EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
W IR B R I N G E N
E UCH K  L A  S S I K

                   018/19 L U Z E R N
P   R O G R A M M 2
Genf · Zürich
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
T- C L A S S I C  S
                                                                                                                          LTURPROZEN
                                                                                               MIGROS-18K/1U9 im Kultur- und Kongresszentrum L   u z er n
                                                                                               P r o g r a mm 2 0

                                                                                               Dienstag, 30. Oktober 2018          Freitag, 22. März 2019
                                                                                               ORCHESTRE REVOLUTIONNAIRE ET        ROYAL STOCKHOLM
                                                                                               ROMANTIQUE/MONTEVERDI CHOIR         PHILHARMONIC ORCHESTRA
                                                                                               Sir John Eliot Gardiner (Leitung)   Sakari Oramo (Leitung)
                                                                                               Corinne Winters (Sopran)            Martin Fröst (Klarinette)
                                                                                               Ann Hallenberg (Mezzosopran)        → Seite 34
                                                                                               Edgaras Montvidas (Tenor)
                                                                                               Gianluca Buratto (Bass)             Montag, 13. Mai 2019
                                                                                               → Seite 10                          KAMMERORCHESTER WIEN – BERLIN
                                                                                                                                   Anne-Sophie Mutter (Violine)
                                                                                               Mittwoch, 28. November 2018         Rainer Honeck (Konzertmeister)
                                                                                               UNGARISCHE                          → Seite 40
                                                                                               NATIONALPHILHARMONIE
Inhaltsverzeichnis                                                                             Zsolt Hamar (Leitung)               Montag, 17. Juni 2019
                                                                                               Louis Schwizgebel* (Klavier)        COLLEGIUM VOCALE GENT
Migros-Kulturprozent-Classics . . . . . . . . . . . . .                                    3   → Seite 16                          Philippe Herreweghe (Leitung)
Vorwort  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .       4–5                                       Dorothee Mields (Sopran)
Zum Programm  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                          6–7   Mittwoch, 9. Januar 2019            Hanna Blazikova (Sopran)
Ein nachhaltiges Engagement      . . . . . . . . . . . . .                                 8   MARIINSKY ORCHESTRA                 Alex Potter (Alt)
Unsere Stars von morgen      . . . . . . . . . . . . . .                                   9   Valery Gergiev (Leitung)            Thomas Hobbs (Tenor)
Konzert 1: Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir    .  .  .  .      10–15   N.N. Gesangssolisten                Krešimir Stražanac (Bass)
Konzert 2: Ungarische Nationalphilharmonie   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .     16–21   → Seite 22                          → Seite 46
Konzert 3: Mariinsky Orchestra  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                  22–27
Konzert 4: China Philharmonic Orchestra  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               28–33   Sonntag, 27. Januar 2019
Konzert 5: Royal Stockholm Philharmonic Orchestra  .   .   .   .   .   .   .   .   .   34–39   CHINA PHILHARMONIC ORCHESTRA
Konzert 6: Kammerorchester Wien – Berlin  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    40–45   Tan Dun (Leitung)
Konzert 7: Collegium Vocale Gent  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    46–55   → Seite 28
Abos und Karten      . . . . . . . . . . . . . . . .                                   56–57
Saalplan KKL Luzern  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .     58–59
Tourneen 2018/19  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                       60–61   *Schweizer Solist

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
V O R W O R T
Sehr geehrte Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber

Die Migros-Kulturprozent-Classics starten in die 70. Saison – mit dem Ziel, grosse            Gleich zwei unserer Tournee-Stationen investieren in die umfassende Modernisierung
Klassik dank moderaten Preisen einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen.         Ihrer Häuser: Das Kultur Casino Bern und die Tonhalle Zürich. Für Sie, geehrte Freundinnen
Dieses Ziel geht zurück auf den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler: Er wollte, dass           und Freunde der Musik, bedeutet dies temporär einen Ausflug mit unseren Extrazügen
auf wachsenden Wohlstand stets noch grössere soziale und kulturelle Leistungen folgen.        nach Luzern, oder das Kennenlernen der neuen Tonhalle Maag. So oder so: Ich freue mich
Eine Überzeugung, die ich teile, und der das Kulturprozent verpflichtet ist. Umgekehrt        auf spannende Entdeckungen an den kommenden Vorkonzerten sowie auf unvergessliche
geht es uns heute auch darum, einheimische Nachwuchskünstlerinnen und -künstler               Momente mit den grossen Orchestern und mit Ihnen, unserem Publikum.
einem grossen Publikum zu präsentieren. Darum setzen wir die Vorkonzerte fort, die
wir 2017 mit der Reihe «Unsere Stars von morgen» ins Leben riefen.                            Herzlich

Woran liegt es, dass hochkarätige Konzerte noch immer einzigartige Erlebnisse sind?
In einer Zeit, in der fast alles ganz oder teilweise digitalisiert wird, hält die virtuelle
Realität auch in der klassischen Musik Einzug: So lässt sich zum Beispiel Beethovens
5. Symphonie, die nötige Technik vorausgesetzt, mitten in der Walt Disney Concert
Hall und mit einer detaillierten 360-Grad-Sicht auf alle Musikerinnen und Musiker der
Los Angeles Philharmonics erleben. Im eigenen Wohnzimmer.                                                             Hedy Graber
                                                                                                                      Leiterin Direktion Kultur und Soziales
Eine spannende Entwicklung, von der wir noch nicht wissen, wohin sie führt.                                           Migros-Genossenschafts-Bund
Trotzdem stellen wir fest, dass immer mehr Menschen reale Konzerte besuchen.
Auch ich bin überzeugt: Keine virtuelle Projektion ersetzt das echte Musik-
Erlebnis, und sei sie noch so gut. Die Atmosphäre vor, während und nach einem
Konzert ist digital nicht reproduzierbar, weil es um viel mehr geht als die Musik.
Die Begeisterung des Publikums ist nur direkt vor Ort erlebbar – genauso wie die
ganz charakteristischen Eigenschaften eines grossen Konzertsaals.

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
G R A M M
Z U M P RO
Verehrtes Publikum

Dass unsere Welt zusammenwächst und dabei auch kulturelle Differenzen eingeebnet             Natürlich kommt auch die Schweiz in der aktuellen Spielzeit von Migros-Kulturprozent-
werden, ist fast schon eine Binsenwahrheit. Gleichzeitig wird der Ruf nach Individualität,   Classics nicht zu kurz, diesmal in Form einer Werk-Hommage. Viele der Sinfoniekonzerte
nach dem persönlichen Profil immer lauter. Das gilt auch für die Musik: Längst ist unsere    enthalten Musik eines eidgenössischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. So widmet
abendländische Klassik auf sämtlichen Kontinenten heimisch – zur Vermittlung aber            sich das City of Birmingham Symphony Orchestra Arthur Honegger, das Royal Stockholm
bedarf es starker Charaktere, Interpreten mit Charisma und Eigenständigkeit. Solchen         Philharmonic Orchestra unter Sakari Oramo spielen Liebermanns hochdramatisches
Persönlichkeiten ist die aktuelle Saison von Migros-Kulturprozent-Classics gewidmet.         «Furioso», ausserdem erklingen Werke von Bloch, Schoeck und dem Wahlschweizer
                                                                                             Sándor Veress.
Zu unseren Gästen gehören Künstler wie der Dirigent Sir John Eliot Gardiner oder der
Geiger Leonidas Kavakos, die in keine Schublade passen. Oder Pinchas Zukerman                Möchten Sie uns auf den weniger ausgetretenen Pfaden klassischer Musik folgen?
und Anne-Sophie Mutter, zwei Geigenlegenden, die sich immer wieder neu erfunden              Wir würden uns sehr freuen!
haben, um nicht in Routine zu starren. Ganz zu schweigen von jungen «Wilden» wie
dem Klarinettisten Martin Fröst, dem Blockflötisten Maurice Steger oder den beiden
Himmelsstürmern am Dirigentenpult, Lahav Shani und Mirga Gražinytė-Tyla. Sie alle
hatten schon früh den Mut, ihren ganz eigenen Weg zu gehen – und wurden belohnt.

Eine andere starke Persönlichkeit ist unserem Publikum bestens bekannt: Valery Gergiev,
der zusammen mit seinem Mariinsky Orchestra Tschaikowskis zauberhafte letzte Oper
«Jolanthe» auf die Konzertbühne bringen wird. Weitere musikalische Highlights sind das
Verdi-Requiem in Luzern, Liszts grosse «Faust-Sinfonie» mit der Ungarischen Nationalphil­                            Mischa Damev
harmonie sowie zum Abschluss der Saison Bachs h-Moll-Messe unter Philippe Herreweghe.                                Intendant
Ganz besonders freuen wir uns auf die Porträt-Tournee mit dem Komponisten und Dirigenten                             Migros-Kulturprozent-Classics
Tan Dun: Als Leiter des China Philharmonic Orchestra wird er in Genf, Zürich und Luzern
eine Auswahl eigener Werke präsentieren.

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EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
A C H H A LT  I G  E    S                                                                           R E S TA R S V O N
E I N N                                                                                             U N S E
E NG A  G E M E N T      ig r o s - K u lt u r pr o z en t                                          MORGE N
                    es M   usik t    alen t e d
        S c h w e iz e r M
    Die
Talentwettbewerbe                                                                                   In dieser Konzertserie präsentieren wir die besten Studien- und Förderpreisträger Musik des
Das Migros-Kulturprozent fördert begabte Instrumentalmusiker/-innen und Sänger/-innen mit           Migros-Kulturprozent. Entdecken Sie jeweils eine Stunde vor folgenden Migros-Kulturprozent-
Studien- und Förderpreisen. Dank den Studienpreisen können sich diese auf ihre Aus- oder Weiter-    Classics-Konzerten unsere Stars von morgen in einem halbstündigen Rezital: vor allen Konzerten
bildung konzentrieren. Die Förderpreise begleiten sie auf nachhaltige Weise auf ihrem Weg           in Zürich und in Luzern am 28.11.2018, 27.1.2019, 22.3.2019 und 13.5.2019. Ihr Abonnement oder
von der Schule in den Beruf. Sie beinhalten Massnahmen wie die Aufnahme in die Konzertvermitt-      Ihre Konzertkarte berechtigt zum kostenlosen Eintritt.
lung, die Aufschaltung eines Profils auf der Online-Talentplattform des Migros-Kulturprozent und
die Unterstützung bei der Promotion. Ziel ist es, Nachwuchstalenten einen optimalen Karrierestart

                                                                                                                                                                           da
zu ermöglichen.

                                                                                                                                                                           © Clive Bar
                                                                                                                                       melli
www.migros-kulturprozent.ch/talentwettbewerbe

                                                                                                                                        © Giorgio Bal
                                                                                                    Bajovic
www.migros-kulturprozent.ch/talentplattform/talente-kuenstler

                                                                                                     © Natalija
Kammermusik-Wettbewerb
Alle zwei bis drei Jahre veranstaltet das Migros-Kulturprozent einen öffentlichen Kammermusik-
wettbewerb zur Förderung junger Kammermusik-Ensembles. Die drei Finalisten-Ensembles werden
in die Konzertvermittlung des Migros-Kulturprozent aufgenommen. Das Preisträger-Ensemble                                                                                                 Marie Lys
erhält zudem ein Preisgeld von 10 000 Franken sowie die Ernennung zum «Migros-Kulturprozent-                                                                       chke
                                                                                                                                                        Paul Hands
Ensemble». Diese Auszeichnung beinhaltet ein umfassendes Förderpaket.                                                            nus
                                                                                                                    Jérémie Co

                                                                                                                                                                           nn
                                                                                                                                                                           © Ana Hofma
www.migros-kulturprozent.ch/kammermusikwettbewerb

                                                                                                                                       jzenbeek
                                                                                                                                         © Sar ah Wi
                                                                                                    ego
                                                                                                     © Jasmin Son
Konzertvermittlung
Das Migros-Kulturprozent übernimmt im Rahmen seiner Konzertvermittlung zwei Drittel des
Honorars von ausgewählten Studienpreisträgern/-innen und Kammermusik-Ensembles. Damit
ermöglicht es den Konzertveranstaltern/-innen, zu bescheidenen Konditionen qualitativ anspruchs-
volle Konzerte mit Schweizer Musiktalenten anzubieten. Die Musikerinnen und Musiker ihrerseits                                                                                                         ler
                                                                                                                                                                                         Fabian Zieg
können so ihre Konzerterfahrung erweitern und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen.                                                                                         nk
                                                                                                                                                        A nton Spro
www.migros-kulturprozent.ch/konzertvermittlung
                                                                                                                    A nna Nero

8                                                                                                                                                                                                            9
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
Konzert 1 – Abo I, III
© Susanne Diesner

                                                                           Kultur- und Kongresszentrum Luzern, Orchestre Revolutionnaire
                                                                                                    Konzert-Saal et Romantique
                                                                                Dienstag, 30. Oktober 2018, 19.30 h Monteverdi Choir
                                                                           		                                       Sir John Eliot Gardiner (Leitung)
                                                                           		 Corinne Winters (Sopran)
                                                                           		 Ann Hallenberg (Mezzosopran)
                                                                           		 Edgaras Montvidas (Tenor)
                                                                           		 Gianluca Buratto (Bass)

                                                                                                                 Programm
                                                                                                                 ohne Pause

                                                                                       Giuseppe Verdi (1813–1901)
                                                                                              Messa da Requiem (90')
                                                                                                           1.Introitus
                                                                                                          2. Dies irae
                                                                                                       3. Offertorium
                                                                                                           4. Sanctus
                                                                                                        5. Agnus Dei
                                                                                            6. Communio: Lux aeterna
                                                                                          7. Responsorium: Libera me
                                                       © Marco Borggreve

                                       t Gardine   r
                         Sir John Elio

                    10                                                                                                                              11
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
PR O G R A M M
Ko n z e r t 1

Giuseppe Verdi (1813–1901)
Messa da Requiem
Giuseppe Verdis musikalische Totenmesse            Ricordi-Archiv. Erst 1988 wurde das Werk aus-
gehört zu den ganz grossen kirchenmusikali-        gegraben und von der Stuttgarter Bachakade-
schen Werken, die im 19. Jahrhundert im Nach-      mie unter Helmut Rilling schliesslich doch noch
gang zu Beethovens «Missa solemnis» eher für       uraufgeführt. Der Tod des von Verdi hochge-
den Konzertsaal denn für die Kirche entstanden     schätzten Dichters Alessandro Manzoni 1873
und Sinnbild für die während der Romantik sich     veranlasste schliesslich Verdi, die ganze Toten-
ausbreitende säkularisierte Religiosität sind.     messe zu vertonen. Die Uraufführung in der
Auch Giuseppe Verdi war nicht streng gläubig       Kirche San Marco in Mailand am 22. Mai 1874
im Sinne der katholischen Kirche und hatte bis     war ein Ereignis von nationaler Bedeutung.
dahin, abgesehen von einem Tantum ergo in          Verdis Kirchenmusik beeindruckte durch ihre
ganz frühen Jahren, kein kirchenmusikalisches      opernhafte Grösse und Dramatik (besonders im
Werk komponiert. Er setzte sich dennoch inten-     «Dies irae»). Andere wieder, die Kirchenmusik
siv mit der Glaubensfrage auseinander. Grund-      als eher intime Musik verstehen, waren befrem-
sätzlich eher Agnostiker besuchte er gegen Ende    det, wie Hans von Bülow, der im Requiem eine
seines Lebens vermehrt die Messe und liess in      «Oper im Kirchengewande» sah.
seinem Altersheim für Musiker in Mailand wie
auch auf seinem Gut Sant’Agata Kapellen
bauen. In einigen Opern Verdis gibt es kirchli-
che Szenen. Äusserer Anlass zur Komposition
eines eigentlichen kirchenmusikalischen Wer-
kes war der Tod Gioacchino Rossinis 1868. Für
die Gedächt­nisveranstaltung zum Jahrestag
des Hinschieds Rossinis in Bologna schlug Verdi                                                       Giuseppe Verdi
vor, eine Totenmesse aufzuführen, zu der die
bedeutendsten italienischen Komponisten sei-
ner Zeit je einen Satz beisteuern sollten. Verdi
selber übernahm den Schluss, das «Libera me».
Zu einer Aufführung dieses Pasticcio-Werkes
kam es jedoch wegen organisatorischer Turbu-
lenzen nicht, und die Partitur verschwand im

12                                                                                                               13
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INTE R P R E T E N
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                                                                                                   Der Monteverdi Choir wurde 1964 von Sir John        Bach verwirklichte der Chor das ehrgeizige
                                                                                                   Eliot Gardiner gegründet. Viele Choristen über-     Projekt der «Bach Cantata Pilgrimage», bei dem
                                                                                                   nehmen regelmässig solistische Aufgaben,            die meisten der 198 Kirchenkantaten Bachs in
                                                                                                   einige ehemalige Mitsänger absolvierten erfol-      mehr als 60 europäischen Kirchen aufgeführt
                                                                                                   greiche Solokarrieren. Das Repertoire des Chores    wurden. Die Diskografie des Chores umfasst
                                                                                                   reicht von der Renaissance bis ins 20. Jahrhun-     über 100 Einspielungen, etliche davon wurden
Orchestre Révolutionnaire et Romantique                                                            dert. Zum 250. Todestag von Johann Sebastian        mit Preisen ausgezeichnet.
Das Orchestre Révolutionnaire et Romantique       Sinfonien, einem Meilenstein für Musikaufnah-
(ORR) wurde 1989 von Sir John Eliot Gardiner      men auf Tonträgern. Grossen Anklang fanden       Sir John Eliot Gardiner
gegründet mit dem Ziel, die Musik des 19. und     ebenso die Aufführungen und CD-Einspielungen     Als Dirigent und Musikvermittler hat Sir John       Auszeichnungen zählen daher nicht nur rein
des beginnenden 20. Jahrhunderts mit derjeni-     grosser romantischer Werke, insbesondere von     Eliot Gardiner Spuren in der ganzen Welt hin-       musikalische wie der Gramophone Award und
gen stilistischen Sorgfalt aufzuführen, die den   Schumann und Brahms. Der Klangkörper unter-      terlassen. In Vancouver, Lyon und Hamburg, wo       der Preis der deutschen Schallplattenkritik,
English Baroque Soloists eigen ist. Von Anfang    hält seit langem eine enge Zusammenarbeit        er Chefposten bekleidete, ebenso wie bei den        sondern auch Ehrendoktorwürden in Frankreich
an wurde das Ensemble für seine hervorragenden    mit dem Monteverdi Choir. Daraus sind unter      Salzburger Festspielen oder in Leipzig, als Stif-   und England sowie das Bundesverdienstkreuz
Berlioz-Interpretationen gelobt. Es begeisterte   anderem französische Opernproduktionen an        tungspräsident des Bach-Archivs. Vor allem aber     Erster Klasse. Aufsehen erregte Gardiner
auch mit einer Gesamtaufnahme der Beethoven-      der Pariser Opéra Comique hervorgegangen.        durch die Gründung von Spezialensembles für         2000, als er 250 Jahre nach Bachs Tod mit der
                                                                                                   Alte Musik: Mit dem Monteverdi Choir (1964),        Gesamtaufführung von dessen Kantatenwerk
                                                                                                   den English Baroque Soloists (1978) und dem         startete. 2010 war das Projekt abgeschlossen
                                                                                                   Orchestre Révolutionnaire et Romantique (1990)      und liegt mittlerweile auf CD vor – erschienen
                                                                                                   schrieb Gardiner Musikgeschichte. Zu seinen         in Gardiners eigenem Label «Soli Deo Gloria».

                                                                                                                                                                       t Gardiner
                                                                                                                                                       Sir John Elio

                                                                                                                   Choir
                                                                                                      Monteverdi

                                                                                      Romantique
                                                               évol   utionnaire et
14                                                 Orchestre R                                                                                                                                    15
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INTE R P R E T E N
Ko n z e r t 1

Corinne Winters                                                                                          Edgaras Montvidas
Die amerikanische Sopranistin Corinne Winters            (Otello), Mimi (La Bohème) und Tatjana (Eugen   Der litauische Tenor Edgaras Montvidas stu-        Leipzig und Amsterdam, an die Semper Oper
startete nach ihrer Aufsehen erregenden Violetta         Onegin). Am Zürcher Opernhaus war sie 2016      dierte in Vilnius sowie im «Royal Opera House      Dresden, die Komische Oper Berlin, die Covent
in Verdis La Traviata an der English National            als Mélisande (Pelléas et Mélidande) zu         Covent Garden Young Artists Programme» und         Garden Opera, die English National Opera und
Opera 2013 eine steile internationale Karriere           erleben, und in der vergangenen Spielzeit       war daraufhin Ensemblemitglied an der Frank-       die Opéra Comique Paris. Der Tenor wurde
beidseits des Atlantiks. Zu ihren grossen Rollen         erfolgte ihr Debüt am Basler Theater in ihrer   furter Oper. Seither führten ihn Engagements       mehrfach ausgezeichnet, u. a. vom litauischen
gehören Fiordiligi (Così fan tutte), Desdemona           Paraderolle Violetta.                           an wichtige Opernhäuser in München, Hamburg,       Kultusministerium.

Ann Hallenberg                                                                                           Gianluca Buratto
Die schwedische Mezzosopranistin tritt regel-            Salzburger Festspielen. Sie wirkte bei über     Der junge italienische Bassist studierte – neben   Teatro La Fenice in Venedig, ans Wexford Opera
mässig an den grossen Opernhäuser Europas                40 CD-Einspielungen mit und erhielt für ihre    Saxofon und Klarinette – Sologesang am Mailän-     Festival und an die Salzburger Festspiele unter
auf, wie u. v. a. an der Mailänder Scala, am La          Solo-CD «Agrippina» die Auszeichnung «Best      der Konservatorium «Giuseppe Verdi» und debü-      Riccardo Muti. Gianluca Buratto tritt auch oft als
Fenice Venedig, in der Bayerischen Staatsoper            Operatic Recital».                              tierte als Opernsänger 2009 am Teatro Verdi in     Konzert­sänger auf, u. a. mit dem Bach Consort
München, der Staatsoper Berlin sowie bei den                                                             Triest. Weitere Engagements führten ihn ans        Wien im Wiener Musikverein.

                                                                                                                                                                at to
                                                                                                                                                 Gianluca Bur
                                                                                                                          tvidas
                                                                                                            Edgaras Mon

                                                                                             erg
                                                                              A nn Hallenb
16                                                ters                                                                                                                                                     17
                                    Corinne Win
EUCH KLASSIK - PROGRAMM 2018/19 LUZERN Migros-Kulturprozent-Classics
Konzert 2 – Abo I, II
© Raffay Zsofi

                                 Kultur- und Kongresszentrum Luzern, Ungarische Nationalphilharmonie
                                                        Konzert-Saal Zsolt Hamar (Leitung)
                                   Mittwoch, 28. November 2018, 19.30 h Louis Schwizgebel (Klavier)

                                               Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                    Programm

                                           Sándor Veress (1907–1992)
                                   Threnos in memoriam Béla Bartók (14')

                                               Franz Liszt (1811–1886) Allegro maestoso
                                        Konzert für Klavier und Orchester Quasi Adagio
                                                         Nr. 1 Es-Dur (20') Allegretto vivace

                                                                       Pause

                                            Franz Liszt I. Faust
                                Eine Faust-Sinfonie (67') II. Gretchen
                               		 III. Mephistopheles

                 Zsolt Hamar

                 18                                                                                    19
PR O G R A M M                                                                                                                  Franz Liszt

Kon z er t 2

Sándor Veress (1907–1992)                          Franz Liszt (1811–1886)                               Franz Liszt (1811–1886)
Threnos in memoriam Béla Bartók                    Konzert für Klavier und Orchester                     Eine Faust-Sinfonie
Der ungarisch-schweizerische Komponist Sándor      Nr. 1 Es-Dur                                          Neben einem guten Dutzend sinfo-
Veress gilt als bedeutendster Vertreter der Kom-   Franz Liszt gehört zu den wichtigsten Musiker-        nischer Dichtungen verfasste Liszt
ponistengeneration zwischen Béla Bartók und        persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, nicht          in Weimar auch zwei Sinfonien, die
Sándor Kodály einerseits und György Ligeti und     einmal primär wegen seiner Kompositionen,             allerdings auch nicht weit von der
György Kurtág andererseits. 1949 übersiedelte      vielmehr als integrierende Persönlichkeit als         sinfonischen Dichtung stehen, denn
er in die Schweiz, wo er an der Universität und    Pianist, Lehrer, Organisator und Sozialutopist. Er    sie widmen sich zwei grossen litera-
später am Konservatorium unterrichtete. Das        unterhielt enge Beziehungen nicht nur zu vielen       rischen Schöpfungen, der «Divina
rund viertelstündige Orchesterwerk «Threnos        wichtigen Komponisten seiner Zeit, sondern auch       Commedia» in der Dante-Sinfonie
in memoriam Béla Bartók» entstand 1945 noch        zu vielen Geistesgrössen in ganz Europa. Seine        sowie Goethes Meisterwerk in der
in Budapest als das letzte bedeutende Werk         Biografie entwickelte sich von Ungarn aus über        Faust-Sinfonie. Liszt hat Goethes Werk
Veress’ vor der Schaffenspause, die dem Schritt    Wien, Paris, Weimar und Rom, wo er überall län-       schon in jungen Jahren gelesen und
in die Emigration im Februar 1949 vorausging.      gere Zeit wirkte. Im Alter von 16 Jahren setzte       trug sich bereits in den 1840er-Jahren
Veress schrieb es in kürzester Zeit als Reak-      Liszt zu einer fulminanten Karriere als Pianist an,   mit dem Gedanken, eine Faust-Sinfonie
tion auf die Nachricht vom Tode Bartóks am         vergleichbar der Stellung von Paganini auf der        zu schreiben, angeregt durch Berlioz’
26. September 1945, und das Werk wurde noch        Violine. Dem Leben als Klaviervirtuose über-          «Damnation de Faust». Allerdings handelt
im gleichen Jahr in Budapest uraufgeführt. Das     drüssig liess er sich 1842 als Hofkapellmeister       es sich nicht um eine Nacherzählung der
Werk ist ein eindrücklicher Klagegesang auf        in Weimar nieder und widmete sich der Orches-         Faust-Handlung, sondern eher um eine
den verehrten Meister, bei welchem Veress in       termusik. Hier entstanden seine sinfonischen          Nachdichtung mit Musikeigenen tonsym-
den 1920er-Jahren noch studiert und später als     Dichtungen, eine neue Gattung sinfonischer            bolischen Mitteln – entsprechend Liszts
Assistent an der grossen Edition ungarischer       Musik als einsätzige Werke, die formal einer          Überzeugung, dass die Musik als eine Art
Volksliedmelodien mitgearbeitet hatte.             aussermusikalischen Handlung folgen. Auch             gesteigerter Sprache den Mangel an Ausdruck-
                                                   zwei früher konzipierte Klavierkonzerte voll­         stiefe der Literatur überwinden könne. Aus-
                                                   endete er hier in Weimar, so auch das in den          gangspunkt für die dreiteilige dramatur­gische
                                                   1830er-Jahren entstandene 1. Klavierkonzert,          Anlage sind die drei Hauptfiguren der Dichtung:
                                                   welches er in 1849 in Weimar vollendete und           Faust selber, sein Alter Ego Mephistopheles
                                                   selber 1855 uraufführte unter der Leitung seines      und das unschuldige Gretchen.
                                                   Freundes Hector Berlioz.

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IN T E R P R E T E N
Kon z er t 2
                                                                                                         Zsolt Hamar
                                                                                                         Nach Abschluss seiner Klavier-, Kompositions-        allen wichtigen ungarischen Orchestern und war
                                                                                                         und Dirigierstudien an der Franz-Liszt-Musik­        Chefdirigent des Pannon Philharmonic Orchestra
                                                                                                         akademie seiner Heimatstadt Budapest gewann          in Pécs. Gastdirigate für Konzert und Oper führ-
                                                                                                         Zsolt Hamar Ende der 1990er-Jahre zahlreiche         ten ihn durch ganz Europa und Japan. Seit 2007
Ungarische Nationalphilharmonie                                                                          Dirigierwettbewerbe und wurde Assistent Lorin        tritt er auch regelmässig am Opernhaus Zürich
Die ungarische Nationalphilharmonie wurde            unter der künstlerischen Leitung von Zsolt Hamar.   Maazels bei den Salzburger Festspielen 1998.         auf. Von 2012 bis zu seiner Berufung an die
1923 gegründet und ist seither eines der füh-        Das Werk von Béla Bartók nimmt eine zentrale        Bereits 1997 holte ihn Zoltán Kocsis als ständi-     Ungarische Nationalphilharmonie war Zsolt
renden ungarischen Sinfonieorchester. Geprägt        Stellung im Repertoire des Orchesters ein, und      gen Gastdirigenten zur ungarischen National-         Hamar Generalmusikdirektor des Hessischen
wurde es von Namen wie Ferenc Fricsay, János         das Ensemble hat in den «Bartók New Series»         philharmonie. Seither arbeitete Zsolt Hamar mit      Staatstheaters Wiesbaden.
Ferencsik und Kobayashi Ken-Ichiro, bevor Zoltán     massstabsetzende Interpretationen vorgelegt.
Kocsis 1997 für fast zwanzig Jahre das Orchester     In den vergangenen 15 Jahren hat das Orchester      Louis Schwizgebel
übernahm, es rundum erneuerte und das Reper-         über 300 Konzerte in 40 Ländern auf der ganzen      1987 als Sohn einer schweizerisch-chinesischen       mit zahlreichen Orchestern auf, wie mit dem
toire enorm erweiterte, auch um zeitgenössische      Welt gegeben.                                       Künstlerfamilie in Genf geboren, begann Louis        London Philharmonic, dem BBC Symphony, dem
ungarische Werke. Seit 2017 steht das Orchester                                                          Schwizgebel sehr früh mit dem Klavierspiel bei       Oslo Philharmonic, den Wiener Symphonikern,
                                                                                                         Brigitte Meyer in Lausanne und gewann bereits        dem Orchestre National de Lyon, dem Orchestre
                                                                                                         mit 17 Jahren den «Concours de Genève». Der          de la Suisse Romande, dem Zürcher Tonhalle-
                                                                                                         Studienpreisträger der Migros erhielt zudem          Orchester, dem Nagoya Philharmonic Orchestra,
                                                                                                         2012 den zweiten Preis der Leeds International       dem Shanghai Philharmonic. 2014 gab er sein
                                                                                                         Piano Competition und war von 2013 bis 2015          fulminantes Debüt mit Fernsehübertragung bei
                                                                                                         BBC New Generation Artist. Er trat als Solist        den BBC Proms in London.

                                                                                                                                                              izgebel
                                                                                                                                                 Louis Schw
                                                                                                            Zsolt Hamar

22                                                        lharmonie                                                                                                                                        23
                                               Nationalphi
                                  Ungarische
Konzert 3 – Extrakonzert
© Alexander Shapunov

                                        Kultur- und Kongresszentrum Luzern, Mariinsky Orchestra
                                                                 Konzert-Saal Valery Gergiev (Leitung)
                                               Mittwoch, 9. Januar 2019, 19.30 h N.N. Gesangssolisten

                                                                           Programm
                                                                           ohne Pause

                                            Peter Tschaikowski (1840–1893)
                                                         «Jolanthe» op. 69 (90')
                                                    Lyrische Oper in einem Akt
                                                       Konzertante Aufführung

                                   ev
                       Valery Gergi

                       24                                                                                25
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Peter Tschaikowski (1840–1893)
«Jolanthe» op. 69, Lyrische Oper
in einem Akt
Auf dem Weg zum erfolgreichen Opernkompo-         Äussere Handlung ist in «Jolanthe» auf ein Mini-
nisten musste Peter Tschaikowski immer wie-       mum reduziert; das dramatische Gewicht liegt
der Rückschläge einstecken. Zwei frühe Werk-      ganz auf inneren Vorgängen, auf der menschli-
beiträge vernichtete er, selbst «Eugen Onegin»    chen Gefühlswelt mit all ihren Widersprüchen
setzte sich erst mit Verzögerung durch. Schwer    und Konflikten. Für die Schilderung dieser See-
hatte (und hat) es auch seine letzte Oper         lenpanoramen bediente sich Tschaikowski einer
«Jolanthe», uraufgeführt 1892, die ausserhalb     subtil ausdifferenzierten Klangsprache, die über
Russlands nur sporadisch auf den Spielplänen      weite Strecken kammermusikalische Züge trägt:
steht – und das trotz unbestreitbarer musikali-   von der dunklen Holzbläsereinleitung über zar-
scher Qualitäten.                                 teste Streicherklänge bis hin zu den könig­lichen
Tschaikowskis Stärken in der Ausleuchtung von     Trompetenfanfaren. Ein schöneres Vermächt-
Charakteren und ihrer Gefühle kommen in die-      nis als diese Hymne an die Liebe hätte der
sem märchenhaften Einakter voll zum Tragen.       Opernkomponist Tschaikowski nicht hinterlas-
Die Protagonistin Jolanthe ist blind, wird aber   sen können.
von ihrer Umgebung im Unklaren über ihren
Zustand gelassen. Erst durch die Liebe zum
Grafen Vaudémont wird sie wissend und durch
die Heilkraft eines arabischen Arztes sehend –
ein Happy End, in dem sich Tschaikowskis
eigene Hoffnung, gesellschaftliche Zwänge
überwinden zu können, niederschlägt.

                                                                                                      Peter Tschaikowski

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INTE R P R E T E N
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Mariinsky Orchestra                                                                                  Valery Gergiev
Das Mariinsky Orchestra gehört zu den ältesten    gleichwohl nach wie vor für Interpretationen       Über Valery Gergiev heisst es zuweilen, er müsse    gement am Petersburger Mariinsky Theater.
musikalischen Institutionen Russlands über-       russischer Musik. Bei Kritiker­um­fragen wird      einen Doppelgänger haben, von einem Menschen        Diese Namen verbürgen aber auch, dass bei
haupt – und steht doch mit beiden Beinen in der   das Mariinsky Orchestra regelmässig zu den         allein sei sein Arbeitspensum gar nicht zu bewäl-   Gergiev Quantität nicht mit Qualitätsverlust ein-
Gegenwart. Zu verdanken ist das vor allem sei-    besten Klangkörpern der Welt gezählt. Zuhause      tigen. Tatsächlich hat der 1953 in Wladikawkas      hergeht, im Gegenteil. Für sein Wirken als Pianist
nem Chefdirigenten Valery Gergiev, der das        in St. Petersburg ist es der unumstrittene musi-   geborene Gergiev gleich mehrere Chef- oder          und Dirigent erhielt er diverse Auszeichnungen,
Orchester in den vergangenen drei Jahrzehnten     kalische «Platzhirsch»: Es spielt in der 2007      Gastdirigentenämter bei Spitzen­orchestern inne:    darunter den Herbert-von-Karajan-Preis, den
zu internationaler Bekanntheit führte. Zudem      eröffneten Mariinsky Konzerthalle, Einspielun-     aktuell beim London Symphony Orchestra und          ECHO Klassik sowie den Titel «Held der Arbeit
erweiterte er das Repertoire des ehemaligen       gen werden unter dem gleichnamigen Label           bei den Münchner Philharmonikern, zuvor in          der Russischen Föderation». Von Valery Gergievs
Opernorchesters, das politisch bedingt mehr-      veröffentlicht, und natürlich hat das Orchester    Rotterdam sowie an der Metropolitan Opera,          faszinierender Musikerpersönlichkeit konnte sich
fach seinen Namen wechselte, um aktuelle          auch sein eigenes Festival, die «Sterne der Wei-   ganz zu schweigen von seinen zahlreichen Auf-       das Publikum der Migros-Kultur­prozent-Classics
sinfonische Literatur. Am bekanntesten ist es     ssen Nächte».                                      tritten bei Festivals und natürlich seinem Enga-    schon mehrfach überzeugen.

                                                                                                                       ev
                                                                                                        Valery Gergi

28                                                        rchestra                                                                                                                                      29
                                           Mariinsk y O
Konzert 4 – Abo I, II

             Kultur- und Kongresszentrum Luzern, China Philharmonic Orchestra
                                      Konzert-Saal Tan Dun (Leitung)
                    Sonntag, 27. Januar 2019, 18.30 h

                            Vorkonzert 17.30–18.00 h Unsere Stars von morgen

                                                Programm

                      Igor Strawinski (1882–1971)
                               Feu d’artifice op. 4 (4')

                                  Tan Dun (*1957)
                                Water Concerto (27')

                                                   Pause

                            Ren Tongxiang (*1927)
                     100 Birds Flying Toward Phoenix
                      (arrangement by Guan Xia) (12’)

                           Igor Strawinski Einleitung
           Suite «Der Feuervogel» (1919) (23') Der Feuervogel und sein Tanz
          		 Variation. Der Feuervogel
          		 Reigen der Prinzessinnen
          		 Höllentanz des Königs Kaschtschei
          		Wiegenlied
          		Finale

Tan Dun

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Igor Strawinski (1882–1971)                        Rahmenteile ergeben ein musikalisches Feuer-        Tan Dun (*1957)                                    kussionisten flankiert. Sie erzeugen mithilfe von
Feu d’artifice op. 4                               werk, das wie sein reales Vorbild in atem­          Water Concerto                                     Gläsern, Flaschen, Röhren und einer Wasser-
Zu Beginn des Jahres 1908 wartete der junge        beraubender Schnelligkeit vorüberzieht. Eine        Elementarste sinnliche Erfahrungen spielten im     trommel, verstärkt durch Mikrophone, unter-
Igor Strawinski, Absolvent des Petersburger        Atempause bietet allein der zentrale Lento-         Schaffen des chinesischen Komponisten Tan Dun      schiedlichste Geräusche: ein Gluckern, Tropfen,
Musikkonservatoriums, noch auf seinen Durch-       Abschnitt mit seinen flirrenden, schillernden       schon immer eine zentrale Rolle. Den (Klang-)      Klatschen, Fließen, Rauschen, Schmatzen … –
bruch. Seine Sinfonie Nr. 1 war weitgehend         Klangflächen. Keine vier Minuten dauert dieses      Themen «Erde» und «Papier» widmete er grosse       komplett integriert in die Klangwelt des traditi-
freundlich aufgenommen worden, ansonsten           orchestrale Glanzstück.                             konzertante Werke; seine «Water Passion», kom-     onellen Sinfonieorchesters.
hatte er v.a. Klavierstücke und Lieder geschrie-   Rimsky-Korsakow, der nur wenige Tage nach           poniert 2000 zum Gedenken an J.S. Bach, erfor-     Dass angesichts dieser ungewöhnlichen Kons-
ben. Nun stand die Hochzeit zweier Freunde         der Hochzeit starb, konnte «Feu d’artifice» nicht   dert den Einsatz eines speziellen Wasser-Instru-   tellation alles vordergründig Virtuose zugunsten
bevor: Maximilian Steinbergs, eines Studien-       mehr hören. Wohl aber Sergej Dhiagilew, der         mentariums. Noch einen Schritt weiter ging Tan     der Erkundung von Natur-Klängen zurücktritt,
kollegen, und Nadeschdas, der Tochter von          Leiter der Ballets Russes in Paris. Vom Talent      Dun in seinem «Water Concerto», das die Mög-       verwundert nicht. Tan Dun nennt als Ziel seiner
Strawinskys Lehrer Rimsky-Korsakow. Für sie        des jungen Mannes überzeugt, beauftragte er         lichkeit, mit Wasser Geräusche und Klänge zu       kompositorischen Arbeit denn auch die Suche
komponierte er ein kurzes Orchesterstück:          Strawinski 1909 mit der Komposition einer           produzieren, prominent ins Zentrum des musika-     nach dem eigenen Ich. Das Konzert als Reise in
«Feu d’artifice».                                  abendfüllenden Ballettmusik, die nicht zufällig     lischen Geschehens rückt.                          die Vergangenheit, zu den Wurzeln sinnlicher
Dem privaten Anlass entsprechend steht das         ebenfalls den Begriff des Feuers im Titel trägt.    Das Konzert, dreisätzig mit kurzem Prélude,        Erfahrung: Aus dem Spiel mit Wasser wird ein
Werk noch deutlich in der Tradition Rimsky-        Mit dem «Feuervogel» gelang Strawinsky nicht        hatte 1999 in New York Premiere. Ein Soloper-      Nachhorchen und irgendwann ein Nachgestal-
Korsakows: strahlend, farbenreich, brillant        nur der Schritt zur künstlerischen Meisterschaft,   kussionist, der zwei mit Wasser gefüllte Schalen   ten. «Wenn ich mich selbst finde», resümiert Tan
instrumentiert. Die wirbelnden Drehfiguren,        sondern auch derjenige ins Herz der europäi-        «bespielt», wird von zwei weiteren Wasserper-      Dun, «kann ich auch meine Musik finden.»
auf- und abschiessenden Skalen der beiden          schen Musik­avantgarde, nach Paris.

                                                                                                                                                                 Tan Dun

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Ren Tongxiang (*1927)                               Mit romantischer Naturidealisierung, wie wir sie   Igor Strawinski (1882–1971)                         bereits entworfen. Sie bedienten sich dabei
100 Birds Flying Toward Phoenix                     aus der abendländischen Klassik kennen, hat        Suite «Der Feuervogel» (1919)                       dreier Erzählungen aus der berühmten Samm-
(arrangement by Guan Xia)                           dieses Verfahren wenig zu tun. Rens Musik ist      Für den «Feuervogel» liess Igor Strawinski sogar    lung «Russische Volksmärchen»: Iwan Zarewitsch
Bei der Suona handelt es sich um ein Holzblas-      viel direkter, gegenwärtiger und durchpulst von    eine Oper liegen. Im Herbst 1909 hatte der junge    fängt den mythischen Feuervogel, schenkt ihm
instrument mit Doppelrohrblatt, vergleichbar        einer ausserordentlichen Energie. Nicht zufällig   Komponist gerade den 1. Akt der «Nachtigall»        das Leben und besiegt mit seiner Hilfe den
der europäischen Oboe. Ihr Korpus ist etwas         steht im Chinesischen der mythische Vogel          nach Andersen beendet, als er ein Telegramm         Zauberer Kastschei.
kürzer und schmaler, der Schalltrichter breiter     Phönix für sehr irdische Werte wie Reichtum        von Sergej Dhiagilew erhielt: ob er ein Stück für   Auf diese märchentypische Konstellation mit
und aus Messing oder Kupfer. Wer sie einmal         und Glück. Wir hören das Stück in einer Neu­       dessen in Paris gastierende Ballettkompagnie        klarer Rollenverteilung von Gut und Böse, Hell
gehört hat, wird ihren durchdringenden, schal-      bearbeitung für Suona und Sinfonieorchester        schreiben wolle. Strawinsky, ausserhalb seiner      und Dunkel antwortet Strawinski mit einem ähn-
meienähnlichen Ton nicht mehr vergessen.            durch den Komponisten Guan Xia (geb. 1957),        Heimat noch völlig unbekannt, ergriff die Gele-     lich klaren kompositorischen Rezept, das er frei-
Obwohl die Suona ursprünglich aus Zentralasien      der sich vor allem auf dem Gebiet der Filmmusik    genheit beim Schopf und sagte sofort zu.            lich bis ins Kleinste ausdifferenzierte: Iwan und
stammt, zählt sie schon lange zu den traditionel-   und der Oper einen Namen gemacht hat.              Dhiagilew und seine Mitstreiter, der Choreo-        seine Braut werden durch diatonische Melodien
len chinesischen Musikinstrumenten, vor allem                                                          graph Michail Fokin und der Kostümbildner Léon      charakterisiert, Kastschei durch Chromatik, der
in den nordöstllichen Provinzen Shandong, Hebei                                                        Bakst, hatten Sujet und Handlung des Balletts       Feuervogel durch zusätzliche Intervalle. Ein
und Henan.                                                                                                                                                              Modell, das Strawinsky bei seinem
Ein berühmter Suona-Spieler des 20. Jahrhun-                                                                                                                            Lehrer Rimsky-Korsakow studiert
derts war Ren Tongxiang, geboren 1926 im länd-                                                                                                                          hatte, wie auch die glänzende Inst-
lichen Shandong. Von ihm stammt das wohl                                                                                                                                 rumentierung dem Älteren verpflich-
bekannteste Stück für Suona und traditionelles                                                                                                                           tet ist. Weitere Vorbilder sind
chinesisches Orchester, «Hundert Vögel in                                                                                                                                 Tschaikowsky (Figurenzeichnung)
Anbetung des Phönix» (1953). Ren kompilierte                                                                                                                               und Mussorgsky (der hymnische
hier Volksmelodien seiner Heimat mit einem                                                                                                                                 Schluss); harmonisch dagegen
Solopart, der auf höchst virtuose und bisweilen                                                                                                                             geht das Werk selbstbewusst
täuschend echte Weise Vogelstimmen imitiert.                                                                                                                                neue Wege. Aus der Ballettmusik
                                                                                                                                                                             stellte Strawinski selbst 1919
                                                                                                                                                                             eine Orchestersuite zusammen.

                                                                                                                                                                              Igor Strawinski

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                                                                                                       Tan Dun
                                                                                                       Tan Dun ist heute als Dirigent wie Komponist        Columbia University. Die amerikanische Metro-
                                                                                                       einer der wichtigsten musikalischen Brücken-        pole eröffnete ihm Kontakte zu Experimental-
                                                                                                       bauer zwischen Ost und West, zwischen chine-        musikern wie Philip Glass, John Cage und Steve
China Philharmonic Orchestra                                                                           sischer und europäisch-amerikanischer Musik.        Reich. 2010 war er Kulturbotschafter für die
Das China Philharmonic Orchestra wurde im            «Gramophone» unter die zehn inspirierendsten      Dun wurde in der chinesischen Provinz Hunan         Expo in Shanghai. Als Dirigent leitete er u.a. das
Jahre 2000 auf der Basis des chinesischen            Orchester weltweit ein. In den 17 Jahren seiner   geboren. Während der Kulturrevolution in China      Concertgebouw-Orchester, London Symphony
Rundfunk-Orchesters gegründet und gab sein           Existenz hat es über 3000 Werke – viele dar-      musste er ab 1974 als Reisbauer arbeiten. Um        Orchestra, Berliner Philharmoniker, New York
Debütkonzert am 16. Dezember unter Long Yu.          unter als Welt- oder China-Premiere – in weit     den beengten Verhältnissen zu entfliehen, schloss   Philharmonic, Philadelphia Orchestra, Orchestre
In kürzester Zeit entwickelte es sich zum füh-       über 1000 Konzerten für ein Millionenpublikum     er sich als Violinist und Arrangeur einer Peking-   National de France, BBC Symphony Orchestra,
renden Orchester Chinas und innerhalb Asiens         aufgeführt. Mehrere Tourneen führten das          Oper-Gruppe an. In Peking studierte er von 1978     Münchner Philharmoniker, Filarmonica della Scala
zum Orchester mit dem grössten internationa-         Orchester durch Europa, Nordamerika, Kuba und     bis 1983 Komposition bei Li Yinghai und Zhao        und Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa
len Renommee. 2009 reihte es die Zeitschrift         Zentralasien (Seidenstrasse).                     Xingdao am Zentralen Konservatorium. Weitere        Cecilia. In seinen Kompositionen (Orchestermu-
                                                                                                       Studien führten ihn zu bekannten Komponisten        sik, Opern, Filmmusik) verknüpft er klassische
                                                                                                       wie Hans Werner Henze, Yun I-sang, George           und moderne Musikelemente und verbindet
                                                                                                       Crumb und Tōru Takemitsu. In den 1980er-Jahren      asiatische mit europäischen Musikrichtungen.
                                                                                                       zog er nach New York und studierte an der

                                                                                                          Tan Dun

36                                                           hestra                                                                                                                                       37
                                               armonic Orc
                                 China Philh
Konzert 5 – Abo I, II, III
© Mats Bäcker

                                        Kultur- und Kongresszentrum Luzern, Royal Stockholm Philharmonic Orchestra
                                                                  Konzert-Saal Sakari Oramo (Leitung)
                                                  Freitag, 22. März 2019, 19.30 h Martin Fröst (Klarinette)

                                                     Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                       Programm

                                           Rolf Liebermann (1910–1999)
                                    Furioso für grosses Orchester (1947) (8')

                                        Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro
                                     Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622 (29') Adagio
                                    		Allegro

                                                                       Pause

                                           Gustav Mahler (1860–1911) Langsam, schleppend – immer sehr gemächlich
                                    Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan» (56') Kräftig bewegt
                                    		 Feierlich und gemessen, ohne zu schleppen
                                    		 Stürmisch bewegt

                                t
                     Martin Frös

                38                                                                                              39
PR O G R A M M
Kon z er t 5

Rolf Liebermann (1910–1999)                       Orchesters belebt werden. Amüsant liest sich                                                                           namigem Roman. Wie in den
Furioso für grosses Orchester (1947)              nach 70 Jahren die damalige Kritik im Spiegel:                                                                         folgenden drei Sinfonien ver­
Rolf Liebermann war eine der schillerndsten       «Das ‹Furioso› für Orchester […] ist offenbar                                                                           arbeitete er zeitgleich entstan-
Persönlichkeiten der Schweizer Musikszene         nach Nachkriegsschweizer Massstäben konzi-                                                                               dene Lieder aus «Des Knaben
nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Spross der        piert. Kaum vorstellbar, dass einem unterge-                                                                             Wunderhorn», weshalb die
bekannten Berliner Familie Liebermann mit fran-   wichtigen, sparsam ernährten deutschen Noten-                                                                             Sinfonien 1–4 auch «Wun-
zösischem Einschlag mütterlicherseits wuchs       schreiber ein so vitales, kraftge­ladenes Stück                                                                           derhorn-Sinfonien» genannt
in Zürich auf, wo er neben Jura auch Musik am     heute einfallen könnte. Es ist eine Musik, die aus                                                                         werden. Gemäss eigenen
Privatkonservatorium José Berr studierte, als     den Nähten platzt. Ihr wildes Tempo verschlägt                                                                             Aussagen wollte Mahler in
Chanson-Komponist in Kabaretts mitwirkte, bei     dem Zuhörer den Atem. Rasende Sechzehntel-                                                                                  diesem Werk «einen kraft-
Wladimir Vogel in die strenge Kompositions-       gänge versetzen die aus (kaum noch vorhan­                                                                                  voll-heldenhaften Men-
lehre nach den Zwölftonregeln ging, Dirigier-     denen) Leibeskräften blasenden und streichen-                                                                                schen, sein Leben und
kurse bei Hermann Scherchen besuchte und          den Orchestermusiker in Trans­piration, und dem                                                                              Leiden, sein Ringen gegen
gleich nach dem Krieg als Tonmeister beim         zu unaufhörlichem Schlagen verurteilten Pauker                                                         das Geschick und schliesslich den Sieg» schil-
Schweizer Radio wirkte. Bekannt wurde er auch     werden die Knie weich …» («Der Spiegel»,             Rolf Liebermann                                   dern. Die Sinfonie beginnt mit einer langsamen
als erfolgreicher Intendant an der Hamburgi-      2. August 1947)                                                                                        Einleitung «wie ein Naturlaut» im Walde, wo
schen Staatsoper (1959–73 und 1985–88) wie                                                             orchester – also keine Oboen, Klarinetten,        das Sonnenlicht durch die Zweige zittert, und
auch an der Pariser Oper (1973–80). Als Kompo-    Wolfgang A. Mozart (1756–1791)                       Trompeten und Pauken. Dies gibt dem Konzert       der Held schreitet in den Tag hinaus: «Ging
nist keiner Schublade zuzuordnen, trat er mit     Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622                     den reizvoll-intimen Charakter.                   heut morgen übers Feld» (so der Titel des Lie-
spektakulären Werken, wie dem Concerto für        Das Klarinettenkonzert von Mozart zählt zu den                                                         des, welches hier verarbeitet wurde). Im zwei-
Jazzband und Sinfonieorchester sowie dem          absoluten Perlen dieser Gattung. Es entstand         Gustav Mahler (1860–1911)                         ten Satz treibt sich der Jüngling schon kräfti-
Stück «Les Echanges» für 156 Büromaschinen        kurz vor dessen Tod als allerletztes Solokonzert     Sinfonie Nr. 1 D-Dur «Der Titan»                  ger, derber und lebenstüchtiger in der Welt
für die EXPO 1964 in Lausanne in das Bewusst-     noch nach Vollendung der «Zauberflöte» für den       Gustav Mahler schrieb seinen sinfonischen         herum, während er im dritten, dem «Bruder-
sein einer breiten Öffentlichkeit. Sein knapp     eng befreundeten Wiener Klarinettisten Anton         Erstling ursprünglich als fünfsätzige «Sympho-    Martin-Satz» (es wird hier das berühmte
zehnminütiges Orchesterstück «Furioso», 1947      Stadler. Was die Meisterschaft dieses Konzerts       nische Dichtung» über einen Zeitraum von vier     «Frère-Jacques»-Lied zitiert), schon «ein Haar
bei den Darmstädter Musiktagen unter Hermann      ausmacht, ist der Variantenreichtum und die          Jahren von 1884 bis 1888 und führte ihn 1889      in der Suppe gefunden hat» und ihm «die Mahl-
Scherchen uraufgeführt, machte den Namen          Fülle von Details, deren Zusammenwirken erst         selber in Budapest, wo er zu jener Zeit als       zeit verdorben ist». Mit einem entsetzlichen
Liebermann erstmals international bekannt. Das    die unverwechselbare Charakteristik dieses           Operndirektor wirkte, erstmals auf. Er unterzog   Aufschrei beginnt der letzte Satz, in welchem
in seiner Wildheit kompromisslose Werk weist      weich-sehnsüchtigen, vollendet ausgewogenen          das Werk daraufhin einer grösseren Revision,      der Held mit allem Leid dieser Welt in furcht-
drei Teile auf, die von einem Rhythmusmuster      Klanges ausmacht. Die Orchesterbesetzung             strich einen Satz (den «Blumine»-Satz) und        barstem Kampfe steht. Der finale Siegerchoral
der Pauken, einem Klavier-Ritornell und einer     ist ausgesprochen sparsam: Lediglich je zwei         editierte das Werk als viersätzige Sinfonie mit   zeigt die siegreiche Überwindung aller Wider-
grossartigen rhythmischen Kontrapunktik des       Flöten, Fagotte und Hörner treten zum Streich-       dem Untertitel «Titan» nach Jean Pauls gleich-    wärtigkeiten an.

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                                                                                                          Sakari Oramo war zuerst Konzertmeister des            Symphony Orchestra, bis er 2008 zum Chef­
                                                                                                          Finnischen Radio-Sinfonieorchesters, bevor er         dirigenten des Royal Stockholm Philharmonic
                                                                                                          ab 1989 an der Sibelius-Akademie in Helsinki          Orchestra ernannt wurde. Neben dieser Posi­tion
                                                                                                          Dirigieren studierte. Bald nach der Ausbildung        wurde er 2013 auch Chefdirigent des BBC Sym-
                                                                                                          sprang er kurzfristig für den erkrankten Chef-        phony Orchestra. Zudem leitet er das West Coast
                                                                                                          dirigenten ein und wurde sogleich zum stellver-       Kokkola Opera Festival in Finnland. 2015 war
                                                                                                          tretenden und schliesslich zum Chefdirigenten         Sakari Oramo Gewinner des Royal Philharmonic
Royal Stockholm Philharmonic Orchestra                                                                    ernannt. 1998 wurde er als Nachfolger von Simon       Society Conductor of the Year Award.
Das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra            und Gennadi Roschdestwensky. Zu den regu­           Rattle Musikdirektor des City of Birmingham
(schwedisch: Kungliga Filharmoniska Orkestern)        lären Gastdirigenten gehören Riccardo Muti,
wurde 1902 als Stockholmer Konzertgesell-             Andris Nelsons, Franz Welser-Möst, Herbert          Martin Fröst
schaft gegründet. Seit 1926 ist das Konsert­          Blomstedt und der Ehrendirigent Alan Gilbert.       Der schwedische Klarinettist Martin Fröst,            Orchestra, dem New York Philharmonic, dem
huset die Heimadresse. Das Orchester gibt rund        Seit 2008 ist der finnische Dirigent Sakari Oramo   Träger des Léonie-Sonning-Musikpreises 2014           Orchestre National de France, der Academy of
100 Konzerte jährlich und begleitet auch die          künstlerischer Leiter des Royal Stockholm Phil-     und ECHO-Klassik-Preisträger 2016, gilt heute         St. Martin in the Fields und dem NHK Symphony
Nobelpreisfeiern sowie die Übergabe des Polar-        harmonic Orchestra, welches kürzlich von der        als einer der besten Klarinettisten weltweit,         Orchestra Tokyo. Als Kammermusikpartner tritt
Musikpreises. Unter dem Dutzend Chefdirigen-          deutschen Zeitung «Die Welt» als eines der          nicht nur als Solist und Kammermusiker, son-          er regelmässig mit führenden internationalen
ten seit der Orchestergründung finden sich so         besten Orchester der Welt betitelt wurde.           dern auch als Klezmer- und Jazzklarinettist.          Grössen auf, wie Sol Gabetta, Janine Jansen
bekannte Namen wie Václav Talich, Antal Doráti                                                            Ohnehin will er musikalische Etiketten hinter         und Yuja Wang. Mit dem auf mehrere Jahre
                                                                                                          sich lassen und Tanz und Theater enger mit der        hinaus geplanten eigenen Projekt «Genesis»
                                                                                                          Musik verflechten. Eine steile Karriere führte        erforscht er Quellen und Entwicklungen von
                                                                                                          ihn zur Zusammenarbeit mit so bedeutenden             Musik, die ihre Wurzeln in der Volksmusik und
                                                                                                          Orchestern wie dem Royal Concertgebouw                in heiligen Riten hat.

                                                                                                                                                                t
                                                                                                                                                 Mar tin Frös
                                                                                                                           o
                                                                                                             Sakari Oram

                                                                               ra
42                                                              onic Orchest                                                                                                                                43
                                             ho   lm Philharm
                                 Royal Stock
Konzert 6 – Extrakonzert
© Bastian Achard

                                               Kultur- und Kongresszentrum Luzern, Kammerorchester Wien – Berlin
                                                                       Konzert-Saal Anne-Sophie Mutter (Violine)
                                                         Montag, 13. Mai 2019, 19.30 h Rainer Honeck (Konzertmeister)

                                                              Vorkonzert 18.30–19.00 h Unsere Stars von morgen

                                                                                   Programm

                                           Wolfgang A. Mozart (1756–1791) Allegro moderato
                                          Violinkonzert Nr. 2 D-Dur, KV 211 (20') Andante
                                          		 Rondeau. Allegro

                                                        Violinkonzert Nr. 3 G-Dur, KV 216 Allegro
                                          pastorales Intermezzo für Streichorchester (27') Adagio
                                          		Allegro

                                                                                     Pause

                                           Sinfonie Nr. 1 Es-Dur, KV 16 (13') Allegro molto
                                          		Andante
                                          		Presto

                                          Violinkonzert Nr. 5 A-Dur, KV 219 (29') Allegro aperto – Adagio – Rondeau.
                                          		 Tempo di menuetto

                                 Mutter
                   Anne-Sophie

                   44                                                                                                   45
PR O G R A M M
Kon z er t 6

Wolfgang A. Mozart (1756–1791)
Seine insgesamt fünf Violinkonzerte schrieb           zeichnet und die Schlusssätze höchst originell
Mozart als Neunzehnjähriger sozusagen in einem        und voller Überraschungen. In diesen Konzert­
Zug innerhalb des Jahres 1775. Er war zu dieser       reigen eingebaut ist die 1. Sinfonie KV 16 aus
Zeit am erzbischöflichen Hof in Salzburg als          dem Jahre 1764, die der achtjährige Mozart
Konzertmeister tätig. Die fünf Konzerte blieben       während seiner Reise mit der Familie durch ganz
Mozarts einzige Beiträge zu dieser Gattung.           Europa in London komponierte, wo er auch
Sein Instrument war vorrangig das Klavier. Den-       Johann Christian Bach, dem «Londoner» der
noch bilden sie in der Entwicklung der Gattung        Bach-Söhne begegnete. Seinem Einfluss sind
nach Johann Sebastian Bachs Violinkonzerten           denn auch Mozarts frühe Sinfonien verpflichtet,
einen neuen Höhepunkt. In ihnen hat Mozart            wie eben auch das reizende Erstlingswerk, wel-
alles zusammengefasst, was er an Entwicklung          ches erfüllt ist von dem kindlichen Verlangen,
in Deutschland, Frankreich und Italien aufge-         die Geigen gehörig «tanzen» zu lassen, und vom
nommen hatte. Insbesonders auf seiner letzten         Stolz über die eigene Fertigkeit, eine veritable
Italienreise (Herbst 1772 bis März 1773) war          «Sinfonia» komponieren zu können. Vermutlich
Mozart auch wichtigen Geigenvirtuosen aus             wurde es am 21. Februar 1765 beim verbürgten
der Schule Giuseppe Tartinis begegnet. Die Kon-       Konzert im Haymarket Theatre uraufgeführt.
zerte verraten auch etwas von Mozarts eigenen
geigerischen Fähigkeiten, die ihm selbst sein
äusserst strenger Vater und berühmter Violin­
pädagoge attestierte: «Du weisst selbst nicht,
wie gut Du Violine spielst, wenn Du Dir nur Ehre
geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist
spielen willst, ja, so, als wärst Du der erste Vio-
linspieler in Europa.»
Während das Violinkonzert Nr. 2 KV 211 noch
eher konventionell daherkommt und das Orches-
ter sich rein auf Begleitaufgaben beschränkt,
treten in den Konzerten Nr. 3 KV 216 und Nr. 5
KV 219 (dem letzten) Violine und Orchester viel
mehr in einen Dialog. Die langsamen Sätze sind                                                           Wolfgang Amadeus Mozart
von einer besonderen Tiefes des Ausdruck ge-

46                                                                                                                           47
IN T E R P R E T E N                                                                                    Anne-Sophie Mutter
                                                                                                        Anne-Sophie Mutter ist ein musikalisches Phä-          Anne-Sophie Mutter komponiert. Darüber hin-
Kon z er t 6                                                                                            nomen: Seit über 40 Jahren ist die Virtuosin           aus widmet sie sich zahlreichen Benefizprojekten
                                                                                                        nicht mehr von den internationalen Bühnen der          und der Förderung des musikalischen Spitzen-
                                                                                                        grossen Konzerthäuser wegzudenken und sie              nachwuchses: Im Herbst 1997 gründete sie den
                                                                                                        prägt die Klassikszene als Solistin, Mentorin          «Freundeskreis Anne-Sophie Mutter Stiftung
                                                                                                        und Visionärin. Die vierfache Grammy-Award-            e.V.», dem 2008 die Anne-Sophie Mutter Stif-
                                                                                                        Gewinnerin ist der Aufführung traditioneller           tung zur Seite gestellt wurde. Im Rahmen dieser
Kammerorchester Wien – Berlin                                                                           Kompositionen genauso verpflichtet wie der             beiden gemeinnützigen Institutionen werden die
In der Wertschätzung des Publikums und der inter-    Das gemeinsame Musizieren war so befruch-          Zukunft der Musik: 25 Werke hat sie bislang            Stipendiaten nach ihren individuellen Bedürfnis-
nationalen Kritik gibt es nur zwei Orchester, die    tend, dass spontan der Wunsch nach einer Fort-     uraufgeführt – Sebastian Currier, Henri Dutilleux,     sen unterstützt. Und seit 2011 teilt Anne-Sophie
sich gegenseitig den Spitzenplatz streitig machen    setzung dieser Erfahrung entstand. Aus dieser      Sofia Gubaidulina, Witold Lutoslawski, Norbert         Mutter regelmässig das Rampenlicht mit ihrem
könnten: die Wiener und die Berliner Philharmo-      Idee wurde das Kammerorchester Wien – Berlin       Moret, Krzysztof Penderecki, Sir André Previn,         Stipen­diaten-Ensemble «Mutter’s Virtuosi».
niker. Somit ist es nicht übertrieben, die Grün-     geboren. Dessen Musizier-Ideal ist es, in seinem   Wolfgang Rihm und John Williams haben für
dung des Kammerorchesters Wien – Berlin als          Repertoire kammermusikalische Delikatesse und
kleine Sensation zu feiern. Es bedurfte der Initi-   sinfonische Grösse zu vereinen. In intensiver      Rainer Honeck
ative von Sir Simon Rattle, dessen Geburtstags-      Zusammenarbeit bringt das Ensemble einen ein-      Rainer Honeck ist seit 1992 Konzertmeister der         Valery Gergiev, Mariss Jansons, Riccardo Muti
wunsch, zu seinem 50. ein gemeinsames Konzert        zigartigen künstlerischen Austausch zu Wege,       Wiener Philharmoniker. Als Solist trat Rainer          und Kyrill Petrenko. Neben seiner Orchester­
der Wiener und Berliner Philharmoniker zu diri-      der für Publikum und Musiker gleichermassen        Honeck in bedeutenden Musikzentren Europas,            tätigkeit hat er sich auch immer intensiv der
gieren, die beiden Klangkörper zusammenführte.       beglückend ist.                                    Amerikas und Japans auf. Zu seinen persönli-           Kammermusik in verschiedensten Formationen
                                                                                                        chen Höhepunkten zählen solistische Auftritte          gewidmet, u.a. mit dem Kammerorchester
                                                                                                        mit den Wiener Philharmonikern, dem London             Wien – Berlin. Auf CD sind u. a. sämtliche Werke
                                                                                                        Symphony Orchestra, dem Pittsburgh Symphony            von Franz Schubert für Violine und Klavier
                                                                                                        Orchestra und dem Mariinsky Orchestra unter            erschienen, sowie eine CD «RONDO» mit dem
                                                                                                        namhaften Dirigenten wie Herbert Blomstedt,            Kammerorchester Wien – Berlin. Rainer Honeck
                                                                                                                                                                                  spielt auf einer Violine von
                                                                                                                                                                                   A. Stradivarius («Chaconne»,
                                                                                                                                                                                   anno 1725), die ihm von
                                                                                                                                                                                    der Österreichischen Natio­
                                                                                                                                                                                    nalbank zur Verfügung ge-
                                                                                                                                                                                     stellt wird.

                                                                                                                                                              eck
                                                                                                                                                 Rainer Hon
                                                                                                                                ter
                                                                                                            A nne-   Sophie Mut

                                                                       – Berlin
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                                             Kammerorch
Konzert 7 – Abo I, II
© Ian Douglas

                                        Kultur- und Kongresszentrum Luzern,         Collegium Vocale Gent
                                                                 Konzert-Saal       Philippe Herreweghe (Leitung)
                                                  Montag, 17. Juni 2019, 19.30 h    Dorothee Mields (Sopran)
                                        		                                          Hanna Blazikova (Sopran)
                                        		                                          Alex Potter (Alt)
                                        		                                          Thomas Hobbs (Tenor)
                                        		                                          Krešimir Stražanac (Bass)

                                                                            Programm
                                                                             mit Pause

                                             Johann Sebastian Bach (1685–1750)
                                                     h-Moll-Messe, BWV 232 (110')

                            cale Gent
                Collegium Vo

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PR O G R A M M
Kon z er t 7

Johann Sebastian Bach (1685–1750)
h-Moll-Messe BWV 232
Johann Sebastian Bach hatte in seiner letzten         Musik­abschnitte und der Vielfalt archaischer,
Lebens- und Schaffensphase von 1723 bis 1750          traditioneller und auch für seine Zeit moderner
die hohe Stellung des Kantors an der Thomas-          Formen und Stilmittel gelang es Bach, einen in
kirche in Leipzig inne. Diese Anstellung verlangte    sich geschlossenen Vokalzyklus von hoher Aus-
die Komposition vor allem geistlicher Musik.          sagekraft zu schaffen. Von der durchgängig
Dazu gehören in erster Linie die über 200 Kanta-      kontrapunktischen Dichte zeugen die zahlrei-
ten sowie die bekannten Passionsvertonungen,          chen kunstvollen Chorfugen. Aber auch der Ins-
 wie die Johannes- und Matthäus-Passion und           trumentalpart zeigt eine ausserordentliche
das Weihnachtsoratorium. In diesem Kontext            Gestaltung. Die h-Moll-Messe ist auch eine sog.
überzeugter lutheranisch-evangelischer Kirchen­       «Missa concertata», d. h. eine instrumental aus-
­musik nimmt die h-Moll-Messe eine einmalige          musizierte Messe, im Unterschied zur primär auf
 Stellung ein. Die Messe stellt in der christlichen   die Vokalparts fokussierte Gestaltung (a cappella
 Musik die traditionsreichste musikalische Vokal-     oder mit einfacher Begleitung). Abgesehen von
 gattung überhaupt dar. Diese «grosse catholi-        der barocken Prachtentfaltung haben die Instru-
 sche Messe», wie sie im Nachlass von Sohn Carl       mente eine eigene Aussagekraft und tragen zur
 Philipp Emanuel genannt wird, ist Bachs einzige      Sinngebung des Werkes bei. Bach verwendet
 lateinische Messe-Vertonung, und Bach ver-           in dieser Messe auch die hochentwickelte Inst-      Johann Sebastian Bach
 stand sie als einen Beitrag zu überkonfessionel-     rumentalmusik seiner Zeit in dem Sinne, dass
 ler Gläubigkeit. In diesem Werk ganz am Ende         die instrumentale Formenwelt auch als vorge-
 seines Lebens strebte Bach eine Zusammenfas-         gebene Ordnung der göttlichen Schöpfung ver-
 sung seiner kompositorischen Meisterschaft an        standen werden kann.
 und wollte damit ein Vermächtnis an die zukünf-
 tigen Generationen hinterlassen, eine Art Opus
 summum. Neben neu komponierten Teilen ver-
 wendete Bach ganz im Sinne der damals übli-
 chen Praxis der sog. «Parodie» auch ältere
 eigene Werke, deren kompositorische Qualität
 er besonders hoch einschätzte, und arbeitete sie
 teilweise um. Trotz der Unterschiedlichkeit des
 Materials, der zum Teil viel früher entstandenen

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