Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff - M plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
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M·plus 340.12 SICHERHEIT KOMPAKT Infos für fte krä Führungs n Das Plus a ! Sicherheit Quarzstaub als krebserzeugender Arbeitsstoff Sicherheitsinformation für Führungskräfte www.auva.at
Der AUVA-Präventionsschwerpunkt 2018 bis 2020 „Gib Acht, Krebsgefahr!“ zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen schließt an die Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – Gefährliche Substanzen erkennen und handhaben“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) an. Die Inhalte dieser Informationsunterlage wurden mit der Arbeitsinspektion abgestimmt. www.healthy-workplaces.eu 2
Inhalt Vorwort 4 1 Quarz und seine Verwendung 4 1.1 Was ist Quarz? 4 1.2 Vorkommen und Verwendung 5 1.3 Analyse und Messungen 5 2 Gesundheitsgefährdung durch Quarzstaub 8 2.1 Durch Quarzstaub verursachte Berufskrankheiten 9 2.2 Untersuchungspflicht bei beruflicher Quarzstaubbelastung 10 3 Gesetze und Vorschriften 11 3.1 Erläuterungen 11 4 Handlungsanleitungen und Praxisbeispiele 16 4.1 Beispiel: Stemmarbeiten im Innenraum 16 4.2 Beispiel: Steinmetzarbeiten und Natursteinbearbeitung 17 4.3 Beispiel: Asphalt-Großfräsen Absaugung und Nassverfahren 19 5 Anhang: Expositionsberechnung 21 5.1 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 8-Stunden-Arbeitstag (= 8-Stunden-Mittelwert) 21 5.2 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 12-Stunden-Arbeitstag (= 12-Stunden-Mittelwert) und zugehörigem zeitbezogenen Grenzwert 22 6 Literaturhinweise und Informationsquellen 23 Redaktionsschluss: 08.04.2021 3
Vorwort Aufgrund der letzten gesetzlichen Änderungen in den Arbeitsstoff findet sich in diesem Merkblatt eine Bezug auf Quarzfeinstaub (GKV, VGÜ) und der damit Übersicht über quarzrelevante Themen sowie eine einhergehenden Neueinstufung als krebserzeugen- Zusammenfassung der erforderlichen Maßnahmen. 1 Quarz und seine Verwendung 1.1 Was ist Quarz? Abb. 2: Bergkristall Abb.1 Struktur eines Quarzkristalls Abb. 3: Gestein mit Quarz- schichten Viele Gesteine und Mineralien enthalten Quarz. Quarzhaltiger Staub Quarz ist ein Silikat bestehend aus Kristallen in Tetra- ederform. Diese charakteristische gitterförmige Struk- Von quarzhaltigem Staub spricht man, wenn neben tur der Kristalle ergibt sich durch die Anordnung von dem kristallinen Quarzteilchen auch andere Stäube vier Sauerstoffatomen um jeweils ein Siliciumatom. vorhanden sind. Bei diesen Mischstäuben kann der Quarzanteil stark variieren. Quarz in seiner reinen Form ist durchsichtig (Berg- kristall), kann aber durch Ioneneinschlüsse färbig sein Quarzfeinstaub (Amethyst, Rosenquarz, Rauchquarz usw.). Kristallines Siliciumdioxid (Quarz, SiO2) in der alveo- Bei der Be- und Verarbeitung quarzhaltiger Gesteine lengängigen Staubfraktion (A-Staub) wird als Quarz- entsteht Staub unterschiedlicher Menge und Korn- feinstaub mit einer durchschnittlichen Teilchengröße größe. Für eine Risikobewertung ist es notwendig zu von unter 4 µm (vier Tausendsteln Millimetern = 0,004 untersuchen, ob der entstehende Staub quarzhaltig mm) bezeichnet. Dieser Feinstaub ist mit freiem Auge (quarzhaltiger Staub) ist und ob die Partikel (Quarz- nicht sichtbar. Das Siliciumdioxid kann dabei in den feinstaub) klein genug sind, um tief in die Lunge, bis Modifikationen Quarz, Cristobalit oder Tridymit auf- in die Alveolen (Lungenbläschen), einzudringen. treten. Kristallines Siliciumdioxid wird – neben Quarz – auch als freie kristalline Kieselsäure bezeichnet. 4
Amorphe Kieselsäuren Kieselgur In diesen Kieselsäuren ist ebenfalls Siliciumdioxid Dieser besteht aus amorphem, natürlichem Silicium- (SiO2) enthalten, allerdings nicht in kristalliner, dioxid aus abgelagerten Kieselalgenskeletten. Je nach sondern in amorpher Form. Die feinen Partikel des Lagerstätte kann ungebrannter Kieselgur Anteile von amorphen Siliciumdioxids haben nicht die schädigen- Quarz (kristallinem Siliciumdioxid) aufweisen. Wird de Wirkung auf das Lungengewebe (Silikose) wie die Kieselgur gebrannt, entsteht auch Cristobalit in rele- Partikel des kristallinen Siliciumdioxids (Quarz). vanten Mengen. 1.2 Vorkommen und Verwendung Quarz ist das zweithäufigste Mineral der Einige Haupteinsatzgebiete: Erdoberfläche/-kruste und in nahezu jeder Gesteins- Füllstoff in der Gummi-, Kunststoff- und Farbin- art zu finden. Genauso häufig wie das Vorkommen dustrie ist seine Verwendung als wichtiger Rohstoff für die Glasindustrie als Glasschmelzsand Herstellung unzähliger Produkte. Filtersand Gießerei-Industrie als Gießereisand Einige typische Eigenschaften von Quarz: Rohstoff für die Herstellung unterschiedlicher Pro- chemisch inert dukte in der Bauindustrie (z. B. Ziegel, Mörtel …) hoher Schmelzpunkt chemische (Herstellung von Wasserglas) und kera- hart (Mohshärte 7) mische Industrie (Trocknungs- und Brennschwund) sprödes Bruchverhalten Elektronik-Industrie (Schwingquarz) starker piezoelektrischer Effekt optische Eigenschaften 1.3 Analyse und Messungen Analyse mit dem Röntgendiffrak- tometer Die Bestimmungsmethode beruht auf dem charakte- ristischen Beugungsverhalten von Röntgenstrahlen an den Kristallflächen des Quarzes. Die Auswertung wird durch das gleichzeitige Vorhan- densein von verschiedenen Mineralien erschwert. Es kann zu Interferenzüberlagerungen durch Fremdmi- nerale kommen. Insbesondere Kalkspat, Dolomit, Hä- matit, Kohlenstoff und Glimmer schaffen ungünstige Voraussetzungen bei der Auswertung der Quarzinter- ferenzen. Fehler, die sich dadurch ergeben können, werden einerseits durch die thermische Vorbehand- lung des Feinstaubes, andererseits in weiterer Folge durch die Behandlung mit Salzsäure minimiert. Allgemeines Für die Quarzgehaltbestimmung bieten sich die drei stärksten Quarzinterferenzen an: d = 334,3 pm/Beugungswinkel 31° d = 426 pm/Beugungswinkel 24° d = 181,7 pm/Beugungswinkel 59° Abb. 4: Röntgendiffraktometer(RDM) 5
Für die quantitative Auswertung muss die drittstärks- te Interferenz (d = 181,7 pm/59°) herangezogen Die Nachweisgrenze der Bestimmung von werden. Quarz-A-Staub-Konzentrationen (alveolen- gängigem Staub) bei Arbeitsplatzmessungen Für die Cristobalitbestimmung werden folgende zwei wird außer durch die Probenahmebedingun- Interferenzen verwendet: gen wesentlich durch die A-Staub-Konzentra- d = 404,6 pm/Beugungswinkel ca. 25,5° tion bestimmt. d = 284,5 pm/Beugungswinkel 32° Die Nachweisgrenze kann nicht niedriger sein als ein Hundertstel der A-Staub-Konzentra- Die quantitative Auswertung erfolgt anhand von Ka- tion im zu beurteilenden Arbeitsbereich. Die librierungskurven. Die Peakhöhe und die Peakfläche real erreichbare Nachweisgrenze liegt des- der Interferenz werden gegen die Quarzfeinstaub- halb bei etwa 0,015 mg/m3. Unterhalb dieses masse aufgetragen. Wertes liegt die ubiquitäre bzw. außerberuf- liche Quarzbelastung im Bereich von etwa Proben und Standards werden beim selben Beu-
Abb. 8: Quarzsand nach dem Auspacken des Gussteiles nach dem Sandgießen Konzentration und Exposition Ermittlung der Exposition am Arbeitsplatz Wenn man Konzentrationswerte für einzelne Tätig- Um eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch keiten gefunden, oder noch besser, gemessen hat, Arbeitsstoffe abschätzen zu können, sind sowohl die gilt es, die Exposition der Mitarbeiterin bzw. des Konzentration als auch die Exposition für eine Beur- Mitarbeiters zu bestimmen. Dazu gibt es ein Berech- teilung heranzuziehen: nungstool der Arbeitsinspektion: www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits Die Konzentration gibt den gemittelten Gehalt des stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz gesuchten Arbeitsstoffes während des Messvor- feinstaub.html ganges an. Unter Exposition versteht man vereinfacht die Die Grenzwerte in der Grenzwerteverordnung (GKV) Summe der einzelnen Konzentrationen, denen eine sind in der Regel auf einen Achtstundentag ausge- Person im Laufe eines Arbeitstages ausgesetzt ist. legt. Sollte die Arbeitszeit mehr als acht Stunden betragen, ist der Grenzwert auf diese Arbeitszeit Weiterführende Informationen und Daten finden Sie umzurechnen. u. a. hier: www.staub-war-gestern.de Die Website der BG Es ist möglich, die Exposition selbst zu berechnen. Bau bietet eine Sammlung von Messergebnissen Dazu werden die Konzentrationswerte bei den Tä- von möglichen Quarzstaubkonzentrationen bei tigkeiten mit der jeweiligen Dauer dieser Tätigkeiten bestimmten Tätigkeiten. Es werden Downloads mit multipliziert und durch die acht Stunden (Normalar- Handlungshilfen für mehrere Branchen zur Verfü- beitszeit) dividiert. Ein Berechnungsbeispiel findet gung gestellt. sich im Anhang. BGIA-Report 8/2006 „Quarzexpositionen am Arbeitsplatz“, Deutsche Gesetzliche Unfallver- sicherung Als Merksatz gilt: Viel sichtbarer Staub be- In diesem Report, einsehbar unter www.dguv.de/ deutet viel alveolengängiger Staub! Wenig medien, findet man vielfältige Informationen sowie sichtbarer Staub bedeutet wenig alveolen- Expositionsdaten. gängiger Staub! Rühl, Reinhold: Staub auf Baustellen. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2018 Das Buch stellt – wie auch andere Publikationen – Handlungsanweisungen für den Umgang mit Staub bereit. 7
2 Gesundheitsgefährdung durch Quarzstaub Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer Eingeatmete Quarzstaubpartikel werden in den hohen Staubbelastung sind seit vielen Jahrhunderten Alveolen von Alveolarmakrophagen (sogenannten bekannt. Hinweise auf die schlechte Gesundheit und „Fresszellen“) aufgenommen, die beim Versuch, diese geringe Lebenserwartung von Bergleuten finden sich abzubauen, jedoch geschädigt werden und zugrunde bereits in Schriften, datiert weit vor Christi Geburt. gehen. Durch den Untergang der Alveolarmakropha- Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird vom Arzt und gen kommt es zur Freisetzung von Enzymen aus den Philosophen Georg Bauer, genannt Georgius Agricola, „Verdauungsorganellen“ der Makrophagen. Das führt in seinem Werk „De Re Metallica“ (1556)1 konkret wiederum zu einer chronischen Reizung des umge- Staub als Auslöser für „[…] schweres Atmen, von benden Bindegewebes und zu einer Vermehrung Lungengeschwüren und Schwindsucht […]“ genannt der Bindegewebszellen. Es werden immer weitere sowie auf die Übersterblichkeit aufgrund von Lun- „Fresszellen“ angelockt, so dass dieser Entzündungs- generkrankungen bei Bergarbeitern hingewiesen. Die und Umbauprozess auch nach Wegfall der Exposition Mineralstaub-Pneumokoniose („Staublunge“ verur- fortschreitet. sacht durch mineralische Stäube) ist somit zweifellos die älteste Berufskrankheit der Menschheit. Der Schweregrad der Gewebsveränderungen geht von dezenten Veränderungen über Ausbildung Jeglicher Staub in der Atemluft stellt eine Belastung für vereinzelter Knoten hin zu ausge- die Atemwege und die Lunge dar. Der Respirationstrakt dehnten Schwielen des verfügt über spezielle Reinigungsmechanismen, um ein- geatmete Staubpartikel, Viren oder Bakterien unschäd- lich zu machen, d. h. aus der Lunge zu entfernen oder abzubauen. Abhängig von der Menge/Konzentration, der Größe, der Materialzusammensetzung der Staub- partikel in der Atemluft, aber auch durch zusätzliche schädigende Einflüsse wie Rauchen oder bestehende Lungenerkrankungen, kann die Möglichkeit zur Selbst- reinigung jedoch nicht ausreichen, um zu verhindern, dass kleinste Partikel bis in die tiefsten Lungenbereiche, die sogenannten Alveolen, vordringen oder sich im Lungengewebe dauerhaft ablagern. Lungenveränderungen, verursacht durch anorgani- sche Stäube, werden als Pneumokoniose („Staub- lunge“) bezeichnet, wobei unterschiedliche Stäube Abb. 9: Die Abbildung zeigt die Röntgenaufnahme unterschiedliche Reaktionsmuster der Lunge verursa- einer Person mit weit fortgeschrittener Silikose. Gut chen können (z. B. Silikose durch quarzhaltigen Staub, erkennbar sind die Verschattungen (die hellen Areale) Asbestose durch asbesthaltigen Staub, Aluminose aufgrund der Bindegewebsvermehrung und Ver- schwielungen in beiden Lungenflügeln. durch aluminiumhaltigen Staub, …). Lungengewebes, die Symptomatik von weitgehender Quarzstaub, der Lungenveränderungen im Sinne Symptomlosigkeit bis zu massiver Beeinträchtigung einer Silikose verursachen kann, wird als silikogen der Atmung mit negativen Auswirkungen auf das bezeichnet. Nur kristallines Siliciumdioxid mit einer Herz-Kreislauf-System. Bis zum Auftreten der ers- durchschnittlichen Partikelgröße kleiner als 4 µm (laut ten klinisch fassbaren Veränderungen (= Latenzzeit) ÖNORM EN 481 Definition für alveolengängigen dauert es oft 10 bis 15 Jahre und länger. Die Infek- Staub) hat diese silikogene Wirkung! tanfälligkeit der Lunge ist bei einer Silikose deutlich erhöht, ebenso das Risiko einer Neuinfektion mit Bei der Silikose handelt es sich um eine Lungenge- Tuberkulose. Durch den chronischen Entzündungs- rüsterkrankung im Sinne eines knötchenförmigen prozess, möglicherweise aber auch durch eine direkte Umbauprozesses des Bindegewebes. genotoxische Wirkung auf Epithelzellen der Lunge kann es zur Entstehung von Lungentumoren kom- 1 Agricola, Georgius: De Re Metallica libri XII. Basel: Froben, 1556 8
men. Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist bei Für alveolengängigen Quarzstaub ist ein Schwellen- bestehender Silikose doppelt so hoch wie bei gesun- wert von 0,05 mg/m³ beschrieben. Wird dieser Wert den Personen. eingehalten, ist das Risiko, eine Silikose zu entwickeln, vernachlässigbar. Selbiges gilt für das Lungenkrebsrisiko. 2.1 Durch Quarzstaub verursachte Berufskrankheiten Definition „Berufskrankheit“ Meldung einer Berufskrankheit Als Berufskrankheiten können Erkrankungen aner- Gemäß § 363 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialver- kannt werden, die in einem zeitlichen, örtlichen und sicherungsgesetzes (ASVG) ist jede Arbeitgeberin ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten und jeder Arbeitgeber, jede Ärztin sowie jeder Arzt Tätigkeit erworben wurden und in der Anlage 1 des verpflichtet, den begründeten Verdacht auf das Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ASVG auf- Vorliegen einer Berufskrankheit an den zuständigen gelistet sind. Unfallversicherungsträger zu melden. Nähere Informationen zur Meldung unter: www.auva.at/bk-meldung Über die Anerkennung einer Berufskrank- heit entscheidet die jeweilige gesetzliche Diese Berufskrankheiten[verdachts]meldung kann Unfallversicherung. auch formlos durch die versicherte Person selbst oder durch Interessensvertretungen erfolgen. Je nach Art und Schwere der Berufskrankheit werden im Falle der Anerkennung von der gesetzlichen Un- In der Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1, ASVG) fallversicherung u. a. Leistungen der Heilbehandlung, werden unter der laufenden Nummer 26 folgende Rehabilitation, Rentenzahlungen an die Erkrankte durch Quarzstaub ausgelöste Erkrankungen unter- bzw. den Erkrankten oder im Todesfall an die Hinter- schieden: bliebenen gewährt. Abb. 10: Anerkannte Fälle von Berufskrankheiten der Ziffern 26a, 26b und 26c in den Jahren 2000 (bzw. 2012) bis 2020. Anmerkungen: Die BK 26c wurde 2012 mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz neu eingeführt. Die Zahlen aus 2020 sind aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie nur bedingt mit den Vorjahren vergleichbar. 9
Berufskrankheit (BK) 26a: Staublungenerkran- Entwicklung quarzstaubassoziier- kungen (Silikose und Silikatose) mit objektiv fest- ter Berufskrankheiten stellbarer Leistungsminderung von Atmung oder Kreislauf Über die letzten Jahre zeigt sich bei der Anzahl der Berufskrankheit (BK) 26b: Staublungenerkran- quarzstaubassoziierten Berufskrankheiten (Ziffer 26) kung in Verbindung mit aktiv fortschreitender ein Abwärtstrend. Dieser ist sicherlich mit den verbes- Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose) serten Arbeitsbedingungen zu erklären. Das Ziel, die Berufskrankheit (BK) 26c: Bösartige Neubildun- Neuerkrankungsrate aufgrund beruflicher Einflüsse gen der Lunge durch die Einwirkung von kristalli- weiter zu senken, muss weiterhin mit großer Konse- nem Siliciumdioxid bei Silikose quenz verfolgt werden! 2.2 Untersuchungspflicht bei beruflicher Quarzstaubbelastung Hinweise: Quarzfeinstaub ist als krebserzeugend einge- Anders als bei anderen laut VGÜ untersuchungs- stuft. Der Grenzwert ist jedoch als MAK-Wert pflichtigen Arbeitsstoffen mit MAK-Wert entfällt die festgelegt und nicht als TRK-Wert, wie bei den Untersuchungspflicht für Quarzfeinstaub (alveolen- meisten anderen krebserzeugenden Arbeits- gängiges kristallines Siliciumdioxid) bereits ab der stoffen. Unterschreitung des MAK-Wertes und nicht erst bei der Unterschreitung von 50 % des MAK-Wertes! Ob Untersuchungspflichten für Mitarbeiterin- nen oder Mitarbeiter bestehen, ergibt sich aus Um die Ausnahme gemäß der Punkte b) und c) in der Evaluierung! Sollte aufgrund der Tätigkeit die Anspruch nehmen zu können, sind zur Expositions- Einhaltung des MAK-Wertes für Quarzstaub (0,05 mg/ minimierung nur technische und organisatorische m3 A als Tagesmittelwert) nicht möglich sein, sind die Maßnahmen zulässig. betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 49 Abs. 1 ASchG und gemäß der zugehörigen Verord- Die Schutzwirkung, die durch die Verwendung der nung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeits- geeigneten Persönlichen Schutzausrüstung gegeben platz (VGÜ) entsprechenden Eignungs- und Folgeunter- ist, ist für die Beurteilung der Untersuchungspflichten suchungen zu unterziehen. laut VGÜ nicht heranzuziehen. Inhalte dieser Untersuchungen sind neben einer geziel- Da es sich bei Quarzfeinstaub um einen krebserzeu- ten Beratung hinsichtlich Belastungen, Arbeitsgestal- genden Arbeitsstoff handelt, gilt hier das Minimie- tung und Schutzmaßnahmen eine ärztliche Untersu- rungsgebot! chung mit einer Überprüfung der Lungenfunktion (alle 2 Jahre) und einer Röntgenuntersuchung der Lunge Die Vermeidung einer inhalativen Quarz- (alle 4 Jahre). staubbelastung ist die einzig wirksame Vorbeugung gegen zukünftige quarzstaub- Die Untersuchungspflicht entfällt (§ 2 Abs. 3a VGÜ) bedingte Erkrankungen und somit die einzig wirksame Gesundheitsvorsorge. a) bei Einwirkungen, die im Durchschnitt einer Arbeitswoche nicht länger als eine Stunde pro Arbeitstag gegeben sind, ODER b) bei Einhaltung der Maximalen Arbeitsplatz- konzentration (MAK-Wert) UND c) wenn die Exposition durch die zusetzenden Schutz- maßnahmen möglichst niedrig gehalten wird. 10
3 Gesetze und Vorschriften Mit BGBl. II Nr. 382 – verlautbart am 2. September 2020 – wurden die Grenzwerteverordnung 2018 – GKV 2018 und die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz – VGÜ 2017 novelliert. Neben einem neuen Titel der Verordnung, Grenzwerteverordnung 2020 – GKV, wurde der Grenzwert für Quarzfeinstaub um zwei Drittel gesenkt, von 0,15 mg/m³ MAK-Wert auf 0,05 mg/m³ MAK-Wert als Tagesmittelwert. Zusätzlich wurde Quarzfeinstaub als eindeutig krebserzeugend eingestuft. Gleichzeitig wurde die VGÜ in Bezug auf alveolengängigen Quarzstaub angepasst. Grundsätzlich sind bei Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch alveolengängigen Quarzfeinstaub die Bestimmungen zum Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen gemäß ASchG maßgebend. Da es für Quarzfeinstaub eine Reihe von abweichenden Vorgaben zu anderen kanzerogenen Arbeitsstoffen gibt, werden im Folgenden nur die wesentlichen Punkte zusammengefasst. Auswahl an gesetzlichen Bestimmungen, die näher erläutert werden: 1. Meldung (§ 42 Abs. 5 ASchG, § 13 GKV) 2. Substitution (§ 42 ASchG) 3. Grenzwertvergleichsmessungen gemäß 5. Abschnitt GKV (§ 28 und 29 GKV) 4. Nachhaltige Einhaltung des Grenzwertes gemäß GKV (0,05 mg/m³ MAK) 5. Eignungs- und Folgeuntersuchungen gemäß § 2 Abs. 1 VGÜ (siehe Novellen zu GKV und VGÜ 2020) 6. Verzeichnis der exponierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 47 ASchG) 7. Schutz- oder Arbeitskleidung (§ 14 GKV) 8. Luftrückführung (§ 15 GKV) 9. Prüfungen (§ 32 GKV) 10. BauKG (§ 7 BauKG) 11. Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. f KJBG-VO) 12. Mutterschutzgesetz (§ 4 Abs. 2 Z 4 MSchG) 13. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – Atemschutz (§ 15 PSA-V) 3.1 Erläuterungen Meldung an das zuständige Arbeitsinspek- Gärtnerinnen und Gärtner, Steinmetzbetriebe/Grab- torat – § 42 Abs. 5 ASchG und § 13 GKV steinerzeugung usw., bei denen auch schon bisher Quarzfeinstaub entstanden ist. Selbiges gilt auch für Nachdem es sich bei Quarzfeinstaub um einen Ar- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Sportplät- beitsstoff handelt, der auf Baustellen und im Bergbau ze (Reitplätze) und Wege benutzen. schon lange in Verwendung steht, handelt es sich um keine beabsichtigte erstmalige Verwendung. Ersatz und Verbot von gefährlichen Eine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat Arbeitsstoffen § 42 ASchG ist daher nicht erforderlich. Dies trifft auch auf neu gegründete Unternehmen zu, deren Geschäftszweige Soweit es Bauprodukte, Zuschlagstoffe oder andere Tätigkeiten auf Baustellen beinhalten. Somit besteht Erzeugnisse gibt, die keinen oder nur in geringem für Unternehmen, bei denen aufgrund der Wirt- Anteil Quarzfeinstaub enthalten, sind diese Produkte schaftsklasse bereits vermutet werden kann, dass aufgrund des Substitutionsgebotes zu verwenden. Es diese den kanzerogenen Arbeitsstoff Quarzfeinstaub sind alle Verfahren, die Quarzfeinstaub oder Staub im verwenden werden, keine Meldeverpflichtung. Allgemeinen erzeugen, durch Verfahren zu ersetzen, bei denen kein Staub oder nur in geringerem Ausmaß Dies gilt auch für andere Wirtschaftszweige und Staub entsteht und ein gleichwertiges Arbeitsergeb- Berufssparten wie Zahntechnikerinnen und -techni- nis erzielt werden kann. ker, Gießereien, Glaserzeugung, keramische Industrie, 11
Grenzwertvergleichsmessungen gemäß Ex lege bestehen folgende Ausnahmen von den 5. Abschnitt GKV §§ 28 und 29 GKV Eignungs- und Folgeuntersuchungen: Es gibt Listen der Tätigkeiten und Arbeitsverfahren § 2 Abs. 3 VGÜ: mit technischen und organisatorischen Maßnahmen „Eignungs- und Folgeuntersuchungen sind nicht (= Branchenlösung), für die, aufgrund der Bewertung erforderlich, wenn die Ermittlung und Beurteilung nach dem Stand der Technik bei Messergebnissen der Gefahren (§§ 4 und 41 ASchG) ergibt, dass vergleichbarer Arbeitsplätze, der Grenzwert für inerte 1. Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen Schwebstoffe und der Grenzwert für alveolengängigen sie einer Einwirkung nach Abs. 1 ausgesetzt Quarzfeinstaub eingehalten werden. www.arbeitsins sind, im Durchschnitt einer Arbeitswoche pektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeitsstoffe_mit_eigenen nicht länger als eine Stunde pro Arbeits- besonderen_Regelungen/Quarzfeinstaub.html tag beschäftigt werden, ausgenommen die Einwirkung eindeutig krebserzeugender Für diese anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsverfah- Arbeitsstoffe, oder ren können für die Arbeitsplatzevaluierung jene dort 2. das durchschnittliche tägliche Expositionsaus- ermittelten Messwerte übernommen werden. Somit maß maximal der Hälfte des MAK-Werts bedarf es bei Umsetzung der Maßnahmen dieser (als Tagesmittelwert) entspricht, wobei dies anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsverfahren von durch eine repräsentative Messung im Sinne vergleichbaren Arbeitsplätzen keiner Grenzwertver- des 5. Abschnittes der Grenzwerteverordnung gleichsmessungen. 2020 (GKV) zu belegen ist.“ Einhaltung des Grenzwertes – GKV § 2 Abs. 3a VGÜ und § 8 Abs. 4 GKV: Anhang I/2020 Stoffliste und Anhang „Ungeachtet der Einstufung als eindeutig krebs- III/2020 C Krebserzeugende Stoffgruppen erzeugend gilt für Quarzfeinstaub Abs. 3 Z 1. § 2 Abs. 1 ist auf Quarzfeinstaub nicht anzuwen- und Stoffgemische (Punkt 13) und Ge- den, wenn sundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 1. die Einhaltung des MAK-Wertes durch eine § 49 Abs. 1 ASchG und § 2 VGÜ repräsentative Messung im Sinne des 5. Ab- schnitts der GKV oder durch Vergleichsdaten Die Einhaltung des Grenzwertes von 0,05 mg/m³ MAK im Sinn des Abs. 6 nachgewiesen wird und gilt als nachgewiesen, wenn technische Maßnahmen 2. die Exposition der Arbeitnehmerinnen und im Sinne der anerkannten Tätigkeiten und Arbeitsver- Arbeitnehmer durch die zu setzenden Schutz- fahren umgesetzt sind (siehe Branchenlösungen). An- maßnahmen möglichst niedrig gehalten wird.“ dernfalls sind Grenzwertvergleichsmessungen gemäß 5. Abschnitt GKV 2020 durchzuführen. Erläuterung zum ersten Satz in § 2 Abs. 3a VGÜ Es sind keine Eignungs- und Folgeuntersuchungen Für die Gesundheitsüberwachung am Arbeits- gemäß § 2 Abs. 1 VGÜ erforderlich, wenn die Be- platz sind folgende Abschnitte zu berücksichti- schäftigten im Durchschnitt einer Arbeitswoche nicht gen: länger als eine Stunde pro Arbeitstag Quarzfeinstaub ausgesetzt sind. Die Einhaltung der Expositionsdauer § 2 Abs. 1 VGÜ: von einer Stunde ist durch eine nachvollziehbare und „Arbeitnehmer/innen dürfen mit Tätigkeiten, bei plausible Ermittlung und Beurteilung der Gefahren denen sie einer der nachstehenden Einwirkungen (§§ 4 und 41 ASchG) hinsichtlich des Arbeitsberei- ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden, wenn ches/des Arbeitsplatzes erforderlich (siehe Erstellungs- vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchun- hilfe zu Quarzfeinstaub der Arbeitsinspektion): gen durchgeführt wurden und bei Fortdauer der www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folge- stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz untersuchungen durchgeführt werden: feinstaub.html 1. Blei, seine Legierungen oder Verbindungen; Erläuterung zum zweiten Satz in § 2 Abs. 3a VGÜ [...] Sobald der Grenzwert dauerhaft unterschritten wird, 10. Quarz- oder asbesthaltiger Staub oder sind keine Eignungs- und Folgeuntersuchungen ge- Hartmetallstaub; mäß § 2 VGÜ erforderlich. Die Einhaltung des Grenz- […] wertes ist entweder mit Grenzwertvergleichsmessun- 24. Isocyanate.“ gen nachzuweisen bzw. kann auch unter Festlegung 12
von technischen und organisatorischen Maßnahmen Eine Vorlage zur Erstellung des Verzeichnisses der durch eine Bewertung nach dem Stand der Technik Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist hier zu unter Berücksichtigung von Vergleichsdaten ver- finden: gleichbarer Arbeitsplätze im Sinne des § 28 Abs. 5 https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/ GKV erfolgen (= Liste der anerkannten Tätigkeiten Erkennen_und_Beurteilen_von_Arbeitsstoffen/ und Arbeitsverfahren). Erkennen_und_Beurteilen_von_Arbeitsstoffen. html#heading_Verzeichnis_der_Arbeitnehmerinnen_ Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben jedoch, und_Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 VGÜ (entsprechend auch § 51 ASchG), dafür zu sorgen, dass sich Arbeitneh- Eine Ausnahme von der Verpflichtung zum Füh- merinnen und Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch ren des Verzeichnisses besteht nicht. sowohl vor Aufnahme der Tätigkeit als auch bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Abständen Um aber eine eventuelle Formularflut im Baugewerbe ärztlichen Untersuchungen unterziehen können. zu vermeiden, kann folgende Erleichterung bei der Zusätzlich können gemäß § 8 Abs. 4 GKV Arbeitneh- Übermittlung des Verzeichnisses angewendet wer- merinnen und Arbeitnehmer, die einen krebserzeu- den: genden Arbeitsstoff verwenden, darauf hingewiesen werden, dass sie sich nach Beendigung der Exposi- Aufgrund der gängigen Praxis im Baugewerbe, dass tion fachärztlichen Gesundheitsuntersuchungen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer saisonbe- so lange unterziehen sollen, wie dies zur Sicherung dingt bzw. auftragsbedingt gekündigt und danach ihrer Gesundheit nach Ansicht der untersuchenden wieder angemeldet werden, soll die Übermittlung Fachärztinnen oder Fachärzte jeweils erforderlich ist. des Verzeichnisses an die Unfallversicherungsträger (AUVA, BVAEB) nicht bei einer Unterbrechung der Zur Unterstützung bei der Ermittlung (Evaluierung), Anstellung erfolgen, sondern erst, wenn eine Ar- ob untersuchungspflichtige Expositionen vorliegen, beitnehmerin oder ein Arbeitnehmer tatsächlich und wird den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern von der endgültig aus dem Betrieb ausscheidet (z. B. Pensi- Arbeitsinspektion ein Hilfstool für die Evaluierung, onierung, Wechsel zu anderer Arbeitgeberin oder unter Anwendung der Liste der anerkannten Tätigkei- anderem Arbeitgeber). ten und Arbeitsverfahren, zur Verfügung gestellt: www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstoffe/Arbeits Schutz- oder Arbeitskleidung § 71 Abs. 2 stoffe_mit_eigenen-besonderen_Regelungen/Quarz ASchG und § 14 GKV feinstaub.html Grundsätzlich ist bei Arbeiten mit krebserzeugen- Umrechnung der Grenzwerte bei verlängerter den Stoffen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Arbeitszeit Arbeitskleidung zur Verfügung zu stellen sowie für die Reinigung dieser Arbeitskleidung aufzukommen. Bei längerer Arbeitszeit als der Normalarbeitszeit von Ebenso muss eine getrennte Aufbewahrungsmöglich- 8 Stunden sind die Grenzwerte gemäß Erlass BMAS- keit für Arbeits- und Privatkleidung vorhanden sein. GK-461.308/0002-VII/A/4/2019 vom 15.02.2019 anzupassen – siehe Beispiele im Anhang. Nur unter der Bedingung, dass für die betroffe- nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Verzeichnis der exponierten Arbeitneh- Eignungs- und Folgeuntersuchungen gemäß § 49 merinnen und Arbeitnehmer § 47 ASchG ASchG bzw. § 2 Abs. 3a VGÜ erforderlich sind und die Exposition durch die gesetzten technischen und Ein Verzeichnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- hygienischen Schutzmaßnahmen dauerhaft möglichst nehmer ist gemäß § 47 ASchG zu erstellen und nach niedrig gehalten wird, entfällt diese Verpflichtung. Beendigung der Exposition dem zuständigen Unfall- Diese Maßnahmen sind im Sicherheits- und Gesund- versicherungsträger (AUVA oder BVAEB) zu übermit- heitsschutzdokument festzuhalten. teln, der dieses 40 Jahre aufzubewahren hat. Dies wird in der Regel bei Beschäftigten des Baugewerbes Luftrückführung § 15 Abs. 4 GKV bzw. der Bauindustrie nach dem Ausscheiden der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Eine Luftrückführung, wie beim Umluftbetrieb einer aus dem Unternehmen der Fall sein. Absauganlage, ist ohne weitere Bedingungen zulässig für den Fall, dass der Grenzwert von 0,05 mg/m³ MAK dauerhaft nicht überschritten wird. 13
Bei der Belüftung im Tunnelbau handelt es sich in Bauarbeitenkoordinationsgesetz den meisten Fällen um keine Luftrückführung gemäß § 7 BauKG § 15 GKV, sondern um ein Mischsystem zwischen Abluft und einer Zufuhr von frischer, sauberer Luft Das Thema Staub und im Speziellen Quarzfeinstaub über die Lutte. Um den Grenzwert dauerhaft einzu- muss im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (Si- halten, wären eventuell auch zusätzliche Maßnahmen Ge-Plan) von der Bauherrin oder vom Bauherrn bzw. wie eine verstärkte Bewetterung und Zufuhr frischer der Planungskoordinatorin oder dem Planungskoor- Zuluft in den Tunnel bzw. Maßnahmen beim Tun- dinator behandelt werden. Dementsprechend sind nelverkehr und der Einsatz von staubarmen Arbeits- konkrete bzw. kollektiv wirkende Maßnahmen für verfahren – wie Nassbohren, das Abschotten von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen Staubbereichen, von Bereichen ohne Staubbelastung und Arbeitnehmer im SiGe-Plan festzulegen. Ar- – durch technische Maßnahmen (Sprühnebelwände beiten mit Quarzfeinstaubexposition zählen zu den usw.), die Benetzung einer staubtrockenen Fahrbahn Arbeiten mit besonderen Gefahren (§ 7 Abs. 2 Z 2 oder durch den Einsatz staubarmer Abbauverfahren BauKG), da alveolengängiger Quarzfeinstaub ein festzulegen und umzusetzen. eindeutig krebserzeugender Arbeitsstoff ist, für den Eignungs- und Folgeuntersuchungen grundsätzlich Organisatorische Maßnahmen, wie eine Verlängerung vorgesehen sind. der Dauer bis zum Betreten der Arbeitsplätze nach Ab- schlägen im Sprengvortrieb oder staubintensiven Tätig- Für die Umsetzung der Baustellenrichtlinie 95/57/EWG keiten durch Arbeitsmittel, wären in die Arbeitsplatze- auf Tunnelbaustellen wird auf die RVS-Reihe verwie- valuierung aufzunehmen, wobei neben den Arbeiten sen: RVS 09.01.51 „Planung und Umsetzung eines an der Ortsbrust auch alle Arbeitsplätze im Nachlauf Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzeptes auf Un- des Vortriebes berücksichtigt werden müssen. tertagebaustellen“, RVS 09.01.52 „Brandschutz und Rettung auf Untertagebaustellen – Vorbeugung und Abweichend von den anzuwendenden technischen Vorsorge“ sowie auf den Entwurf zur RVS 09.01.53 Maßnahmen dürfen gemäß § 96 Abs. 8 BauV für „Untertagebaustellen – Kanzerogene Gefahren auf- den Fall, dass trotz der technischen Maßnahmen der grund geogener Strukturen“. MAK-Wert für Quarzstaub überschritten wird, Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeitsplätze vor Unabhängig von den Maßnahmen und Pflichten ge- Ort betreten, wenn sie mit geeigneter Persönlicher mäß BauKG unterliegen alle Beteiligten am Bau einer Schutzausrüstung (Atemschutz) ausgerüstet sind. Koordinationsverpflichtung nach § 8 ASchG. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch Aufgrund der Einstufung von Quarzfeinstaub als auf die Vorgaben des BauKG (siehe Punkt 10) und die eindeutig kanzerogener Arbeitsstoff ist von den Pflichten der Bauherrinnen und Bauherren. Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern eine erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Beachtung bei der Prüfungen § 32 GKV Evaluierung der Arbeitsstoffe gefordert. Die Evalu- ierung und der SiGe-Plan müssen entsprechend aufei- Werden Absaug- oder mechanische Lüftungsanlagen nander abgestimmt werden. als technische Maßnahmen zur Abführung gesund- heitsgefährdender Arbeitsstoffe eingesetzt, ist vor der Beschäftigungsverbote und -beschrän- Inbetriebnahme ihre Wirksamkeit, bezogen auf die kungen für Jugendliche § 3 KJBG-VO zu erwartende Exposition am Arbeitsplatz, durch eine repräsentative Messung zu belegen. Jugendliche dürfen nur beschäftigt werden, wenn die Einwirkung in so geringem Ausmaß besteht, dass Zusätzlich sind Absaug- oder mechanische Lüftungs- nach arbeitsmedizinischen Erfahrungen keine Schädi- anlagen oder Absauggeräte mindestens einmal im gung der Gesundheit zu erwarten ist. Dies ist gege- Kalenderjahr, jedoch längstens im Abstand von 15 ben, wenn der MAK-Wert nachweislich dauerhaft Monaten auf ihren ordnungsgemäßen Zustand wie- durch technische Maßnahmen unterschritten wird. derkehrend zu überprüfen. Jugendliche in Ausbildung dürfen gemäß § 3 Abs. 2 Ausgenommen von diesen Prüfungen sind jedoch KJBG-VO unter Aufsicht mit Tätigkeiten, bei denen Industriestaubsauger, die nur zur Abreinigung ver- kurzfristige Überschreitungen der Quarzfeinstaub- wendet werden. Exposition bestehen, beschäftigt werden. 14
Mutterschutzgesetz § 4 MSchG Besonders hingewiesen wird auf § 4 Abs. 4 PSA-V „Arbeitsplatzevaluierung“, wonach den auf Baustel- Gemäß §§ 4 Abs. 2 Z 4 und 4a Abs. 2 MSchG dürfen len und auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigten werdende Mütter und stillende Mütter bei Einwir- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Auszug kung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen, der auf die Persönliche Schutzausrüstung bezogenen bei denen eine Gefährdung von Mutter oder Kind Inhalte des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdoku- nicht ausgeschlossen werden kann, keinesfalls be- mentes im für die durchzuführenden Arbeiten erfor- schäftigt werden. derlichen Umfang zur Verfügung zu stellen ist. Deswegen ist eine Beschäftigung in Bereichen, in Auswahl der Filterklasse denen eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub gegeben ist, nicht zulässig. Die Angaben der Hersteller enthalten für die Auswahl von Atemschutzmasken Angaben zu Schutzfaktoren PSA – Atemschutz § 15 PSA-V (Assigned Protection Factor – APF): Sind alle technischen und organisatorischen Maß- FFP-2-Masken dürfen bis zum 10-Fachen des nahmen zur Minimierung der Staubbelastung Grenzwertes eingesetzt werden. ausgeschöpft und liegt trotzdem eine Grenzwert- FFP-3-Masken dürfen bis zum 30-Fachen des überschreitung vor, so ist verpflichtend Atemschutz, Grenzwertes eingesetzt werden. als Persönliche Schutzausrüstung gemäß der PSA-V, zu verwenden. Zusätzlich sind entsprechende Ein- FFP-2- oder FFP-3-Masken wären daher in Abhängig- satzzeitenbeschränkungen und Pausen, z. B. gemäß keit von der errechneten bzw. gemessenen Exposition DGUV-Regel 112-190 „Benutzung von Atemschutz- zu wählen (10-facher oder 30-facher Grenzwert). geräten“, zu berücksichtigen und festzulegen. Bei langer Tragedauer sollte gebläseunterstützter Atem- schutz verwendet werden. Bei Filtermasken sollte ein Ausatemventil vorhanden sein. Beispiel für die Ermittlung der erforderlichen Filterklasse Bohren in Beton ohne technische Maßnahmen Der Messwert der Quarzstaubkonzentration (2,15 mg/m³) ist der Branchenlösung (Bewertung nach dem Stand der Technik von vergleichbaren Arbeitsplätzen) entnommen. Für das Beispiel wird eine Tätigkeitsdauer von 1 Stunde angenommen. Der Grenzwert für kristallinen Quarzstaub als Tagesmittelwert beträgt 0,05 mg/m³ in der alveolengängi- gen Fraktion. Quarzstaubkonzentration * Dauer der Tätigkeit x-Fache des Grenzwertes = Grenzwert als Tagesmittelwert (8 h) 2,15 mg m3 *1 h 2,15*1 x-Fache des Grenzwertes = = = 5,375 ≤ 10 → FFP 2 0,05 mg 0,05*8 m3 8h 15
4 Handlungsanleitungen und Praxisbeispiele Angestrebt werden sollen vor allem technische Lösun- im Einzelfall je nach Exposition ergänzende Maßnah- gen, die die gesamte Staubbelastung verhindern oder men und Anpassungen erforderlich. Diese ergänzen- zumindest minimieren. den Maßnahmen werden im Anschluss beispielhaft Zu den Vorschlägen für eine technische Lösung sind aufgezählt. 4.1 Beispiel: Stemmarbeiten im Innenraum Ohne Maßnahmen ergeben sich aus der Be- Vorabscheider sind eine Ergänzung für Entstauber wertung vergleichbarer Arbeitsplätze folgende bei längerem Einsatz von Handmaschinen oder beim Richtwerte: „Stemmen, Meißeln, Abbruch ohne Anfall größerer Staubmengen in kurzer Zeit. Durch Absaugung A: 9,28 mg/m³, Q: 0,82 mg/m³“ den Einsatz eines Vorabscheiders gelangt nur noch wenig Staub in den Entstauber. Dadurch wird ein Durch den Einsatz von abgesaugten, handgeführten Zusetzen der Filter über längere Zeit effektiv verhin- Abbruchgeräten sowie den Einsatz von Bauentstau- dert. Die Wartungsintervalle können deutlich erhöht bern im Rauminneren mit entsprechender Frischluft- werden. Vorabscheider arbeiten z. B. mit Zyklonen, zufuhr können die Grenzwerte für E-Staub, A-Staub die den Staub durch die auftretenden Zentrifugalkräf- und Q-Staub eingehalten werden. Zusätzlich sind te und die Schwerkraft abscheiden. nach Beendigung der Arbeiten Nassreinigungsverfah- ren oder Staubsauger mit Zyklonvorabscheidern zu Entstauber/Staubsauger sind mobile Sicherheits- verwenden. sauger (Nass-/Trockensauger) für die Arbeit mit Stäuben der Klasse M (z. B. Quarzstaub, Holzstaub). Staubsauger dienen ausschließlich zum Aufsaugen von abgelagertem Staub auf Boden-, Wand- und De- ckenflächen sowie zur Reinigung von Werkstücken. Entstauber dienen dagegen (auch) zum Absaugen von Hand-, Elektro- oder Pneumatikwerkzeugen. Dazu besitzen die Entstauber eine Warneinrichtung, die bei nachlassendem Volumenstrom ein akustisches Signal gibt (weitere Hinweise finden Sie in der DGUV- I 209 -084). Abb. 11: Abbrucharbeiten mit einem handgeführten Abb. 12: Bauentstauber außerhalb des Arbeitsraumes abgesaugten Bohrhammer mit entsprechender Frischluftzufuhr über das Fenster 16
Das Abblasen mit Druckluft sowie das Kehren ohne staubbindende Maßnahmen ist zu vermeiden, daher sind Entstauber die einzige Alternative zu einer Nassreinigung. Im Zweifelsfall sollte man sich zur An- schaffung eines Entstaubers entschließen, da dieser universell verwendet werden kann. Auf der Liste der Bau-Entstauber findet sich auch eine Liste größerer Sauggarnituren, die zur Flä- chenreinigung geeignet sind, aber auch etwas gröberen Bau- stellenschmutz bewältigen. Zur Information wird bei der Anschaffung von Entstaubern auf die Positivliste der BG BAU hingewiesen: www.bgbau.de/ service/angebote/arbeitsschutz praemien/praemie/bau-entstau ber/ Abb.13: Kombination von abgesaugtem, hand- geführtem Arbeitsmittel und Bauentstauber 4.2 Beispiel: Steinmetzarbeiten und Naturstein- bearbeitung Ziel bei der Bearbeitung von Naturstein ist, wie Mineralische Stäube werden insbesondere in hö- dieses Beispiel zeigt, den Grenzwert von 0,05 mg/ herem Maße freigesetzt, wenn bei der Naturstein- m³ für Quarzfeinstaub bei einer größeren Anzahl von bearbeitung in Werkstätten mit schnell laufenden Einzeltätigkeiten mit handgeführten Arbeitsmitteln Handmaschinen ohne Absaugung an der Maschine einzuhalten. gearbeitet wird bzw. wenn bei der Bearbeitung ge- nerell keine Absaugungen wie Absauganlage, -wand oder -tisch verwendet werden. Die Weiterentwicklung und Abstimmung der Ge- rätetechnik, insbesondere der Stauberfassung und Abscheidung, hat in den vergangenen Jahren Fort- schritte bei handgeführten Arbeitsmitteln erzielt, bei denen früher regelmäßig hohe Expositionen der Bedienerinnen und Bediener zu verzeichnen waren. Beim Trockenschneiden bzw. Arbeiten am Objekt in einer nicht abgesaugten Steinmetz- kabine und ohne Absaugung an der handge- führten Trenn- oder Schleifmaschine werden Abb. 14: Bearbeitung von Naturstein mit handgeführ- die Grenzwerte mit Sicherheit überschritten. ter, abgesaugter Schleifmaschine 17
Abb. 15: Handgeführte Trennmaschine mit Abb. 16: Nachrüsthaube für Handtrenn-Schleifmaschi- Absaugung nen verschiedener Hersteller Im Gegensatz dazu wird durch den Einsatz einer (bei halber Füllhöhe) zu leeren sowie alternativ eine Steinmetzkabine mit vertikaler/schräger Durchlüf- Absaugung über Vorabscheider anzuwenden. tung und abgesaugter Handtrenn-Schleifmaschine eine Exposition unterhalb des Grenzwertes erreicht. Durch Wahl einer Kabine oder durch die Anordnung Zusätzlich besteht die Möglichkeit, das Material nass seitlicher Abschottungen an Absaugwänden kann zu halten, die Entstauber rechtzeitig auch der Einfluss von Querströmungen (z. B. durch Wind aus offenen Toren) auf die Luftwalze verringert werden. Querströmungen können die Luftwalze unterbrechen und somit den Stofftransport auf die Ansaugöffnung der Absaugwand beeinträchtigen. Abb. 17: Steinmetzkabine mit Rückluftführung außerhalb der Kabine, Luftzuführung über offene Frontöffnung 18
4.3 Beispiel: Asphalt-Großfräsen Absaugung und Nassverfahren Abb. 18: Abtragen der oberen Fahrbahnschichten mittels Asphalt-Großfräse Im Straßenbau werden heute immer Fräsverfahren Beim Einsatz einer Großfräse mit Staubabsaugung eingesetzt, um die oberste Schicht (Verschleißschicht) werden folgende verbesserte Staubwerte erzielt: A- abzutragen oder um die obere Tragschicht zu entfer- Staub von 0,58 bis 0,89 mg/m³ und Quarz-Staub von nen und zu erneuern. Dazu werden mobile Bauma- 0,063 bis 0,124 mg/m³. schinen zum schichtweisen Abtragen von befestigten Verkehrsflächen eingesetzt, sogenannte Straßenfräsen. Um eine zufriedenstellende Lösung hinsichtlich der Quarz-Staub-Belastung zu erreichen, sind entspre- Beim Fräsen von Asphalt ohne Absaugung chende Zusatzmaßnahmen wie ein Nassbetrieb oder und ohne Wasserberieselung werden nach der Einsatzzeitenbeschränkungen vorzusehen. Wie man Bewertung von Messergebnissen vergleichbarer beim Einsatz von Großfräsen sieht, müssen meistens Arbeitsplätze bei A-Staub Staubgrenzwerte von mehrere Maßnahmen gesetzt werden. 26,24 mg/m³ bzw. bei Quarz-Staub Staubgrenz- werte von 4,44 mg/m³ erreicht. Die Grenzwerte werden somit weit überschritten. 4.4 Ergänzende Maßnahmen Staubarme Arbeitsverfahren die freie Fallhöhe bei Aufschüttungen, Halden und Übergabestellen von Förderbändern so gering wie Eine Verringerung der Staubbelastung wird z. B. möglich gehalten wird, dadurch erreicht, dass beim Befüllen von Silos das Austreten von Stäuben staubförmige Materialien in der Nähe von Arbeits- verhindert wird, plätzen nicht offen gelagert oder umgesetzt werden, Förderbandübergabestellen mit starker Staubent- 19
wicklung mit einer Staubabsaugung oder Wasser- Fußböden und Oberflächen leicht zu reinigen sind berieselung ausgerüstet werden, und Nass- oder Feuchtbearbeitungsverfahren anstel- Arbeitsräume mit unterschiedlichen Staubkonzent- le von Trockenbearbeitungsverfahren eingesetzt rationen durch bauliche Maßnahmen voneinander werden, getrennt sind. stark staubende Rohstoffe, Produkte und Abfälle wie etwa pulverförmige Produkte in geschlossenen Reinigung der Betriebseinrichtungen Systemen gelagert und transportiert werden (z. B. Lagerung in geschlossenen Silos, geschlossenen Die Staubminderung beim Reinigungsvorgang wird Säcken, Big Bags, abgedeckten Containern, Förde- z. B. erreicht, wenn rung in geschlossenen Rohrleitungen), fest installierte Staubsauganlagen, Staub beseiti- stark staubende Rohstoffe, Produkte und Abfälle gende Maschinen oder Geräte verwendet werden, feucht gehalten werden feucht gewischt oder nass gereinigt wird, bei Spritzbetonarbeiten Verfahren mit geringer beim Kehren das Kehrgut ausreichend mit Binde- Staubfreisetzung gewählt werden, z. B. Nass- mittel (wie Wasser, Magnesiumchlorid) versetzt Spritzverfahren, wird und bei Strahlarbeiten Verfahren mit geringer Staub- befestigte Verkehrswege mit Kehrmaschinen freisetzung gewählt werden, z. B. Nass- oder gekehrt werden und dabei das Kehrgut aufgenom- Feuchtstrahlverfahren, men wird. bei Abbrucharbeiten die Arbeitsstelle mit Wasser befeuchtet wird, Organisatorische Maßnahmen Auffangvorrichtungen für Abfallmaterial beim Ver- arbeiten von keramischen Massen, z. B. ablaufen- Arbeitsabläufe und Gewerke sind so zu koordinie- der Schlichte oder Pressgranulat, vorhanden sind, ren, dass staubarm gearbeitet werden kann und grobspanende Fertigungsverfahren angewendet Dritte nicht gefährdet werden. werden. Arbeiten mit hoher Staubentwicklung sind durch Abschottungen oder lüftungstechnische Maßnah- Maschinen und Geräte men von anderen Bereichen abzutrennen. Für gute Durchlüftung ist zu sorgen. Die Staubreduktion wird z. B. erreicht durch Verwen- Die Arbeitshygiene (z. B. Essen, Trinken, Rauchen dung von Maschinen und Geräten, nicht im Arbeitsbereich) ist einzuhalten. deren Emissionsrate dem Stand der Technik ent- Für Information und Unterweisung der Mitarbeite- spricht, rinnen und Mitarbeiter ist zu sorgen. deren Staubquellen gekapselt sind, Die Einsatzzeiten sind zu beschränken. bei denen der Staub an Arbeitsöffnungen, Entste- hungs- oder Austrittsstellen abgesaugt wird, Persönliche Maßnahmen die verkleidet sind und bei denen durch Benetzen oder Wasserzuführung Als Atemschutz sind Halbmasken mit P2/P3-Filtern eine ausreichende Staubminderung erreicht wird. bzw. FFP-Masken zu verwenden. Die DGUV-Regel 112 190 „Benutzung von Atem- Eine weitere Staubreduktion wird erreicht schutzgeräten“ ist zu beachten. durch den Einsatz von geschlossenen anstelle von Die Tragezeitbegrenzung und Erholungsdauer offenen Fördermitteln, sowie die Zahl der Einsätze pro Arbeitsschicht bzw. durch Vermeidung offener Materialübergabestellen die Anzahl an Arbeitsschichten pro Woche sind zu und berücksichtigen. indem Maschinen und Geräte im Unterdruck be- Prüfungen des Atemschutzes gemäß PSA V sind trieben werden. durchzuführen. Bei häufiger, länger andauernder Verwendung von Arbeitsräume Staubmasken sollte weniger belastender Atem- schutz, z. B. eine gebläseunterstützte Frischluft- Arbeitsräume, in denen Staub auftreten kann, sind so haube, verwendet werden. zu gestalten, dass Wände und Decken zur Vermeidung von Stauban- haftung glatt sind, Ablagerungsflächen für Staub vermieden werden, 20
5 Anhang: Expositionsberechnung Es ist möglich, die Exposition selbst zu be- Dabei ist rechnen. Dazu werden die Konzentrations- ci ein Messwert (die Konzentration, die eine werte bei den Tätigkeiten mit der jeweili- Exposition der Höhe nach beschreibt); gen Dauer dieser Tätigkeiten multipliziert und durch die acht Stunden (Normalarbeits- ti die zugehörige Expositionsdauer in Stunden; zeit) dividiert. Der zeitlich gewichtete 8-Stunden-Mittelwert kann die Schichtlänge in Stunden. mathematisch dargestellt werden als: 5.1 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 8-Stunden-Arbeitstag (= 8-Stunden-Mittelwert) Die Arbeitszeit lässt sich in mehrere Abschnitte mit verschiedenen Tätigkeiten und somit Konzentrationen von Quarzfeinstaub unterteilen, denen die Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer ausgesetzt sind: Konzentration Expositionsdauer Zeitabschnitt Tätigkeit in mg/m3 in h 08:00 bis 10:00 Schleifen 0,48 2,0 10:00 bis 12:30 Bohren 0,10 2,5 14:10 bis 15:40 Reinigen 0,20 1,5 16:00 bis 18:00 Kontrolle 0,125 2,0 Tabelle 1: Expositionen gegenüber Quarzfeinstaub bei verschiedenen Tätigkeiten während eines Arbeitstages (Expositionsdauer beträgt insgesamt 8 Stunden). Für die Zeitabschnitte zwischen den Tätigkeiten wurde die Konzentration mit null festgelegt, da in einem Arbeitsbereich (Büro, Kabine etc.) ohne Belastung gearbeitet wurde. Der zeitlich gewichtete 8-Stunden-Mittelwert beträgt: 21
5.2 Berechnungsbeispiel: Exposition an einem 12-Stunden-Arbeitstag (= 12-Stunden-Mittelwert) und zugehörigem zeitbezogenen Grenzwert Konzentration Expositionsdauer Zeitabschnitt Tätigkeit in mg/m3 in h 06:00 bis 12:00 Schleifen 0,25 6,0 13:00 bis 17:00 Bohren 0,05 4,0 17:00 bis 19:00 Reinigen 0,11 2,0 Tabelle 2: Expositionen gegenüber Quarzfeinstaub bei verschiedenen Tätigkeiten während eines Arbeitstages (Expositionsdauer beträgt insgesamt 12 Stunden). Der zeitlich gewichtete 12-Stunden-Mittelwert für die Exposition beträgt: Da die Grenzwerte in der GKV für einen 8-Stunden-Arbeitstag festgelegt wurden, muss der Grenz- wert bei einer längeren Exposition (z. B. über 12 Stunden) auf diesen Zeitraum umgerechnet werden. Es muss also ein zeitbezogener, reduzierter Grenzwert berechnet werden. Berechnung des zeitbezogenen Grenzwertes Berechnet man mithilfe der Arbeitszeit den Reduktionsfaktor (RF) und multipliziert damit den Grenzwert von Quarzfeinstaub (0,05 mg/m³), so erhält man den auf die jeweilige Arbeitszeit bezogenen, reduzierten Grenzwert. Reduktionsfaktor Arbeitszeit in h RF reduzierter Grenzwert in mg/m³ 8 1,00 0,05 * 1,00 = 0,050 9 0,83 0,05 * 0,83 = 0,042 10 0,70 0,05 * 0,70 = 0,035 11 0,59 0,05 * 0,59 = 0,030 12 0,50 0,05 * 0,50 = 0,025 Tabelle 3: Berechnung des Grenzwertreduktionsfaktors Das heißt, bei einem 12-Stunden-Arbeitstag gilt für Quarzfeinstaub ein Grenzwert von 0,025 mg/m³. Mit diesem errechneten zeitbezogenen Grenzwert ist der Expositionswert (in unserem Beispiel 0,16 mg/m3) zu vergleichen. 22
6 Literaturhinweise und Informationsquellen ASchG ArbeitnehmerInnenschutzgesetz GKV Grenzwerteverordnung VGÜ Verordnung Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz Arbeitsinspektion www.arbeitsinspektion.gv.at AUVA-Merkblatt M.plus 225 „Abbrucharbeiten“ und AUVA-Merkblatt M.plus 340.6 „Krebserzeugende Arbeitsstoffe auf Baustellen“ www.auva.at/merkblaetter BG Bau Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Deutschland www.bgbau.de und www.staub-war-gestern.de European Network for Silica www.nepsi.eu IFA-Arbeitsmappe 8522 Quarz https://www.ifa-arbeitsmappedigital.de Quarzexpositionen am Arbeitsplatz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung im BGIA-Report 8/2006 www.dguv.de/medien Rühl, Reinhold: Staub auf Baustellen. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2018 Technische Regel CEN/TR 15230 „Arbeitsplatzatmosphäre – Leitfaden zur Probenahme der einatembaren, thorakalen und alveolengängigen Aerosolfraktion“ 23
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