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WEISS Magazin der Freien Liste No. 26, Dezember 2018 freieliste.li Mutig neue Wege gehen Kandidatinnen und Kandidaten stellen sich vor Solidarität Aussenpolitik Einbürgerungspolitik Zivilcourage gefordert Liechtenstein bewegt Fünfgestirn entdeckt
Inhalt Editorial Starke Demokratie 04 – Die Demokratie verteidigt sich nicht alleine – Die Demokratie verteidigt sich nicht alleine Kein Selbstläufer: Conny Büchel Brühwiler argumentiert für eine starke Demokratie, die das Thema Gleichstellung endlich ernst nimmt und vorantreibt. 05 Text Conny Büchel Brühwiler, praesidium@freieliste.li Foto Klaus Schädler – Kandidaten und Kandidatinnen stellen sich vor – Sie sind bereit, für die Zukunft ihrer Gemeinde einzustehen: Einige unserer Sozialer Gleichstellung von Frau und Mann ist für viele anscheinend kein Thema mehr. Noch immer höre ich die gängige Meinung, heutzutage hätten doch alle, Mädels wie Jungs, gleiche Bil- «Klebstoff» Kandidatinnen und Kandidaten erzählen, wie sie mutig neue Wege gehen. dungschancen, die Möglichkeit einen Beruf zu erlernen oder zu studieren. Dieses Denken greift einfach zu kurz. 12 – Das Gefühl von Solidarität ist unteilbar – Stark geprägt von seinen persönlichen Er fahrungen Text Conny Büchel Brühwiler, praesidium@freieliste.li in Afrika während der Apartheid teilt Politiker Demokratie muss sich heute mehr denn Stabsstelle für Chancengleichheit aufge- und Arzt Pepo Frick seine Sicht zum Thema je auch daran messen lassen, wie sie vor spalten und geschwächt. Diese Aufspal- Solidarität. allem mit dem Thema Gleichstellung umgeht. tung wirft Liechtenstein in seiner Entwick- Wir freuen uns über die Kandidatinnen und Kandidaten der Geschlechtergleichheit geht weit über glei- lung zurück. Es ist Aufgabe des Staates, 14 Freien Liste für die Gemeinderatswahlen 2019. Sie sorgen für che Bildungschancen hinaus. Haben Frau- konkret des Gesellschaftsministers Mauro – Aussenpolitik – Was kann Liechtenstein neue Impulse in der Partei und frischen Wind in der Gemein- en heute die gleichen Möglichkeiten einer Pedrazzini, eine angemessene Beteiligung leisten? – Anlässlich des Besuchs der Aussen- depolitik. Einige von ihnen stellen sich in dieser Ausgabe vor. beruflichen Karriere? Werden sie in den der Frauen zu ermöglichen. Ich kann je- politische Kommission des Landtags in New Bei der Nominationsveranstaltung am 11. Januar werden wir Betrieben wie männliche Mitarbeiter geför- doch nicht erkennen, dass ihm oder der York analysiert Thomas Lageder alle Kandidatinnen und Kandidaten präsentieren. dert? Geben Betriebe den Frauen die Mög- Gesamtregierung dies ein ernstes Anlie- Liechtensteins Aussenpolitik Solidarität hat viele Gesichter und Facetten. Wenn der lichkeit, als Mütter Karriere zu machen, gen ist. Es gibt keine Strategie und kaum Oktober-Landtag Geld für «Jugend und Musik» bewilligt, zeugt gleich den Männern, wenn sie zu Vätern Unterstützung für zivilgesellschaftliche Or- 16 das genauso von Solidarität, wie wenn er Geld für LED-Projekte werden? Und das bei gleichem Lohn? Kön- ganisationen, welche seit Jahren Projekte – Umgang mit «Fremden»: Vergeben wir eine spricht. Ist eine Welt ohne Solidarität nicht undenkbar? Freie- nen Start-ups von Frauen mit der gleichen zur Chancengleichheit umsetzen. Es ist Chance? – Die Einbürgerungspolitik dreht sich Liste-Co-Präsident Pepo Frick kennt Solidarität auch aus seiner Finanzierungsunterstützung und dem glei- ebenso an den Parteien, Frauen in ihren seit Jahren im Kreis, respektive im Fünfgestirn. langjährigen Tätigkeit bei SolidarMed. Natürlich wird Solidarität chen beruflichen Netzwerk rechnen? Wer- Gremien zu fördern, ihnen Möglichkeiten Wolfgang Marxers Kommentar zur doppelten in Afrika anders gelebt als in Liechtenstein. Unser sinnvolles den kompetente und erfolgreiche Frauen zur echten Beteiligung zu bieten. Auf die- Staatsbürgerschaft. Spenden ermöglicht Projekte, die Hilfe zur Selbsthilfe bieten. in den Medien sichtbar gemacht? ser Ebene beginnen ganz zaghafte Ansätze Solidarität ist der soziale «Klebstoff» in jeder Gesellschaft. Wir Conny Büchel Brühwiler, Co-Präsidentin zu wachsen. Parteien möchten mehr Frau- 18 können auch solidarisch sein mit unseren Nächsten und unseren Freie Liste Politische Partizipationschancen sollten für en auf Wahllisten. Es genügt jedoch nicht, – Nachhaltigkeit und Transparenz für Pensions- Nachbarn nebenan. Wer solidarisch ist mit seiner Familie, seinen beide Geschlechter in gleichem Mass vor- ein halbes Jahr vor den Wahlen mit der kassen – Hier tun sich neue Möglichkeiten Freunden und Hilfsprojekte in der Region unterstützt, erlebt Ohne Geschlechtergleichheit gibt es kei- handen sein. Kandidatinnensuche zu beginnen. Das hat auf: Die Schaaner Gemeinderatskandidatin meist im Gegenzug selbst Zuspruch und Freundschaft. ne offene und freie Gesellschaft. So wie Das heisst, dass sich der Anteil der Frauen Alibi-Charakter. Und trotzdem, oder weil Ute Jastrzab sensibilisiert für das Thema In dieser Ausgabe geht es auch um Solidarität mit Frauen, der Begriff «Demokratie» keinen stati- in der Bevölkerung (50%) in politischen es einfacher ist, den Fokus weg von den Nachhaltigkeit und Transparenz bei Pensions- insbesondere mit jenen in der Politik, die in der Regel härter schen Zustand eines Landes beschreibt, Ämtern (Gemeinderat, Landtag, Gemein- Parteien zu richten, getrauen sich politi- kassen. kämpfen und mehr leisten müssen als ihre männlichen Kollegen. ist auch die Gleichstellung ein Prozess, devorstand), in Kommissionen und Verwal- sche Entscheidungsträger immer noch zu Wir werfen auch einen Blick auf die Finanzwelt, in der Fragen der dessen Geschichtsverlauf sich ähnlich der tungsräten abbilden muss. Nicht jede Frau sagen: «Die Frauen, die müssen sich halt Nachhaltigkeit immer wichtiger werden. Darüber hinaus beschäf- Demokratie nicht stetig zum Besseren will in die Politik, genauso wenig wie jeder aufstellen lassen!» Das machen sie auch, Impressum tigen wir uns mit Liechtensteins Aussenpolitik und der aktuellen entwickelt. In osteuropäischen Staaten Mann. Aber für diejenigen, welche sich doch eingeladen fühlt Frau sich in diesem Herausgeberin Freie Liste, Liechtenstein Frage der doppelten Staatsbürgerschaft. beobachten wir besorgt die Machtfülle engagieren wollen, sollen gute Rahmenbe- politischen Klima nicht. Dabei wäre eine Redaktion WEISS, Birkenweg 6, 9490 Vaduz einiger Staatschefs. Einschränkung von dingungen geschaffen werden. Eine brei- lebendige und gleichberechtigte Beteili- Redaktionsleitung Alexa Ospelt, info@weissmagazin.li Liebe Leserinnen und Leser, das Team der Freien Liste wünscht Freiheit und Rechten, auch Frauenrech- te, über gesellschaftliche Schichten hinweg gung am politischen Prozess Ausdruck ei- Gestaltung Mathias Marxer, Gregor Schneider, Triesen Ihnen eine friedliche Weihnachtszeit, einen schönen Jahresaus- ten, kennzeichnen diese Staaten. Die Par- gleiche Verteilung von Männern und Frau- ner offenen und freien Demokratie. Druck LAMPERT Druckzentrum AG, Vaduz klang und viel Spass bei der Lektüre. teienlandschaft in Europa verändert sich en in politischen Gremien ist ein Qualitäts- Schrift Univers und New Baskerville sehr dynamisch und somit auch der Frau- merkmal offener und freier Demokratie. Papier Bavaria, 80 g/m2, FSC Auflage 20’100 Ex. Conny Büchel Brühwiler enanteil in den Parlamenten und Frakti- Titelbild, Rückseitenbild Klaus Schädler, www.photo.li onen. Das sind Entwicklungen, die uns Chancengleichheit setzt sich nicht von Illustration Jürgen Schremser, Wien/Vaduz «Demokratie» mit neuem Fokus diskutie- alleine um, das wissen wir seit Jahren. ren lassen. Die Regierung hat jedoch vor Jahren die 2 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 3
Einige unserer Kandidatinnen und Sie stehen ein für die Zukunft Gemeinderatswahlen 2019 - Triesen Kandidaten für die Gemeinderats- ihrer Gemeinde und die Zukunft wahlen 2019 stellen sich vor. unseres Landes. Nominationsveranstaltung Gemeinde- Mutig neue Wege gehen. ratskandidatinnen und -kandidaten: Text Joachim Batliner, j.batliner@adon.li Foto Klaus Schädler Freitag, 11. Januar 2019. Details wer- den anfangs Januar bekanntgegeben. Der Wahlkampfslogan der Freien Liste reizt zum Widerspruch. Wäre es nicht angebracht, erst mal vor allem Sorgen und Ängste zu haben? Sorgen und Ängste, dass wenig von dem, was uns lieb ist und wichtig erscheint, Bestand haben wird? Schon heute entspricht unsere Landschaft nicht mehr den romantischen Bildern, die wir uns von ihr machen. Die Verwandlung in den kommenden 20 Jahren wird tief- Manuel Kieber, Vaduz Bettina Eberle-Frommelt, Balzers greifender sein als die Verwandlung, die in den letzten 25 Jahren stattgefunden hat. Nicht anders ist es mit der Gesellschaft. Fühlen wir uns noch als Teil von ihr? Ha- ben sich nicht viele schon zurückgezogen in ihren eigenen Kreis? Mit vielem, was um uns ist, können wir uns nicht mehr identi- fizieren. Identifikation ist ein zentraler Bestand- Teil davon sind oder nicht. Vorgefertigte teil unseres Zusammenlebens. Je kleiner Identitätsangebote sind identitäre Ideolo- der Raum wird, auf dem wir gemeinsam gien, Blasen voller Scheingefühle. Joachim Batliner, GR-Kandidat für die Freie stehen, desto weniger vermag er uns zu Es genügt nicht, dass die Gemeinden Liste in Triesen tragen und Freiheit zu geben. Ein Ort, Bänke auf Dorfplätzen aufstellen und mit dem sich immer weniger Menschen gelegentlich zu Workshops oder Bürger- identifizieren, spendet keine Identifika- gesprächen einladen. Die allabendlichen Joachim Batliner , Triesen Patrick Risch, Schellenberg tion mehr. Er verkommt zur verwalteten Gespräche am Dorfbrunnen oder Stamm- Rahel Rauter, Vaduz Infrastruktur. Wir wissen nicht, wie unsere tisch sind Geschichte. Die Gemeinden Gemeinden in Zukunft aussehen werden. müssen sich Gedanken machen, wie sie Aber sicher werden sie funktionieren, wieder ein Teil ihrer Einwohnerinnen und wenn sich alle, die darin wohnen, soweit Einwohner werden. Die Gemeinden müs- als möglich mit ihnen identifizieren kön- sen dafür sorgen, dass sie erlebt werden nen. können. Sie sollen sich mit neuen Ideen Wo holen wir unsere Identität? Es gibt aufdrängen, zum Widerspruch herausfor- neuerdings wieder Leute, die versprechen dern. Dann entsteht Auseinandersetzung, uns, dass die Identifikation gelingt, wenn und mit ihr Identität. nur wieder eine möglichst reine Leitkultur da ist, die für alle verbindlich ist. Dass wie- der heimatliche Wir-Gefühle aufkommen, wenn nur alles verschwindet, was fremd ist. Diese Leute verkennen, dass jede und je- der Einzelne sich ihre oder seine Identität Ute Jastrzab, Schaan Alexander Hilzinger, Schaan selber schafft: Woher wir unsere Identität beziehen, womit wir sie verbinden, ist im- mer Ergebnis der konkreten Erfahrung. Mutig neue Wege gehen. sozial Das, was wir erleben, die Menschen, denen wir begegnen, bringen uns dazu, uns mit Für unsere Zukunft. demokratisch etwas zu identifizieren oder gerade nicht. Wir erleben etwas und erkennen, ob wir Für unser Land. ökologisch 4 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 5
Gemeinderatswahlen 2019 - Balzers Gemeinderatswahlen 2019 - Vaduz «Die Dinge aus einer anderen «An Vaduz schätze ich die Perspektive anschauen» Kleinheit und das Vertraute» Text Bettina Eberle-Frommelt, b.eberlefrommelt@gmail.com Foto Klaus Schädler Text Rahel Rauter, rrrahel@hotmail.com Foto Klaus Schädler «Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.» Dieser Spruch von Mutig neue Wege gehen bedeutet für mich, immer wieder etwas aus der Reihe zu tanzen, Francis Picabia (1879–1953), einem französischen Schriftsteller, Maler und Grafiker, beglei- Dinge zu tun, die andere als unmöglich ansehen. Mein Motto dazu ist: «Nichts ist unmöglich, tet mich seit Jahren. In meiner ersten Zeit als Psychologin hing er an meiner Bürowand. wenn du es wirklich willst.» In meinem Beruf bin ich stets gefordert, mich in die Situation und das Denken anderer Menschen hineinzuversetzen. Oft ist es nötig, die Dinge aus einer anderen Perspektive anzuschauen, neue Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen und die eigenen gewohnten Denkmuster zu verlassen. So bin ich mutig von der Steiner-Schule über die 5. Klasse Primarschule, Oberschu- le, Realschule ins Gymnasium gehüpft. Jedoch hatte ich als Teenie alles andere werden sollte, und die Unterstützung mei- gegenüber gelehrt und anzunehmen, was im Kopf, als Lateinvokabeln und Algebra ner Familie und meines jetzigen Mannes kommt, das Beste aus allem zu machen zu büffeln. Ich wollte die Welt kennenler- liessen mich den vorgezeichneten Weg und zu erkennen, wenn es Zeit ist, etwas nen. So war ich ein Jahr in Quebec, um verlassen und nach Wien aufbrechen. Das zu ändern. So veränderte sich auch meine gleich danach in Costa Rica zu landen. So brauchte Mut, denn in meinem ganzen berufliche Situation wieder. Heute habe darf ich neben Deutsch auch Französisch, privaten Umfeld gab es keine einzige Frau, ich im Verein Kindertagesstätten Liechten- Spanisch und Englisch zu meinem Sprach- die jemals eine Universität von innen gese- stein die Stabsstelle Pädagogik inne. schatz zählen. Zurück in Europa absolvier- hen hatte. In in einer Grossstadt zu leben, Ich bin, geprägt von einer politisch te ich eine Lehre an der Gastgewerblichen war mir ebenfalls sehr neu und fremd. engagierten Mutter, in einer Familie auf- Fachschule in Chur. Darauf habe ich mich Aus verschiedenen Gründen war es gewachsen, in der über alles offen ge- mutig nochmals an der Matura versucht notwendig, den Studienort zu wechseln. sprochen werden konnte. Es wurde viel und sie mit Schwerpunkt Bio/Chemie be- Meinen Universitätsabschluss machte ich diskutiert, man durfte anderer Meinung standen. Plötzlich standen mir alle Türen Rahel Rauter, GR-Kandidatin für die Freie Liste dann an der Universität Bern. Die erste sein, wenn man diese auch anständig und offen, und so habe ich mutig viel angefan- in Vaduz Anstellung als Psychologin fand ich im konstruktiv vertreten konnte. Nur aus gen und fast so viel wieder abgebrochen … Amt für Soziale Dienste in Schaan. Nach Prinzip gegen etwas oder «die anderen» Von Anthropologie an der Uni Fribourg Meine Leidenschaft liegt schon seit Ich habe die Möglichkeit, innerhalb kür- Bettina Eberle-Frommelt, GR-Kandidatin für fünf Jahren kam ich wieder an eine Wegga- zu sein, wurde nicht als Argument akzep- über Lebensmitteltechnologie an der jeher beim Essen und bei den Lebensmit- zester Zeit zu Fuss oder mit dem Velo über- die Freie Liste in Balzers belung und machte mich als Kinder- und tiert. Es war für mich schon früh klar, dass ZHAW bis zu einer Kochschule in Buenos teln. Diese Liebe wollte ich auch beruf- all hinzukommen. Es ist sauber, sicher, ich Jugendpsychotherapeutin in eigener Pra- in meinem politischen Denken die sozia- Aires. Schliesslich bin ich durch ein Prak- lich verankern. Heute studiere ich an der bin in fünf Minuten in der Natur. Es geht Zu diesem mir so vertrauten Zitat passt das xis selbstständig. len Themen, Ökologie, Umweltschutz und tikum im Gartenbau gelandet. So kennt Fernfachhochschule Schweiz Ernährung mir gut und mir fehlt es an nichts. Mich Motto der Freien Liste – «Mutig neue Wege Mein Mann hat mich immer begleitet Nachhaltigkeit, Solidarität mit Menschen man mich auch besser als «d’Gärtneri». und Diätetik. Nebenbei arbeite ich in der freuen die kleinen Dinge im Leben, ein gehen» – gut. Ich würde mich eigentlich und unterstützt. Seit mehr als dreissig Jah- in aller Welt und Gleichberechtigung und «Specki»-Küche und organisiere spora- Lächeln von Menschen, denen ich begeg- nicht als besonders mutig, im Sinne von ren gehen wir unsere Wege gemeinsam. Gleichwertigkeit aller Menschen Priorität disch einen Mittagstisch. ne, einige nette Worte, ein Sonnenstrahl, risikofreudig, bezeichnen. Aber meine be- Sie waren auch privat immer wieder haben. Deshalb fand ich schon in jungen Einen weiteren mutigen neuen Weg das Gezwitscher der Vögel. Gerne verbrin- ruflichen und privaten Wege haben mich sehr herausfordernd. Gerade unsere Fa- Jahren meine politische Heimat in der gehe ich mit der Kandidatur zur Gemeinde- ge ich Zeit mit meinem Hund Flaco auf immer wieder an Kreuzungen und Wegga- milienplanung war alles andere als ge- Freien Liste. Für die FL war ich in der Für- rätin. Für mich ist dieses Gebiet Neuland. Wildschloss oder im Iraggell. Einer meiner belungen geführt, an denen ich gefordert radlinig. Unsere langjährige ungewollte sorgekommission und bin aktuell im Ge- Wieso ich mich aufstellen lasse? Weil ich Lieblingsplätze ist der Teich hinter dem war, eine mutige Entscheidung zu treffen. Kinderlosigkeit liess uns gemeinsam den meindeschulrat der Gemeinde Balzers. in einem Land leben möchte, in dem ich Schwimmbad. Das erste Mal bin ich mutig einen neu- neuen Weg der Adoption beschreiten. Die- Ich sage, was ich denke, stehe zu mei- als Frau auch politisch repräsentiert werde. Dinge, die ich nicht mag, sind zu viele en Weg gegangen, als ich mich entschie- ser Weg führte uns nach Äthiopien und ner Meinung und bin bereit, Verantwor- Ich möchte als Beispiel vorangehen und Autos und zu viel Verkehr – obwohl ich selbst den habe, Psychologie zu studieren. Meine schenkte uns zwei wunderbare Söhne. Als tung zu übernehmen. den Frauen in Liechtenstein Mut geben ab und zu Auto fahre –, unfreundliche Men- Ausbildung zur Primarlehrerin bot eine si- ich 42 war, stellte sich heraus, dass das Le- Es ein wenig gedauert, bis ich voller und zeigen, dass wir eine Stimme haben schen, Rücksichtslosigkeit, Abfall, schlechte chere Basis und so erfüllte ich mir meinen ben eine weitere Herausforderung für uns Energie ja sagen konnte zu einem grösse- und dass wir diese auch nützen müssen. Luft, Stillstand, Ungerechtigkeit. Traum von einer weiteren Ausbildung. Die parat hatte. Unser jüngster Sohn kam mit ren politischen Mandat. Jetzt ist es aber so Dinge, die ich an Vaduz, aber auch Sicherheit, wieder unterrichten zu kön- Trisomie 21 auf die Welt. Unsere Famili- weit. Ich möchte mutig diesen neuen Weg ganz Liechtenstein schätze, sind die Klein- nen, wenn das mit dem Studium nichts engeschichte hat mich Demut dem Leben gehen! heit und das Vertraute. Man kennt sich. 6 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 7
Gemeinderatswahlen 2019 - Vaduz Gemeinderatswahlen 2019 - Schellenberg «Das Dorfleben darf wieder «Eine wunderbare Landschaft, attraktiver werden» die es zu schützen gilt» Text Manuel Kieber, manuel.kieber@gmx.com Foto Martin Walser Text Patrick Risch patrick.risch@landtag.li Foto Klaus Schädler Für mich bedeutet «Mutig neue Wege gehen», seine eigene Komfortzone zu verlassen, um Schon seit knapp acht Jahren bin ich für die Freie Liste im Schellenberger Gemeinderat sich weiterzuentwickeln. Das habe ich schon ein paar Mal gemacht, zum Beispiel bei der aktiv und habe an einigen interessanten Projekten mitgearbeitet. Dabei konnte ich oftmals Berufswahl und während meiner Zeit für den europäischen Freiwilligendienst in Grossbri- eine andere Sichtweise mit in die Diskussionen einbringen. tannien. Auch mit der Kandidatur für den Gemeinderat Vaduz weist sich mir ein neuer Weg. Schellenberg verfügt über eine wunder- tete ich auch vormittags bei einem weite- bare Landschaft, die es zu schützen gilt. ren Projekt der Schulsozialarbeit mit, bei Wie ich in den ersten Jahren als Gemein- welchem ich mich um Schülerinnen und derat feststellen musste, wurde dazumal Schüler mit Lernschwierigkeiten kümmer- bei der Festlegung der Bauzonengebiete te. Ausserdem traf ich mich etwa zweimal kein Augenmerk auf die einzigartigen Ma- pro Monat mit meinen Arbeitskollegin- gerwiesenbestände Schellenbergs gelegt. nen und -kollegen und wir gestalteten ein Einige der schönsten Magerwiesen Liech- Wochenende für eine Gruppe speziell für tensteins liegen heute in der Bauzone und Vollwaisen. können so langfristig nicht für künftige Die Zeit in Wales hat mich sehr geprägt Generationen erhalten werden, es sei und mir beruflich eine neue Perspektive denn, die Gemeinde bemüht sich aktiv da- aufgezeigt. Nach meiner Rückkehr nach rum, diese zu schützen. Liechtenstein machte ich ein zweijähriges Vor gut fünf Jahren wurde das Projekt Praktikum in der Jugendwohngruppe in «Wohnen im Alter» mit den Gemeinden Vaduz und absolvierte anschliessend die Ruggell und Gamprin-Bendern gestartet. Patrick Risch, GR-Kandidat für die Freie Liste Manuel Kieber, GR-Kandidat für die Freie Liste vierjährige berufsbegleitende Ausbildung Nach einigen Jahren Vorarbeit konnten in Schellenberg in Vaduz zum Sozialpädagogen. Während der Aus- nun dieses Jahr erste Massnahmen präsen- bildung arbeitete ich für zwei Jahre mit tiert und umgesetzt werden. Für mich ist die Berufstätigen ins Tal zur Arbeit, die Nach mehreren Jahren temporärer Arbeit, Erwachsenen in schwierigen Lebenssituati- duzen. Das Gespräch wird somit gleich et- es sehr wichtig, dass wir in unserem Dorf Schüler der Sekundarstufe müssen nach Zu zweit im Gemeinderat? in der ich meine Berufung suchte, fass- onen zusammen und inzwischen habe ich was familiärer und die Unterhaltung fin- alt werden und möglichst lange selbststän- Eschen in die Schule und der grosse Ein- Zu zweit lässt sich mehr bewirken. Liebe te ich Mut und ging 2010/2011 für neun auch im heilpädagogischen Bereich, d.h. det auf Augenhöhe statt. Ich würde gerne dig zu Hause in den eigenen vier Wän- kauf findet ebenso nicht im Schellenberg Schellenbergerin, lieber Schellenberger, Monate ins Ausland. In Wales machte ich mit körperlich und kognitiv behinderten mehr Zeit im Vaduzer Städtle verbringen. den leben können. Und wenn dies nicht statt. Daher ist es sehr wichtig, dass die Ge- würde es dich reizen, mit mir für die nächs- einen Einsatz für den europäischen Frei- Menschen, zusammengearbeitet. Was ich verbessern und verändern würde, mehr möglich ist, zumindest im Dorf, in meinde alles daransetzt, dass der öffentli- ten Gemeinderatswahlen zu kandidieren? willigendienst und sammelte dort erste Wenn ich heute an die Zeit zurückden- ist die Atmosphäre. Vor allem abends wirkt einem Haus mit betreutem Wohnen. Die che Verkehr erhalten bleibt und sogar ver- Melde dich noch vor Jahresende bei mir. Erfahrungen im sozialen Bereich. Zum ke, als ich nach der Oberschule eine Lehre das Städtle wenig lebendig, das ändert sich Gemeinde ist daher gefordert, das Projekt bessert werden kann. Die Gemeinde muss Die Arbeit im Gemeinderat macht Spass Beispiel gestaltete ich verschiedene sozia- als Büroangestellter abschloss und danach nur, wenn Events wie Filmfest, Jahrmarkt, «Wohnen im Alter» voranzutreiben und aber auch darum besorgt sein, im Zent- und ist sehr spannend – zu zweit wird le und sportliche Aktivitäten mit Jugend- viele verschiedene Berufe ausprobierte, das Fürstenfest, Beachvolleyball stattfin- die Möglichkeiten weiterzuverfolgen. rum mit Gestaltungsrichtlinien und einer es noch spannender! lichen. Wir zeigten Unterschiede und bin ich schon öfters mutig neue Wege ge- den. Hier könnten wir unter Einbezug der Die Lage Schellenbergs – auf dem Rü- entsprechenden Zonenplanung Geschäfte Gemeinsamkeiten unserer beiden Länder gangen, bis ich letztlich meine Berufung Bevölkerung im Gemeinderat mehr Ideen cken des Eschnerbergs – ist Fluch und und Gewerbe anzusiedeln. auf, gestalteten verschiedene Musikaben- als Sozialpädagoge gefunden habe. entwickeln. Das Dorfleben darf wieder at- Segen zugleich. Aufgrund des gegebenen de, an denen wir Instrumente ausprobier- Ich verbringe gerne Zeit in der Natur. traktiver werden. Geländes lässt sich in Schellenberg keine ten, und es gab viele sportliche Anlässe Dort kann ich mich auspowern und erho- Im Ausland werde ich öfters auf Liech- Gewerbezone realisieren. Aus demselben wie zum Beispiel Rugby, Fussball, Billard, len. Ich schätze die Ruhe beim Training tensteins «Grösse» angesprochen und da- Grund ist auch der Mobilfunkempfang Wettbewerbe im Skatepark und einen Ori- im Wald oder auch beim gemütlichen Spa- für belächelt. Doch die meisten staunen teilweise schlecht. Die Lösung ist aber entierungslauf. Nach etwa zwei Monaten ziergang am Kanal oder am Giessen ent- nicht schlecht, wenn sie hören, wie kurz nicht einfach eine weitere Mobilfunkan- unterstützte ich den Deutschunterricht lang. Was ich an Vaduz schon immer sehr und unkompliziert bei uns die Wege sind, tenne. Hier gibt es inzwischen interessan- als Aushilfslehrer und betreute meine ei- geschätzt habe, ist das Persönliche. Ich um Anliegen und Fragen deponieren zu te Alternativen. Schellenberg ist eine ty- genen Klassen. Während dieser Zeit arbei- mag es sehr, dass wir uns in Liechtenstein können. Das sehe ich als grosse Stärke. pische Wohngemeinde. Jeden Tag fahren 8 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 9
Gemeinderatswahlen 2019 - Schaan Gemeinderatswahlen 2019 - Schaan «Hier möchte ich mitwirken «Kulturell hat die Gemeinde jetzt und mitgestalten» schon einiges zu bieten» Text Alexander Hilzinger Foto Martin Walser Text Ute Jastrzab, jastrzab.ute@outlook.com Foto Emmi Wohlwend Ich möchte mich für meine Gemeinde einsetzen, damit wir auch in Zukunft noch Werte Ich mag den lebendigen Ortskern in Schaan. Im Dorf ist immer etwas los. Ob schnell auf ei- haben, auf die wir Schaaner stolz sein können. Es gibt auch Dinge in unserer Gemeinde, nen Kaffee oder zum Einkaufen, mit dem Rad bin ich blitzschnell dort. Ich liebe es, auf Alpila die anders oder vielleicht sogar besser laufen könnten. Genau da möchte ich mitwirken zu übernachten. Das ist ein Weg, der sich immer lohnt. Da wir direkt am Riet wohnen, gehe und versuchen, neue bzw. andere Ansichten in den Gemeinderat einfliessen zu lassen: Die ich dort viel joggen und spazieren. Oft kann man Rehe sehen, das ist wunderbar! Ansichten meiner Generation. «Mutig neue Wege gehen» heisst für mich, Meine Vergangenheit ist sportlich geprägt. und Weise die Führungspersonen über- Chancen wahrnehmen, wenn sie sich bie- Dank dem sportlichen Elan meiner Eltern zeugen, in meiner Abteilung bleiben zu ten. Einen Entschluss fassen und bereit durften meine Schwester und ich viele tol- können, und darf heute mit einem super sein, das Nötige zu tun. Manchmal muss le und vor allem lehrreiche Momente erle- Team zusammenarbeiten. man gewohnten Pfade und die Komfort- ben. Bereits mit drei Jahren stand ich zum In meiner Vergangenheit habe ich zone verlassen, um vorwärts zu kommen. ersten Mal auf den Skiern. Es faszinierte schon mehrere Male mutig neue Wege Dies beinhaltet auch Vertrauen in die ei- mich und ich wollte immer mehr. Ich eingeschlagen. Ich bin mit meinen Ent- genen Fähigkeiten und Einstehen für eine konnte viel Zeit mit meiner Familie beim scheidungen zufrieden und bin stolz auf Sache. Dazu gehört die Bereitschaft mitzu- Skifahren in Malbun verbringen, oft bis das, was ich erreicht habe und wo ich heu- arbeiten und dabei keine Angst zu haben, zur letzten Fahrt der Skilifte. Schon bald te stehe. unbequeme Standpunkte zu vertreten. war ich Mitglied im Skiclub Schaan. Wie Neben dem Sport liegt mir unter an- Unzufriedenheit führte mich 1998 das bei Geschwistern so üblich ist, eiferte derem auch das Verkehrsthema sehr am von Berlin nach Liechtenstein. Viel Mut meine drei Jahre jüngere Schwester mir Herzen – ganz besonders in Schaan, dem brauchte ich nicht, da ich nur gewinnen nach. Skifahren war für uns das Grösste. Nadelöhr von Liechtenstein. Ich lasse konnte. Nach ein paar Jahren als Servier- Damals besuchten wir die Primarschule mich für den Gemeinderat nominieren, tochter und in meinem erlernten Beruf Ute Jastrzab, GR-Kandidatin für die Resch in Schaan. Dann kam der erste Punkt, Alexander Hilzinger, GR-Kandidat für die weil mir Schaan viel bedeutet. Hier bin ich als Friseurin schlug ich einen neuen Weg Freie Liste in Schaan an dem eine grosse Entscheidung anstand: Freie Liste in Schaan aufgewachsen, hier möchte ich mitwirken ein. Über die Matura an der BMS in Va- Ich wollte unbedingt in den Liechtensteini- und mitgestalten! duz sowie ein Wirtschaftsstudium an der den unterschiedlichsten Menschen. Diese de und das Leben im Dorf. Kulturell hat schen Skiverband. Dieses Ziel erreichte ich, wuchsfahrer auf den Sprung in den Liech- Hochschule Liechtenstein fand ich in den haben mich auf meinem Weg immer wie- die Gemeinde jetzt schon einiges zu bie- und so nahm alles seinen Lauf. Nach der tensteinischen Skiverband unterstützen Finanzdienstleistungssektor. Das war schon der ermutigt und bestärkt. Gemeinsam ist ten. Das ist eine Entwicklung, welche un- Primarschule stieg ich in die Sportschule und vorbereiten konnte. eine grössere Herausforderung. Aber ich es einfacher. bedingt weiterverfolgt werden sollte. Der Liechtenstein (Realschule Schaan) ein und Nach einem erfolgreichen Jahr im hatte von Anbeginn ein tolles Umfeld mit Mehr Mut erforderte der Weg zur Ein- Spagat zwischen Verkehrsnadelöhr und später in das Sportgymnasium Dornbirn. Skiclub durfte ich das folgende Jahr als bürgerung über die Abstimmung in der einem lebenswerten Schaan mit viel Na- Dort absolvierte ich die Matura. Assistenztrainer im Skiverband den Nach- Gemeinde. Aber ich wollte unbedingt wäh- turflächen scheint mir eine der grössten Eine Karriere im Spitzensport bringt wuchskader trainieren und den Athleten len können und die Gesellschaft, in wel- Herausforderungen der Gemeinde. Mit viele Herausforderungen mit sich und oft mein Wissen und Know-how weitergeben, cher ich lebe, mitgestalten. Interesse verfolge ich seit Jahren die Raum- ging ich hart an meine Grenzen und dar- was mir sehr viel bedeutete. Und nun kandidiere ich auch noch für entwicklung in Schaan. Gerne möchte ich über hinaus. Schliesslich kam der Tag, an Schon bald stand meine Berufsent- den Gemeinderat. Diese Chance zu ergrei- nun meinen Beitrag leisten und die an- dem ich meine Skier an den Nagel häng- scheidung an. Ich sah viele Möglichkeiten. fen, war für mich persönlich meine mutigs- stehenden Herausforderungen mit anpa- te. Ehrlich gesagt, ich habe den Entscheid Nach reiflichem Überlegen entschied ich te Entscheidung. cken. eine ganze Weile bereut. Heute kann ich mich für eine Lehre als Konstrukteur bei Wenn ich an Schaan denke, dann fal- die Zeit im Spitzensport als wertvolle Er- der Hilti AG und reichte meine Bewer- len mir als erstes die Menschen ein. Ob fahrung betrachten. bung ein. Ich hatte Glück, bekam die Stel- in direkter Nachbarschaft oder im Dorf, Nach meinem Rücktritt blieb ich dem le und konnte, dank meiner Matura, eine man kommt schnell ins Gespräch, wenn Skisport weiterhin verbunden und arbei- verkürzte Lehre absolvieren. man will. Ich erlebe die Schaaner als sehr tete beim Skiclub Schaan als Trainer der Nach zwei tollen Jahren in der Hilti-Be- offen, freundlich und diskussionsfreudig. Renngruppe, wo ich die Schaaner Nach- rufsausbildung konnte ich mit meiner Art Sie interessieren sich sehr für die Gemein- 10 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 11
Solidarität – die politische Dimension des Mitgefühls «Das Gefühl von Solidarität Pepo Frick, Co-Präsident Freie Liste ist unteilbar» Text Alexa Ospelt, info@weissmagazin.li Porträt Klaus Schädler Fotos Pepo Frick Pepo Frick, Co-Präsident der Freien Liste, war viele Jahre Vize-Präsident von Solidarmed und für diese NGO auch als Arzt von 1984-87 in Lesotho, im südlichen Afrika, tätig. Das Weiss Magazin hat mit ihm über seine Ansichten und Erfahrungen zum Thema Solidarität gesprochen. Weiss: Liechtensteins Medianlohn liegt bei bewerben, aber nicht zuletzt auch Flücht- sind dort überlebensnotwendiger als bei zen Welt leben Solidarität in ihrer unmit- 6603 Franken. Wir haben nahezu Vollbeschäf- linge, die in ihrem Heimatland Grauen uns. Nach wie vor gibt es in Lesotho kei- telbaren Umgebung. Ohne ein solidari- tigung und generell einen hohen Lebensstan- und Schrecken und Hoffnungslosigkeit er- ne allgemeine Krankenversicherung oder sches Sich-Einsetzen in seiner Heimat sind dard. Ist da Solidarität mit Menschen in Liech- lebt haben. Prekäre Arbeitsbedingungen eine ausgebaute AHV, ein Krankheitsfall meiner Meinung nach Solidaritätsbekun- tenstein nicht überflüssig bzw. ein Luxus? (Eurolöhne, zunehmend unsichere An- erfordert häufig den finanziellen Einsatz dungen anderswo aufgesetzt. Pepo Frick: Ganz und gar nicht. Wir haben stellungsverhältnisse durch Leihfirmen) der ganzen Verwandtschaft, das Altwerden auch hier im Land immer mehr Menschen und eine Gesetzgebung mit Lücken vor al- geschieht im Kreise der Familie, ergänzen- Ist es deiner Ansicht nach sinnvoll, mit jedem und Schicksale, die dringend unsere So- lem für Einkommensschwache der LANV de Unterstützung oder Altersheime gibt es Mitmenschen solidarisch zu sein, der um sei- lidarität und unser Mitgefühl brauchen, kann ein Lied davon singen. praktisch nicht. ne Rechte kämpfen muss und schlechter ge- nicht nur, aber auch im finanziellen Be- stellt ist als du selbst? reich. Seniorinnen und Senioren, denen Als Arzt, der mit seiner Familie in Afrika ge- Du hast bei anderer Gelegenheit erzählt, dass Als Grundeinstellung JA im Sinne der die AHV zum Leben nicht mehr reicht, lebt und gearbeitet hat, kennst du Solidarität deine Bekannten in Lesotho wegen ihrer UNO-Menschenrechte. Im Alltag ist es Familien und Alleinerziehende, die unter sicher auch aus einer ganz anderen Perspek- Hautfarbe diskriminiert wurden. aber wichtig, solidarisches Miteinander oder knapp über der Armutsgrenze leben tive. Erinnerst du dich an konkrete Situatio- Nicht in Lesotho selbst, dort war der Kon- zuerst in der Familie, im Freundeskreis, (was noch härter sein kann), Patienten nen? takt zwischen Einheimischen und Weissen in seiner Heimat zu leben. Auch als politi- und Patientinnen, die ihre KK-Prämien In Liechtenstein wird Solidarität anders herzlich und problemlos. Dieses kleine scher Mensch kann man sich täglich gegen nicht mehr bezahlen können, und ältere gelebt als in Afrika. Starke familiäre Bande Land ist zwar unabhängig, aber umgeben verletzende Gedanken und Worte wehren, Arbeitslose, die sich jahrelang vergeblich und verwandtschaftlicher Zusammenhalt von Südafrika. Während meinem Einsatz ich denke an die pauschale Verurteilung herrschte noch die Apartheid, Mandela von sogenannten Sozialschmarotzern oder sass noch mit einer lebenslangen Haftstra- die unmenschliche Verunglimpfung von fe im Gefängnis. Für meine Bekannten mit Flüchtlingen und Asylanten. Ein undif- schwarzer Hautfarbe war es in Südafrika ferenziertes Herumhacken auf vermeint- nicht erlaubt, mit mir in ein Restaurant lichen Randgruppen scheint sich auszu- SolidarMed engagiert sich für die Gesundheit oder Schwimmbad zu gehen, Sitzbänke wa- breiten, hier sind wir alle mit Zivilcourage der Menschen im südlichen Afrika und ren gekennzeichnet mit «Nur für Weisse», gefordert. Zwei nachhaltige Erfahrungen verbessert die Gesundheitsversorgung von «In Liechtenstein wird die Schulen waren nach Rassen getrennt. hat mir mein Afrikaaufenthalt mit auf den 1,5 Millionen Menschen in Lesotho, Moçam- Das hat meine persönliche Einstellung zu Weg gegeben: Dankbarkeit, dass ich in die- bique, Tanzania, Zambia und Zimbabwe. Gerechtigkeit und Solidarität «arg strapa- sem Teil der Welt leben darf (Gnade der ziert». Geburt), und Bescheidenheit, die auch Solidarität anders gelebt Raum gibt für Solidarität und das Über- Braucht Solidarität letztlich geographische leben unseres wunderschönen Planeten Abstufungen, d.h. ist es wichtiger, solidarisch (überdimensionierter ökologischer Fuss- zu sein mit dem diskriminierten Liechtenstei- abdruck in unserer westlichen Konsumge- als in Afrika.» ner oder mit dem Mitmenschen in Syrien, des- sellschaft). Solidarität und Mitgefühl sind sen Leben direkt bedroht ist? gerade in der heutigen Welt wieder sehr Ich glaube, das Gefühl von Solidarität ist gefragt, sowohl national als auch interna- unteilbar. Sehr viele Menschen in der gan- tional. 12 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 13
Liechtenstein und die Vereinten Nationen Liechtenstein und die Vereinten Nationen Themengebiet ist der sogenannte Syrien- Errungenschaft darf aber sicher gewertet Mechanismus anzusiedeln. Der Syrien- werden, dass der Mechanismus auf ande- Mechanismus ist zwar kein Gerichtshof, re Konflikte Anwendung finden wird, was aber bezweckt, die Verantwortlichen für seine Relevanz und sein Potenzial zur Auf- die grössten Kriegs- und Menschenrechts- arbeitung von Konflikten unterstreicht. verbrechen im Syrien-Konflikt für ihre Die Mitgliedschaft Liechtensteins bei schrecklichen Taten zur Rechenschaft zu den Vereinten Nationen ist als elementa- ziehen. Der Mechanismus sammelt und rer Eckstein der Souveränität Liechten- verwertet Beweise für schwerste Verbre- steins zu sehen. Liechtenstein kann, nein, Aussenpolitik – Was kann chen in Syrien – darunter Folter, Exeku- Liechtenstein bewegt etwas mit seiner Ar- tionen, Massentötungen von Zivilisten, beit bei den Vereinten Nationen. Liech- Chemiewaffeneinsätze und dergleichen. tenstein könnte aber auch mehr tun. Zum Liechtenstein leisten? Ziel ist es, dass die Hauptverantwortli- einen z.B. mit einem grösseren (finanzi- chen für diese Gräueltaten vor einem Ge- ellen) Engagement in der Entwicklungs- richt zur Verantwortung gezogen werden. zusammenarbeit, die die von Macron ins Ohne strafrechtliche Aufarbeitung dieser Zentrum gestellten Ungleichheiten effek- Verbrechen wird es in Syrien keinen nach- tiv bekämpfen würde. Aber zum anderen Text Thomas Lageder, thomas.lageder@landtag.li Foto Mission New York haltigen Frieden geben. Die Aussenminis- auch mit der Ratifikation des Atomwaf- terin leitete dazu eine Konferenz. Der Saal fensperrvertrags, der in Kraft treten wird, war proppenvoll. Verschiedene namhafte sobald ihn 50 Nationen ratifiziert haben. Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges mündeten in der Gründung der Vereinten Nationen Nationen sagten ihre Unterstützung nicht Das wäre ein kleiner Schritt für Liechten- (United Nations), mit dem Ziel, den Frieden in der Welt dauerhaft zu sichern. Ein hehres Ziel, nur inhaltlich, sondern auch finanziell stein, aber ein grosser für die Sicherung an dem 193 Länder, darunter auch Liechtenstein, mehr oder weniger hart arbeiten. zu. Liechtenstein wurde überschwänglich des Friedens auf der Welt. Packen wir es für sein Engagement gelobt. Als grösste an. Die Aussenpolitische Kommission des der eine flammende Rede für den Mul- Von links nach rechts: Eugen Nägele (APK), Landtages (APK) wohnte der diesjährigen tilateralismus hielt. Er appellierte an die Thomas Lageder (APK), Albert Frick (APK), UNO-Generaldebatte sowie verschiedens- Versammlung, zusammenzustehen, die Ursula Müller (Beigeordnete Generalsekretärin ten weiteren sogenannten «Side Events» wirtschafts-, finanz-, umwelt- und klimapo- für humanitäre Angelegenheiten bei den Verein- bei. Sie liess sich aus erster Hand über die litischen Herausforderungen gemeinsam ten Nationen), Manfred Kaufmann (APK) und umfangreichen Tätigkeiten der Mission in anzugehen und die immer stärker wer- Georg Sparber (Mission New York). New York informieren und nahm aktiv an dende Ungleichheit zu bekämpfen, die er einigen Debatten teil. als Wurzel der zunehmenden Konflikte als Eindrücklich war vor allem die Ge- auch der Erstarkung des Populismus iden- neraldebatte, bei der je eine Vertreterin tifizierte. Seine Rede, die bis zum Letzten oder ein Vertreter jedes Landes eine Rede durchkomponiert war, fast schon einem hält. So führte Generalsekretär António Gedicht glich, erntete minutenlangen Ap- Guterres in seiner Rede aus, wie er in- plaus und stellte einen starken Gegenpol nerhalb eines Jahres den Frauenanteil in zu den von nationalem Egoismus getriebe- seinem Stab auf 50 Prozent anhob. Ohne nen Aussagen des US-Präsidenten dar. jeglichen Qualitätsverlust, wie die Liech- tensteiner Mission versichert, eher das Ge- genteil sei der Fall. Liechtensteins Beitrag: US-Präsident Donald Trump hinge- Der Syrien-Mechanismus gen, der zu spät kam, alle Nationen warten Liechtensteins Aussenministerin Aure- liess, hielt sich vor allem mit Selbstbeweih- lia Frick referierte über die Kernpunkte räucherung auf, die zu grossem Gelächter der Tätigkeiten Liechtensteins in der Aus- im Plenum führte. Ich kann dem geneig- senpolitik generell und speziell bei den ten Leser versichern, die Anwesenden Vereinten Nationen. Hervorzuheben ist haben nicht mit ihm gelacht. Im Kern je- dabei sicherlich der Einsatz Liechtensteins doch stellte er den multilateralen Ansatz für die Rechtsstaatlichkeit (rule of law). So der UNO infrage, dass alle Nationen an geht die Definition des Verbrechens der einem Tisch versuchen, Lösungen zu er- Aggression im Rahmen des Internatio- arbeiten. Ganz im Gegensatz zum franzö- nalen Strafgerichtshofs massgeblich auf sischen Präsidenten Emmanuel Macron, das Konto von Liechtenstein. Im selben 14 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 15
Kommentar zur dppelten Staatsbürgerschaft Kommentar zur dppelten Staatsbürgerschaft Doppelte Staatsbürgerschaft lich Mühe, sich auf etwas einzulassen oder Privilegierte und weniger Privilegierte, mit Gegenwärtig warten die Abgeordneten nur schon in Erwägung zu ziehen, was auf mehr oder weniger Staatsbürgerschaften, und wohl auch Teile der Bevölkerung der Welt, in Europa, in Nachbarländern mit mehr oder weniger Rechten auf Ge- auf die 2. Lesung der Gesetzesvorlage im gang und gäbe (und gut!) ist und zuneh- meindeebene, Liechtensteiner mit mehr Landtag. men wird: Die Zulassung der doppelten oder weniger Stimm-/Wahlrechten, Steu- Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung. erzahler mit Stimmrecht und Steuerzahler Verkürzung der Wohnsitzpflicht Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist in ohne Stimmrecht, Personen, welche Liech- Die Motion zur Verkürzung der Frist bei den meisten Staaten der Normalfall, sogar tenstein als persönliche Chance sehen, der Einbürgerung Alteingesessener im in Liechtenstein – allerdings nur für Liech- und Personen, welche Liechtenstein als Umgang mit «Fremden»: Mai 2016 wurde vornehmlich von der FBP tensteinerinnen und Liechtensteiner! Eine Enttäuschung erleben, Bewohner, welche abgelehnt. Wohnsitzpflicht von 30 Jahren ist ein ex- sich einbringen würden, und Bewohner, tremer Ausreisser weltweit, das Ausländer- welche wir gezielt ausschliessen – in der Stimm- und Wahlrecht für Ausländer/in- Vergeben wir eine Chance? Stimm- und -Wahlrecht auf Gemeinde- vermeintlichen Annahme, damit unsere nen auf Gemeindeebene ebene nach fünf Jahren Wohnsitz ist im Privilegien zu sichern. Dieser Punkt wird vonseiten der FBP immer Unionsrecht in Europa der Standard. Und In der Debatte zur 1. Lesung der Ge- mal wieder gerne als Alternative, als gang- dass Staatsbürger, die im Ausland woh- setzesvorlage zur doppelten Staatsbürger- barer Weg erwähnt, um alles andere (dop- nen, in ihrem Heimatland das Stimm- und schaft standen vor allem die Erhöhungen Text Wolfgang Marxer, wolfgang.marxer@landtag.li pelte Staatsbürgerschaft, Senkung Wohn- Wahlrecht haben, ist ebenfalls die Norm. der Eintrittshürden im Vordergrund, also sitzpflicht, Stimm-/Wahlrecht auf Landes- Klar, man kann zu jedem dieser The- quasi neue, zusätzliche Bedingungen, un- ebene für Ausland-Liechtensteiner) «auf- men Ausnahmen auf diesem Planeten su- ter denen man die Zulassung der Doppel- Sind wir vielleicht gar nicht jene offene Gesellschaft, für die wir uns halten? Sind wir zuwiegen» – selbstverständlich ohne dass chen, und man wird sie auch finden. Aber ten Staatsbürgerschaft für Einbürgerungs- gegenüber Anderen vielleicht gar nicht so christlich grossherzig, so an Gleichberechtigung danach je ein politischer Vorstoss in diese es bleiben Ausnahmen. Grundsätzlich stellt willige überhaupt ins Auge fassen will. und Chancengleichheit interessiert? Ein Blick auf die Einbürgerungspolitik der letzten Jahre Richtung folgt. sich die Frage: Weshalb tut sich Liechten- Dies lässt für die abschliessende Be- wirft Fragen auf. stein mit jedem einzelnen dieser Themen handlung dieser Gesetzesvorlage wenig Gemeindebürgerrecht so schwer – und offensichtlich sogar mit Gutes erahnen. An der Freien Liste jedoch Allein schon die Einreichung eines Postu- der Zeit immer schwerer? wird die Vorlage auf keinen Fall scheitern. lats betreffend die Bedeutung und Sinn- Doch nicht nur dies. Besonders perfi- haftigkeit des Gemeindebürgerrechts wur- de – klarerer Ausdruck für ‚durchsichtig, ja Was sich in der Einbürgerungspoli- de von einer klaren Mehrheit der FBP- und gar heimtückisch‘ – ist, dass das eine gegen tik in den letzten Jahren abgespielt, DU-Abgeordneten abgelehnt, jedoch mit das andere mehr oder weniger geschickt oder vielmehr nicht abgespielt hat, den Stimmen von VU und FL mit 13:12 im ausgespielt wird. Abgesehen davon, dass verdeutlicht das folgende 5er-Ge- April 2014 an die Regierung überwiesen. zuerst einmal immer alles «zum falschen stirn meiner Situationsanalyse: Zeitpunkt» kommt, ist es dann «zu restrik- Verkürzung der Stimm- und Wahlrecht auf Landesebene tiv», «zu offen», «zu weitgehend» – oder Stimm- und Wahlrecht für Ausland-Liechtensteiner was auch immer an vermeintlich sachli- Wohnsitzpflicht Das Postulat wurde im April 2013 vom chen Argumenten vorgebracht wird. Und für Ausländer/innen auf Landtag einstimmig überwiesen. Erst nach genau hier drehen wir uns dann mit obi- Landtags-Talk Gemeindeebene einem Spiessrutenlauf wurde eine Vorlage gen fünf Punkten im Kreis: Wer immer zu im Coworking Space am im Landtag überhaupt behandelt. Im Mai einem einzelnen Punkt einen Vorstoss ein- 11. Dezember um 18.30 Uhr 2016 wurde das Anliegen an der 2. Lesung bringt, bekommt zu hören: «Zuerst müssen der Gesetzesvorlage ohne eine einzige wir uns doch der Frage xy annehmen.» xy Wortmeldung der FBP «versenkt». = ein frei wählbarer anderer Punkt des Ge- Politische Informationen aus erster Hand. stirns. FL-Landtagsabgeordnete informieren zeitnah Alle diese fünf Punkte gehören zu ein und Das Resultat: In keinem der Punkte ge- über die Debatten im Dezember-Landtag, (inkl. Imbiss, hausgemachte Suppe und Brot). Doppelte Gemeindebürgerrecht demselben Themenkomplex, bei dem es schieht etwas, in keinem der Punkte wird letztlich um eines geht: Wie halten wir es etwas unternommen, zu keinem der Punk- Staatsbürgerschaft mit dem Anderen, dem Fremden, dem te, welcher angeblich «zuerst» folgen muss, Um Anmeldung wird aus organisatorischen Ungewohnten, dem Neuen? Und weil es geschieht etwas, alles bleibt beim Alten – Gründen gebeten. Email: info@freieliste.li hier immer auch um Menschen geht: Wie und dies seit gefühlten Jahrzehnten. halten wir es mit denjenigen, welche keine Ich schreibe bewusst nicht: «Und alles so lupenreine Liechtensteiner Biografie bleibt, wie es ist.» Denn das Letzte, was wir Aktuelle Themen auf www. Stimm- und Wahlrecht auf haben, die viele von uns für einzig richtig halten? mit unserer restriktiven Haltung erreichen werden, ist, dass alles bleibt, wie es ist. freieliste.li oder www.face- Landesebene für Vorläufig allerdings gilt unverändert, book.com/freieliste.li/ Doppelte Staatsbürgerschaft als Normalfall dass wir x Kategorien von Bewohnerinnen Ausland-Liechtensteiner Das offizielle Liechtenstein hat offensicht- und Bewohnern Liechtensteins haben – 16 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 17
Nachhaltigkeit in der Finanzwelt Nachhaltigkeit und Trans- parenz für Pensionskassen Text Ute Jastrzab,jastrzab.ute@outlook.com Bei Geld, das wir tagtäglich ausgeben, können wir Fairness und Nachhaltigkeit selbst in die Hand nehmen. Auch was mit den Franken geschieht, die wir nicht ausgeben, sondern sparen oder anlegen, können wir bestimmen. Doch wer achtet darauf, was mit dem Geld passiert, das wir in die Pensionskassen einzahlen? Jeden Tag treffen wir Entscheidungen da- verpflichtet, über ihre ESG-Standards und und die neue Transparenz dazu bei, dass rüber, wie wir unser Geld ausgeben. Wir Klimawerte zu informieren. sich jede Pensionskasse, wenn sie das nicht kaufen regionale und fair gehandelte Pro- Die ESG-Bewertung einer Anlage er- bereits getan hat, mit der Nachhaltigkeit ih- dukte, achten darauf, dass unsere Kleider folgt nach dem bekannten Rating von rer Anlagen auseinandersetzen muss. ohne Kinderarbeit hergestellt werden, CCC (niedrigster Wert) bis AAA (höchster Die oder der Einzelne wird wenig dazu verzichten auf Einwegartikel aus Plastik. Wert). Die Faktoren, die das ESG-Rating beitragen können, dass Pensionskassen Auch in der Geldanlage entscheiden sich beeinflussen, sind je nach Sektor von un- sozial und nachhaltig agieren. Wer kann Anleger immer öfter für «socially respon- terschiedlicher Relevanz. Je nach Branche sich schon seinen Arbeitgeber nach dessen sible investing» (SRI), also den Einbezug unterscheiden sich die Herausforderungen Pensionskassenpolitik aussuchen? Für die sozialer und ökologischer Kriterien in ihre für die Unternehmen. Bei einem Energie- Politik heisst es aber, Rahmenbedingungen Investmententscheidungen. versorger hat der Umweltaspekt einen viel zu setzen, welche die Pensionskassen in die Solange wie es um die persönliche Geld- grösseren Einfluss als bei einem Finanz- richtige Richtung führen. anlage geht, liegt es in der eigenen Hand. dienstleister. Die Bewertungskriterien wer- Aber wie sieht es bei den Pensionskassen den deshalb je nach Branche angepasst. So aus? Eine Studie des gfs-Zürich zeigt, dass ist der gleiche Wert für zwei Firmen unter- E – Environment (Umwelt) die Versicherungsnehmer in erster Linie schiedlicher Branchen nicht gleich zu be- Wie effizient verwaltet eine Unternehmung eine risikoarme und sichere Anlagestra- urteilen. In einem Umrechnungsverfahren seine Ressourcen? Dazu können bei- tegie von ihrer Pensionskasse erwarten, werden die Punkte unter Berücksichtigung spielsweise der Wasserverbrauch und die damit das Altersguthaben möglichst hoch des Sektors in das Rating umgerechnet. Recycling-Policy betrachtet werden. ausfällt. Allerdings werden auch nachhalti- S- Social (Sozial) ge Anlagestrategien verlangt. Pensionskassen und ESG-Wert Wie fair werden die Kunden einer Unterneh- Doch nicht überall wo «Sustainability» In einer Studie kritisieren Pensionskassen mung behandelt? Wie fair und sicher sind draufsteht, ist auch Nachhaltigkeit drin. die fehlende Messbarkeit der Nachhaltig- die Arbeitsbedingungen? Wie steht es mit Eine Nachhaltigkeitsanalyse (ESG-Analyse, keit und die höheren Kosten nachhaltiger der sozialen Vielfalt bei Angestellten und im siehe Kasten) soll hier für mehr Transpa- Produkte. Auch sei der Nachhaltigkeitsbe- Management? renz sorgen. ESG übersetzt Nachhaltigkeit griff in ständigem Wandel und damit einer G – Governance (Unternehmensführung) in die Finanzsprache. Durch die ESG- gewissen Beliebigkeit unterworfen. Den- Wie ist die Unternehmensführung aufge- Analyse wird dem klassischen magischen noch ist der ESG-Wert als Risikokriterium baut? Wie transparent ist die Unterneh- Dreieck der Geldanlage «Rentabilität- anerkannt und seine Beachtung liegt im mung? Wir hoch ist das Korruptionsrisiko? Liquidität-Sicherheit» ein vierter Faktor Interesse der Versicherungsnehmer. Die Gibt es wettbewerbswidrige Anlagen? Wie hinzugefügt. Dies bietet die Möglichkeit, ESG-Analyse kann auf Faktoren hinweisen, nachhaltig sind Ihre Anlagen? Anlagen nicht nur anhand der klassischen welche auf längere Sicht einen positiven www.yoursri.li Unternehmenskennzahlen auszuwählen, oder oder negativen Einfluss auf die Ent- Quellen: sondern auch Einflüsse auf Umwelt und wicklung einer Anlage nehmen können. Oliver Oehri, CSSP, Vaduz www.cssp-ag.com Gesellschaft zu berücksichtigen. Bei aller Skepsis herrscht dennoch https://services.complementa.com/se/upload/Complementa_ Risiko_Check_up_Studie_2018_1541.pdf breite Zustimmung, wenn es um die posi- https://gfs-zh.ch/wp-content/uploads/2015/02/ Neue Berichtspflicht ab Januar 2019 tive Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt Robecosam-Pensionkassenstudie.pdf Prof. Dr. Sebastian Utz, Überinvestition oder Risikominimierung?, Ab Januar 2019 sind Pensionskassen gemäss geht. Nicht zuletzt tragen die wachsende in ESG-Marktbericht, Ausgabe 2018 der EU-Pensionskassenrichtlinie (EbAVII) Sensibilisierung der Versicherungsnehmer 18 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18 – 19
Von links nach rechts: Rahel Rauter, Vaduz; Manuel Kieber, Vaduz; Ute Jastrzab, Schaan; Andrea Matt, Mauren-Schaanwald; René Hasler, Vaduz; Harry Hasler, Eschen-Nendeln; Bettina Eberle-Frommelt, Balzers; Stephan Gstöhl, Vaduz; Alexander Hilzinger, Schaan; Joachim Batliner, Triesen Mutig neue Wege gehen. sozial Für unsere Zukunft. demokratisch Für unser Land. ökologisch 20 – WEISS – Magazin der Freien Liste – 26/18
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