Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA

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M·plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT

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       Sicherheit

                   Quarzstaub als
     krebserzeugender Arbeitsstoff
                                   Sicherheitsinformation für Führungskräfte

                                                              www.auva.at
Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
Der AUVA-Präventionsschwerpunkt 2018 bis 2020
                                „Gib Acht, Krebsgefahr!“ zu krebserzeugenden
                                Arbeitsstoffen schließt an die Kampagne „Gesunde
                                Arbeitsplätze – Gefährliche Substanzen erkennen und
                                handhaben“ der Europäischen Agentur für Sicherheit
                                und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) an.

                                Die Inhalte dieser Informationsunterlage wurden mit
                                der Arbeitsinspektion abgestimmt.

    www.healthy-workplaces.eu

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Inhalt
Vorwort                                                                      4

1   Quarz und seine Verwendung                                               4

    1.1 Was ist Quarz?                                                      4
    1.2 Vorkommen und Verwendung                                            5
    1.3 Analyse und Messungen                                               5

2   Gesundheitsgefährdung durch Quarzstaub                                   8

    2.1 Durch Quarzstaub verursachte Berufskrankheiten                      9
    2.2 Untersuchungspflicht bei beruflicher Quarzstaubbelastung            10

3   Gesetze und Vorschriften                                                11

    3.1 Erläuterungen                                                       11

4   Handlungsanleitungen und Praxisbeispiele                                16

    4.1 Beispiel: Stemmarbeiten im Innenraum                                16
    4.2 Beispiel: Steinmetzarbeiten und Natursteinbearbeitung               17
    4.3 Beispiel: Asphalt-Großfräsen Absaugung und Nassverfahren            19

5   Anhang: Expositionsberechnung                                           21

    5.1 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 8-Stunden-Arbeitstag
        (= 8-Stunden-Mittelwert)                                            21
    5.2 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 12-Stunden-Arbeitstag
        (= 12-Stunden-Mittelwert) und zugehörigem zeitbezogenen Grenzwert   22

6   Literaturhinweise und Informationsquellen                               23

Redaktionsschluss: 08.04.2021

                                                                             3
Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
Vorwort
Aufgrund der letzten gesetzlichen Änderungen in            den Arbeitsstoff findet sich in diesem Merkblatt eine
Bezug auf Quarzfeinstaub (GKV, VGÜ) und der damit          Übersicht über quarzrelevante Themen sowie eine
einhergehenden Neueinstufung als krebserzeugen-            Zusammenfassung der erforderlichen Maßnahmen.

1        Quarz und seine Verwendung
1.1 Was ist Quarz?

                                                                                    Abb. 2: Bergkristall

Abb.1 Struktur eines Quarzkristalls                                                 Abb. 3: Gestein mit Quarz-
                                                                                    schichten

Viele Gesteine und Mineralien enthalten Quarz.             Quarzhaltiger Staub
Quarz ist ein Silikat bestehend aus Kristallen in Tetra-
ederform. Diese charakteristische gitterförmige Struk-     Von quarzhaltigem Staub spricht man, wenn neben
tur der Kristalle ergibt sich durch die Anordnung von      dem kristallinen Quarzteilchen auch andere Stäube
vier Sauerstoffatomen um jeweils ein Siliciumatom.         vorhanden sind. Bei diesen Mischstäuben kann der
                                                           Quarzanteil stark variieren.
Quarz in seiner reinen Form ist durchsichtig (Berg-
kristall), kann aber durch Ioneneinschlüsse färbig sein    Quarzfeinstaub
(Amethyst, Rosenquarz, Rauchquarz usw.).
                                                           Kristallines Siliciumdioxid (Quarz, SiO2) in der alveo-
Bei der Be- und Verarbeitung quarzhaltiger Gesteine        lengängigen Staubfraktion (A-Staub) wird als Quarz-
entsteht Staub unterschiedlicher Menge und Korn-           feinstaub mit einer durchschnittlichen Teilchengröße
größe. Für eine Risikobewertung ist es notwendig zu        von unter 4 µm (vier Tausendsteln Millimetern = 0,004
untersuchen, ob der entstehende Staub quarzhaltig          mm) bezeichnet. Dieser Feinstaub ist mit freiem Auge
(quarzhaltiger Staub) ist und ob die Partikel (Quarz-      nicht sichtbar. Das Siliciumdioxid kann dabei in den
feinstaub) klein genug sind, um tief in die Lunge, bis     Modifikationen Quarz, Cristobalit oder Tridymit auf-
in die Alveolen (Lungenbläschen), einzudringen.            treten. Kristallines Siliciumdioxid wird – neben Quarz –
                                                           auch als freie kristalline Kieselsäure bezeichnet.

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Amorphe Kieselsäuren                                   Kieselgur
In diesen Kieselsäuren ist ebenfalls Siliciumdioxid    Dieser besteht aus amorphem, natürlichem Silicium-
(SiO2) enthalten, allerdings nicht in kristalliner,    dioxid aus abgelagerten Kieselalgenskeletten. Je nach
sondern in amorpher Form. Die feinen Partikel des      Lagerstätte kann ungebrannter Kieselgur Anteile von
amorphen Siliciumdioxids haben nicht die schädigen-    Quarz (kristallinem Siliciumdioxid) aufweisen. Wird
de Wirkung auf das Lungengewebe (Silikose) wie die     Kieselgur gebrannt, entsteht auch Cristobalit in rele-
Partikel des kristallinen Siliciumdioxids (Quarz).     vanten Mengen.

1.2 Vorkommen und Verwendung
Quarz ist das zweithäufigste Mineral der               Einige Haupteinsatzgebiete:
Erdoberfläche/-kruste und in nahezu jeder Gesteins-    ƒ Füllstoff in der Gummi-, Kunststoff- und Farbin-
art zu finden. Genauso häufig wie das Vorkommen           dustrie
ist seine Verwendung als wichtiger Rohstoff für die    ƒ Glasindustrie als Glasschmelzsand
Herstellung unzähliger Produkte.                       ƒ Filtersand
                                                       ƒ Gießerei-Industrie als Gießereisand
Einige typische Eigenschaften von Quarz:               ƒ Rohstoff für die Herstellung unterschiedlicher Pro-
ƒ chemisch inert                                          dukte in der Bauindustrie (z. B. Ziegel, Mörtel …)
ƒ hoher Schmelzpunkt                                   ƒ chemische (Herstellung von Wasserglas) und kera-
ƒ hart (Mohshärte 7)                                      mische Industrie (Trocknungs- und Brennschwund)
ƒ sprödes Bruchverhalten                               ƒ Elektronik-Industrie (Schwingquarz)
ƒ starker piezoelektrischer Effekt
ƒ optische Eigenschaften

1.3 Analyse und Messungen
Analyse mit dem Röntgendiffrak-
tometer
Die Bestimmungsmethode beruht auf dem charakte-
ristischen Beugungsverhalten von Röntgenstrahlen an
den Kristallflächen des Quarzes.

Die Auswertung wird durch das gleichzeitige Vorhan-
densein von verschiedenen Mineralien erschwert. Es
kann zu Interferenzüberlagerungen durch Fremdmi-
nerale kommen. Insbesondere Kalkspat, Dolomit, Hä-
matit, Kohlenstoff und Glimmer schaffen ungünstige
Voraussetzungen bei der Auswertung der Quarzinter-
ferenzen. Fehler, die sich dadurch ergeben können,
werden einerseits durch die thermische Vorbehand-
lung des Feinstaubes, andererseits in weiterer Folge
durch die Behandlung mit Salzsäure minimiert.

Allgemeines

Für die Quarzgehaltbestimmung bieten sich die drei
stärksten Quarzinterferenzen an:
ƒ d = 334,3 pm/Beugungswinkel 31°
ƒ d = 426 pm/Beugungswinkel 24°
ƒ d = 181,7 pm/Beugungswinkel 59°                      Abb. 4: Röntgendiffraktometer(RDM)

                                                                                                           5
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Für die quantitative Auswertung muss die drittstärks-
te Interferenz (d = 181,7 pm/59°) herangezogen             Die Nachweisgrenze der Bestimmung von
werden.                                                    Quarz-A-Staub-Konzentrationen (alveolen-
                                                           gängigem Staub) bei Arbeitsplatzmessungen
Für die Cristobalitbestimmung werden folgende zwei         wird außer durch die Probenahmebedingun-
Interferenzen verwendet:                                   gen wesentlich durch die A-Staub-Konzentra-
ƒ d = 404,6 pm/Beugungswinkel ca. 25,5°                    tion bestimmt.
ƒ d = 284,5 pm/Beugungswinkel 32°                          Die Nachweisgrenze kann nicht niedriger sein
                                                           als ein Hundertstel der A-Staub-Konzentra-
Die quantitative Auswertung erfolgt anhand von Ka-         tion im zu beurteilenden Arbeitsbereich. Die
librierungskurven. Die Peakhöhe und die Peakfläche         real erreichbare Nachweisgrenze liegt des-
der Interferenz werden gegen die Quarzfeinstaub-           halb bei etwa 0,015 mg/m3. Unterhalb dieses
masse aufgetragen.                                         Wertes liegt die ubiquitäre bzw. außerberuf-
                                                           liche Quarzbelastung im Bereich von etwa
Proben und Standards werden beim selben Beu-
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Abb. 8: Quarzsand nach dem Auspacken des Gussteiles nach dem Sandgießen

Konzentration und Exposition                            Ermittlung der Exposition
am Arbeitsplatz
                                                        Wenn man Konzentrationswerte für einzelne Tätig-
Um eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch            keiten gefunden, oder noch besser, gemessen hat,
Arbeitsstoffe abschätzen zu können, sind sowohl die     gilt es, die Exposition der Mitarbeiterin bzw. des
Konzentration als auch die Exposition für eine Beur-    Mitarbeiters zu bestimmen. Dazu gibt es ein Berech-
teilung heranzuziehen:                                  nungstool der Arbeitsinspektion:
                                                        www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits
ƒ Die Konzentration gibt den gemittelten Gehalt des     stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz
  gesuchten Arbeitsstoffes während des Messvor-         feinstaub.html
  ganges an.
ƒ Unter Exposition versteht man vereinfacht die         Die Grenzwerte in der Grenzwerteverordnung (GKV)
  Summe der einzelnen Konzentrationen, denen eine       sind in der Regel auf einen Achtstundentag ausge-
  Person im Laufe eines Arbeitstages ausgesetzt ist.    legt. Sollte die Arbeitszeit mehr als acht Stunden
                                                        betragen, ist der Grenzwert auf diese Arbeitszeit
Weiterführende Informationen und Daten finden Sie       umzurechnen.
u. a. hier:
ƒ www.staub-war-gestern.de Die Website der BG           Es ist möglich, die Exposition selbst zu berechnen.
   Bau bietet eine Sammlung von Messergebnissen         Dazu werden die Konzentrationswerte bei den Tä-
   von möglichen Quarzstaubkonzentrationen bei          tigkeiten mit der jeweiligen Dauer dieser Tätigkeiten
   bestimmten Tätigkeiten. Es werden Downloads mit      multipliziert und durch die acht Stunden (Normalar-
   Handlungshilfen für mehrere Branchen zur Verfü-      beitszeit) dividiert. Ein Berechnungsbeispiel findet
   gung gestellt.                                       sich im Anhang.
ƒ BGIA-Report 8/2006 „Quarzexpositionen am
   Arbeitsplatz“, Deutsche Gesetzliche Unfallver-
   sicherung                                              Als Merksatz gilt: Viel sichtbarer Staub be-
   In diesem Report, einsehbar unter www.dguv.de/         deutet viel alveolengängiger Staub! Wenig
   medien, findet man vielfältige Informationen sowie     sichtbarer Staub bedeutet wenig alveolen-
   Expositionsdaten.                                      gängiger Staub!
ƒ Rühl, Reinhold: Staub auf Baustellen. Stuttgart:
   Fraunhofer IRB Verlag, 2018
   Das Buch stellt – wie auch andere Publikationen
   – Handlungsanweisungen für den Umgang mit
   Staub bereit.

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Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
2        Gesundheitsgefährdung durch Quarzstaub
Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer            Eingeatmete Quarzstaubpartikel werden in den
hohen Staubbelastung sind seit vielen Jahrhunderten          Alveolen von Alveolarmakrophagen (sogenannten
bekannt. Hinweise auf die schlechte Gesundheit und           „Fresszellen“) aufgenommen, die beim Versuch, diese
geringe Lebenserwartung von Bergleuten finden sich           abzubauen, jedoch geschädigt werden und zugrunde
bereits in Schriften, datiert weit vor Christi Geburt.       gehen. Durch den Untergang der Alveolarmakropha-
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird vom Arzt und             gen kommt es zur Freisetzung von Enzymen aus den
Philosophen Georg Bauer, genannt Georgius Agricola,          „Verdauungsorganellen“ der Makrophagen. Das führt
in seinem Werk „De Re Metallica“ (1556)1 konkret             wiederum zu einer chronischen Reizung des umge-
Staub als Auslöser für „[…] schweres Atmen, von              benden Bindegewebes und zu einer Vermehrung
Lungengeschwüren und Schwindsucht […]“ genannt               der Bindegewebszellen. Es werden immer weitere
sowie auf die Übersterblichkeit aufgrund von Lun-            „Fresszellen“ angelockt, so dass dieser Entzündungs-
generkrankungen bei Bergarbeitern hingewiesen. Die           und Umbauprozess auch nach Wegfall der Exposition
Mineralstaub-Pneumokoniose („Staublunge“ verur-              fortschreitet.
sacht durch mineralische Stäube) ist somit zweifellos
die älteste Berufskrankheit der Menschheit.                  Der Schweregrad der Gewebsveränderungen geht
                                                             von dezenten Veränderungen über Ausbildung
Jeglicher Staub in der Atemluft stellt eine Belastung für    vereinzelter Knoten hin zu ausge-
die Atemwege und die Lunge dar. Der Respirationstrakt        dehnten Schwielen des
verfügt über spezielle Reinigungsmechanismen, um ein-
geatmete Staubpartikel, Viren oder Bakterien unschäd-
lich zu machen, d. h. aus der Lunge zu entfernen oder
abzubauen. Abhängig von der Menge/Konzentration,
der Größe, der Materialzusammensetzung der Staub-
partikel in der Atemluft, aber auch durch zusätzliche
schädigende Einflüsse wie Rauchen oder bestehende
Lungenerkrankungen, kann die Möglichkeit zur Selbst-
reinigung jedoch nicht ausreichen, um zu verhindern,
dass kleinste Partikel bis in die tiefsten Lungenbereiche,
die sogenannten Alveolen, vordringen oder sich im
Lungengewebe dauerhaft ablagern.

Lungenveränderungen, verursacht durch anorgani-
sche Stäube, werden als Pneumokoniose („Staub-
lunge“) bezeichnet, wobei unterschiedliche Stäube            Abb. 9: Die Abbildung zeigt die Röntgenaufnahme
unterschiedliche Reaktionsmuster der Lunge verursa-          einer Person mit weit fortgeschrittener Silikose. Gut
chen können (z. B. Silikose durch quarzhaltigen Staub,       erkennbar sind die Verschattungen (die hellen Areale)
Asbestose durch asbesthaltigen Staub, Aluminose              aufgrund der Bindegewebsvermehrung und Ver-
                                                             schwielungen in beiden Lungenflügeln.
durch aluminiumhaltigen Staub, …).
                                                             Lungengewebes, die Symptomatik von weitgehender
Quarzstaub, der Lungenveränderungen im Sinne                 Symptomlosigkeit bis zu massiver Beeinträchtigung
einer Silikose verursachen kann, wird als silikogen          der Atmung mit negativen Auswirkungen auf das
bezeichnet. Nur kristallines Siliciumdioxid mit einer        Herz-Kreislauf-System. Bis zum Auftreten der ers-
durchschnittlichen Partikelgröße kleiner als 4 µm (laut      ten klinisch fassbaren Veränderungen (= Latenzzeit)
ÖNORM EN 481 Definition für alveolengängigen                 dauert es oft 10 bis 15 Jahre und länger. Die Infek-
Staub) hat diese silikogene Wirkung!                         tanfälligkeit der Lunge ist bei einer Silikose deutlich
                                                             erhöht, ebenso das Risiko einer Neuinfektion mit
Bei der Silikose handelt es sich um eine Lungenge-           Tuberkulose. Durch den chronischen Entzündungs-
rüsterkrankung im Sinne eines knötchenförmigen               prozess, möglicherweise aber auch durch eine direkte
Umbauprozesses des Bindegewebes.                             genotoxische Wirkung auf Epithelzellen der Lunge
                                                             kann es zur Entstehung von Lungentumoren kom-

1 Agricola, Georgius: De Re Metallica libri XII. Basel: Froben, 1556

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men. Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist bei     Für alveolengängigen Quarzstaub ist ein Schwellen-
bestehender Silikose doppelt so hoch wie bei gesun-       wert von 0,05 mg/m³ beschrieben. Wird dieser Wert
den Personen.                                             eingehalten, ist das Risiko, eine Silikose zu entwickeln,
                                                          vernachlässigbar. Selbiges gilt für das Lungenkrebsrisiko.

2.1 Durch Quarzstaub verursachte Berufskrankheiten
Definition „Berufskrankheit“                              Meldung einer Berufskrankheit
Als Berufskrankheiten können Erkrankungen aner-           Gemäß § 363 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialver-
kannt werden, die in einem zeitlichen, örtlichen und      sicherungsgesetzes (ASVG) ist jede Arbeitgeberin
ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten            und jeder Arbeitgeber, jede Ärztin sowie jeder Arzt
Tätigkeit erworben wurden und in der Anlage 1 des         verpflichtet, den begründeten Verdacht auf das
Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ASVG auf-         Vorliegen einer Berufskrankheit an den zuständigen
gelistet sind.                                            Unfallversicherungsträger zu melden.
                                                          Nähere Informationen zur Meldung unter:
                                                          www.auva.at/bk-meldung
  Über die Anerkennung einer Berufskrank-
  heit entscheidet die jeweilige gesetzliche
                                                          Diese Berufskrankheiten[verdachts]meldung kann
  Unfallversicherung.
                                                          auch formlos durch die versicherte Person selbst oder
                                                          durch Interessensvertretungen erfolgen.
Je nach Art und Schwere der Berufskrankheit werden
im Falle der Anerkennung von der gesetzlichen Un-         In der Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1, ASVG)
fallversicherung u. a. Leistungen der Heilbehandlung,     werden unter der laufenden Nummer 26 folgende
Rehabilitation, Rentenzahlungen an die Erkrankte          durch Quarzstaub ausgelöste Erkrankungen unter-
bzw. den Erkrankten oder im Todesfall an die Hinter-      schieden:
bliebenen gewährt.

Abb. 10: Anerkannte Fälle von Berufskrankheiten der Ziffern 26a, 26b und 26c in den Jahren 2000 (bzw. 2012) bis 2020.
Anmerkungen: Die BK 26c wurde 2012 mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz neu eingeführt. Die Zahlen aus
2020 sind aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie nur bedingt mit den Vorjahren vergleichbar.

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Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
ƒ Berufskrankheit (BK) 26a: Staublungenerkran-           Entwicklung quarzstaubassoziier-
  kungen (Silikose und Silikatose) mit objektiv fest-    ter Berufskrankheiten
  stellbarer Leistungsminderung von Atmung oder
  Kreislauf                                              Über die letzten Jahre zeigt sich bei der Anzahl der
ƒ Berufskrankheit (BK) 26b: Staublungenerkran-           quarzstaubassoziierten Berufskrankheiten (Ziffer 26)
  kung in Verbindung mit aktiv fortschreitender          ein Abwärtstrend. Dieser ist sicherlich mit den verbes-
  Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)                 serten Arbeitsbedingungen zu erklären. Das Ziel, die
ƒ Berufskrankheit (BK) 26c: Bösartige Neubildun-         Neuerkrankungsrate aufgrund beruflicher Einflüsse
  gen der Lunge durch die Einwirkung von kristalli-      weiter zu senken, muss weiterhin mit großer Konse-
  nem Siliciumdioxid bei Silikose                        quenz verfolgt werden!

2.2 Untersuchungspflicht bei beruflicher
    Quarzstaubbelastung
                                                         Hinweise:
  Quarzfeinstaub ist als krebserzeugend einge-           Anders als bei anderen laut VGÜ untersuchungs-
  stuft. Der Grenzwert ist jedoch als MAK-Wert           pflichtigen Arbeitsstoffen mit MAK-Wert entfällt die
  festgelegt und nicht als TRK-Wert, wie bei den         Untersuchungspflicht für Quarzfeinstaub (alveolen-
  meisten anderen krebserzeugenden Arbeits-              gängiges kristallines Siliciumdioxid) bereits ab der
  stoffen.                                               Unterschreitung des MAK-Wertes und nicht erst bei
                                                         der Unterschreitung von 50 % des MAK-Wertes!
Ob Untersuchungspflichten für Mitarbeiterin-
nen oder Mitarbeiter bestehen, ergibt sich aus           Um die Ausnahme gemäß der Punkte b) und c) in
der Evaluierung! Sollte aufgrund der Tätigkeit die       Anspruch nehmen zu können, sind zur Expositions-
Einhaltung des MAK-Wertes für Quarzstaub (0,05 mg/       minimierung nur technische und organisatorische
m3 A als Tagesmittelwert) nicht möglich sein, sind die   Maßnahmen zulässig.
betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß §
49 Abs. 1 ASchG und gemäß der zugehörigen Verord-        Die Schutzwirkung, die durch die Verwendung der
nung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeits-         geeigneten Persönlichen Schutzausrüstung gegeben
platz (VGÜ) entsprechenden Eignungs- und Folgeunter-     ist, ist für die Beurteilung der Untersuchungspflichten
suchungen zu unterziehen.                                laut VGÜ nicht heranzuziehen.

Inhalte dieser Untersuchungen sind neben einer geziel-   Da es sich bei Quarzfeinstaub um einen krebserzeu-
ten Beratung hinsichtlich Belastungen, Arbeitsgestal-    genden Arbeitsstoff handelt, gilt hier das Minimie-
tung und Schutzmaßnahmen eine ärztliche Untersu-         rungsgebot!
chung mit einer Überprüfung der Lungenfunktion (alle
2 Jahre) und einer Röntgenuntersuchung der Lunge           Die Vermeidung einer inhalativen Quarz-
(alle 4 Jahre).                                            staubbelastung ist die einzig wirksame
                                                           Vorbeugung gegen zukünftige quarzstaub-
Die Untersuchungspflicht entfällt (§ 2 Abs. 3a VGÜ)        bedingte Erkrankungen und somit die einzig
                                                           wirksame Gesundheitsvorsorge.
a) bei Einwirkungen, die im Durchschnitt einer
   Arbeitswoche nicht länger als eine Stunde pro
   Arbeitstag gegeben sind,
ODER
b) bei Einhaltung der Maximalen Arbeitsplatz-
   konzentration (MAK-Wert)
  UND
c) wenn die Exposition durch die zusetzenden Schutz-
   maßnahmen möglichst niedrig gehalten wird.

10
3        Gesetze und Vorschriften
  Mit BGBl. II Nr. 382 – verlautbart am 2. September 2020 – wurden die Grenzwerteverordnung 2018 – GKV
  2018 und die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz – VGÜ 2017 novelliert.
  Neben einem neuen Titel der Verordnung, Grenzwerteverordnung 2020 – GKV, wurde der Grenzwert
  für Quarzfeinstaub um zwei Drittel gesenkt, von 0,15 mg/m³ MAK-Wert auf 0,05 mg/m³ MAK-Wert als
  Tagesmittelwert. Zusätzlich wurde Quarzfeinstaub als eindeutig krebserzeugend eingestuft. Gleichzeitig
  wurde die VGÜ in Bezug auf alveolengängigen Quarzstaub angepasst.

  Grundsätzlich sind bei Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch alveolengängigen
  Quarzfeinstaub die Bestimmungen zum Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen gemäß ASchG
  maßgebend. Da es für Quarzfeinstaub eine Reihe von abweichenden Vorgaben zu anderen kanzerogenen
  Arbeitsstoffen gibt, werden im Folgenden nur die wesentlichen Punkte zusammengefasst.

  Auswahl an gesetzlichen Bestimmungen, die näher erläutert werden:
  1.    Meldung (§ 42 Abs. 5 ASchG, § 13 GKV)
  2.    Substitution (§ 42 ASchG)
  3.    Grenzwertvergleichsmessungen gemäß 5. Abschnitt GKV (§ 28 und 29 GKV)
  4.    Nachhaltige Einhaltung des Grenzwertes gemäß GKV (0,05 mg/m³ MAK)
  5.    Eignungs- und Folgeuntersuchungen gemäß § 2 Abs. 1 VGÜ (siehe Novellen zu GKV und VGÜ 2020)
  6.    Verzeichnis der exponierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 47 ASchG)
  7.    Schutz- oder Arbeitskleidung (§ 14 GKV)
  8.    Luftrückführung (§ 15 GKV)
  9.    Prüfungen (§ 32 GKV)
  10.   BauKG (§ 7 BauKG)
  11.   Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. f KJBG-VO)
  12.   Mutterschutzgesetz (§ 4 Abs. 2 Z 4 MSchG)
  13.   Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – Atemschutz (§ 15 PSA-V)

3.1 Erläuterungen
Meldung an das zuständige Arbeitsinspek-                 Gärtnerinnen und Gärtner, Steinmetzbetriebe/Grab-
torat – § 42 Abs. 5 ASchG und § 13 GKV                   steinerzeugung usw., bei denen auch schon bisher
                                                         Quarzfeinstaub entstanden ist. Selbiges gilt auch für
Nachdem es sich bei Quarzfeinstaub um einen Ar-          Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Sportplät-
beitsstoff handelt, der auf Baustellen und im Bergbau    ze (Reitplätze) und Wege benutzen.
schon lange in Verwendung steht, handelt es sich
um keine beabsichtigte erstmalige Verwendung.            Ersatz und Verbot von gefährlichen
Eine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat        Arbeitsstoffen § 42 ASchG
ist daher nicht erforderlich. Dies trifft auch auf neu
gegründete Unternehmen zu, deren Geschäftszweige         Soweit es Bauprodukte, Zuschlagstoffe oder andere
Tätigkeiten auf Baustellen beinhalten. Somit besteht     Erzeugnisse gibt, die keinen oder nur in geringem
für Unternehmen, bei denen aufgrund der Wirt-            Anteil Quarzfeinstaub enthalten, sind diese Produkte
schaftsklasse bereits vermutet werden kann, dass         aufgrund des Substitutionsgebotes zu verwenden. Es
diese den kanzerogenen Arbeitsstoff Quarzfeinstaub       sind alle Verfahren, die Quarzfeinstaub oder Staub im
verwenden werden, keine Meldeverpflichtung.              Allgemeinen erzeugen, durch Verfahren zu ersetzen,
                                                         bei denen kein Staub oder nur in geringerem Ausmaß
Dies gilt auch für andere Wirtschaftszweige und          Staub entsteht und ein gleichwertiges Arbeitsergeb-
Berufssparten wie Zahntechnikerinnen und -techni-        nis erzielt werden kann.
ker, Gießereien, Glaserzeugung, keramische Industrie,

                                                                                                           11
Grenzwertvergleichsmessungen gemäß                       Ex lege bestehen folgende Ausnahmen von den
5. Abschnitt GKV §§ 28 und 29 GKV                        Eignungs- und Folgeuntersuchungen:

Es gibt Listen der Tätigkeiten und Arbeitsverfahren      § 2 Abs. 3 VGÜ:
mit technischen und organisatorischen Maßnahmen              „Eignungs- und Folgeuntersuchungen sind nicht
(= Branchenlösung), für die, aufgrund der Bewertung          erforderlich, wenn die Ermittlung und Beurteilung
nach dem Stand der Technik bei Messergebnissen               der Gefahren (§§ 4 und 41 ASchG) ergibt, dass
vergleichbarer Arbeitsplätze, der Grenzwert für inerte      1. Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen
Schwebstoffe und der Grenzwert für alveolengängigen             sie einer Einwirkung nach Abs. 1 ausgesetzt
Quarzfeinstaub eingehalten werden. www.arbeitsins               sind, im Durchschnitt einer Arbeitswoche
pektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeitsstoffe_mit_eigenen           nicht länger als eine Stunde pro Arbeits-
besonderen_Regelungen/Quarzfeinstaub.html                       tag beschäftigt werden, ausgenommen
                                                                die Einwirkung eindeutig krebserzeugender
Für diese anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsverfah-            Arbeitsstoffe, oder
ren können für die Arbeitsplatzevaluierung jene dort        2. das durchschnittliche tägliche Expositionsaus-
ermittelten Messwerte übernommen werden. Somit                  maß maximal der Hälfte des MAK-Werts
bedarf es bei Umsetzung der Maßnahmen dieser                    (als Tagesmittelwert) entspricht, wobei dies
anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsverfahren von                durch eine repräsentative Messung im Sinne
vergleichbaren Arbeitsplätzen keiner Grenzwertver-              des 5. Abschnittes der Grenzwerteverordnung
gleichsmessungen.                                               2020 (GKV) zu belegen ist.“

Einhaltung des Grenzwertes – GKV                         § 2 Abs. 3a VGÜ und § 8 Abs. 4 GKV:
Anhang I/2020 Stoffliste und Anhang                         „Ungeachtet der Einstufung als eindeutig krebs-
III/2020 C Krebserzeugende Stoffgruppen                     erzeugend gilt für Quarzfeinstaub Abs. 3 Z 1.
                                                            § 2 Abs. 1 ist auf Quarzfeinstaub nicht anzuwen-
und Stoffgemische (Punkt 13) und Ge-                        den, wenn
sundheitsüberwachung am Arbeitsplatz                        1. die Einhaltung des MAK-Wertes durch eine
§ 49 Abs. 1 ASchG und § 2 VGÜ                                   repräsentative Messung im Sinne des 5. Ab-
                                                                schnitts der GKV oder durch Vergleichsdaten
Die Einhaltung des Grenzwertes von 0,05 mg/m³ MAK               im Sinn des Abs. 6 nachgewiesen wird und
gilt als nachgewiesen, wenn technische Maßnahmen            2. die Exposition der Arbeitnehmerinnen und
im Sinne der anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsver-            Arbeitnehmer durch die zu setzenden Schutz-
fahren umgesetzt sind (siehe Branchenlösungen). An-             maßnahmen möglichst niedrig gehalten wird.“
dernfalls sind Grenzwertvergleichsmessungen gemäß
5. Abschnitt GKV 2020 durchzuführen.                     Erläuterung zum ersten Satz in § 2 Abs. 3a VGÜ
                                                         Es sind keine Eignungs- und Folgeuntersuchungen
Für die Gesundheitsüberwachung am Arbeits-               gemäß § 2 Abs. 1 VGÜ erforderlich, wenn die Be-
platz sind folgende Abschnitte zu berücksichti-          schäftigten im Durchschnitt einer Arbeitswoche nicht
gen:                                                     länger als eine Stunde pro Arbeitstag Quarzfeinstaub
                                                         ausgesetzt sind. Die Einhaltung der Expositionsdauer
§ 2 Abs. 1 VGÜ:                                          von einer Stunde ist durch eine nachvollziehbare und
   „Arbeitnehmer/innen dürfen mit Tätigkeiten, bei       plausible Ermittlung und Beurteilung der Gefahren
   denen sie einer der nachstehenden Einwirkungen        (§§ 4 und 41 ASchG) hinsichtlich des Arbeitsberei-
   ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden, wenn         ches/des Arbeitsplatzes erforderlich (siehe Erstellungs-
   vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchun-       hilfe zu Quarzfeinstaub der Arbeitsinspektion):
   gen durchgeführt wurden und bei Fortdauer der         www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits
   Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folge-        stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz
   untersuchungen durchgeführt werden:                   feinstaub.html

     1. Blei, seine Legierungen oder Verbindungen;       Erläuterung zum zweiten Satz in § 2 Abs. 3a VGÜ
     [...]                                               Sobald der Grenzwert dauerhaft unterschritten wird,
     10. Quarz- oder asbesthaltiger Staub oder           sind keine Eignungs- und Folgeuntersuchungen ge-
           Hartmetallstaub;                              mäß § 2 VGÜ erforderlich. Die Einhaltung des Grenz-
     […]                                                 wertes ist entweder mit Grenzwertvergleichsmessun-
     24. Isocyanate.“                                    gen nachzuweisen bzw. kann auch unter Festlegung

12
von technischen und organisatorischen Maßnahmen          Eine Vorlage zur Erstellung des Verzeichnisses der
durch eine Bewertung nach dem Stand der Technik          Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist hier zu
unter Berücksichtigung von Vergleichsdaten ver-          finden:
gleichbarer Arbeitsplätze im Sinne des § 28 Abs. 5       https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/
GKV erfolgen (= Liste der anerkannten Tätigkeiten        Erkennen_und_Beurteilen_von_Arbeitsstoffen/
und Arbeitsverfahren).                                   Erkennen_und_Beurteilen_von_Arbeitsstoffen.
                                                         html#heading_Verzeichnis_der_Arbeitnehmerinnen_
Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben jedoch,       und_Arbeitnehmer
im Sinne des § 5 Abs. 1 VGÜ (entsprechend auch
§ 51 ASchG), dafür zu sorgen, dass sich Arbeitneh-       Eine Ausnahme von der Verpflichtung zum Füh-
merinnen und Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch             ren des Verzeichnisses besteht nicht.
sowohl vor Aufnahme der Tätigkeit als auch bei
Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Abständen        Um aber eine eventuelle Formularflut im Baugewerbe
ärztlichen Untersuchungen unterziehen können.            zu vermeiden, kann folgende Erleichterung bei der
Zusätzlich können gemäß § 8 Abs. 4 GKV Arbeitneh-        Übermittlung des Verzeichnisses angewendet wer-
merinnen und Arbeitnehmer, die einen krebserzeu-         den:
genden Arbeitsstoff verwenden, darauf hingewiesen
werden, dass sie sich nach Beendigung der Exposi-        Aufgrund der gängigen Praxis im Baugewerbe, dass
tion fachärztlichen Gesundheitsuntersuchungen            die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer saisonbe-
so lange unterziehen sollen, wie dies zur Sicherung      dingt bzw. auftragsbedingt gekündigt und danach
ihrer Gesundheit nach Ansicht der untersuchenden         wieder angemeldet werden, soll die Übermittlung
Fachärztinnen oder Fachärzte jeweils erforderlich ist.   des Verzeichnisses an die Unfallversicherungsträger
                                                         (AUVA, BVAEB) nicht bei einer Unterbrechung der
Zur Unterstützung bei der Ermittlung (Evaluierung),      Anstellung erfolgen, sondern erst, wenn eine Ar-
ob untersuchungspflichtige Expositionen vorliegen,       beitnehmerin oder ein Arbeitnehmer tatsächlich und
wird den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern von der       endgültig aus dem Betrieb ausscheidet (z. B. Pensi-
Arbeitsinspektion ein Hilfstool für die Evaluierung,     onierung, Wechsel zu anderer Arbeitgeberin oder
unter Anwendung der Liste der anerkannten Tätigkei-      anderem Arbeitgeber).
ten und Arbeitsverfahren, zur Verfügung gestellt:
www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits        Schutz- oder Arbeitskleidung § 71 Abs. 2
stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz           ASchG und § 14 GKV
feinstaub.html
                                                         Grundsätzlich ist bei Arbeiten mit krebserzeugen-
Umrechnung der Grenzwerte bei verlängerter               den Stoffen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
Arbeitszeit                                              Arbeitskleidung zur Verfügung zu stellen sowie für
                                                         die Reinigung dieser Arbeitskleidung aufzukommen.
Bei längerer Arbeitszeit als der Normalarbeitszeit von   Ebenso muss eine getrennte Aufbewahrungsmöglich-
8 Stunden sind die Grenzwerte gemäß Erlass BMAS-         keit für Arbeits- und Privatkleidung vorhanden sein.
GK-461.308/0002-VII/A/4/2019 vom 15.02.2019
anzupassen – siehe Beispiele im Anhang.                  Nur unter der Bedingung, dass für die betroffe-
                                                         nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine
Verzeichnis der exponierten Arbeitneh-                   Eignungs- und Folgeuntersuchungen gemäß § 49
merinnen und Arbeitnehmer § 47 ASchG                     ASchG bzw. § 2 Abs. 3a VGÜ erforderlich sind und
                                                         die Exposition durch die gesetzten technischen und
Ein Verzeichnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-        hygienischen Schutzmaßnahmen dauerhaft möglichst
nehmer ist gemäß § 47 ASchG zu erstellen und nach        niedrig gehalten wird, entfällt diese Verpflichtung.
Beendigung der Exposition dem zuständigen Unfall-        Diese Maßnahmen sind im Sicherheits- und Gesund-
versicherungsträger (AUVA oder BVAEB) zu übermit-        heitsschutzdokument festzuhalten.
teln, der dieses 40 Jahre aufzubewahren hat. Dies
wird in der Regel bei Beschäftigten des Baugewerbes      Luftrückführung § 15 Abs. 4 GKV
bzw. der Bauindustrie nach dem Ausscheiden der
betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer           Eine Luftrückführung, wie beim Umluftbetrieb einer
aus dem Unternehmen der Fall sein.                       Absauganlage, ist ohne weitere Bedingungen zulässig
                                                         für den Fall, dass der Grenzwert von 0,05 mg/m³
                                                         MAK dauerhaft nicht überschritten wird.

                                                                                                          13
Bei der Belüftung im Tunnelbau handelt es sich in         Bauarbeitenkoordinationsgesetz
den meisten Fällen um keine Luftrückführung gemäß         § 7 BauKG
§ 15 GKV, sondern um ein Mischsystem zwischen
Abluft und einer Zufuhr von frischer, sauberer Luft       Das Thema Staub und im Speziellen Quarzfeinstaub
über die Lutte. Um den Grenzwert dauerhaft einzu-         muss im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (Si-
halten, wären eventuell auch zusätzliche Maßnahmen        Ge-Plan) von der Bauherrin oder vom Bauherrn bzw.
wie eine verstärkte Bewetterung und Zufuhr frischer       der Planungskoordinatorin oder dem Planungskoor-
Zuluft in den Tunnel bzw. Maßnahmen beim Tun-             dinator behandelt werden. Dementsprechend sind
nelverkehr und der Einsatz von staubarmen Arbeits-        konkrete bzw. kollektiv wirkende Maßnahmen für
verfahren – wie Nassbohren, das Abschotten von            Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen
Staubbereichen, von Bereichen ohne Staubbelastung         und Arbeitnehmer im SiGe-Plan festzulegen. Ar-
– durch technische Maßnahmen (Sprühnebelwände             beiten mit Quarzfeinstaubexposition zählen zu den
usw.), die Benetzung einer staubtrockenen Fahrbahn        Arbeiten mit besonderen Gefahren (§ 7 Abs. 2 Z 2
oder durch den Einsatz staubarmer Abbauverfahren          BauKG), da alveolengängiger Quarzfeinstaub ein
festzulegen und umzusetzen.                               eindeutig krebserzeugender Arbeitsstoff ist, für den
                                                          Eignungs- und Folgeuntersuchungen grundsätzlich
Organisatorische Maßnahmen, wie eine Verlängerung         vorgesehen sind.
der Dauer bis zum Betreten der Arbeitsplätze nach Ab-
schlägen im Sprengvortrieb oder staubintensiven Tätig-    Für die Umsetzung der Baustellenrichtlinie 95/57/EWG
keiten durch Arbeitsmittel, wären in die Arbeitsplatze-   auf Tunnelbaustellen wird auf die RVS-Reihe verwie-
valuierung aufzunehmen, wobei neben den Arbeiten          sen: RVS 09.01.51 „Planung und Umsetzung eines
an der Ortsbrust auch alle Arbeitsplätze im Nachlauf      Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzeptes auf Un-
des Vortriebes berücksichtigt werden müssen.              tertagebaustellen“, RVS 09.01.52 „Brandschutz und
                                                          Rettung auf Untertagebaustellen – Vorbeugung und
Abweichend von den anzuwendenden technischen              Vorsorge“ sowie auf den Entwurf zur RVS 09.01.53
Maßnahmen dürfen gemäß § 96 Abs. 8 BauV für               „Untertagebaustellen – Kanzerogene Gefahren auf-
den Fall, dass trotz der technischen Maßnahmen der        grund geogener Strukturen“.
MAK-Wert für Quarzstaub überschritten wird, Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeitsplätze vor        Unabhängig von den Maßnahmen und Pflichten ge-
Ort betreten, wenn sie mit geeigneter Persönlicher        mäß BauKG unterliegen alle Beteiligten am Bau einer
Schutzausrüstung (Atemschutz) ausgerüstet sind.           Koordinationsverpflichtung nach § 8 ASchG.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch              Aufgrund der Einstufung von Quarzfeinstaub als
auf die Vorgaben des BauKG (siehe Punkt 10) und die       eindeutig kanzerogener Arbeitsstoff ist von den
Pflichten der Bauherrinnen und Bauherren.                 Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern eine erhöhte
                                                          Aufmerksamkeit und besondere Beachtung bei der
Prüfungen § 32 GKV                                        Evaluierung der Arbeitsstoffe gefordert. Die Evalu-
                                                          ierung und der SiGe-Plan müssen entsprechend aufei-
Werden Absaug- oder mechanische Lüftungsanlagen           nander abgestimmt werden.
als technische Maßnahmen zur Abführung gesund-
heitsgefährdender Arbeitsstoffe eingesetzt, ist vor der   Beschäftigungsverbote und -beschrän-
Inbetriebnahme ihre Wirksamkeit, bezogen auf die          kungen für Jugendliche § 3 KJBG-VO
zu erwartende Exposition am Arbeitsplatz, durch eine
repräsentative Messung zu belegen.                        Jugendliche dürfen nur beschäftigt werden, wenn
                                                          die Einwirkung in so geringem Ausmaß besteht, dass
Zusätzlich sind Absaug- oder mechanische Lüftungs-        nach arbeitsmedizinischen Erfahrungen keine Schädi-
anlagen oder Absauggeräte mindestens einmal im            gung der Gesundheit zu erwarten ist. Dies ist gege-
Kalenderjahr, jedoch längstens im Abstand von 15          ben, wenn der MAK-Wert nachweislich dauerhaft
Monaten auf ihren ordnungsgemäßen Zustand wie-            durch technische Maßnahmen unterschritten wird.
derkehrend zu überprüfen.
                                                          Jugendliche in Ausbildung dürfen gemäß § 3 Abs. 2
Ausgenommen von diesen Prüfungen sind jedoch              KJBG-VO unter Aufsicht mit Tätigkeiten, bei denen
Industriestaubsauger, die nur zur Abreinigung ver-        kurzfristige Überschreitungen der Quarzfeinstaub-
wendet werden.                                            Exposition bestehen, beschäftigt werden.

14
Mutterschutzgesetz § 4 MSchG                             Besonders hingewiesen wird auf § 4 Abs. 4 PSA-V
                                                         „Arbeitsplatzevaluierung“, wonach den auf Baustel-
Gemäß §§ 4 Abs. 2 Z 4 und 4a Abs. 2 MSchG dürfen         len und auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigten
werdende Mütter und stillende Mütter bei Einwir-         Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Auszug
kung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen,         der auf die Persönliche Schutzausrüstung bezogenen
bei denen eine Gefährdung von Mutter oder Kind           Inhalte des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdoku-
nicht ausgeschlossen werden kann, keinesfalls be-        mentes im für die durchzuführenden Arbeiten erfor-
schäftigt werden.                                        derlichen Umfang zur Verfügung zu stellen ist.

Deswegen ist eine Beschäftigung in Bereichen, in         Auswahl der Filterklasse
denen eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub
gegeben ist, nicht zulässig.                             Die Angaben der Hersteller enthalten für die Auswahl
                                                         von Atemschutzmasken Angaben zu Schutzfaktoren
PSA – Atemschutz § 15 PSA-V                              (Assigned Protection Factor – APF):

Sind alle technischen und organisatorischen Maß-         ƒ FFP-2-Masken dürfen bis zum 10-Fachen des
nahmen zur Minimierung der Staubbelastung                  Grenzwertes eingesetzt werden.
ausgeschöpft und liegt trotzdem eine Grenzwert-          ƒ FFP-3-Masken dürfen bis zum 30-Fachen des
überschreitung vor, so ist verpflichtend Atemschutz,       Grenzwertes eingesetzt werden.
als Persönliche Schutzausrüstung gemäß der PSA-V,
zu verwenden. Zusätzlich sind entsprechende Ein-         FFP-2- oder FFP-3-Masken wären daher in Abhängig-
satzzeitenbeschränkungen und Pausen, z. B. gemäß         keit von der errechneten bzw. gemessenen Exposition
DGUV-Regel 112-190 „Benutzung von Atemschutz-            zu wählen (10-facher oder 30-facher Grenzwert).
geräten“, zu berücksichtigen und festzulegen. Bei
langer Tragedauer sollte gebläseunterstützter Atem-
schutz verwendet werden. Bei Filtermasken sollte ein
Ausatemventil vorhanden sein.

 Beispiel für die Ermittlung der erforderlichen Filterklasse

  Bohren in Beton ohne technische Maßnahmen

  Der Messwert der Quarzstaubkonzentration (2,15 mg/m³) ist der Branchenlösung (Bewertung nach dem
  Stand der Technik von vergleichbaren Arbeitsplätzen) entnommen.

  Für das Beispiel wird eine Tätigkeitsdauer von 1 Stunde angenommen.

  Der Grenzwert für kristallinen Quarzstaub als Tagesmittelwert beträgt 0,05 mg/m³ in der alveolengängi-
  gen Fraktion.

                              Quarzstaubkonzentration * Dauer der Tätigkeit
  x-Fache des Grenzwertes =
                                   Grenzwert als Tagesmittelwert (8 h)

                            2,15 mg
                              m3     *1 h   2,15*1
  x-Fache des Grenzwertes =               =        = 5,375 ≤ 10 → FFP 2
                               0,05 mg      0,05*8
                                  m3
                                  8h

                                                                                                           15
4       Handlungsanleitungen und
        Praxisbeispiele
Angestrebt werden sollen vor allem technische Lösun-   im Einzelfall je nach Exposition ergänzende Maßnah-
gen, die die gesamte Staubbelastung verhindern oder    men und Anpassungen erforderlich. Diese ergänzen-
zumindest minimieren.                                  den Maßnahmen werden im Anschluss beispielhaft
Zu den Vorschlägen für eine technische Lösung sind     aufgezählt.

4.1 Beispiel: Stemmarbeiten im Innenraum
Ohne Maßnahmen ergeben sich aus der Be-                Vorabscheider sind eine Ergänzung für Entstauber
wertung vergleichbarer Arbeitsplätze folgende          bei längerem Einsatz von Handmaschinen oder beim
Richtwerte: „Stemmen, Meißeln, Abbruch ohne            Anfall größerer Staubmengen in kurzer Zeit. Durch
Absaugung A: 9,28 mg/m³, Q: 0,82 mg/m³“                den Einsatz eines Vorabscheiders gelangt nur noch
                                                       wenig Staub in den Entstauber. Dadurch wird ein
Durch den Einsatz von abgesaugten, handgeführten       Zusetzen der Filter über längere Zeit effektiv verhin-
Abbruchgeräten sowie den Einsatz von Bauentstau-       dert. Die Wartungsintervalle können deutlich erhöht
bern im Rauminneren mit entsprechender Frischluft-     werden. Vorabscheider arbeiten z. B. mit Zyklonen,
zufuhr können die Grenzwerte für E-Staub, A-Staub      die den Staub durch die auftretenden Zentrifugalkräf-
und Q-Staub eingehalten werden. Zusätzlich sind        te und die Schwerkraft abscheiden.
nach Beendigung der Arbeiten Nassreinigungsverfah-
ren oder Staubsauger mit Zyklonvorabscheidern zu       Entstauber/Staubsauger sind mobile Sicherheits-
verwenden.                                             sauger (Nass-/Trockensauger) für die Arbeit mit
                                                       Stäuben der Klasse M (z. B. Quarzstaub, Holzstaub).
                                                       Staubsauger dienen ausschließlich zum Aufsaugen
                                                       von abgelagertem Staub auf Boden-, Wand- und De-
                                                       ckenflächen sowie zur Reinigung von Werkstücken.
                                                       Entstauber dienen dagegen (auch) zum Absaugen
                                                       von Hand-, Elektro- oder Pneumatikwerkzeugen.
                                                       Dazu besitzen die Entstauber eine Warneinrichtung,
                                                       die bei nachlassendem Volumenstrom ein akustisches
                                                       Signal gibt (weitere Hinweise finden Sie in der DGUV-
                                                       I 209 -084).

Abb. 11: Abbrucharbeiten mit einem handgeführten       Abb. 12: Bauentstauber außerhalb des Arbeitsraumes
abgesaugten Bohrhammer                                 mit entsprechender Frischluftzufuhr über das Fenster

16
Das Abblasen mit Druckluft sowie das Kehren ohne
                                                      staubbindende Maßnahmen ist zu vermeiden, daher
                                                      sind Entstauber die einzige Alternative zu einer
                                                      Nassreinigung. Im Zweifelsfall sollte man sich zur An-
                                                      schaffung eines Entstaubers entschließen, da dieser
                                                      universell verwendet werden kann.

                                                                 Auf der Liste der Bau-Entstauber findet
                                                                          sich auch eine Liste größerer
                                                                             Sauggarnituren, die zur Flä-
                                                                             chenreinigung geeignet sind,
                                                                             aber auch etwas gröberen Bau-
                                                                             stellenschmutz bewältigen.

                                                                            Zur Information wird bei der
                                                                            Anschaffung von Entstaubern
                                                                            auf die Positivliste der BG BAU
                                                                            hingewiesen: www.bgbau.de/
                                                                            service/angebote/arbeitsschutz
                                                                            praemien/praemie/bau-entstau
                                                                            ber/

                                                      Abb.13: Kombination von abgesaugtem, hand-
                                                      geführtem Arbeitsmittel und Bauentstauber

4.2 Beispiel: Steinmetzarbeiten und Naturstein-
    bearbeitung
Ziel bei der Bearbeitung von Naturstein ist, wie      Mineralische Stäube werden insbesondere in hö-
dieses Beispiel zeigt, den Grenzwert von 0,05 mg/     herem Maße freigesetzt, wenn bei der Naturstein-
m³ für Quarzfeinstaub bei einer größeren Anzahl von   bearbeitung in Werkstätten mit schnell laufenden
Einzeltätigkeiten mit handgeführten Arbeitsmitteln    Handmaschinen ohne Absaugung an der Maschine
einzuhalten.                                          gearbeitet wird bzw. wenn bei der Bearbeitung ge-
                                                      nerell keine Absaugungen wie Absauganlage, -wand
                                                      oder -tisch verwendet werden.

                                                      Die Weiterentwicklung und Abstimmung der Ge-
                                                      rätetechnik, insbesondere der Stauberfassung und
                                                      Abscheidung, hat in den vergangenen Jahren Fort-
                                                      schritte bei handgeführten Arbeitsmitteln erzielt,
                                                      bei denen früher regelmäßig hohe Expositionen der
                                                      Bedienerinnen und Bediener zu verzeichnen waren.

                                                        Beim Trockenschneiden bzw. Arbeiten am
                                                        Objekt in einer nicht abgesaugten Steinmetz-
                                                        kabine und ohne Absaugung an der handge-
                                                        führten Trenn- oder Schleifmaschine werden
Abb. 14: Bearbeitung von Naturstein mit handgeführ-     die Grenzwerte mit Sicherheit überschritten.
ter, abgesaugter Schleifmaschine

                                                                                                         17
Abb. 15: Handgeführte Trennmaschine mit                 Abb. 16: Nachrüsthaube für Handtrenn-Schleifmaschi-
Absaugung                                               nen verschiedener Hersteller

Im Gegensatz dazu wird durch den Einsatz einer          (bei halber Füllhöhe) zu leeren sowie alternativ eine
Steinmetzkabine mit vertikaler/schräger Durchlüf-       Absaugung über Vorabscheider anzuwenden.
tung und abgesaugter Handtrenn-Schleifmaschine
eine Exposition unterhalb des Grenzwertes erreicht.     Durch Wahl einer Kabine oder durch die Anordnung
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, das Material nass   seitlicher Abschottungen an Absaugwänden kann
zu halten, die Entstauber rechtzeitig                   auch der Einfluss von Querströmungen (z. B. durch
                                                               Wind aus offenen Toren) auf die Luftwalze
                                                                  verringert werden. Querströmungen können
                                                                   die Luftwalze unterbrechen und somit den
                                                                   Stofftransport auf die Ansaugöffnung der
                                                                   Absaugwand beeinträchtigen.

Abb. 17: Steinmetzkabine mit Rückluftführung außerhalb der Kabine, Luftzuführung über offene Frontöffnung

18
4.3 Beispiel: Asphalt-Großfräsen Absaugung
    und Nassverfahren

Abb. 18: Abtragen der oberen Fahrbahnschichten mittels Asphalt-Großfräse

Im Straßenbau werden heute immer Fräsverfahren           Beim Einsatz einer Großfräse mit Staubabsaugung
eingesetzt, um die oberste Schicht (Verschleißschicht)   werden folgende verbesserte Staubwerte erzielt: A-
abzutragen oder um die obere Tragschicht zu entfer-      Staub von 0,58 bis 0,89 mg/m³ und Quarz-Staub von
nen und zu erneuern. Dazu werden mobile Bauma-           0,063 bis 0,124 mg/m³.
schinen zum schichtweisen Abtragen von befestigten
Verkehrsflächen eingesetzt, sogenannte Straßenfräsen.    Um eine zufriedenstellende Lösung hinsichtlich der
                                                         Quarz-Staub-Belastung zu erreichen, sind entspre-
  Beim Fräsen von Asphalt ohne Absaugung                 chende Zusatzmaßnahmen wie ein Nassbetrieb oder
  und ohne Wasserberieselung werden nach der             Einsatzzeitenbeschränkungen vorzusehen. Wie man
  Bewertung von Messergebnissen vergleichbarer           beim Einsatz von Großfräsen sieht, müssen meistens
  Arbeitsplätze bei A-Staub Staubgrenzwerte von          mehrere Maßnahmen gesetzt werden.
  26,24 mg/m³ bzw. bei Quarz-Staub Staubgrenz-
  werte von 4,44 mg/m³ erreicht. Die Grenzwerte
  werden somit weit überschritten.

4.4 Ergänzende Maßnahmen
Staubarme Arbeitsverfahren                               ƒ die freie Fallhöhe bei Aufschüttungen, Halden und
                                                           Übergabestellen von Förderbändern so gering wie
Eine Verringerung der Staubbelastung wird z. B.            möglich gehalten wird,
dadurch erreicht, dass                                   ƒ beim Befüllen von Silos das Austreten von Stäuben
ƒ staubförmige Materialien in der Nähe von Arbeits-        verhindert wird,
   plätzen nicht offen gelagert oder umgesetzt werden,   ƒ Förderbandübergabestellen mit starker Staubent-

                                                                                                         19
wicklung mit einer Staubabsaugung oder Wasser-      ƒ Fußböden und Oberflächen leicht zu reinigen sind
    berieselung ausgerüstet werden,                       und
ƒ   Nass- oder Feuchtbearbeitungsverfahren anstel-      ƒ Arbeitsräume mit unterschiedlichen Staubkonzent-
    le von Trockenbearbeitungsverfahren eingesetzt        rationen durch bauliche Maßnahmen voneinander
    werden,                                               getrennt sind.
ƒ   stark staubende Rohstoffe, Produkte und Abfälle
    wie etwa pulverförmige Produkte in geschlossenen    Reinigung der Betriebseinrichtungen
    Systemen gelagert und transportiert werden (z. B.
    Lagerung in geschlossenen Silos, geschlossenen      Die Staubminderung beim Reinigungsvorgang wird
    Säcken, Big Bags, abgedeckten Containern, Förde-    z. B. erreicht, wenn
    rung in geschlossenen Rohrleitungen),               ƒ fest installierte Staubsauganlagen, Staub beseiti-
ƒ   stark staubende Rohstoffe, Produkte und Abfälle        gende Maschinen oder Geräte verwendet werden,
    feucht gehalten werden                              ƒ feucht gewischt oder nass gereinigt wird,
ƒ   bei Spritzbetonarbeiten Verfahren mit geringer      ƒ beim Kehren das Kehrgut ausreichend mit Binde-
    Staubfreisetzung gewählt werden, z. B. Nass-           mittel (wie Wasser, Magnesiumchlorid) versetzt
    Spritzverfahren,                                       wird und
ƒ   bei Strahlarbeiten Verfahren mit geringer Staub-    ƒ befestigte Verkehrswege mit Kehrmaschinen
    freisetzung gewählt werden, z. B. Nass- oder           gekehrt werden und dabei das Kehrgut aufgenom-
    Feuchtstrahlverfahren,                                 men wird.
ƒ   bei Abbrucharbeiten die Arbeitsstelle mit Wasser
    befeuchtet wird,                                    Organisatorische Maßnahmen
ƒ   Auffangvorrichtungen für Abfallmaterial beim Ver-
    arbeiten von keramischen Massen, z. B. ablaufen-    ƒ Arbeitsabläufe und Gewerke sind so zu koordinie-
    der Schlichte oder Pressgranulat, vorhanden sind,     ren, dass staubarm gearbeitet werden kann und
ƒ   grobspanende Fertigungsverfahren angewendet           Dritte nicht gefährdet werden.
    werden.                                             ƒ Arbeiten mit hoher Staubentwicklung sind durch
                                                          Abschottungen oder lüftungstechnische Maßnah-
Maschinen und Geräte                                      men von anderen Bereichen abzutrennen.
                                                        ƒ Für gute Durchlüftung ist zu sorgen.
Die Staubreduktion wird z. B. erreicht durch Verwen-    ƒ Die Arbeitshygiene (z. B. Essen, Trinken, Rauchen
dung von Maschinen und Geräten,                           nicht im Arbeitsbereich) ist einzuhalten.
ƒ deren Emissionsrate dem Stand der Technik ent-        ƒ Für Information und Unterweisung der Mitarbeite-
  spricht,                                                rinnen und Mitarbeiter ist zu sorgen.
ƒ deren Staubquellen gekapselt sind,                    ƒ Die Einsatzzeiten sind zu beschränken.
ƒ bei denen der Staub an Arbeitsöffnungen, Entste-
  hungs- oder Austrittsstellen abgesaugt wird,          Persönliche Maßnahmen
ƒ die verkleidet sind und
ƒ bei denen durch Benetzen oder Wasserzuführung         ƒ Als Atemschutz sind Halbmasken mit P2/P3-Filtern
  eine ausreichende Staubminderung erreicht wird.         bzw. FFP-Masken zu verwenden.
                                                        ƒ Die DGUV-Regel 112 190 „Benutzung von Atem-
Eine weitere Staubreduktion wird erreicht                 schutzgeräten“ ist zu beachten.
ƒ durch den Einsatz von geschlossenen anstelle von      ƒ Die Tragezeitbegrenzung und Erholungsdauer
   offenen Fördermitteln,                                 sowie die Zahl der Einsätze pro Arbeitsschicht bzw.
ƒ durch Vermeidung offener Materialübergabestellen        die Anzahl an Arbeitsschichten pro Woche sind zu
   und                                                    berücksichtigen.
ƒ indem Maschinen und Geräte im Unterdruck be-          ƒ Prüfungen des Atemschutzes gemäß PSA V sind
   trieben werden.                                        durchzuführen.
                                                        ƒ Bei häufiger, länger andauernder Verwendung von
Arbeitsräume                                              Staubmasken sollte weniger belastender Atem-
                                                          schutz, z. B. eine gebläseunterstützte Frischluft-
Arbeitsräume, in denen Staub auftreten kann, sind so      haube, verwendet werden.
zu gestalten, dass
ƒ Wände und Decken zur Vermeidung von Stauban-
  haftung glatt sind,
ƒ Ablagerungsflächen für Staub vermieden werden,

20
5        Anhang: Expositionsberechnung
Es ist möglich, die Exposition selbst zu be-            Dabei ist
rechnen. Dazu werden die Konzentrations-                ci		 ein Messwert (die Konzentration, die eine
werte bei den Tätigkeiten mit der jeweili-                   Exposition der Höhe nach beschreibt);
gen Dauer dieser Tätigkeiten multipliziert
und durch die acht Stunden (Normalarbeits-
                                                        ti		 die zugehörige Expositionsdauer in Stunden;
zeit) dividiert.

Der zeitlich gewichtete 8-Stunden-Mittelwert kann            die Schichtlänge in Stunden.
mathematisch dargestellt werden als:

5.1 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem
    8-Stunden-Arbeitstag (= 8-Stunden-Mittelwert)
Die Arbeitszeit lässt sich in mehrere Abschnitte mit verschiedenen Tätigkeiten und somit Konzentrationen von
Quarzfeinstaub unterteilen, denen die Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer ausgesetzt sind:

                                                            Konzentration             Expositionsdauer
      Zeitabschnitt                 Tätigkeit
                                                              in mg/m3                      in h

     08:00 bis 10:00                Schleifen                     0,48                        2,0
     10:00 bis 12:30                 Bohren                       0,10                        2,5
     14:10 bis 15:40                Reinigen                      0,20                        1,5
     16:00 bis 18:00                Kontrolle                    0,125                        2,0
Tabelle 1: Expositionen gegenüber Quarzfeinstaub bei verschiedenen Tätigkeiten während eines Arbeitstages
(Expositionsdauer beträgt insgesamt 8 Stunden).

Für die Zeitabschnitte zwischen den Tätigkeiten wurde die Konzentration mit null festgelegt, da in einem
Arbeitsbereich (Büro, Kabine etc.) ohne Belastung gearbeitet wurde.

Der zeitlich gewichtete 8-Stunden-Mittelwert beträgt:

                                                                                                           21
5.2 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem
    12-Stunden-Arbeitstag (= 12-Stunden-Mittelwert)
    und zugehörigem zeitbezogenen Grenzwert

                                                            Konzentration             Expositionsdauer
      Zeitabschnitt                 Tätigkeit
                                                              in mg/m3                      in h

     06:00 bis 12:00                Schleifen                     0,25                        6,0
     13:00 bis 17:00                 Bohren                       0,05                        4,0
     17:00 bis 19:00                 Reinigen                     0,11                        2,0
Tabelle 2: Expositionen gegenüber Quarzfeinstaub bei verschiedenen Tätigkeiten während eines Arbeitstages
(Expositionsdauer beträgt insgesamt 12 Stunden).

Der zeitlich gewichtete 12-Stunden-Mittelwert für die Exposition beträgt:

Da die Grenzwerte in der GKV für einen 8-Stunden-Arbeitstag festgelegt wurden, muss der Grenz-
wert bei einer längeren Exposition (z. B. über 12 Stunden) auf diesen Zeitraum umgerechnet werden.
Es muss also ein zeitbezogener, reduzierter Grenzwert berechnet werden.

Berechnung des zeitbezogenen Grenzwertes

Berechnet man mithilfe der Arbeitszeit den Reduktionsfaktor (RF) und multipliziert damit den Grenzwert von
Quarzfeinstaub (0,05 mg/m³), so erhält man den auf die jeweilige Arbeitszeit bezogenen, reduzierten Grenzwert.

Reduktionsfaktor

         Arbeitszeit in h                           RF                   reduzierter Grenzwert in mg/m³
                   8                               1,00                          0,05 * 1,00 = 0,050
                   9                               0,83                          0,05 * 0,83 = 0,042
                10                                 0,70                          0,05 * 0,70 = 0,035
                11                                 0,59                          0,05 * 0,59 = 0,030
                12                                 0,50                          0,05 * 0,50 = 0,025
Tabelle 3: Berechnung des Grenzwertreduktionsfaktors

Das heißt, bei einem 12-Stunden-Arbeitstag gilt für Quarzfeinstaub ein Grenzwert von 0,025 mg/m³.
Mit diesem errechneten zeitbezogenen Grenzwert ist der Expositionswert (in unserem Beispiel
0,16 mg/m3) zu vergleichen.

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6       Literaturhinweise und Informationsquellen
ƒ ASchG ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

ƒ GKV Grenzwerteverordnung

ƒ VGÜ Verordnung Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz

ƒ Arbeitsinspektion
  www.arbeitsinspektion.gv.at

ƒ AUVA-Merkblatt M.plus 225 „Abbrucharbeiten“ und
  AUVA-Merkblatt M.plus 340.6 „Krebserzeugende Arbeitsstoffe auf Baustellen“
  www.auva.at/merkblaetter

ƒ BG Bau Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Deutschland
  www.bgbau.de und www.staub-war-gestern.de

ƒ European Network for Silica
  www.nepsi.eu

ƒ IFA-Arbeitsmappe 8522 Quarz
  https://www.ifa-arbeitsmappedigital.de

ƒ Quarzexpositionen am Arbeitsplatz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung im BGIA-Report 8/2006
  www.dguv.de/medien

ƒ Rühl, Reinhold: Staub auf Baustellen. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2018

ƒ Technische Regel CEN/TR 15230 „Arbeitsplatzatmosphäre – Leitfaden zur Probenahme der einatembaren,
  thorakalen und alveolengängigen Aerosolfraktion“

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