Recycling unmöglich - Freie Liste
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Magazin der Freien Liste No. 28, Juni 2019 freieliste.li Recycling unmöglich Jugend an die Macht! Beim Klimaschutz zeigen die Jungen politische Haltung. Wir sind alle Migranten Selbstversuch Nachhaltig leben UN-Migrationspakt ohne Liechtenstein Ist ein Alltag ohne Plastik möglich? Gartenkooperative und GemüseAckerdemie
Aus dem Inhalt Editorial 05 – Das Gespenst des Populismus – Liechten- stein hat sich beim UN Migrationspakt der Stimme enthalten. Warum? Der Abgeordnete Thomas Lageder zeigt auf, dass Politik und Medien zunehmend von rechtspopulistischen Parteien beeinflusst werden. 08 – Plastik im Alltag – ein Selbstversuch – Plastikmüll verseucht die Meere. Ute Jastrzab, HALTUNG zeigen Vorstandsmitglied der Freien Liste, berichtet von ihrem Versuch, Plastik vollständig aus dem Alltag zu verbannen. 13 – Casinos stärker besteuern – Leicht verdien- Text Pepo Frick, praesidium@freieliste.li tes Geld. Die Geldspielabgabesätze für Casinos sind in den Augen der Freien Liste zu tief. Der Staat sollte den Höchstabgabesatz auf 60% erhöhen. Ich lebe in einer Zeit, in der viele Frauen und Männer auf inter- nationaler Ebene Zivilcourage und vorbildliche Haltung zeigen 15 und sich vorbehaltlos für die 1948 definierten UNO-Menschen- – 500 Franken «geschenkt» und 800 Kurse zur rechte einsetzen. Ich wurde dahingehend erzogen, mich gegen Auswahl – Der Abgeordnete Georg Kaufmann Ungerechtigkeit im Alltag zur Wehr zu setzen, gegebenenfalls hält die Initiative ‚Weiterbildungsgutschein’ auch bei massivem Gegenwind. Meine frühere berufliche Tätig- für einen Schritt in die richtige Richtung. keit im Afrika der Apartheid stellte meine Toleranzgrenze und meinen Gerechtigkeitssinn arg auf die Probe. 16 Auch bei uns sind auf Verfassungsebene die gemeinsamen – Ernsthafte Loyalitätssorgen? – Die Behaup- Grundrechte aufgeschrieben und garantiert. Trotzdem braucht tung, dass es Doppelbürgerinnen und –bür- es auch bei uns immer wieder Menschen, welche sich für spezifi- gern an Loyalität mangle, führt der Politik- sche politische Herausforderungen mit ihrer Haltung einsetzen. student Samuel Schurte ad absurdum. Ein Beispiel ist die Auseinandersetzung um den Migrationspakt, den die Regierung nicht unterzeichnet hat – wohl nicht zuletzt 18 aufgrund von diffamierenden Leserbriefen, welche MigrantInnen – Kompromittierte Werte – Wenn Werte selbst als Unrechtsmenschen abgestempelt haben. Viele Menschen sind grundlegend sind, haben sie selbst keinen diesen diskriminierenden Gedanken öffentlich entgegengetre- Grund mehr. Richard Brunhart behandelt ten. Die Aufarbeitung der weiter bestehenden Diskriminierung das Thema des Hefts «Haltung zeigen, Werte von Frauen in Politik und Arbeitsleben zeigt Erfolg, zuletzt bei leben» in Form einer Glosse. den diesjährigen Gemeinderatswahlen. Vor allem viele Frauen zeigten hier klare Haltung, selbst angesichts von herabwürdigen- den Kommentaren. Die Diskussionen um die Umwelt scheinen beherrscht zu sein von «Klimaleugnern», welche alle wissenschaft- lichen Erkenntnisse negieren. Die Diskussion um die Sperrung des Rheindamms ist ein Beispiel. Hier stützt der VCL mit klarer Impressum Positionierung die einstimmige Haltung des Vaduzer Gemeinde- Herausgeberin Freie Liste, Liechtenstein rates. Den teils persönlichen Angriffen auf den VCL-Präsidenten Redaktion WEISS, Birkenweg 6, 9490 Vaduz wird öffentlich widersprochen. Beim Thema Klimawandel legen Redaktionsleitung Alexa Ospelt, info@weissmagazin.li auch hierzulande Jugendliche ihre politische Zurückhaltung ab Gestaltung Mathias Marxer, Gregor Schneider, Triesen und finden deutliche Worte. Druck LAMPERT Druckzentrum AG, Vaduz Schrift Univers und New Baskerville Viele Menschen zeigen klare Haltung und Zivilcourage. Das er- Papier Bavaria, 80 g/m2, FSC Auflage 20’100 Ex. füllt mich mit Zuversicht. Titelbild Mathias Marxer, Gregor Schneider, Triesen Co-Präsident Pepo Frick 2 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Demokratie im Wandel Jugend an die Macht! Text Sebastian Sele, sebastian.jb.sele@gmail.com Foto zvg Jugendliche nehmen immer weniger an Politik teil – trotzdem gehen Hunderttausende von ihnen bei den Klimastreiks auf die Strasse. Was wir daraus lernen müssen. den», stellte sich eines dieser Kinder und «Das grösste Problem unserer Zeit» Kindeskinder im Dezember 2018 an der Dafür sind die Fakten zu klar: Über 26 000 UN-Klimakonferenz im polnischen Katowi- Wissenschaftler aus dem deutschsprachi- ce vor. Die Jugendliche – wer eine 15-Jähri- gen Raum haben sich den Forderungen ge als Mädchen bezeichnet, beweist schon der Klimabewegung um Greta Thunberg mal, recht viel nicht verstanden zu haben angeschlossen: «Die derzeitigen Massnah- – dürfte wohl die Geschichte der aufmüp- men zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- figen Jugend weiterführen. Denn auch sie und Bodenschutz reichen bei weitem nicht hat vieles gesagt, das vielen nicht gepasst aus.» Der Generalsekretär der Weltorgani- hat. Etwa als sie der versammelten Macht sation für Meteorologie sagte 2018 sogar, am WEF «Ich möchte, dass ihr in Panik «dass wir die letzte Generation sind, die in geratet!» um die Ohren warf. Oder als sie der Lage ist, etwas gegen den Klimawandel den Klimastreikenden in Helsinki «Wir zu tun». Der Klimawandel ist unbestritten können die Welt nicht retten, indem wir das drängendste Problem unserer Zeit – uns an die Spielregeln halten» mit auf den und Greta Thunberg bereitet es mit den Weg gab. Und sogar im kleinen Liechten- Klimastreikenden medienwirksam auf. In stein scheint ihre Botschaft angekommen den letzten zwölf Jahren haben Deutsch- zu sein: «Was hältst du von Greta?», fragt schweizer Medien laut dem Wissenschafts- mich meine Mutter am Küchentisch – und magazin higgs bei Weitem nie so ausgiebig ich verstehe die Frage erst nicht, weil sich über den Klimawandel berichtet wie in diese Frage für mich nicht stellt. den letzten Monaten. Sebastian Sele, freier Journalist und Unternehmer Das Thema dieses Textes dürfte so alt sein wie die Menschheit – und doch muss es wieder und wieder und wieder angespro- chen werden: Erwachsene verstehen nicht mehr, was ihre Kinder und Kindeskinder machen. Instagram, Snapchat, TikTok – was? Man könnte an dieser Stelle dieses eine Zitat von Sokrates anbringen, das schon hunderte Male in diesem Kontext genannt wurde (das mit der Jugend, ihren schlechten Manieren und ihrer Verach- tung für Autoritäten). Oder man könnte einen Blick in die Leserbriefspalten der heutigen Tageszeitung werfen. Das Resul- tat dürfte das Gleiche sein, seit Jahrhun- derten. «Mein Name ist Greta Thunberg, ich bin 15 Jahre alt und komme aus Schwe- WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 3
Demokratie im Wandel Hunderttausende Klimastreikende auf «Wer aus der Politik den Strassen dieser Welt. Sollten Sie also Politiker sein und sich beim dritten Satz dieses Textes gefragt ha- ben, was zur Hölle Instagram, Snapchat macht einen Schritt oder TikTok sind, sollten Sie vielleicht mal wieder mit Ihren jugendlichen Kindern oder Kindeskindern sprechen. Deren In- formationen dürften auch in Liechtenstein auf die Jugend zu?» zu einem grossen Teil von einer dieser drei Social-Media-Plattformen stammen, auf der sie wohl lieber Influencer verfolgen, als Ihren Phrasen zuzuhören. Solltest du hingegen einer dieser jun- gen Menschen sein: Lass dir nie mehr ir- gendetwas von irgendwem ausreden, nur weil er älter ist. Auch nicht Klimastreiks an einer Liechtensteiner Schule. Du be- stimmst, in welcher Zukunft du leben Trotzdem findet die öffentliche Debatte und 25 Jahren zu ihrem Verhältnis zur Poli- willst. Denn du bist es, die darin leben gerne mal auf Nebenschauplätzen statt: tik befragt. Andere wichtige Ergebnisse da- wird. Darf man die Schule schwänzen, um auf raus: Junge beteiligen sich an Politik, wenn die Strasse zu gehen? Darf man den Wider- ihnen der Einfluss auf ihren Alltag klar ist spruch wagen, mit CO2-Schleudern in den – oft sei er das aber nicht. Ein möglicher Urlaub zu fliegen und auf der Strasse «Run- Grund dafür: Selbst Influencer geniessen ter mit dem CO2!» zu schreien? Werden ein höheres Vertrauen als Politiker. Greta Thunberg und die Klimabewegung «Woher soll man wissen, was richtig gar von irgendwem instrumentalisiert? und was falsch ist?», fragt Nicola Bossard, Alles Fragen, die irrelevant werden, wenn der im Social-Media-Team der Schweizer man tatsächlich daran interessiert ist, sich Klimastreiks mitmischt. «Viele Jugendli- der grossen, über allen anderen thronen- che sind überfordert, wenn Rechte etwas den Frage zu widmen: Was können wir tun, behaupten und Linke etwas Anderes.» Auf um gegen den Klimawandel anzukämpfen, Greta Thunberg werde aber gehört, weil den Tausende Wissenschaftler als das drän- sie in klaren, deutlichen Worten spreche gendste Problem unserer Zeit benennen? und weil sie jung und authentisch sei – im Alles, das in dieser Debatte nicht auf das Gegensatz zu vielen Politikern. «Das Top- Beantworten dieser Frage ausgerichtet ist, Down-Prinzip von irgendwelchen älteren erfüllt bloss den Zweck einer Nebelpetar- Politikern kann Junge nicht bewegen», de. Und wird darum in diesem Text nicht sagt Bossard. Jugendliche scheinen vielen weiter behandelt. Politikern also gar nicht erst zuzuhören. Die einzige Antwort auf diese eine Passend dazu ist die Wahlbeteiligung jun- grosse Frage liefert wiederum bereits die ger Wählerinnen und Wähler seit Jahren Klimajugend selbst: «System Change not um ein Vielfaches tiefer als bei älteren Ge- Climate Change.» Widmen wir uns also ei- nerationen. ner anderen, fast so relevanten Frage: Was Zur Person können wir langfristig, auch über den Me- Ach, die Realität Sebastian Sele wurde vor 30 Jah- dienhype hinaus, von der Klimabewegung Man kann sich nun über diese Realität är- ren in Liechtenstein geboren. Nach lernen? gern oder sie ignorieren – oder man kann der Matura brach er aus nach Wien konstruktiv werden und sich ernsthaft fra- und Zürich, wo er zuerst ziellos Influencer vs. Politiker gen: Wie gehen wir diesen Missstand in un- Soziologie studierte und anschlies- «Knapp die Hälfte aller Jugendlichen fin- serer Demokratie an? Wer aus der Politik send als Reporter und Redakti- det, dass keine etablierte Partei ihren In- macht einen Schritt auf die Jugend, auf onsleiter eines Jugend-Mediums teressen entspricht», schreibt das Partizi- die Zukunft zu? Wer übersetzt die Sprache arbeitete. Heute ist er als freier pationsprojekt easyvote im April 2019 zu der institutionalisierten Politik in die Spra- Journalist und Unternehmer sowie seiner neusten Studie. Easyvote hat in der che der Jugend? Denn dass die Jugend an als Content Strategist tätig. Schweiz rund 1800 Menschen zwischen 18 Politik interessiert ist, beweisen gerade 4 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Migrationspakt der Vereinten Nationen Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus Text Thomas Lageder, thomas.lageder@landtag.li «Die Sorge, dass Liechtenstein eben doch versucht, den ‹Rückwärtsgang› einzulegen, äusserte ein Zuhörer in der anschliessenden Fragerunde. An der Debatte um den UN-Migra- tionspakt machte er fest, dass der Rechtspopulismus in Liechtenstein Einzug gehalten habe. Die Politik habe sich von einzelnen Leserbriefschreibern treiben lassen.» «Das Gespenst des Populismus», so lautete im Liechtensteiner Vaterland unterirdisch unverbindliche, sogenannte Best-Practice- der Untertitel des oben in der Einleitung war. Anstatt den Inhalt des Migrationspak- Guidelines. Der UN-Migrationspakt ist zitierten Zeitungstexts (Liechtensteiner tes zu erklären, Pro und Contra abzuwä- also nichts weiter als eine gemeinsame Volksblatt vom 21. März 2019) bezüglich gen und die Bevölkerung zu informieren, Verständigung darauf, wie die Staaten die- eines Vortrags zur liechtensteinischen wusste das VU-Parteiorgan nichts Besse- ser Welt mit dem Phänomen der Migrati- Aussenpolitik von Regierungsrätin Aure- res, als im November 2018 eine Online- on umzugehen gedenken. Und zweitens lia Frick. Die Aussenministerin rief dar- Umfrage mit folgender Fragestellung zu wird und wurde nichts unterzeichnet, von aufhin sehr treffend zu mehr Sachlichkeit unterbreiten: «Soll Liechtenstein den Mig- keinem Staat. Kann auch gar nicht, weil auf: «Ich glaube, wir müssen es wieder rationspakt unterzeichnen?» Dabei bleibt die Prinzipien, die der Pakt beschreibt, schaffen, emotionale politische Themen festzustellen, dass nicht einmal die Frage rechtlich nicht bindend sind und es auch auf der sachlichen Ebene zu diskutieren.» sachlich richtig formuliert ist. Denn beim nie sein werden. Sachlich oder eben objektiv betrach- UN-Migrationspakt handelt es sich weder Aber gerade für Liechtenstein ist das tet scheint die Sachlage so «klar», wie die um einen Staatsvertrag noch um eine in- sowieso ohne jegliche Relevanz. Denn wie Berichterstattung zum UN-Migrationspakt ternationale Konvention, sondern um dem Bericht der Regierung zu entnehmen ist, richtet sich der Staat Liechtenstein bereits heute zu 99,5 Prozent nach den Richtlinien, die im UN-Migrationspakt be- schrieben sind. Dies ist so, auch wenn das einigen Abgeordneten bei der Landtags- diskussion am 5. Dezember 2018 gar nicht recht war. Oder sollte man besser sagen: «Sind wir nicht alle «nicht rechts genug» war? Stimmenthaltung kommt einem «Nein» gleich Warum also das Theater? Warum hat irgendwie Migranten?» sich die Regierung schliesslich entschie- den, dem UN-Migrationspakt am 19. De- zember 2018 bei der Versammlung der Vereinten Nationen in New York nicht 6 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Liechtenstein und die Vereinten Nationen zuzustimmen, sondern sich der Stimme von kurzfristiger Herkunft ist? Die provo- zu enthalten? Warum hat die Regierung kative Frage sei erlaubt: Sind wir nicht alle Liechtensteins entschieden, sich auf der irgendwie Migranten? Seite von Ländern wie Italien, Österreich, Warum die Stimmenthaltung in New der Schweiz, Australien, Algerien, Bulga- York? Liegt der zu Beginn erwähnte Zuhö- rien, Chile, Lettland, Libyen, Rumänien rer wohl doch richtig? sowie Singapur und inhaltlich damit nä- her an Ländern wie Ungarn, Polen, der Tschechischen Republik, Israel und den USA, die den UN-Migrationspakt allesamt ablehnten, zu positionieren? Warum nicht bei den 152 anderen Staaten, die Ja gesagt haben? Liechtenstein gehört damit zu einem exklusiven Club von Ländern, die – gera- de in Sachen Umgang mit Migration und Fremdenfeindlichkeit – immer wieder von sich reden machen. Auch scheint den meisten dieser Länder gemein, dass ihre Politik zunehmend von Parteien domi- niert wird, die deutlich im rechten Spek- trum zu verorten sind, um es vorsichtig zu formulieren. Parteien in unserer un- mittelbaren Nachbarschaft wie die FPÖ, die SVP, die AFD, die Lega haben sich dezidiert gegen den UN-Migrationspakt gestellt. Wollen wir wirklich, dass Politi- ker wie der ungarische Ministerpräsident Orban, der Bundestagsabgeordnete Gau- land oder der inzwischen zurückgetrete- ne FPÖ-Vize-Bürgermeister von Braunau Schilcher in einem Atemzug mit Adrian Hasler genannt werden? Schilcher hat sei- ne Gesinnung bekanntlich gerade kürz- lich mit einem Gedicht mit dem Titel «Die Stadtratte» eindeutig offen gelegt: «So, wie wir hier unten leben, müssen and’re Ratten eben, die als Gäst’ oder Migranten, auch die, die wir noch gar nicht kannten, die Art zu leben mit uns teilen! Oder rasch von dannen eilen!» Wollen wir das? Ist Liechtenstein nicht ein weltoffenes Land, das wie wahrschein- lich kaum ein anderes seit Jahrzehnten von einer geordneten, sicheren und re- gulären Migration profitiert? Ist Liech- tenstein nicht ein Musterbeispiel dafür, wie der fortwährende, zugegebenermas- sen auch anstrengende Prozess von Inte- gration gelingt? Integration bedeutet im Übrigen nichts Anderes als «Vervollstän- www.123rf.com digung» oder «Einbezug in ein grösseres Ganzes». Basiert Liechtensteins Wohl- stand nicht zu einem ganz wesentlichen Teil auf Zuwanderung, die sich entweder schon vor längerer Zeit vollzogen hat oder WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 7
Nachhaltige Entwicklungsziele Plastik im Alltag – ein Selbstversuch Text und Foto Ute Jastrzab, jastrzab.ute@outlook.com Weltweit gelangen laut der Meeresschutzorganisation Oceana stündlich 675 Tonnen Müll in die Meere – rund die Hälfte davon sei Plastik. Ein Kommentar auf Twitter lautet: «Früher war der Fisch in der Verpackung, heute ist die Verpackung im Fisch.» Da will ich als umweltbe- wusste Bürgerin nicht länger tatenlos zusehen und starte einen Selbstversuch. Alle kennen mittlerweile die Bilder von steht man im Laden und kauft haufenwei- packen – einfach. Im Unverpackt-Laden Schildkröten in Plastikgebinden, welche se Plastik ein, um dann wieder zu recyclen, können auch viele Produkte ohne Plastik- einmal Getränkedosen zusammenhielten, was eigentlich reduziert und vermieden verpackung erstanden werden. Aber schon von geöffneten Fischbäuchen, in welchen werden sollte. Meine Frustration darüber beim Metzger wird es verzwickt. Natürlich sich Plastikmüll angesammelt hat, oder hat ihren Höhepunkt erreicht. An mir soll nimmt man keine Plastiktasche, aber an von schwimmenden Plastikinseln im Meer. es also nicht liegen – von nun an wird kein das beschichtete Papier haben wir nicht Die (Um-)Welt ist aus den Fugen und alle Plastik mehr gekauft. gedacht. Am Wochenende soll ein Ku- tragen ihren Teil dazu bei. Auch als um- chen gebacken werden, aber Quark und weltbewusster Mensch kommt man an sei- An mir soll es nicht liegen, aber… Joghurt gibt es nur im Plastikbehälter. Es ne Grenzen. Da fährt man mit dem Rad Das Brot vom Bäcker – easy. Das Gemü- gäbe Quark im Offenverkauf in Feldkirch; zur Arbeit, fährt mit dem Zug in die Feri- se von der Gartenkooperative und vom aber für Quark schnell mit Bus, Auto oder en, recycelt mit grosser Sorgfalt und dann Gemüseladen in mitgebrachte Taschen Fahrrad dorthin? Die täglichen Einkäufe werden normalerweise auf dem Weg von der Arbeit nach Hause im Dorf erledigt. Der Alltag hat sich zu einem echten Hür- denlauf entwickelt: Kosmetik im Gläschen – leider mit Plastikdeckel. Der Kaffeerahm «Vielleicht wäre ein Verbot im Restaurant, das Nasenspray in der Apo- theke, Hygieneartikel im Allgemeinen … das plastiklose Leben so fern wie das pa- pierlose WC. von Plastiktüten … Konsumenten haben Einfluss Konsequent plastikfreies Einkaufen im Alltag ist heute praktisch unmöglich. Aber ein erster Schritt» auch wenn die Suche nach Alternativen zeitaufwändig ist, überwiegt nach einem Monat das Gefühl einer gewissen Befriedi- gung. Der Plastikmüll im Haushalt hat sich 8 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Leben unter Wasser Globaler politischer Zusammenhang Im September 2015 wurde von den Vereinten Nationen die Sustai- nable Development Agenda 2030 verabschiedet. Diese enthält 17 nachhaltige Entwicklungsziele (engl. Sustainable Development Goals – SDGs), welche die Welt verändern sollen. Alle 193 Länder der UNO-Generalversammlung, auch Liechtenstein, haben sich dieser Agenda verpflichtet. Das SDG 14 «Leben unter Wasser» war eine Idee der kleinen Inselstaaten. Dieses Ziel beinhaltet u.a., dass die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll bis zum Jahre 2025 signifikant gesenkt wird. Vom 5. bis 9. Juni 2019 findet dazu die erste Ozeankonferenz der Vereinten Nationen mit Wissenschaftlern, Unternehmern und Akteuren der Zivilgesellschaft statt. in der Tat erheblich reduziert und das be- wusstere Einkaufen wirkt sich ausserdem positiv auf das Haushaltsbudget aus. Ich bin davon überzeugt, dass ein «Nein» der Konsumenten zu unnötigen Plastikverpa- ckungen mittel- bis langfristig vom Handel gehört wird. Allerdings ist es unabdingbar, dass auch die Politik die richtigen Signale sendet und Akzente setzt. Vielleicht wäre ein Ver- bot von Plastiktüten wie in Kenia, Ruanda und Indien auch für Liechtenstein ein ers- ter Schritt. An uns soll es nicht liegen! WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 9
Ökologische Landwirtschaft «Essen ist politisch» Interview Alexa Ospelt, info@weissmagazin.li Foto zvg Wüssten Sie auch zu gerne, wo und wie Ihr Gemüse angebaut wird und wie frisch es tat- sächlich ist? Stephan Gstöhl, Mitgründer Gartenkooperative, und Sandra Fausch, Gründerin GemüseAckerdemie Liechtenstein, machen es möglich. Sie sensibilisieren und begeistern mit ihren Projekten Jung und Alt für einen bewussten Umgang mit Ernährung und Umwelt. Beide Initiativen inspirieren auch zum lustvollen Gärtnern und zum umweltschonenden, biologischen Gemüseanbau. Weiss: Sandra Fausch, Du bist Mitglied der unsere Abonnentinnen und Abonnenten der jungen Generation die Weichen für Gartenkooperative? Warum hast du den erhalten wöchentlich eine Gemüsetasche einen gesunden Lebensstil gestellt. Das er- Schritt gemacht? (44x pro Jahr), jedes Mitglied leistet je achte ich als enorm wichtig. Sandra Fausch: Essen ist politisch, und Mit- nach Abo pro Jahr zwischen 0 und 22 Ein- glied in einer Gartenkooperative zu sein, sätzen zu je vier Stunden. Für die Einsätze Sandra, worum geht es in deinem Projekt? ist ein politisches Statement. Die Garten- kann man sich online einschreiben. Mit Sandra Fausch: Viele junge Menschen ha- kooperative passt zu meiner ökologischen jedem Einsatz im Freien verbringt man/ ben heute den Bezug dazu verloren, wie Lebensanschauung. Die Initianten haben frau einen gemeinsamen Nachmittag an Lebensmittel entstehen, wo sie herkom- dieses Projekt erstaunlich rasch realisiert. der frischen Luft, in Kontakt mit der Erde. men und was ihre Qualität ausmacht. In Dank der Anpassung der Abo-Modelle Das empfinden die meisten als erholsam. der GemüseAckerdemie setzen wir uns bin ich nun seit ca. 1.5 Jahren zufriedene auseinander mit der Verschwendung von Abonnentin des Single-Abos. Die Garten- Wer bestimmt, was angebaut wird? Lebensmitteln oder Begriffen wie Ernäh- arbeit tut mir gut und ich komme mit mei- Nach welchen Kriterien? rungssouveränität. ner Gemüsetasche pro Woche durch. Ein Stephan Gstöhl: Der Anbauplan wird durch gesunder Nebeneffekt meiner Mitglied- unsere Gärtner bzw. Gärtnerinnen erstellt Was genau heisst «Ernährungssouveränität»? schaft ist mein wöchentlicher Dorfspazier- und in der Generalversammlung bespro- Sandra Fausch: Ernährungssouveränität ist gang zur Ausgabestelle. Ich spare Zeit, re- chen. Wir bauen, wo immer möglich, alte das Recht der Völker auf gesunde und kul- duziere meinen Abfall wesentlich und alles und samenfeste Sorten an und achten da- turell angepasste Nahrung, nachhaltig und ist frisch, lokal und biologisch. Und ich rauf, dass wir auch jedes Jahr wieder neue unter Achtung der Umwelt hergestellt. Sie trage zum Gelingen eines solchen Ansatzes kulinarische Highlights ausprobieren, die- ist das Recht auf Schutz vor schädlicher und zu einer nachhaltigeren Gesellschaft ses Jahr pflanzen wir beispielsweise zum Ernährung. Sie ist das Recht der Bevölke- bei. Das stimmt mich sehr zufrieden. ersten Mal Edamame an. rung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. Stephan Gstöhl, wie funktioniert die Was hältst du von der GemüseAckerdemie? Die GemüseAckerdemie ist ein Bil- Gartenkooperative? Stephan Gstöhl: Die GemüseAckerdemie dungsprogramm, das im Klassenzimmer Stephan Gstöhl: Die Gartenkooperative ba- sensibilisiert Kinder und Jugendliche rund und im eigenen Schulgarten stattfindet siert auf der Idee des nachhaltigen Wirt- um das Thema Ernährung, Sandra stellt und weit über das Thema «gesunde Ernäh- schaftens bzw. der Solidarischen Landwirt- ein handlungsorientiertes Bildungspaket rung» hinausgeht. Wir arbeiten theore- schaft. Wir bauen gemeinsam ökologisches für unsere Schulen bzw. interessierte Leh- tisch und praktisch, mit Bildungsmateria- Gemüse auf unserem Acker in Schaan an, rerInnen bereit. Hier werden bereits bei lien und Sinneserfahrungen. Lehrerinnen 10 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Sandra Fausch, diplomierte Umweltingenieurin und Initiantin der GemüseAckerdemie Liechtenstein, arbeitet bei der CIPRA und ist seit April Vorstandsmitglied der Freien Liste. Stephan Gstöhl ist Mitgründer der Gartenkooperative und seit Mai für die Freie Liste Mitglied des Vaduzer Gemeinderats. Beide setzen sich für eine gesunde Umwelt und Ernährung sowie für eine nachhaltige Gesellschaft ein. Sie unterstützen die Ökologi- sierung der Landwirtschaft, für die sich auch die Freie Liste engagiert. und Lehrer unterstützen wir bei der Um- der Familie und verbringen einen halben setzung des Programms, sie erhalten Lehr- Tag bei der Gartenarbeit mit ihren Kin- mittel und Anleitung via Login-Bereich. dern. Gemeinsames Gärtnern ist heutzuta- Ich biete ein fertiges Bildungspro- ge schon idyllisch und eine Seltenheit. Alle dukt mit Erfahrungswerten aus der Ge- verbringen gemeinsam Zeit im Freien und müseAckerdemie Deutschland und der bauen ihre eigenen Lebensmittel an. Wir Schweiz. Das alles ermöglicht es Lehrerin- tun etwas für unsere eigene Gesundheit nen und Lehrern, ihren Schülerinnen und und gleichzeitig leisten wir einen Beitrag Schülern Themen rund um Nachhaltigkeit für die Gesundheit unseres Planeten. über den Garten näherzubringen. Erfor- derlich ist auch ein Gartenbeet im Schula- Du hast im Rahmen Deines Studiums ein real, das kann natürlich längst nicht jede bioveganes Düngekonzept entwickelt, das Schule stellen. Alternativ arbeiten wir mit die Gartenkooperative testen und einsetzen Hochbeeten will. Was sind die Vorteile? Sandra Fausch: Im Falle der Gartenkoope- Werden die zusätzlichen Wochenlektionen in rative: Pflanzliche Düngemittel können den Unterricht integriert? selbst hergestellt werden. Dadurch kann si- Sandra Fausch: Grundsätzlich ist alles abge- chergestellt werden, dass kein mit beispiels- stimmt mit und auf den neuen Lehrplan. weise Antibiotika belasteter Hofdünger auf Pflückgarten in Vaduz Die Lehrpersonen können sich unterein- die Felder gelangt. Die gängige Meinung Im Juni finden Sie Stephan ander auch absprechen, wer wann und mit besagt, dass man immer noch Hofdünger Gstöhl mitunter auf dem Vaduzer welchem Fokus in den Garten geht. Ver- (z.B. Mist) braucht, um Ackerbau im gros- Rathausplatz bei bei den Gemüse- schiedene Fächer bieten sich an. Die op- sen Stil zu betreiben. Rein pflanzlicher Hochbeeten der Gartenkooperative timale Umsetzung erfolgt im individuellen Dünger mit Brennnesseln und Co. reiche Gemüse-Hochbeeten. Dort können Gespräch zwischen der GemüseAckerde- nicht, so lautet die Konvention. Die Fra- Sie sich von seinem ökologischen mie und der betreffenden Schule. gen, die mich hier als Umweltingenieurin Ansatz selbst überzeugen. Weitere bewegen, sind, a) stimmt das denn über- Informationen zu den Projekten und Stellt die Gartenkooperative auch Ackerland haupt und b) welche pflanzlichen Alterna- Kontaktdaten finden Sie auf den je- für das Bildungsprojekt zur Verfügung tiven bieten sich mir, und was sind deren weiligen Webseiten der Initiativen: Stephan Gstöhl: Nein, aber eine Zusammen- Vor- und Nachteile? www.gemueseackerdemie.li arbeit wäre durchaus zu überlegen. Un- www.gartenkooperative.li sere Abonnenten kommen teilweise mit WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 11
Aktuelle Stunde Casinos stärker besteuern Text Thomas Lageder, thomas.lageder@landtag.li Ertragen Liechtenstein, seine Bevölkerung und seine Reputation so viele Casinos, wie rentabel betrieben werden können? In der Aktuellen Stunde vom April 2019 diskutierten wir im Landtag auf Antrag der Freien Liste die aktuellen Entwicklungen rund um die Ansiedlung weiterer Casinos in Liechtenstein. Das Thema ist hochaktuell und von landespolitischer Bedeutung. Die aktuellen Entwicklungen sind aus der sehr gut gebrauchen. Die untenstehenden Sicht vieler Abgeordneten kaum mehr im Zahlen sprechen für sich. Eine stärkere Be- Einklang mit den Intentionen bei der Ein- steuerung hätte automatisch eine ausglei- führung des Geldspielgesetzes im Jahre chende Wirkung auf die Anzahl Konzessi- 2010/11, respektive den Gesetzesanpas- onsgesuche. sungen 2016. Das damalige Ziel war die Etablierung eines renommierten Casinos im Land. Inzwischen haben aber das libe- rale Geldspielgesetz und die attraktiven Steuersätze eine Eigendynamik ausgelöst, und es liegen weitere Konzessionsgesuche auf dem Tisch der Regierung. Viele fürch- ten nun um den Ruf des Landes, denn noch können Spielerinnen und Spieler, Faktenübersicht zu den Casinos in Liechtenstein 2018 die in der Schweiz oder Österreich meist aufgrund ihrer Schuldenlage gesperrt Anzahl Casinos: 2 sind, in Liechtenstein problemlos ihr Bruttospielertrag für beide Casinos (Einsätze minus Gewinne): +55 Mio. Franken Glück versuchen. In Liechtenstein verspieltes Geld (Gewinne minus Einsätze): - 55 Mio. Franken Die Freie Liste betont in der Casino-Dis- Geldspielabgabe auf Bruttospielertrag für beide Casinos: 19.3 Mio. Franken kussion, dass die Abgabesätze zu tief sind und die Erhöhung des oberen Abgabesat- Geldspielabgabesatz: Für die erste Million Franken Bruttospielertrag beträgt der Abgabesatz zes gerechtfertigt wäre. Meiner Meinung 17.5%, für jede weitere Mio. Bruttospielertrag beträgt er 2.25% mehr, der Satz steigt bis maximal nach ist es erstrebenswert, dass der Staat 40% (der maximale Abgabesatz wird bei 10 Mio. Franken Bruttospielertrag erreicht, ab dann von diesen offensichtlichen Goldgruben gehen für jeden weiteren verspielten Franken folglich 40% an den Staat und 60% an die Casinos). noch stärker profitieren soll. Die Gewinne der Casinos sind offensichtlich enorm (sie- Durchschnittlicher Geldspielabgabesatz: Ca. 36.5% he Faktenübersicht). Die Erhöhung des Tagesumsatz für beide Casinos bei 365 Tagen Betrieb pro Jahr: Ca. 150‘000 Franken am Tag oberen Abgabesatzes auf z.B. im Vergleich Gewinn pro Jahr für beide Casinos: 35 Mio. Franken minus immer noch moderate 60 Prozent würde Aufwand = 30 Mio. Franken absolut keinen Schaden verursachen. Im Zusammengestellt von Thomas Lageder (geschätzt) Gegenteil, der Staat könnte dieses Geld 12 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Gemeinderats- und Vorstandswahlen Die Freie Liste wächst weiter Text Alexa Ospelt, info@weissmagazin.li Foto Klaus Schädler und andere Die Freie Liste (FL) hat Zuwachs erhalten. Bei den Gemeinderatswahlen hat sie fünf Sitze zugelegt – von drei auf neu acht Ge- meinderätinnen und -räte. An der Gene- ralversammlung im vergangenen April hat die Mitgliederversammlung zudem vier neue bzw. zusätzliche Mitglieder in den Vorstand gewählt, insgesamt besteht der FL-Vorstand nun aus zehn Personen, fünf Frauen und fünf Männern. Co-Präsident Pepo Frick begrüsst die vier neuen Vorstandsmitglieder (von links nach rechts): Harry Hasler, Sandra Fausch, Ute Jastrzab und Manuel Kieber. Neu gewählte Gemeinderätinnen und -räte der Freien Liste Bettina Eberle-Frommelt Stephan Gstöhl Katja Langenbahn-Schremser Andrea Matt Balzers Vaduz Planken Mauren-Schaanwald Corina Vogt-Beck Stefanie Hasler Andreas Heeb Patrick Risch Triesenberg Vaduz Schaan Schellenberg WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 13
Gesundheitskosten und OKP-Staatsbeitrag OKP-Staatsbeitrag: Erneuter Antrag auf Verdoppelung Text Thomas Lageder, thomas.lageder@landtag.li Foto Alexa Ospelt Am 4. April und 11. Mai gingen insgesamt fast 300 Menschen trotz Regen auf die Strasse und demonstrierten vor dem Regierungsgebäude für mehr bzw. eine neue Solidarität im Gesundheitswesen. Die Regierung erachtete die Demos letztlich als unnötig. Die Freie Liste hingegen sieht die friedlichen Kundgebungen als natürliche Reaktion auf versäumte staatli- che Reformen. Die Fraktion der Freien Liste wird im Juni- Landtag wieder den Antrag einbringen, den Staatsbeitrag an die OKP von 29 Mio. Franken auf 58 Mio. Franken, auf das Ni- veau des Jahres 2010, zu verdoppeln. Die Gesundheitskosten, zusammenge- setzt aus Prämie, Franchise und Selbstbe- halt, stellen für den Mittelstand, der nicht mehr von der Prämienverbilligung profi- tieren kann, eine zunehmende Belastung dar. Um Gegensteuer zu geben, beantragt die Freie Liste seit Jahren jeweils im Juni eine substantielle Erhöhung des Staatsbei- trags an die OKP. Bisher erfolglos. Doch der politische Druck auf die Regierung In der liechtensteinischen Bevölkerung regt sich Unmut über die hohen Gesundheitskosten. Im wächst. April und Mai fanden Demonstrationen statt. Die Freie Liste unterstützt die Forderungen der Demonstrantinnen und Demonstranten. 905 Franken weniger im Jahr Wie bereits in der Parteienbühne vom 18. Mai erwähnt, würde dies eine Reduk- Richtung erwerbsabhängiger Prämien ge- tivvorschlag der VU zur Ausweitung der tion der Monatsprämie für Erwachsene ändert werden. Dies kann im bestehenden Prämienverbilligung unterstützen. Weiter von rund 75 Franken pro Monat und 905 System zum einen mit der Erhöhung des wird die Fraktion der Freien Liste auch je- Franken pro Jahr bedeuten. Die dringend OKP-Staatsbeitrags bewerkstelligt werden den anderen Vorschlag zur Erhöhung des notwendige Entlastung würden aber nicht und zum anderen mit der Ausweitung der OKP-Staatsbeitrags unterstützten. Dabei ist nur die Versicherten spüren. Da sich die Prämienverbilligung, die sich bereits heute nicht von Interesse «wer’s erfunden hat», Arbeitgeber zur Hälfte an der Kranken- am Erwerb orientiert. Waren bei der einfa- sondern dass endlich die Prämienlast ver- kassenprämie beteiligen, würden auch sie chen Volksinitiative zu erwerbsabhängigen mindert wird und das unsoziale System der mit monatlich rund 37 Franken pro be- Krankenkassenprämien der Freien Liste Kopfprämien gelindert wird. Es tut not, ge- schäftige Person (452 Franken pro Jahr) im Jahr 2016 mit Ausnahme von Wende- meinsam zu handeln. entlastet. Das stellt, in Zeiten der sich ab- lin Lampert sämtliche Abgeordnete gegen schwächenden wirtschaftlichen Konjunk- dieses Ansinnen, scheint sich nun immer- turaussichten, eine willkommene Entlas- hin durchzusetzen, dass die Prämienverbil- tung auch der Wirtschaft dar. ligung, die erwerbsabhängig ausgestaltet Die Freie Liste kritisiert seit Jahren die ist, zu erweitern ist. unsoziale Verteilung der Gesundheitskos- Die Fraktion der Freien Liste wird so- ten über die Kopfprämie. Die Verteilung wohl die Initiative des Abgeordneten Kai- der Gesundheitskosten muss endlich in ser als auch einen eventuellen Alterna- 14 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Weiterbildungsgutscheine für Personen mit niedrigem Einkommen 500 Franken «geschenkt» und rund 800 Kurse zur Auswahl Text Georg Kaufmann, georg.kaufmann@landtag.li Mit dem Pilotprojekt «Weiterbildungsgutschein» möchte die Stiftung Erwachsenenbildung Menschen, die es sich sonst nicht leisten können, den Zugang zu Weiterbildung ermög- lichen. Sie können auf der Homepage der Stiftung Erwachsenenbildung einen Gutschein in der Höhe von 500 Franken beantragen und diesen für ihre persönliche Weiterbildung verwenden. Diese sinnvolle Initiative ist jedoch kein Selbstläufer, sondern erfordert mehr Beratung und Hilfestellungen als angenommen. Im Rahmen des Pilotprojekts, welches im Handlungsfelder erkannt März startete und noch das ganze Jahr läuft, Angelika Vonlanthen-Biedermann sieht werden insgesamt 100 Gutscheine ausgege- auch Herausforderungen: «Die Informa- CHF 500 für Ihre ben. Nun sind zwei Monate der Projektpha- tion und Beratung unserer Zielgruppe Weiterbildung. se verstrichen, Zeit für eine erste Bilanz: Wie muss intensiviert werden. Sowohl für die kommt das Angebot der Stiftung an? Wie Antragstellung wie für die Kursauswahl viele Gutscheine wurden beantragt? Gibt es benötigen viele Menschen mehr Unter- erste Erfahrungen und Erkenntnisse? stützung. Sie kennen das Angebot nicht Angelika Vonlanthen-Biedermann, Ge- oder können sich schlecht orientieren. schäftsführerin der Stiftung, nimmt dazu Sie sind nicht geübt im Umgang mit dem Stellung: «Wir sind mit dem Start insgesamt Computer und haben teilweise Mühe, das sehr zufrieden. Die technische Umsetzung elektronische Antragsformular selbststän- funktioniert ausgezeichnet und wir werden dig auszufüllen. Mit einer verstärkten Zu- gerade von den Bildungsanbietern und ver- sammenarbeit mit allen Partnern und ei- schiedenen Organisationen, die in Kontakt genen neuen Ansätzen möchten wir diese mit unserer Zielgruppe sind, sehr unter- Unterstützung bieten.» stützt.» Das zweite Handlungsfeld sieht Von- Die Geschäftsführerin freut sich, dass lanthen-Biedermann in der Angebotspa- über 20 Weiterbildungsgutscheine bereits lette der Weiterbildung: «Ein sicherer beantragt wurden und 19 davon freigege- Job und mehr Flexibilität auf dem Ar- ben werden konnten. Mehrheitlich seien es beitsmarkt sind gemäss Selbstauskunft Frauen im Alter zwischen 25 und 62 Jahren, die Hauptmotivation für die Nutzer des die mit einer Weiterbildung ihre Chancen Weiterbildungsgutscheins. Es ist deshalb auf dem Arbeitsmarkt verbessern möchten über das Projekt Weiterbildungsgutschein www.weiterbildungsgutschein.li oder den Wiedereinstieg in die Erwerbsar- hinaus wichtig, dass wir uns verstärkt Ge- Wer kann den Gutschein nutzen? In Liech- beit planten. Zwei Drittel der Antragstel- danken über Möglichkeiten einer beruf- tenstein wohnhafte Personen, zwischen 25 lenden sind laut Vonlanthen-Biedermann lichen Erstqualifikation von Erwachsenen und 64 Jahre alt, mit einem maximalen zu Menschen mit Migrationshintergrund. Sie machen. Wir hoffen, dass noch viele Men- versteuernden Einkommen von CHF 45’000 lebten häufig bereits seit zehn bis fünfzehn schen vom Weiterbildungsgutschein pro- pro Jahr. Bei Verheirateten oder Personen in Jahren in Liechtenstein und hätten mit fitieren und wir diesen weiterentwickeln einer Lebensgemeinschaft beträgt es maximal dem Weiterbildungsgutschein eine Chance, können. Das Potenzial ist vorhanden.» CHF 57’000 pro Haushalt. Der Gutschein ein Bildungsangebot zu besuchen, welches Tolle Initiative und ein erster Schritt in muss im Vorfeld beantragt werden und muss sie weiterbringt. die richtige Richtung. 2019 eingelöst werden. WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 15
Doppelte Staatsbürgerschaft Ernsthafte Loyalitätssorgen? Text Samuel Schurte, samschurte@gmail.com Foto zvg «S’Fritzle» ist leidenschaftlicher Fussballspieler und ist auch recht gut darin. Eines Tages entscheidet es sich dazu, neben dem Fussball noch mit Tennis anzufangen. Nach dem ersten Training kommt der Trainer vorbei und fragt s’Fritzle: «So, hat’s Dir gefallen?» S’Fritzle stimmt zu und sagt, dass es wieder zum Training kommen will. Das findet der Trainer super, weil der Junge auch beim Tennis Talent hat und das auch unter Beweis gestellt hat. «Super, Fritzle. Dann melde Dich einfach Ungleichheiten fangen da an, dass jeder ohnehin schon lange im Land wohnen etc. beim Fussballverein ab, dann kannst du Liechtensteiner und jede Liechtensteine- Diese Argumente sind auch wissenschaft- nächste Woche wieder ins Training kom- rin aber das Recht dazu hat, sich in ande- lich belegt, unter anderem von Martina men!» ren Staaten einbürgern zu lassen, ohne Sochin D’Elia vom Liechtenstein-Institut1. Fritzle ist verwirrt. «Wieso muss ich den Liechtensteiner Pass abzugeben, ähn- Die Gegenargumente allerdings scheinen mich jetzt beim Fussball abmelden? Ich lich wie im «Witz» oben. Zwar wurde das etwas schwerer nachvollziehbar. Die Re- hab eine Menge Freunde, die im Fussball- Ganze im Landtag schon mehrmals disku- gelung, nach der man den alten Pass ab- club und im Tennisclub dabei sind! Die tiert, eine Mehrheit für die sinnvolle Ge- geben muss, soll nämlich Loyalität gegen- mussten sich auch nirgends abmelden!» setzesänderung lässt sich aber immer noch über Liechtenstein zeigen und als «letzter «Na ja», meint der Trainer, «die Clubre- nicht finden. Die Argumente für eine dop- Beweis» für eine 101-prozentige «Integra- geln sagen, dass die Neuen bei keinem an- pelte Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung tionswilligkeit» gelten. Die Loyalität und deren Sportclub dabei sein dürfen. Weisst sind bekannt: bessere Integration, Gleich- der Integrationswille sind sicherlich zwei Du, Tennis muss deine erste Priorität wer- behandlung gegenüber den Staaten, die wichtige Punkte in der Frage um die Staats- den, wenn du bei uns mitspielen willst. Wir LiechtensteinerInnen aufnehmen, ohne bürgerschaft, aber schaut man sich dieses wollen nicht, dass du in drei Wochen wie- dass diese ihren FL-Pass abgeben müssen, Argument etwas genauer an, so fallen eini- der abspringst, weil du endlich bei den C- politischer Einbezug von Menschen, die ge Lücken auf: Zum einen handelt es sich Junioren mitspielen darfst. Aber sobald du im Tennisclub bist, kannst du dann ja zu jedem anderen Verein, bei dem du mitma- chen willst! Ist ja logisch.» Dass dieser Witz zum einen paradox und zum anderen auch noch schlecht ist, da wird mir wohl jeder zustimmen. Trotz- «101-prozentige dem lohnt es sich, ihn zu erzählen. Denn manchmal muss man einfach die simpels- ten Ungleichheiten noch simpler erklären. Die Rede ist natürlich von der doppelten Integrationswilligkeit » Staatsbürgerschaft. Immer noch ist es in Liechtenstein nicht möglich, sich einbür- gern zu lassen und dabei seine angestamm- te Staatsbürgerschaft beizubehalten. Die 16 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
Doppelte Staatsbürgerschaft bei den in Liechtenstein einzubürgernden Zahlen von Doppelbürgern weltweit, aber Menschen um solche, die schon 30 Jahre auch spezifisch in Liechtenstein. Denn im Land wohnen, hier arbeiten und Steu- rund ein Fünftel der LiechtensteinerIn- ern zahlen. Somit ist ein gewisses Mass nen, die im Land wohnen(!), besitzen an Integration bereits erreicht worden, mehr als einen Pass 2. Da hat das Gesetz ob gewollt oder nicht. Zudem muss trotz nämlich keine Loyalitätssorgen mehr. Die dieser langen Aufenthaltsdauer noch ein Leute, die kommen, müssen strengstens Sprach- und ein Staatskundetest bestanden auf ihre Loyalität geprüft werden. Wenn werden. Zumindest der Staatskundetest ist aber jemand von Geburt an Liechten- ohne gründliche Vorbereitung nur schwer steinerIn ist, dann vertrauen wir dieser zu bestehen. Mit diesen Massnahmen al- Person. Das Gesetz erlaubt es ihr, jede leine wird bereits sichergestellt, dass die Anstrengung zu unternehmen, einen an- Menschen, die den FL-Pass erlangen wol- deren Pass zu ergattern, ohne sich Sorgen len, einiges dafür tun müssen und ihre um die liechtensteinische Staatsbürger- Loyalität und den Willen zur Integration schaft machen zu müssen. Und das ist ja unter Beweis stellen. Denn was bringt eine auch gut so. Dieser Fakt macht einfach Einbürgerung den neuen Staatsbürgern die gesamte Argumentationskette bezüg- im Endeffekt? Sie möchten nicht nur Teil lich Loyalität inkonsistent. Es scheint fast der Gesellschaft sein, in der sie seit Jahren so, als wäre es ein (beinahe verzweifelter) – wenn nicht Jahrzehnten – leben, sondern Versuch, die liechtensteinische Staats- Quellen: 1 Martina Sochin D’Elia et al. «Bürgerschaft und Demokratie in Zei- auch mitbestimmen, was in dieser Gesell- bürgerschaft zu etwas noch Speziellerem ten transnationaler Migration: Hintergründe, Chancen und Risiken schaft vor sich geht. Sie wollen also politi- – und ehrlich gesagt Elitärerem – zu ma- der Doppelbürgerschaft». Studie im Auftrag der Eidgenössischen Migrationskommission EKM. Bern 2018. sches Mitbestimmungsrecht, und zwar in chen, als sie es ohnehin schon ist. 2 Martina Sochin D’Elia «Doppelte Staatsbürgerschaft bei Natu- dem Land, in dem sie zu Hause sind. ralisierung – eine europäische Situationsanalyse unter spezieller Berücksichtigung Liechtensteins». Arbeitspapiere Liechtenstein- Dass man an mehreren Orten gleich- Institut, 37. Bendern 2012. zeitig zuhause sein kann, das beweisen die Podiumsdiskussion zur doppelten Staatsbürgerschaft am 25. September 2018 im Schlösslekeller: Conny Büchel Brühwiler (links aussen) und Ecki Hermann (rechts aussen) moderieren das Gespräch zwischen Helen Konzett, Stv. Abgeordnete FL, Befürworterin der doppelten Staatsbürgerschaft und Ralph Wagner, Rechtsanwalt, Gegner der doppelten Staatsbürgerschaft. WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19 – 17
Haltung zeigen, Werte leben Kompromittierte Werte Text Richard Brunhart, richard.brunhart@gmx.net Foto Richard Brunhart Werte wären praktisch, wenn man sie ablesen könnte wie ein Techniker – der weiss, was mit welchem Massstab gemessen wird und welche Bedeutung die Werte haben und was man sonst noch wissen muss …Also wenn selbst technische Werte so schwierig sind, dann schreibe ich lieber eine Glosse. In Liechtenstein werden zu einem gros- Zur Quelle von Werten Streitwert erstritten sen Teil konservative Werte vertreten. Das Aber unsere Wertegemeinschaft schöpft Zudem hat der Humanismus gegenüber zeigt sich unter anderem an den traditio- eben aus unterschiedlichen Quellen, die anderen Quellen von Werten einen ent- nellen Geschlechterrollen – zum Beispiel auch unvereinbar sein können. Wenn Wer- scheidenden Vorteil: Um den eigenen daran, dass nur das schöne Geschlecht bei te sich nicht auf den Menschen, sondern Wert zu beanspruchen, kann der Mensch der Fleischbeschau einer Jury seine oder auf den Schöpfer – einen Mann, der eben auch mit Worten streiten. Die Natur, die besser ihre Euter präsentieren und sich den Menschen nach seinem Ebenbild und wie einst die Sklaven nur dann einen Wert anschliessend im besten Fall Miss Liech- die Frau nach wer-weiss-welchem Bild ge- zu haben scheint, wenn es sich um einen tenstein nennen darf. Und ja, Geschlech- schaffen hat – berufen, dann ist das auch Preis handelt, tut sich schwer damit mit- terquoten sind nur dann undemokratisch, Wertekonservatismus, dann ist eben nicht zuteilen, dass sie einen Wert für sich hat. wenn es sich nicht um eine 100-Prozent- die Gleichheit als fundamentale soziale Da müssten schon Menschen für sie einste- Männerquote handelt. In letzterem Fall Organisationsform ein Wert, sondern die hen, was noch schwieriger sein dürfte, als – der einzigen Geschlechterquote, die in soziale Ungleichheit, so wie sie der Schöp- sich mit theologischen Argumenten ausei- Liechtenstein auf gesetzlicher Ebene exis- fer vorgesehen hat. So steht es auch in der nanderzusetzen, die immerhin eine lange tiert – handelt es sich aber auch nicht um Präambel der liechtensteinischen Verfas- Tradition und etliche Anhänger haben. eine demokratische Errungenschaft. Zu sung: von Gottes Gnaden. früh gefreut. Kompromiss oder Kuhhandel? Preiswert oder wertvoll Wie nun damit umzugehen ist, mit ganz Für die Nachwelt konserviert Nun, Werte sind immer problematisch, da unterschiedlichen Werteschemata, kann Das kommt manchmal vor, dass man zu sie fundamental sind, mit anderen Wor- ich nicht beantworten. Bei so fundamen- schnell aus der eigenen Perspektive he- ten: Wenn sie selbst grundlegend sind, talen Widersprüchen ist ein Kompromiss raus argumentiert. So kann es auch dazu haben sie selbst keinen Grund mehr. Und – ein demokratisches Mittel gegen die kommen, dass ein Unterschied zwischen dass sich der Mensch als Quelle für Werte Diktatur der Mehrheit – kaum möglich. Wertekonservatismus und Strukturkonser- durchgesetzt hat, dürfte vor allem daran Das kann nur auf einen Kuhhandel hin- vatismus gemacht wird. Aus einer humanis- liegen, dass er sich seinen Wert erkämpft auslaufen, was wohl irgendwie ein Beschiss tischen Perspektive – hier und im Folgen- hat. Für den eigenen Wert mussten jene an den eigenen Werten ist. Und mit dem den verstanden in der vorherrschenden kämpfen, deren Wert bis dahin ein Markt- Kuhhandel wäre ich wieder am Anfang. moderat sozial-liberalen Prägung – ver- wert war, bei denen andere Angebot und Ich wünsche frohes Ablesen von Tempe- treten diejenigen, die ein traditionelles Nachfrage bestimmten. Ja, ein Akt der ratur und Strombezug, ob in Celsius oder Geschlechterverhältnis aufrechterhalten Enteignung kann durchaus als Akt der Fahrenheit, Hauptsache Sie wissen, was wollen, auch keinen humanistischen Wert Freiheit interpretiert werden. Die Kolo- diese Werte bedeuten und können sie an- oder sogar einen Unwert, weil das traditi- nialvölker mussten für ihren Wert kämp- deren vermitteln, wenn Ihnen danach ist. onelle Geschlechterverhältnis dem Gleich- fen, dass auch ihnen Freiheit und damit heitsgebot widerspricht. Aus einer Pers- Selbstbestimmung zuteil werden konnte. pektive heraus, in der der Mensch das Mass Die Frauen mussten dafür kämpfen. Alle aller Dinge und Gott eher von den Men- haben sich ihren Wert mehr oder weniger Naturwerte: Je nach Weltanschauung ist die schen als umgekehrt geschaffen worden selbst erstritten und damit dem Huma- Natur schützenswert, weil sie Gottes Schöpfung ist, dient der Strukturerhalt dem eigenen nismus Geltung verschafft, einem Huma- ist, gilt es, sie insoweit zu erhalten, wie der Machterhalt, ein Unwert aus humanisti- nismus, in dem alle Menschen Menschen Mensch ihr Wert zuweist, oder zeigt die Natur scher Perspektive. sind. selbst, dass sie wertvoll ist. 18 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
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Manifest Frauenstreiktag Liechtenstein 14. Juni 2019* 300 Jahre Liechtenstein – 35 Jahre Demokratie *Gekürzte Version, das Manifest in seiner Gesamtlänge veröffentlichen wir auf www.freieliste.li Seit Jahren stellen wir einen Stillstand in 1. Forderung 5. Forderung der Gleichstellungspolitik der Regierung Care-Arbeit ist Wirtschaft Vereinbarkeit Familie und Beruf fest. Die wesentlichen Massnahmen, wel- Wir fordern das Sichtbarmachen der Wir fordern von den Wirtschafts-, In- che zu einer verbesserten Gleichstellung unbezahlten Arbeit durch eine Studie, dustrie- und Bankenverbänden lösungs- unbedingt und zeitnah von der Regierung welche das Ministerium für Gesellschaft in orientierte und praktikable Ansätze für eingeleitet werden müssten, sind immer Auftrag gibt. Wir fordern eine angemesse- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. noch nicht in einem Strategiepapier for- ne Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit Wir fordern von der Politik und den Wirt- muliert. Der kürzlich veröffentlichte Mass- zwischen Frauen und Männern und die schaftsverbänden zusätzlich zum bezahl- nahmenplan Chancengleichheit 2019 ist Anerkennung, Wertschätzung sowie den ten Mutterschaftsurlaub eine bezahlte eine sich wiederholende Auflistung der Einbezug der unbezahlten Care-Arbeit in Elternzeit von mindestens einem halben gleichen Projekte, die seit Jahren vor allem die Sozialversicherungen. Jahr, qualifizierte Teilzeitstellen für Frauen von Nichtregierungsorganisationen durch- und Männer, keine Diskriminierung von geführt werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Wir prangern Missstände an, die eben- 2. Forderung aufgrund des familiären Engagements. falls seit Jahren bekannt sind, aber durch Gleichstellungsstrategie für Liechtenstein die Untätigkeit der Regierung an Dring- Wir fordern von der Regierung und dem lichkeit zunehmen: fehlende Lohngleich- Landtag die Einführung einer umfassen- 6. Forderung heit, mangelnde soziale Absicherung der den Gleichstellungs- und Gender-Mainstre- Lohngleichheit unbezahlten Care-Arbeit und ungenügen- aming-Politik. Sie soll die Bereitstellung Wir fordern den Abbau der Lohnun- de politische Teilhabe der Hälfte der Be- struktureller und personeller Ressourcen, gleichheit und die Unterstützung im Kampf völkerung. Wie lange noch werden unsere Budgetierung sowie Überwachungsmass- gegen die Lohnungleichheit von den Wirt- Bemühungen um gleichen Lohn, soziale nahmen und Rechenschaftspflichten in schaftsverbänden und der Politik. Die Loh- Absicherung und gleiche politische Teil- allen staatlichen Sektoren und Stufen ein- nungleichheit ist in Liechtenstein im Jahr habe ignoriert? schliessen. 2022 besiegt! Wir fordern von der Regierung eine zu- kunftsgerichtete Ausrichtung ihrer Politik, um wichtige genderpolitische Massnah- 3. Forderung 7. Forderung men endlich auf den Weg zu bringen: Rollenbilder aufbrechen Mehrfachdiskriminierung beenden Wir fordern von der Politik, der Verwal- Wir sind gegen Diskriminierung jegli- tung, Wirtschaftsverbänden, Organisatio- cher Art und für Chancengerechtigkeit für nen und Privatpersonen das Aufbrechen alle! Wir fordern einen barrierefreien Zu- von überholten Rollenbildern und altmo- gang in allen Lebensbereichen der Gesell- dischen Strukturen, damit die wirtschaftli- schaft, Chancengerechtigkeit und Teilhabe che Unabhängigkeit und soziale Absiche- unabhängig von Religion, Herkunft, Zuge- rung aller Frauen möglich wird. hörigkeit, sexueller Orientierung oder Be- hinderung! 4. Forderung Für das Aktionskomitee Gewalt gegen Frauen stoppen Conny Büchel Brühwiler, Wir fordern die Ratifizierung der Istan- Co-Präsidentin Freie Liste bul-Konvention noch in diesem Jahr (2019) Petra Eichele, durch den Landtag. Geschäftsführerin infra 20 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 28/19
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