RÜCKBLICK & AUSBLICK II/2021 - Aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten - Hauck & Aufhäuser

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RÜCKBLICK &
AUSBLICK
II/2021

Aktuelle Entwicklungen
an den Kapitalmärkten

•	Blühende Landschaften
•	Konjunktur dynamisch
• Nur Inflationssorgen – oder mehr?
• Anfällige Rentenmärkte
• Dollar auf Richtungssuche
• Aktien: „Goldilocks“?
• Rückenwind für Gold wird schwächer
• Keine Risiken?

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BLÜHENDE                                  führten, also Diskussion über eine
                                          Drosselung der Anleihekäufe seitens
­LANDSCHAFTEN                             der Notenbanken, präsentierten sich
                                          die Märkte weitestgehend robust.
Aktienmärkte steigen und die wirt-        Neben immer noch günstigen Finan-
schaftliche Dynamik legt vielerorts       zierungskonditionen waren es erneut
deutlich zu. Höhere Inflationsraten       die Unternehmensergebnisse, wel-
und anziehende Renditen stellen sich      che die Aktienmärkte beflügelten.
ein. Noch ist aber nicht klar, ob die
Ära von Dis-Inflation und Niedrig­        Das ist jedoch nur eine Seite der
zinsen sich allmählich verabschiedet      ­Medaille. Auf der anderen Seite zeigt
oder nicht. Notenbankvertreter sind        sich, dass genau solche Entwicklun-
in dieser Frage skeptisch. Fürs Erste      gen den Erwartungen der Aktien-
bleiben sie – wie es die Präsidentin       marktakteure entsprochen haben –
der Europäischen Zentralbank formu-        das positive Überraschungspotential
lierte – bei einer „Politik der ruhigen    wird somit allmählich geringer. De
Hand“. Offensichtlich will man die         facto nehmen die positiven ökono­
Überwindung der Pandemie und die           mischen Überraschungen in den
Rückkehr zu „blühenden Landschaf-          USA, gemessen am so genannten
ten“ bei Konjunktur und Aktienmärk-        ­Citi-Economic-Surprise-Index, bereits
ten nicht mit einer verfrühten geld­        seit Herbst 2020 deutlich ab. Während
politischen Kehrtwende gefährden.           sich dieses Konjunkturbarometer für
                                            China sogar seit Sommer 2021 im
                                            ­latenten Sinkflug befindet, halten sich
KONJUNKTUR                                   positive wie negative Überraschungen
                                             in der Eurozone im gleichen Zeitfenster
­DYNAMISCH                                   die Waage.

Die weltwirtschaftliche Entwicklung       Laut den im Mai abermals angehobe-
ist im zweiten Quartal 2021 deutlich      nen Prognosen der OECD sollte die
synchroner verlaufen. Zu den zwei         Weltwirtschaft 2021 mit 5,8 % wachsen.
größten Konjunkturlokomotiven der         Größte Wachstumstreiber sind laut
Welt, USA gefolgt von China, gesell-      der Prognose die USA (6,9 %) und
te sich mit fortschreitenden Locke-       ­China (8,5 %). Die Euro­zone könnte laut
rungen endlich auch Europa. Europa         OECD dieses Jahr mit 4,3 % wachsen.
dürfte insbesondere im Dienstleis-         Die jüngsten ­EZB-Prognosen vom Juni
tungssektor wirtschaftlich erfreuliche     sehen die Wirtschaft im gemeinsamen
Monate vor sich haben. Wenngleich          Währungsraum 2021 gar mit 4,6 %
die anziehenden Inflationsraten zu         wachsen; im nächsten Jahr mit 4,7 %.
einem latenten „Tapering“-Geraune

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KONJUNKTUR-BOOM WIRD ABFLACHEN
(CITI-ECONOMIC-SURPRISE-INDEX FÜR DIE USA, EUROZONE UND CHINA)
300

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   01/19        05/19         09/19        01/20        05/20      09/20      01/21      05/21

   USA                  EWU             China

Quelle: H&A Global Investment Management, Bloomberg

NUR INFLATIONS-                                       Jahresvergleich (Kerninflation: 3,8 %)
                                                      bereits hinter uns. In Deutschland und
SORGEN – ODER                                         der Eurozone sind Teuerungsraten um
                                                      oder über 3 % im Spätsommer und
MEHR?                                                 Herbst zu erwarten. Danach sollte der
                                                      Rückgang der Teuerungsraten auf
Zu den Wachstumsperspektiven ge-                      unter 2 % zu Beginn des nächsten
sellen sich die anhaltenden Sorgen                    Jahres deutlich ausgeprägt sein. Da-
um anziehende Inflationsraten – sind                  gegen erwarten wir für die USA An-
sie temporär oder dauerhaft? – und                    fang kommenden Jahres noch Raten
die Reaktionen der Geldpolitiker. Un-                 leicht oberhalb der 2 %-Marke.
seres Erachtens liegt der „Inflations-
buckel“ in den USA mit der Mai-Rate
der Verbraucherpreise von 5,0 % im

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RENDITE ZEHNJÄHRIGER BUNDESANLEIHEN UND PROGNOSEPFADE (IN %)
0,8

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   06/16          06/17           06/18           06/19         06/20        06/21        06/22

Quelle: H&A Global Investment Management, Bloomberg

ANFÄLLIGE                                             Es scheint derzeit so, als ob der bishe­
                                                      rige Zinsanstieg das Inflationsbild für
­RENTENMÄRKTE                                         2021, die Biden-Fiskalpakete, die Sti-
                                                      mulusmaßnahmen des Europäischen
Nachdem die zehnjährige US-Treasury-                  Wiederaufbaufonds sowie die Öffnun-
Rendite mit rund 0,9 % ins Jahr 2021 ge-              gen der Wirtschaft beiderseits des
startet und sodann bis Mitte März auf                 ­Atlantiks weitestgehend eingepreist
über 1,7 % geklettert war, befindet sie                hätten. Dass der Inflationsanstieg nur
sich seitdem in einem leichten Abwärts-                ein temporäres Phänomen sei, ist zum
kanal. Zuletzt schwankte sie um die                    Marktkonsens geworden. Die Kommu-
Marke von 1,5 %. Das Renditebild in der                nikationsstrategien der Notenbanken
Eurozone konnte sich der Entwicklung in                haben offensichtlich gefruchtet. Vor
den USA nicht völlig entziehen. Ins Jahr               diesem Hintergrund erwarten wir ein
gestartet war die hiesige Benchmark­                   „Tapering“ der Fed frühestens im vier-
rendite mit rund –0,6 %. Aktuell notiert               ten Quartal 2021 und einen ersten Zins-
sie bei –0,25 %.                                       schritt nicht vor Ende 2022.

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Mit Blick auf die zu erwartende Rendite-   z­ unehmender wirtschaftlicher Dyna-
entwicklung sind wir generell der An-       mik tendenziell abwertet – überla-
sicht, dass nach vermutlich leicht höhe-    gert. Das zweite Quartal hielt dann
ren Renditen bis Anfang 2022 der glo-       wieder ein paar Gegenwinde parat.
bale Renditeabwärtstrend noch intakt        Unter anderem sorgte die Erwartung
ist. Gründe hierfür sind unseres Erach-     steigender US-Zwillingsdefizite für
tens die unverminderte Wirksamkeit          Dollar-Molltöne.
globaler struktureller Faktoren: Weder
Globalisierung noch Digitalisierung so-    Mit unserer EUR/USD-Prognose im
wie die damit verbundene Tendenz zur       Korridor von 1,16 bis 1,25 bei EUR/USD
Wettbewerbsintensivierung haben sich       fühlen wir uns weiter wohl. Dabei ma-
zurückgezogen. Die so genannte „fiska-     chen wir insbesondere die Annahme,
lische Dominanz“ wirkt weiterhin: Eine     dass die Fed durch die derzeitigen In-
sehr hohe, bisweilen kaum noch tragfä-     flationssprünge noch bis in den Spät-
hige Staatsverschuldung – im Übrigen       sommer „hindurchschaut“ und die Rate
ein Reflex der Pandemie – kann Noten-      der Konsumentenpreisentwicklung zu
banken in eine „Helfer-Rolle“ bringen,     Beginn des kommenden Jahres tat-
die sich darin ausdrückt, dass mit ent-    sächlich Richtung 2 ­% konvergiert. Soll-
sprechenden Mitteln versucht wird, das     te die Fed plötzlich unerwartet stark
Renditeniveau möglichst lange mög-         auf die Bremse treten müssen, erhielte
lichst niedrig (und unter den Wachs-       der Greenback kräftigeren Rücken-
tumsraten) zu halten. Außerdem kann        wind.
eine hohe Verschuldung das Wachs-
tumspotential einer Volkswirtschaft und
damit auch die Inflationsentwicklung       AKTIEN:
dämpfen.
                                           ­„GOLDILOCKS“?
DOLLAR AUF                                 Nach dem der breit gefasste S&P 500
                                           bereits im vergangenen Jahr wieder
­RICHTUNGSSUCHE                            deutlich über sein Vorkrisenniveau
                                           geklettert war, steht seit Jahresbe-
Der US-Dollar vollzog bislang eine         ginn 2021 ein Plus von rund 13 % auf
Berg- und anschließend eine Tal-           dem Tacho. Leicht dahinter mit
fahrt. Er ist auf Richtungssuche. Der      knapp 9 % rangiert der Technologie-
zeitweise Anstieg war insbesondere         index Nasdaq, der aber sein bisheri-
der US-Renditebewegung geschul-            ges Allzeithoch von Ende April 2021
det, die eine steigende Dollarnach-        aktuell noch nicht wieder ganz er-
frage nach sich zog. Mithin wurden         reicht hat. Im Vergleich zum Jahr
die zyklischen Eigenschaften des           2020 kommt der Euro Stoxx 50 nun
­US-Dollars – wonach er in Phasen          sehr deutlich in die Gänge. Mit einem

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MSCI EUROPA GEWINNPROGNOSEN: ZUNEHMEND KONSTRUKTIV
(GEWINN JE AKTIE (EPS) I/B/E/S KONSENSUS)
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    01/18   05/18     09/18      01/19     05/19      09/19    01/20   05/20   09/20    01/21    05/21

    2020              2021                2022                2023

Quelle: H&A Global Investment Management, Refinitiv

bisherigen Jahresplus von über 16 %                      10 %. Für den EuroStoxx50 werden Zu-
liegt er drei Prozentpunkte vor dem                      wächse von rund 80 % respektive 8 %
S&P 500.                                                 erwartet. Der Gewinnzyklus scheint
                                                         ­eine gewisse Robustheit zu haben.
Die globalen Aktienmärkte sollten                         Daher bleiben wir in unserer Asset
auch in den nächsten Monaten von                          ­Allocation in Aktien übergewichtet.
der Gewinndynamik profitieren kön-                         Da der jüngste Zinsanstieg zu einem
nen. Die Gewinnberichterstattung                           Gutteil durch Wachstumsoptimismus
­(Earnings Season) für das 1. Quartal                      bedingt ist, ist er damit per se keine zu
 2021 war sehr robust und die Ausbli-                      starke Belastung für die Aktienmärkte
 cke für den weiteren Geschäftsverlauf                     – das Geschehen lässt sich eher als
 waren vielversprechend. Nicht nur in                      Reflationsphase mit „Goldlöckchen“-
 Amerika, sondern auch in anderen                          Eigenschaften bezeichnen.
 ­Regionen der Welt sind die Gewinn­
  revisionen entsprechend positiv. Für                   In unserer regionalen Allokation be-
  den amerikanischen Leitindex, den                      vorzugen wir weiterhin den amerika-
  S&P 500, werden für das laufende                       nischen Markt, bauen aber unsere
  Jahr rund 35 % Gewinnzuwachs prog-                     Gewichtung in Europa sukzessive auf.
  nostiziert, im nächsten Jahr weitere                   Zunehmender konjunktureller Opti-

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mismus und das Nachholpotential          KEINE RISIKEN?
 bei den Unternehmensgewinnen soll-
 te dieser Region Rückenwind geben.       Alle Prognosen sind an Bedingungen
 Das gilt nicht zuletzt auch für das      geknüpft. Die größte Unwägbarkeit
 Segment der „Value“-Aktien, also         im gegenwärtigen Umfeld ist das In-
 nach fundamentalen Bewertungs-           flationsgeschehen. Entpuppt sich die
 maßstäben günstig bewerteten             Teuerung doch als nachhaltiger, steht
­Aktien.                                  eine Neubewertung der Geldpolitik an.
                                          Die Anleiherenditen würden kräftiger
                                          ansteigen als derzeit vermutet. Lauf-
RÜCKENWIND                                zeiten wären im Portfoliokontext zu
                                          verkürzen. Die Aktienmärkte – ins­
FÜR GOLD WIRD                             besondere zinsempfindliche Wachs-

SCHWÄCHER                                 tums- und Technologiewerte – kämen,
                                          zumindest vorübergehend wohl
                                          ­stärker unter Druck. Die heute ver-
Mit den steigenden Renditen sackte         schmähte Kassehaltung würde loh-
das wertvollste Edelmetall Anfang          nend werden.
März zeitweise bis auf 1.676 Dollar je
Feinunze. Mit der Beruhigung an den
Staatsanleihemärkten hat Gold in­
zwischen nicht nur einen Boden ge-
funden, wie wir an dieser Stelle im
­ersten Quartal vorhersagten. Anfang
 Juni 2021 kletterte Gold auf Schluss-
 kursbasis sogar wieder auf 1.900 USD/
 Feinunze. Der Zins-Rückenwind dürfte
 jedoch allmählich erlahmen. Steigen-
 de Inflationsraten helfen dem Gold-
 preis nur bedingt. Entgegen weit ver-
 breiteter Meinung taugt Gold als Ab­
 sicherung gegen Inflation nur begrenzt
 und wenn, dann in Phasen sehr hoher
 Inflation.

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