Resonanz auf das WBA-Gutachten und Vorschläge für eine Nutztierstrategie
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Prof. Dr. Achim Spiller PROF. DR. ACHIM SPILLER – GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT GÖTTINGEN Resonanz auf das WBA-Gutachten und Vorschläge für eine Nutztierstrategie Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung GUTACHTEN Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft März 2015 Tagung: Umbau der Tierhaltung: Die Situation ein Jahr nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats zur Nutztierhaltung Kassel, 21.04.2016 www.bmel.de
Prof. Dr. Achim Spiller Aufnahme des Gutachtens in der Wissenschaft • Grundsätzlich viel Unterstützung • Schnelle Verbreitung in der Fachöffentlichkeit – extrem häufig aufgegriffen und zitiert • Kritik nur von wenigen Kollegen aus einigen Communities der Nutztierwissenschaften (z. B. einige Züchter), einzelne Agrarökonomen • Vielfältige Anschlussarbeiten angestoßen
Prof. Dr. Achim Spiller Aufnahme des Gutachtens in der Agrarwirtschaft 3 Phasen der Aufnahme: 1. Reflexhafte Abwehr im Agribusiness (i. d. R. ohne mehr als die Kurzzusammenfassung gelesen zu haben) und Begeisterung bei der Agraropposition 2. Reflexion nach der Roadshow des WBA mit mehr als 100 Vorträgen der Autoren 3. Rückkehr zur „Normalität“ in Zeiten der Preiskrise und eines untätigen Ministers
Prof. Dr. Achim Spiller Aufnahme des Gutachtens in der Agrarwirtschaft Fokus der Diskussion auf eine Säule der Kritik an der heutigen Nutztierhaltung: die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz Im Gutachten selber zwei zentrale Säulen: Hohes Gesellschaft- Ausmaß an liche Tierschutz- Akzeptanz problemen
Prof. Dr. Achim Spiller Aufnahme des Gutachtens in der Agrarwirtschaft Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz (license to produce): • Hier ist das Verständnis gewachsen, dass die Tierhaltung (und der Fleischkonsum) begründungspflichtig wird • ABER: es dominiert die sog. Information-Deficit-Hypothese • Kritik ist nur emotional geprägt • Bei besserer Aufklärung würde sie auch wieder verschwinden • Deshalb mehr PR notwendig (und hinreichend)
Prof. Dr. Achim Spiller Gründe für gesellschaftliche Kritik • Mensch-Tier-Verhältnis ändert sich (Haustier) • Sozialer Wandel (Wohlstandsphänomen) • Neues Wissen über emotionale, kognitive u. soziale Fähigkeiten von Tieren • Neues Wissen über die genetische Ähnlichkeit von Mensch und Tier • Anthropozentrische Perspektive des Tierschutzes („Mensch als Krone der Schöpfung“) verliert an Überzeugungskraft • Befürchtung, durch Verletzungen des Tierschutzes selbst betroffen zu sein („Antibiotikaresistenz“) • Fleischkonsum gleichwohl überwiegend akzeptiert, aber: • Verletzung eines imaginären Abkommens mit dem Tier (...“soll wenigstens vorher ein gutes Leben gehabt haben“/“NEW DEAL“ (Luy 2015)) • Empathie mit den Tieren gewinnt an Bedeutung (pathozentrische Perspektive) • Moralischer Respekt vor der Integrität und Würde der Tiere wächst
Prof. Dr. Achim Spiller Stufen der Kommunikation (nach Grunig/Hunt 1984) Dialog (Konsens- Überzeugen potenziale (Feedback suchen) Informieren einholen) (ehrlich Überreden darstellen) (heile Welt) Passiv
Prof. Dr. Achim Spiller Stufen der Kommunikation (nach Grunig/Hunt 1984) Dialog (Konsens- Überzeugen potenziale (Feedback suchen) Informieren einholen) (ehrlich Überreden darstellen) (heile Welt) Passiv
Prof. Dr. Achim Spiller Chancenseite nicht erkannt • Beispiel aus dem Gutachten: Aus- und Fortbildungsverpflichtungen • Sturm der Entrüstung bei Vorstellung der entsprechenden (allerdings viel weicheren) Vorschläge des Kompetenzkreises
Prof. Dr. Achim Spiller Chancenseite nicht erkannt • Beispiel Aus- und Fortbildungsverpflichtungen • Sturm der Entrüstung gegen Lindemann bei Vorstellung der entsprechenden (sehr weichen) Vorschläge des Kompetenzkreises hoch Erfolgskritische Kostentreiber Themen (Kompensations- (Marketing- Kostenerhöhungen notwendigkeit) herausforderungen) „CSR-Aufgabe“ Win-Win-Situation (Absicherung der (Tierschutz als license to produce) Business Case) gering hoch Quelle: Spiller et al. 2016 (Marketing-)Chancen
Prof. Dr. Achim Spiller Einige Teile des Gutachtens ignoriert Vier Beispiele: • Schwächen des Innovationssystems Nutztier • Branchenkultur • Konflikte und Synergien zwischen den verschiedenen Zielen • Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Monitoringsystems
Prof. Dr. Achim Spiller Aufnahme in der Agraropposition Gutachten von der Agraropposition begrüßt • Aber Problem: Massentierhaltungsframe könnte verloren gehen
Prof. Dr. Achim Spiller Promotionsarbeit Meyer-Hamme 2016
Prof. Dr. Achim Spiller These des WBA
Prof. Dr. Achim Spiller Gesamtergebnis der Dissertation
Prof. Dr. Achim Spiller Detailergebnisse vier Bereiche
Prof. Dr. Achim Spiller Zu den Bausteinen der Finanzierung
Prof. Dr. Achim Spiller Tierschutzlabel • In der Branche dominiert immer noch die Commodity-Fraktion (Fleisch ist nicht differenzierbar, Export im Vordergrund etc.) – gerade auch im Handel • Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes hat es entsprechend schwer • Forderung des WBA nach einem staatlichen Label hat an Unterstützung gewonnen (siehe vzbv und Kompetenzkreis) • Weitergehende Forderung nach Pflichtkennzeichnung durch Bundesländer • Aber: Ministerium extrem skeptisch
Prof. Dr. Achim Spiller Tierwohlinitiative 3 Szenarien des Gutachtens immer noch aktuell 1. Aufstockung durch LEH (z. B. 500 Mio.), flächendeckend, sukzessive Anhebung der Standards, Entwicklung zum Innovationsinstrument 2. Wachsende Spannungen, einige Händler steigen aus, andere entwickeln die Initiative in Richtung Labelling weiter, Verbindung zum Tierschutzlabel des dt. Tierschutzbundes 3. Initiative stagniert, wird von gesetzlichen Anforderungen (insb. Kupierverzicht) überholt, wird unglaubwürdig und versandet zunehmend
Prof. Dr. Achim Spiller Umschichtung: 1. in 2. Säule • Vordergründig einhellige Ablehnung bei DBV • Wird als Verteilungskampf wahrgenommen: aber Ackerbauer besser organisiert • Zentrale Problematik der Überwälzung auf die Pachtpreise nicht wahrgenommen im Berufsstand • Vage Hoffnung in weiten Kreisen auf eine Tierschutzumlage (nach dem Muster EEG) – ohne Vorschläge vorzulegen
Prof. Dr. Achim Spiller Importbeschränkungen und WTO • Robbenurteil des WTO-Panels • Erstmals: Moralische Bedenken als Grund für Importverbot anerkannt • Wegweisendes Urteil: Eröffnet Chancen z. B. für Importverbot für Käfighaltungsware (konventioneller Käfig)
Prof. Dr. Achim Spiller Nutztierstrategie Weniger und Besser! • Ein hohes Tierschutzniveau verschlechtert die relative Wettbewerbsposition im Export • Umfang der Nutztierhaltung und des Konsums tierischer Produkte vor dem Hintergrund des Klimawandels (Paris-Abkommens) • 3 zentrale Klimatreiber in der Landwirtschaft: Moore, Düngung, Tierhaltung • Notwendigkeit einer Nutztierstrategie Politische Strategie Strategie der Wirtschaft
Prof. Dr. Achim Spiller Nutztierstrategie Weniger und Besser! • Ein hohes Tierschutzniveau verschlechtert die relative Wettbewerbsposition im Export • Umfang der Nutztierhaltung und des Konsums tierischer Produkte vor dem Hintergrund des Klimawandels (Paris-Abkommens) • 3 zentrale Klimatreiber in der Landwirtschaft: Moore, Düngung, Tierhaltung • Notwendigkeit einer Nutztierstrategie Politische Strategie Strategie der Wirtschaft
Prof. Dr. Achim Spiller Nutztierstrategie für die Politik Bisher nicht als Transformationsaufgabe im Sinne des WBGU-Gutachtens diskutiert • Veränderungsbereitschaft • Langfristige, klare Orientierung auf ein Ziel • Ausreichendes Budget (3-5 Mrd. € p.a.) • Akteure: Abstimmung im Mehrebenen-Modell (WTO, EU, Bund, Länder, Kommunen) • Instrumenten-Mix mit vier Säulen: Marktdifferenzierung, Selbstbeschränkungsabkommen, 2. Säule und Importschranken ü Enquete-Kommission Tierschutz in der nächsten Legislaturperiode?
Prof. Dr. Achim Spiller Nutztierstrategie für Unternehmen • Frage der geeigneten Wettbewerbsstrategie • Vision – neuer Strategie – robuste Umsetzungsschritte • Top-Entscheider-Ebene • Potenziale entwickeln - Risiko • Nicht komplett durchzurechnen – weiche Daten wichtig • Marketingferne des gesamten Sektors • Umorientierung beim LEH als Voraussetzung (wenige Personen entscheiden hier über die strategische Ausrichtung)
Prof. Dr. Achim Spiller Fazit • Gutachten des WBA wirken typischerweise erst langfristig • Die beiden in der Vergangenheit erfolgreichsten Gutachten waren die zu • Liberalisierung der Agrarmärkte („Professorengutachten“) 1962 • Bioenergie (Fokus auf THG-Vermeidungskosten) 2007 • Tiergutachten 2015 wird im positiven Fall das Framing der Diskussion verändern, und zwar: • Bedeutung gesellschaftlicher Bedenken anerkannt – als Argument und fachinhaltlich beim Tierwohl • Ausrichtung auf Fleisch als internationaler Commodity-Markt nicht zukunftsfähig
Prof. Dr. Achim Spiller Prof. Dr. Achim Spiller Georg-August-Universität Gö
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