Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL

 
WEITER LESEN
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
Programm des BMEL
zur Fernerkundung
Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

2
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Liebe Leserinnen
und Leser,

Fernerkundung ist Hightech pur. Ob über Satellitentech-       ermittelt werden kann. Damit ist die Fernerkundung ein
nik oder Drohnen: Präzisionsinstrumente und -geräte           Beispiel dafür, wo der Nutzen der Digitalisierung greifbar
können uns durch das berührungslose Erfassen von Mee-         wird!
ren, Äckern oder Wäldern wichtige Informationen liefern.
Nehmen wir zum Beispiel die Wetterdaten, die jeder von        Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Programm das
uns aus den Satellitenfilmen der Wettervorhersage kennt.      Potenzial der Fernerkundung bestmöglich ausschöpfen
Auf ihrer Grundlage, aber in sehr viel höherer Qualität       können, dass die Fernerkundung damit weiter an Be-
und damit noch genauer, können Landwirte entscheiden,         deutung gewinnt und die Daten dadurch gerade auch für
welches Feld zuerst gepflügt oder geerntet wird, bevor dort   kleinere und mittlere Betriebe nutzbar werden.
der Regen einsetzt.
                                                              Deshalb freue ich mich über Ihr Interesse an unserem
Um dieses große Potenzial für die Landwirtschaft best-        Programm und wünsche eine spannende Lektüre!
möglich zu nutzen, hat mein Ministerium ein Programm
zur Fernerkundung entwickelt. Unser Ziel ist, die Ferner-     Ihre
kundung so zu verbessern, dass die landwirtschaftliche
Produktion, die Waldbewirtschaftung, die Fischerei sowie
die Wettervorhersage effizienter und nachhaltiger werden.

Das ist möglich, weil durch Fernerkundungen zum Bei-
spiel Dünger oder Pflanzenschutzmittel effizienter einge-     Julia Klöckner
setzt werden können oder der ideale Erntezeitpunkt besser     Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

                                                                                                                           3
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

INHALT                     1 		 Einleitung                                                             6
                           		     1.1 Anlass und Zielsetzung des Programms                             8
                           		     1.2 Beschreibung der Fernerkundung als Methode                       9

                           2		 Derzeitiger Einsatz der Fernerkundung in Landwirtschaft,
                               Forstwirtschaft und Fischerei                              10
                           		     2.1 Einsatz der Fernerkundung in der Landwirtschaft                 11
                           			 2.1.1           Nutzung durch den Landwirt                              11

                           			  2.1.2          Nutzung für Kontrollen von EU-Agrarbeihilfezahlungen
                              		               im Bereich des Integrierten Verwaltungs- und
                              		               Kontrollsystems (InVeKos)                              13

                           		     2.2 Einsatz der Fernerkundung in der Forstwirtschaft                13
                           		     2.3 Einsatz der Fernerkundung in der Fischerei                      14
                           		     2.4 Einsatz der Fernerkundung zur Wettervorhersage                  15
                           		2.5 Öffentliche Verwaltung                                               16
                           			 2.5.1           GEOGLAM                                                 16

                           			         2.5.2   Das Copernicus-Programm der EU                          17

                           			  2.5.3          Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation
                              		               im Geschäftsbereich des BMI (ZKI)                  18

                           			 2.5.4           IMAGI                                                   18

                           3 Bedarf und Potenzial                                                     20
                              3.1		    Inhaltliche Bedarfsanalyse                                     21
                              3.2		    Nutzeranforderungen nach Aufgaben                              24
                           			 3.2.1           Schulung                                                24

                           			 3.2.2           Beschaffung von Daten/Dienstleistungen                  24

                              3.3		    Entwicklungstrends                                             25

4
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

                          4 Programmschritte für das BMEL                                                26
                             4.1		   Potenzial der Fernerkundung prüfen                                  29
                             4.2		   Bereitstellung von Fernerkundungsdaten                              29
                             4.3		   Förderung von Projekten bzw. allgemein nutzbaren Dienstleistungen   30
                             4.4		   Zusammenstellung von Schulungs- und Informationsangeboten           30
                             4.5		   Vereinheitlichung von Standards und Definitionen                    31
                             4.6		   Kommunikation (BReg Copernicus), Broschüren, Vorträge               31
                             4.7		   Förderung der Zusammenarbeit                                        31
                             4.8		   Internationale Aktivitäten                                          33
                             4.9		   Rechtliche Vorgaben rund um die Fernerkundung                       33

                          5 Zusammenfassung und Ausblick                                                 34

                          6 Beschreibung der Methode                                                     36

                          7 Anhang                                                                       40
                             7.1		   Projekte		                                                          41
                          			 7.1.1           Projekte zur Fernerkundung in der Landwirtschaft           41

                          			        7.1.2    Projekte zur Fernerkundung in der Forstwirtschaft          45

                          			        7.1.3    Projekte zur Fernerkundung in der Fischerei                46

                          			        7.1.4    Projekte des Bundesinstituts für Risikobewertung           50

                             7.2		   Dienstleister                                                       51
                             7.3		   Glossar für die Geoinformation und Fernerkundung                    52
                             7.4		   Abkürzungsverzeichnis                                               56
                             7.5		   Abbildungsverzeichnis                                               58

                                                                                                              5
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
1
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Einleitung

6
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Das BMEL hat das Ziel, die Nachhaltigkeit der Land-,         Ein großes Entwicklungspotenzial für die Landwirtschaft
Forst- und Fischereiwirtschaft zu fördern. Dabei können      haben die Methoden der Fernerkundung. Es geht hierbei
Daten der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die      um die berührungslose Zustandserhebung von Flächen
Wirtschaftsteilnehmer aber auch für die Verwaltung und       (z. B. der Wassergehalt etc.) und Pflanzenbeständen (Bio-
Politikberatung genutzt werden.                              masseaufwuchs etc.). Ausgewertet können die auf diese
                                                             Weise gewonnenen Daten wichtige Erkenntnisse für eine
Mögliche schädliche Auswirkungen auf die Umwelt sind zu      präzisere und effizientere Bewirtschaftung und Bewertung
verringern, der Tierschutz soll verbessert werden und die    liefern. Eine solche Flächenerkundung kann sowohl mit
Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes muss gestärkt        am Traktor befestigten Sensoren, durch Befliegungen mit
werden.                                                      Flugzeugen und Drohnen oder durch Erdbeobachtungssa-
                                                             telliten durchgeführt werden.
Gleichzeitig ist die Landwirtschaft bei gleichbleibender     Für Landwirtinnen und Landwirte ergeben sich ebenfalls
bzw. rückläufiger Flächenausstattung in der Verantwor-       zahlreiche Möglichkeiten, z. B.:
tung, eine stetig wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.
Um statt derzeit sieben Milliarden Menschen im Jahr 2050     →   die Nutzung präziserer Grundlagen zur Düngeplanung
möglicherweise zehn Milliarden Menschen zu ernähren,         →   Pflanzenschutzmittel gezielter einzusetzen
ist eine Effizienzsteigerung in der Lebensmittelproduktion   →   eine Ertragsschätzung im Grünland
erforderlich.                                                →   das Auffinden von Rehkitzen vor der Mahd
                                                             →   eine bessere Planbarkeit der Bewirtschaftung aufgrund
Fernerkundungsdaten können auf vielfältige Weise genutzt         von exakteren Wettervorhersagen, z. B auch Extrem-
werden. Die bessere Abschätzung des Schädlingsbefalls            wetterlagen (Dürre, Hochwasser).
sowie eine Unterstützung der Düngeplanung und der Be-
standsführung sind mögliche Einsatzbereiche. Neben dem       Das BMEL und seine Einrichtungen des Geschäftsbereiches
Informationsgewinn für Landwirtinnen und Landwirte           unterstützen in vielfältiger Weise die Veröffentlichung und
können weitere Nutzungsoptionen z. B. in der Verwaltung      Nutzung von Fernerkundungsdaten in der Landwirtschaft.
im Vordergrund stehen:                                       Für das europäische Erdbeobachtungssystem Copernicus
                                                             wurden im EU-Haushalt im Zeitraum von 2014–2017
→ Ernteprognosen zur Vermeidung von Preisschwan-             insgesamt 2,1 Milliarden Euro aufgewendet. Es stellt u. a.
  kungen                                                     für die Landwirtschaft hochinteressante Satellitendaten
→ eine Vereinfachung der Flächenkontrolle                    zeitnah, online und kostenlos zur Verfügung. Das BMEL
→ eine Vereinfachung von statistischen Erhebungen zu         unterstützt die nationale Copernicus-Strategie, die das
  landwirtschaftlichen Nutzflächen.                          Bundeskabinett im September 2017 beschlossen hat, und
                                                             beteiligt sich mit Maßnahmen an deren Umsetzung. Damit
Die Fernerkundung und Fernerkundungsdaten basieren           richtet sich das Programm des BMEL auch an die Hand-
überwiegend auf digitalen Techniken und Methoden. Der        lungsfelder der nationalen Copernicus-Strategie.
Begriff Digitalisierung beschreibt die Auswirkungen der
verstärkten Nutzung von Computern, digitaler Technik         Unter anderem setzt sich das BMEL dafür ein, dass Satel-
und dem Internet in Gesellschaft und Wirtschaft.             litendaten dazu beitragen, die Arbeit von Landwirtschaft
                                                             und Verwaltung nachhaltiger und effizienter zu gestalten.
                                                             Das Programm zur Fernerkundung des BMEL gibt dazu
                                                             die Richtung vor. Es soll Land-, Forst- und Fischereiwirten,
                                                             Verbänden und Behördenvertretern eine Hilfestellung
                                                             bieten.

                                                                                                                        7
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

1.1           Anlass und Zielsetzung
              des Programms

„Fernerkundungsdaten sind ein wesentlicher Bestandteil        Ressourcenaufwand sowie eine unzureichende Kenntnis
des Geoinformationswesens in Deutschland. Die Erdbeob-        über Verfügbarkeit und Nutzungsmöglichkeiten.
achtung z. B. durch flugzeug- und satellitengestützte Fern-
erkundungssysteme birgt für die moderne Wissensgesell-        Die EU hat mit dem neuen Erdbeobachtungssystem Coper-
schaft ein großes Potenzial. Fernerkundungsdaten können       nicus eine Möglichkeit zur freien Nutzung von Fernerkun-
in vielfältigen Aufgabenbereichen der Wirtschaft und          dungsdaten für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fi-
öffentlichen Verwaltung genutzt werden, beispielsweise        scherei geschaffen. Diese Option könnte den kleineren und
                                                              mittleren Betrieben (KMU) zugute kommen, vorausgesetzt,
→ im zivilen Schadensfall                                     die entsprechenden Kenntnisse sind bei den Nutzerinnen
→ zur regelmäßigen Veränderungsbeobachtung 		                 und Nutzern vorhanden, es ist bekannt, wo die Daten zu
  (Monitoring)                                                finden sind, wie man mit ihnen umgeht, welche Nutzungs-
→ Gewinnung von Umweltinformationen                           möglichkeiten sie beinhalten und die zur Datennutzung
→ zur Kartierung und Planung von Siedlungen und               erforderliche technische Ausstattung ist vorhanden.
  Infrastrukturen.“
                                                              Mit dem vorliegenden Programm wird das Potenzial der
Dies geht aus einer Studie des Bundesministeriums des In-     Fernerkundung untersucht, bewertet und Handlungsoptio-
nern (BMI) hervor. „Strategische Evaluation des Fernerkun-    nen aufgezeigt. Dabei werden die existierenden Nutzungen
dungswesens im föderalen Kontext aus Sicht des Bundes“        von Fernerkundungsmethoden in der Landwirtschaft,
Die Studie stellt fest, dass die Nutzung der Fernerkundung    Forstwirtschaft und Fischerei beschrieben sowie Entwick-
in der öffentlichen Verwaltung hinter den Erwartungen         lungspotenziale und Handlungsfelder dargestellt.
zurückbleibt. Ursächlich hierfür seien zum einen ein hoher

8
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

1.2          Beschreibung der Fern-
             erkundung als Methode

Als Fernerkundung wird die Messung von Objekten aus          insbesondere Frequenzen im L-, C- und X-Band interes-
der Entfernung und ohne physischen Kontakt mit dem           sant, um Aussagen zu den Parametern Bodenfeuchte oder
Zielgegenstand bezeichnet. Dafür werden Plattformen (z. B.   Bestandsstruktur machen zu können. Bei den passiven
Satelliten, Flugzeuge, Drohnen und Fahrzeuge) genutzt,       Verfahren sind insbesondere verschiedene Bereiche des
die mit Abstand zur Erdoberfläche aus dem All, in großer     sichtbaren Lichtes und des Infrarotes interessant, um Para-
oder geringerer Höhe über dem Boden mithilfe von speziell    meter wie Chlorophyll-Absorption, Biomasse, Vitalität oder
entwickelten Sensoren die Erde, ihre Landoberfläche, die     Trockenstress von Pflanzenbeständen zu erheben.
Ozeane, die Atmosphäre sowie ihre Dynamik analysieren.
Die Methodik der Fernerkundung wird ausführlich in           Entscheidend für die Nutzungsmöglichkeiten von Ferner-
Kapitel 6 beschrieben.                                       kundungsdaten sind die thematische Aufgabenstellung
                                                             sowie deren Auflösung. Wie groß die Fläche ist, die ein Pixel
Fernerkundung erfolgt durch Systeme, die sich in der Regel   abdeckt (zwischen Zentimetern und Kilometern), welche
über die zu erkundende Fläche bewegen und dabei konti-       Wellenlängenbereiche abgedeckt werden und wie häufig
nuierliche Aufzeichnungen über deren Zustand machen.         ein Parameter erhoben wird, bestimmt den Einsatzbereich
Zum einen werden Luft- und Satellitenbilder gewonnen,        der Daten. Es wird daher zwischen der geometrischen, der
zum anderen werden Punktmessungen mit Online-Sen-            spektralen und der temporalen Auflösung unterschieden,
soren, wie beispielsweise Stickstoffsensoren (N-Sensoren),   die in Kapitel 6 genauer erläutert werden.
vorgenommen.
                                                             Mit steigenden Auflösungen ist u. a. auch eine steigende
Je nach Parameter, der durch die Fernerkundung unter-        Datenmenge verbunden. Hohe Auflösungen sind z. B. für
sucht werden soll, werden Sensoren, die unterschiedliche     die Nutzung in der Landwirtschaft von erheblichem Vorteil
Frequenzen bzw. Wellenlängen aufzeichnen, verwendet.         oder eröffnen neue Nutzungsmöglichkeiten, aber auch
Für den Agrarbereich sind bei den aktiven Radarsystemen      neue Anforderungen an die Datenhaltung.

                                                                                                                         9
Programm des BMEL zur Fernerkundung - Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung - Geoportal GDI-BMEL
2
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Derzeitiger Einsatz
der Fernerkundung
in Land-, Forst-
und Fischereiwirtschaft

10
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Für den Zugang zu Satellitendaten gibt es verschiedene           2.1           Einsatz der Fern-
Ansätze:
                                                                               erkundung
→ freier Zugang zu öffentlich finanzierten Satellitenmissi-
  onen (z. B. Landsat und Copernicus)
                                                                               in der Landwirtschaft
→ kostenpflichtige Datenbereitstellung bis hin zur ge-
  planten Programmierung der Satelliten für spezielle
  Aufnahmegebiete und -termine                                   Bereits seit Ende der 1970er Jahre wurde untersucht, ob und
→ private Anbieter bieten entsprechende Daten kostenfrei         wie Ernteerträge mit Satellitendaten vorhergesagt werden
  oder kostenpflichtig an.                                       können. Die USA haben mit dem Large Area Crop Inventar
                                                                 Experiment (LACIE) versucht, die Weizenproduktion auf
Die gelieferten Daten sind in der Regel lagekorrigiert. Aller-   globaler Ebene mit Landsat-Multispektralscanner-Daten
dings sind für die Auswertung von optischen Daten weitere        abzuschätzen. Seit 1992 wird in Europa im Rahmen des
Korrekturen erforderlich, die den Einfluss der Atmosphä-         MARS(Monitoring Agricultural ResourceS)-Programmes
re sowie Wolken und Wolkenschatten auf die Bilddaten             die Getreideproduktion vorhergesagt, allerdings in einer
verringern. Diese sogenannte Level-2-Prozessierung wird          groben räumlichen Auflösung (z. B. 25 Quadratkilometer
meistens von Dienstleistern angeboten oder von Univer-           Raster für Wetterdaten). Dabei werden monatliche Berichte
sitäten und Forschungseinrichtungen durchgeführt. Die            über die erwartete Ernte verfasst.
frei verfügbaren Landsat- und Sentinel-2-Daten stehen
mittlerweile auch als atmosphärenkorrigierte qualitätsge-
sicherte Daten (Level-2-Daten) zur Verfügung. Die Da-            2.1.1         Landwirtschaftliche Nutzung
tenauswertung, also die Informationsextraktion aus den
Bilddaten, liegt bei den Anwenderinnen und Anwendern             Landwirtschaftliche Betriebe, Maschinenringe, Lohnunter-
selbst oder es können verschiedene Produkte über Dienst-         nehmerinnen und Lohnunternehmer sowie Beraterinnen
leister erworben werden.                                         und Berater können von den Satelliteninformationen
                                                                 profitieren. Erste Erfahrungen zeigen bereits, dass einfache
Außer in der universitären Ausbildung kann der Umgang            aktuelle Echtfarben- und Nahinfrarotbilder in der Praxis
mt den Satellitendaten im Wesentlichen in Schulungen der         gerne für eine erste visuelle Überprüfung des Zustandes ih-
Softwarehersteller, die die Auswertealgorithmen in ihren         rer Pflanzenbestände genutzt werden, ohne weitere Investi-
Produkten implementiert haben, erlernt werden.                   tionen zu erfordern.

Der Markt an verfügbaren Satellitendaten ist groß und            Betriebe, die bereits über weiterentwickelte Precision-
unübersichtlich, da es viele Spezialanbieter (s. Anlage) für     Farming-Technologien verfügen, können die Satelliten-
z. B. räumlich sehr hoch auflösende Satellitenbilder gibt.       informationen zur Unterstützung der Bestandsführung
Neben dem reinen Vertrieb von Satellitendaten werden             heranziehen. Es muss gewährleistet werden, dass die Daten
auch Dienstleistungen wie die Aufbereitung von Daten,            zeitlich schnell verfügbar sind (z. B. zur Frühjahrsdüngung).
Consulting und Projektmitarbeit angeboten.                       Insbesondere zur Erfolgskontrolle von Managementmaß-
Um dieses unübersichtliche Feld für Nutzerinnen und              nahmen, z. B. im Bereich der Düngung oder des Pflanzen-
Nutzer besser zu strukturieren und einen Überblick über          schutzes, eignen sich die Fernerkundungsinformationen.
die Fernerkundungslandschaft zu geben, stellt das DLR            Um die Fernerkundung in der Praxis besser nutzen zu
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Zusam-            können, sollten aktuelle Daten so schnell aufbereitbar sein,
menarbeit mit den Ministerien, den Fachkoordinatoren             dass sie im Betriebsablauf sofort zur Verfügung stehen.
und nachgeordneten Geschäftsbereichen ein neues Web-             Es besteht noch erheblicher Bedarf in der Forschung und
portal zusammen.

                                                                                                                            11
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Entwicklung, damit dies flächendeckend nutzbar ist. Zum        Verwertung als Ersatz der Vor-Ort-Kontrolle durch Land-
Beispiel müssen bereitgestellte Daten, die für die Steuerung   wirtinnen und Landwirte sind noch erhebliche Weiterent-
von Landmaschinen eingesetzt werden sollen, in einem           wicklungsanstrengungen erforderlich.
Format erstellt werden, das von Landmaschinen lesbar ist.
                                                               Pflanzenschutz
Düngung
                                                               Analog zum Düngebereich können auch im Pflanzenschutz
Daten aus der Fernerkundung werden von Landwirtinnen           am Gerät montierte Sensoren neben Daten zur Bestands-
und Landwirten derzeit gerne als zusätzliche Informations-     dichte, zu Unkrautnestern oder zur Bodenfeuchte Auskunft
grundlage für die teilflächenspezifische Stickstoff-Düngung    über den Gesundheitszustand der einzelnen Pflanzen im
eingesetzt. Ziel der teilflächenspezifischen Düngung ist es,   Bestand geben. So können z. B. mögliche Infektionen durch
jeden Teil des Schlags möglichst bedarfsgerecht zu düngen      einen Krankheitserreger erfasst und Pflanzenschutzmaß-
und so eine Unter- und Überversorgung einzelner Teilflä-       nahmen im Feld angepasst werden. Die Anwendung entspre-
chen zu vermeiden. Durch das Einsparen von Betriebsmit-        chender Pflanzenschutzmittel würde präzisiert und ggf. auf
teln können die Effizienz gesteigert und die Ressourcen        Befallsnester im Bestand beschränkt werden. In Kombinati-
geschont werden.                                               on mit Satelliten- oder Drohnenbildern lässt sich der Erfolg
                                                               der Maßnahme überprüfen und die dynamische Ausbreitung
Verschiedene Firmen bieten optische Sensoren für den           des Erregers im Schlag oder in der Region vorhersagen.
Traktor an, die während der Fahrt durch den Pflanzenbe-
stand Rückschlüsse auf die Bestandesdichte und den Chlo-       Auch die automatisierte Erkennung von Unkräutern ist
rophyllgehalt des Bestandes ziehen können, indem sie das       weit entwickelt. Erste Geräte ermöglichen eine auf den
reflektierte Licht messen. Im sogenannten Online-Verfahren     Unkrautbestand angepasste Ausbringung der jeweils
werden diese Daten direkt während der Überfahrt in eine        passenden Herbizide im Meterbereich. Einen Schritt weiter
Applikationskarte für Stickstoff umgerechnet. Die abzu-        wird bei der Verwendung von autonomen Feldrobotern
gebende Düngemenge des Düngerstreuers kann auf diese           gegangen, die eine Einzelpflanzenbehandlung erlauben. In
Weise unmittelbar reguliert werden. Im Offline-Verfahren       Kombination mit Drohnen- oder Satellitenbildern können
wird vor der Überfahrt mit dem Düngestreuer die Applika-       wiederum Unkrautkarten erstellt werden, sodass eine sehr
tionskarte erstellt, beispielsweise anhand einer durch einen   gezielte und effiziente Bekämpfung ermöglicht wird.
Bodenscanner erstellten Bodengütekarte. Es sind auch kom-
binierte Verfahren möglich. Dabei werden sowohl Daten von      Aufgrund häufiger Wolkenbedeckung und bisweilen nicht
hinterlegten Karten als auch direkt gemessene Daten der        ausreichender räumlicher Auflösung von Satellitenbildern
Überfahrt miteinander verrechnet und so die Düngemenge         ist im Pflanzenschutzbereich zu erwarten, dass die Entwick-
teilflächenspezifisch angepasst. Dieselben Sensoren lassen     lung ihren Schwerpunkt in den Bereichen Sensortechnik
sich meist auch dazu nutzen, Wachstumsregler auszubrin-        am Schlepper bzw. Selbstfahrer in Kombination mit Bildern
gen, die den spezifischen Anforderungen entsprechen. Ein       von Drohnen haben wird.
Ersatz oder eine Unterstützung der optischen Systeme am
Traktor durch den Einsatz von mit Drohnen- oder Satelliten     Bereits mit optischen Kameras können viele bedeutsame
erstellten Karten ist möglich. Die bisher entwickelten Ver-    Parameter des Pflanzenschutzes erfasst werden. Multispek-
fahren bedürfen einer stetigen Adaption und Weitentwick-       trale Kameras messen darüber hinaus die nicht sichtbaren
lung an sich ändernde Pflanzenphänotypen.                      elektromagnetischen Reflexionen von Pflanzen und erfas-
                                                               sen somit die Chlorophyllgehalte der Blätter. Dies wiede-
Mit Erreichen der vollen Betriebsfähigkeit der Sentinel-1-     rum erlaubt, Rückschlüsse auf die Vitalität bzw. den Befall
und Sentinel-2-Satelliten wurden das Datenangebot und          der Pflanze mit Schädlingen oder Krankheiten zu ziehen.
seine schnelle zeitliche Verfügbarkeit verbessert. Inzwi-      Es ist bisher also möglich, Bilder und Daten zu erfassen. Für
schen gibt es auf dem Markt auch einige Services, die aus      die Verarbeitung fehlen jedoch noch Programme. Fort-
den Fernerkundungsdaten Produkte für die Landwirte             schritte im Bereich der künstlichen Intelligenz lassen aber
generieren. Sie bereiten die Daten so auf, dass sie mit der    auf eine rasante technologische Entwicklung hoffen.
entsprechenden Maschine direkt kommunizieren können.
So kann beispielweise der Düngerstreuer bedarfsgenauer         Grünland
streuen. Derzeit wird auch die Kombination von Sentinel-
Bildinformation mit Pflanzenwachstumsmodellen unter-           Im Grünland können Satellitendaten beispielsweise zur
sucht, z. B. für die Bemessung der Qualitätsdüngergabe für     Schätzung der Aufwuchsmasse verwendet werden. Derzeit
Braugerste (Barley-IT, finanziert durch die Climate-KIC-       wird unter anderem im Projekt „Satellitengestützte Infor-
Initiative des European Institute of Technology).              mation zur Grünlandbewirtschaftung – SattGrün“ an Pro-
                                                               dukten aus Satellitendaten gearbeitet, die Landwirtinnen
Die Umsetzung digitaler Daten hat bereits die erste Stufe      und Landwirten aktuelle und maßgeschneiderte Informa-
der Praxiseinsetzbarkeit erreicht. Für ihre vollumfängliche    tionen zur Verfügung stellen. Damit können Mahdtermine,

12
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Düngung und andere Maßnahmen im Grünland optimiert              2.2.         Einsatz der Fern-
werden (Kapitel 3.1, 4.3, 7.1.1). Mit Drohnen, die mit einer
Farb- und einer Wärmebildkamera (thermales Infrarot)                         erkundung in der Forst-
ausgestattet sind, können vor der Mahd große Flächen auf
das Vorhandensein von Wildtieren abgesucht werden. So-
                                                                             wirtschaft
mit können Wildtiere gerettet werden. Dies trägt zu einem
verbesserten Tierschutz bei und sichert die Futterqualität.
                                                                Die Fernerkundung hat in Form der analogen Luftbildin-
                                                                terpretation eine lange Tradition in der Forstwirtschaft.
2.1.2         Nutzung für Kontrollen von                        In Deutschland werden Luftbilder seit den 1950er Jahren
              EU-Agrarbeihilfezahlungen 		                      verstärkt für forstliche Anwendungen eingesetzt. Gegen-
                                                                wärtig gibt es ein breites Spektrum verschiedener Ferner-
              im Bereich des Integrierten 		                    kundungssensoren, die in hoher zeitlicher und räumlicher
              Verwaltungs- und Kontroll-                        Auflösung Daten liefern. Damit werden einerseits grundle-
                                                                gende Informationen zu Landoberfläche und -bedeckung,
              systems (InVeKos)                                 und damit auch zum Wald, zur Verfügung gestellt. Anderer-
                                                                seits können durch den technischen Fortschritt und hoch-
Anfang der 1990er Jahre erfolgte die EU-weite Einfüh-           entwickelten Auswertealgorithmen detaillierte Auskünfte
rung der Satellitenfernerkundung als Kontrollinstrument         zu forstlichen Fragestellungen und Parametern gewonnen
flächenbezogener EU-Agrarbeihilfezahlungen. Zunächst            werden.
startete das Pilotprojekt unter der Regie der gemeinsamen
Forschungsstelle der EU (Joint Research Centre – JRC)           Der Einsatz von Fernerkundung in der Forstwirtschaft bie-
mit einigen wenigen High-Resolution(HR)-Sensoren. Es            tet viele Möglichkeiten, um bestehende Aufgaben zu unter-
entwickelte sich in wenigen Jahren zu einem operatio-           stützten und detaillierte Informationen zeitnah zu liefern.
nellen Kontrollverfahren, das heute von der Mehrheit der        Sie eröffnet dadurch Perspektiven für neue Aufgaben. Die
EU-Mitgliedstaaten angewendet wird. Maßgeblich dafür            Fernerkundung kann insbesondere das Monitoring in den
war insbesondere, weitere Sensoren einzubeziehen und            Bereichen Waldinventur und -ökologie, Forsteinrichtung
die räumliche Bilddatenauflösung zu erhöhen. Nach einer         und -schutz, Genetik und Naturschutz unterstützen. Bei
Statistik der EU startete die Anwendung von Very-High-          der Auswertung der Fernerkundungsdaten spielen terrest-
Resolution(VHR)-Satellitenbildern im Jahr 2003 auf einer        risch erhobene Daten eine zentrale Rolle als Trainings- und
Testfläche von 15.000 Quadratkilometern. Während 1993           Validierungsdaten. Für den Einsatz und die Anwendung der
Daten auf der Basis einer Zehn-Meter-Pixelgröße inter-          Fernerkundung besteht allerdings noch Forschungs- und
pretiert wurden, liegt die Bodenauflösung von digitalen         Entwicklungsbedarf.
Orthofotos (DOPs) heute bei 0,2 Metern. Fast alle Bundes-
länder setzen seit Jahren Fernerkundungsmethoden zur            Aus Fernerkundungsdaten werden digitale Landbede-
Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen von landwirtschaft-         ckungsmodelle, digitale Geländemodelle und digitale
lichen Flächen ein. Dabei werden in der Regel externe Fern­     Oberflächenmodelle hergeleitet. Aus diesen Daten können
erkundungsunternehmen als Dienstleister eingebunden.            Vegetationshöhenmodelle generiert werden, die insbeson-
Die Flächenkontrollen für die Direktzahlungen können            dere für Auswertungen im Wald wertvolle Informationen
überwiegend über Fernerkundung erfolgen. Die Kontrolle          liefern, aber auch zur Unterstützung von Landnutzungs-
bestimmter Auflagen und Verpflichtungen bei Maßnahmen           klassifizierungen dienen. Auf Grundlage der Vegetations-
zur Entwicklung des ländlichen Raumes sowie bestimmter          höhenmodelle können Informationen für einzelne Bäume
„anderweitiger Verpflichtungen“ erfolgen noch klassisch,        und Bestände generiert werden. Die Kombination dieser
z. B. per Prüfung vor Ort. Aufgrund der hohen Zeit- und         Daten mit terrestrischen Inventurdaten ermöglicht es, Kar-
Kostenersparnis stieg der Anteil der Fernerkundungskont-        ten zu Holzvorräten und Biomasse herzuleiten.
rollen in Deutschland für den Bereich der Direktzahlungen
in den letzten Jahren stetig an. Für die Zukunft beabsichtigt   Ein Forschungsgebiet der Fernerkundung in der Forstwirt-
die EU-Kommission, für die Kontrolle von EU-Agrarbei-           schaft ist die Erfassung von Waldflächen. Fernerkundungs-
hilfezahlungen noch mehr Fernerkundung einzusetzen,             sensoren bilden in aller Regel die Landbedeckungsform
unter anderem mit Hilfe von Sentinel-1- und -2-Daten. Die       ab, z. B. mit Bäumen bewachsene Flächen. Daraus wird
EU-Kommission schafft derzeit die rechtlichen Grundlagen,       unter Verwendung der geltenden Walddefinition und einer
damit die Mitgliedstaaten die bisher stichprobenweisen
Vor-Ort-Kontrollen durch ein Flächenmonitoring mit opti-
schen Bilddaten und Radardaten ablösen können.

                                                                                                                         13
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

geeigneten Methodik eine Waldkarte erzeugt, aus der die       2.3           Einsatz der Fernerkun-
Waldfläche abgleitet werden kann. Ebenso können Lücken
im Bestand und der Überschirmungsgrad ausgewiesen                           dung in der Fischerei
werden. Ein aktuelles Forschungsthema ist die Baumar-
tenerkennung. Dabei stehen die Ausweisung von Laub- und
Nadelholzflächen und die Klassifizierung ausgewählter         Ozeane sowie die Küstenmeere stellen die Grundlage der
Baumarten im Fokus verschiedener Studien und Pilotpro-        Lebensmittelproduktion für Fischerei und Aquakultur dar.
jekte. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Fernerkundung        Fisch ist eine wichtige Lebensgrundlage der Menschen
ist die Erkennung von Strukturen im Wald.                     und dient als Nahrungs- und Einkommensquelle. Weltweit
                                                              werden rund drei Milliarden Menschen durch die Fische-
Die hohe zeitliche Frequenz von Fernerkundungsauf-            reiwirtschaft mit etwa 20 Prozent der von ihnen durch-
nahmen ermöglicht Veränderungsanalysen. Damit kön-            schnittlich konsumierten Menge an tierischen Eiweißen
nen neue Waldflächen und Umwandlungen von Wald in             versorgt. Allerdings werden die Ozeane und insbesondere
andere Landnutzungsklassen erkannt werden. Schwierig          ihre marinen Ökosysteme zunehmend durch die Folgen
sind die Trennung von Hiebsmaßnahmen im Wald und              des Klimawandels sowie durch andere Faktoren wie z. B.
Waldumwandlungsflächen sowie die Entdeckung neuer             Überfischung und Einleitungen von Schad- und Nährstof-
Waldflächen, wenn die Bäume im Fernerkundungsme-              fen gefährdet.
dium aufgrund ihrer geringen Höhe noch nicht erkannt
werden können. Daher beruht die Angabe zur Waldflä-           Ökosysteme sind dynamische Systeme, die sich unter dem
che in Deutschland derzeit auf der Bundeswaldinventur,        Einfluss verschiedener äußerer Faktoren kontinuierlich
einer terrestrischen Stichproben-Erhebung. Neben der          verändern. Die physikalischen und chemischen Eigenschaf-
Anwendung von Fernerkundungsdaten zur Erfassung des           ten des Meeres bestimmen maßgeblich, wie sich Fische und
Waldzustandes werden diese zunehmend zur Aufnahme             andere lebende Meeresressourcen verteilen und entwickeln.
und Bewertung von biotischen und abiotischen Schäden          Im Meer variiert die Verteilung von Zooplankton und
verwendet. Aufgrund der schnellen Verfügbarkeit dieser        Nekton über einen großen Bereich von räumlichen und
Daten können sie zur Detektion von Windwurfflächen            zeitlichen Skalen infolge verschiedener Prozesse. Diese re-
oder anderen Kalamitätsflächen genutzt werden. Zudem          gulierenden Prozesse der Verteilung in Zeit und Raum sind
können diese Informationen dazu dienen, die Aufarbei-         von zentraler Bedeutung, um auf Zusammenhänge von
tung betroffener Flächen zu unterstützen. Daneben gibt es     Fischverteilungen mit biotischen und abiotischen Verände-
Studien zur Beurteilung der Vitalität von Waldbeständen,      rungen zu schließen und Aussagen über das gesamte Öko-
um beispielsweise die Auswirkungen von Trockenstress zu       system zu treffen. Die zugrundeliegenden physikalischen
untersuchen. In Deutschland beschäftigen sich verschiede-     Prozesse im Ozean finden auf horizontalen und vertikalen
ne Arbeitskreise, Institutionen und Einrichtungen, mit der    Skalen von Millimetern bis zu tausenden von Kilometern
forstlichen Fernerkundung. Die Arbeitsgruppe Forstlicher      und auf Zeitskalen von Millisekunden bis zu mehreren
Luftbildinterpreten (AFL) ist ein internationaler Zusam-      Jahrzehnten und darüber hinaus statt. Damit sie hinrei-
menschluss von Fachleuten für forstliche Fernerkundung        chend genau untersucht werden können, ist es notwendig,
aus dem deutschsprachigen Raum. Hier sind Experten aus        Erhebungsplan und Untersuchungsmethoden so auszu-
den forstlichen Versuchsanstalten der Länder, Universitäten   wählen, dass die relevanten Skalen räumlich und zeitlich
und des Thünen-Instituts als Ressortforschungseinrich-        aufgelöst werden können. Um unterscheiden zu können, ob
tungen des Bundes vertreten. Die AFL beschäftigt sich mit     Klimaveränderungen vom Menschen verursacht oder auf
der Standardisierung, der Anwendung und der Qualitäts-        natürliche Variabilität zurückzuführen sind und um deren
kontrolle von Fernerkundungsauswertungen zu forstlichen       Einfluss auf Fischarten und ihre Lebensstadien zu untersu-
Fragen. Sie erstellt Arbeitsanleitungen, Interpretations-     chen, werden am Thünen-Institut für Seefischerei (TI-SF)
schlüssel und Vorgaben zur Qualitätssicherung, Standar-       direkte Beobachtungen, Ergebnisse von regionalen sowie
disierung und Operationalisierung von Auswertungsver-         globalen Zirkulationsmodellen und Fernerkundungsdaten
fahren. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt      verwendet.
auf dem Informationsaustausch und dem Wissenstransfer
über praxisrelevante Anwendungen forstlicher Fernerkun-       Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts stützte sich die Ozea-
dung. In der Arbeitsgruppe Forstliche Fernerkundung der       nographie fast ausschließlich auf in situ bzw. direkt gemes-
Länder (AFFEL) treffen sich Fachleute für Fernerkundung       sene Daten, die zum Teil mit großem logistischen Aufwand
der forstlichen Versuchsanstalten sowie großer staatlicher    kostenintensiv gewonnen wurden. Die auf diese Weise
Forstbetriebe in Deutschland. Ziele dieser Gruppe sind die    erhaltenen wissenschaftlichen Einblicke in die physika-
Entwicklung praxisreifer Fernerkundungsmethoden, die          lischen, chemischen und biologischen Verhältnisse der Oze-
praxisorientierte Forschung auf dem Fernerkundungssek-        ane waren aufgrund der durchgeführten Punktmessungen
tor sowie die Bewertung von Dienstleistungsangeboten          und der Kürze der Schiffszeit häufig regional stark begrenzt.
Dritter zur Nutzung von Fernerkundungsdaten.                  Dies änderte sich jedoch seit den 1950er Jahren, als die

14
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

ersten Fernerkundungsverfahren entwickelt worden sind           behörden überprüfen, ob sich ein bestimmtes Fischerei-
(s. Erläuterung Kapitel 1.1). Die Satellitenfernerkundung hat   fahrzeug in dem ihm zugewiesenen Fanggebiet aufhält.
in den letzten vier Jahrzehnten in der Meeresforschung gro-     Diese Methode dient der Überwachung der Fischerei und
ße Bedeutung erlangt, weil sie großflächige, weltweite Mes-     der Bekämpfung illegaler Fangtätigkeiten.
sungen einer Vielzahl von ozeanographischen Parametern
ermöglicht, die die schiffsgestützten (Profil-)Messungen
ergänzen. Während für eine quasi-synoptische Vermessung
eines bestimmten Meeresgebietes je nach Stationsabstand
mehrere Wochen kostenintensiver Schiffszeit eingeplant          2.4          Einsatz der Fernerkundung
werden müssen, liefern die satellitengestützten Sensoren
zum Teil mehrmals täglich eine großflächige Aufnahme                         zur Wettervorhersage
des entsprechenden Parameters mit einer räumlichen
Auflösung von 1 bis 20 Quadratkilometer. Die zur Ferner-
kundung verwendeten Anteile des elektromagnetischen             Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei sind Wirt-
Spektrums beginnen mit Wellenlängen ab 100 Nanometern.          schaftszweige, die in besonders hohem Maße vom Wet-
Zu den physikalischen Messgrößen, die routinemäßig von          ter abhängig sind. Immer genauere Wettervorhersagen
Satelliten erfasst und hauptsächlich in der Meereskunde         erleichtern die Entscheidungsfindung in diesen Wirt-
verwendet werden, gehören die Temperaturen der obersten         schaftszweigen. Eine Grundlage für die Erstellung von
Wasserschichten, die Rauigkeit und Neigung der Meeres-          Wettervorhersagen ist die Messung und Beobachtung von
oberfläche, die abgeleiteten effektiven Wellenhöhen und         Wettererscheinungen. Seit über 30 Jahren werden hierfür
das Strömungsfeld, die Meereisbedeckung sowie die aus der       ergänzend zu konventionellen Methoden wie Wettersta-
Meeresfarbe abgeleiteten Wasserinhaltsstoffe wie                tionen und Wetterwarten auch Methoden der Fernerkun-
z. B. Chlorophyll, aber auch Algenarten.                        dung eingesetzt. Ein Schwerpunkt ist dabei der Einsatz von
                                                                Wetterradarsystemen, die die Atmosphäre beobachten.
Hinsichtlich der Fischerei kann die Fernerkundung die           Des Weiteren ist in den letzten Jahrzehnten ein weltraum-
Erfassung und das Monitoring von Aquakulturen unter-            gestütztes Netz aus Wettersatelliten geschaffen worden.
stützen, deren Auswirkungen auf die Umgebung sowie die          Mittlerweile stammen über dreiviertel der weltweit zur
Zertifizierung entsprechender Anlagen. Auch die Einhal-         Wetteranalyse genutzten Daten von Satelliten. Durch die
tung der Schutzzonen für Fischbestände kann mit Ferner-         Vielzahl an Möglichkeiten zur Gewinnung von Wetterdaten
kundungsverfahren unterstützt werden. Dabei kommt mit           hat sich deren Qualität deutlich verbessert. Bei der Daten-
dem sogenannten Vessel Monitoring System (VMS) ein sa-          sammlung durch Satelliten besteht zudem noch ein großes
tellitengestütztes Überwachungssystem für Fischereischiffe      Entwicklungspotenzial (Quelle: Agrarmeteorologie BLE/
zum Einsatz. Mit dessen Hilfe können die Überwachungs-          BZL/DWD).

                                                                                                                         15
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

2.5             Öffentliche Verwaltung                                 Potenziale für eine Nutzung liegen in der Mitwirkung auf
                                                                       Landes-, Bundes- und EU-Ebene in Gremien mit dem Ziel
                                                                       der optimierten Nutzung von Fernerkundungsdaten für die
                                                                       Landwirtschaft.
Die öffentliche Verwaltung bietet auf der einen Seite Fer-
nerkundungsdaten an und nutzt sie auf der anderen Seite
auch. Der Nutzen der Fernerkundung für die öffentliche                 2.5.1           GEOGLAM
Verwaltung liegt insbesondere darin, Planung und Kontrol-
le von landwirtschaftlichen Flächen effizienter zu gestalten..         Die GEO Global-Agricultural-Monitoring(GEOGLAM)-Ini-
                                                                       tiative wurde 2011 durch die G20-Agrarminister ins Leben
Der vermehrte Einsatz von Geodaten aus der Fernerkun-                  gerufen. Sie ist ein Bestandteil der Group on Earth Oberser-
dung in der Verwaltung kann die Entscheidungsgrundlagen                vations (GEO), einer zwischenstaatlichen internationalen
verbessern. Zudem lassen sich Aufgaben schneller erledi-               Organisation zur globalen Koordinierung in der Erdbeob-
gen, wenn Daten einfacher zwischen öffentlichen Verwal-                achtung, deren Sekretariat bei der World Meteorological
tungen ausgetauscht werden. Fernerkundungsdaten kön-                   Organization (WMO) in Genf angesiedelt ist. GEOGLAM ist
nen eine einheitliche technische Basis zur Erfüllung von               innerhalb von GEO für die Fernerkundung im Bereich der
Berichtspflichten bieten und ein schnelleres Sichten und               Landwirtschaft zuständig.
Finden von planungsrelevanten Fachdaten ermöglichen. Sie
ermöglichen in manchen Fällen sogar eine Verbesserung                  Die Initiative bündelt globale Erdbeobachtungsdaten ins-
der Rechtssicherheit, da die Aktualität der Unterlagen auf             besondere zur satellitengestützten Vegetationsbeobachtung
allen Verwaltungsebenen gleich ist. Fernerkundungspro-                 zur Ertragsprognose. Sie erarbeitet Guidelines zur Anwen-
dukte können umfangreiche Informationen für die Behör-                 dung dieser Daten für nationale und regionale Bedarfe und
de, aber auch für die Öffentlichkeit liefern. Lassen sich die          koordiniert Capacity-Building-Aktivitäten. Ein Produkt
Daten vor dem Hintergrund des Datenschutzes veröffentli-               von GEOGLAM ist der Crop-Monitor, der aus den weltweit
chen, kann dies die Transparenz der Verwaltung erhöhen.                verfügbaren Daten Informationen zum Status der fünf

Abbildung 1: Schematische Darstellung von Beobachtungssystemen zur Erfassung des Zustandes der Atmosphäre. Weltweit werden in der Zentrale
des DWD Messdaten von Satelliten, Verkehrsflugzeugen, Schiffen, Wasserbojen, Wetterballons (Radiosonden), Wetterradaren, Wetterwarten und
Landstationen gesammelt und weiterverarbeitet. (Quelle: World Meteorological Organization (WMO); DWD; aus Broschüre Agrarmeteorologie,
1651/2017, BZL, Bonn)

16
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Hauptanbaufrüchte in den Hauptproduktionsgebieten der          1)   Landüberwachung
Erde zusammenführt und aufbereitet. Die Informationen          2)   Überwachung der Meeresumwelt
werden an das bei der Food and Agriculture Organization        3)   Katastrophen- und Krisenmanagement
(FAO) angesiedelte Agrarmarktinformationssystem AMIS           4)   Sicherheitsanwendungen
weitergegeben. Ziel ist es, die Markttransparenz zu erhöhen    5)   Überwachung der Atmosphäre
und Spekulationen auf Nahrungsmittel zu verringern. Der        6)   Überwachung des Klimawandels
Early-Warning-Crop-Monitor soll insbesondere in Ländern
mit problematischer Ernährungssicherheit frühzeitig auf        Die gewonnenen Daten, Analysen, Vorhersagen und Karten
mögliche Krisen in der Pflanzenproduktion aufmerksam           werden der Öffentlichkeit größtenteils kostenlos zur Verfü-
machen.                                                        gung gestellt.

Das BMEL unterstützt derzeit den Aufbau von GEOGLAM            Die Auflösung der Kartendienste orientiert sich dabei in der
durch finanzielle Mittel für die GEOGLAM-Programmkoor-         Regel an Fragestellungen im europäischen Maßstab. Auf na-
dination.                                                      tionaler Ebene sind höhere Auflösungen möglich, nationale
                                                               Dienste sind derzeit nicht etabliert.

2.5.2         Das Copernicus-Programm 		                       Auf der Website von CODE-DE (https://code-de.org/) kann
                                                               die interessierte Öffentlichkeit in Deutschland auf die Da-
              der EU                                           ten und Dienste von Copernicus zugreifen. Darüber hinaus
                                                               bietet CODE-DE auch die Möglichkeit zur Online-Verarbei-
Die EU hat gemeinsam mit der Europäischen Weltraumor-          tung der Copernicus-Daten.
ganisation (ESA) im Jahr 1998 die GMES-Initiative (Global
Monitoring for Environment and Security: Globale Um-           Im September 2017 hat die Bundesregierung ihre eigene
welt- und Sicherheitsüberwachung) gegründet. Ziel war es,      Copernicusstrategie veröffentlicht. Sie formuliert die Ziele
ein langfristig agierendes europäisches Erdbeobachtungs-       Deutschlands für Copernicus und identifiziert Handlungs-
zentrum zu entwickeln.                                         felder (s. Einleitung S. 2). Die Strategie dient als Orientierung
                                                               bei der Gestaltung nationaler und internationaler Maß-
Die Initiative wurde fortwährend weiterentwickelt und im       nahmen. Das BMEL trägt mit verschiedenen Maßnahmen
Jahr 2012 dann in Copernicus umbenannt und mit einem           substanziell zur Umsetzung der Strategie bei.
Programm zur Umsetzung auf EU-Ebene ausgestattet. Von
2014 bis April 2018 sind sieben eigene Satelliten in Betrieb   Mit dem Copernicus-Programm steht eine für die Land-
genommen worden. Weitere Satellitenstarts sind bis 2021        wirtschaft interessante Satellitenkonstellation aus einem
geplant.                                                       Radar- und einem optischen System bereit. Sie bestehen
                                                               aus jeweils zwei baugleichen Satelliten. Damit können alle
Die Informationsgewinnung von Copernicus besteht aus           zwei Tage aktuelle Informationen über die Entwicklung
zwei Hauptkomponenten:                                         der Vegetationsbestände mit Hilfe wolkendurchdringender
                                                               Radartechnik gewonnen werden. Alle drei bis vier Tage wer-
→ Weltraumgestützte Beobachtungssysteme (eigene                den die Flächen von den optischen Systemen (Sentinel 2)
  Sentinel-Satelliten sowie Mitnutzung vorhandener             überflogen, sodass die Chancen, eine wolkenfreie Aufnahme
  Erdbeobachtungssysteme)                                      zu erhalten, deutlich gesteigert werden. Sentinel 2 ist damit
→ Boden-, See- und luftgestützte Beobachtungssysteme           für die Landwirtschaft von großer Bedeutung.
  (Flugzeuge, Drohnen, Messbojen …)
                                                               Im Rahmen des Copernicus-Programms wurden auch zwei
Das Ziel von Copernicus ist es, umfassende und aktuelle        Satellitensysteme entwickelt, die speziell auf die Erkundung
Informationen über den Zustand der Erde zu liefern. Die        der Ozeane ausgerichtet sind. Die beiden baugleichen Satel-
Potenziale hierzu sind sehr vielseitig. Mit der Auswertung     liten Sentinel-3A und 3B erfassen kontinuierlich die Höhe
der Daten von Copernicus lässt sich für die verschiedensten    des Meeresspiegels, die Temperatur der Land- und Meeres-
Bereiche Nutzen generieren, unter anderem bei der Über-        oberflächen sowie die unterschiedlichen Chlorophyll- und
wachung des Klimawandels, der Städteplanung, der Früh-         Schwebstoffgehalte der Meere. Die Messergebnisse dienen
erkennung von Naturkatastrophen oder auch der Abschät-         sowohl maritimen Vorhersagediensten, der Überwachung
zung des Ertragspotenzials land- und forstwirtschaftlicher     der Umwelt sowie der Gewinnung von Klimadaten und
Flächen und Veränderungen der Flächennutzung.                  werden für weitergehende Analysen hinsichtlich der
Copernicus stellt insbesondere für die Aufgaben der Eu-        klimatischen Einflüsse auf die Fischbestände vom Thünen-
ropäischen Institute Informationen bereit. Von zentraler       Institut (TI-SF) verwendet.
Bedeutung sind folgende Kerndienste:

                                                                                                                             17
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Im Vergleich zu den meisten existierenden Fernerkun-        Der ZKI-DE Service beinhaltet:
dungsmissionen sind die Daten kostenfrei und in einer
hohen räumlichen (10 bis 20 m), spektralen und zeitlichen   → Bereitstellung von Kriseninformationsprodukten für
Auflösung verfügbar. Das ermöglicht neuartige Datenpro-       Katastrophen und große Unglücksfalle, z. B. aktuelle
dukte, die auch und insbesondere für kleinstrukturierte       Satellitenbilder und Schadensanalysen
landwirtschaftliche Betriebe interessant sein können.       → Fernerkundungsprodukte für deutsche Sicherheitsbe-
                                                              hörden, z. B. bei Großveranstaltungen, Entführungen im
                                                              Ausland, politischen Gipfeln etc.
2.5.3        Zentrum für satellitengestützte                → Beratung über Möglichkeiten des Einsatzes von Ferner-
             Kriseninformation im                             kundungstechnologie
                                                            → Schulung in der Anwendung von Fernerkundungstech-
             Geschäftsbereich des BMI (ZKI)                   nologie und fortlaufende Information über die techno-
                                                              logischen Neuerungen.
Der ZKI-DE Service ermöglicht Bundesbehörden die kurz-
fristige Beschaffung und Analyse aktueller Geoinformati-
onen und bietet somit der öffentlichen Verwaltung neue      2.5.4         IMAGI
Handlungsoptionen. Diese innovative Zusammenarbeit
zwischen dem Bundesministerium des Innern (BMI) und         Der interministerielle Ausschuss für Geoinformationswesen
dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)         (IMAGI) ist ein Arbeitskreis der Bundesregierung, der eine
bedient den Bedarf der Bundesbehörden nach aktuellen        ressortübergreifende Koordinierung des Geoinformations-
veredelten Fernerkundungsdaten in Krisenfällen und zur      wesens entwickelt. Er trägt dafür Sorge, dass die Belange des
Unterstützung der zivilen und öffentlichen Sicherheit. Ab   Geoinformationswesens bei politischen Entscheidungen
dem Jahr 2021 wird das Bundesamt für Kartographie und       berücksichtigt werden. Das BMEL ist Mitglied im IMAGI.
Geodäsie (BKG) ZKI-DE-Serviceelemente bereitstellen.

18
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

 Der IMAGI koordiniert seit dem Jahr 1998 auf Bundesebene          INSPIRE-Richtlinie
 ressortübergreifende Fragestellungen im Bereich des Geo-
 informationswesens. Die Federführung liegt beim Bundes-           Eine weitere Aufgabe des IMAGI ist die einheitliche Umset-
 ministerium des Innern. Der IMAGI hat die Aufgabe, die            zung der europäischen Richtlinie INfrastructure for SPatial
 Bundesverwaltung bei der Bereitstellung und Nutzung von           InfoRmation in Europe (INSPIRE) der EU (Fundstelle: http://
 Geodaten zu unterstützen. Dazu verbessert er den Zugang           inspire.ec.europa.eu/) und der daraus folgenden nationalen
 zu Geoinformationen über das Geodatenportal. Zudem                Gesetze (GeoNutzV, GeoZG) in der Bundesverwaltung. Hier-
 bringt er gemeinsam mit Ländern und Kommunen den                  mit werden Chancen für die gesamte Wirtschaft eröffnet. So
 Aufbau der Geodateninfrastruktur Deutschland (GDI-DE)             kann der IMAGI die Rahmenbedingungen für den Zugang
 voran.                                                            der Wirtschaft und der Wissenschaft zu Geoinformationen
                                                                   des Bundes verbessern. Ebenso wird die Entwicklung neuer
 Eine weitere zentrale Aufgabe besteht darin, die Position         Dienste und Technologien erleichtert. Ein weiteres Ziel ist,
 des Bundes im Geoinformationsbereich in ressort- und              die Transparenz über Geoinformationen und -dienste zu
 verwaltungsebenen-übergreifenden Gremien abzustim-                erhöhen.
 men. Im IMAGI werden beispielsweise Positionen des Bun-
 des im Lenkungsgremium GDI-DE abgestimmt (s. Glossar).
 Darüber hinaus wirkt der Ausschuss gemeinsam mit allen
 Beteiligten bei der Umsetzung der nationalen Geoinforma-
 tionsprogramme mit. Zudem erstellt er alle vier Jahre den
 Geofortschrittsbericht der Bundesregierung.

 Der Ausschuss trägt außerdem dafür Sorge, dass die natio-
 nalen und grenzüberschreitenden Bedarfe beim Geoinfor-
 mationswesen berücksichtigt werden.

                                           Sicherheit
                       n
                  mu n

                                                                              Ve Wis
                    ne
                om de

                                                                                rne se
            d K it
         un g m

                                                                                   tzu nsc
                                                                                      ng haf
      rn un

                                                                         Um
             ie

                                   Krisen-          Referenz-
         erg
   de etz

                                                                                         mi t

                                   information      daten
                                                                           we

                                                                                           td
      En
Län Vern

                                                                              lt

                                                                                              er

                                         IMAGI
                           Transport-                           Umwelt-
                           netze                                indikatoren
Ve tione

                                                                                           ie
 na

                                                                                    ft er
                                                                                        ph
  rne n

                                                                                 cha it d

                                   Boden-           Statistische
     Kli

                                                                                    gra
      tzu Ins

                                                                              rts m

                                   information      Einheiten
         ma

                                                                                 mo

                                                                            Witzung
          ng titu

                                                                        De
            mi tio

                                                                           rne
               t in ne

                                                                         Ve
                   ter n

                                           Mobilität
                      -

 Abbildung 2: Zusammensetzung im IMAGI (Quelle: BMI https://www.bmi.bund.de/DE/themen/
 moderne-verwaltung/geoinformationen/imagi/imagi-node.html)

                                                                                                                            19
3
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

Bedarf und Potenzial

20
PROGRAMM ZUR FERNERKUNDUNG | CHANCEN FÜR LAND-, FORST- UND FISCHEREIWIRTSCHAFT, FÜR POLITIK UND VERWALTUNG

3.1           Inhaltliche Bedarfsanalyse

Fernerkundungsinformationen haben in der Land- und             tationsbestände zum Teil noch recht spärlich sind. Dadurch
Forstwirtschaft mindestens zwei wichtige Nutzergruppen:        wird das Messsignal stark vom Boden beeinflusst. Aktuell
                                                               wird untersucht, ob die Nachteile der optischen Fernerkun-
a) Betriebe, die aktuelle Informationen zur Unterstützung      dung hinsichtlich des Pflanzenwachstums in dieser Zeit
   der Bestandsführung einsetzen wollen                        durch Radarfernerkundung kompensiert werden können.
b) Behörden und Institutionen, die an großräumigen
   Informationen und der Veränderung von Zuständen             Im Bereich Pflanzenschutz können insbesondere optische
   (Monitoring) und historischen Informationen interes-        Fernerkundungsinformationen eingesetzt werden, um die
   siert sind.                                                 aktuelle Blattfläche zu ermitteln, das Pflanzenwachstum
                                                               räumlich differenziert zu überwachen und so die Aus-
Fernerkundungsinformationen können auch einen Schub            bringung von Pflanzenschutzmitteln teilflächenspezifisch
für die Digitalisierung in der Landwirtschaft leisten.         anzupassen.
Während in der Praxis die Technik für eine teilflächenspe-
zifische Bewirtschaftung in vielen Bereichen verfügbar ist,    Für behördliche und institutionelle Anwendungen sind
fehlt es an den Basisinformationen, die die Unterschiede im    Fernerkundungsdaten besonders geeignet, um die Flächen-
Bestand visualisieren und lokalisierbar machen. Durch die      statistik zu unterstützen. Dabei lassen sich mit den Ferner-
Copernicus-Daten können diese Basisinformationen nun           kundungsdaten die angebauten Kulturen (in Anlehnung an
bereitgestellt werden. Dadurch können Betriebe, die bisher     die Agrarstatistik) bis auf Schlagebene erfassen und über
Investitionen in Precision Agriculture vermieden haben,        die Jahre Informationen zur flächenscharfen Fruchtfolge
Vor- und Nachteile der Technologie besser erkennen, diese      ermitteln.
kennenlernen und ggf. nutzen.
                                                               Für den Bereich Grünland lassen sich aus den Ferner-
Ein Bedarf nach einer Weiter- oder Neuentwicklung von          kundungsdaten die Häufigkeiten von Schnitten und die
fernerkundungsbasierten Diensten zur Landwirtschaft für        Mahdtermine besser ableiten. Daraus können indirekt
die öffentliche Verwaltung besteht insbesondere in den         Aussagen zur Nutzungsintensität und Qualität des Grün-
Bereichen                                                      landes entwickelt sowie Schätzungen zu Feldfuttererträgen
                                                               abgeleitet werden.
→ staatliches Monitoring
→ hochaufgelöste Flächenstatistik (Gemeindeebene und           Die Ableitung der Nutzungsart (Wiese oder Weide) und
  besser)                                                      -intensität (Schnitthäufigkeit bzw. Weidetage) im Grünland
→ Etablierung von Prognose- und Frühwarnsystemen               wäre sinnvoll, um den aktuellen Zustand des Grünlands
  (z. B. bei Pilzkrankheiten, Hochwasser und Trockenheit).     besser zu beschreiben. Außerdem wären

Ackerbau/Grünland                                              → eine Identifizierung von naturschutzfachlich wertvollen
                                                                 Grünlandbeständen
Die Einsatzmöglichkeiten von Fernerkundungsinformatio-         → die Unterstützung der Kontrolle von Agrarumweltpro-
nen in der praktischen Landwirtschaft hängen immer auch          grammen
von der Datenverfügbarkeit ab. Da z. B. die Düngung tenden-    → die gezielte Förderung von biologischer Vielfalt (Bio-
ziell immer früher im Jahr durchgeführt wird, ist die Anwen-     diversität) möglich.
dung von optischen Fernerkundungsdaten problematisch,
da einerseits die Sonnenstände noch relativ niedrig sind und   Als ein wichtiges Instrument für die öffentliche Verwaltung
einen großen Schattenwurf erzeugen, andererseits die Vege-     wäre die Ernteertragsüberwachung bzw. Überwachung

                                                                                                                         21
Sie können auch lesen