Republik Korea: Wirtschaftsbericht - Switzerland Global Enterprise
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SCHWEIZERISCHE BOTSCHAFT IN DER REPUBLIK KOREA Ihre Referenz: Ihre Nachricht vom: Unsere Referenz: 512.0 - DED/BRENI Seoul, 22.06.2018 Republik Korea: Wirtschaftsbericht 0. Zusammenfassung – „Executive summary“ Südkorea blickt auf eine der grössten Erfolgsgeschichten der Wirtschaftshistorie zurück. Nach dem Korea- krieg konnte sich das asiatische Land innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten zu einer der führenden Indust- rienationen der Welt aufschwingen. Die wirtschaftliche Bilanz nach Präsident Moon Jae-ins erstem Amtsjahr fällt durchaus positiv aus: Die BIP-Wachstumsrate hat mit 3,1% erstmals seit 2014 die 3%-Schwelle über- schritten, die BIP/Einwohner-Werte werden voraussichtlich dieses Jahr noch zum ersten Mal 30'000 USD erreichen und die Exporte verzeichnen ein deutliches Wachstum. Für 2018 und 2019 bewegen sich die Prog- nosen in einer ähnlichen Grössenordnung. Allerdings konzentrierte sich die dynamische Entwicklung vor allem auf wenige Industriezweige wie Halbleiter, Displays und Biotechnologie, die nur wenig arbeitsintensiv sind. Daher bleibt der Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenrate von 3,7% und einer Jugendarbeitslosigkeit von rund 10% Ende 2017 mit steigender Tendenz weiter angespannt. Die fiskalpolitische Ausgangslage gestaltet sich weiterhin gut. Die öffentliche Gesamtverschuldung liegt bei 38,6% des BIP (20171). Nach einem leichten Haushaltsdefizit im Jahre 2009 (-1,3%) hatten die Überschüsse jeweils bis 2015 bei Werten um 1,0% ver- harrt, bis schliesslich 2016 und 2017 Überschüsse von 2,4% bzw. 2,8% erreicht werden konnten.2 Wie erwartet hat die Regierung Moons sich eine Politik des nachfrageorientierten Wachstums auf die Fahnen geschrieben. Die grundlegende sozialdemokratisch orientierte wirtschaftspolitische Neuausrichtung beinhal- tet eine deutliche Anhebung des Mindestlohns von jährlich durchschnittlich 16% bis 2020, eine Reduktion der hohen maximal zulässigen Wochenarbeitszeit von 68h auf 52h sowie eine Umwandlung von befristeten Arbeitsverhältnissen in reguläre Stellen. Moon will ferner die KMUs fördern, die grossen Konzerne (Chaebols) einer verschärften Aufsicht unterstellen und die Korruption und den Nepotismus bekämpfen. Von der grossen Mehrheit der Bevölkerung wird dieser Kurs unterstützt, während er von der älteren, für das Wirtschaftswunder verantwortlichen Generation deswegen teilweise scharf kritisiert wird. Im internationalen Vergleich steht das OECD-Mitglied Südkorea sehr gut da. Mit einer Wirtschaftsleistung von 1,4 Bio. USD3 ist es die elftgrösste Volkwirtschaft und der sechstgrösste Exporteur der Welt. Die Export- quote von 42% (Exporte im Verhältnis zum BIP)4 ist zuletzt zwar gesunken, liegt aber immer noch erheblich über derjenigen anderer OECD-Länder von ähnlicher Grösse. Dank hohen Devisenreserven von 397 Mrd. USD5, Kapitalverkehrskontrollen und einem grossen Leistungsbilanzüberschuss von 5.1% (Ende 2017) ist Korea vergleichsweise gut gerüstet für den Fall weltwirtschaftlicher Verwerfungen. Die steigenden Produktionskosten müssen zum einen mit höherer Produktivität, zum anderen mit Innovation wettgemacht werden, um die höheren Preise für die Produkte rechtfertigen zu können. Aus diesem Grund wird sich Südkorea künftig vor allem als Forschungs- und Entwicklungsstandort sowie als Test- und Refe- renzmarkt für ganz Asien bei Hightech- oder Lifestyle-Produkten zu positionieren versuchen. So planen die 1 Quelle: Ministry of Strategy and Finance (http://english.mosf.go.kr/pc/selectTbPressCenterDtl.do?boardCd=N0001&seq=4457). 2 Quelle: OECD (https://data.oecd.org/gga/general-government-deficit.htm). 3 2016, World Bank (https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.CD?year_high_desc=true). 4 2016, World Bank (https://data.worldbank.org/indicator/NE.EXP.GNFS.ZS). 5 Per März 2018, Bank of Korea, achtgrösste Reserven weltweit, die Schweiz liegt auf Rang 3.
koreanische Regierung und die Chaebols massive Investitionen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Big Data, virtuelle Realität und in erneuerbare Energien. Sollte das Anfang 2018 sich abzeichnende Tauwetter mit Nordkorea anhalten oder sogar eine weitere Annäherung erfolgen, würde sich dies auch positiv auf das Investitionsklima in Südkorea auswirken. Die schweizerisch-südkoreanischen Handelsbeziehungen entwickelten sich in den letzten Jahren aus Sicht der Schweiz insgesamt erfreulich. Das bilaterale Handelsvolumen lag 2017 bei rekordhohen 3,99 Mia. CHF. 2017 kam es erneut zu einer deutlichen Zunahme der schweizerischen Exporte um 12,3% auf insgesamt 3,26 Mia. CHF.6 Der südkoreanische Markt birgt weiteres Potential für qualitativ hochstehende innovative Produkte insbesondere in den Bereichen Medtech, Präzisionsmaschinen und Chemie, aber auch für hoch- stehende Nischen-Konsumgüter. Seit etwa 2003 betreibt Korea schrittweise eine aktive Freihandelspolitik und hat seither ein dichtes Netz von Freihandelsabkommen abgeschlossen (darunter EU, USA, China). Über Investitionen in Südkorea können mittlerweile 70 Prozent der Weltwirtschaft - gemessen am BIP - zu Präferenzzöllen beliefert werden. Die Regierung von Präsident Moon stellt diese Politik grundsätzlich nicht in Frage. Sie hat angekündigt, die Han- delsstrategie zu überprüfen und – angesichts des Klumpenrisikos mit China (ca. 30% des gesamten Aus- senhandelsvolumens) - eine Diversifizierung anzustreben, die sich hauptsächlich auf Märkte wie Eurasien, ASEAN und Indien konzentriert. Die Schweiz möchte das im EFTA-Rahmen mit Korea abgeschlossene Frei- handelsabkommen (FHA) von 2006 modernisieren, ein Anliegen, das von Südkorea auf die lange Bank ge- schoben wird. Immerhin haben die Schweiz und Südkorea im Rahmen der Sitzung des Gemischten FHA- Ausschusses anfangs Juni 2018 eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel paraphiert (GMP- Agreement). Damit soll das Marktzugangs- verfahren für Arzneimittel in das jeweilige Partnerland vereinfacht werden. 6 Steigerung der Exporte ohne Gold im 2017: 9,9% auf 3,06 Mia. CHF. 2/20
Inhaltsverzeichnis 1. WIRTSCHAFTLICHE TRENDS UND HERAUSFORDERUNGEN .................................................................................................. 4 1.1. HOHE INVESTITIONEN IN DIE FORSCHUNG UND AUFSTREBENDER STARTUP HOTSPOT IN ASIEN................................................................. 4 1.2. ENERGIEPOLITIK UNTER DEM STERN DES UMWELTSCHUTZES ............................................................................................................. 4 1.3. CHAEBOL-REFORM UND NOTWENDIGE STÄRKUNG DER KMU ........................................................................................................... 5 1.4. KAMPF GEGEN DIE KORRUPTION UND UNGEBÜHRLICHE EINFLUSSNAHME ............................................................................................ 5 1.5. MASSNAHMEN GEGEN DIE STEIGENDE ARBEITSLOSIGKEIT BEI GLEICHZEITIGER ERHÖHUNG DES MINDESTLOHNES ........................................ 5 1.6. HOHE VERSCHULDUNG DER PRIVATEN HAUSHALTE UND IMMOBILIENBLASE ......................................................................................... 6 1.7. STARKER WON ALS HERAUSFORDERUNG FÜR DIE EXPORTINDUSTRIE .................................................................................................. 7 1.8. PROBLEMBELADENE WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN MIT DEN BEIDEN WICHTIGSTEN HANDELSPARTNERN ...................................................... 7 1.9. KRYPTOWÄHRUNGEN ................................................................................................................................................................ 8 2. INTERNATIONALE UND REGIONALE WIRTSCHAFTSABKOMMEN ......................................................................................... 8 3. AUSSENHANDEL................................................................................................................................................................ 10 4. DIREKTINVESTITIONEN ..................................................................................................................................................... 12 5. HANDELS-, WIRTSCHAFTS- UND TOURISMUSFÖRDERUNG, LANDESWERBUNG ................................................................ 13 6. FAZIT................................................................................................................................................................................. 15 ANNEX 1 ................................................................................................................................................................................... 16 ANNEX 2 ................................................................................................................................................................................... 17 ANNEX 3 ................................................................................................................................................................................... 18 ANNEX 4 ................................................................................................................................................................................... 19 ANNEX 5 ................................................................................................................................................................................... 20 3/20
1. Wirtschaftliche Trends und Herausforderungen Das Erfolgsmodell der südkoreanischen Wirtschaft wurde in der Vergangenheit primär von drei Faktoren geprägt: Der Ausrichtung auf wenige grosse Firmenkonglomerate (Chaebols), der Fokussierung auf Nach- ahmen und Optimieren bestehender Technologien sowie dem Export dieser Erzeugnisse. Gleichzeitig wurde eine äusserst effiziente Infrastruktur aufgebaut, die bezüglich Transportleistungen sowie Informations- und Kommunikationstechnologie höchsten Massstäben genügt. Das Gesundheitssystem gilt als sehr gut, die in- nere Sicherheit ist hervorragend. Durch eine fokussierte Innovations-, Mittelstands- und Start-up-Förderung soll der Wandel vom „Fast Follower“ zum „First Mover“ endgültig gelingen, um dem Wirtschaftswachstum neue Impulse zu geben. Im Global Competitiveness Index des World Economic Forum (WEF) 2017/18 belegte Südkorea Rang 26 von 137 untersuchten Ländern - wie schon in den vergangenen vier Jahren. Schwache Bewertungen erhielt Südkorea bezüglich der Effizienz des Arbeitsmarktes und der Entwicklung des Finanzsystems. Auf der an- deren Seite wurden das makroökonomische Umfeld, die Grösse des Marktes, die Infrastruktur und die Inno- vationskraft überdurchschnittlich positiv bewertet. Wirtschaftlicher Erfolg wird durch Individuen und durch Institutionen überwiegend im Vergleich und nicht absolut bewertet. Im zeitlichen Vergleich fragen sich Einzelne, Firmen und Regierungen: bin ich wohlhaben- der geworden, wurde mehr investiert, was frisst die Inflation weg, wie sieht das BIP-Wachstum aus? In dieser Betrachtungsweise ist das Sentiment in der breiten Bevölkerung Koreas eher schlecht, ausser betreffend die tiefe Inflation. Obwohl die Gesamtwirtschaft seit Jahren sachte wächst (BIP-Wachstum im Jahr 2014: 3,3%, 2015: 2,6%, 2016: 2,8% und 2017: 3,1%) stagnieren die verfügbaren Einkommen der Haushalte. Besser ist das Sentiment bei den grossen Unternehmen. Der Grossteil der BIP-Zunahme ist entstanden durch Erfolg im Aussenhandel und durch Investitionen und hat den Aufbau von namhaften Reserven ermöglicht. 1.1. Hohe Investitionen in die Forschung und aufstrebender Startup Hotspot in Asien Mit Ausgaben von 4,23 % (2015) am BIP für Forschung und Entwicklung liegt Südkorea mit Israel an der Spitze aller OECD Länder. 2016 betrugen die Ausgaben 62,1 Mia. USD. Die Regierung legt dabei ihren Fokus auf Zukunftsbranchen wie erneuerbare Energien und die Digitalisierung der Industrie. Der Grossteil der Forschungstätigkeiten fällt in Südkorea auf die Privatwirtschaft: Nur ein Viertel der gesamten Forschungsinvestitionen kommen aus dem öffentlichen Sektor. Laut dem Bloomberg Innovation Index besitzt Korea sogar die innovativste Wirtschaft, was vor allem auf viele Patent-Entwicklungen von Samsung zurück- zuführen ist. Im Global Innovation Index 2017 belegt das Land den 11. Rang von 127 untersuchten Ländern. Südkorea schnitt in jenen Bereichen besonders gut ab, die für die zukünftige Entwicklung eines Landes wich- tig ist: Menschliches Kapital und Forschung, Wissen und Technologie sowie Infrastruktur (vor allem bei In- formations- und Kommunikationstechnologien). Im Jahr 2013 kündigte die Präsidentin des Landes, Park Geun-hye, den Plan einer «kreativen Wirtschaft» an, der auf die Förderung eines neuen Wachstumsmodells abzielt, das auf Innovation und Unternehmertum basiert. Die „Creative Economy“ Politik mit dem Ziel, junge innovative Technologien in Zukunftsbranchen zu fördern, wird auch durch Präsident Moon Jae-In fortgesetzt. Im Rahmen dieser Politik wurden 18 Center for Creative Economy & Innovation im ganzen Land geschaffen. Jedes dieser Center hat eine Leitfirma, die einen förderlichen Rahmen für Jungunternehmer schafft, und ist auf einen Sektor (wie Biotechnologien und Schönheit, Automobil oder Big Data) spezialisiert. Ein Netz von Incubators, Mentoren und Venture Capital Firmen schaffen ein ausgezeichnetes Startup Ecosystem. Korea entwickelt sich damit zu einem aufstreben- den Startup Hotspot in Asien. 1.2. Energiepolitik unter dem Stern des Umweltschutzes Die Energiepolitik der neuen Regierung steht im Zeichen der Emissionsreduzierung. So soll angesichts der zunehmenden starken Luftverschmutzung in Seoul der Ausstoss von Feinstaub bis 2022 um 30 Prozent verringert werden. Um die Zielsetzung zu erreichen, sollen sieben Kohlekraftwerke, die bereits länger als 30 4/20
Jahre in Betrieb sind, bis 2022 vom Netz genommen werden. Von den neun in Bau befindlichen Kohlekraft- werken werden vier in Flüssigerdgasanlagen umgerüstet. Zudem soll der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix von derzeit 6,4 Prozent bis 2030 auf 20 Prozent erhöht werden. Die Nutzung von Windenergie soll bei der neuen Ausrichtung der Energiepolitik eine wichtige Rolle spielen. Ebenso will die Regierung keine neuen Kernkraftanlagen mehr planen und ausrangierte Reaktoren entsorgen. Zur Umsetzung dieser Politik sind Investitionen in Milliardenhöhe geplant. 1.3. Chaebol-Reform und notwendige Stärkung der KMU Die südkoreanische Wirtschaft wird traditionell von den Chaebols dominiert. Allein der Elektronikgigant Sam- sung ist Schätzungen zufolge für rund 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich. Die Kon- glomerate, die nach wie vor das dominante Rückgrat der südkoreanischen Volkswirtschaft bilden, verfügen über eine grosse Marktmacht, die sie gegenüber ihren Lieferanten in knallharten Preisverhandlungen zu nutzen wissen. Die grossen Exporterfolge dieser Konglomerate haben nicht nur lange die strukturellen Prob- leme der südkoreanischen Wirtschaft verdeckt; tatsächlich sind Chaebols ein Teil des Problems geworden. In je mehr Branchen sich die Grossen tummeln, desto schwieriger wird es für kleinere Unternehmen, gegen sie anzukommen. Es gibt mächtige international sehr konkurrenzfähige Konzerne an der Spitze und viele kleine und mittlere Unternehmen, die in den Bereichen Produktivität und Innovation nicht nur den Chaebols, sondern auch der internationalen Konkurrenz ähnlicher Grösse hinterherhinken. Ein zentraler Aspekt in Moons Wahlkampagne war die in der südkoreanischen Bevölkerung geschürte Hoff- nung auf eine bedeutende Chaebol-Reform. Angeführt wird diese Aufgabe vom von Präsident Moon ernann- ten Vorsitzenden der Fair Trade Commission, ein Wirtschaftsprofessor, der seit Jahren für bessere Corporate Governance plädiert. Vor dem Hintergrund des starken Einflusses der Inhaberfamilien, welche trotz tiefen Beteiligungen durch die überproportionale Einsitznahme im Verwaltungsrat die faktische Kontrolle über die Chaebols ausüben und deren Machtmissbrauchsskandale in der koreanischen Gesellschaft vermehrt auf Entrüstung stossen, ist die Regierung bestrebt, die familienkontrollierten Konglomerate zu restrukturieren: Über eine Reform des Handelsrechts sollen beispielsweise mittels eines kumulativen Stimmabgabesystems die Rechte der Kleinaktionäre gestärkt werden. Ferner sollen die Chaebols nicht mehr ihre Marktmacht derart ausüben können, dass kleinere Unternehmen kaum faire Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Ent- wicklung vorfinden. Die Regierung Moon ist auch bereit, KMUs durch gezielte meist pekuniäre Massnahmen zu unterstützen, auch wenn bis anhin noch keine umfassende Strategie vorgestellt wurde. 1.4. Kampf gegen die Korruption und ungebührliche Einflussnahme Unter Moons Führung wurde auch der Kampf gegen die Korruption und ungebührliche Einflussnahme inten- siviert. Moons Vorgängerin, Präsidentin Park Geun-Hye, wurde am 6. April 2018 u.a. wegen Machtmiss- brauchs, Bestechung und Veruntreuung zu 24 Jahren Freiheitsstrafe und einer Busse in der Höhe von 18 Mia. KRW (130 Mio. USD) verurteilt, und der bis 2013 amtende Präsident Lee Myung Bak, dessen Verurtei- lung noch aussteht, wurde am 22. März 2018 verhaftet. Die Chaebols sitzen trotz dieser Anstrengungen aufgrund ihrer Machtstellung und ihres Einflusses weiterhin oft am längeren Hebel, auch wenn Strafprozesse wie gegen Lee Jae Yong, den Erben des Samsung-Imperiums, aufzeigen sollen, dass das Gesetz die privi- legierten Schichten nicht verschont. Gemäss dem Korruptionsindex von Transparency International lag Süd- korea in der Erhebung 2017 auf Rang 51 und verbesserte sich damit um einen Platz verglichen mit 2016. 1.5. Massnahmen gegen die steigende Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Erhöhung des Mindest- lohnes Ein zurzeit intensiv debattiertes Problem ist besonders die Jugendarbeitslosigkeit: Ende 2017 betrug die Arbeitslosenquote 3,7% und die Jugendarbeitslosigkeit 9,9% und erreichte im Monat Mai 2018 die seit 2010 unerreichten Höchstwerte von 4.0% Arbeitslosenquote resp. 10.5% Jugendarbeitslosenquote.7 Die offizielle Arbeitslosenrate spiegelt jedoch nicht die wahren Verhältnisse der Beschäftigten wider. Unter Einbeziehung 7 Statistics Korea (http://kostat.go.kr/portal/eng/pressReleases/5/1/index.board?bmode=read&bSeq=&aSeq=368424&pa- geNo=1&rowNum=10&navCount=10&currPg=&sTarget=title&sTxt=); Ministry of Strategy and Finance (http://english.mosf.go.kr/pu/selectT- bPublicDtl.do?boardCd=P0002&seq=). 5/20
der nicht-regulär Beschäftigten und der nicht gemeldeten Arbeitslosen dürfte die "echte" Arbeitslosenquote deutlich höher sein. Eine Politik des nachfrageorientierten Wachstums verfolgend hob die Regierung den Mindestlohn für 2018 um 16,4 Prozent auf 7,1 USD pro Stunde stark an und verkürzte die maximale Arbeitszeit von 68 Stunden pro Woche auf 52. Bis 2020 soll der Mindestlohn auf den symbolisch wichtigen Wert von 10.000 KRW (circa 9,4 USD) weiter nach oben angepasst werden. Dies entspräche einer jährlichen Steigerung von jeweils stolzen 16%. Die traditionellen Branchen wie Schiffbau, Stahl und Kraftfahrzeuge haben weiterhin mit Schwierigkeiten und nun auch noch mit Lohnerhöhungen zu kämpfen und verlagern teilweise ihre Produktion an kostengüns- tigere Standorte. Viele Firmen befinden sich in einer Restrukturierungsphase, trennen sich von Nicht-Kern- bereichen und reduzieren Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite sind die als neue Wachstumssektoren gel- tenden Industriezweige wie die Elektromobilität, Kreativwirtschaft, selbstfahrende Fahrzeuge, Industrie 4.0 und erneuerbare Energien noch nicht so weit entwickelt, um die Arbeitsplatzverluste in den anderen Seg- menten kompensieren zu können.8 Für den Anstieg der Arbeitslosenquote im Gross- und Detailhandel sowie in der Gastronomie- und der Be- herbergungsbranche, die grösstenteils Stundenlöhne vorsehen, machen Kritiker die bedeutende Anhebung des Mindeststundenlohns mitverantwortlich.9 Unternehmer befürchten einen weiter zunehmenden Kosten- druck, da sie aufgrund der Erhöhung der Mindestlöhne "Trickle-up-Effekte" auf höhere Gehaltsgruppen er- warten, was eine Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen bewirken könnte. Dies führt dazu, dass die kon- junkturell verbesserte Lage nicht auf den Arbeitsmarkt durchschlägt und die Angst vor einem „Jobless Growth“ herrscht.10 Um der Problematik der Arbeitslosigkeit zu begegnen, hat Präsident Moon als einen ersten Schritt in seinem Fünfjahresplan, welcher die Schaffung von mehr als 810'000 Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor bis 2022 anstrebt, im Juli 2017 ein Zusatzbudget von 11 Bio. KRW (umgerechnet 9,9 Mia. CHF) genehmigen lassen. Dieses soll ein Konjunkturpaket zur Erhöhung der Anzahl der öffentlich Beschäftigten (Schaffung von 86'000 Arbeitsplätzen in der Verwaltung und im Pflegebereich), dem Ausbau des Sozialsystems, der fi- nanziellen Unterstützung von Start-Ups und der Subvention von Beschäftigungen in KMUs ermögli- chen. Vorgesehen ist auch eine Umwandlung der Verträge vieler temporär Angestellter in reguläre Ar- beitsverhältnisse und ein besserer Schutz der Frauen am Arbeitsplatz. Teilweise wurde dieser Plan be- reits umgesetzt. Im Mai 2018 verabschiedete das Parlament zudem ein weiteres Zusatzbudget von 3,8 Bio. KRW (3,6 Mia. USD), mit deren Hilfe die Regierung durch finanzielle und steuerliche Anreize die Jugendar- beitslosigkeit bis 2021 auf unter 8% senken und im nächsten Jahr bis zu 220’000 Arbeitsstellen schaffen will. 1.6. Hohe Verschuldung der privaten Haushalte und Immobilienblase Ein sich verschärfendes Problem ist die hohe Verschuldung der privaten Haushalte. Im Jahr 2017 stieg die private Verschuldung um rund 4%, somit entsprach sie 94,4% des BIP im September 2017. Das sind die Folgen der gesunkenen Kreditkosten nach der weiteren Senkung der Leitzinsen, und des Immobilien-Booms, der die Häuserpreise in einzelnen hochpreisigen Gegenden von Seoul massiv hat ansteigen lassen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass v.a. die Reichen mehr Hypotheken aufgenommen haben und die Ver- schuldung der ärmeren Schichten stabil geblieben ist. Im Juni 2017 beschloss die neue Regierung dennoch gezielte Massnahmen gegen eine mögliche Immobilienblase, einschliesslich strengerer Hypothekenre- geln und eines Anstiegs der Kapitalertragssteuern für Eigentümer mehrerer Häuser.11 Seither stagnierten die Preise im Immobilienmarkt. Ein grundlegendes Problem ist jedoch die relativ hohe Altersarmut und die allge- mein zunehmende Einkommensungleichheit. 8 GTAI: Lohn- und Lohnnebenkosten – Südkorea, 18.04.2018. 9 Für eine chronologische Übersicht über den südkoreanischen Mindestlohn vgl. http://www.minimumwage.go.kr/eng/sub04.html. 10 Vgl. GTAI: Lohn- und Lohnnebenkosten – Südkorea, 18.04.2018. 11 An den Immobilienhotspots gibt es ein Weiterverkaufsverbot für neu erworbene Immobilien. Die Limiten für Hypotheken wurden verschärft (Debt- to-income ratio von 60 auf 50%, Loan-to-value ratio von 70 auf 60%) und sind einschränkender als in der Schweiz. 6/20
1.7. Starker Won als Herausforderung für die Exportindustrie Besorgnis ruft insbesondere bei exportorientierten Unternehmen die anhaltende Aufwertung des südkorea- nischen Won gegenüber dem US-Dollar und dem Euro hervor. Die monatlichen Durchschnittswerte der USD- KRW-Wechselkursrate lagen in den ersten fünf Monaten von 2018 zwischen 1’065 und 1'078 KRW, dies gegenüber einem Jahresdurchschnitt von 1'130 KRW im Jahr 2017.12 Die südkoreanische Regierung hielt sich mit einer aktiven Intervention im Devisenmarkt zurück: Die Befürchtung Südkoreas, vom US-Finanzmi- nisterium als Währungsmanipulator eingestuft zu werden, hat sich zwar nicht bewahrheitet. Südkorea bleibt allerdings – wie die Schweiz – auf der Beobachtungsliste. Der Forderung des US-Finanzministeriums nach mehr Transparenz auf dem Devisenmarkt kam das südkoreanische Handelsministerium nach, indem es eine Offenlegung der Devisenmarktinterventionen ab März 2019 ankündigte, welche zunächst halbjährlich und ab 2020 vierteljährlich erfolgen soll. Die Bank of Korea und die Schweizerische Nationalbank schlossen im Februar 2018 ein Währungsswap-Abkommen ab, welches während drei Jahren den Kauf und Rückkauf von südkoreanischen Won und Schweizer Franken zwischen den beiden Zentralbanken bis zu einer Limite von 11,2 Bio. KRW bzw. 10 Mia. CHF ermöglicht. 1.8. Problembeladene Wirtschaftsbeziehungen mit den beiden wichtigsten Handelspartnern Von eminenter Bedeutung für Südkorea sind gute und verlässliche Handelsbeziehungen zu den beiden wich- tigsten Handelspartnern, den USA und China. USA Die Handelsbeziehungen zu den USA wurden im vergangenen Jahr zum einen durch eine von Präsident Trump unzimperlich erzwungene FHA-Revision, zum anderen durch die im März 2018 angekündigten US- Strafzölle auf Stahl und Aluminium auf die Probe gestellt. Präsident Trump übte harsche Kritik an dem mas- siven amerikanischen Handelsbilanzdefizit gegenüber Südkorea. Handelsminister Kim Hyun Chong erwirkte im Verlaufe der Verhandlungen für Südkorea als erstes und zurzeit einziges Land eine dauerhafte Ausnah- meregelung von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium; im Gegenzug wurden auf südkoreanischer Seite jedoch mehrere Zugeständnisse in Kauf genommen: So verpflichtet sich Südkorea dazu, seine Stahlexporte in die USA auf maximal 2,68 Millionen Tonnen und damit 70 Prozent des Durchschnittsvolumens der Jahre 2015 bis 2017 zu begrenzen. Zudem wird eine Verschiebung der ursprünglich für das Jahr 2021 geplanten Abschaffung der 25 prozentigen U.S.-Importzölle auf südkoreanische Kleinlaster (Pick-Ups) auf das Jahr 2041 akzeptiert. Ferner verpflichtet sich der südkoreanische Markt zu einer stärkeren Öffnung gegenüber U.S.-Autoherstellern, indem die Importschwelle von jährlich 25'000 Fahrzeugen pro Autohersteller auf 50'000 Fahrzeuge pro Jahr erhöht wird. Schliesslich soll auch das südkoreanische Preisbildungssystem für Arznei- mittel revidiert werden, um den Verkauf von U.S.-Pharmazeutika in einem gehobenen Preissegment zu er- möglichen. Die unmittelbaren Auswirkungen der südkoreanischen Zugeständnisse sind gemäss Aussagen des südkoreanischen Handelsministers jedoch verkraftbar. China Die koreanisch-chinesische Handelsbeziehung war im vergangenen Jahr durch die Spannungen rund um die inoffiziellen Vergeltungsmassnahmen geprägt, mit welchen China auf die Stationierung des US-Raketen- abwehrsystems Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) reagiert hat. Gravierende ökonomische Ein- bussen, vor allem im Bereich der Konsumgüter und im Tourismus, als Folge von chinesischen Vergeltungs- massnahmen setzen südkoreanischen Firmen zu. Die koreanische Nationalbank schätzt, dass die Wachs- tumsrate der Gesamtwirtschaftsleistung im 2017 durch diese inoffiziellen chinesischen Sanktionen um 0,4 Prozentpunkte reduziert wurde. Seit Oktober 2017 sind die bilateralen Handelsbeziehung jedoch auf dem Weg zur Normalisierung. Das Tourpaket-Verkaufsverbot wurde im November 2017 teilweise wieder aufge- hoben, und seither zeichnet sich auch generell eine Intensivierung des bilateralen Handelsaustausches ab. 12 Quelle: https://www.x-rates.com/average/?from=USD&to=KRW&amount=1&year=2018. 7/20
1.9. Kryptowährungen Der globale Hype um den Handel mit Kryptowährungen hat sich auch in Südkorea manifestiert: Mit einem Marktanteil von gut 30% stellt das Land eine Hochburg für den Handel mit Cyber-Devisen dar. Dieser ist in Südkorea allerdings bislang weitgehend nicht reguliert. Viele Jugendliche liessen sich zu verhältnismässig bedeutenden und risikoreichen Investitionen in Kryptowährungen hinreissen, in der Hoffnung auf raschen Gewinn und teilweise als vermeintliche Ausflucht aus der Arbeitslosigkeit und dem Geldmangel. Eine zwi- schenzeitlich im Januar 2018 diskutierte Schliessung sämtlicher lokaler Kryptowährungs-Handelsplattformen wurde vorläufig nicht umgesetzt. Vereinzelte Regulierungsmassnahmen sind jedoch ergriffen worden: Im September 2017 hat die Regierung beispielsweise Initial Coin Offerings (ICOs) verboten, und im März 2018 wurde es südkoreanischen Beamten untersagt, mit Cyberwährungen zu handeln. Mit dem seit dem 8. Mai 2018 amtenden neuen Chef der südkoreanischen Finanz-Aufsichtsbehörde (FSS) Yoon Suk-heun zeichnet sich jedoch möglicherweise eine Lockerung der Regulierung sowie eine Angleichung an die momentan ge- plante uniforme Kryptowährungs-Regulierung der G-20-Staaten ab. Die Entwicklungen in der Schweiz im Bereich ICO-Regulierungen wird in Südkorea mit hohem Interesse verfolgt. 2. Internationale und regionale Wirtschaftsabkommen 2.1. Politik und Prioritäten Südkorea ist in allen wichtigen internationalen und regionalen Wirtschaftsorganisationen wie WTO, OECD, Weltbank, IWF, G20 (Vorsitz im Jahr 2010), ASEAN+3 und APEC vertreten. In der Asian Infrastructure In- vestment Bank erhielt das Land die fünftgrösste Beteiligung (4%), respektive Stimmrecht (3,7%).13 Während die Schweiz traditionell ein „Freihandelsland“ ist (ausser in der Landwirtschaft), kommt Korea eher vom „merkantilistischen“ Lager mit ausgeprägten Kontrollen. Seit 2003 wird jedoch eine aktive Freihandels- politik verfolgt und hat seither ein dichtes Netz von Freihandelsabkommen abgeschlossen. Über Investitio- nen in Südkorea können mittlerweile 70 Prozent der Weltwirtschaft - gemessen am BIP - zu Präferenzzöllen beliefert werden. Auch unter der Regierung von Präsident Moon scheint diese Politik grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Sie hat angekündigt, ihre Handelsstrategie zu überprüfen und eine Diversifizierung anzu- streben, die sich hauptsächlich auf Märkte wie Eurasien, ASEAN und Indien konzentriert. Der erste Freihandelspartner war Chile ab April 2004. Im März 2006 trat das FHA mit Singapur in Kraft und als drittes FHA im September 2006 dasjenige mit den EFTA-Staaten (siehe Ziffer 2.2.). Seit September 2009 verfügt Korea mit den zehn ASEAN-Staaten über ein rechtsgültiges FHA. 2010 neu hinzugekommen ist das- jenige mit Indien und 2011 je eines mit der EU und mit Peru. Im März 2012 trat das Abkommen mit den USA in Kraft, im Mai 2013 dasjenige mit der Türkei, im Dezember 2014 mit Australien, Anfang 2015 mit Kanada, am 20.12.2015 diejenigen mit China, Neuseeland und Vietnam und schliesslich im Juli 2016 dasjenige mit Kolumbien. Das FHA mit den USA unterlag seit Juli 2017 konkreten Revisionsbestrebungen. Nach mehreren Verhand- lungsrunden gelangten die beiden Vertragsparteien Ende März 2018 zu einer „prinzipiellen“ Einigung, welche auf südkoreanischer Seite verschiedene Konzessionen beinhaltet. Im Gegenzug erwirkte Südkorea eine dau- erhafte Ausnahmeregelung von den U.S.-amerikanischen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Das Abkommen mit der EU, das seit dem 1. Juli 2011 angewendet wird, hat sowohl seitens der EU als auch seitens Koreas zu einer Zunahme des Handels geführt. Auf europäischer Seite wurde der Wunsch nach einer Revision einzelner Aspekte des Abkommens laut, so beispielsweise mit Bezug auf die «direct transport clause» (welche europäische Produkte, die via Verteilzentren in Drittstaaten eingeführt werden, vom Anwen- dungsbereich des FHA ausschliesst) und die Erhebung von Zöllen auf die Wiedereinfuhr von im Partnerstaat reparierten Waren. Korea ist ferner an einem Investitionsschutzabkommen mit der EU interessiert. 13 Quelle: Asian Infrastructure Investment Bank (https://www.aiib.org/en/about-aiib/governance/members-of-bank/index.html). 8/20
Mit China fand im März 2018 eine erste Verhandlungsrunde statt, um das FHA mit einem Dienstleistungs- und Investitionskapitel zu ergänzen. Mit Japan sind die Verhandlungen für ein FHA seit November 2004 blockiert. Ein trilaterales Abkommen mit VR China und Japan steht ebenfalls im Raum und hat mehr Aussicht auf Realisierung als ein bilaterales Abkommen Korea-Japan. Nach formellem Verhandlungsbeginn im November 2012 gingen die Verhandlungen im März 2018 in die 13. Runde. Der Wunsch nach einer bal- digen Finalisierung des Abkommens wurde auch im Rahmen von trilateralen Gesprächen der Regierungs- chefs, welche nach einem zweieinhalbjährigen Unterbruch im Mai 2018 wiederaufgenommen wurden, be- kräftigt. Die im November 2012 initiierten Verhandlungen zum RCEP Regional Comprehensive Economic Part- nership, an denen Korea ebenfalls teilnimmt (Partner: ASEAN, VR China, Japan, Indien, Australien und Neu- seeland), gingen Ende April 2018 in die 22. Runde. Bei der Transpacific Partnership (TPP) hielt sich Korea lange zurück. Seit Mitte 2013 wurde das innenpo- litische Terrain für eine Beteiligung geebnet, jedoch waren die TPP-Staaten (allen voran die USA) nicht mehr willens, Korea als Anfangsmitglied zu akzeptieren. Nachdem TPP mit dem Ausscheiden der USA vorüber- gehend gescheitert war, erwägt Südkorea nun, dem durch die verbliebenen elf Partnerstaaten im März 2018 unterzeichneten Abkommen der Comprehensive and Progressive Transpacific Partnership (CPTPP) beizu- treten. Neben den bereits erwähnten Ländern laufen FHA-Verhandlungen mit Ecuador und Israel. In Vorbereitung sind FHA-Verhandlungen mit GCC, Mercosur und der Eurasian Economic Union. Mit Mexiko gab es Kon- takte, die aber anscheinend zu nichts führten. Im Februar 2018 wurde ein FHA zwischen Korea und Zentral- amerika (Panama, Costa Rica, Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua) unterzeichnet, welches jedoch noch nicht in Kraft getreten ist. Am Rande des APEC-Treffens in Chile im November 2016 vereinbarten Chile und Südkorea, ihr FHA zu revidieren. Auch mit der ASEAN und mit Indien spricht Korea über eine Revision den FHA. 2.2. EFTA-Korea FHA: Perspektiven für die Schweiz Aus Schweizer Sicht ist das FHA ein Erfolg, wenn auch die Umsetzung anfangs nicht in allen Bereichen reibungslos verlief. Die koreanische Seite war in der Vergangenheit über den deutlichen Handelsbilanzüber- schuss der EFTA und v.a. der Schweiz unzufrieden. 2017 erzielte Korea erstmals einen Handelsbilanz- überschuss mit EFTA, welcher allerdings hauptsächlich einem deutlichen Handelsbilanzdefizit Norwegens zuzuschreiben ist. Die Schweiz hingegen konnte ihren Handelsbilanzüberschuss 2017 auf rekordhohe 2'123 Mio. EUR ausbauen.14 Die Schweiz bzw. die EFTA fordert seit einiger Zeit vergeblich eine Aktualisierung des FHA; die koreani- sche Seite zeigt wenig Interesse an einer weiteren Liberalisierung. Zentrale Anliegen der EFTA sind ein verbesserter Marktzugang für landwirtschaftliche Erzeugnisse, eine weitere Öffnung der Finanzdienstleis- tungsmärkte sowie eine Regelung zum Abbau technischer Handelshemmnisse. Im Zusammenhang mit dem letzten Anliegen wurde im Rahmen des 5. Treffens des Gemeinsamen Ausschusses im 2016 eine TBT- Arbeitsgruppe gegründet, welche seither regelmässig Gespräche führt. Anfang Juni 2018 wurde eine Ver- einbarung über die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel paraphiert (GMP-Agreement). Ferner sind Gespräche betreffend ein Äquivalenzabkommen für verarbeitete Bio-Produkte im Gange, die jedoch nur schleppend vorankommen. 14 Quelle: EFTA (http://trade.efta.int/#/country-graph/CH/KR/2017/HS2). 9/20
3. Aussenhandel 3.1. Überblick 3.1.1. Waren Der sekundäre Sektor macht hohe 39% der koreanischen Wirtschaft aus (siehe Beilage 1). Die Handelsbilanz verzeichnete 2017 einen Überschuss von 95 Mia. USD.15 Das Wachstum gegenüber dem im Jahr 2016 noch bei 89 Mia. USD liegenden Handelsbilanzüberschuss ist auf eine Zunahme sowohl des Exports als auch des Imports zurückzuführen, wenngleich sich der Export (+15,8% gegenüber 2016) weniger stark als der Import (+17,8% gegenüber 2016) erhöhte. Der Export verzeichnete mit 573 Mia. USD einen Höchstwert. Korea stieg im 2017 zur sechstgrössten Exportnation der Welt auf. Nach einem vorübergehenden Tief in den Jahren 2015 und 2016 überstieg der gesamte Handel Koreas 2017 mit 1,05 Bio. USD wieder die bereits 2011 erstmals erreichte 1 Bio. USD-Grenze. Die wichtigsten Ausfuhrgüter sind Schiffe, Autos, elektronische Erzeugnisse, Kunststoffe, Chemikalien, Maschinen und Textilien. Die wirtschaftliche Verknüpfung in der Fertigung ist weiterhin stark ausgeprägt in der Achse Japan nach Südkorea und Südkorea nach China sowie Südostasien. Der Warenhandel folgt dabei den Direktinvestitio- nen. Nachdem der Export mit China seit 2014 geschwächelt hatte, wuchs er im Jahr 2017 wieder um 14%. Auch mit Japan verzeichnete der Export ein Wachstum von 10%, nachdem er jahrelang zurückgegangen war. Mit den USA und der EU wuchs er bis 2015, stagnierte 2016 und stieg 2017 wiederum leicht an. China (ohne Hongkong) ist seit 2003 Koreas grösster Exportmarkt (142 Mia. USD, Anteil von 25%; Zahlen für 2017), vor den USA (69 Mia. USD, Anteil 12%) und der EU (54 Mia. USD, Anteil 9%). Erst nach Vietnam und Hongkong folgt Japan (27 Mia. USD, Anteil 5%). Nicht nur bei den Exporten, sondern auch bei den Importen wird die Bedeutung der asiatischen Handels- partner für Korea immer grösser. China führt mit grossem Vorsprung seit dem Jahr 2007 die Liste der wich- tigsten Importeure an, gefolgt von der EU, Japan und den USA (siehe Beilage 3). Nachdem die gesamten Einfuhren von 2014 bis 2016 rückläufig waren, verzeichnete der Import 2017, wie vorerwähnt, erstmals seit 2011 wieder einen markanten Anstieg um +17,8%. Die wichtigsten Importgüter sind Erdöl und -gas, Metalle, Maschinen, elektronische Erzeugnisse, chemische Produkte und Zulieferungen für die Autoindustrie. Aufgrund der grossen Abhängigkeit Koreas von ausländischen Energiequellen rangie- ren viele öl-, gas- und kohleproduzierende Länder hoch in der Rangliste der grössten Importländer. Für die Beschaffung von Rohwaren im Ausland betreiben einige der Chaebols (z.B. Samsung, LG und Posco) eigene Handelsfirmen, die sich ebenfalls direkt an Abbauvorhaben in den Produktionsländern beteiligen. Der innerkoreanische Handel stieg bis 2015 leicht auf 2,71 Mia. USD an, wobei 99,6% des direkten, offizi- ellen Handels in der nordkoreanischen Sonderwirtschaftszone Kaesong Industrial Complex generiert wurde. Im März 2016 beschloss Südkoreas Regierung das Ende der Zusammenarbeit, um damit Nordkorea finan- ziell zu schwächen und für seine Nuklear- und Raketenaufrüstung zu bestrafen. Sollte eine Vereinbarung zwischen den USA und Nordkorea abgeschlossen werden, werden die beiden Koreas ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen der im 2018 abgeschlossenen Panmunjeom-Erklärung und unter Berücksich- tigung der UNO-Sanktionen wohl an die Hand nehmen. 3.1.2. Dienstleistungen Obwohl die Dienstleistungen fast 60% der koreanischen Wirtschaftsleistung generieren (siehe Beilage 1), sind sie nicht der Motor der südkoreanischen Wirtschaft. Ein Problem stellt die mangelnde Produktivität 15 Zahlen gemäss KITA (http://www.kita.org/kStat/overview_BalanceOfTrade.do). 10/20
dar, beträgt diese im Dienstleistungsbereich nur rund 55% des OECD-Durchschnitts.16 Korea ist ein Netto- bezüger von grenzüberschreitenden Dienstleistungen.17 2017 betrug Koreas Dienstleistungsnettohandel mit Importen in der Höhe von 122 Mia. USD und Exporten in der Höhe von 87,5 Mia. USD rund -34,5 Mia. USD.18 Der Finanzsektor leidet darunter, dass der KRW wegen einschneidender Melde- und Bewilligungspflichten im Kapitalverkehr de facto keine voll konvertierbare Währung ist. Die koreanischen Banken mit Auslandprä- senz bedienen dort zu 75% koreanische Kunden.19 Korea hat sich auch lange, im Gegensatz beispielsweise zu Japan und Singapur, kaum um den Handel mit dem chinesischen Yuan bemüht. Inzwischen baut der koreanische Ableger der Industrial and Commercial Bank of China dieses Geschäft auf. Der Zutritt für aus- ländische Institute ist im Finanzsektor aufgrund zahlreicher Sonderregeln schwierig. Seit der Finanzkrise sieht die Präsenz ausländischer Banken und Wertschriftenhäuser in Korea anders aus; 17 westliche Firmen haben sich in den letzten Jahren zurückgezogen, dafür hat sich die Präsenz japanischer und chinesischer Institute verstärkt. 3.2. Bilateraler Handel 3.2.1. Warenhandel Die Handelsbeziehungen entwickelten sich in den letzten Jahren aus Sicht der Schweiz insgesamt sehr er- freulich. Das bilaterale Handelsvolumen lag 2017 bei rekordhohen 3,99 Mia. CHF. Die Handelsbilanz mit Südkorea ist seit 1990 mit Ausnahme von 1998 und 1999 positiv. 2017 erreichte der Handelsbilanzüberschuss mit 2,5 Mia. CHF einen neuen Höchstwert. 2017 kam es erneut zu einer deutlichen Zunahme der Exporte um 12,3% auf 3,26 Mia. CHF (mit Gold). Die wichtigsten Exportgruppen sind Uhren, Pharmazeutika, Maschinen, Apparate, Elektronik und Edelmetalle. (Siehe Beilage 4). Die Importe direkt aus Korea sind seit Jahren volatil, was auch die wichtigsten koreanischen Ausfuhrgruppen Fahrzeuge sowie Maschinen/Elektronik betrifft. Die Importe von Pharmazeutika, welche bis 2016 stark an- gestiegen und zum zweitwichtigsten Importgut geworden waren, sanken 2017 gegenüber dem Vorjahr dras- tisch (-72,5%) und machten lediglich noch 6,8% des Importvolumens aus. Die Einfuhr koreanischer Autos und elektronischer Güter aus Drittländern (namentlich aus Osteuropa und China) sind in den erwähnten Zahlen nicht berücksichtigt. Auch Schiffslieferungen an schweizerische Ree- dereien schlagen sich nicht in der Statistik nieder. Punkto Handelsvolumen nimmt die Schweiz in Korea im Vergleich zu anderen Staaten seit jeher eine be- scheidene Stellung ein. 2017 figurierte unser Land auf Rang 29 der wichtigsten Importeure nach Korea und bloss auf Rang 71 bei den wichtigsten Exportdestinationen für koreanische Produkte (siehe Beilage 3). Die Ränge ändern von Jahr zu Jahr stark. Die koreanischen Zahlen weichen vor allem bei den Exporten von Korea in die Schweiz deutlich von den Schweizer Zahlen ab. Ungefähr 100 Schweizer Unternehmen sind in Korea vertreten. Aufgrund der starken Konkurrenz koreani- scher Grossunternehmen in allen Sektoren tun sich insbesondere die grossen Schweizer Firmen in Korea schwer. Generell stellt der koreanische Markt hohe Anforderungen und der Markteintritt ist mit Hürden er- schwert (auch sind die Lebenskosten für Ausländer hoch). Problematisch sind beispielsweise die regulierten, sehr tiefen Preise für Pharmazeutika und Medizinaltechnik. Auch die Registrierungspflicht für sämtliche Le- bensmittelproduzenten im Ausland wirkt abschreckend. Jedoch ist der Markt aufgrund der hohen Dynamik und der steigenden Kaufkraft lukrativ. Durch die Fokussierung auf wenige Grosskonzerne und Kernsektoren 16 Dies auf der Basis der Wertschöpfung pro Person. Der kombinierte Wert von Industrie und Dienstleistungen beträgt 79.9% des OECD-Durch- schnitts. Wird der Output pro Stunde betrachtet, dann sähe es noch schlechter aus. (2011, Berechnungen von MOTIE und Korea Productivity Cen- ter). 17 Quelle OECD basierend auf Erhebungen der Bank of Korea. 18 Quelle: OECD (https://data.oecd.org/trade/trade-in-services.htm#indicator-chart). 19 Schätzung von McKinsey 2013. 11/20
gibt es in Südkorea auch Sektoren und Segmente, die technologisch nicht auf allerhöchstem Niveau stehen. Diese Lücken in den Wertschöpfungsketten können Schweizer Firmen mit ihren hochspezialisierten Produk- ten nutzen. Gerade für KMUs und "Hidden Champions" kann Südkorea daher ein hochattraktiver Markt sein. Sektoren wie z.B. Medtech, Präzisionsmaschinen und Chemie sind in Korea für Schweizer Firmen besonders interessant, während bei Konsumgütern nur Chancen in Nischen bestehen. 3.2.2. Dienstleistungshandel Zahlen zum bilateralen Dienstleistungshandel waren nicht erhältlich. Der schweizerische Bankensektor ist mit kleinen Einheiten der UBS und der CS in Korea präsent, im Wert- schriftenbereich und im Asset Management. Die UBS hat ihre Banklizenz zurückgegeben und agiert nur noch als Effektenhändlerin. Von den Versicherungen hat derzeit nur die Swiss Re eine Präsenz vor Ort. Das Retail- Geschäft scheint nicht besonders lukrativ und ausländische Anbieter haben sich teils zurückgezogen. Als grosses Rohwarenimportland scheint Korea für die schweizerischen Rohwarenhändler eine gewisse Bedeu- tung zu haben, wobei die verfügbaren Informationen beschränkt sind. 4. Direktinvestitionen 4.1. Entwicklung und allgemeine Aussichten In den letzten Jahren stiegen die FDI-Zusagen in Korea kontinuierlich, 2015 waren es 20,91 Mia. USD, 2016 21,3 Mia. USD und 2017 22,9 Mia. USD. 20 Dies ist im internationalen Vergleich ein durchaus respek- tables Resultat, sowohl im Vergleich zum Durchschnitt der OECD-Mitglieder als auch gegenüber Schwellen- ländern. Der Gesamtzufluss ausländischer Investitionen stieg an: Nachdem er 2016 um mehr als 40 Prozent eingebrochen war, konnte er sich 2017 erholen, indem der Wert insbesondere dank Fusionen und Übernah- men um 21% auf 12,8 Mia. USD stieg. Nach Sektoren entfiel mit 7,5 Mia. USD der grössere Teil der FDI auf Dienstleistungen. Die Direktinvestitionen im produktiven Gewerbe beliefen sich 2017 auf 5,2 Mia. USD. Dabei wiederum waren Chemie mit 2,6 Mia. USD und Elektronik mit 1,2 Mia. USD die attraktivsten Bereiche. Die EU war 2017 mit 7'025 Mio. USD der grösste Investor (an der Spitze da Vereinigten Königreich mit 2'218 Mio. USD), gefolgt von den USA (4'710 Mio. USD), Japan (1'842 Mio. USD), Singapur (1'793 Mio. USD) und Hongkong (1'792 Mio. USD) (siehe Beilage 5). In der jährlichen Betrachtungsweise fluktuieren die Werte stark. So verringerten sich beispielsweise die Investitionen des 2016 noch auf Rang 5 liegenden Chinas 2017 von 2'049 Mio. USD um mehr als die Hälfte auf 809 Mio. USD. Was den kumulierten FDI-Kapitalbestand anbelangt, rangiert die EU ebenfalls an erster Stelle, gefolgt von Japan und den USA. Gemäss der jährlichen Studie zur nationalen Wettbewerbsfähigkeit des „International Institute for Manage- ment Development“ (IMD) in Lausanne oszilliert Südkorea seit 2007 zwischen Rang 22 und 29 (2018: Rang 2721). Schwächen in der Corporate Governance, im Datenschutz und in der Effektivität von Behörden werden bemängelt. Von den ausländischen Investoren werden neben vielen für sie nicht optimalen Regulierungen (mangelnde Öffnung bzw. Schutz lokaler Industrien; ungenügende Übernahme internationaler Standards und Regelungen), ein relativ unflexibler Arbeitsmarkt, starke Gewerkschaften (deren berüchtigte Militanz aber abgenommen hat) und das relativ hohe Lohnniveau bemängelt. Gute Noten erzielt Korea bezüglich Qualität seiner Industrie sowie hinsichtlich Ausbildung der Arbeitskräfte. In der Gesamtbetrachtung hat Südkorea nicht primär dank FDI-Zufluss Erfolg gehabt, sondern dank anderen Faktoren. Seit Jahren übertreffen die koreanischen Auslandinvestitionen den Zufluss, was Ausdruck der Reife der Industrie und der Stärke der eigenen Grossunternehmen ist. Die von koreanischen Unternehmen getätigten Direktinvestitionen im Ausland sind seit 2003 vor allem im Energie-, Automobil- und Bausektor stark angestiegen. Die südkoreanischen Firmen eröffnen auch zahlreiche Elektronikfabriken in China und Südostasien. 20 Ministry of Trade, Industry and Energy (http://english.motie.go.kr/en/pc/pressreleases/bbs/bbsView.do?bbs_cd_n=2&bbs_seq_n=633). 21 International Institute for Management Development (IMD) (https://www.imd.org/wcc/world-competitiveness-center-rankings/world-competitiven- ess-ranking-2018). 12/20
4.2. Bilaterale Investitionen Die Schweizer Direktinvestitionsflüsse nach Südkorea sahen 2016 erstmals eine bedeutende Desinvestition. Der Kapitalbestand der Schweizer Direktinvestitionen in Südkorea, welcher Ende 2015 noch bei 4,91 Mia. CHF gelegen hatte, sank per Ende 2016 auf 3,37 Mia. CHF ab. Diese Summe entspricht etwa 0.3 % der gesamten Schweizer Direktinvestitionen im Ausland. 22 Gemäss den koreanischen Zahlen lag das kumulierte Schweizer Investitionsvolumen in Korea bei 2,509 Mia. USD für den Zeitraum 1962-2015 (sog. „pledges“, effektiv getätigte Investitionen nicht verfügbar). Gemäss den koreanischen Quellen haben die schweizerischen Investitionen seit einem Höhepunkt von rund 230 Mio. USD in den Jahren 2006 und 2007 bis zu einem Tief von 70 Mio. USD (2013) bzw. 75 Mio. USD (2016) geschwankt. 2017 erfolgte wiederum ein Anstieg auf 226 Mio. USD (Beilage 5). Gemäss den Schwei- zer Zahlen betrugen die Kapitalexporte nach Korea 2015 248 Mio. CHF und 2016 -833 Mio. CHF. Die Diffe- renz zwischen den koreanischen und den Schweizer Zahlen konnte bislang nicht geklärt werden. In der Gegenrichtung ist die Schweiz seit Jahren in einer marginalen Position. Die Schweiz ist praktisch nicht im Fokus koreanischer Auslandsinvestitionen (572,4 Mio. USD im 2017)23, die sich in Europa auf die Nieder- lande, UK, Deutschland, Irland, Norwegen, Polen, die Tschechische Republik und die Slowakei konzentrie- ren.24 Die geringen Investitionen in der Schweiz vermögen aufgrund des Entwicklungsstandes Koreas und seiner Präsenz auch in Westeuropa aus Schweizer Perspektive nicht zu befriedigen. In den letzten drei Jah- ren hat der Swiss Business Hub (SBH) seine Standortförderungstätigkeit intensiviert. Etliche Seminare wur- den in Korea durchgeführt. Die Bemühungen richteten sich aber auch an Schweizer Kantone und Regionen, um sie auf ihre Chancen aufmerksam zu machen. Die «Greater Zurich Area» (GZA) und die St. Gallen Bo- densee Area (SBGA) bearbeiteten den Markt mit einem eigenen lokalen Repräsentanten. Die Schweiz bietet sich vor allem als Standort für Forschung und Entwicklung an und möchte koreanische Firmen im Umfeld der Universitäten, Hochschulen und Technologieparks anziehen. Neue Investitionen in die Schweiz erfolgten 2017 durch Doosan und Hyundai im Bereich der Forschung und Entwicklung. Das «Cyptovalley» um Zug übt eine grosse Anziehungskraft auf koreanische Firmen im Bereich Blockchain/DLT aus. Ein weltweit beachte- tes ICO der koreanischen Firma Hyundai DAC in der Schweiz hat das Seinige dazu beigetragen. Drei weitere koreanische Firmen sollen noch dieses Jahr einen ICO im «Cryptovalley» vorbereiten. 5. Handels-, Wirtschafts- und Tourismusförderung, Landeswerbung 5.1. Instrumente der Aussenwirtschaftsförderung Angesichts des grossen wirtschaftlichen Potentials Koreas für die Schweiz wurde im November 2010 auf der Botschaft ein Swiss Business Hub (SBH) eröffnet. Der SBH bezweckt insbesondere, die Aktivitäten von KMUs vor Ort aktiv zu unterstützen. Neben der Exportförderung ist der SBH im Rahmen des Mandats der Switzerland Global Enterprise auch aktiv in der Standortförderung. Korea und die Schweiz haben 2008 ein bilaterales „Science and Technology“-Abkommen unterzeichnet und die Schweiz hat gestützt darauf ein «Science and Technology Office» (STO) an der Botschaft geschaffen. Im letzten Jahr konnten SBH und STO sich ergebende Synergien in einigen Projekten zur Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit und der schweizerischen Wirtschaftsinteressen erfolgreich nutzen. Die Zusammenarbeit wird insbesondere bei der Förderung Schweizer Startups fortgesetzt werden. Die Botschaft unterhält enge Beziehungen zum 1993 gegründeten SKBC (Swiss Korean Business Coun- cil) und hat Einsitz in dessen Vorstand. Der lose Verbund vorwiegend schweizerischer Unternehmen zählt einen Bestand von etwa 90 Firmen- und Einzelmitgliedern. Der SKBC versteht sich vor allem als „Networ- king“-Vereinigung für seine Mitglieder. Eine enge Zusammenarbeit pflegt die Botschaft auch mit der Euro- pean Chamber of Commerce Korea (ECCK) und Korean-German Chamber of Commerce and Industry 22 Quelle: Schweizerische Nationalbank, Direktinvestitionen 2016 (Dezember 2017). 23 Kumulierte Jahreswerte bis 2017, Quelle Korea Export Import Bank. 2017 lag das koreanische Investitionsvolumen in der Schweiz („pledges“) bei 63.5 Mio. USD. 24 Reihenfolge gemäss kumulativer Statistik 1968-2012. 13/20
(KGCCI). Der SBH ist Mitglied bei ECCK und KGCCI und ist Teil des ECCK Advisory Boards. Zudem wurde im April 2018 ein MOU über eine enge Zusammenarbeit zwischen SKBC, ECCK und SBH abgeschlossen. Etliche der ansässigen schweizerischen Firmen sind auch Mitglied der ECCK, die empfehlenswerte Dienst- leistungen (sektorenspezifische Arbeitsgruppen und Publikationen) anbietet und generell ein guter Ansprech- partner auch für Schweizer Firmen ist. Auch die KGCCI bietet nützliche Anlässe an. Firmen kann in der Schweiz zudem die Swiss Asia Chamber of Commerce (SACC) empfohlen werden. Die Schweizer Kolonie ist mit 260 Mitgliedern klein und wächst kaum. Zu den für die Botschaft wichtigsten Dachverbänden koreanischer Unternehmen gehören KOTRA (Korea Trade Investment Promotion) und KITA (Korean Industry and Trade Association). Letztere ist ein Bindeglied zwischen Wirtschaft und Staat und nimmt an Wirtschaftsmissionen teil (z.B. an das WEF). KOTRA verfügt über eine Niederlassung in Zürich und pflegt den Kontakt mit S-GE (seit 2011 gibt es ein MoU) und dem Swiss Business Hub Korea. Internationale Messen, Ausstellungen sowie Kongresse mit vollem Schweizer Stand sind rar (Ausnahme ist die Machine Tool Exhibition SIMTOS). Generell ist das Angebot an Messen in Korea beträchtlich. Die grossen Ausstellungszentren (KINTEX, COEX, BEXCO) weisen eine Überkapazität auf. Einen Überblick über das Messeangebot bietet die „Korea Exhibition Organizers Association“ (www.keoa.org). Mit dem sich wandelnden technologischen Umfeld werden vermehrt auch neue Veranstaltungen wie beispielsweise „Bio Korea“ oder „Nano Korea“ ins Angebot aufgenommen. Für Aussenstehende ist die richtige Auswahl nicht einfach, da manche Veranstaltung trotz eines vielversprechenden Titels den geweckten Erwartungen nicht gerecht wird. Es wird empfohlen, betreffend Messen mit dem Swiss Business Hub Kontakt aufzunehmen. 5.2. Interesse Koreas für die Schweiz Tourismus: Die Schweiz geniesst in Korea – und nicht nur als Feriendestination - einen ausgezeichneten Ruf. In der Beliebtheitsskala belegt unser Land seit Jahren hinter den USA und Australien einen der Spitzen- plätze. Entsprechend bilden südkoreanische Staatsangehörige mit 457’212 Übernachtungen in der Schweiz im 2017 die drittwichtigste Gästegruppe aus Asien (nach China und Indien).25 „Schweiz Tourismus“, welche in Seoul eine Zweigstelle unterhält, nutzt dieses Goodwill-Potential mit regelmässigen PR-Auftritten, guter Medienpräsenz und periodischen Journalistenreisen in die Schweiz. Korea bekundet ein reges Interesse an einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit und ist auch am Sys- tem der Schweizer Berufslehre interessiert. Beide Staaten haben 2008 ein bilaterales „Science and Techno- logy“-Abkommen unterzeichnet. Seither hat das STO viele Veranstaltungen und Ausstellungen organisiert unter anderem seit 2014 ein jährlich stattfindendes koreanisch-schweizerisches Life Science-Symposium, welches von der Privatwirtschaft finanziell unterstützt wird. Das STO-Zusammenarbeitsprogramm konnte in den letzten Jahren stetig weiter ausgebaut werden. Vertreter von schweizerischen Hotelfachschulen und Privatschulen sind in Korea aktiv und finden einen guten Anklang. Seit Oktober 2008 nimmt die Botschaft an “Student Fairs“ teil, um die Bildungs- und Ausbil- dungsmöglichkeiten in unserem Land bei koreanischen Eltern, Schulen, Schülern und Studentinnen besser bekannt zu machen. Finanzplatz: Generell bestehen in Korea hohe Hürden für den Kapitaltransfer ins Ausland. Die jetzige Re- gierung hat die Bestrebungen gegen Steuerhinterziehung verstärkt und die Steuerverwaltung kontrolliert alle gemeldeten Auslandkonti von Koreanern mit mehr als 1 Bio. KRW (ca. 900‘000 CHF). Die Schweiz stand nicht im Mittelpunkt grosser Skandale. In der breiteren Öffentlichkeit ist das Image der Schweiz bezogen auf ihren Finanzplatz diffus kritisch. In interessierten Kreisen geniesst unser Bankenwesen hingegen einen guten Ruf. 25 Bundesamt für Statistik, Beherbergungsstatistik (Februar 2018). 14/20
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