Besser am Boden bleiben? - Luftverkehr und Klimaschutz - Öko-Institut
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Dezember 2020 Nachhaltiges aus dem Öko-Institut Besser am Boden bleiben? Luftverkehr und Klimaschutz Stay Grounded Netzwerk für ein klimagerechtes Transportwesen Soziale Normen wandeln Interview mit Prof. Dr. Stefan Gössling Höhere Ambitionen für die EU Eine Kolumne von Sabine Gores und Anke Herold
2 IM FOKUS I Stay Grounded Die rote Linie Stay Grounded – ein Netzwerk zur Begrenzung des Luftverkehrs
3 Alles begann in Wien, 2016. Bei Protesten gegen den Bau 300 Organisationen haben das Positionspapier inzwischen einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen zogen Ak- unterschrieben, über 160 sind Mitglied von Stay Grounded, tivistinnen und Aktivisten auf der betroffenen Ackerfläche darunter viele Nichtregierungsorganisationen, Bürgerinitiati- eine rote Linie für weiteres Flugwachstum. Parallel fanden an ven und Klimagerechtigkeitsgruppen. sechs anderen Flughäfen weltweit Aktionen statt. „Wir haben damals andere Gruppen kontaktiert, die bereits gegen den Seine Ziele verfolgt Stay Grounded auf vielen unterschied- Flughafenausbau in London-Heathrow oder auch in Mexiko lichen Wegen. Vier Campaignerinnen und ein Campaigner Stadt und Istanbul protestierten, und mussten feststellen: Es kümmern sich um die Vernetzung und den Austausch der gab bisher keine Vernetzung zwischen Initiativen, die sich ge- Mitglieder. „Ihnen stellen wir außerdem Analysen für ihre gen das ungebremste Wachstum des Luftverkehrs engagie- Arbeit zur Verfügung, wir organisieren Webinare zu unter- ren“, erzählt Magdalena Heuwieser, Campaignerin und Pres- schiedlichen Themen und initiieren auch gemeinsame Kam- sesprecherin bei Stay Grounded. pagnen“, erklärt Magdalena Heuwieser. Als der Luftverkehr im Frühjahr 2020 durch die Corona-Krise einbrach und Fluglini- Zwei Jahre später gab es ein Netzwerk und ein Positionspa- en staatliche Hilfspakete forderten, organisierte Stay Groun- pier, in dem 13 Schritte für ein klimagerechtes Transport- ded die internationale Kampagne #SavePeopleNotPlanes. wesen eingefordert werden. „Wichtige Schritte hierfür sind „Es kann nicht sein, dass Milliarden Steuergelder in einer so aus unserer Sicht zum Beispiel eine deutlich lokalere Pro- klimaschädlichen und ohnehin enorm subventionierten In- duktions- und Arbeitsweise, aber auch die Abschaffung von dustrie versenkt werden – und das auch noch ohne soziale Kurzstreckenflügen sowie der Privilegien der Luftfahrtindus- und ökologische Kriterien“, so Heuwieser. „Jetzt wäre der Zeit- trie und eine Verlagerung auf klimafreundlichere Fortbe- punkt, einen gerechten Strukturwandel zu finanzieren, der wegungsmittel“, fordert Heuwieser. Die Kompensation von weder auf Kosten der Beschäftigten in den fossilen Sektoren Emissionen aus dem Luftverkehr lehnt das Netzwerk ab. „Oft geht, noch auf Kosten unserer Zukunft.“ werden hierdurch zum Beispiel Projekte unterstützt, die zu erneuten Landkonflikten führen oder die sowieso durchge- Christiane Weihe führt worden wären – und die Emissionen werden kein Stück gemindert. Kompensation ist letzten Endes nichts anderes als https://stay-grounded.org Ablasshandel, um guten Gewissens weiter zu fliegen.“ Über magdalena@stay-grounded.org
4 INHALT 10 Mit der Bahn nach Barcelona die Suche nach alternativen IM FOKUS: LUFTVERKEHR UND KLIMASCHUTz 2 Die rote Linie Stay Grounded – ein netzwerk zur Begrenzung des Luftverkehrs 6 Klimaschädlicher geht’s nicht Wie kann der Luftverkehr nachhaltiger werden? 10 Vermeiden, verlagern, verbessern alternativen zum Fliegen und die Kompensation von emissionen 12 „Es ist nicht mehr hip und cool, um die Welt zu jetten“ Interview mit Prof. dr. Stefan Gössling (Linnaeus 6 universität) 13 Porträts Keine ausreichenden Maßnahmen Christoph Brunn (Öko-Institut) die regulierung des Luftverkehrs Prof. dr. eckhard Pache (universität Würzburg) Helmut Lutz (der Kopfbahnhof ) Viele offene Fragen ARBEIT Wie funktioniert ein ambitionierter eu-Klimaschutz? 14 Von der Endlagerung bis zur Stadtentwicklung eine Kolumne von Sabine Gores und anke Herold aktuelle Projekte, neue Ideen 18 16 Von Wasserstoff bis Cloud Computing Kurze rückblicke, abgeschlossene Studien PERSPEKTIVE 18 Viele offene Fragen Wie funktioniert ein ambitionierter eu-Klimaschutz? EINBLICK 19 Vom Elektroauto bis zum Spendenprojekt neuigkeiten aus dem Öko-Institut VORSCHAU 20 50 Millionen bis 2030 Wie gelingt die Wärmewende?
EDITORIAL I IMPRESSUM 5 Menschen verbinden, aber nachhaltig die Zeiten, in denen der Luftverkehr nur Wachstum kannte, sind für den Moment vorbei. durch die CoVId-19-Pandemie blieben und bleiben unzählige Flugzeuge auf dem Boden. Viele Menschen fragen sich zudem: Muss ich wirklich fliegen? denn schnell zeigte sich: Vie- le Geschäftsreisen sind überflüssig. Videokonferenzen funktionieren. und urlaub im eigenen Land kann auch sehr schön sein. allerdings weiß ich aus meiner tätigkeit in der entwicklungszusammenarbeit auch, wie wich- tig der direkte Kontakt zu den Menschen in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten sein kann. Wie wichtig damit das Fliegen für den austausch der Kulturen und die internationa- le Kooperation zur Lösung unserer globalen Herausforderungen ist. Persönliche treffen schär- fen das gegenseitige Verständnis und helfen Vertrauen aufzubauen. doch wir alle müssen uns angesichts der klimaschädlichen Wirkungen die Frage stellen: Welche Flüge sind wirklich nötig und wie kann ich diese möglichst nachhaltig gestalten? Ich war in meinen ersten Mo- naten am Öko-Institut sehr beeindruckt, wie konsequent sich diese Frage im Institut gestellt wird. dass nicht innerhalb von deutschland geflogen wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Jan Peter Schemmel aber ebenso, dass der anspruch, nicht mehr als nötig zu fliegen, auch bei der Konzeption von Sprecher der Geschäftsführung internationalen Projekten bedacht wird. dafür wird ein noch stärkerer Fokus darauf gelegt, des Öko-Instituts Partnerinnen und Partnern vor ort effizient zu stärken, damit diese die aufgaben dort selbst- j.schemmel@oeko.de ständig übernehmen können. es wäre fatal für das Klima, wenn der Luftverkehr nach der Pandemie wieder dem ungebrems- ten Wachstumstrend folgte wie vor ihrem Beginn. daher führt am abbau von Subventionen sowie an höheren Steuern und abgaben kein Weg vorbei. Zusätzlich braucht es natürlich klimaverträgliche optionen für jenen Luftverkehr, der unvermeidbar ist: neue, Co2-neutrale Kraftstoffe ebenso wie eine elektrifizierung, wo sie möglich ist. diese ausgabe der eco@work ist übrigens nicht unsere einzige aktuelle Veröffentlichung zum thema Fliegen und Klimaschutz. dr. Martin Cames, Leiter unseres Bereichs energie & Klima- schutz in Berlin, hat sich vor Kurzem ausführlich mit uta Maria Pfeiffer, Leiterin nachhaltigkeit beim Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft, unterhalten. das spannende Ge- spräch der beiden finden Sie im Internet auf unserem Blog unter: blog.oeko.de. Geführt haben sie es, natürlich, per Videokonferenz. Bleiben Sie interessiert – und möglichst oft auf dem Boden! Ihr Jan Peter Schemmel Weitere Informationen zu unseren Themen finden Sie im Internet unter www.oeko.de/epaper eco@work – dezember 2020 – ISSn 1863-2009 – Herausgeber: Öko-Institut e.V. redaktion: Mandy Schoßig (mas), Christiane Weihe (cw) – Verantwortlich: Jan Peter Schemmel Weitere autorinnen und autoren: Sabine Gores, anke Herold, Moritz Mottschall, anette nickels (ani), Jan Peter Schemmel druckauflage: 2.150; digitale Verbreitung: rund 7.000 abonnentinnen und abonnenten – Im Internet verfügbar unter: www.oeko.de/epaper Gestaltung/Layout: tobias Binnig, www.gestalter.de – technische umsetzung: Markus Werz – Gedruckt auf 100-Prozent-recyclingpapier redaktionsanschrift: Borkumstraße 2, 13189 Berlin, tel.: 030/4050 85-0, Fax: 030/4050 85-388, redaktion@oeko.de, www.oeko.de Bankverbindung für Spenden: GLS Bank, BLZ 430 609 67, Konto-nr. 792 200 990 0, IBan: de50 4306 0967 7922 0099 00, BIC: GenodeM1GLS Spenden sind steuerlich abzugsfähig. Bildnachweis: titel, S.4, S.6/7, S.10 © fStopImages / Malte Müller; S.2/3 © Stay Grounded; S.12 unten © Meike rinsch; S.14 © digitalstock – stock.adobe.com; S.16 © Smirkdingo – stock.adobe.com; S.17 © sdecoret – stock.adobe.com; andere © Privat oder © Öko-Institut, Ilja C. Hendel
6 IM FOKUS Klimaschädlicher geht’s nicht Wie kann der Luftverkehr nachhaltiger werden? Wenn in Frankfurt ein Flugzeug nach New York star- kontinuierlich zugenommen und es fehlt nach wie tet, beginnt eine besonders klimaschädliche Reise: vor an wirksamen politischen Maßnahmen, um die Jeder Passagier und jede Passagierin verursacht für Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs zu redu- den Hin- und Rückflug eine Erderwärmung, die der zieren. Im aktuellen Spendenprojekt hat sich das Wirkung von fast vier Tonnen CO2 entspricht. So Öko-Institut ausführlich dem Klimaschutz im Luft- viele Emissionen entstehen auch, wenn man 21.900 verkehr gewidmet und dabei auch seine Regulie- Kilometer mit dem Auto fährt. Kein Verkehrsmittel rung und Subventionierung analysiert und bewer- ist damit so schädlich wie das Flugzeug. Dennoch tet. hat der Luftverkehr in den vergangenen Jahren
8 IM FOKUS Für manch einen wirken die direkten Luft- und Raumfahrt (DLR) noch Ende len Luftverkehr mit klimafreundlichem Emissionen des Luftverkehrs vielleicht 2019 einen Anstieg der weltweiten Pas- E-Kraftstoff betreiben, müsste man die vernachlässigbar – sie haben einen sagierzahlen von rund vier Milliarden weltweite erneuerbare Stromproduk- Anteil von etwa 2,5 Prozent an den glo- im Jahr 2016 auf über neun Milliarden tion ausschließlich zum Antrieb von balen CO2-Emissionen. Doch sind darin im Jahr 2040. „Durch die Pandemie gab Flugzeugen verwenden.“ 8 die so genannten Nicht-CO2-Effekte es einen immensen Einbruch, der auch nicht berücksichtigt. „Anders als zum in den kommenden Jahren spürbar Beispiel ein Auto oder ein Motorrad sto- sein wird“, sagt Graichen, „so wird sich ßen Flugzeuge ihre Emissionen in zehn die Zahl der Dienstreisen vermutlich Kilometern Höhe aus – das macht sie reduzieren – jetzt, wo wir erlebt ha- weitaus klimaschädlicher“, erklärt Jakob ben, dass Videokonferenzen eine ech- Graichen, Senior Researcher am Öko-In- te und bequeme Alternative sind.“ Der stitut. „Flugzeuge tragen zur Wolkenbil- Wissenschaftler aus dem Bereich Ener- dung bei und haben komplexe Wirkun- gie & Klimaschutz erwartet auch, dass gen auf das Klima: Der durch sie verur- kurzfristig weniger Fernreisen geplant sachte Beitrag zur Erderhitzung ist drei werden und mehr Urlaub im eigenen Milliarden Euro Mal höher als bei „normalen“ CO2-Emis- Land gemacht wird. „Ich glaube aber sionen aus der Kraftstoffverbrennung.“ nicht, dass sich das Reiseverhalten dau- Da die Nicht-CO2-Effekte nur in höheren erhaft verändert“, sagt er, „es ist davon Flughöhen eine wesentliche Rolle spie- auszugehen, dass sich der Tourismus len, ist die klimaschädliche Wirkung von in ein paar Jahren wieder der Situation Flugzeugen zudem auf langen Strecken vor 2020 annähert und der Luftverkehr viel höher als auf kurzen. weiter wächst – mit all seinen negativen Konsequenzen.“ AM ANFANG DES WEGES Dabei müsste die Luftverkehrsindus- trie zur Erreichung der Klimaziele bis 2050 klimaneutral werden. Wege, wie Der Luftverkehr die Branche dies erreichen kann, sind verursacht jedoch nach wie vor nur teilweise in etwa Sicht. „Es gibt zwar Verbesserungen bei der Energieeffizienz, doch sie reichen 37 nicht ansatzweise, um den Zuwachs an Flügen zu kompensieren geschwei- entgehen der Steuerkasse ge denn Treibhausgasminderungen zu jedes Jahr aufgrund erreichen“, sagt Jakob Graichen. Auch der fehlenden alternative Antriebe sind für den Se- Kerosinbesteuerung nior Researcher Zukunftsmusik. „Kurz- BIS streckenflüge könnten mittelfristig elektrisch betrieben werden, so wie Norwegen das ab 2040 plant“, sagt er, Und während es auf technischer Sei- „für Langstreckenflüge sind syntheti- te noch viel zu tun gibt, ergreift auch sche Kraftstoffe die wahrscheinlichste die nationale und internationale Poli- Klimaschutzoption, da diese mit Hilfe tik keine ausreichenden Maßnahmen, von erneuerbaren Energien produziert um schon heute mehr Klimaschutz im Prozent der werden können.“ Doch der Experte be- Luftverkehr durchzusetzen. Im Gegen- globalen Erwärmung tont auch: Für schnelle Emissionsmin- teil: Die Branche wird in hohem Maße derungen im Luftverkehr sind diese subventioniert. „Fliegen wird künstlich Kraftstoffe nicht zu gebrauchen. „Sie verbilligt“, erklärt Graichen, „so gibt es sind bislang noch deutlich teurer und keine Mehrwertsteuer auf internatio- Darüber hinaus ist der Luftverkehr kon- zum Teil nicht ausgereift. Es wird noch nale Flugtickets und keine Besteuerung tinuierlich angestiegen, in den vergan- Jahrzehnte dauern, bis die globalen des Treibstoffes – übrigens im Gegen- genen Jahren um jeweils vier bis fünf Infrastrukturen und Produktionskapa- satz zu allen anderen Verkehrsträgern.“ Prozent. Prognosen gingen vor der zitäten auf einem angemessenen Stand Durch eine Energiesteuerbefreiung COVID-19-Pandemie auch weiterhin sind“, so Graichen. „Zur Einordnung der subventioniert alleine die Bundesrepu- von einem starken Wachstum aus. So Potenziale hilft außerdem ein Vergleich: blik den Luftverkehr mit acht Milliarden erwartete das Deutsche Zentrum für Wollte man heute den gesamten globa- Euro im Jahr, EU-weit belaufen sich die
9 Subventionen auf etwa 27 Milliarden men zur Begrenzung der Co2-emissio- jetzigen Form bringt CorSIa nichts für euro. die Mehrwertsteuerbefreiung nen der Luftverkehrsindustrie unter der den Klimaschutz.“ kostet deutschland jährlich rund fünf internationalen Zivilluftfahrtorganisati- und die eu rund 30 Milliarden euro im on ICao: „das taugt nichts“, sagt er. unter Jahr. „davon profitieren übrigens vor dem abkommen sollten die emissionen EIN NEUER ANLAUF? allem Menschen mit höherem einkom- stabilisiert werden, indem Fluggesell- men, weil sie häufiger fliegen.“ aus schaften ab 2021 Kompensationszerti- Sicht des Senior researchers ist es an fikate aus Klimaschutzprojekten kaufen Klimaschutz im Luftverkehr – aussichts- der Zeit, dass der Luftverkehr steuerlich müssen, wenn ihre emissionen über ei- los? nicht ganz, sagt Jakob Graichen. wie jeder andere Sektor behandelt wird nem referenzwert liegen. „ursprünglich denn es gibt Bewegung in der Politik. – durch die erhebung der Mehrwert- sollte dieser referenzwert auf Grundla- Im november 2019 sprachen sich neun steuer oder durch eine deutlich höhere ge der durchschnittlichen emissionen eu-Mitgliedsstaaten – darunter auch ticketsteuer vor allem für Mittel- und der Jahre 2019 und 2020 festgelegt deutschland – für eine stärkere Besteu- Fernstrecken. „Wenn es teurer wird, werden“, erklärt Jakob Graichen, „na- erung aus. auch die eu-Kommission fliegen auch weniger Menschen“, sagt türlich möchte die Luftfahrtindustrie will sich im rahmen des Green deal den Graichen, „ein noch wirksamerer anreiz möglichst hohe referenzwerte. Sie ar- Steuerausnahmen für Kerosin widmen. für den Klimaschutz ist aber die einfüh- gumentierte in diesem Frühjahr mit „Bis Juni 2021 soll es einen Vorschlag rung einer Kerosinsteuer, weil sie den einem starken einbruch durch die für ein überarbeitetes energiesteuer- energieverbrauch teurer macht und da- CoVId-19-Pandemie, dass alleine 2019 recht geben“, so der Senior researcher. mit einen direkten anreiz zur emissions- als referenzjahr festgelegt werden soll- „Bislang sind alle Versuche hierfür ge- reduktion gibt.“ te. Ihre Befürchtung: aufgrund des his- scheitert, unter anderem, weil es beim torischen tiefs der Flugemissionen im Steuerrecht einstimmigkeit geben Im rahmen des Spendenprojektes Jahr 2020 sei die Bemessungsgrundlage muss und sich immer wieder Länder „Über den Wolken oder am Boden blei- sonst besonders niedrig und es wären querstellen. Vielleicht gibt es nun end- ben?“ hat das Öko-Institut unterschied- sehr viele emissionen kompensations- lich einen erfolgreicheren anlauf. oder liche Maßnahmen zur regulierung des pflichtig.“ Mit unterstützung der eu-Mit- aber eine „allianz der Willigen“, bei der Luftverkehrs und seiner emissionen gliedsländer hat der ICao Council sich sich Mitgliedsstaaten bilateral auf eine analysiert und ihren (möglichen) Bei- dieser Haltung angeschlossen und 2019 Kerosinbesteuerung einigen.“ trag für den Klimaschutz bewertet. So als referenzjahr definiert. ist der innereuropäische Luftverkehr Wenn in Zukunft in Frankfurt ein Flug- teil des eu-emissionshandels (eu-etS). aus Sicht des Öko-Instituts werden die zeug nach new york startet, könnte das doch auch dieses Instrument erzielt emissionen des Luftverkehrs jedoch ticket dann vielleicht ein Stück teurer laut Jakob Graichen kaum Wirksamkeit auch langfristig deutlich unter den ur- sein. Bislang ist das Fliegen jedoch un- im Sektor. „Zunächst hat der emissi- sprünglichen annahmen liegen. das angemessen billig, eine sinnvolle Be- onshandel nur einen sehr begrenzten zeigt die Kurzanalyse „Should CorSIa steuerung und ein wirksamer emissi- einflussbereich und er deckt nur die be changed due to the CoVId-19 cri- onshandel sind unverzichtbar. „Ich bin Co2-emissionen, nicht aber die indirek- sis?“. „die Luftverkehrsindustrie ist von persönlich kein strikter Gegner des Luft- te Klimawirkung von Flügen ab“, sagt er, der Pandemie deutlich stärker betroffen verkehrs“, sagt Jakob Graichen, „aber wir „darüber hinaus erhält die Luftverkehrs- als andere Sektoren. Wir gehen davon brauchen endlich tiefergehende Maß- industrie einen großen teil der Zertifi- aus, dass es auch länger dauern wird, nahmen, um das unbegrenzte Wachs- kate ohne sinnvolle Begründung kos- bis ein Vor-Krisen-niveau erreicht wird“, tum zu beenden, den Luftverkehr zu tenlos.“ denn: Wenn die Gefahr besteht, sagt Graichen. Bei vorherigen Krisen reduzieren und diesen klimaneutral zu dass eine klimaschädliche aktivität in wie etwa dem Golfkrieg oder der Wirt- gestalten.“ ein nicht-eu-Land abwandert – man schaftskrise von 2008 habe dies etwa spricht hier von Carbon leakage – kön- zwei bis sechs Jahre gedauert. „der Christiane Weihe nen Zertifikate im eu-etS frei zugeteilt Kompensationsbedarf unter CorSIa werden. „Beim Luftverkehr wandern hätte sich daher nur minimal geän- die Passagiere und Passagierinnen aber dert: die auswirkungen des niedrige- nicht ab. Sie wollen weiterhin von zu ren referenzwerts und der niedrigeren Hause abfliegen“, so der Wissenschaft- emissionen hätten sich gut ausgegli- ler, „daher sollten die freien Zuteilungen chen“, sagt der Senior researcher. doch abgeschafft werden, um dadurch stär- bereits vor diesen Änderungen hatte kere anreize zur emissionsminderung CorSIa erhebliche Schwächen, betont zu setzen.“ er. „das System adressiert allein das Jakob Graichen ist Senior Researcher im Bereich emissionswachstum, deckt nur einen Energie & Klimaschutz des Öko-Instituts. Er teil der globalen emissionen ab und die forscht zu Politiken und Maßnahmen, mit denen WIRKUNGSLOS: CORSIA Qualität der zugelassenen ausgleichs- die Emissionen des Luft- und Schiffsverkehrs re- zertifikate ist fragwürdig. So müssen duziert werden können. Darüber hinaus arbeitet der Physiker unter anderem zum Green Deal der zum Beispiel Waldprojekte nur für etwa EU und zur Weiterentwicklung des europäischen Klare Worte findet Jakob Graichen auch zwanzig Jahre garantieren, dass der Emissionshandels. für CorSIa, das internationale abkom- Wald auch effektiv stehen bleibt. In der j.graichen@oeko.de
10 IM FOKUS Vermeiden, verlagern, verbessern Alternativen zum Fliegen und die Kompensation von Emissionen 22 Stunden mit dem Zug statt knapp drei Stunden mit dem Flugzeug? Für die meisten Menschen scheint es ausgeschlossen, sich für eine Reise von Berlin nach Barcelona auf die Schiene statt in die Luft zu begeben. Doch alleine in dieser innereuropäischen Reise stecken mehr Alternativen als sie auf den ersten Blick vielleicht sichtbar sind. Einschließlich der Frage, ob es nicht ebenso schön wäre, ins deutlich näher gelegene Bamberg zu reisen. Angesichts der immensen Klimaschädlichkeit des Fliegens müssen wir un- ser Reiseverhalten überdenken sowie guten Alternativen eine echte Chan- ce geben. Wer in Deutschland mit dem Flugzeug Oft ist man zudem mit dem Flugzeug senden Luftverkehr und den Ausbau unterwegs ist, verursacht pro Kilome- nicht schneller, kann aber im Zug die von Flughäfen gewidmet, denn sie sind ter mehr Schaden für das Klima als mit Reisezeit deutlich effektiver nutzen.“ wichtig, um neue Diskurse zu prägen.“ jedem anderen Verkehrsmittel: etwa in Der Einbruch des Luftverkehrs durch gleichem Maße wie 230 Gramm CO2- Im Spendenprojekt „Über den Wolken die COVID-19-Pandemie ist für Anne Äquivalente (CO2e). Beim Auto sind es oder am Boden bleiben?“ hat sich das Siemons eine Gelegenheit, bestehende laut Umweltbundesamt (UBA) noch Öko-Institut ausführlich mit Alternati- Reisemuster zu überprüfen und in Fra- etwa 147 g CO2e, im Zug-Fernverkehr ven zu Flugreisen beschäftigt. „Hierfür ge zu stellen. „Auch wenn zu erwarten nur etwa 32 g CO2e. „Aus diesem Grund haben wir etwa mit Menschen gespro- ist, dass sich der Tourismus in einigen sollten wir alle Flüge vermeiden, die chen, die weniger fliegen oder sogar Jahren wieder seiner vorherigen Ent- nicht unbedingt notwendig sind oder ganz darauf verzichten, und uns Unter- wicklung angleicht, liegt hier doch eine für die es sinnvolle Alternativen gibt“, nehmen angeschaut, die ihrer Beleg- Chance, Alternativen zu entdecken und sagt Anne Siemons, Senior Researcher schaft Anreize geben, sich anders fort- sie auch nach der Pandemie beizube- am Öko-Institut, „für innerdeutsche zubewegen“, erklärt die Wissenschaft- halten.“ Strecken ist es beispielsweise nicht allzu lerin. „Darüber hinaus haben wir uns kompliziert, auf den Zug umzusteigen. Protestbewegungen gegen den wach- AUF DIE SCHIENE Wie kann es gelingen, Alternativen zu Ein Flug in Deutschland fördern oder sogar langfristig zu verfes- verursacht laut UBA pro tigen? Mit Blick auf Dienstreisen, die ei- Personenkilometer etwa nen Anteil von 65 Prozent an deutschen die gleiche Wirkung wie Inlandsflügen haben, gehen hier einige 230 Unternehmen neue Wege. „Manche gewähren zusätzliche Urlaubstage für klimafreundliche Bahnreisen, andere g CO2e verbieten sogar Kurzstreckenflüge“, so die Wissenschaftlerin, „viele ersetzen 32 im Zug-Fernverkehr sind es Meetings derzeit durch Videokonferen- zen und sparen damit eine hohe Emissi- onsmenge ein.“ Auf die Frage, was jeder g CO2e Mensch persönlich für eine nachhalti-
11 gere Mobilität tun kann, hat das andere Verkehrsmittel zu verlagern und – wenn das nicht Spendenprojekt ebenso zahlrei- möglich ist – die effizienz des Luftverkehrs zu verbessern.“ che antworten parat. Zunächst: Kompensation ist zudem keine langfristige Lösung, da es zur umdenken. und zwar vor allem erreichung der Pariser Klimaziele notwendig sein wird, die wohlhabendere Menschen aus rei- Verbrennung fossiler Kraftstoffe komplett einzustellen und chen Ländern, die hauptsächlich zusätzlich Co2 aus der atmosphäre wieder zu entnehmen. für die emissionen aus dem Luft- die Kompensation könnte außerdem dazu führen, dass alter- verkehr verantwortlich sind – jähr- nativen nicht in Betracht gezogen werden, so Siemons. „Viele lich fliegen nach Schätzungen nur Menschen denken ja: Wenn ich kompensiere, kann ich so wei- drei Prozent aller Menschen. Zwei- terfliegen wie bisher.“ Bei einigen Kompensationsprojekten tens können wir unser Verständnis sei außerdem die Klimawirkung nicht immer gegeben. „So von urlaub neu definieren. dies besteht etwa bei Projekten, die mit aufforstung oder Verhin- beginne damit, sich urlaubszie- derung von entwaldung arbeiten, immer die Gefahr, dass die le auszusuchen, die mit anderen Wälder früher oder später doch abgeholzt werden.“ derzeit Verkehrsmitteln erreichbar seien, arbeitet das Öko-Institut zusammen mit dem WWF und dem und bei reiseveranstaltern für environmental defense Fund in den uSa an einem Leitfaden, nachhaltigen tourismus zu bu- der Hinweise gibt, wie Verbraucherinnen und Verbraucher chen. eine klimafreundliche al- bestmöglich kompensieren können, wenn sich dies nicht ver- ternative für internationale reisen meiden lässt. „es sollten zum Beispiel nicht nur die Co2-emis- wären zudem nachtzüge. „einige sionen, sondern auch andere Klimawirkungen des Fliegens europäische Länder haben 2020 berücksichtigt werden. Bei Waldprojekten ist es zudem sehr neue Verbindungen beschlossen wichtig, darauf zu achten, für welchen Zeitraum die emissi- oder schon eingerichtet“, sagt onsminderung garantiert wird und ob der anbieter dies auch anne Siemons, „so will zum Bei- regelmäßig überprüft.“ spiel die schwedische regierung neue routen von Stockholm und Bemerkenswert findet die Wissenschaftlerin zudem den an- Malmö nach Hamburg und Brüs- satz, in Zukunft nicht mehr von Klimaneutralität, sondern von sel finanzieren.“ 10 bis 20 Prozent der Flüge könnten durch wirklicher Klimaverantwortung zu sprechen. „diese würde be- einen ausbau der europäischen nachtzüge ersetzt werden, deuten, nicht den Preis zu zahlen, den der Markt für Kompen- schätzt das Öko-Institut. „Leider hat die deutsche Bahn ihre sationszertifikate fordert, sondern den eigentlich erforderli- grenzüberschreitenden nachtzugverbindungen 2016 kom- chen Preis, um die erderhitzung auf ein verträgliches Maß zu plett eingestellt“, so die Wissenschaftlerin, „diese sind ohne begrenzen, oder den Preis der tatsächlich durch die emissio- staatliche Förderung kaum wirtschaftlich, denn pro Kilometer nen entstehenden Kosten – das umweltbundesamt geht hier müssen trassenpreise von neun bis 22 euro bezahlt werden.“ von 180 euro pro tonne Co2 aus.“ Im Wettbewerb mit dem hoch subventionierten Luftverkehr hat die Schiene so kaum eine Chance zu bestehen. Bei einem Hin- und rückflug von Berlin nach Barcelona wür- de dies – berechnet auf Grundlage von Werten von co2on- auch für den Güterverkehr gibt es optionen für einen stei- line – den ticketpreis pro Person um etwa 120 euro erhöhen. genden transport auf der Schiene. rund 2,4 Millionen ton- Wenn zudem die Steuerbefreiung für Flüge aufgehoben wer- nen Fracht und Post wurden 2019 von deutschen Verkehrs- den würde, kämen noch Kerosinsteuer und Mehrwertsteuer flughäfen ins ausland transportiert, von dort kamen rund hinzu. Hierdurch würde eine reise mit der Bahn zur Sagrada 2,2 Millionen tonnen an. „das ist zwar im Vergleich zu den Familia und der katalanischen Küche deutlich attraktiver. Viel- insgesamt transportierten Gütern ein relativ geringer anteil leicht muss es dann auch kein schneller trip sein – sondern und etwa die Hälfte wird im Bauch von Passagiermaschinen eine beschauliche reise, auf deren Weg weitere schöne Ziele transportiert“, sagt Siemons, „doch da diese im Zuge der wie Brüssel oder avignon liegen können. CoVId-19-Pandemie größtenteils am Boden blieben, sind die Kosten stark gestiegen. und es gibt Möglichkeiten, die Christiane Weihe Luftfracht zu verringern.“ die naheliegendste Lösung ist für die Wissenschaftlerin, die Wirtschaft wieder stärker auf eine regionale Produktion auszurichten und zum Beispiel regi- onale Zulieferer zu bevorzugen. „aber es gibt auch weitere Wege wie etwa die optimierung von Verpackungen, durch die Gewicht und Volumen der Sendungen reduziert werden können.“ auch die Kompensation von Flugreisen, bei der der ausstoß von treibhausgasen etwa durch Klimaschutzprojekte ausge- Die internationale und die EU-Klimapolitik stehen im Mittelpunkt der Arbeit glichen wird, stand im Fokus des Spendenprojekts. „Sie steht von Anne Siemons. Sie hat einen Master of Arts Internationale Beziehungen und befasst sich am Öko-Institut als Senior Researcher unter anderem mit für uns jedoch erst am ende möglicher Klimaschutzmaßnah- Anrechnungsregeln für die Erreichung von Klimaschutzzielen und mit der men im Luftverkehr“, sagt anne Siemons, „zunächst muss es Transparenz in der Klimafinanzierung. darum gehen, Flüge zu vermeiden, notwendige reisen auf a.siemons@oeko.de
12 IM FOKUS I InterVIeW “Es ist nicht mehr hip und Die Tickets sind billig, das nächste attraktive ziel ist nah: Für vie- le Menschen schien ein Flug in eine europäische Metropole lange cool, um die Welt zeit nicht ungewöhnlicher als ein Ausflug in die Nachbarstadt. Wie können sie dazu bewegt werden, weniger zu fliegen? Welche Ver- antwortung tragen sie persönlich und was muss die Politik tun, um zu jetten“ das Wachstum des Luftverkehrs zu begrenzen? Dazu haben wir mit Prof. Dr. Stefan Gössling gesprochen. Er widmet sich an der schwe- dischen Linnaeus Universität der Tourismusforschung und damit auch der Frage, wie Reisen und Mobilität nachhaltiger werden kön- nen. Professor Gössling, was können wir derzeit der drittreichste Mensch der spiel, die dem Luftverkehr überlegen von der COVID-19-Pandemie für den Welt, basiert ja auf der assoziation mit sind. dafür muss in die Fernbahnnetze Klimaschutz im Luftverkehr lernen? guten taten. er könnte es sich ohne investiert, müssen nachtzugverbindun- die erste Lehre ist auf jeden Fall: es gibt Probleme leisten, den treibstoff für sei- gen ausgebaut statt abgeschafft wer- viel mehr Luftverkehr als wir wirklich nen Privatjet synthetisch mit Hilfe von den. Man könnte auch die abschaffung brauchen. Im Grunde hatten wir schon erneuerbaren energien produzieren zu von Subventionen damit verbinden, vorher nachgewiesen, dass so viel ge- lassen. Warum also fordern wir das nicht dass die dadurch frei gesetzten Gelder flogen wird, weil die Subventionen des von ihm ein? für Projekte eingesetzt werden, die für Luftverkehrs hoch und die Preise da- eine positive gesellschaftliche entwick- durch niedrig sind. aber wenn man die Wie lassen sich soziale Normen abseits lung sorgen – etwa für bessere Fahrrad- Menschen fragt, welche Flüge für sie der Superreichen wandeln? infrastrukturen in den Städten. wirklich wichtig sind, dann ist das nur ein großer Schritt wurde aus meiner ein Bruchteil. Sicht durch Greta thunberg und Fridays Warum tut die Politik nicht genug? for Future gemacht. Ihnen ist es gelun- Verkehr ist ein thema, vor dem die Po- Wie können Menschen dazu bewegt gen, das Bild vom hippen Jetsetter in litik stets zurückschreckt. denn Mobi- werden, weniger zu fliegen? Frage zu stellen und individuelle Verant- lität ist sehr eng mit unserer Identität Wenn man den Preis erhöht, fliegen wortlichkeit für emissionen zu fordern. verbunden. Beim thema Luftverkehr die Menschen automatisch weniger. durch Greta ist also ein sozialer normen- heißt das: die wenigsten Menschen auf Hiermit erreicht man vor allem die re- wandel in Gang gesetzt worden. auf dieser Welt fliegen und die, die es tun, lativ große Gruppe der Menschen, die einmal sind Vielfliegerinnen und Vielflie- insbesondere die Vielflieger, bauen da- der Klimaschutz im Luftverkehr wenig ger umweltsünder, es ist nicht mehr hip rauf einen teil ihrer Persönlichkeit. Zu interessiert. außerdem sollten Subven- und cool, um die Welt zu jetten. der kleinen elite der Fliegenden gehö- tionen abgeschafft und eine Co2-Steuer ren zudem häufig auch die Politikerin- eingeführt werden. Ich plädiere außer- Welche Botschaften sind am ehesten nen und Politiker, die den Luftverkehr dem für eine risikosteuer. dass sich geeignet, Verhaltensänderungen her- eigentlich begrenzen sollten. CoVId-19 – und vorher SarS und MerS beizuführen? – so schnell verbreiten konnten, ist ein Beim Klimaschutz wird sehr viel mit Vielen Dank für das Gespräch. resultat des immensen Luftverkehrs. dystopien gearbeitet, also abstrakten das Interview führte Christiane Weihe. neben den Kosten spielen aber auch Bedrohungen von Mensch und umwelt, soziale normen eine wichtige rolle. oder auch der einschränkung der per- sönlichen Freiheiten. Wir leben in einer Was heißt das konkret? Gesellschaft, die bereits von vielen risi- es gibt zum Beispiel die Gruppe der Su- ken gekennzeichnet ist, die den Men- perreichen, die aus meiner Sicht bislang schen angst machen – wie aktuell die viel zu stark vernachlässigt wurde. rei- Pandemie. doch angst ist ein lähmen- che Menschen, Promis und Superstars des, kein aktivierendes Gefühl. Wenn verursachen durch ihren energiein- wir den Klimawandel wirklich anpacken tensiven Lebensstil nicht nur immense wollen, brauchen wir innere Stabilität, emissionen, sie sind damit auch Vorbild das Gefühl von Sicherheit und positive für viele Menschen. Visionen. Im Interview mit eco@work: Prof. Dr. Stefan Gössling, Professor für Wie lässt sich das ändern? Wie können diese Visionen aussehen? Tourismus an der Linnaeus Universität Hier könnte sozialer druck helfen. das es müssen attraktive alternativen sein. sowie für Humanökologie an der Lund Universität (beide Schweden) Geschäftsmodell von Bill Gates etwa, Pünktliche und schnelle Züge zum Bei- stefan.gossling@lnu.se
IM FOKUS I PortrÄtS 13 Prof. Dr. Eckhard Pache Juraprofessor an der universität Würzburg Christoph Brunn Helmut Lutz Stellvertretender Bereichsleiter am „Die Verkehrsverwaltung hat Mitinhaber des Öko-Institut reisebüros Kopfbahnhof sich zu lange darauf zurückgezogen, dass sich „Kerosin enthält deutlich mehr „Von Berlin nach Teneriffa Kerosin nicht besteuern lässt.“ Schwefel als andere Kraftstoffe.“ nur mit Zug und Fähre? es geht. und zwar schon seit mindes- Das geht durchaus!“ Sie sind noch ein recht junger For- tens 15 Jahren. So lange ist es her, dass schungsbereich: ultrafeine Partikel, Prof. dr. eckhard Pache analysierte, Mit dem Chef der deutschen Bahn, ri- kurz uFP. „darunter versteht man Parti- ob es rechtlich möglich ist, auf inner- chard Lutz, ist er zwar nicht verwandt. kel, deren durchmesser kleiner als 100 deutschen Flügen eine Kerosinsteuer doch auch im arbeitsleben von Helmut nanometer ist. Wirkungsstudien weisen einzuführen. „das ist unproblematisch, Lutz dreht sich alles um Zugreisen. „Mit- darauf hin, dass sie schädlich für die erfasst aber natürlich nur einen kleinen te der 1990er Jahre hatte mein Kollege Gesundheit sind. das thema ist beson- anteil der treibhausgasemissionen des Georg Fabian die Idee, ein auf Bahnrei- ders sensibel, weil sie aufgrund ihrer Luftverkehrs“, sagt er. auch auf interna- sen spezialisiertes reisebüro aufzubau- geringen Größe tief in den organismus tionalen Flügen ist eine Kerosinsteuer en“, sagt er, „an dieses thema wagte sich eindringen können“, erklärt Christoph aus Sicht des Juraprofessors durchaus kaum jemand ran – viele unterschiedli- Brunn. „uFP werden etwa bei allen Ver- möglich. „als Gegenargument wird che tarife und Strecken machten es zu brennungsvorgängen verursacht, so immer das abkommen über die Inter- einer komplizierten arbeit.“ Helmut entstehen im Straßenverkehr, aber auch nationale Zivilluftfahrt von 1944 vor- Lutz stieg mit ein und tüftelt bis heute an Flughäfen große Mengen.“ Beim geschoben“, sagt er. „aber dieses sieht für Bahnreisende europaweite Verbin- Start eines Flugzeugs können direkt an nur vor, dass Kerosin, das sich bereits im dungen aus, bis 2020 mit steigendem der Piste durchaus mehrere Millionen Flugzeug befindet, nicht besteuert wer- erfolg. „die CoVId-19-Pandemie hat solcher Partikel pro Kubikzentimeter den darf. es gibt keine zwingende re- dann allerdings zu einem massiven gemessen werden. gelung für Flugbenzin, das neu getankt rückgang der Buchungen geführt.“ wird, soweit dies nicht in bilateralen derzeit arbeitet Christoph Brunn an Luftverkehrsabkommen vereinbart ist.“ das Buchen von europaweiten Zügen einer Literaturstudie, die zentrale er- sei für die Kundinnen und Kunden kenntnisse zu uFP zusammenfasst. auf- der Verzicht auf eine Kerosinbesteue- in den vergangenen Jahren immer traggeber ist das Forum Flughafen & rung führe zudem zu einer ungleichbe- schwieriger geworden, sagt Helmut region, das sich dem dialog zwischen handlung der verschiedenen Verkehrs- Lutz. „Viele Bahngesellschaften sind aus der Luftverkehrswirtschaft am Standort mittel. „der Wunsch, das Fliegen nicht dem internationalen Geschäft ausge- Frankfurt und der region rhein-Main zu teuer zu machen, war nach dem stiegen, direkt bei der deutschen Bahn widmet. „darüber hinaus soll es weitere Krieg nachvollziehbar, weil Völkerver- kann man etwa keine Fahrkarten mehr Belastungs- und Wirkungsanalysen am ständigung immens wichtig war“, sagt für Frankreich oder england buchen. Standort geben“, sagt der stellvertre- Prof. Pache, „mit Blick auf die Klima- außerdem wurden viele praktische tende Leiter des Bereichs umweltrecht schädlichkeit des Fliegens ist das heute nachzugverbindungen gestrichen.“ ein & Governance. „es existieren jedoch aber kaum noch vertretbar.“ die derzeit Fan von Zugreisen ist Helmut Lutz trotz- bereits erkenntnisse zu konkreten Ge- sinnvollste und am einfachsten durch- dem bis heute. „Ich finde das Zugfah- genmaßnahmen – wirksam sind bei- setzbare option für europa seien zu- ren viel bequemer als das Fliegen oder spielsweise die entschwefelung des nächst bilaterale abkommen zwischen autofahren“, sagt er, „man steht nicht treibstoffs oder die Vermeidung unnö- den Mitgliedstaaten. „aber natürlich ständig in einer Schlange oder im Stau, tigen triebwerkeinsatzes, etwa durch brauchen wir auch eine internationale kann herumlaufen oder einfach ein gu- Schlepper.“ cw Lösung.“ cw tes Buch lesen.“ cw c.brunn@oeko.de pache@jura.uni-wuerzburg.de info@kopfbahnhof.info
14 ARBEIT I aKtueLL Ein längeres Kunststoffleben Wie kann es gelingen, dass mehr Produkte aus Kunststoffrezyk- laten eingesetzt werden? dieser Frage widmet sich das Öko-In- stitut in einem Projekt für das umweltbundesamt. „Kunststoffe werden viel zu wenig wiederverwendet, erste Maßnahmen wie höhere recyclingziele im Verpackungsgesetz wurden daher be- reits beschlossen“, sagt Juliane dieroff aus dem Bereich umwelt- recht & Governance. „doch das genügt nicht, damit sich ein sta- biler Markt für Produkte aus Kunststoffrezyklat entwickelt.“ das Projektteam legt unter anderem einen Fokus auf die öffentliche Beschaffung und analysiert, wie diese zu einer höheren nach- frage beitragen kann. „Wir widmen uns aber auch der Wirtschaft und untersuchen, für welche Produkte ein höherer einsatz von recycelten Kunststoffen in Frage kommt und welche Instrumen- te dies fördern können“, erklärt die Wissenschaftlerin. das Projekt „Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten“ wird gemeinsam mit dem Institut für öko- logische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der HtP GmbH umge- setzt und läuft noch bis Sommer 2021. mas Pandemie und Plastik Geordnete Konflikte Wie wirken sich die Maßnahmen zur Bekämp- Gesellschaftliche Konflikte im Zuge der ausgestaltung der ener- fung der CoVId-19-Pandemie auf die nutzung giewende zu versachlichen und zu entemotionalisieren, dazu von einwegplastik aus? diese Frage steht im will das neue Projekt „dezentrale energiewende zwischen sozia- Fokus einer aktuellen Studie für die europäi- ler Gerechtigkeit, Systemkosten und umweltschutz – Zielkon- sche umweltagentur (eea). Im Projekt „Impact flikte und Lösungsstrategien“ beitragen. „Grundsätzlich haben of CoVId-19 on single-use plastics and the en- die dezentrale energiewende und die damit verbundene ver- vironment in europe” analysiert das Öko-Insti- brauchernahe energieerzeugung etwa durch Photovoltaikanla- tut, wie sich die Produktion und der Verbrauch gen natürlich viele Vorteile“, sagt Moritz Vogel vom Öko-Institut, von einwegplastik wie Verpackungen oder „so kann zum Beispiel die energieversorgung demokratisiert einweghandschuhe sowie der Handel damit werden und eine lokale Wertschöpfung entstehen.“ doch: es durch die Pandemie verändert haben und gibt auch nicht beabsichtigte negative nebeneffekte, so soziale noch verändern können. „Zusätzlich widmen ungleichheiten bei der Verteilung von Kosten und nutzen oder wir uns den damit verbundenen auswirkun- ein höherer Flächenbedarf. diese identifiziert und bewertet das gen auf umwelt und Klima sowie der Frage, Öko-Institut nun gemeinsam mit Germanwatch, der universität welche ergänzenden Maßnahmen die euro- Leipzig und dem Wissenschaftszentrum Berlin. „In einer so ge- päische Politik mit Blick auf einwegplastik in nannten argumentationslandkarte tragen wir unterschiedliche angriff nehmen könnte“, sagt Kathrin Grau- Positionen zur dezentralität zusammen, ordnen sie und stellen lich, stellvertretende Leiterin des Bereichs Pro- sie der Öffentlichkeit zur Verfügung“, so der Wissenschaftler aus dukte & Stoffströme. dem Bereich energie & Klimaschutz, „für dieses thema wurde dies so noch nicht umgesetzt.“ darüber hinaus entwirft das Pro- das Projekt wird gemeinsam mit PlanMiljø jektteam Lösungsstrategien für die Zielkonflikte. das vom Bun- (dänemark) und Idea Consult (Belgien) durch- deswirtschaftsministerium geförderte Projekt läuft noch bis Ja- geführt und läuft noch bis Februar 2021. cw nuar 2022. mas
15 Der nächste Schritt zur Endlagerung Im September 2020 hat die Bundesge- Gruppenleiterin entsorgung im Bereich renz, die im ersten Halbjahr 2021 durch- sellschaft für endlagerung (BGe) den nukleartechnik & anlagensicherheit geführt werden. „an ihnen können Zwischenbericht teilgebiete veröffent- des Öko-Instituts. „Wir begleiten diesen Vertreterinnen und Vertreter etwa von licht. darin sind jene regionen enthal- Verfahrensschritt im rahmen eines ei- Kommunen und Landkreisen, aber ins- ten, die für die einrichtung eines endla- genfinanzierten Projektes, um unsere besondere auch Bürgerinnen und Bür- gers für hochradioaktive abfälle grund- unabhängige wissenschaftliche exper- ger teilnehmen und sich so am Prozess sätzlich geeignet sind – so zum Beispiel tise in den Prozess einzubringen.“ beteiligen“, sagt neles. Im Zuge des bis Lehnin in Brandenburg, das Fichtelge- Sommer 2021 laufenden Projektes ver- birge in Bayern, aber auch Städte wie die Wissenschaftlerinnen und Wissen- öffentlicht das Öko-Institut Statements Berlin oder Stuttgart. „dies führt natür- schaftler befassen sich dabei unter an- und Beiträge, die wichtige Positionen lich zu einer hohen aufmerksamkeit für derem mit der Methodik, die für den analysieren und aktuelle Fragestellun- das auswahlverfahren des endlager- Zwischenbericht teilgebiete ange- gen aufbereiten, und stellt relevante standorts, jetzt sind erstmals Gebiete wandt wurde, und begleiten die öffent- Hintergrundinformationen zur Verfü- benannt“, sagt Julia Mareike neles, lichen Veranstaltungen der Fachkonfe- gung. mas Quartiere der zukunft Wie kann eine nachhaltige Stadtent- die Instrumente und gewonnenen er- wicklung gelingen? Wie lassen sich Mo- kenntnisse werden im Projekt traSIQ 2 bilität und Wohnen ökologisch und kli- nun für zwei bestehende darmstädter mafreundlich gestalten? diese Fragen Quartiere – das Martinsviertel und Kra- stehen im Fokus des Projektes „transfor- nichstein-Süd – angewandt. Für sie be- mative Strategien einer integrierten steht in Sachen nachhaltigkeit ein noch Quartiersentwicklung (traSIQ)“. Bereits höherer Problemdruck als in neubau- seit 2017 widmet sich das Öko-Institut gebieten, es gibt viel Innovationspoten- der kommunalen nachhaltigkeitssteue- zial, aber auch viele umsetzungshemm- rung in darmstadt. „diese so genannte nisse, so zum Beispiel heterogene ei- Schwarmstadt steht – genauso wie gentumsverhältnisse. „Wir beschäftigen etwa Leipzig oder Freiburg – durch den uns gezielt mit den themen Mobilität, starken Zuzug vor allem von jüngeren Wärme und Wohnfläche“, so die stell- Menschen vor besonderen Herausfor- vertretende Leiterin des Bereichs res- derungen“, sagt Stefanie degreif vom sourcen & Mobilität. „Beispielsweise Öko-Institut. Im ersten teil des Projektes brauchen wir im Laufe eines Lebens mal arbeitete das Projektteam, zu dem auch mehr und mal weniger Wohnfläche – die Wissenschaftsstadt darmstadt, das dem muss auch die zukunftsorientierte Institut für Landes- und Stadtentwick- Stadtentwicklungsplanung rechnung lungsforschung (ILS) und team ewen tragen.“ neben der Weiterentwicklung gehören, für die nachhaltige Planung des online-tools auf Bestandsquartiere eines neuen Stadtquartiers. „dabei ha- werden unter Beteiligung von Pla- ben wir ein webbasiertes analysetool nungsforen Fahrpläne entwickelt, die entwickelt, das es ermöglicht, verschie- eine nachhaltige transformation mit dene Gestaltungsmöglichkeiten für Blick auf energetische Sanierung, Flä- Quartiere zu simulieren und die effekte chennutzung und Mobilität beschrei- etwa auf die Co2-emissionen sichtbar ben und begleiten. das vom Bundesmi- zu machen. außerdem entstand ein nisterium für Bildung und Forschung neues Bürger-Beteiligungsformat, die geförderte Projekt läuft bis März 2022. das analysetool steht auf https://trasiq. Planungsforen.“ cw oeko.info/trasiq/ zur Verfügung.
16 ARBEIT I rÜCKBLICK Was kommt nach Paris? ab 2023 bilanzieren die Vertragsstaaten mit dem Potsdam Institut für Klimafol- auf welche Informationen und daten aus dem Pariser Klimaschutzabkommen genforschung, dem newClimate Ins- der Global Stocktake zurückgreifen soll- alle fünf Jahre die kollektiven anstren- titute und dem Wuppertal Institut für te, sowie Herausforderungen bewertet. gungen zur reduktion der treibhaus- Klima, umwelt, energie Kriterien entwi- „eine zentrale Herausforderung ist die gase durch den so genannten Global ckelt, wie der Global Stocktake ausge- bisher lückenhafte Berichterstattung Stocktake. „durch dieses Instrument soll staltet sein sollte. „Zentrale Funktionen vieler Länder über ihre emissionen. So die umsetzung des Pariser abkommens sind aus unserer Sicht etwa, die nationa- ist es schwierig, zu quantifizieren, wel- geprüft, kollektive Fortschritte sollen len Klimaschutzziele zu erhöhen und zu che emissionsminderung ihre Klima- bewertet und weiter angeregt werden“, gewährleisten, dass die Länder rechen- schutzziele bedeuten, sowie eine aus- erklärt anne Siemons vom Öko-Institut. schaft über ihre Maßnahmen ablegen“, sage über den kollektiven Fortschritt zu In der analyse „der „Global Stocktake“ so die Wissenschaftlerin aus dem Be- treffen. Im Projekt haben wir neue Ins- unter dem Übereinkommen von Paris: reich energie und Klimaschutz. darüber trumente entwickelt, mit denen dieser ausgestaltung, Methodik und Prozess” hinaus hat das Projektteam im auftrag besser bewertet werden könnte“, sagt hat das Öko-Institut nun gemeinsam des umweltbundesamtes analysiert, anne Siemons. mas Mehr Wissen über Wasserstoff Wasserstoff kann nach energieeffizienz, dem direkten einsatz erzeugt“, erklärt Matthes, „darüber hinaus gibt es aber etwa erneuerbarer energien und elektrifizierung zur vierten Säule auch grauen Wasserstoff, der aus fossilen energien gewonnen der energiewende werden – unter bestimmten Voraussetzun- wird. das dabei entstehende Co2 gelangt in die atmosphä- gen. „er muss klimaneutral hergestellt werden, also vor allem re, daher ist ein ausbau der Wasserstoffwirtschaft auf dieser auf der Grundlage zusätzlicher erneuerbarer energien“, sagt Grundlage klimapolitisch unverantwortlich.“ Für eine inte- dr. Felix Chr. Matthes, Forschungskoordinator energie- und ressante kurz- bis mittelfristige option hält das Öko-Institut Klimapolitik am Öko-Institut, „unverzichtbar ist zudem eine blauen oder türkisen Wasserstoff, der auf Basis von erdgas klare Strategie zur Frage, auf welche anwendungsbereiche produziert wird, aber die Speicherung des gasförmigen Koh- der Wasserstoff-Markthochlauf vor allem ausgerichtet wer- lendioxids (blauer Wasserstoff ) oder von festem Kohlenstoff den sollten. dazu gehört insbesondere, dass er in jenen Be- (türkiser Wasserstoff ) erfordert und damit weitgehend kli- reichen zum einsatz kommt, für die es kaum andere optionen maneutral bereitgestellt werden kann. gibt, treibhausgase zu vermeiden. also etwa in der eisen- und Stahlerzeugung, der chemischen Industrie, im Flug- und See- Mit Blick auf die Kosten betont die Studie: emissionsfreier verkehr und bei der saisonalen Speicherung im Stromsystem. Wasserstoff ist und bleibt ein relativ teurer Brennstoff. „es dies ist sinnvoll und notwendig, da der Bedarf an Wasserstoff könnte sich lohnen, ihn in anderen Ländern zu produzieren, das angebot deutlich übersteigen wird.“ da hier die erzeugungskosten zum teil niedriger sind“, sagt der experte, „dazu braucht es aber niedrige transportkosten In einer aktuellen Studie hat das Öko-Institut einen umfassen- und ein robustes Zertifizierungssystem, das ökologische und den Überblick über den energieträger Wasserstoff erstellt. die soziale Standards für die Produktion festlegt und so die nach- analyse widmet sich dem Stand und den Perspektiven der haltigkeit des Wasserstoffs absichert.“ dieses könne zunächst technik, den Kosten sowie der nachfrage und den benötig- in deutschland und der eu und anschließend schrittweise ten Infrastrukturen. Sie zeigt darüber hinaus, wie Wasserstoff auch in Ländern außerhalb europas angewendet werden. hergestellt werden kann, damit er zum Klimaschutz beiträgt. cw „Grüner Wasserstoff wird mit Hilfe von erneuerbaren energien
17 Emissionen aus dem Serverraum rechenzentren sind ein wesentlicher Bestandteil der digita- gangenheit oft als Co2-Schleuder bezeichnet, verursacht im len Infrastruktur. ohne die zentrale datenverarbeitung wäre rechenzentrum beispielsweise gerade mal 1,5 Gramm Co2- unsere heutige Kommunikations-, arbeits- und Lebensweise Äquivalente (Co2e) pro Stunde. einen größeren Co2-Fußab- nicht möglich. umso überraschender ist es daher, dass über druck hinterlässt die nutzung von Cloud-Software. In einer den energieverbrauch und die Klimawirksamkeit von rechen- Behörde wurden 59 Kilogramm (kg) Co2e pro Server-basier- zentren bisher so wenig bekannt ist. Mit dem Projekt „Green tem office-arbeitsplatz im Jahr gemessen. das ablegen eines Cloud-Computing“ im auftrag des umweltbundesamtes soll- terabytes an daten in einem online-Speicher verursacht so- te diesem Informationsdefizit abhilfe geschaffen werden. gar 100 bis 150 kg Co2e pro Jahr. „Wir haben eine einheitliche Methodik entwickelt, um den umweltfußabdruck von rechenzentren und Cloud-diensten das Projekt „Green Cloud-Computing“ ist ein wichtiger Schritt zu berechnen“, sagt Jens Gröger, Wissenschaftler im Bereich für mehr Klimaschutz bei digitalen Infrastrukturen. „In Zu- Produkte & Stoffströme. kunft können für rechenzentren und Cloud-dienste damit vergleichbare Berichtspflichten eingeführt werden wie sie für anhand von Beispielen wurde die Methodik in der Praxis andere energieintensive Sektoren gelten“, sagt Jens Gröger. angewendet. das Streaming von Videofilmen, in der Ver- mas Ein bereicherndes Verfahren ob die entsorgung radioaktiver abfälle selbst das Verfahren als notwendig und „Wichtig ist zum Beispiel, dass Kritik und erfolgreich ist, ist auch davon abhän- bereichernd empfinden, sind zudem diskurse als positiv wahrgenommen, gig, wie gut die gesellschaftlichen rah- Lernen und reflexivität möglich.“ ja sogar früh eingefordert und in die menbedingungen und erwartungen behördlichen arbeitsabläufe reflexiv berücksichtigt werden. daher sieht das In einem vom Bundeswirtschaftsmi- integriert werden“, erklärt dr. Melanie Gesetz für die Suche nach einem Stand- nisterium geförderten Projekt hat das Mbah, Wissenschaftlerin im Bereich nu- ort für ein endlager für hochradioaktive Öko-Institut gemeinsam mit dem Ins- kleartechnik & anlagensicherheit. „auf abfälle (Standortauswahlgesetz) ein titut für technikfolgenabschätzung eine aktive Partizipationsgestaltung selbstlernendes, reflexives Verfahren und Systemanalyse (ItaS) und dem und neue Beteiligungsformen sowie vor. „die Wechselwirkungen zwischen Forschungszentrum für umweltpolitik eine offene Kommunikationskultur, die technischen und sozialen anforderun- (FFu) der Fu Berlin untersucht, welche auch externe expertise einbezieht und gen sind eine große aufgabe für alle soziotechnischen Herausforderungen die Möglichkeit von rückschritten ak- Beteiligten“, sagt dr. Bettina Brohmann, bei der entsorgung radioaktiver ab- zeptiert, kann nicht verzichtet werden.“ Forschungskoordinatorin transdiszipli- fälle bestehen. das Projekt „Konzepte näre nachhaltigkeitswissenschaften am und Maßnahmen zum umgang mit Für die weitere Forschung in diesem Be- Öko-Institut, „denn die erwartungen an soziotechnischen Herausforderungen reich empfiehlt das Projektteam, weiter das Verfahren sind hoch – es soll zudem bei der entsorgung radioaktiver abfäl- auf einen transdisziplinären ansatz zu partizipativ, wissenschaftsbasiert und le (SoteC-radio)“ widmet sich zudem setzen. „die einbeziehung unterschied- transparent sein.“ daher sei es unter der Frage, wie sich betroffene und in- licher erfahrungen, Haltungen und anderem wichtig, dass institutionelle teressierte akteurinnen und akteure Sichtweisen ist in diesem Prozess unver- akteurinnen und akteure offen und gut in die technischen debatten und zichtbar“, so dr. Bettina Brohmann. kooperationsbereit sind. „nur wenn sie entscheidungen einbeziehen lassen. cw
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