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 Weltraumsicherheit: Das nächste Jahrzehnt

 Author(s):
 Haas, Michael

 Publication Date:
 2020-02

 Permanent Link:
 https://doi.org/10.3929/ethz-b-000397124

 Rights / License:
 In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                                          CSS
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Nr. 256, Februar 2020, Herausgeber: Fabien Merz

Weltraumsicherheit:
Das nächste Jahrzehnt
Die Raumfahrtindustrie hat durch privatwirtschaftliche Initiativen
stark an Dynamik gewonnen. Die Bedeutung von Weltraumsystemen
als kritische Infrastrukturen wird in den kommenden Jahren weiter
zunehmen. Zugleich dürfte die Stationierung von Waffen im Weltall
erstmals Realität werden. Für die Schweiz bergen die Trendlinien
neben wirtschaftlichen Chancen auch sicherheitspolitische Risiken.

Von Michael Haas

Die Aufrechterhaltung einer globalen, auf
Hochtechnologie basierten Zivilisation
mag uns zunehmend selbstverständlich er-
scheinen. Sie beruht in der Tat jedoch auf
vielfältigen und anspruchsvollen Voraus-
setzungen. Seit dem späten 20. Jahrhun-
dert gehört dazu in besonderem Masse der
Zugang zum erdnahen Weltraum. Nicht
nur naheliegende Anwendungen wie die
Satellitennavigation und die Wettervor-
hersage sind von komplexen Weltraumsys-
temen abhängig. Auch globale Finanz-
transaktionen, der private Zahlungsverkehr,
die Mobilfunknetze und Teile der zivilen
Flugverkehrskontrolle sind heute auf die
Infrastrukturen im All angewiesen. Völlig
zurecht verweist deshalb der Bundesrat in
seiner «Nationalen Strategie zum Schutz
kritischer Infrastrukturen 2018 – 2022» auf             Ein Prototyp des SpaceX Starship in Boca Chica, Texas, USA, 28. September 2019.
die grosse Abhängigkeit der Schweiz von                 Callaghan O’Hare / Reuters
weltraumbasierten Dienstleistungen.

Die Parameter innerhalb derer solche
Dienste bislang bereitgestellt wurden, wer-             nen neuen Musters. Trotz einer tendenziel-           Ausgangslage für die 2020er Jahre lässt
den sich in den 2020er Jahren deutlich ver-             len Aufstockung staatlicher Investitionen,           sich dabei nur schwer mit dem «space race»
ändern. Die Entwicklungen des vergange-                 vor allem in den USA und China, konnten              des Kalten Kriegs vergleichen. Sie ist von
nen Jahrzehnts haben ein neues Zeitalter                sich diese Akteure als wesentliche Taktge-           einer Vielzahl relevanter Akteure, einer
der Weltraumnutzung eingeläutet. Zwei                   ber der Technologieentwicklung positio-              Gemengelage aus kooperativen und kon-
grosse Trends sind dabei besonders hervor-              nieren und damit zugleich die Vorausset-             frontativen Verhaltensweisen und oft
zuheben. Zum einen ist festzuhalten, dass               zungen für eine intensivierte Weltraumnut-           mehrdeutigen Interessenlagen geprägt.
entscheidende Impulse für die Weiterent-                zung in naher Zukunft schaffen.                      Doch die Vorstösse der Gross- und Mittel-
wicklung der Raumfahrtindustrie erstmals                                                                     mächte legen nahe, dass sich geostrategi-
nicht mehr von den Regierungen führender                Zum anderen hat sich der Weltraum wie-               sche Rivalitäten im kommenden Jahrzehnt
Technologienationen ausgingen, sondern                  der zu einem zentralen Schauplatz der glo-           noch stärker als bisher auf den Weltraum
vielmehr von privaten Technologiekonzer-                balen Mächtekonkurrenz entwickelt. Die               erstrecken werden. Zahlreiche Experten

© 2020 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                                                                                                 1
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CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                                  Nr. 256, Februar 2020

befürchten deshalb eine Ausweitung auch
                                                        Die ESA und die Schweiz
der militärischen Nutzung, einschliesslich
der Stationierung von Waffensystemen in
erdnahen Orbits, und eine höhere Wahr-
scheinlichkeit militärischer Konflikte mit
direkten Auswirkungen auf die kritischen
Infrastrukturen im All.

Firmen als Technologietreiber
Die Raumfahrttechnologie war über Jahr-
zehnte in hohem Masse von staatlichen In-
vestitionen abhängig und wesentlich durch
sie getragen. Insbesondere die Anforde-
rungen der militärischen Bedürfnisträger
fungierten als wichtiger Treiber. Der Allge-
meinplatz wonach Weltraumtechnologien
fast immer eine «dual use»-Komponente
enthalten – also gleichermassen militärisch
wie zivil nutzbar gemacht werden können
– wird auch in Zukunft gelten. Das Um-
feld, in dem die Raumfahrttechnologien
der nahen Zukunft entwickelt werden, hat
sich jedoch im letzten Jahrzehnt deutlich
verändert. Erstmals sind es privat finan-
zierte Initiativen, die – wenn auch mit sub-
stanzieller staatlicher Unterstützung – im              Die European Space Agency (ESA) ist seit 1975 die europäische Raumfahrtagentur, mit derzeit 22
Begriff sind, die Weltraumnutzung ent-                  Mitgliedsstaaten. Die ESA ist nicht Teil des institutionellen Gefüges der Europäischen Union. Sie
scheidend voranzubringen.                               unterhält jedoch ein Rahmenabkommen mit der EU. Sie beschränkt sich in ihren Programmen auf
                                                        Förderung der friedlichen Weltraumnutzung. Das Kernbudget der ESA für Programme und
                                                        Aktivitäten lag 2019 bei 4.18 Mrd. EUR. Der Anteil der Schweiz lag bei 158 Mio. EUR (3.8%), wobei
Zentral sind hierbei vor allem drei Ent-                dieser Budgetanteil in Form eines «geographischen Mittelrückflusses» soweit möglich auch wieder
wicklungen: (1) die Einführung kostenspa-               in die Schweizer Raumfahrtindustrie investiert wird.
render, wiederverwendbarer Trägersysteme,               Die Schweiz strebt als ESA-Mitglied und wichtiger High-Tech-Standort in fünf Bereichen der
(2) die Miniaturisierung von Satelliten und             Technologieentwicklung eine Spitzenposition an:
ihrer Traglasten und (3) der verschärfte                – Hochpräzise Mechanismen und Strukturen,
Wettbewerb unter den Herstellern. Im Be-                – Atomuhren,
reich der Trägersysteme hat sich der Kon-               – Photonik (u.a. lichtbasierte, digitale Sensorik und Informationsübertragung),
                                                        – Technologien für hochpräzise wissenschaftliche Messinstrumente,
kurrenzkampf bereits deutlich verschärft.               – Technologien für kleine und flexible, nutzerfinanzierte Systeme und Anwendungen der Zukunft.
Nach Elon Musks SpaceX wird ab 2021
auch die von Amazon-Gründer Jeff Bezos
finanzierte Konkurrentin Blue Origin Flüge
mit teilweise wiederverwendbaren Träger-
raketen durchführen. Im selben Zeitraum
werden ausserdem erste Flüge der konven-    haft unrentabel zu werden. Dass selbst füh-                   gramm neuen Anbietern die Möglichkeit,
tionelleren Konkurrenzprodukte «klassi-     rende Mitglieder der europäischen                             mit leichten und weniger komplexen Trä-
scher» Verteidigungs- und Raumfahrtan-      Weltraumorganisation ESA bereits dem                          gersystemen in den Wettbewerb einzustei-
bieter wie Northrop Grumman und United      Sirenengesang von jenseits des Atlantiks                      gen. Die deutlich geringeren Entwick-
Launch Alliance erwartet. Während die US-   erliegen, wurde spätestens anhand einer                       lungs-, Herstellungs- und Transportkosten
                                                       Entscheidung der deutschen                         machen Mini- und Mikrosatelliten auch
Der Weltraum hat sich wieder                           Bundeswehr deutlich, die ihre                      für Akteure interessant, die bisher kaum an
                                                       Radarsatelliten des SARah-Pro-                     eigene Weltraumsysteme denken konnten.
zu einem zentralen Schauplatz                          gramms von SpaceX transpor-                        Kostensparende Transportkonzepte in den
der globalen Mächtekonkurrenz                          tieren lassen wird. Zudem dürf-                    leichteren Gewichtsklassen verfolgen ne-
                                                       te die bestehende Finanzierung                     ben einigen westlichen Firmen auch chine-
entwickelt.                                            im Rahmen der ESA nicht aus-                       sische Anbieter wie LandSpace, LinkSpace
                                                       reichen, um innerhalb kurzer                       und OneSpace. Auch in diesem Bereich
Regierung die Verschiebungen auf dem Zeit ein kosteneffektives Konkurrenzpro-                             dürfte sich die Konkurrenz also weiter ver-
heimischen Markt gezielt fördert und sich dukt anbieten zu können. Der Handlungs-                         schärfen und mittelfristig zu tieferen
über fallende Preise pro Kilogramm Fracht druck in diesem Bereich wird in den nächs-                      Transportkosten führen. Der Zugang zum
freuen darf, wird diese Entwicklung für die ten Jahren weiter zunehmen.                                   Weltraum würde damit auch für kleinere
ESA-Staaten (siehe Karte) zunächst vor al-                                                                Staaten wie die Schweiz und für finanz-
lem negative Implikationen haben. So läuft Andererseits eröffnet die voranschreitende                     starke Privatunternehmungen immer inte-
das europäische Ariane 6-Programm Ge- Miniaturisierung von Satellitensystemen                             ressanter werden. Ein richtiggehender
fahr, im Zuge weiterer Preisstürze dauer- in der Gewichtsklasse unter 100 Kilo-                           «Weltraumboom» scheint vor diesem Hin-

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CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                            Nr. 256, Februar 2020

                                                                                                        letzten Jahren einen neuen Impuls erfahren
  Grenzen der militärischen Weltraumnutzung
                                                                                                        und wurde unter anderem in der Missile
  Im Weltraumvertrag (Outer Space Treaty) von 1967 verpflichten sich die derzeit 109 Vertragsstaa-      Defense Posture Review der Trump-Admi-
  ten «keine Gegenstände, die Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen tragen, in eine           nistration erneut als Variante für die Wei-
  Erdumlaufbahn zu bringen und weder Himmelskörper mit derartigen Waffen zu bestücken noch
                                                                                                        terentwicklung der amerikanischen Welt-
  solche Waffen im Weltraum zu stationieren.»
                                                                                                        raumstreitkräfte ins Spiel gebracht.
  Ausserdem werden «[d]er Mond und die anderen Himmelskörper […] von allen Vertragsstaaten
  ausschliesslich zu friedlichen Zwecken benutzt. Die Errichtung militärischer Stützpunkte, Anlagen
                                                                                                        Konkrete Beschaffungsprogramme mit
  und Befestigungen, das Erproben von Waffen jeglicher Art und die Durchführung militärischer           diesem Ziel sind derzeit aber nicht be-
  Übungen auf Himmelskörpern sind verboten.»                                                            kannt. Immer wahrscheinlicher erscheint
  Eine Bewaffnung von Satelliten mit konventionellen Waffensystemen, der Einsatz konventioneller        dagegen die Bewaffnung von Satelliten mit
  Waffen von Satelliten aus gegen die Erdoberfläche und der Abschuss von Satelliten durch boden-,       dem Ziel der Abwehr oder des Angriffs auf
  luft-, oder seegestützte Antisatellitenwaffen sind dagegen nicht erfasst. Weitere Versuche einer      gegnerische Weltraumsysteme. Zwar ha-
  verbindlichen Normsetzung blieben seit 1967 stets erfolglos.                                          ben gerade die US-Streitkräfte im Fall ei-
  Siehe: Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und   nes Wettrüstens im All viel zu verlieren.
  Nutzung des Weltraums einschliesslich des Mondes und anderer Himmelskörper.
                                                                                                        Mit Gründung der U.S. Space Force im De-
                                                                                                        zember 2019 dürften aktive Ansätze einer
                                                                                                        Kriegführung im Weltraum aber dennoch
                                                                                                        an Bedeutung gewinnen. Bemerkenswert
                                                                                                        ist auch, dass der Einsatz von bewaffneten
tergrund möglich bis wahrscheinlich.                    Der Weg zur Bewaffnung                          Satelliten nicht länger nur von den Gross-
Dementsprechend würde auch die Bedeu-                   Bereits im vergangenen Jahrzehnt waren          mächten erwogen wird. So hat das franzö-
tung von Weltraumsystemen als kritische                 Machtdemonstrationen im Weltraum als            sische Verteidigungsministerium angekün-
Infrastrukturen weiter zunehmen.                        Ausdruck der strategischen Konkurrenz der       digt, bis 2030 ausgewählte Satelliten mit
                                                        Gross- und Mittelmächte wieder ein prä-         Energie- oder Projektilwaffen ausrüsten zu
Staaten bleiben zentral                                 gendes Element der internationalen Si-          wollen. Mit der Etablierung eines eigenen
Mit dem Bedeutungsgewinn privater Tech-                 cherheitspolitik. In den 2020er
nologiekonzerne wird auch deren politi-                 Jahren wird sich dieses Muster Die erstmalige Stationierung
sches Gewicht tendenziell weiter zuneh-                 fortsetzen – einerseits in Form
men. Ob sich dies in einem weitergehenden               staatlich finanzierter Mond- konventioneller Waffensysteme
Mitgestaltungsanspruch in Fragen der                    und vorbereitender Marsmissi- auf Satelliten wird zunehmend
Governance und der Weltraumsicherheit                   onen, andererseits im Ausbau
äussern oder sich die Einflussnahe in erster            militärischer Fähigkeiten. Zu- wahrscheinlicher.
Linie auf etablierte Lobbying-Mechanis-                 nehmend wahrscheinlich ist vor
men beschränken wird, ist derzeit noch                  diesem Hintergrund die erstmalige Statio- Weltraumkommandos sollen diese neuen
nicht abzusehen. In einigen Bereichen –                 nierung konventioneller Waffensysteme auf Fähigkeiten ausserdem bürokratisch veran-
etwa der Vermeidung beziehungsweise Be-                 Satelliten, was der Überschreitung einer kert werden. Auch die NATO hat begon-
seitigung von Weltraumschrott – ist ein                 «roten Linie» in der Weltraumsicherheit nen den Entwicklungen Rechnung zu tra-
konstruktiver Beitrag der Tech-Firmen je-               gleichkäme. Zwar wird das Weltall schon gen und hat den Weltraum Ende 2019 zur
denfalls denkbar und wünschenswert. Auch                seit den späten 1950er Jahren intensiv für «Operationssphäre» erklärt.
ihre Einbindung in allfällige Normset-                  militärische Zwecke genutzt – etwa für die
zungsprozesse und denkbare Vertragswerke                Aufklärung, Frühwarnung, Kommunikati- Neben Schritten in Richtung einer Be-
wäre grundsätzlich sinnvoll, um eine ausrei-            on, Navigation und Zielfindung. Ausser- waffnung von Weltraumsystemen, wird
chende Regulation der boomenden Welt-                   dem bestehen kaum Zweifel, dass zumin- auch die Proliferation von boden- oder
raumnutzung sicherzustellen.                            dest Russland in den letzten Jahren luftgestützten Antisatellitenwaffen weiter
                                                        unbewaffnete «Killersatelliten» stationiert voranschreiten. Für eine Reihe von Staaten
Zumindest auf der sicherheitspolitischen                hat, die feindliche Systeme durch Kollision mit Erfahrung in der Entwicklung von
Ebene wird die Verhandlung etwaiger neu-                oder Manipulation wichtiger Systemfunk- ballistischen Fernraketen oder Raumfahrt-
er Übereinkünfte jedoch weiterhin von                   tionen ausser Gefecht setzen können. Auch systemen – etwa Iran, Israel, Japan, Nord-
geostrategischen Überlegungen geprägt                   Antisatellitenwaffen, die innerhalb der At- korea, Pakistan, und Südkorea – liegen sol-
sein. Die Regulation kommerzieller Akti-                mosphäre vom Boden aus oder in der Luft che Fähigkeiten im Bereich des Möglichen.
vitäten wird davon nicht unbedingt betrof-              gestartet werden, wurden seit 2007 wieder- Neben dem Abschuss von Satelliten beste-
fen sein. Sie wird jedoch an ihre Grenzen               holt getestet; so unter anderem von China, hen zahlreiche Möglichkeiten, um Welt-
stossen, wo sie auf geostrategische Interes-            den USA, Russland und zuletzt von Indien raumsysteme zumindest zeitweise ausser
senlagen trifft. Zugleich werden Firmen                 im März 2019. Von einer Bewaffnung der Gefecht zu setzen, etwa durch Störung der
wie SpaceX auch weiterhin von Aufträgen                 Satelliten wurde bislang jedoch abgesehen. Kommunikationsverbindungen zum be-
der öffentlichen Hand abhängig sein und                 Das wird sich mit einiger Wahrscheinlich- ziehungsweise vom Boden, durch «Blen-
dadurch eng mit den Verteidigungsdispo-                 keit im Verlauf der 2020er Jahre ändern.    den» der Sensorik, oder durch Cyberan-
sitiven ihrer jeweiligen Nationen verfloch-                                                         griffe auf die Kontrollstationen. Auch die
ten bleiben. Insgesamt haben die Staaten                Relevant erscheinen für die nahe Zukunft Störung oder Manipulation von GPS-Sig-
so zwar das Technologiemonopol einge-                   vor allem zwei Varianten einer Bewaff- nalen ist relativ einfach möglich.
büsst, im Sicherheits- und Verteidigungs-               nung. Die Stationierung von Raketenab-
bereich bleibt ihre Dominanz jedoch für                 wehrwaffen im Weltraum ist bereits seit Angesichts der beobachteten Trends ist es
die absehbare Zukunft unangefochten.                    Jahrzehnten im Gespräch. Sie hat in den wahrscheinlich, dass der Weltraum im

© 2020 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                                                                                              3
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik                                                                                                Nr. 256, Februar 2020

                                                    bereits heute beträchtlich und wird, sofern        how und ihren industriellen Kapazitäten
  Weiterführende Literatur
                                                    sich die Wachstumsaussichten in der                auf diesem Gebiet eine wichtige Rolle
  Fernholz, Tim: Rocket Billionaires: Elon          Raumfahrt angesichts sinkender Kostenni-           spielen. Mit der zunehmenden Verbreitung
  Musk, Jeff Bezos, and the New Space Race,         veaus bewahrheiten, im kommenden Jahr-             von Mini- und Mikrosatelliten dürften in
  New York: Mariner Books, 2018.
                                                    zehnt weiter zunehmen. Eine umfassende             absehbarer Zukunft zudem auch eigene
  Defense Intelligence Agency: Challenges to        Abwehr aller daraus entstehenden Gefah-            Schweizer Fähigkeiten in den Bereich des
  Security in Space, Washington, DC: DIA, 2019.     ren ist für einen Kleinstaat mit begrenzten        Möglichen rücken.
  Johnson-Freese, Joan: Space Warfare in the        Budgetmitteln kaum möglich. Dennoch
  21st Century: Arming the Heavens, London:         sollte sich die Schweiz auf mögliche Aus-    Ob die Schweiz langfristig und in begrenz-
  Routledge, 2016.
                                                    fälle kritischer Infrastrukturen im Rahmen   tem Umfang auch eigene Weltraumfähig-
                                                    ihrer militärischen und zivilen Übungstä-    keiten – zum Beispiel im Bereich der Auf-
                                                    tigkeit und der Planung für die Krisenbe-    klärung – anstreben will, sollte im Rahmen
                                                    wältigung im Rahmen des Sicherheitsver-      der kommenden sicherheits- und verteidi-
                                                    bunds Schweiz bestmöglich vorbereiten.       gungspolitischen Debatten erwogen wer-
nächsten Jahrzehnt zum Schauplatz einer                                                                     den. Eine konkrete Umsetzung
stärker ausgeprägten Rüstungsdynamik                Die Verwundbarkeit der Schweiz                          ist im kommenden Jahrzehnt
werden wird. Die sich verschärfende Mäch-                                                                   und darüber hinaus schwer vor-
tekonkurrenz zwischen den USA und Chi-              durch Ausfall oder Beeinträchti-                        stellbar. Dennoch sollten so-
na wird dabei eine hervorgehobene Rolle             gung von Weltraumsystemen ist wohl der zivile, als auch der mi-
spielen. Ob eine solche Dynamik aus sich                                                                    litärische Bedarf weiterhin
selbst heraus die Konfliktwahrscheinlich-           bereits heute beträchtlich.                             aufmerksam verfolgt und gege-
keit erhöhen würde, lässt sich anhand vor-                                                                  benenfalls neu geprüft werden.
handener Forschungskenntnisse nicht ein-            Eigene Abhängigkeiten sollten, soweit sie Die Chancen und Gefahren einer deutlich
deutig beantworten. Es ist jedoch davon             nicht mit akzeptablen Kosten vermeidbar dynamischeren Nutzung des Weltraums
auszugehen, dass eine allfällige Eskalation         sind, möglichst auf das europäische Um- im Laufe des nächsten Jahrzehnts sollten
im Fall einer vorausgehenden Rüstungsdy-            feld beschränkt bleiben, wo eine vergleichs- somit auch in den Strategieinstrumenten
namik schwerere Schäden an der weltraum-            weise hohe Kompatibilität der Interessen- des Bundes entsprechend abgebildet wer-
gestützten Infrastruktur nach sich ziehen           lagen hinsichtlich des Schutzes kritischer den.
würde. Ausserdem dürften mit dem Voran-             Infrastrukturen im Weltraum besteht.
schreiten der technologischen Entwicklung
im Bereich der Antisatellitenwaffen auch            Innerhalb der ESA sind ambitionierte
Satelliten in höheren Orbits ins Visier gera-       Schritte notwendig, um den Initiativen von
ten, die bislang als wenig gefährdet galten.        SpaceX, Blue Origin und ihren Mitbewer-
                                                    bern eine kosteneffektive Alternative ent-
Verwundbare Schweiz                                 gegensetzen zu können. Absehbare Vor-              Michael Haas ist Senior Researcher am Center for
Die Verwundbarkeit des High-Tech-                   aussetzung dafür ist eine erhöhte                  Security Studies (CSS). Seine Forschungsinteres-
Standorts Schweiz durch Ausfall oder Be-            Investitionsbereitschaft der Mitgliedsstaa-        sen liegen in den Bereichen Militärtechnologie
einträchtigung von Weltraumsystemen ist             ten. Die Schweiz kann mit ihrem Know-              und Militärpolitik.

Die CSS Analysen zur Sicherheitspolitik werden herausgegeben vom            Zuletzt erschienene CSS-Analysen:
Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Jeden Monat erscheinen
                                                                            Neue Technologien für Grenzkontrollen in Europa Nr. 255
zwei Analysen auf Deutsch, Französisch und Englisch. Das CSS ist ein Kom-
                                                                            Der Nahe Osten und Chinas Neue Seidenstrasse Nr. 254
petenzzentrum für schweizerische und internationale Sicherheits­politik.
                                                                            Landesversorgung als Vorsorge für den Krisenfall Nr. 253
Herausgeber: Julian Kamasa, Fabien Merz, Lisa Watanabe, Benno Zogg          Waffenstillstände in innerstaatlichen Friedensprozessen Nr. 252
Lektorat: Fabien Merz                                                       KI als militärische Befähigungstechnologie Nr. 251
Layout und Infografiken: Miriam Dahinden-Ganzoni                            Russland und China: Potenzial der Partnerschaft Nr. 250
ISSN: 2296-0236; DOI: 10.3929/ethz-b-000397124
Feedback und Kommentare: analysen@sipo.gess.ethz.ch
Bezug und Abonnement: www.css.ethz.ch/cssanalysen                           © 2020 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich                      4
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