bereiten Auf dem Weg zu einer gesunden Kommune: Unterstützung durch die Kassen »denAbFokus: 2019 nehmen wir gezielt benachteiligte Kommunen in Ein kommunales Förderprogramm soll die soziallagen bezogene Gesundheitsförderung und Prävention stärken.« Gernot Kiefer | GKV-Spitzenverband Gernot Kiefer Die Krankenkassen haben ihr Engagement in der Gesundheitsförde rävention in Kommunen zu stärken. Ein erstes Förderangebot un- P rung und Prävention in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet. terstützt benachteiligte Kommunen, die auf Basis des »German In- Die Ausgaben für die Gesundheitsförderung in Lebenswelten nach dex of Socioeconomic Deprivation« des Robert Koch-Instituts aus- § 20a SGB V wurden 2017 um 30% gegenüber dem Vorjahr erhöht gewählt wurden, u. a. mit einer Förderung von Personalkapazitäten und betrugen 2,12 € je Versicherten. beim Aufbau von Steuerungsstrukturen für Gesundheitsförderung. Im Rahmen des GKV-Bündnisses für Gesundheit – einer gemein Durch weitere Förderangebote sollen insbesondere vulnerable samen Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiter- Zielgruppen, u. a. Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehende, entwicklung und Umsetzung von Gesundheitsförderung und Kinder aus suchtbelasteten oder psychisch belasteten Familien, Prävention in Lebenswelten – ist in den letzten Jahren vieles zur stärker als bisher von gesundheitsförderlichen und primärpräven- Unterstützung der Kommunen durch die gesetzlichen Krankenkas- tiven Maßnahmen profitieren. Das Förderprogramm wird wissen- sen initiiert und umgesetzt worden: Einen wichtigen Beitrag zur schaftlich begleitet und evaluiert. kommunalen Gesundheitsförderung in den Bundesländern leisten die Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit, Weitere Informationen zum Förderprogramm: deren Fachpersonal auf insgesamt 32 GKV-geförderte Personal- www.gkv-buendnis.de/foerderprogramm/foerderangebote/ stellen aufgestockt wurde. Sie unterstützen die Kommunen durch Beratung, Netzwerkaktivitäten und Verbreitung von »Good Practi- ce«. Die Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung ist ein Gernot Kiefer | Seit 2010 Vorstand GKV-Spitzenverband; weiterer wichtiger Schwerpunkt des GKV-Bündnisses. Aktuell be- zuvor BITMARCK HOLDING, Sprecher der Geschäftsführung; steht an 129 Standorten eine Zusammenarbeit mit Jobcentern und IKK-Bundesverband, stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Agenturen für Arbeit, um gemeinsam die gesundheitliche Lage von arbeitslosen Menschen zu verbessern. Ein zentrales Anliegen der nationalen Präventionsstrategie ist es, Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten zu stärken und das Handlungsfeld auf kommunaler Ebene flächen deckend zu institutionalisieren. Es wurde ein übergreifendes gemeinsames Struktur- und Prozessziel in die Bundesrahmen- empfehlungen aufgenommen, welches den Gedanken kommunaler Steuerung stärkt. In den neuen Präventions- und Gesundheitsförde rungszielen der GKV, die ab 2019 bis 2024 gelten, wurde dieses Ziel operationalisiert. Das kommunale Förderprogramm des GKV-Bündnisses für Ge sundheit, das wir gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesund heitliche Aufklärung (BZgA) auf den Weg gebracht haben, startet im Januar 2019 mit einer Gesamtlaufzeit von fünf Jahren. Unser Ziel ist es, die soziallagenbezogene Gesundheitsförderung und Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 11
WORKSHOP 1 Netzwerkbildung vor Ort (I) Eröffnet wurde der Workshop durch einen Vortrag von Ruth Gausche, Universitätsklinikum Leipzig, und Ulrike Igel, H ochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Im Anschluss daran referierte Dr. Peggy Looks, Landeshauptstadt Dresden. Die Refe- rentinnen stellten die »Netzwerkbildung vor Ort« an den Beispielen Ulrike Igel (links), Ruth Gausche (rechts) der Städte Grünau und Dresden vor. men zeitlich, finanziell und inhaltlich begrenzter Gesundheits GRÜNAU BEWEGT sich – Strategien für förderungsprojekte nicht lösbar. Dazu braucht es das Interesse und einen gesundheitsförderlichen Stadtteil Mitwirken sektorenübergreifender kommunaler und gesamtgesell- schaftlicher Akteure. Ruth Gausche | Universitätsklinikum Leipzig Ulrike Igel | Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Ruth Gausche | Projektkoordinatorin mit wissenschaftlichen »GRÜNAU BEWEGT sich« ist ein gemeinwesenorientiertes P rojekt Aufgaben am Universitätsklinikum Leipzig. Seit 1998 befasst zur Gesundheitsförderung und Adipositasprävention für Kinder sie sich mit Datenerhebungen zur körperlichen Entwicklung in einem sozial benachteiligten Gebiet. Entsprechend der Be- von Kindern und J ugendlichen sowie mit der Früherkennung darfe und Wünsche aus dem Quartier werden in Trägerschaft der und Prävention von Störungen des Wachstums und der Ge- Stadt Leipzig (Gesundheitsamt) gemeinsam mit lokalen Akteur/ wichtsentwicklung. innen, Partner/innen aus Wissenschaft und dem Gesundheits- sektor sowie in Kooperation mit verschiedenen Krankenkassen Ulrike Igel | Seit 2015 im Projekt »GRÜNAU BEWEGT sich« systematisch Interventionen zur Gesundheitsförderung und für die wissenschaftliche Begleitung zuständig. Ulrike Igel Adipositasprävention entwickelt und umgesetzt. Diese a dressieren studierte Sozialwesen an der Hochschule für Technik, Wirt- vornehmlich die Verhältnisse, in denen Kinder aufwachsen, wie schaft und Kultur Leipzig und promoviert derzeit an der Medi- Kitas, Schulen und den öffentlichen Raum. zinischen Fakultät der Universität Leipzig zu sozialen und um- weltbezogenen Einflussfaktoren kindlicher Adipositas. Eine zentrale Rolle im Projekt kommt einer Sozialarbeiterin mit dem Schwerpunkt Gemeinwesenarbeit zu. Sie fungiert als Kontakt person für Kindergesundheit im Quartier, eruiert und bündelt Be- darfe, lotet Unterstützungs-, Kooperations- und Fördermöglich keiten aus und sensibilisiert bzw. aktiviert lokale Partner/innen für Gesund und aktiv in Dresden das Thema Gesundheitsförderung. 2015 wurde das quartiersbezo- gene Gesundheitsnetzwerk Grünau gegründet, in dem Vertreter/ Dr. Peggy Looks | Landeshauptstadt Dresden, innen aus Bildungseinrichtungen, Sportvereinen, der Gesundheits Beauftragte WHO-Projekt »Gesunde Städte« förderung und dem Quartiersmanagement aktuelle Bedarfe disku tieren, Ressourcen austauschen und Projektideen entwickeln Die Landeshauptstadt Dresden als Mitglied im Europäischen Netz- und umsetzen. So wurden seit 2016 u.a. der jährliche Kita- und werk »Gesunde Städte« der Weltgesundheitsorganisation hat sich Hort-Fußball-Pokal, Fortbildungen und verschiedene Aktionstage die Förderung der körperlichen Aktivität in der Bevölkerung zum durchgeführt sowie Schulwege farbig gestaltet. Schwerpunkt gesetzt. Grundlage der Arbeit bildet eine gesamt städtische Strategie zur Bewegungsförderung, die sich in den ver- Durch die gute Unterstützung seitens des Gesundheitsamtes schiedenen Fachplänen wie der Sportentwicklungsplanung, dem (Verfügungsfonds Gesundheit, Integriertes Stadtteilentwicklungs- Aktionsplan für gesundes und aktives Altern sowie dem Integrier- konzept) konnten zahlreiche einrichtungsbezogene Mikroprojekte ten Stadtentwicklungskonzept niederschlägt. mit lokalen Partner/innen umgesetzt werden. Kindergesundheit wird von lokalen Akteur/innen zunehmend thematisiert und disku Zentrales Anliegen ist die Schaffung von Bedingungen, die die Mög- tiert. Durch Formate wie das Grünauer Gesundheitsnetzwerk lichkeit zur alltäglichen, wohnortnahen und kostenfreien Bewegung oder Fortbildungsveranstaltungen werden der Austausch und die bieten. Im Fokus stehen dabei vor allem Bevölkerungsgruppen, die Kooperationsbeziehungen zwischen verschiedenen Grünauer sich bislang wenig bewegt haben. Vorgestellt wurde eine Auswahl Einrichtungen intensiviert. Trotz erfolgreicher Umsetzung sind von kommunalen Maßnahmen: strukturelle Barrieren und psychosoziale Problemlagen im Rah- 12 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
WORKSHOP 1 haltigkeit von Projekten zur kommunalen Prävention und Gesund- heitsförderung eine eindeutige Unterstützung durch die Verant- wortlichen in der Stadt notwendig sei. Andernfalls hätten es selbst gute Projekte schwer, sich zu verstetigen. In Dresden gelinge dies Dr. Peggy Looks durch die jahrelange Mitgliedschaft im Gesunde Städte-Netzwerk und die dadurch inzwischen selbstverständliche interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung. Des Weiteren betonte Frau Dr. Looks, dass eine gute Öffentlichkeitsarbeit für die Wahr- 1. »Walking People« beinhaltet die Etablierung von Lauf- und nehmung der erfolgreich umgesetzten Projekte von Bedeutung sei Bewegungsstrecken im öffentlichen Raum unter Nutzung vor- und dass diese zugleich auch ein Imagegewinn für die Stadt bzw. handener Wegepotenziale. die Stadtteile sein kann. 2. »Fit im Park« hält kostenfreie Sport- und B ewegungsangebote Darüber hinaus widmeten sich die Teilnehmenden der Frage, wie auf öffentlichen Grünflächen im Sommerzeitraum für die sich die Durchsetzung von Projekten erhöhen lasse. Übereinstim breite Bevölkerung inklusive für Kinder und Jugendliche sowie mung herrschte bei dem Punkt, dass es vor allem engagierter für Menschen mit Behinderung bereit. Persönlichkeiten bedarf, damit ein Projekt die notwendige Durch- 3. »Bewegung im Stadtteil« ist ein Angebot speziell für ältere schlagskraft bekommt. Dabei sei darauf zu achten, dass nicht nur Menschen. Partizipativ werden gemeinsam mit Senior/innen eine Person alleine die Verantwortung trage, damit im Falle eines Broschüren zu Stadtteilspaziergängen erarbeitet und publi- Ausscheidens die Arbeit professionell fortgeführt werden könne. ziert. Außerdem sei eine enge Zusammenarbeit mit den Einrichtun- gen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensumstände 4. »Senior-Fit-Dresden«, ein neunwöchiges B ewegungsangebot von Menschen haben, wichtig (z.B. Verantwortliche bei der Stadt für Senior/innen, das zugleich auch Anregungen für den Alltag gestaltung, Bildungseinrichtungen, Jobcenter). Dr. Looks berich- beinhaltet. tete von kostenfreien Multiplikator-Schulungen beim Dresdner- 5. »Multimobil – Für Dich. Für Dresden« - eine Kampagne, w elche Projekt »Bewegung im Stadtteil«. Ergänzt wurde seitens der die Dresdner Bevölkerung sensibilisieren soll, nicht nur das Teilnehmenden, dass es manchmal hilfreich sei, Projekte oder Auto für alltägliche Wege zu nutzen, sondern auf alternative Projektanteile an Vereine anzubinden, da dort häufig viele ehren- Fortbewegungsmöglichkeiten zu setzen. amtlich tätige und engagierte Akteur/innen zu finden sind. Die Resonanz der Bevölkerung zu den Projekten ist überwiegend Die Referentinnen empfahlen den Teilnehmenden, Fachveranstal- positiv. Gerade der Mix unterschiedlicher Angebote für unter- tungen/Foren mit dem Schwerpunkt »kommunale Prävention und schiedliche Zielgruppen in unterschiedlichen Stadtteilen scheint Gesundheitsförderung« zu besuchen, um Kenntnis über erfolg- ein Erfolgsfaktor zu sein und spricht für ein gesamtstädtisches reich etablierte Projekte zu erhalten. In Dresden wurden beispiels Vorgehen, welches die kooperative Umsetzung verschiedener weise Konzepte aus anderen Städten übernommen: »Fit im Park« Ämter erfordert. stammt aus Stuttgart und »Bewegung im Stadtteil« aus Köln. Dr. Peggy Looks | Seit 2011 WHO-Beauftragte für das Projekt Moderation »Gesunde Städte« der Landeshauptstadt Dresden; Betreuung zahlreicher Qualifikationsarbeiten auf dem Gebiet der Ge sundheitswissenschaften für Student/innen unterschiedlicher Klaus-Peter Stender | Behörde für Gesundheit und Verbrau Hochschulen; Vorträge u.a. an der TU Dresden und der Alice cherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg, Leiter der Salomon Hochschule Berlin; Vorträge auf nationalen/interna Fachabteilung Prävention, Gesundheitsförderung und Öffent tionalen Fachkongressen. licher Gesundheitsdienst. Koordinator des Gesunde Städte- Netzwerkes von 1989 bis 2004. Diskussion Die anschließende Diskussion wurde von dem Moderator Klaus- Peter Stender, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg, geleitet. Dr. Peggy Looks erläuterte, dass für die Nach- Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 13
WORKSHOP 2 Netzwerkbildung vor Ort (II) Die Referenten des Workshops 2, Bernd Gard, Bürgermeister und Dorfentwickler in Mannebach, und Prof. Dr. Wolfgang H. Caselmann, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, stellten in ihren Vorträgen Instrumente zur »Netzwerkbildung vor Ort« dar. Bernd Gard Dorfaktivierung nach dem Bernd Gard | Seit 2009 Ortsbürgermeister und Dorfentwick- Saarburger Modell ler in Mannebach (Landkreis Trier-Saarburg, Rheinland-Pfalz); Präventologe h.c. Berufsverband der Präventologen; Entwick- Bernd Gard | Bürgermeister und Dorfentwickler Mannebach ler des Mannebacher Mobilitätsmodells und des Saarburger Modells; zuvor Berater für behinderte Menschen und 1. Fach- Das »Saarburger Modell« ist ein strukturiertes Werkzeug zur kraft für Rehabilitation (Teamleiter) bei der Agentur für Arbeit; Förderung der Selbstorganisation der Bürgerschaft mit dem Ziel, Dipl.-Verwaltungswirt. die Kommune sozial, ökologisch und ökonomisch neu auszurichten und eine aktive, sorgende Gemeinschaft zu schaffen, welche die Grundsätze der Gemeinwohlökonomie anstrebt. Das Saarburger Modell beruht auf den Grundlagen: Strukturaufbau und Wissens vermittlung. Gesundheitsförderung vor Ort – Zum Strukturaufbau gehört, dass insbesondere Bürgermeister/in- Entscheidungen in der Region treffen nen für Prävention und Gesundheitsförderung sensibilisiert w erden Prof. Dr. Wolfgang H. Caselmann | und aktiv einen Veränderungsprozess anregen, der ein »Fürein- Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ander« in der Dorfgemeinschaft fördert. So sollen professionelle Strukturen im Ehrenamt entstehen, die einen Gesundheitsförde- Der unter Einbeziehung aller Ressorts und nach Diskussion mit rungsprozess in der Dorfgemeinschaft voranbringen (»Gesund- den Partnern der Bürgergesellschaft erstellte Bayerische Präven heitsgenossenschaft«). Der Prozess zur Dorfaktivierung beginnt in tionsplan setzt den Rahmen für Maßnahmen der Gesundheits Form einer Ideenwerkstatt. Anschließend werden Projektgruppen förderung und Prävention in Bayern. Er bildet eine Grundlage für die gebildet, um die gesammelten Ideen umzusetzen. Zudem ist eine Umsetzung des Präventionsgesetzes auf Landesebene und nutzt Wissensvermittlung notwendig, die auch die Bürger/innen erreicht. vorhandene Strukturen, wie z.B. das Zentrum für Prävention und Im Saarburger Modell ist hierfür eine Wissensinfothek vorgesehen, Gesundheitsförderung am Landesamt für Gesundheit und Lebens- Expert/innen werden für Vorträge eingeladen und Filmabende zu mittelsicherheit, die regionalen Präventionsmanager/innen sowie relevanten Themen organisiert. die Gesundheitsregionen plus. Zur Verbesserung der individuellen Lebensqualität und zur Stär- Die vier zentralen Handlungsfelder des Präventionsplans sind kung der dörflichen Gemeinschaft ist in Mannebach beispielsweise »Gesundes Aufwachsen in Familie, Kindertageseinrichtungen ein Dorffitnessraum entstanden, wo generationenübergreifend zu- und in der Schule«, »Gesundheitskompetenz in der A rbeitswelt sammen trainiert wird. E-Bikes stehen zum Verleih bereit und eine und betriebliche Präventionskultur«, »Gesundes Altern im selbst WhatsApp-Gruppe wurde für Nachbarschaftshilfe entwickelt. Die bestim mten Lebensumfeld« sowie »Gesundheitliche Chancen lokalen Erfolge des Saarburger Modells in Mannebach wurden kon- gleichheit« als Querschnittsthema. Diese werden mit Hilfe des sequent in der Presse veröffentlicht und von anderen Gemeinden Bündnisses für Prävention umgesetzt, in dem sich bisher insge- übernommen. samt 124 Präventionsakteure im Freistaat zur freiwilligen Mitarbeit bekannt haben. Auf Grundlage der flexiblen Methodik des Saarburger Modells können sowohl die Ergebnisse des 7. Altenberichts der Bundesregierung Die regionalen Besonderheiten und Bedürfnisse für die gesund- als auch die Vorgaben des Präventionsgesetzes beispielhaft umge- heitliche Prävention und Versorgung können am besten vor Ort be- setzt werden. urteilt werden. 2015 wurde auf Ebene der bayerischen L andkreise mit dem Aufbau eines Förderinstruments G esundheitsregionen plus begonnen, das Handlungsfelder für Gesundheitsförderung und Prävention sowie für die gesundheitliche Versorgung auf Basis 14 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
WORKSHOP 2 die Bearbeitung von Versorgungs- und Präventionsthemen jedoch verpflichtend sei. Für die Einstellung einer Geschäftsstellenleitung stehen bis zu 50.000 Euro im Jahr zur Verfügung. Ob davon Voll- zeit- oder Teilzeitkräfte angestellt werden und welche Qualifikation Prof. Dr. med. Wolfgang H. Caselmann diese haben, werde nach dem regionalen Bedarf entschieden. Bei den Gesundheitsregionen plus sind die Geschäftsstellen in der R egel in den Gesundheitsämtern angesiedelt. regionaler Bedarfsanalysen bestimmt. Eine Zuwendung zum Auf- bau regionaler Geschäftsstellen wird als Anteilfinanzierung in Höhe Auf Rückfrage aus dem Plenum weist Bernd Gard auf seine von bis zu 70 % der förderfähigen Ausgaben – höchstens in Höhe Schulungsseminare hin. Prof. Caselmann macht die Teilnehmenden von 50.000 Euro jährlich – für 5 Jahre gewährt. Zusätzlich können auf die Möglichkeit eines Praktikums im Bayerischen Staatsminis Mittel für Projekte und die Öffentlichkeitsarbeit beantragt werden. terium für Gesundheit und Pflege aufmerksam. Derzeit werden 41 Gesundheitsregionenplus gefördert, dies ent- spricht 52 kreisfreien Städten und Landkreisen. Ziel ist es, eine Flächendeckung der Gesundheitsregionen plus zu erreichen. Moderation Prof. Dr. med. Wolfgang H. Caselmann | Seit 2018 stellvertre- Dr. Ellis Huber | Seit 2004 Mitglied im Vorstand des Berufs tender Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsschutz verbandes Deutscher Präventologen e.V. und seit 2007 d essen im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Vorsitzender; Vorstandsmitglied des Paritätischen, Landes (StMGP); beratendes Mitglied der Nationalen Präventionskon- verband Berlin e.V.; Geschäftsführer der St. Leonhards Aka ferenz und Mitglied des Verwaltungsrats des Instituts für Medi demie gGmbH; zuvor Vorstand der SECURVITA BKK; Präsident zinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP); seit der Ärztekammer Berlin; Gesundheitsstadtrat von Berlin- 2003 Referatsleiter verschiedener medizinischer Fach- bzw. Wilmersdorf und -Kreuzberg. Grundsatzreferate im StMGP. Diskussion Die Workshopteilnehmer/innen diskutierten unter Leitung des Moderators Dr. Ellis Huber, Vorsitzender des Berufverbandes der Präventologen e.V., die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen der beiden Ansätze. Bernd Gard erläuterte, dass beim »Saarburger Modell« der aktiven Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung von Präventions- und Gesund- heitsförderungsprozessen eine hohe Bedeutung zukomme. Das »Saarburger Modell« arbeitet mit dem Leitsatz »Mit Menschen ge- stalten, nicht für sie« – ein Plädoyer für einen respektvollen Dialog. In diesem Zusammenhang empfahl der Moderator Dr. Ellis Huber den Workshop-Teilnehmer/innen die Fachliteratur: »Reinventing Organizations visuell: Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender For- men der Zusammenarbeit« von Frederic Laloux (2016). Prof. Wolfgang H. Caselmann führte aus, dass beim Bayerischen Präventionsplan mit den Gesundheitsregionen plus der Netzwerk- strukturaufbau zwischen der Kommunalpolitik und allen, die vor Ort bei der gesundheitlichen Versorgung und Prävention eine ent- scheidende Rolle spielen, im Fokus stehe. Er ergänzte, dass die Handlungsfelder der Gesundheitsregionen plus unterschiedlich sind, Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung vor Ort | 8. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 15
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