"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge

 
WEITER LESEN
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
«Pro Palliative Care»
Palliative Care Strategie der
Katholischen Kirche im Kanton Zürich
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
Geleitwort des Generalvikars                                                                                                    Inhaltsverzeichnis
     Papst Franziskus wird nicht müde, uns in eindrücklichen                                                                         Geleitwort des Generalvikars............................................... 3
     Worten und Taten zum Engagement für die Armen,                                                                                                                                                                            5 Bausteine und Ziele einer ökumenisch
     Kranken und Schwächsten zu ermutigen, treu dem                                                                                  Definition «Palliative Care»............................................. 4             		 abgestimmten Palliative Care Strategie der
     Liebesgebot Jesu Christi: «Was ihr für einen meiner                                                                                                                                                                     		 Katholischen Kirche im Kanton Zürich................... 15
     geringsten [Schwestern und] Brüder getan habt, das habt                                                                                                                                                                 5.1 Baustein Forschung und Bildung: Positionierung der
     ihr mir getan» (Mt 25,40).                                                                                                        1 Ausgangslage: «Palliative Care ein Zeichen                                          		 Forschung und kirchlichen Seelsorge als gewichtige
                                                                                                                                     		 der Zeit – uralt und hochaktuell»............................. 5                     		 Stimme im Bereich Spiritual Care (religiös-spirituelle
     Kranke, Leidende und Sterbende ganzheitlich zu umsorgen                                                                         1.1 Die «Nationale Strategie Palliative Care                                            		Begleitung)................................................................. 15
     und zu begleiten, gehört seit mehr als 2 000 Jahren zu den                                                                      		 2010–12 / 2013–15 des BAG»...................................... 5                   5.2 Baustein Sensibilisierung und Öffentlichkeits-
     Werken der Barmherzigkeit und hat unsere abendländische                                                                         1.2 Umsetzung von Palliative Care im Kanton Zürich.......... 5                          		 arbeit: Förderung einer breiten Information
     Kultur geprägt und durchdrungen. Auf ihr gründet unsere                                                                                                                                                                 		 der Bevölkerung......................................................... 15
     hochprofessionelle Gesundheitsversorgung.                                                                                                                                                                               5.3 Baustein Vernetzung: Aktive Zusammenarbeit und
                                                                                                                                       2 Palliative Care – ein Auftrag der                                                   		 Partnerschaften in Palliative Care Netzwerken............. 15
«Was ihr für einen meiner geringsten                                                                                                 		 christlichen Kirchen................................................... 7            5.4 Baustein Verankerung: Die Kirchen als verlässliche
                                                                                                                                     2.1 Ein Blick in die christliche Überlieferung........................ 7                		 Partnerinnen in Palliative Care.................................... 15
[Schwestern und] Brüder getan habt, das                              Bei der Umsetzung der vorliegenden Palliative Care Strate-      2.2 Palliative Care – ein pastoraler Kairos............................ 7               5.5 Ziele für eine Strategie von 2014 – 2018...................... 17
habt ihr mir getan»                                                  gie ist das bewährte katholische Subsidiaritätsprinzip
                                                                     wichtig. Jede und jeder ist in seinem konkreten Umfeld und
                                                                     Verantwortungsbereich gefordert: Professionelle, Freiwillige,     3 Bisherige Aktivitäten der Katholischen Kirche                                         6 Überprüfung der Umsetzung................................. 18
     Die Katholische Kirche im Kanton Zürich sieht in der            Angehörige. Alle tun dies mit den Schwerkranken und             		 im Kanton Zürich, insbesondere der Dienst-
     Palliative Care-Bewegung, die zunehmend in Netzwerken           Sterbenden zusammen, welche die Begleitenden oft mit            		 stelle Spital- und Klinikseelsorge im Bereich
     und interprofessionellen Care Teams in und ausserhalb der       ihrem eindrücklichen Glaubens- und Lebenszeugnis be-            		 Palliative Care ........................................................... 9          7 Dank......................................................................... 19
     Spitäler geschieht, ein positives Zeichen der Zeit. Mit Über-   schenken und ermutigen. In all diesen Begegnungen und           3.1 Beauftragte für Palliative Care...................................... 9
     zeugung engagieren wir uns deshalb gemeinsam mit                Begleitungen geschieht explizit und implizit christlicher       3.2 Weiterbildung «Seelsorge in Palliative Care»................. 9
     unserer reformierten Schwesterkirche für Palliative Care und    Glaube und wahre Christusbegegnung.                             3.3 Publikationen und Vorträge........................................ 10               		Anhang..................................................................... 20
     bringen unsere spezifischen Beiträge und das Knowhow            Ich danke allen für das vernetzte Engagement in und für                                                                                                 A1 Argumentarium und Entscheidungshilfe..................... 20
     der Seelsorge und Freiwilligenarbeit im Netzwerk palliative     Palliative Care, das wir gemeinsam mit allen Menschen                                                                                                   A2		 Fussnoten................................................................... 21
     zh+sh und auf allen Ebenen ein.                                 guten Willens im Kanton Zürich noch vertiefen und stärken         4 Künftiger Bedarf der katholischen Palliative-Care                                   A3		 Poster Spitalseelsorge................................................. 22
     Der wichtige pastorale Schwerpunkt Palliative Care ist eine     möchten.                                                        		 Begleitung im Kanton Zürich und Notwendigkeit
     Realisierung der diakonischen «Geh-hin-Kirche» der Pasto-       Als gläubige Christinnen und Christen dürfen wir dies im        		 der ökumenischen Zusammenarbeit...................... 13
     ralpläne der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. In die-      Vertrauen tun, dass ER, der Leiden, Sterben und Tod über-       4.1 Bedarf........................................................................ 13
     sem Bereich können die Pfarreien von der Fachkompetenz          wunden hat, uns in allem trägt und uns mit dem letzten          4.2 Ökumenische Absprache und Zusammenarbeit.......... 14
     der Spital- und Klinikseelsorge und ihrem Knowhow der           Pallium, der barmherzigen Liebe Gottes, umhüllen wird.
     vernetzten und integrierten professionellen Zusammenar-
     beit profitieren.                                               Dr. Josef Annen, Generalvikar; Ostern 2014
     In der Palliative Care-Begleitung können wir gegenseitig viel
     voneinander lernen: von den Sterbenden, den Angehörigen,
     den Freiwilligen, den Ärzten und Pflegenden, den Seel-
     sorgenden, den psychosozialen Diensten. Auf universitärer
     Ebene soll dieses Lernen durch eine Professur Spiritual Care
     an der Universität Zürich gestärkt werden.

2   • Vorwort • Palliative Care Strategie •                                                                                                                                                                                                               • Palliative Care Strategie • Inhaltsverzeichnis •        3
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
1
                                                                                                                                            Ausgangslage
                                                                                                                                            «Palliative Care ein Zeichen der
                                                                                                                                            Zeit – uralt und hochaktuell»

                                                                                                                              Die Entwicklung im Bereich Palliative Care fordert die Kir-     der Bevölkerung den Wunsch äussert, die letzte Lebenszeit
                                                                                                                              chen und ihre Seelsorge heraus, sich zu positionieren. Die      zu Hause verbringen und in gewohnter Umgebung sterben
                                                                                                                              Katholische Kirche im Kanton Zürich sieht in Palliative Care    zu können, liegt ein besonderer Fokus in der Förderung
                                                                                                                              ein positives Zeichen der Zeit und dankt allen, die sich in     ambulanter Palliativ-Netzwerke.
                                                                                                                              Palliative Care für leidende und sterbende Mitmenschen          Der Verein palliative.ch8 (Palliative Schweiz) mit seinen
                                                                                                                              engagieren. Die Katholische Kirche im Kanton Zürich möchte      Partnerorganisationen ist ein interprofessionelles Netzwerk
                                                                                                                              mit ihrer Palliative Care Strategie die pastoralen Herausfor-   von Kompetenzträgern (Ärzten, Pflegenden, Sozialarbeitern,
                                                                                                                              derungen positiv annehmen und ihre Kompetenz sowie ihr          Therapeuten, Seelsorgern usw.), die in enger Zusammenar-
                                                                                                                              Knowhow einbringen. Dabei gilt für die Umsetzung das in         beit mit dem BAG die nationalen Ziele auf Bundesebene
                                                                                                                              der katholischen Kirche bewährte Prinzip der Subsidiarität      und die Implementierung auf Kantonsebene umsetzen. Im
                                                                                                                              bezüglich der Verantwortungsebenen.                             Kanton Zürich heisst die kantonale Organisation «palliative
                                                                                                                                                                                              zh+sh»9. Die Dienststelle der katholischen Spital- und
                                                                                                                                                                                              Klinikseelsorge arbeitet schon seit längerem eng mit «pallia-
                                                                                                                              1.1   Die «Nationale Strategie Palliative Care 		               tive zh+sh» zusammen. Eine offizielle Partnerschaft der
                                                                                                                                    2010 – 12 / 2013 – 15 des BAG»                            katholischen und reformierten Kirche im Kanton Zürich mit
                                                                                                                                                                                              «palliative zh+sh» wird für das Jahr 2014 geplant.
                                                                                                                              Gegenwärtig scheiden nur knapp zehn Prozent der Men-
                                                                                                                              schen, die jährlich in der Schweiz sterben, plötzlich und un-
                                                                                                                              erwartet aus dem Leben. Die Mehrheit der Menschen stirbt        1.2    Umsetzung von Palliative Care im
                                                                                                                              nach einer mehr oder weniger langen Krankheits- und Pflege-            Kanton Zürich
                                                                                                                              phase, so die Angaben in der «Nationalen Strategie Palliative
                                                                                                                              Care» des Bundesamts für Gesundheit BAG. Auch jüngere           Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich erteilte im
                                                                                                                              Menschen mit unheilbaren Krankheiten benötigen oft über         Jahre 2012 provisorische Leistungsaufträge in «Spezialisier-
                                                                                                                              längere Zeit umfassende Pflege und palliative Betreuung.        ter Palliative Care» an zehn Institutionen mit der Auflage,
                                                                                                                              Die demographische Entwicklung verändert sich dahinge-          bis ins Jahr 2014 eine interne spezialisierte Palliativstation
                                                                                                                              hend, dass künftig eine beachtlich grössere Anzahl Men-         aufzubauen und durch die Schweizerische Vereinigung für
                                                                                                                              schen mehr Betreuung am Lebensende benötigen. Grund             Qualität in Palliative Care, «qualitépalliative», zertifizieren zu
                                                                                                                              dafür ist, dass die Menschen in der Schweiz immer älter         lassen (Audits inkl. Strukturkriterien / Erlangung des Label
                                                                                                                              werden und unheilbare, chronische Krankheiten im Alter          «Qualität in Palliative Care»)10. Die zehn Institutionen sind 11:
                                                                                                                              häufiger auftreten. 2 Das Bundesamt für Statistik geht davon    Spital Affoltern, Universitätsspital Zürich, Kantonsspital Win-
                                                                                                                              aus, dass – vorausgesetzt, die Dauer der Pflegebedürftigkeit    terthur, Paracelsus-Spital Richterswil, Spital Männedorf,
                                                                                                                              bleibe konstant – die Zahl der über 64-jährigen pflegebe-       Spital Zollikerberg, Klinik Susenberg, Epilepsieklinik, Kinder-
                                                                                                                              dürftigen Menschen zwischen 2010 und 2030 von 125 000           spital Zürich und Spital Bülach.
                                                                                                                              auf 182 000 Personen ansteigen wird 3 und die Zahl der jähr-    Die meisten Langzeitpflege-Einrichtungen im Kanton Zürich
                                                                                                                              lichen Todesfälle von gegenwärtig 60 000 bis ins Jahr 2050      befassen sich seit vielen Jahren mit dem Thema der Pallia-
                                                                                                                              auf über 100 000 Menschen zunehmen wird.4                       tive Care. Veranlasst durch die nationale Strategie des
                                                                                                                              Deshalb wurde die «Nationale Strategie Palliative Care 2010–    Bundes wurden nun auch in Pflegezentren und Langzeit-
                                                                                                                              2012 5» erarbeitet, um «Palliative Care gemeinsam mit           institutionen detaillierte Palliativkonzepte erarbeitet und
                                                                                                                              den wichtigsten Akteuren des Gesundheitswesens und aus          verantwortliche Fachpersonen für die Umsetzung ausgebil-

Definition «Palliative Care»
                                                                                                                              anderen Bereichen zu verankern» 6, damit jeder Mensch in        det sowie eingestellt.
                                                                                                                              der Schweiz eine angemessene, seiner individuellen Situa-
«Palliative Care umfasst die Betreuung und Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen                        tion angepasste, professionelle Begleitung und Behandlung
und / oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Sie wird vorausschauend miteinbezogen, ihr Schwer-                         am Lebensende erhält. Mittlerweile wurde die «Nationale
punkt liegt aber in der Zeit, in der die Kuration (Heilung) der Krankheit als nicht mehr möglich erachtet wird                Strategie Palliative Care» bis ins Jahr 2015 verlängert, um
und kein primäres Ziel mehr darstellt. Patientinnen und Patienten wird eine ihrer Situation angepasste opti-                  die Verankerung in unterschiedlichen Institutionen zu fes-
male Lebensqualität bis zum Tod gewährleistet und die nahestehenden Bezugspersonen werden ange-                               tigen und noch effizientere Netzwerke mit unterschiedlichs-
messen unterstützt. Palliative Care beugt Leiden und Komplikationen vor. Sie schliesst medizinische Behand-                   ten Partnern zu suchen und sicherzustellen. Da laut einer
lungen, pflegerische Interventionen sowie psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung mit ein.»                     repräsentativen Bevölkerungsumfrage des BAG7 drei Viertel
                                                                        Nationale Leitlinien Palliative Care, BAG, 11/ 2010
                                                                                                                                                                                                                              • Palliative Care Strategie • Kapitel 1 •   5
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
2
                                                               ___

                                                               Palliative Care – ein Auftrag der
                                                               christlichen Kirchen

                                                2.1    Ein Blick in die christliche Überlieferung                  2.2   Palliative Care – ein pastoraler Kairos

                                                Bereits im Neuen Testament finden sich viele Quellen (Mt           Die besondere Achtung und Wertschätzung für «kranke
                                                25,31-46; Lk 10,25-37; Mk 14,34), die die Begleitung von           und geschwächte» Menschen im Sinne von Dame Cicely
                                                (schwer-)kranken und sterbenden Menschen als zentralen             Saunders ist für die christlichen Kirchen als Auftrag Jesu
                                                christlichen Auftrag belegen. Der Begriff «Hospiz» (lat.           Christi zentral, wichtig und heilig. Da-Sein für kranke und
                                                «hospitium»: Herberge, Gastfreundschaft) tauchte ab dem            sterbende Menschen und die Begleitung von Trauernden,
                                                vierten Jahrhundert in Zusammenhang mit christlichen               die den Verlust eines lieben Angehörigen beklagen, ge-
                                                Orden auf, die Reisende, Kranke und Bedürftige aufnahmen           hören seit jeher zu den Kernaufgaben einer christlichen
                                                und versorgten. Im frühen Mittelalter war das Hospiz ein           Seelsorge. Diese Wertschätzung verbindet die christlichen
                                                Ort, an dem Pilger Schutz, Ruhe, Verköstigung, Pflege und          Kirchen mit der Praxis von Palliative Care und ist der unver-
                                                seelsorgerische Begleitung finden konnten. Im 18. und 19.          zichtbare Beitrag, dass schwer kranke und sterbende Men-
                                                Jahrhundert stellten christliche Ordensgemeinschaften ihre         schen sowie ihre Angehörigen eine umfassende (auch
                                                Berufung ganz in den Dienst der Pflege von kranken und             religiös-spirituelle) Begleitung erhalten. Palliative Care um-
                                                sterbenden Menschen. Sie sammelten und dokumentierten              fasst neben der medizinisch-pflegerischen Unterstützung
                                                zudem ihre pflegerischen und medizinischen Erfahrungen             auch die psychische, soziale und religiös-spirituelle Beglei-
                                                und begannen junge Menschen auszubilden. In dieser                 tung und Seelsorge. Hier stellt sich für Theologinnen und
                                                Tradition entstanden die ersten schweizerischen Kranken-           Theologen, für Seelsorgende aus Institutionen und Pfarreien
                                                pflegeschulen und viele bis heute bestehende und inzwi-            die Aufgabe, ihre Erfahrungen und Kompetenzen einzubrin-
                                                schen staatlich geführte Spitäler.                                 gen und da zu sein für die Menschen, die das ganze Leben
                                                                                                                   lang ihrer Kirche verbunden waren. Damit werden Men-
                                                                                                                   schen am Lebensende, konfrontiert mit Krankheit, Schwä-
                                                            «Ein besonderer Fokus liegt                            che und Abschied, in der kirchlichen Gemeinschaft eine
                                                                                                                   religiös-spirituelle Geborgenheit und Klärung erfahren.
                                                          auf der Förderung ambulanter
                                                                  Palliativ-Netzwerke.»                            Heute gibt es viele Menschen, die Gefühle der grossen
                                                                                                                   Angst vor Schmerzen, Verlust der Autonomie, Alleinsein
                                                                                                                   und Abgeschoben-werden im Hinblick auf eine schwere
                                                                                                                   Erkrankung haben. Einigen ist das Leid so unerträglich, dass
                                                Als Hospiz werden auch in der Gegenwart diejenigen                 sie organisierte Suizidbeihilfe erwägen oder in Anspruch
                                                Institutionen bezeichnet, in denen Menschen ein Zuhause,           nehmen. Auch vor diesem Kontext setzt sich die Katholische
                                                fachkundige palliative Betreuung und Geborgenheit in der           Kirche im Kanton Zürich dafür ein, dass die interprofessio-
                                                letzten Lebenszeit erfahren. Untrennbar mit den modernen           nelle Begleitung von Palliative Care gefördert wird, und
                                                Sterbehospizen verbunden steht der Name von Dame Cicely            leistet aktiv ihren Beitrag dazu.
                                                Saunders (1918 – 2005), der englischen Krankenschwester,
                                                Ärztin und Sozialarbeiterin, die nicht nur das erste moderne
                                                Sterbehospiz, das St. Christopher’s Hospice 1967 in London
                                                gründete, sondern bis heute gültige Forschungsergebnisse
                                                für die Palliativmedizin erarbeitete. Trotz vieler wissenschaft-
                                                licher Forschungsarbeiten stand für sie immer das biblische
                                                Wort Jesu im Garten Getsemani «Bleibet hier und wachet
                                                mit mir» (Mk 14,34) im Zentrum von Palliative Care 12. Es ist
                                                die Haltung, die die Pflege und das Leben im Hospiz prägt:
                                                Die Achtung für den einzelnen Menschen, das Da-Sein
                                                und Aushalten von dem, was vielleicht nicht zu verstehen
                                                ist (Getsemani-Erfahrung), die Menschlichkeit der Menschen
                                                füreinander.

6   • Kapitel 2 • Palliative Care Strategie •                                                                                                    • Palliative Care Strategie • Kapitel 2 •   7
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
3
                                                                  Bisherige Aktivitäten insbesondere
                                                                  der Dienststelle Spital- und Klinik-
                                                                  seelsorge im Bereich Palliative Care

                                                   Die Begleitung und Unterstützung kranker und sterbender          3.1   Beauftragte für Palliative Care
                                                   Menschen waren schon immer wichtige Aufgaben der kirch-
                                                   lichen Seelsorge in Pflegezentren, Spitälern und Pfarreien.      Damit die Dienststellenleitung der Spital- und Klinikseelsor-
                                                   Mit dem Konzept der integrierten Spital- und Klinikseelsor-      ge einige der vielen drängenden Aufgaben und Herausfor-
                                                   ge in den Spitälern und Psychiatrischen Kliniken des Kantons     derungen im immer wichtiger werdenden Bereich der
                                                   Zürichs intensivierte sich seit 200713 die interprofessionelle   Palliative Care delegieren und bewältigen kann, hat der
                                                   Zusammenarbeit im Bereich Palliative Care auf stationärer        Ausschuss der Spital- und Klinikseelsorge die ehemalige
                                                   Ebene. In neu entstandenen Palliativstationen und Konsiliar-     Pflegefachfrau, erfahrene Theologin und katholische Spital-
                                                   diensten arbeiten Seelsorgende interdisziplinär eng zusam-       seelsorgerin im Universitätsspital Zürich, Frau Lisa Palm,
                                                   men in der Begleitung von Patienten und ihren Angehöri-          2012 mit 20 Stellenprozenten offiziell als Beauftragte für
                                                   gen, im Zertifizierungsprozess der Kompetenzzentren sowie        Palliative Care ernannt. Die Zusammenarbeit mit kantonalen
                                                   in der Fort- und Weiterbildung.                                  und überkantonalen Netzwerken, Vorträge, Öffentlichkeits-
                                                                                                                    arbeit sowie Bildung zählen zu ihren Hauptaufgaben.

                                                «Die Begleitung und Unterstützung                                   Besondere Vortrags- und Öffentlichkeitsarbeit der Beauftrag-

                                                            kranker und sterbender                                  ten in den Jahren 2012 und 2013:
                                                                                                                    – Leitung des Workshop am Jahreskongress von palliative
                                                     Menschen waren schon immer                                        zh+sh, 2012
                                                                                                                    – Leitung eines Workshops in ökumenischer Zusammen-
                                                 wichtige Aufgaben der kirchlichen                                     setzung am Jahreskongress von palliative zh+sh, 2013
                                                       Seelsorge in Pflegezentren»                                  – Referat zu Spiritual Care an der Jahresversammlung der
                                                                                                                       deutschschweizerischen Vereinigung der Spitalseel-
                                                                                                                       sorgenden, 2012
                                                                                                                    – Diverse Lehrtätigkeiten, Referate u. a. bei der Freiwillige
                                                   Um die Beteiligung in Palliative Care zu fokussieren, hat der       organisation WABE sowie an der ökumenischen Bildung
                                                   Leiter der Katholischen Dienststelle der Spital- und Klinik-        reihe «Sterben und wie wir damit leben können» im
                                                   seelsorge im Kanton Zürich, Urs Länzlinger, im Jahr 2009 die        Pfarreizentrum St. Gallus, Zürich, 2013.
                                                   «Fachkommission Seelsorge in Palliative Care» ins Leben          – Vorträge in den Dekanaten und Pastoralkreisen in
                                                   gerufen. Sie hat das Ziel, in unterschiedlichen Ressorts            Zusammenarbeit mit dem Dienststellenleiter und den
                                                   (Bildung und Forschung, Publikationen, Vernetzung, Öffent-          Spitalseelsorgenden.
                                                   lichkeitsarbeit usw.) inhaltlich und systematisch zu arbeiten,
                                                   um dadurch eine hörbare, professionelle Stimme im «Bereich
                                                   Spiritual Care» in Palliative Care zu sein.                      3.2   Weiterbildung «Seelsorge in
                                                   Die Mitglieder der Fachkommission sind langjährige Spital-             Palliative Care»
                                                   seelsorgende aus unterschiedlichen Fachgebieten. Sie arbei-
                                                   ten in verschiedenen Spitälern als integrierte Teammitglieder    Unter der Leitung des Dienststellenleiters Urs Länzlinger
                                                   in interprofessionellen Teams mit Ärzten und Pflegenden zu-      wurde im Jahr 2013 die fünftägige Weiterbildung «Seelsor-
                                                   sammen.                                                          ge in Palliative Care» (Level A2) konzipiert. Mitgearbeitet
                                                   Seit der Gründung der reformierten Partnerkommission             haben die beiden Mitglieder der «Fachkommission Seel-
                                                   «Ref. Pall Care» im Jahre 2011 finden zudem intensive Ge-        sorge in Palliative Care» Lisa Palm und Daniel Burger (Seel-
                                                   spräche und gemeinsame Sitzungen statt. Die ökumenische          sorger im Spital Affoltern) sowie Dr. Roland Kunz, Chefarzt
                                                   Kommission «Ök. Pall Care» tagte seit März 2012 fünfmal.         Kompetenzzentrum Affoltern a. Albis, Palliativmediziner,
                                                   Die Aktualität des Themas, die enge ökumenische Zusam-           Sr. Elisabeth Müggler, Freiwilligenorganisation WABE,
                                                   menarbeit der Seelsorgenden in den Institutionen sowie die       Limmattal, und Monika Obrist, Geschäftsführerin palliative
                                                   gemeinsamen Interessen, Ziele, Projekte und öffentlichen         zh+sh, Pflegefachfrau.
                                                   Auftritte führten zur Überzeugung, dass eine katholische
                                                   Palliative Care Strategie jeweils ökumenisch abgesprochen
                                                   und gemeinsam in der Praxis umgesetzt werden soll.

8   • Kapitel 3 • Palliative Care Strategie •                                                                                                    • Palliative Care Strategie • Kapitel 3 •   9
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
Die Weiterbildung wird im Rahmen der Personalförderung          «Die Fachkommission ‚Seelsorge in Palliative Care‘ zusam-          Palliative Kongress 2012 den zweiten Preis für das Poster
     der Katholischen Kirche im Kanton Zürich erstmals vom           men mit Generalvikar Josef Annen sind davon überzeugt,             mit der Darstellung ihrer Dienste in diesem Bereich (Poster
     Februar bis Mai 2014 durchgeführt. Adressaten sind Seel-        dass die professionelle, ganzheitliche Forschung und               siehe Anhang).
     sorgende aus Pfarreien, Spitälern und der Langzeitpflege.       Anwendung von Palliative Care gefördert werden muss.
                                                                     Im Folgenden sind Fakten und Argumente thesenartig
                                                                     zusammengestellt. Sie sollen sensibilisieren für eine men-         3.3.4 Vorträge zum Thema «Spiritual Care» am Uni-
     3.3     Publikationen und Vorträge                              schenwürdige Begleitung des leidenden Patienten in der                   versitätsspital Zürich
                                                                     letzten Lebensphase bis zu seinem natürlichen Tod.»
     3.3.1 Pastoraltheologisches Fachbuch «Seelsorge in 		                                                                              Die katholische und reformierte Spitalseelsorge im Kanton
           Palliative Care»                                          1. Das Leben bis zum natürlichen Tod kann eine tiefe 		            Zürich organisierte zwei Vorträge zum Thema «Spiritual
                                                                        menschliche und spirituelle Reifung mit sich bringen. 		        Care» am Universitätsspital Zürich.
     Im Herbst 2012 erschien das Buch «Seelsorge in Palliative          Das Überschreiten von Grenzen bietet so die Chance
     Care» 14, herausgegeben von der gleichnamigen Fach-                zum persönlichen Wachstum in der letzten Phase des
     kommission der Spitalseelsorge in Zusammenarbeit mit der           Lebens, im Sterben.                                         Das Leben bis zum natürlichen Tod
     Theologischen Hochschule Chur.                                  2. Vom christlichen Glauben her …
                                                                        … ist das Leben des Menschen von Gott geschenkt und            kann eine tiefe menschliche und
     Als Herausgeber zeichnen namentlich Manfred Belok, Pro-
     fessor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologi-
                                                                        unverfügbar.
                                                                        … erschöpfen sich Krankheit und Sterben nicht in der
                                                                                                                                    spirituelle Reifung mit sich bringen.
     schen Hochschule Chur, Urs Länzlinger, Dienststellenleiter         Erfahrung blosser Sinnlosigkeit.
     der Katholischen Spital- und Klinikseelsorge Zürich sowie          … wird der Tod nicht als Ende, sondern als Durchgang
     Hanspeter Schmitt, Professor für Theologische Ethik an             zu einer anderen Lebensexistenz verstanden.                    Am 4. November 2011 fand eine Veranstaltung für Pfle-
     der Theologischen Hochschule Chur. Im Buch sind Beiträge           … ist Anerkennung der Geschöpflichkeit kein Gegen-		           gende, Ärzte, Patienten und Angehörige, für Seelsorgende
     verschiedener Autoren u.a. aus den Bereichen Theologie,            satz zur autonomen Lebensgestaltung.                           und alle am Thema Interessierte mit Prof. Dr. theol. Traugott
     Ethik, Pflege, Seelsorge enthalten.                             5. Die deutlich greifbare Tendenz, die Suizidbeihilfe immer       Roser, Professor für Spiritual Care am Lehrstuhl für Palliativ-
     Die Buchvernissage des Sammelbandes «Seelsorge in Pallia-          mehr auszuweiten und zu legitimieren, dürfte das 		            medizin der Universität München und Dr. theol. Thomas
     tive Care» fand am 28. November 2012 im Stadtspital                medizinische Personal (Ärzte, Pflegende) in eine Rolle 		      Hagen, Fachreferent für Palliative Care der Erzdiözese
     Triemli statt. Das Impulsreferat des Medizinethikers Markus        drängen, die seinem Grundauftrag zuwiderliefe.                 München und Freising, zum Thema Spiritual Care statt.
     Zimmermann-Acklin, Mitautor des Buches und Vizepräsi-           6. In einer Zeit, in der an die unbegrenzte medizinische 		       Am 8. November 2013 sprach Prof. Dr. med. M.A. Eckhard
     dent der Zentralen Ethikkommission der Schweizerischen             Machbarkeit geglaubt wird, führt das schwindende 		            Frick SJ, Arzt und Theologe (Professur für Spiritual Care am
     Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW),                  Verständnis in der Bevölkerung für das Alter, für Leiden       Lehrstuhl für Palliativmedizin der Universität München,
     behandelte das Thema «Seelsorge in Palliative Care – Neue          und Abhängigkeit im Zusammenhang mit einer 		                  Psychiater, Facharzt für Psychosomatische Medizin) an einer
     Aufmerksamkeit für eine alte Praxis». Die Vorstellung              schweren Erkrankung zu einem Druck, diese Lebens-		            Tagung am USZ zum Thema «Spiritual Care: Thesen für die
     des interprofessionellen Konsiliardienstes für spezialisierte      phasen schnellstmöglich zu beenden.                            interprofessionelle Zusammenarbeit», wiederum angeboten
     Palliative Care des Stadtspitals Triemli sowie ein Stehtalk     8. Das Alter darf nicht einfach als Kostenfaktor gesehen 		       für Pflegende, Ärzte und Seelsorgende und alle am Thema
     mit Herausgebern, dem Referenten, mit Generalvikar Josef           werden – es ist eine sinnvolle Lebensphase.“                   Interessierten.
     Annen und der Pflegedirektorin Elsi Meier schlossen die auf
     grosses Interesse stossende Buchvernissage ab.                  Die ungekürzte Fassung des Argumentationspapiers ist dem
                                                                     Anhang zu entnehmen.
     3.3.2 Das Argumentationspapier «Pro Palliative Care»
                                                                     3.3.3 Kommunikation: «Tue Gutes und sprich darüber»
     Im Jahr 2011 hat die Fachkommission unter Beratung von
     Prof. Hanspeter Schmitt (Theologische Ethik, Chur) ein          Gerade in der heutigen Zeit, da die Menschen zurecht ge-
     Argumentationspapier bzw. eine Entscheidungshilfe für die       nau wissen wollen, was mit den Kirchensteuern geschieht,
     Förderung der Palliativen Betreuung verfasst. Im Folgenden      hat die Spitalseelsorge unter dem Motto: «Tue Gutes und
     werden Auszüge aus diesem Papier dargelegt:                     sprich darüber» auf der Grundlage der externen Evaluation
                                                                     und ihres Monitorings ihre Leistungen im Kontext von
                                                                     Palliative Care in einem Poster dargestellt. Die katholische
                                                                     Spitalseelsorge im Kanton Zürich erhielt am Schweizerischen

10     • Kapitel 3 • Palliative Care Strategie •                                                                                                                                                         • Palliative Care Strategie • Kapitel 3 •   11
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
4
                                                                Künftiger Bedarf der Palliative-Care-
                                                                Begleitung und Notwendigkeit
                                                                der ökumenischen Zusammenarbeit

                                                 4.1    Bedarf                                                         werden das gemeinsame Gebet, eine schlichte Segens-
                                                                                                                       feier, die Krankenkommunion (Abendmahlsfeier) und
                                                 In den bisherigen Ausführungen wurde dargelegt, dass                  Krankensalbung sowie die Gestaltung einer Abschieds-
                                                 Palliative Care neben der medizinisch-pflegerischen Unter-            feier sowohl von Patienten, wie auch von den Ange-
                                                 stützung auch die psychische, soziale und religiös-spirituelle        hörigen gerne angenommen. Zeichen sind oft willkom-
                                                 Begleitung (Spiritual Care) explizit umfasst. Die Bedeutung           mener und aussagekräftiger als Worte.
                                                 religiös-spiritueller und philosophischer Fragen verhält sich
                                                 oft gegenläufig zur Schwere der Erkrankung und zu den              – Förderung und Unterstützung der Freiwilligenarbeit in
                                                 körperlichen Ressourcen. Die Begleitung durch erfahrene,             Palliative Care: Ganz im Sinne der Nationalen Palliative
                                                 gut ausgebildete, kirchliche Seelsorgende erhält insbeson-           Care Strategie «Freiwilligenarbeit und Angehörigen-
                                                 dere durch die Altersprogression (vgl. 1.1) eine immer wich-         unterstützung» engagieren sich die Kantonalkirchen für
                                                 tigere Bedeutung.                                                    die wichtige Freiwilligenarbeit in Palliative Care und
                                                 Allerdings wird die zunehmende Heterogenität der religiös-           leisten ihren Beitrag für die Begleitung schwerkranker
                                                 spirituellen Beheimatung der Menschen für Seelsorgende               sterbenden Menschen und deren Bezugspersonen. In
                                                 zu einer Herausforderung. Nicht mehr nur traditionelle               den Spitälern gibt es positive Beispiele, wie die «Frei-
                                                 kirchliche Riten sind gefragt, sondern eine religiös-spirituelle     willige Nacht- und Krisenbegleitung am Stadtspital
                                                 Begleitung (Spiritual Care), die individueller, situations-          Triemli», welche von der Spitalseelsorge vor 20 Jahren
                                                 bezogener und persönlicher zu gestalten ist, als dies früher         initiiert und seither gemeinsam mit dem Spital getragen
                                                 der Fall war. Seelsorgende der Kirchen sind in Begleitung            wird. Die Freiwillige Nacht- und Krisenbegleitung im
                                                 von Spiritual Care in erster Linie für das «Existenzielle des        Stadtspital Triemli, IDEM (Im Dienste eines Mitmenschen)
                                                 Menschen» achtsam und präsent:                                       oder freiwillige Sitzwachen wie am Kantonsspital Winter-
                                                                                                                      thur übernehmen während der Nacht die Begleitung
                                                 – Als verlässliche Gesprächspartner sind Seelsorgende 		             von ängstlichen, einsamen und unruhigen Patienten und
                                                   Zeugen des Erzählens, Trauerns, Haderns, Ringens, 		               Patientinnen sowie von Menschen, die dem Tode nahe
                                                   Kämpfens – belastende Emotionen werden nicht ab-                   sind oder sich in besonderen Krisensituationen befinden.
                                                   geschwächt oder kleingeredet. In der seelsorgerlichen 		           Freiwilligendienste in Palliative Care bezwecken, dass
                                                   Begegnung soll der Patient sich als «ganzer Mensch» 		             möglichst niemand ohne seinen Wunsch beim Sterben
                                                   aufgehoben fühlen. Ziel des Gesprächs ist es nicht 		              oder in anderen Krisensituationen allein gelassen wird.
                                                   aufzumuntern, sondern empathisch zu hören, da zu sein,             Dazu stehen geschulte Freiwillige als Nacht- und Krisen-
                                                   auszuhalten (caring) und zu begleiten.                             begleitende zur Verfügung. Ihre Aufgabe ist es:
                                                 – Mitsein beim Erzählen, Freuen, Hoffen, Lieben; keine 		            den Sterbenden menschliche Zuwendung zu vermitteln,
                                                   Illusionen wecken – aber das «Gute» bestärken: Viele 		            wo dies möglich und sinnvoll ist, ein helfendes Gespräch
                                                   Patienten wissen intuitiv genau Bescheid über ihr Be-		            anzubieten auffällige Beobachtungen dem Pflege-
                                                   finden und schätzen, in der verbleibenden Zeit dem 		              personal weiterzuleiten.
                                                   Guten in ihrem Leben Raum zu geben. Auch ein humor-
                                                   voller Blick und der behutsame Umgang (auch) mit kleinen,        Gegenwärtig bewegen sich auf dem «Marktplatz der Spiri-
                                                   scheinbar belanglosen Dingen werden geschätzt.                   tualitäten in den Gesundheitsinstitutionen» verschiedene
                                                                                                                    Vertreter – auch aus dem Bereich Esoterik –, die der Kirche
                                                 – Auf symbolische Kommunikation achten: Scheinbar                  Kompetenz in der Spirituellen Begleitung am Lebensende
                                                   belanglose Äusserungen können im Zusammenhang mit                (Spiritual Care) absprechen wollen, diese jedoch für sich
                                                   der Biographie sehr bedeutungsvoll sein. Deshalb ist die         in Anspruch nehmen. Durch beherztes und professionelles
                                                   Seelsorgerin achtsam auf die im Gespräch geäusserten             Engagement der kirchlichen Seelsorge in Palliative Care
                                                   «Spuren» der Lebensdeutung und Bewältigung, des 		               können diese Tendenzen entschieden eingegrenzt werden.
                                                   Sinnfindens.                                                     Die umfassende Ausbildung in Theologie und Philosophie –
                                                                                                                    oft auch in Religionswissenschaft – sowie Erfahrungen und
                                                 – Situationsgerechte Unterstützung durch Gebet, Zeichen            Kompetenzen der kirchlichen Theologinnen und Theologen
                                                   und Rituale anbieten: Um die veränderte Lebenssituation,         sollen klar und selbstbewusst eingebracht werden, ebenso
                                                   den Verlust und das Abschiednehmen zu bewältigen, 		             die reichen liturgischen und sakramentalen Schätze der

12   • Kapitel 4 • Palliative Care Strategie •                                                                                                 • Palliative Care Strategie • Kapitel 4 •   13
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
_

                                                                                                                                      5
                                                                                                                                                     __

                                                                                                                                                     Bausteine und Ziele einer ökumenisch
                                                                                                                                                     abgestimmten Palliative Care Strategie

     kirchlichen Tradition. Selbstverständlich müssen kirchliche      Die Umsetzung einer zukünftigen Palliative Care Strategie       Gesamtschweizerische Ebene: Bischofskonferenz                    5.1   Baustein Forschung und Bildung:
     Mitarbeitende in der Seelsorge auch ihre Kenntnisse in           macht deshalb nur in einem ökumenischen Horizont Sinn.          SBK / Röm.-kath. Zentralkonferenz RKZ                                  Positionierung der Forschung und kirch-
     moderner, professioneller Palliative Care stetig erweitern.      Die kirchliche Palliative Care Mitarbeit soll sich deshalb      Da die Palliative Care Strategie national lanciert wurde, sind         lichen Seelsorge als gewichtige Stimme
     Die kirchlichen Entscheidungsträger stehen in der Pflicht,       in einem ökumenischen Miteinander als Partnerin bei der         auch das nationale und interkantonale Engagement und die               im Bereich Spiritual Care (religiös-
     die nötigen personellen Ressourcen und finanziellen Mittel       Umsetzung der nationalen Strategie positionieren. Die nun       Zusammenarbeit der Kirchen gefordert. Die Dienststellen-               spirituelle Begleitung)
     für Weiterbildungen und zusätzliche Stellenprozente vor          folgenden Bausteine und Ziele zu einer Palliative Care Stra-    leitung der Spital- und Klinikseelsorge im Kanton Zürich hat
     allem in Pflegezentren und Pfarreien zur Verfügung zu stel-      tegie entstanden in Absprache und Zusammenarbeit mit der        deshalb bereits am 29. Februar 2012 in einem Brief an            Forschung und Bildung werden in der ökumenischen Pallia-
     len. Es ist eine existenzielle Herausforderung für die Glaub-    reformierten Kirche des Kantons Zürich, die zurzeit ebenfalls   die Schweizer Bischöfe und die RKZ den Handlungsbedarf           tive Care Strategie gefördert und unterstützt. Dies zeigt sich
     würdigkeit der kirchlichen Institutionen, dass Menschen          eine ähnliche Schwerpunktbildung lanciert. Viele Projekte       angemeldet und eine überkantonale Begleitkommission für          – durch die Besetzung einer Stiftungsprofessur
     am Lebensende (in Institutionen und Zuhause) durch gut           sollen im ökumenischen Miteinander angepackt werden.            Spitalseelsorge und Palliative Care vorgeschlagen. In diesem         «Spiritual Care»
     ausgebildete und erfahrene Fachleute aus ihrer Kirche eine                                                                       Bereich laufen Gespräche auch mit palliative.ch. Die Katho-      – durch regelmässige, von der Personalförderung unter-
     religiös-spirituelle Begleitung, Klärung und Geborgenheit                                                                        lische Kirche im Kanton Zürich ist auch weiterhin bereit,            stützte, berufliche Fort- und Weiterbildungen für
     erfahren.                                                                                                                        mitzuwirken und ihren Beitrag zu leisten. Mit ihrer Palliative       Seelsorgerinnen und Seelsorger
                                                                                                                                      Care Beauftragten pflegt die Spital- und Klinikseelsorge         – durch enge Absprache mit Caritas Zürich in der Vermitt-
     Nach anfänglichen Berührungsängsten seitens medizinischer                                                                        bereits den regelmässigen Informationsaustausch mit der              lung von Grundlagenwissen für freiwillige Mitarbeitende
     Vertreter in palliative.ch sind die religiösen Institutionen,                                                                    Deutschschweizer Vereinigung der Spitalseelsorgenden und
     insbesondere die Landeskirchen eingeladen, in unterschied-                                                                       mit Kirchen anderer Kantone, z.B. Luzern, Thurgau, Aargau
     lichen Netzwerken mitzuarbeiten. Aufgrund der stetig                                                                             und Zug.                                                         5.2 Baustein Sensibilisierung und Öffent-
     wachsenden Zahl der Menschen, die zuhause sterben                                                                                                                                                     lichkeitsarbeit: Förderung einer
     (möchten), wird die Vernetzung von Pfarreien und ambulan-                                                                        Durch die Errichtung der Stiftungsprofessur «Spiritual Care»         breiten Information der Bevölkerung
     ten Netzwerken eine immer grösser werdende Bedeutung                                                                             in der Lehre der Medizin der Universität Zürich wird ein
     bekommen.                                                                                                                        wichtiger Beitrag geleistet, damit Theologie und Spiritualität   Die Sensibilisierung der Bevölkerung für Palliative Care und
                                                                                                                                      auch in der nationalen Forschung Palliative Care wahrge-         religiös-spirituelle Begleitung von schwer kranken, sterben-
                                                                                                                                      nommen werden.                                                   den Menschen und ihren Angehörigen wird aktiv unter-
     4.2    Ökumenische Absprache und                                                                                                                                                                  stützt durch Informationsveranstaltungen in Gesundheits-
            Zusammenarbeit                                                                                                            Die ökumenische Spitalseelsorgefachkommission «Ök. Pall          institutionen, Dekanaten und Pfarreien. Hierzu wird ein
                                                                                                                                      Care» unter der Leitung von Urs Länzlinger (röm.-kath.) und      Kommunikationskonzept erstellt.
     Für die Betreuenden in Spitälern, Pflegezentren und bei                                                                          Pfarrerin Rita Famos (evang.-ref.) hat 2013 an mehreren
     ambulanten Anbietern, aber auch für viele Patienten und                                                                          Sitzungen Bausteine für eine ökumenische Palliative Care
     Angehörige stehen neben der Konfession der Seelsorgen-                                                                           Strategie der beiden Kirchen im Kanton Zürich besprochen         5.3 Baustein Vernetzung: Aktive Zusammen
     den auch ihre Professionalität, Authentizität und Präsenz                                                                        und vereinbart. Die Bausteine werden nun kurz beschrieben            arbeit und Partnerschaften in Palliative
     im Vordergrund. Nicht zu unterschätzen ist, dass für die                                                                         und daraus detaillierte Ziele für eine Strategie der Katholi-        Care Netzwerken
     Patientinnen und Patienten und deren Angehörige ihre                                                                             schen Kirche von 2014 – 2018 abgeleitet. Um die Umsetzung
     eigene Tradition und Prägung gerade in palliativen Krisen-                                                                       der ökumenisch abgestimmten Strategie voranzubringen             Die Zusammenarbeit und Vernetzung zeigen sich in einer
     situationen sehr wichtig sind. Dies belegen auch die ein-                                                                        und für die wichtigen Vernetzungen aufbauen und pflegen          Partnerschaft mit der kantonal tätigen Tochterorganisation
     drücklichen Zahlen des Priesterpikettdienstes für die Spitäler                                                                   zu können, spielen die beiden Palliative Care Beauftragten       von «palliative.ch» «palliative zh+sh» sowie in enger, aktiver
     im Kanton Zürich 17.                                                                                                             der Zürcher Kirchen mit einem klar definierten Minimalpen-       Zusammenarbeit mit kantonal und regional tätigen stati-
                                                                                                                                      sum eine wichtige Rolle. Für das ökumenische Zusammen-           onären und ambulanten Palliativinstitutionen, Organisatio-
     Gleichzeitig ist eine enge ökumenische Zusammenarbeit in                                                                         wirken und die anstehenden Arbeiten wie z.B. die Neukon-         nen, Freiwilligennetzwerken und Hausärzten.
     den Institutionen und vielen Pfarreien bereits Realität. Bei                                                                     zeption und Etablierung neuer Weiterbildungen für Seel-
     interprofessionellen Rapporten, spitalinternen Arbeits-                                                                          sorgende und freiwillige Mitarbeitende, die aktive Mitarbeit
     gruppen und Weiterbildungen arbeiten katholische und                                                                             im Vorstand von palliative zh+sh, den Aufbau eines Netz-         5.4   Baustein Verankerung: Die Kirchen als ver-
     reformierte Seelsorgende eng zusammen, vertreten sich bei                                                                        werks von Palliative Care Ansprechpersonen in den Deka-                lässliche Partnerinnen in Palliative Care
     klinikinternen Vakanzen und beteiligen sich an der Ver-                                                                          naten und Pfarreien und die Vortragstätigkeit, schlägt die
     mittlung von Seelsorgern aus anderen Konfessionen und                                                                            Fachkommission dem Synodalrat eine Erhöhung des Stellen-         Im Sinne der diakonischen Option für die Armen und
     Religionen.                                                                                                                      pensums der katholischen Palliative Care Beauftragen auf         Schwächsten (siehe Pastoralplan der Katholischen Kirche im
                                                                                                                                      neu 30 Stellenprozente vor. Dies entspricht dem Stellenum-       Kanton Zürich) stehen kirchliche Seelsorgende und Frei-
                                                                                                                                      fang des reformierten Pendants im Kanton Zürich.                 willige (auf Wunsch) den Menschen bei schwerer Erkran-

14    • Kapitel 4 • Palliative Care Strategie •                                                                                                                                                                                    • Palliative Care Strategie • Kapitel 5 •   15
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
kung, am Lebensende und in der Trauer bei. Es ist dies ist           6. Die Freiwilligen, welche anspruchsvolle palliative
                                                 eine existenzielle Herausforderung für die Glaubwürdigkeit              Begleitungen übernehmen, sind gut ausgebildet
                                                 der kirchlichen Institutionen, dass Menschen palliative                 und begleitet.
                                                 Begleitung (in Institutionen und Zuhause) durch gut aus-
                                                 gebildete, erfahrene und empathische Seelsorgende aus                5.5.2 Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit:
                                                 den Kirchen erfahren.                                                      Förderung einer breiten Information der Be-
                                                                                                                            völkerung
                                                 Die katholische und reformierte Kirche im Kanton Zürich
                                                 suchen den Dialog auf politischer Ebene (Gesundheitsdirek-           Kantonale Ebene: Generalvikariat / Körperschaft /
                                                 tion) und engagieren sich für die Verankerung der Seelsorge          Dienststelle
                                                 in Palliative Care.                                                  7. Die Beauftragte Palliative Care und weitere in Palliative
                                                                                                                         Care erfahrene Spital- und Klinikseelsorgende beteiligen
                                                                                                                         sich aktiv an Referaten und Diskussionsrunden z.B. in
                                                 5.5    Ziele für eine Strategie von 2014 – 2018                         Gesundheitsinstitutionen / in kirchlichen Gremien und
                                                                                                                         Bildungsveranstaltungen von Kirchgemeinden und Pfar-
                                                 5.5.1 Forschung und Bildung: Positionierung der                         reien. Sie verfassen Beiträge in Zeitschriften zum Thema.
                                                       Forschung und kirchlichen Seelsorge als 		                        Zusammen mit der reformierten Kirche im Kanton Zürich
                                                       gewichtige Stimme im Bereich Spiritual Care 		                    wird eine Broschüre erstellt, welche die kirchlichen
                                                       (religiös-spirituelle Begleitung)                                 Angebote innerhalb von Palliative Care für eine breite
                                                                                                                         Öffentlichkeit verständlich darstellt. Ein Kommunikations-
                                                 Kantonale Ebene: Generalvikariat / Körperschaft /                       konzept wird erarbeitet.
                                                 Dienststelle
                                                 1. Die ökumenisch besetzte Stiftungsprofessur «Spiritual 		          Regionale Ebene: Dekanat / Pfarrei / Kirchgemeinde
                                                    Care» ist in der Lehre der Mediziner an der der Uni-              8. Die Pfarreien und Kirchgemeinden fördern durch öffent-
                                                    versität Zürich installiert. Sie leistet einen Beitrag, dass 		      liche Informationsanlässe / Bildungsreihen zum Thema
                                                    angehende Ärztinnen und Ärzte sowie Auszubildende 		                 Palliative Care die Information und Sensibilisierung der
                                                    aus anderen Gesundheitsberufen sich in den Themen 		                 Bevölkerung für das Thema.
                                                    Spiritual Care und religiös-spirituelle Begleitung aus-
                                                    kennen.                                                           5.5.3 Vernetzung: Aktive Zusammenarbeit und
                                                 2. Die 5-tägige Weiterbildung «Seelsorge in Palliative Care»               Partnerschaften in Palliative Care Netzwerken
                                                    (Level A2) etabliert sich als regelmässig wiederkehrende
                                                    Weiterbildung für Seelsorgende aus Pfarreien, Langzeit		          Kantonale Ebene: Generalvikariat / Körperschaft /
                                                    institutionen und Spitälern.                                      Dienststelle
                                                 3. Die Seelsorgenden in Spitälern und Langzeitinstitutionen          9. Die katholische und die evangelisch-reformierte Kirche
                                                    haben eine vertiefte Weiterbildung (Level A2) in Palliative           vereinbaren 2014 eine Partnerschaft mit palliative zh+sh.
                                                    Care, nehmen die Rolle als Experten in der stationären 		             Ein jährlicher finanzieller Beitrag in der Höhe von je
                                                    religiös-spirituellen Begleitung (Spiritual Care) wahr und            10 000 Franken wird für die Unterstützung der Geschäfts-
                                                    engagieren sich bei universitären Forschungsprojekten, 		             stelle und dem wichtigen Netzwerk von palliative zh+sh
                                                    Kongressen und Publikationen.                                         zur Verfügung gestellt. Ab 2014 ist die Mitarbeit der
                                                 4. Die Dienststelle Spital- und Klinikseelsorge engagiert sich           Palliative Care Beauftragten im Vorstand von palliative
                                                    in Kooperation mit Caritas Zürich verstärkt für die Weiter-           zh+sh und in inhaltlichen Projekten gewährleistet.
                                                    bildung von Freiwilligen im Umfeld von Palliative Care.           10. Die katholischen und reformierten Spitalseelsorgenden
                                                                                                                          arbeiten im stationären Bereich (in Spitälern, Kliniken
                                                 Regionale Ebene: Dekanat / Pfarrei / Kirchgemeinde                       und auf Stationen) eng zusammen und suchen die aktive
                                                 5. Seelsorgerinnen und Seelsorger in Pflegezentren und 		                Vernetzung mit anderen religiösen Vertretern um
                                                    Langzeitinstitutionen sowie Pfarreiseelsorgende als 		                eine gute religiös-spirituelle Begleitung der Patienten
                                                    Ansprechpersonen in den Dekanaten haben eine ver-                     und ihrer Angehörigen sicherzustellen.
                                                    tiefte Ausbildung (Level A2) in Palliative Care.                  11. Die Spitalseelsorgenden in Palliativkompetenzzentren

16   • Kapitel 5 • Palliative Care Strategie •                                                                                                    • Palliative Care Strategie • Kapitel 5 •   17
"Pro Palliative Care" - Palliative Care Strategie der Katholischen Kirche im Kanton Zürich - Spitalseelsorge
7 Dank
                                                                                                                                                      ___

        mit einer vertieften Weiterbildung (Level A2) in Palliative       beim Austritt aus dem Akutspital auf Wunsch den 		           Die Katholische Kirche im Kanton Zürich ist überzeugt, mit
        Care, suchen aktiv die interprofessionelle Zusammen-              Kontakt zur Pfarreiseelsorge des Wohnortes.                  den vorliegenden Strategiezielen für die nächsten fünf Jahre
        arbeit und nehmen die Rolle als Experten in der stationä-     14. Seelsorgende in Spitälern und Kliniken bilden Freiwillige    einen verbindlichen Beitrag als kompetente Ansprechpart-
        ren religiös-spirituellen Begleitung (Spiritual Care) wahr.       auch im Bereich Palliative Care aus. Sie unterstützen, 		    nerin für die spirituelle und geistliche Begleitung von alten,
                                                                          beraten und begleiten sie, so z.B. in der Nacht- und 		      kranken und sterbenden Menschen zu leisten.
     Regionale Ebene: Dekanat / Pfarrei / Kirchgemeinde                   Krisenbegleitung im Stadtspital Triemli seit 20 Jahren, in
     12. Seelsorgende als Ansprechpersonen aus Pfarreien sind 		          den Freiwilligen Sitzwachen im Kantonsspital Winter-		       Für die Umsetzung der Palliative Strategie wird allen
         verlässliche Partner von stationären und ambulanten 		           thur oder in anderen Diensten wie IDEM (Im Dienste 		        involvierten Personen auf den verschiedenen Ebenen für ihr
         Palliativanbietern in den Regionen. Sie arbeiten in inter-       eines Mitmenschen).                                          Engagement gedankt.
         professionellen Teams in Pflegeinstitutionen mit und 		      15. Die katholische und reformierte Kirche im Kanton Zürich
         engagieren sich in der Vernetzung und Zusammenarbeit             engagieren sich gemeinsam mit anderen Vertretern von         Generalvikar und Synodalrat haben an ihrer Sitzung               «Es geht nicht darum, dem Leben
         mit Spitex-Betrieben, Hausärzten und Freiwilligennetz		          Palliative Care für die Förderung und das Recht auf Palli-   vom 31. März 2014 die Palliative Care-Strategie
         werken.                                                          ative Care im Kanton Zürich. Der Vertreter des Synodal-      auf Antrag der Fachkommission Spital- und Klinikseel-            mehr Tage zu geben, sondern den
                                                                          rats baut den Kontakt und Dialog auf politischer Ebene       sorge zustimmend zur Kenntnis genommen.                                       Tagen mehr Leben.»
     5.5.4 Verankerung: Katholische Kirche als verläss-                   (Gesundheitsdirektion) auf und engagiert sich für die
           liche Partnerin in Palliative Care                             politische Verankerung der Seelsorge in Palliative Care.     Zur Fachkommission Spital- und Klinikseelsorge gehören:                                             Dame Cicely Saunders

     Kantonale Ebene: Generalvikariat / Körper-                       Regionale Ebene: Dekanat / Pfarrei / Kirchgemeinde               – Othmar Kleinstein, Präsident des Ausschusses der
     schaft / Dienststelle                                            16. Im Sinne der diakonischen Option für die Armen und 		          Spital- und Klinikseelsorge, Pfarrer und Dekan
     13. Gut ausgebildete, erfahrene und empathische Seel-                Schwächsten stehen Seelsorgende der Pflegezentren, 		        – Rolf Bezjak, Mitglied des Synodalrates, Ressort Spezial-
         sorgende in Spitälern und Kliniken begleiten und 		              Pfarreien und Kirchgemeinden den Menschen bei. Diese           seelsorge, Gemeindeleiter
         unterstützen auf Wunsch Patienten und ihre Angehöri-             werden auf Wunsch nicht allein gelassen, sondern bei 		      – Louis Borgogno, Vertreter der Synode, Leiter Spitex Stadt
         gen bei schwerer Erkrankung, am Lebensende oder 		               schwerer Erkrankung, am Lebensende oder nach dem 		            Winterthur
         nach dem Verlust eines Angehörigen. Auch im schnell-             Verlust eines Angehörigen regelmässig begleitet durch        – Dr. Erwin Carigiet, Vertreter der Spitäler, Direktor des
         lebigen Ablauf des Akutspitals erfahren Menschen 		              gut ausgebildete und erfahrene Seelsorgende und Frei-          Stadtspitals Triemli
         dadurch Verständnis, Klärung ihrer existenziellen, spiri-        willige. Konfrontiert mit der Fragilität des Lebens und 		   – Rolf Decrauzat, Vorsitzender des Spitalseelsorgekonvents
         tuellen und religiösen Anliegen, Halt und Geborgenheit           beim Abschiednehmen erfahren Pfarreiangehörige in 		           Zürich / Albis, Spitalseelsorger in der Uniklinik Balgrist
         in ihrer kirchlichen Gemeinschaft. Im Sinne einer 		             ihrer kirchlichen Gemeinschaft Geborgenheit, Klärung 		      – Tatjana Disteli, Vertreterin des Spitalseelsorgekonvents
         «Brückenseelsorge» vermitteln die Spitalseelsorgenden            und Halt.                                                      Zürich / Albis, Leiterin der Kath. Spitalseelsorge im
                                                                                                                                         Stadtspital Triemli

     6
                                                                                                                                       – Markus Köferli, Bereichsleiter Spezialseelsorge des
                                                                                                                                         Synodalrates (beratend)
                                                                                                                                       – Urs Länzlinger, Dienststellenleiter Kath. Spital- und
                                                                                                                                         Klinikseelsorge im Kanton Zürich
                                                                                                                                       – Harald Müller, Vertreter psychiatrische Kliniken, Pflege-

                      Überprüfung der Umsetzung
                                                                                                                                         direktor Sanatorium Kilchberg
                                                                                                                                       – Martin Paulus, Diakon, Vorsitzender des Spitalseelsorge
                                                                                                                                         konvents Winterhur / Unterland / Oberland, Psychiatrie-
                                                                                                                                         seelsorge an der ipw (Integrierte Psychiatrie Winterthur-
                                                                                                                                         Unterland)
                                                                                                                                       – Lisa Palm, Palliative Care Beauftragte und Spitalseel-
     Der Dienststellenleiter der Spital- und Klinikseelsorge          Spital- und Klinikseelsorge jährlich über den Stand der            sorgerin am Universitätsspital Zürich (beratend) leistet
     berichtet, unterstützt von der Palliative Care Beauftragten,     Umsetzung der Strategie und der Zielerreichung. den in             aktiv ihren Beitrag dazu.
     den begleitenden ökumenischen und katholischen Kommis-           der Fachkommission und im Jahresbericht der Spital- und
     sionen sowie den im Bereich Palliative Care tätigen Seel-        Klinikseelsorge jährlich über den Stand der Umsetzung
     sorgenden in der Fachkommission und im Jahresbericht der         der Strategie und der Zielerreichung.

18    • Kapitel 5 • Palliative Care Strategie •                                                                                                                                                                   • Palliative Care Strategie • Kapitel 7 •   19
8 Anhang
                     ___

                                                                                                                                                                                                        1 Vgl. Nationale Strategie Palliative Care 2010 – 2012 Kurzversion,
     Pro Palliative Care­Argumentarium und                               Überschreiten von Grenzen bietet so die Chance zum 		         8.   Das Alter darf nicht einfach als Kostenfaktor gesehen 		   		 Bundesamt für Gesundheit (BAG), S.3.
     Entscheidungshilfe                                                  persönlichen Wachstum in der letzten Phase des Lebens,       		    werden – es ist eine sinnvolle Lebensphase.                 2 Ebd. S.3
                                                                                                                                                                                                        3 Nationale Strategie Palliative Care, BAG, 2013-2015, S.9;
                                                                         im Sterben.                                                   9.   Ein Kostendruck lastet auf Menschen mit einer 		           		http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/06082
                                                                                                                                      		    schweren, chronisch fortschreitenden, unheilbaren Er-       4 Nationale Strategie Palliative Care, BAG, 2013-2015, S.10;
                                                                                                                                                                                                       		http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/06082
     Ein Argumentationspapier der Katholischen Kirche im              2. Vom christlichen Glauben her                                 		    krankung in jedem Lebensalter. Es wird dann sehr 		         5 http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/06082
                                                                                                                                                                                                        6 Hauptziel der Strategie Palliative Care, Bundesamt für Gesundheit
     Kanton Zürich                                                    − ist das Leben des Menschen von Gott geschenkt und 		          		    schnell vom «unnötigen Leiden» gesprochen.                  7 Vgl. Nationale Leitlinien Palliative Care, 2013 – 2015, S.3
                                                                         unverfügbar.                                                 10.   Die Forschungen und politischen Anstrengungen zur 		        8 www.palliative.ch
                                                                                                                                                                                                        9 www.palliative.zh/sh
     Erarbeitet durch die Fachkommission «Seelsorge in Palliative     − ist auch ein durch eine unheilbare Krankheit einge		                Suizidprävention und therapeutischen Intervention bei      10 http://www.palliative.ch/standards/quality/qualitepalliative/?L=4%252
     Care» der Spital- und Klinikseelsorge unter Beratung von            schränktes Leben kostbar und wertvoll, und eine liebe-             Altersdepressionen sollen verstärkt werden.                11 http://www.gdk-cds.ch/fileadmin/docs/public/gdk/Themen/Med_Grund-
                                                                                                                                                                                                       		 versorgung/PalliativeCare/PPT_S.Marty- Calmell_label_2013.06.11.pdf
     Prof. Hanspeter Schmitt (Theologische Ethik, Chur)                  volle und fachlich kompetente Begleitung des Patienten       11.   Die Bevölkerung muss noch besser über die Erkennt-         12 Dame Cicely Saunders, Watch with Me: Inspiration for a Life in Hospice
                                                                                                                                                                                                       		 Care, in Deutsch: Cicely Saunders, Sterben und Leben, Spiritualität in
                                                                         bis zu seinem natürlichen Tod ein Dienst am Nächsten.              nisse von Palliative Care (Möglichkeit der Schmerz-        		 der Palliative Care, Zürich 2009
     Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema           − erschöpfen sich Krankheit und Sterben nicht in der 		               therapie, Symptomtherapie usw.) informiert werden.         13 Online unter: http://www.spitalseelsorgezh.ch/leitbild/copy_of_
                                                                                                                                                                                                       		konzept-spitalseelsorge
     Palliative Care hat, nicht zuletzt durch die Diskussionen über      Erfahrung blosser Sinnlosigkeit.                             12.   Der Fortschritt der modernen Medizin hat dazu ge-          14 Online unter: http://www.thchur.ch/index.php?PHPSESSID=
     die organisierte Suizidbeihilfe, an Breite und Fundament         − wird der Tod nicht als definitives Ende, sondern als 		             führt, dass nicht mehr alles, was medizinisch machbar      		2115tv7220u4ictdks1dms5be1&na=1,1,0,0,d,128667,0,0,p
                                                                                                                                                                                                       15 Evaluation des Konzepts der Katholischen Spital- und Klinikseelsorge
     gewonnen. Seitens der Palliativmedizin und Palliative Care          Durchgang zu einer anderen Lebensexistenz verstanden.              ist, auch dem Willen des Patienten entspricht oder zur     		 im Kanton Zürich: http://www.interface-politikstudien.ch/de/projekte_
                                                                                                                                                                                                       		publikationen/publikationen/09_22_spitalseelsorge_zuerich.php
     wird in zunehmendem Mass eine ganzheitliche, multiprofes-        − ist Anerkennung der Geschöpflichkeit kein Gegensatz 		              Erhöhung der Lebensqualität des Menschen beiträgt. 		      16 Die Präsentationen sind online unter: http://www.spitalseelsorgezh.ch/
     sionelle Alternative in der Begleitung von unheilbar kranken        zur autonomen Lebensgestaltung.                                    So kann eine komplexe medizinisch-therapeutische 		        		palliativseelsorge/dokumente/seelsorge-in-palliative-care-vortrag/view
                                                                                                                                                                                                       17 Auswertung Priesterpikett, online unter: http://www.spitalseelsorgezh.ch/
     und leidenden Menschen bis zum natürlichen Eintritt des          − steht durch Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi 		            Massnahme zu einer menschlich unerträglichen Situa-        		 aktuell/Bericht_Auswertung_Priester pikett_2012_INTERFACE.pdf/view
     Todes angeboten. Sie interpretiert die Anforderungen, die           auch jedes andere Leiden im Licht der Solidarität und 		           tion, zu unmenschlichen Leiden des Patienten führen.       18 Stellenprozentvergleich der Beauftragten in den verschiedenen angrenzen
                                                                                                                                                                                                       		 den Kantonen: Katholische Kirche im Kanton Luzern: 20%; Kanton Zug
     die neue WHO-Definition von 2002 für Palliative Care for-           Hoffnung, selbst jenes Leiden, das nach aussen hin sinn-           Keine Behandlung muss gegen den Willen von 		              		 ökumenisch: 30%; Reformierte Landeskirche Aargau: 50%.
     muliert. Palliative Care ist demnach der                            los erscheint.                                                     Patienten weitergeführt werden.                            19 Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zur Euthanasie vom
                                                                                                                                                                                                       		 5. Mai 1980, Abschnitt IV., online unter www.vatican.va/roman_curia/
                                                                                                                                      13.   Der Europarat schützt die Gewissensfreiheit. Er hat sich   		congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19800505_eutha-
     «Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten         3. Ohnmacht, Leiden und Sterben sind schwere Erfah-                  am 7. Oktober 2010 gegen ein allgemeines Recht auf         		 nasia_ge.html (21.9.2012).

     und ihren Angehörigen, die mit einer lebensbedrohlichen              rungen, die aber unabdingbar zu unserer Existenz als 		           Sterbehilfe ausgesprochen. Wer als Arzt oder Kranken-
     Erkrankung konfrontiert sind, und zwar durch Prävention              Mensch und geschaffenes Wesen gehören.                            haus Sterbehilfe ablehnt, darf nicht unter Rechtferti-
     und Linderung von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen             4. Oft wünschen gerade Angehörige, die das Leiden und                gungsdruck geraten.
     sowie durch exzellentes Einschätzen und Behandeln von                Sterben in seiner nicht selten sehr bedrückenden End-       14.   Die päpstliche Kongregation für die Glaubenslehre
     Schmerzen und anderen physischen, psychosozialen und                 phase erlebt haben, für sich selbst die Möglichkeit eines         schreibt zur Euthanasie: «Wenn der Tod näher kommt
     spirituellen Problemen.»                                             vorzeitigen Endes. Seelsorgende leisten durch ihr 		              und durch keine Therapie mehr verhindert werden
                                                                          schlichtes Dasein in Absprache und Zusammenarbeit 		              kann, darf man sich im Gewissen entschliessen, auf
     Bund und Kantone hatten im Oktober 2009 beschlossen,                 mit allen spital- und heiminternen Diensten Hilfe, das 		         weitere Heilversuche zu verzichten, die nur eine
     eine nationale Strategie Palliative Care 2010 – 2012 zu er-          auszuhalten, was kaum auszuhalten ist. Dies tun sie 		            schwache oder schmerzvolle Verlängerung des Lebens
     arbeiten. In einem ersten Schritt wurden die «Nationalen             durch ihr Mittragen, durch religiöse Zeichen und 		               bewirken könnten, ohne dass man jedoch die nor-
     Leitlinien Palliative Care» festgelegt und im November 2010          Rituale, biblische Worte, Gebet und vieles mehr.                  malen Hilfen unterlässt, die man in solchen Fällen
     vom Bundesamt für Gesundheit und der Gesundheitsdirek-            5. Die deutlich greifbare Tendenz, die Suizidbeihilfe immer          einem Kranken schuldet. Dann liegt kein Grund vor,
     torenkonferenz verabschiedet.                                        mehr auszuweiten und zu legitimieren, dürfte das 		               dass der Arzt Bedenken haben müsste, als habe er
                                                                          medizinische Personal (Ärzte, Pflegende) in eine Rolle 		         einem Gefährdeten die Hilfe verweigert.»
     Die Fachkommission «Seelsorge in Palliative Care» der Spi-           drängen, die seinem Grundauftrag zuwiderliefe.
     talseelsorgenden zusammen mit Generalvikar Josef Annen            6. In einer Zeit, in der an die unbegrenzte medizinische
     sind davon überzeugt, dass die professionelle, ganzheitliche         Machbarkeit geglaubt wird, kann das schwindende
     Forschung und Anwendung von Palliative Care gefördert                Verständnis in der Bevölkerung für das Alter, für Leiden
     werden muss. Im Folgenden sind Fakten und Argumente                  und Abhängigkeit als Folge einer schweren Erkrankung
     thesenartig zusammengestellt. Sie sollen sensibilisieren für         zu einem Druck führen, diese Lebensphasen schnellst
     eine menschenwürdige Begleitung des leidenden Patienten              möglichst zu beenden.
     in der letzten Lebensphase bis zu seinem natürlichen Tod.         7. Der Respekt vor Menschen im Alter, in Abhängigkeit,
                                                                          Krankheit und Pflegebedürftigkeit muss gefördert
     1. Das Leben bis zum natürlichen Tod kann eine tiefe men-            werden.
        schliche und spirituelle Reifung mit sich bringen. Das

20    • Anhang • Palliative Care Strategie •                                                                                                                                                                                               • Palliative Care Strategie • Anhang •       21
Sie können auch lesen