REP RT Bündnis - LSVD Berlin-Brandenburg
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2019 BündnisREP RT gegen Homophobie Schwerpunktthema: Trans* Schulaufklärung als Grundlage für eine diskriminierungsfreie Arbeitswelt Best Practice im BÜNDNIS Respektpreis für den Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg e. V.
Willkommen Liebe Bündnismitglieder, liebe Interessierte, der Kampf gegen Homophobie ist kein Gegeneinander, sondern ein res- pektvolles Miteinander. Mehr als 125 Mitglieder hat das BÜNDNIS GE- GEN HOMOPHOBIE unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürger- meisters Michael Müller. Es versteht sich als ein wachsendes Netzwerk unterschiedlicher Organisationen und Unternehmen aus u. a. Kultur, Sport, Wirtschaft und Wissenschaft. Alle tragen dazu bei, Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und in- tergeschlechtlichen Menschen (LSBTI*) zu fördern. Dort, wo andere nur Lippenbekenntnisse hervorbringen, hat das BÜNDNIS längst die Ärmel hochgekrempelt. Die Mitglieder engagieren sich dabei nach ihren eige- nen Möglichkeiten. Beispielsweise stellt ein Bündnismitglied seine Räum- lichkeiten zur Verfügung, ein anderes unterstützt logistisch, inhaltlich oder personell eine Kampagne oder ein Event, andere bekennen mit Re- genbogenfahnen Farbe. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Und das macht dieses BÜNDNIS zu etwas ganz Besonderem: Es ist innovativ, lebensbejahend und vielfältig. Es ist durch und durch Berlin! Mit diesem Bündnisreport werfen wir einen Rückblick auf die Aktivitäten im Jahr 2019. Dazu zählte neben dem Erfahrungsaustausch und der Res- pektpreisverleihung vor allem die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Sensibilisierungskampagne „Proud to be Trans* – Proud to be Myself!“. Auf ein ebenso erfolgreiches und aktives Jahr 2020! Impressum Lesben- und Schwulenverband Autor: Christopher Schreiber in Deutschland (LSVD) Redaktion: Christopher Schreiber, Landesverband Berlin-Brandenburg e. V. Jörg Steinert, Johannes Blankenstein Postfach 30 16 78, 10748 Berlin Grafische Umsetzung: Benjamin Kindervatter Telefon: +49(0) 30 22 50 22 15 Nachweis der verwendeten Bilder auf Seite 58 Fax: +49(0) 30 22 50 22 21 stopp-homophobie@lsvd.de Juni 2020 www.stopp-homophobie.de Um aktiv gegen Homophobie einzutreten, setzt der LSVD Berlin-Brandenburg e. V. im Auftrag der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Jus- tiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung das von ihm initiierte BÜNDNIS GEGEN HOMO- PHOBIE im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlecht- licher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) um. 3
Inhalt Willkommen/Impressum.................................................................................... 3 Kurz und bündig .............................................................................................. 6 Grußwort von Senator Dr. Dirk Behrendt ....................................................... 10 Rede von Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik ............................................... 11 Rede von Generalstaatsanwältin Margarete Koppers ....................................... 14 SCHWERPUNKTTHEMA 2019 TRANS* .................................................................................................. 18 Trans* in der Arbeitswelt – Eine Bestandsaufnahme ........................................ 20 Transitionsrichtlinien für Handlungssicherheit und Transparenz ...................... 23 Trans- und interinklusiver Vereinssport ............................................................ 25 VORSTELLUNG DES BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE ............................................................... 27 10 Gründe für Ihre Mitgliedschaft .................................................................. 28 Statements der Neumitglieder ......................................................................... 29 Die 125 Bündnismitglieder .............................................................................. 30 Aufruf und Mitgliedschaftsurkunde des BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE ....... 32 4
SCHULAUFKLÄRUNG ALS GRUNDLAGE FÜR EINE DISKRIMINIERUNGSFREIE ARBEITSWELT ...... 34 Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt an Berliner Schulen ................................. 36 BEST PRACTICE IM BÜNDNIS ............................................... 40 Berliner Verkehrsbetriebe ................................................................................ 42 Berliner Fußball-Verband ................................................................................. 44 BÜNDNISAKTIVITÄTEN 2019 ................................................ 46 10 Jahre BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE ....................................................... 48 RESPEKTPREIS 2019 .................................................................... 52 Jury und Nominierte........................................................................................ 54 Laudation von Johannes Blankenstein auf den TBB e. V. ................................. 56 Termine und Ausblick 2020 ............................................................................ 58 5
Kurz und bündig Grußwort Kurz und bündig Gründung des BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE am 23.09.2009 10 Jahre BÜNDNIS GEGEN HOMO- te Film zum Thema Homosexualität. Anlässlich PHOBIE des 100-jährigen Jubiläums der Filmpremiere Am 23. September 2009 gründeten im Roten fand am 26. Mai 2019 ein Kiezspaziergang mit Rathaus 22 Organisationen und Unternehmen Kulturwissenschaftler Dr. Dirk Naguschewski das BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE unter der zur Gedenkstele des Instituts für Sexualwissen- Schirmherrschaft des damaligen Regierenden schaft und dem Denkmal für die erste homose- Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit. Seit- xuelle Emanzipationsbewegung statt. dem ist das Bündnis auf mittlerweile 125 Mit- glieder im Jahr 2019 angewachsen – eine Er- 14. Respect Gaymes folgsgeschichte, die zeigt, dass sich die Breite Egal ob hetero-, bi-, homosexuell oder trans*, der Berliner Zivilgesellschaft zu Respekt und bei den Respect Gaymes ist der Name Pro- Anerkennung für LSBTI* bekennt. gramm: Hier treten junge Menschen gemein- sam an für gegenseitigen Respekt – für Hass 100 Jahre „Anders als die Andern“ und Gewalt gibt’s die Rote Karte! Die Respect Der Spielfilm „Anders als die Andern“ von Gaymes im Jahn-Sportpark sind das Sport- und Richard Oswald war der weltweit erste bekann- Kulturevent unter dem Regenbogen und seit 6
Kurz und bündig Sieger*innenehrung bei den 14. Respect Gaymes Jahren fester Bestandteil im Berliner Pride-Ka- der Regierende Bürgermeister Michael Müller lender. Mit großer Unterstützung aus dem zusammen mit der BVG-Vorstandvorsitzenden BÜNDNIS fanden die Respect Gaymes am 15. Sigrid Nikutta und LSVD-Landesgeschäftsfüh- Juni 2019 schon zum 14. Mal statt. rer Jörg Steinert die Regenbogenflagge. Das Hissen der Regenbogenflagge ist nach Ab- Regenbogen-Plansch & Start der schluss der Bauarbeiten erstmals seit mehreren Pride Weeks Zum ersten Mal starteten die Pride Weeks die- ses Jahr mit einem Regenbogen-Plansch im Kin- derbad Monbijou. Zusammen mit Regenbo- genfamilien weihten die Berliner Bäder-Betriebe am 30. Juni eine Regenbogenbrücke ein. Eh- renamtliche des Landesverbands Berlin des Ar- beiter-Samariter-Bundes boten kostenlose Ers- te-Hilfe-Kurse an und Stromnetz Berlin stellte Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler ehrt die Teams bei den 14. Respect eine Hüpfburg zur Verfügung. Am 1. Juli hisste Gaymes 7
Kurz und bündig Grußwort deoüberwachung am Denkmal für die im Nati- onalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Nach Auskunft der Bundesregierung wurde 2019 deutschlandweit eine deutliche Zunahme der Sachbeschädigungen mit homo- und trans- feindlichem Hintergrund registriert. Zufluchtswohnung eröffnet & MILES- Einweihung der Regenbogenbrücke im Kinderbad Monbijou am 30.06.2019 Jubiläum Seit Oktober können LSBTI*, die Opfer von Jahren wieder am Roten Rathaus möglich. Zwi- Zwangsverheiratung oder Gewalt im Namen schenzeitlich fand die zentrale Veranstaltung der Ehre werden, Zuflucht in einer Schutzwoh- mit Unterstützung der BVG am U-Bahnhof Nol- nung suchen. Die Schutzwohnung, deren lendorfplatz statt. In den Wochen bis zum Ber- Standort geheim ist, wird vom AWO Kreisver- liner CSD wurde an über 100 weiteren Orten in band Berlin Spree-Wuhle und dem Zentrum für Berlin die Regenbogenflagge gehisst. Migranten, Lesben und Schwule (MILES) betrie- ben. 2019 feierte MILES sein 20-jähriges Beste- 50 Jahre Stonewall-Aufstand & CSD hen. Berlin 2019 Vor 50 Jahren kam es in New York zu den Sto- Gedenken an Manfred Bruns newall-Aufständen. An diesen Meilenstein der Am 22. Oktober 2019 ist Manfred Bruns ver- queeren Emanzipationsbewegung erinnerte storben. Bruns war Bundesanwalt am Bundes- auch der Berliner Christopher Street Day am gerichtshof, als er sich Anfang der Achtziger- 27. Juli 2019. Unter dem Motto „Stonewall 50 jahre als schwul outete. Als Vorkämpfer der – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“ Emanzipationsbewegung hat er die Rechtsge- zog die Parade mit einer Million Menschen zum staltung und Gesetzgebung für LSBTI* ent- Brandenburger Tor. scheidend geprägt. Ihm verdankt die LSBTI*- Community einen großen Teil ihrer rechtlichen Wiederholter Vandalismus an LSBTI*- und gesellschaftlichen Anerkennung und Ak- Gedenkorten zeptanz. Als Sprecher des Lesben- und Schwu- 2019 wurden das Denkmal für die im National- lenverbandes in Deutschland (LSVD) hat Man- sozialismus verfolgten Homosexuellen und die fred Bruns den Verband aufgebaut und Gedenktafeln am Magnus-Hirschfeld-Ufer be- entscheidend gestaltet. Später war er juristi- sonders häufig beschädigt und beschmiert. Im scher Ratgeber des LSVD und Gründungsstifter Oktober 2019 startete die Stiftung Denkmal für der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. die ermordeten Juden Europas deshalb eine Vi- 8
Kurz und bündig QueerZ Spielberechtigung von trans- und in- Die gute Nachricht: Immer mehr queere Jugend- tergeschlechtlichen Menschen ver- liche finden früh zu ihrer Identität. Die schlechte: bessert Es gibt kaum Angebote für die Queerlinge der Am 16. November 2019 beschloss der Ar- Generation Z, um sich auch außerhalb des Inter- beits-Verbandstag des Berliner Fußball-Verban- nets zu begegnen. Das haben BLSB e. V., das des (BFV), Menschen mit dem Personenstand- SchwuZ, das Jugendamt Neukölln und Gleich & seintrag divers die Entscheidung zu überlassen, Gleich e. V. zusammen mit vielen Partnern der ob die Spielberechtigung für die Frauen- bzw. Berliner Zivilgesellschaft jetzt geändert. Am Juniorinnenteams oder die Herren- bzw. Junio- 2. November 2019 fand mit der QueerZ zum renteams erteilt werden soll. Auch transge- ersten Mal eine jugendschutzkonforme Party schlechtliche Personen, die sich noch in der für LSBTI*-Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Transition befinden, dürfen zukünftig im Team Jahren statt. Dafür öffnete Berlins ältester quee- ihrer Wahl spielen. Der BFV, Gründungsmit- rer Club, das SchwuZ, seine Pforten. glied des BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE, ist die Dachorganisation aller Fußballvereine in Berlin und der einzige der 21 Landesfußballver- bände, der Personen des dritten Geschlechts und Menschen, die sich im Prozess der Ge- schlechtsanpassung befinden, nicht von Pflicht- spielen ausschließt. Bündnismitglieder punkten im DAX 30 LGBT+ Diversity Index Am 11. Dezember 2019 veröffentlichte die UHLALA Group erstmals den DAX 30 LGBT+ Diversity Index. Das Ranking zeigt auf, wie sehr sich die 30 DAX-Unternehmen in Deutschland für eine LSBTI*-freundliche Unternehmenskul- tur einsetzen. 22 DAX-Unternehmen haben sich insgesamt an dem Ranking beteiligt. Da- von konnten 17 ihre Angaben zweifelsfrei be- stätigen. Unter den Top Ten befinden sich mit SAP und der Deutschen Bank gleich zwei Bünd- nismitglieder. SAP führt das Ranking mit der Maximalpunktzahl von 100 Punkten sogar an. 9
Grußwort Liebe Bündnismitglieder, liebe Lesende Dr. Dirk Behrendt Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ©arno In Redensarten heißt es: Respekt muss man sich einsetzen, das Bewusstsein und die Sensibilität erarbeiten oder Respekt muss man sich verschaf- für unsere vielfältige Gesellschaft zu schärfen und fen. Ich halte das für grundfalsch. Denn diese Re- dafür zu sorgen, dass allen Menschen in unserer densarten suggerieren: Wem kein Respekt er- Gesellschaft mehr Respekt entgegengebracht bracht wird, der ist selbst daran schuld. Nach dem wird. Dazu brauchen wir Vereine wie zum Bei- Motto: Die Person hätte sich ja Respekt erarbei- spiel den Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg, ten oder verschaffen können, dann wäre sie auch der am 2. Dezember 2019 mit dem Respektpreis nicht respektlos behandelt worden. Was für ein ausgezeichnet wurde. Der Türkische Bund in Ber- Unsinn. Wenn ich beleidigt werde, dann bin doch lin-Brandenburg ist ein wichtiger Bündnispartner nicht ich dafür verantwortlich, sondern die Per- im Kampf gegen den zunehmenden antimuslimi- son, die mich beleidigt. Um es deutlich zu sagen: schen Rassismus. Dazu brauchen wir aber gerade Niemand muss sich Respekt erarbeiten oder ver- auch ein BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE mit sei- schaffen. Jeder Mensch hat Respekt verdient. nen in der Zwischenzeit über 100 Mitgliedern, Wenn jemand an sich arbeiten muss, dann sind es das z. B. mit der Bündniskampagne „Proud to be diejenigen, die andere Menschen verachten, be- Trans* – Proud to be Myself!“ ein Zeichen für So- leidigen oder gar verletzen. Die Zahlen der dies- lidarität gesetzt und einen Beitrag zum Empower- jährigen Polizeistatistik bestätigen leider: Es gibt ment von Trans*-Personen geleistet hat. Solche noch zu viele Menschen, die Anderen keinen Res- Projekte und Kampagnen sind immer ein Signal: pekt entgegenbringen. Und die Zahlen zeigen Wir, die Mehrheit unserer vielfältigen Gesell- auch: Es gibt zu viele Menschen, die sogar aus schaft, stehen auf der Seite der Diskriminierten. Verachtung angreifen – verbal, emotional oder Daher ist das BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE, physisch. So werden noch immer LSBTI-Personen auch zehn Jahre nach seiner Gründung, noch ge- Opfer von Übergriffen und Gewalt aufgrund ihrer nauso relevant wie damals in 2009. Für die uner- geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orien- müdliche Arbeit und das Engagement möchte ich tierung. Genau aus diesem Grund können wir mich beim BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE und nicht tatenlos sein. Wir müssen uns aktiv dafür all seinen Mitgliedern bedanken. 10
Rede zur Polizeistatistik 2019 Bitte kommen Sie zur Polizei Rede zur Polizeistatistik 2019 anlässlich der Respektpreisverleihung Dr. Barbara Slowik Polizeipräsidentin in Berlin Herzlichen Dank für die Einladung zum Bünd- Deutschland ähnlich. Auch hier wurden polizei- nistreffen gegen Homophobie und die damit liche Maßnahmen an bekannten Szenetreff- verbundene Verleihung des jährlichen Respekt- punkten durchgeführt, Strafverfahren eingelei- preises. Neben der Vorstellung der aktuellen tet und zehntausende Männer verurteilt. Ein Zahlen aus der Kriminalstatistik im Bereich der dunkles Kapitel auch in der bundesdeutschen Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientie- Polizei- und Rechtsgeschichte. In der DDR fand rung und die geschlechtliche Identität möchte die strafrechtliche Verfolgung von homosexuel- ich kurz auf ein in diesem Jahr besonderes Er- len Menschen 1987 ihr Ende. Der § 175 StGB eignis zu sprechen kommen: Vor gut 50 Jahren stigmatisierte und kriminalisierte noch bis in kam es in der Christopher Street im Greenwich das Jahr 1994 schwule Männer. 2005 wurden Village in NYC immer wieder zu gewalttätigen die letzten polizeilichen Datenbestände, die so- polizeilichen Maßnahmen in Schwulenlokalen. genannten „Rosa Listen“ gelöscht. Hier wurden Identitäten öffentlich gemacht, es kam zu Verhaftungen und Anklagen wegen Als der Berliner Polizeibeamte Heinz Uth An- „anstößigen Verhaltens“. Auch setzte die New fang der 1990er Jahre von Raubüberfällen auf Yorker Polizei Lockvögel ein, um schwule Män- schwule Männer im Preußenpark in Wilmers- ner wegen angeblicher Prostitution anklagen dorf hörte, bei denen es nur Zeugenaussagen, zu können. Die Ereignisse führten zu einer brei- aber keine Geschädigten gab, wurde offen- ten Solidarisierung im New Yorker Schwulen- sichtlich: Die Männer misstrauten der Polizei viertel. LSBTI-Personen leisteten den verstärk- nicht nur – wir, die Polizei waren für den ein ten Polizeitruppen Widerstand. Erst nach fünf oder anderen das staatliche Feindbild. Mit lan- Tagen beruhigte sich die Situation. gem Anlauf und Gründung der Stelle des An- sprechpartners für gleichgeschlechtliche Le- Noch vor der ersten Strafrechtsreform des bensweisen 1992 begann ein Umdenken § 175 StGB im Jahr 1968 erging es den homo- innerhalb der Berliner Polizei. Nach nunmehr sexuellen Männern in der Bundesrepublik 27 Jahren können wir mit Stolz sagen, dass wir 11
Rede zur Polizeistatistik 2019 eine bunte Polizei geworden sind und mit Ihnen talen im Jahr 2019 bekanntgeben: Die Anzahl hier und heute als Bündnispartner auftreten. der vom Kriminalpolizeilichen Meldedienst er- fassten Fälle ist deutlich gestiegen. So regist- Ein wichtiges Netzwerk in Zeiten, wo Diskrimi- rierte die Polizei Berlin in den ersten drei Quar- nierung und Ausgren- talen, also von Januar bis zung gegen Minder- Oktober 2019, 261 Fälle. heiten, gegen Anders- Mit unseren umfangreichen Im gleichen Zeitraum des denkende und -lebende Aus- oder Fortbildungsmaß- Vorjahres waren es 184 mehr und mehr offen- nahmen stellen wir best- Straftaten. Allerdings sind sichtlich wird. Der hohe möglich sicher, dass Anzei- die Angaben noch keine Grad an Gewaltbereit- gende und Opfer pietätvoll validen Fallzahlen für das schaft und Homo- Jahr 2019. Der bundes- und Transphobie be- und professionell behandelt weite Statistikschluss ist droht nicht nur das sexu- werden. am 31. Januar 2020. Ins- elle und das transge- gesamt muss aber für schlechtliche Selbstbestimmungsrecht, sondern 2019 mit einem erheblichen Anstieg der Straf- ist gleichzeitig ein Angriff auf unsere freiheit- taten gegen die sexuelle Orientierung/ge- lich-demokratische Grundordnung. schlechtliche Identität im Hellfeld gerechnet werden. Die Tatorte liegen hierbei vorwiegend Im Verbund mit anderen Behörden und freien in den Bezirken Mitte, Tempelhof-Schöneberg Trägern haben wir in diesem Jahr positive Zei- und Friedrichshain-Kreuzberg. chen gesetzt. Mit dem Gemeinschaftsprojekt „#GEMEINSAM BUNT“ konnten wir in diesem Die Aufklärungsquote der angezeigten Taten Jahr ein erstes Benefizkonzert durchführen, mit liegt im Moment bei 38% und ist somit im Ver- welchem wir nicht nur ein Zeichen für die ge- gleich zum Vorjahreszeitraum leicht gesunken. lebte Vielfalt in dieser Stadt setzten, sondern Auch hier bleibt mir weiterhin nur der Appell: auch wichtige soziale Projekte unterstützen Bitte kommen Sie zur Polizei. Hier sind nicht nur konnten. die Opfer von homo-und transphoben Strafta- ten gemeint. Wir benötigen auch das Mitwir- Ich möchte Ihnen die aktuellen Zahlen der Straf- ken von Zeugen im Strafverfahren, damit der taten im Bereich der Hasskriminalität gegen die oder die Täter ermittelt werden können und sexuelle Orientierung und gegen die ge- eine optimale Strafverfolgung gewährleistet schlechtliche Identität aus den ersten drei Quar- werden kann. 12
Rede zur Polizeistatistik 2019 So möchte ich folgende Vorfälle des Jahres uns: Wie muss sich eine moderne Polizeibehör- 2019 beispielhaft anführen. Wenn: de heutzutage strukturieren und spezialisieren, • einer Frau, die am S-Bahnhof Friedrichstraße um als Garantin öffentlicher Sicherheit wahrge- eng umschlungen mit ihrer Partnerin steht, nommen zu werden? zuerst ins Gesicht gespuckt, sie dann körper- lich attackiert und verletzt wird, Wir brauchen vor allem eine breite und von • zwei Frauen transphob beleidigt und dann Vertrauen geprägte Netzwerkarbeit, um ge- Flaschen nach ihnen geworfen werden, meinsam über Homo- und Transphobie aufzu- • ein Mann mit den Worten „Du Schwuchtel! klären, klare Zeichen zu setzen und so Strafta- Was bist Du denn für ein Drecksmensch.“ be- ten möglichst im Vorfeld zu verhindern. Vor leidigt und ihm dann ins Gesicht geschlagen dem Hintergrund eines nach wie vor hohen wird, Dunkelfelds wollen wir unsere langjährigen wird deutlich: Es gibt viel zu tun. und intensiven Bemühungen zur Bekämpfung der Hasskriminalität gegen die sexuelle Orien- In den letzten Jahren sind die Fallzahlen im Be- tierung und geschlechtliche Identität konse- reich Straftaten gegen die sexuelle Orientie- quent fortsetzen. rung und geschlechtliche Identität kontinuier- lich gestiegen. Neben den festgestellten In diesem Sinne freue ich mich auf unsere wei- jährlichen Fallzahlen sehen wir als Polizei in die- tere Zusammenarbeit und danke Ihnen für Ihre sem Zusammenhang auch ein gesteigertes Ver- Aufmerksamkeit. trauen in die Sicherheitsbehörden. Die Sensibi- lität in diesem Themenfeld spielt eine ganz entscheidende Rolle. Mit unseren umfangrei- chen Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen stel- len wir bestmöglich sicher, dass Anzeigende und Opfer pietätvoll und professionell behan- delt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass wir im vergan- genen Jahr allein in Berlin 225 der deutschland- weit 313 festgestellten homo- und transpho- ben Straftaten festgestellt haben, drängen sich berechtigte Fragen auf. Die wichtigste Frage für 13
Rede anlässlich der Respektpreisverleihung Vertrauen erhalten und aufbauen ©Stefan Stöhr | Generalstaatsanwaltschaft Berlin Rede anlässlich der Respektpreisverleihung Margarete Koppers Generalstaatsanwältin in Berlin Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Alle, blick (Eingänge 2018 insgesamt: 261): • Nur in knapp 60% der Fälle konnten wir den ich freue mich sehr, an der heutigen Preisverlei- oder die Täter namhaft machen. Vor allem bei hung teilnehmen und zu Ihnen sprechen zu der Aufklärung von Hasskriminalität im Inter- können. Als ich das letzte Mal – noch für die Po- net, die vielfach aus der Anonymität heraus lizei Berlin – hier stand, war Klaus Wowereit Re- begangen wird, stoßen wir an unterschiedli- gierender Bürgermeister Berlins. Das war 2014. che Grenzen, u. a. die mangelnde Mitwir- Bei der Respektpreisverleihung, die er als kungsbereitschaft der Netzbetreibenden. Schirmherr selbst vorgenommen hat, saß ich • Der überwiegende Teil der Verfahren (159 neben ihm. In meinem Redebeitrag habe ich Fälle) wurde deshalb oder weil eine Straftat die aktuellen Zahlen vorgetragen und natürlich nicht hinreichend sicher nachgewiesen wer- für Vertrauen in die Polizei geworben. Klaus den konnte oder im weiteren Verfahren sons- Wowereit flüsterte mir im Nachgang zu, er wer- tige Einstellungsgründe auftraten eingestellt. de mit Hassmails überschüttet, würde diese • 51 Fälle haben die Kolleg*innen der Spezial- auch regelmäßig anzeigen, noch nie sei daraus abteilung den Gerichten zur Entscheidung aber etwas gefolgt. Das hat mich damals sehr vorgelegt. bedrückt, nachdenklich gestimmt und jetzt – in Das gerichtliche Verfahren endete in diesen Fäl- der Rolle der Generalstaatsanwältin Berlins – len überwiegend mit Geldstrafen (22 Fälle). Ju- müsste ich darauf klare Antworten geben kön- gend- oder Freiheitsstrafen wurden in 4 Fällen nen. Denn die von Frau Dr. Slowik angeführten verhängt, in denen es aber auch zu besonders Zahlen zeigen zwar, dass deutlich mehr Anzei- schwerwiegenden Straftaten gekommen war, gen erstattet werden, aber ein Blick auf die Sta- u. a. schwerer Raub und gefährliche Körperver- tistik unserer Fachabteilung in der Staatsan- letzung. waltschaft belegt auch, dass nur zu einem geringen Anteil der Verfahren tatsächlich Ver- Heißt das jetzt, dass wir aufhören sollten, dass urteilungen erfolgt sind. Hier ein kurzer Über- wir nicht erfolgreich sind? Darauf kann ich nur 14
Rede anlässlich der Respektpreisverleihung mit einem klaren „Nein“ antworten. Und ja, Konferenz zum Thema „Homo- und transfeind- wir sind trotz dieser Zahlen erfolgreich. Die liche Hasskriminalität“ teilnehmen. Staatsanwaltschaft Berlin kann auf nunmehr 7 Jahre spezialisierter Erfahrung zurückblicken. Dass wir uns in Polizei und Strafverfolgungsbe- Und es bleibt über die Zeit wichtig, homo- und hörden so spezialisiert aufstellen, ist aber auch transfeindliche Hasskriminalität in Polizei und aus anderen Gründen wichtig. Wir leben in ei- Justiz spezialisiert zu verfolgen, sich mit zivilge- ner Zeit, in der Hasskriminalität in jeder Form sellschaftlichen Akteuren zu vernetzen, um der gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zum immer noch zurückhaltenden Anzeigebereit- Alltag geworden ist. Die Zahlen steigen stetig. schaft der Community zu begegnen – denn das Minderheiten gleich welcher Gruppe stehen im Dunkelfeld ist nach wie vor sehr groß. Je mehr Fokus rechtsradikaler oder rechtspopulistischer wir wissen, desto besser kennen wir das Phäno- Kreise, die einen Überbietungswettbewerb an men, können es öffentlich thematisieren und Hassbotschaften eröffnet zu haben scheinen. hoffentlich auch für rechtliche oder tatsächli- Jeder und jede von uns kann betroffen sein che Veränderungen kämpfen. oder ist es sogar. Es gibt viele kleine, in sich ge- schlossene und homogene Welten, die sich in Wir haben in Berlin die einzige Staatsanwalt- „digitalen Echoblasen“ bewegen, nur noch um schaft deutschlandweit und eine der ganz we- sich selbst kreisen und sich in ihre Narrative oder nigen Staatsanwaltschaften europa- und welt- Ideologien verrennen. Immer wieder stehen weit, in der Ansprechpersonen für LSBTI auch die Sicherheitsbehörden im Verdacht, etabliert sind. Die Kolleg*innen kooperieren selbst Mitglieder dieser Kreise zu beherbergen. eng mit den Ansprechpersonen der Polizei Ber- Wir müssen in den staatlichen Institutionen des- lin, dem Fachkommissariat des Berliner LKA halb alles dafür tun, um Vertrauen zu erhalten und der Bundespolizei. Sie stehen den Polizeien oder da, wo es schon verloren gegangen ist, und anderen Behörden, aber auch zivilgesell- wieder aufzubauen. Nach meinem Dafürhalten schaftlichen Organisationen regelmäßig als Re- ist es deshalb extrem wichtig, dass wir als ferent*innen und Gesprächspartner*innen zur Repräsentant*innen des Staates klare Signale Verfügung. Für ihr Engagement bekommen die senden, uns immer wieder laut und deutlich po- Kolleg*innen immer wieder positives Feedback sitionieren und unsere Institutionen selbstver- von Betroffenen und Verbänden berlin- und ständlich so aufstellen, dass rechtes Gedanken- deutschlandweit. Ihre Arbeit ist vom Europarat gut in unseren Reihen keinen Platz hat und herausgehoben worden und sie durften u. a. Betroffene von Hasskriminalität sich bei uns si- an einer in Peru veranstalteten internationalen cher und gut aufgehoben fühlen. 15
Rede anlässlich der Respektpreisverleihung Aber was ist mit dem immer wieder behaupte- mitismusbeauftragten bei meiner Behörde ein- ten Vertrauensverlust in den Rechtsstaat? Dass gerichtet, für die unsere LSBTI-Ansprechperso- die Rechtspopulisten ihn entgegen ihrer Ver- nen Vorbild sind. Und ich bin zuversichtlich, lautbarungen nicht stützen, sondern ablehnen, dass wir mit dieser neuen Funktion auch für an- ist nicht neu. Dass Vertreter*innen verschiede- dere Phänomene gruppenbezogener Men- ner Berufsverbände aus den Sicherheitsbehör- schenfeindlichkeit sensibilisieren können, ohne den damit argumentieren, ist auch nicht neu, jetzt für jede Untergruppe eine gesonderte Be- im besten Fall nur deshalb, weil sie glauben, auf auftragtenfunktion einzurichten. Allerdings diese Weise die Politik zum Handeln bewegen müssen wir die Entwicklung weiter betrachten. zu können. Das halte ich allerdings für dumm Letztlich müssen wir uns weiter dafür starkma- und gefährlich, weil sie damit den Rechtspopu- chen, alles daran setzen, dass die Sicherheitsbe- listen in die Hände spielen und selbst dazu bei- hörden diverser werden. Das kann und darf tragen, dass Vertrauen verloren geht. Was aber nicht nur für die Herkunft gelten, sondern für nicht von der Hand zu weisen ist, ist eine kriti- alle Diversity-Kennzeichen – erstrebenswert ist sche Betrachtung und vielleicht auch größere auch eine größere politische Vielfalt. Ich befür- emotionale Distanz zur Justiz und den Sicher- worte wissenschaftliche Untersuchungen zur heitsbehörden. Uns zu vertrauen ist nicht mehr Frage, was wir tun können, um dieses Ziel zu selbstverständlich und wir werden, auch aus erreichen. Denn nur dann haben wir eine Chan- berechtigter Sorge vor der Entwicklung, einer ce, echte Auseinandersetzungen zu ermögli- kritischen Befragung unterzogen, ob wir den chen und die bestehenden homogenen Welten aktuellen Herausforderungen gewachsen sind. und digitalen Echoblasen aufzubrechen. Dieser kritischen Auseinandersetzung müssen wir uns stellen und deutlich machen, was wir Lassen Sie mich mit einem Appel schließen: im Kampf insbesondere gegen Rechts tatsäch- Veranstaltungen wie diese heute, die Anerken- lich tun. Das passiert aktuell aber auch sehr klar nung von Menschen, die sich für Minderheiten- sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. rechte einsetzen, gegen Homo- und Transpho- Die Sicherheitsbehörden, und da nehme ich die bie arbeiten, sind und bleiben ein wichtiges Strafverfolgungsbehörden in gleicher Weise in Element im Kampf gegen jede Form gruppen- die Verantwortung, müssen sich weiter der Zi- bezogener Menschenfeindlichkeit. Lassen Sie vilgesellschaft öffnen, sich noch stärker mit uns alle dazu beitragen, dass sie da draußen NGOs vernetzen, um sensibler zu werden für auch wahrgenommen werden. die Betroffenen und ihre Perspektiven. In Berlin habe ich im letzten Jahr die Stelle einer Antise- Ich danke Ihnen sehr für Ihr Engagement. 16
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SCHWERPUNKTTHEMA 2019 PROUD TO BE TRANS* – PROUD TO BE MYSELF Unter diesem Motto entwickelte das BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE zusammen mit der Ber- liner Agentur HELDISCH die Bündniskampag- ne zum Schwerpunktthema 2019 „Trans*“. Mit der Kampagne wollten die Bündnismitglie- der einen Beitrag für die Akzeptanz und Sicht- barkeit von transgeschlechtlichen Menschen in Berlin leisten. Das Bekenntnis zur Vielfalt ge- schlechtlicher Identität sollte transgeschlechtli- che Menschen empowern und die Gesellschaft zum selbstverständlichen Umgang mit Ge- schlechtsidentitäten unabhängig von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht aufrufen. Beim ersten Bündnistreffen am 23. Mai dis- kutierten die Bündnismitglieder anhand von Best-Practice-Beispielen, wie ein transfreundli- ches Arbeitsklima aussehen kann. Dabei stell- ten sich auch ganz praktische Fragen, z. B. zum Prozess der Namensänderungen oder dem Zu- gang zu sanitären Einrichtungen. 19
Schwerpunktthema 2019 – Trans* Grußwort Trans* in der Arbeitswelt – Eine Bestandsaufnahme Transgeschlechtliche Menschen stehen in der Geschlecht (Geschlechtsidentität) oder soziales Arbeitswelt vor ganz besonderen Herausforde- Geschlecht (Geschlechtsausdruck) nicht den so- rungen und Hürden. Im Rahmen des Schwer- zialen Erwartungen entspricht oder bei denen es punktthemas 2019 „Trans*“ hat sich das gemäß den sozialen Erwartungen keine eindeu- BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE deshalb vor- tige Übereinstimmung dieser drei Geschlechts- genommen, für die Notwendigkeit und die aspekte gibt. Geschlechterbinarität und damit Vorteile einer transfreundlichen Arbeitswelt zu verbundene Geschlechterstereotype sind allge- sensibilisieren. genwärtig und nahezu unausweichlich – in der Sportumkleide, in Werbung, Film und Fernse- ! Trans* ist ein Oberbegriff, der Men- schen bezeichnet, die sich nicht bzw. hen oder in der Damen- und Herrenabteilung ei- nes Modegeschäftes. Darüber hinaus setzt das nicht nur mit dem ihnen bei der Geburt zu- Transsexuellengesetz (TSG) Menschen, die ihre gewiesenen Geschlecht identifizieren. Dazu Vornamen oder die Geschlechtszugehörigkeit zählen auch Menschen, deren Körper nicht ändern wollen, immer noch langwierigen und mit ihrem Geschlechtsempfinden überein- diskriminierenden Verfahren aus. stimmt und die eventuell geschlechtsanglei- chende Behandlungen anstreben. Das Diskriminierungserfahrungen transge- Sternchen in der Bezeichnung soll Raum für schlechtlicher Menschen in der Arbeitswelt verschiedene Identitäten lassen, wie bei- Ende 2010 veröffentlichte die Antidiskriminie- spielsweise Transmann, Transfrau, transse- rungsstelle des Bundes eine Expertise zur Be- xuell, transident, transgender, Mann bzw. nachteiligung von transgeschlechtlichen Men- Frau mit Transvergangenheit. Menschen, schen, insbesondere im Arbeitsleben. Unter bei denen das Geburtsgeschlecht mit der Einbeziehung von Ergebnissen aus internatio- entwickelten Geschlechtsidentität zusam- nalen Studien stellten die Autor*innen fest, menfällt, sind cis-geschlechtlich. dass 30-40% der transgeschlechtlichen Men- schen bei Bewerbungen wegen ihres Trans*- Die Diskriminierungserfahrungen transge- Seins nicht berücksichtigt werden, 15-30% der schlechtlicher Menschen beziehen sich im Ge- transgeschlechtlichen Menschen wegen ihres gensatz zu denen, die cis-geschlechtliche Les- Trans*-Seins ihre Arbeit verlieren und transge- ben, Schwule und Bisexuelle machen, nicht schlechtliche Menschen überdurchschnittlich primär auf ihre sexuelle Orientierung, sondern häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind – bis auf ihre geschlechtliche Identität. Das binäre zu 50% im Vergleich zu 5-10% der Gesamtbe- Geschlechtssystem führt zur Ausgrenzung der- völkerung. Die Ergebnisse der ersten „LGBT-Er- jenigen Menschen, deren biologisches Ge- hebung in der EU“ (2013) der Agentur der Eu- schlecht (Geschlechtsmerkmale), psychisches ropäischen Union für Grundrechte bestätigen 20
Schwerpunktthema 2019 – Trans* diese Angaben und zeichnen auch für Deutsch- arbeiten können. Zwischen 40 und 50% der land ein erschreckendes Bild der Diskriminie- homosexuellen Befragten gaben an, sich ihrer rungserfahrungen transgeschlechtlicher Men- Einschätzung nach über einige Dinge am Ar- schen. Mehr als die Hälfte aller Befragten gab beitsplatz mehr Gedanken machen zu müssen an, im Zeitraum eines Jahres mindestens eine als ihre heterosexuellen, cis-geschlechtlichen Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtsi- Kolleg*innen. Transgeschlechtliche Beschäftig- dentität zu erleben. te scheinen sich am meisten Gedanken machen zu müssen (zwischen 50 und 70%). Mit der zweiten „Out im Office?!“-Studie liegen seit 2017 nun auch speziell für Deutschland be- Darüber hinaus zeigt die unterschiedliche Häu- lastbare Ergebnisse zu den Diskriminierungser- figkeit von Diskriminierungserfahrungen inner- fahrungen transgeschlechtlicher Beschäftigter halb der einzelnen Gruppen, dass ein Arbeits- vor. Von den transgeschlechtlichen Befragten umfeld, in dem sich homo- und bisexuelle - sprechen 69,0% mit keinen oder nur wenigen Mitarbeiter*innen wohlfühlen, deshalb nicht Kolleg*innen offen über ihre Geschlechtsiden- automatisch auch ein transfreundliches Arbeits- tität (30,5% bei homosexuellen Beschäftigten), umfeld ist. Wie homo- und bisexuelle Beschäf- - haben 25,5% direkt arbeitsplatzrelevante Dis- tigte profitieren natürlich auch transgeschlecht- kriminierung (Versetzung, Kündigung oder liche Beschäftigte von einer diversity-sensiblen Arbeitsplatz nicht bekommen) erlebt (11,5% Arbeitsatmosphäre. Sie haben darüber hinaus bei homo- und bisexuellen Beschäftigten), aber ganz eigene Bedürfnisse in der Arbeitswelt - haben 41,4% transspezifische Diskriminie- und sind bei deren Geltendmachung zusätzlich rung erfahren. Mehr als einem Viertel (26,7%) mit einer passiven und diskriminierenden Rechts- der transgeschlechtlichen Beschäftigten wur- lage konfrontiert. Dies betrifft Aspekte wie bei- de der Zugang zu Toiletten ihrer Wahl ver- spielsweise einen Anspruch auf den Zugang zu wehrt. Jede fünfte transgeschlechtliche Person (Unisex-)Toiletten oder die Anerkennung eines hat erlebt, dass Namensschilder oder Signatu- selbstgewählten Vornamens. ren nicht angepasst (19,5%) oder Dokumente nicht nachträglich auf den gewünschten Na- Anerkennung des selbstgewählten Vorna- men geändert (21,6%) wurden. mens Die Studie konnte außerdem statistisch bele- Der vom TSG vorgesehene Prozess der gerichtli- gen, dass Beschäftige, die verschlossen mit ih- chen Vornamens- und Personenstandsänderung rer sexuellen oder geschlechtlichen Identität kann langwierig und kostenintensiv sein und umgehen, mehr Energie darauf verwenden, ihr wird zudem häufig als diskriminierend empfun- Verhalten, z. B. die Inhalte ihrer Gespräche, zu den. Einige transgeschlechtliche Menschen kön- kontrollieren und deshalb weniger produktiv nen oder möchten diesen Weg deshalb nicht ge- 21
Schwerpunktthema 2019 – Trans* hen. Bei der Ausarbeitung von Diversity-Konzep- die zusätzliche Angabe der Nummer des Perso- ten und Transitionsrichtlinien sollten Unterneh- nalausweises bzw. eines anderen Legitimations- men auch diese Menschen in Blick haben und mit papiers gewährleistet werden. Die Identifikati- ihnen zusammen geeignete Regelungen finden. onsnummer kann entweder direkt auf der Bescheinigung oder auch auf einem zusätzli- Die Anerkennung des selbstgewählten Vorna- chen Dokument angegeben werden. mens unabhängig von einer amtlichen Name- nänderung ist in diesem Zusammenhang so- wohl für Mitarbeiter*innen, die sich noch im ! Auf dem Weg zu einer transfreund- lichen Arbeitswelt Prozess der gerichtlichen Vornamens- und Per- · anonymisierte und transsensible Bewer- sonenstandänderung befinden, als auch für sol- bungsverfahren sowie geschlechtsneutrale che, die diese nicht anstreben, ein besonders Formulierungen in Stellenausschreibungen dringendes Anliegen. Sind transgeschlechtliche mit Verweisen auf unternehmenseigene Beschäftigen gezwungen, weiterhin ihren alten Leitbilder und Diversity-Richtlinien Namen zu verwenden, weil dieser beispielswei- · Benennung von Ansprechpersonen für se in der dienstlichen E-Mail-Adresse auftaucht, transgeschlechtliche Beschäftigte führt dies gegenüber Kund*innen und Kol- · Erarbeitung von Transitionsrichtlinien zur leg*innen zu Situationen des Zwangsoutings, aktiven Begleitung von Transitionen am die die Privatsphäre transgeschlechtlicher Perso- Arbeitsplatz (siehe hierzu den Beitrag auf nen erheblich verletzen. Gemäß einem Rechts- S. 23-24) gutachten der Antidiskriminierungsstelle des · Unterstützung von transgeschlechtlichen Bundes ist die Verwendung des selbstgewähl- Beschäftigten, die wegen medizinischer ten Vornamens von transgeschlechtlichen Stu- Eingriffe im Zusammenhang mit ihrer Tran- dent*innen sowohl in internen Angelegenhei- sition längere Zeit arbeitsunfähig sind ten als auch in Angelegenheiten, die eine · Akzeptanz des selbstgewählten Vornamens Außen- bzw. Rechtswirkung entfalten (Stu- unabhängig von einer amtlichen Namen- dent*innenausweise, Zeugnisse usw.) straf- sänderung; ggf. Anpassung der Personal- rechtlich unbedenklich. Dies lässt sich auch auf verwaltungssoftware, um den selbstge- den privaten Sektor übertragen. Hinsichtlich der wählten Vornamen zusätzlich zum amt- Rechtswirksamkeit von personenbezogenen lichen Vornamen in der Personalakte ein- Dokumenten wie Arbeits- oder Ausbildungs- tragen zu können zeugnisse kommt es nicht unmittelbar auf den · Weiterbildung von Führungskräften und Vornamen oder eine Geschlechtszugehörigkeit, Mitarbeiter*innen sondern auf die Identifizierung der Person an. · Einbindung von LSBTI-Mitarbeiter*innen- Eine eindeutige Identifizierung könnte durch netzwerken bei all diesen Schritten 22
Grußwort Schwerpunktthema 2019 – Trans* Transitionsrichtlinien für Handlungs- sicherheit und Transparenz Transgeschlechtliche Menschen wissen oft eigentlichen Richtlinien an – unterteilt in Richtli- schon seit langem, dass das Geschlecht, das in nien für Trans-Mitarbeiter*innen und Richtlini- ihrer Geburtsurkunde eingetragen und ihnen en für das Management und das Personalwe- bisher zugewiesen wurde, nicht mit ihrem tat- sen. Mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen werden sächlichen Geschlecht übereinstimmt. Wenn zum Schluss konkrete Handlungsvorschläge zur sie sich entschließen, ihr tatsächliches Ge- Vorbereitung und Durchführung der Transition schlechtsempfinden zum Ausdruck zu bringen am Arbeitsplatz gemacht. und entsprechende Veränderungen – z. B. der äußeren Erscheinung oder der persönlichen Pa- Auszug aus den „SAP Gender Transition piere – einzuleiten, beginnt ein Prozess der Ge- Guidelines“ schlechtsangleichung, auch Transition ge- nannt. Guidelines for Management and Human Resources Die Transition ist eine Zeit, in der neben dem The support of both Human Resources and the mana- ger of transitioning employees is critical. How a mana- sozialen auch das berufliche Umfeld mit Verän- ger supports employees during their transition may di- rectly impact the employee’s well-being. derungen konfrontiert wird, die überraschend kommen können. Der Betrieb und Schlüssel- Managers and Human Resources contacts can ask their transgender employees for more information or personen im Unternehmen können sich be- ask for support from the Global Diversity & Inclusion wusst auf die Situation des Outings eine*r Office […], local health and diversity contacts, or the employee network Pride@SAP, which focuses on issu- Trans*-Mitarbeiter*in vorbereiten. Unterstüt- es facing lesbian, gay, bisexual, and transgender zung und Akzeptanz am Arbeitsplatz durch gut (LGBT+) colleagues. informierte Kolleg*innen und Vorgesetze sind Managers should focus on listening and remaining open-minded when discussing these issues with the sehr wichtig und erleichtern die Zeit der Transi- employee in question tion. Transitionsrichtlinien können dabei hel- Getting Information and Finding Support fen, Handlungssicherheit und Transparenz zu Human Resources, together with the Global Diversity schaffen. & Inclusion Office and/or local health or diversity re- presentatives, can provide advice and assistance for managers working with a transgender or transitioning Seit 2008 gibt es beim Bündnismitglied SAP SE employee. eine Transitionsrichtlinie, an deren Ausarbei- Managers should be careful of personal opinions re- tung auch das LSBTI*-Mitarbeiter*innennetz- garding an employee’s appearance or behavior. If an employee dresses or behaves unprofessionally in the werk Pride@SAP beteiligt war. Die Richtlinie business context, the issue should be dealt with in the same manner it would with any other employee. gliedert sich in vier Abschnitte. Nach einem ein- leitendem Statement folgen Erklärungen zu Managers should contact HR through the HRDirect Portal to reach their HR Advisors, their HR Business wichtigen Begriffen wie „Gender“ und „sexu- Partners or the SAP Global Diversity & Inclusion Office elle Orientierung“. Danach schließen sich die if they have any questions or concerns. 23
Schwerpunktthema 2019 – Trans* Statement of Confidentiality Name Changes and Pronoun Use The transgender status of an employee is considered Employee records and work-related documents confidential and should only be disclosed on a need- should be retained under the employee’s legal name to-know basis, and only with the consent of the em- (as reflected on identification documents verified at ployee. However, transitioning employees are en- the start of employment) unless and until the emplo- couraged to participate where appropriate in helping yee makes a legal change. Regardless of the transitio- to educate their colleagues at whatever level and at ning employee’s legal name change status, the emplo- whichever time the transgender employee feels com- yee’s new name should be used on all non-regulatory fortable. documentation (i.e., e-mail, phone directory, compa- ny identification card or access badge, name plate, Addressing Concerns of Colleagues etc.) except where records must match the legal A lack of knowledge about transgender issues can name, such as on payroll and insurance documents. create misunderstandings, tension, and conflict in the workplace. Employees are expected to conduct them- In everyday written and oral speech, the employee’s selves in accordance with company policies, including new name and pronouns should be used at such time the SAP Code of Business Conduct, the SAP Global as the employee is ready and has notified HR and their Human Rights Commitment Statement, the SAP Glo- manager. Fellow employees may not be certain as to bal Anti-Discrimination Policy, and the SAP Global Di- which pronouns to use when referring to a transgen- versity and Inclusion Commitment Statement. der person. It is appropriate to respectfully ask a trans- gender employee which pronouns they prefer; alter- It is strongly recommended that colleagues of a transi- natively, the transitioning employee can offer the tioning or transgender employee complete The Focus correct pronoun and name to use. on Insight LGBT inclusion training module and attend locally organized briefing sessions prior to the emplo- In general, it is considered inappropriate to refer to so- yee’s transition. This Focus on Insight training provides meone by the wrong pronoun or name once it has important information to colleagues and managers on been established which name and pronoun the trans- what to expect when an individual begins the transiti- gender employee prefers. Deliberate misgendering is on process. Establishing some level of comfort as to prohibited under the SAP Global Anti-Discrimination what the transition is and what happens during the Policy. process is important for preventing future misunder- standings or issues. These sessions can be arranged Leave Benefits for Transgender Employees through the Global Diversity & Inclusion Office, HR, or Managers should provide sufficient flexibility to ac- local health and diversity representatives. commodate an employee’s needs for medical appoint- ments. Leave for medical procedures related to the Employees who raise concerns about a transgender transitioning process should be treated the same as colleague should be referred to the SAP Global Hu- other medically necessary and scheduled procedures. man Rights Commitment Statement, the SAP Global Anti-Discrimination Policy, and the SAP Global Diversi- Medical Treatment and Surgery ty and Inclusion Commitment Statement, which com- The process of transitioning may require medical tre- mit to a workplace of dignity and respect regardless atment(s) and/or surgery(ies) resulting in the emplo- of, for example, gender identity, and that failure to do yee having to be absent from work. To the extent pos- so will be considered prohibited conduct and approp- sible, the employee should inform management and/ riate action will be taken. or Human Resources in advance of his/her/their plan(s) to take such leave(s) of absence to allow work transiti- If employees express concern regarding the appearan- on, as needed, to minimize disruption of the business. ce of a transgender colleague after reviewing the policy Any medical information that an employee may be or if they are curious about changes in the colleague’s sharing, including treatment plan(s), with manage- appearance or behavior, the manager may meet with ment and/or Human Resources is to be treated confi- these employees to provide more information and ans- dentially. It is the employee’s responsibility to contact wer questions. If the transgender employee agrees, an their local HR team to determine which benefits are informal team meeting may be held, in which the em- available under their specific circumstances. ployee or the manager announces the transition and offers trainings or briefing sessions for employees on transgender issues. This can help promote a positive work environment for all employees. 24
Schwerpunktthema 2019 – Trans* Trans- und interinklusiver Vereinssport Gespräch mit Michaela Jessica Tschitschke Michaela Jessica Tschitschke ist eines der Mo- len Olympischen Komitees, an denen sich viele dels der diesjährigen Bündniskampagne. Als Sportverbände orientieren, hieß es damals Spielerin und Trainerin beim DFC Kreuzberg – noch, dass transgeschlechtliche Athlet*innen einem selbstorganisierten Fußballverein für nur dann an Wettbewerben teilnehmen dür- Frauen, Lesben, Trans*- und Inter*-Personen fen, wenn zusätzlich zum Nachweis bestimm- (FLTI) in Berlin – engagiert sie sich für einen ter Hormonwerten auch alle anatomischen trans- und interinklusiven Vereinssport. Operationen abgeschlossen sind, inklusive äu- ßerlicher Veränderung der Genitalien. Das 96 Prozent der sportlich aktiven LSBTI* se- empfinde ich als Verstümmelung, denn das hen Homo- oder Transphobie als Problem Aussehen der äußeren Geschlechtsmerkmale im Sport an. Zu diesem Ergebnis kam die hat in keiner Weise etwas mit fairem Wettbe- 2019 veröffentliche EU-weite „Outsport“- werb zu tun. Befragung. Welche Erfahrungen hast du als transidente Vereinssportlerin gemacht? Du hast beim DFC Kreuzberg schließlich Transphobe Regeln und Diskriminierungen ha- doch dein sportliches Zuhause gefunden. ben dazu geführt, dass ich dem Vereinssport Wie kam es dazu? 2014 vollständig den Rücken kehren wollte. Bis Mit diesen Erfahrungen habe ich mich nach ei- dahin hatte ich in einem Frauenfußballteam in ner kurzen Sportpause auf die Suche nach ei- Brandenburg gespielt. Bei einer Partie gab es nem Fußballverein gemacht, der offen für eine Ausweiskontrolle. Kurz danach musste ich Trans*-Personen ist und bin durch das Internet den Verein verlassen. Zum Fußball kam ich ei- so beim DFC Kreuzberg gelandet. Der DFC ist für gentlich über Umwege. Ich habe immer Floor- mich nicht nur ein Sportverein sondern auch ein ball gespielt. 2012 wurde mir aber die Spielli- Schutzraum. Seit 2017 gibt es beim DFC eine zenz verweigert, weil ich mich keiner AG Trans*, in der ich mich engagiere. Um geschlechtsangleichenden Operation unterzie- Trans*-Personen das Training zu ermöglichen, hen wollte. In den Richtlinien des Internationa- vernetzen wir uns mit anderen trans- und inte- 25
Schwerpunktthema 2019 – Trans* rinklusiven Vereinen wie Seitenwechsel e. V. oder THC Franziskaner FC e. V. Ein gemeinsames wichtiges Anliegen bleiben die Sportumkleiden. Die Vereine bekommen in den Stadien pro Team meist nur eine Umkleidekabine bereitgestellt. Die AG Trans* setzt sich deshalb beim Bezirk- samt für die Bereitstellung einer zusätzlichen Ka- bine für Trans*- und Inter*-Personen ein. Das binär organisierte Sportsystem steht bei der Frage nach dem Umgang mit Trans* und Inter*-Personen vor einer großen Her- ausforderung. Der Verbandstag des Ber- liner Fußball-Verband (BFV) hat jetzt re- agiert und beschlossen, Menschen mit dem Personenstandseintrag „divers“ die Ent- scheidung zu überlassen, ob die Spiel- berechtigung für die Frauen- bzw. Junio- rinnenteams oder die Herren- bzw. Junio- renteams erteilt werden soll. Auch Trans*- Personen, die sich noch in der Transition Kampagneneröffnung am 16. Juli 2019 befinden, dürfen zukünftig im Team ihrer Wahl spielen. Wie bewertest du diese Hat die Bündniskampagne „Proud to be Änderungen? Trans* – Proud to be Myself“ in der Hinsicht Meine Erfahrung ist, dass sich die Mehrheit der etwas bewirken können? Vereine für das Thema generell nicht interes- Die Kampagne war sehr sichtbar in der Stadt. siert. Deshalb ist es gut, dass der BFV hier als Viele Menschen aus meinem Bekanntenkreis erster deutscher Amateur-Fußballverband eine sind auf mich zugekommen oder haben mich Vorreiterrolle einnimmt. Ich hoffe, dass die Ent- über die sozialen Netzwerke angeschrieben, scheidung andere Sportverbände und Vereine um Ihre Unterstützung auszudrücken. Um anregt, ihre Strukturen zu hinterfragen und Sichtbarkeit für Trans*-Personen zu schaffen, entsprechende Änderungen in den Spielord- braucht es nachhaltiges und kontinuierliches nungen einzuführen. Wünschenswert bleibt Engagement aus allen Bereichen der Gesell- natürlich eine vom Deutschen Fußball-Bund schaft. Die Kampagne war ein richtiger und (DFB) initiierte deutschlandweite Regelung. wichtiger Schritt in diese Richtung. 26
HOMOPHOBIE UND TRANSPHOBIE FINDEN SIE UNMÖGLICH? UNNÖTIG? UNGERECHT? DANN SETZEN SIE SICH EIN FÜR AKZEPTANZ! VIELFALT! DEMOKRATIE! Mit 125 Mitgliedern ist das BÜNDNIS GE- lität für alle Berliner*innen ein und über- GEN HOMOPHOBIE eines der deutschland- nimmt eine wichtige Vorbildfunktion. Ber- weit größten Netzwerke, das sich für die lin war immer eine tolerante und Gleichberechtigung von Lesben, Schwu- weltoffene Stadt – und so soll das auch len, Bisexuellen, trans- und interge- bleiben, nur noch immer besser! Möchten schlechtlichen Menschen in allen Bereichen Sie mit Ihrer Organisation oder Ihrem Un- der Gesellschaft aktiv engagiert. Jedes Mit- ternehmen dazugehören? Wie wäre es mit glied setzt sich damit individuell und nach einer lebendigen Mitgliedschaft oder Ko- den eigenen Stärken für mehr Lebensqua- operationspartnerschaft? 27
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