Rethinking Durchlässigkeit! - Daten - Diskurse - Praxis - Perspektiven DGB-Tag der Berufsbildung 2018, Berlin. 9.11.2018
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Rethinking Durchlässigkeit! Daten – Diskurse – Praxis - Perspektiven DGB-Tag der Berufsbildung 2018, Berlin. 9.11.2018 Barbara Hemkes, Arbeitsbereich 4.2 „Innovative Weiterbildung, Durchlässigkeit, Modellversuche“ Bonn, 9.11.2018 ®
Agenda 1. Ausgangslage: Daten und Fakten zur Bildung in Deutschland 2. Durchlässigkeitsdiskurs 3. Ein paar grundsätzliche Betrachtungen zu Durchlässigkeit 4. BIBB-Empfehlungen ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Ausgangslage: Megatrend Durchlässigkeit (…) heute [folgen] die beiden Ausbildungssektoren unterschiedlichen institutionellen Ordnungen (…), die sich in der politischen Steuerung und den Prinzipien der „Bildungsschisma“ Curriculum-Konstruktion äußern. Es ist nicht absehbar, dass dieses institutionelle Schisma aufgelöst wird.“ (AUTORENGRUPPE BILDUNGSBERICHTERSTATTUNG 2016, S.121) Vielstimmiger Diskurs über die Zukunft der beruflichen Bildung In zahlreichen Projekten werden innovative Maßnahmen an der Schnittstelle von beruflicher und hochschulischer Bildung realisiert, mit der Folge, dass die Bildungsbereiche sich aufeinander zu bewegen und Grenzen zwischen ihnen verschwimmen.“ (dass. 2016, S. 123). Innovative Durchlässigkeitspraxis ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Durchlässigkeit in der Mehrebenenperspektive Gesellschaftliche Integration Sozio- ökonomische Arbeits-/ Triebkräfte Wettbewerbs- fähigkeit Gerechtigkeit Innovation Institutionelle Koordination Abgrenzung Netzwerk Koproduktion Curriculare Ausprägung beruflich/ akademisch hybrid Individuelle konvergent Motivation Anpassung Aufstieg Neustart ®
523.290 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 513.166 Studienanfänger*innen in 2017/2018 (statista 2018) ®
Perspektiven der Durchlässigkeit Institutionelle Durchlässigkeit Formate Koordinationen Individuell flexible formale und nicht-formale Bildungsweggestaltung Bedingungen Durchlässigkeitsrichtungen Soziale Durchlässigkeit Soziale Mobilität Strukturelle Durchlässigkeit ®
Bildungshintergrund und Bildungszugang Quelle: Autorengruppe Bildungsbericht 2018 ®
Bildungshintergrund von Studierenden Quelle: Autorengruppe Bildungsbericht 2018 ®
„Nicht-traditionell Studierende“ Quelle: Autorengruppe Bildungsbericht 2018 ®
Durchlässigkeitsrichtungen nach Kompetenzniveaus bei gleichwertigen Bildungsbereichen Bildungsbereich A Bildungsbereich B Kompetenznivaus n+1 Kompetenznivau n ®
Struktureller Durchlässigkeitsraum Durchlässigkeitsraum zwischen hochschulischer und beruflicher Bildung DQR- Niveau Berufsbildung Hochschulbildung Wechselseitige Zugangsberechtigungen (Landeshochschulgesetze, Berufsbildungsgesetz) 8 BA, ZK Master (MA) Dritte Aufstiegs- EA, tlw. Anrechnung, 7 (grundständig, fortbildungsebene (FB 3) Anrechnung bei HZB tlw. Prüfung FB 2 weiterbildend) BA, ZK Bachelor-Studium (BA) Zweite Aufstiegs- EA, tlw. Zulassung u 6 (grundständig, fortbildungsebene (FB 2) Anrechnung bei HZB Anrechnung bei FB 2 weiterbildend) Erste Aufstiegs- 5 BA, fachaffiner ZK Zertifikatskurs (ZK) fortbildungsebene (FB 1) Schulisch erworbene 4 Erstausbildung (EA) BA, fachaffiner ZK BA, EA Hochschulzugangs- berechtigung (HZB) 3 Verkürzte Ausbildung … Tabelle 7: Durchlässigkeitsraum zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Diskursstränge - Stärkung der Berufsbildung bei Schließung der Hochschulen - vor allem im Zuge der Auseinandersetzung um einen vermuteten „Akademisierungswahn“, (NIDA-RÜMELIN 2014) - Öffnung der Hochschulen als Vorrausetzung für aufstiegsorientierte individuelle Bildungskarrieren - auch infolge der Empfehlungen des Innovationskreises berufliche Bildung, (IKBB 2007) - Stärkung der Gleichwertigkeit der Bildungsbereiche bei gleichzeitiger Betonung der unterschiedlichen Bildungsziele und damit einhergehender In-Wert-Setzung der Berufsbildung im Verhältnis zur Hochschule - vor allem in Diskussionen im Kontext „höhere berufliche Bildung“, (BORN/HEIKAUS 2018; DIHK/ ZDH 2017); - Kopplung der Bildungsbereiche (bei Beibehaltung ihrer Differenz) unter der integrativen, bereichsübergreifenden Idee eines Leitkonzepts von Beruflichkeit - vor allem im Kontext des Konzepts der IG Metall zur erweiterten Beruflichkeit (IG METALL 2014)). - Regulative Kopplungen der Bildungsbereiche (v.a. im tertiären und quartären Segment) zur Stärkung eines hybriden Kompetenzerwerbs - vor allem im Zuge der Empfehlung des Wissenschaftsrats (WR 2014). - Indifferente wissenschaftliche Positionierungen (v.a. Berufsbildungsforschung), vielfach Aufhebung der Unterschiede zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung; „Beruf“ wird in Frage gestellt Konkurrenz, Kooperation oder Institutionalisierung von Durchlässigkeit oder Durchlässigkeit als Innovationsressource? ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Institutioneller Rahmen Merkmal institutioneller Ordnung in der Berufsbildung Beteiligung der Sozialpartner Korporatistische Selbstverwaltung der Wirtschaft auf Basis bundesstaatlicher Regulierung (Kammern als zuständige Stellen, Gremien Konsensprinzip mit Sozialpartnern und Beteiligten auf regionaler, Länder- und Bundesebene) Ausarbeitung und Empfehlungen für Ordnungsmittel sowie Monitoring (Berufsbildungsbericht) durch Sozialpartner, Länder sowie Bund („Bänke“) in Gremien des Bundesinstituts für Berufsbildung Umfassender Gesetzliche Regelungen (BBiG/HwO) Geltungsbereich Ausbildungsbeteiligung der Unternehmen Breite Zugangsmöglichkeiten Theoretisch offener Zugang zu Ausbildung / Selektion über Ausbildungsplatzmarkt Berufsprinzip Zugangsregulierungen bei Aufstiegsfortbildungen Verkürzungsoptionen Berufsbezug Kodifizierte Berufe, bundesweit einheitlich Berufliche Handlungskompetenz Flexible, gestaltungsoffene Ausbildung im Betrieb Betrieblicher Lernort Erfahrungsgeleitetes Lernen Dualitätsprinzip Verbindung von Lernen und Arbeit Sozialisation in der Arbeitswelt Lernortkooperation Abgestimmte Ausbildungsrahmenpläne und Rahmenlehrpläne Kopplung an weitere Arbeitsrecht / tarifliche Vereinbarungen Institutionen Tabelle 5: Referenzrahmen zu Merkmalen des institutionellen Kontextes der Berufsbildung (in Anlehnung an Streeck 2010/BAETHGE, 2006) ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Strukturierung I: Integration der Durchlässigkeitsformate Grad der Bildungsformate im Durchlässigkeitsraum zwischen beruflicher und Integration hochschulischer Bildung Konvergent bildungsbereichsübergreifende Arrangements mit wechselseitig hoch anerkannten Zugangsmöglichkeiten, Lernleistungen und/oder Qualifikationen Hybrid kombinierte oder miteinander gekoppelte Bildungsmaßnahmen, die synchron oder konsekutiv absolviert werden können Transitiv reziproke Wechsel zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, die sowohl vertikal (Anerkennung bisheriger Qualifikation als Zugangsvoraussetzung) als auch lateral (unter Anrechnung bisheriger Lernleistungen) erfolgen können niedrig Informativ begleitende Informations- und Beratungsangebote Abbildung 4: Bildungsformate der Durchlässigkeit nach Integrationsgrad ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Durchlässigkeitsformat Regulative und koordinative Standards / Praxisbeispiele Informativ Informations- und Beratungsangebote Hochschulen, Kammern, Bundesagentur für Arbeit und weitere Einrichtungen Studien- und Berufsorientierung für die im Diskurs, tw. Eingeführt gymnasiale Sekundarstufe II Transitiv Gestaltete Anerkennung KMK-Beschlüsse; Landeshochschulgesetze; BLK-Wettbewerb: Aufstieg durch Bildung. („Studium ohne Abitur“) Offene Hochschule Anrechnung KMK-Beschlüsse; Landeshochschulgesetze; ANKOM, Anrechnungsmodelle und Datenbanken Berufliche Weiterbildung an Hochschulen Landeshochschulgesetze; Wettbewerb: Aufstieg durch Bildung (Bachelor, Master, Zertifikatskurse) Übergangsgestaltung ANKOM; Regionale Informations- und Beratungsangebote, Offene Hochschule Niedersachsen, Unterstützungsmaßnahmen von Hochschulen, bspw. Brückenkurse Integration von Studienaussteigenden BBiG/HwO, Regionale Regelungen mit kompetenzorientierter Anrechnung; JOBSTARTER, regionale Angebote und Netzwerke Hybrid Duale Studiengänge BBiG/HwO // Landeshochschulgesetze; Akkreditierungsregelung: Studiengänge mit (ausbildungsintegrierend) besonderem Profil; Dachmarken; flächendeckend/keine spez. Programme Duale Studiengänge Landeshochschulgesetze; Akkreditierungsregelung: Studiengänge mit besonderem (praxisintegrierend) Profil; Dachmarken; Flächendeckend/keine spez. Programme Höhere Berufliche Bildung – Ausbildung BBIG; regionale Vereinbarungen; Zusatzqualifikationen; Pilotprojekte; Duale Gymnasien mit Erwerb der HZB Konvergent Studienintegrierende Aus- und Projektbezogene Vereinbarungen; Pilotprojekte, Projekt „DQR-Bridge 5“, Modell Weiterbildung „Studienintegrierende Ausbildung“ Integration von beruflichen Studien- und Prüfungsordnungen; vereinzelt (AEVO; geregelte Fortbildungen) Weiterbildungen in Studiengänge Laufbahnkonzepte mit beruflichen und KMK-Beschlüsse (Anrechnung); BBiG/HwO; einzelne Projekte im Rahmen von ANKOM hochschulischen Teilen Tabelle 8: Übersicht über Durchlässigkeitsformate, Standards und Praxisbeispiele ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Strukturierung II: Intensität der Handlungskoordination Intensität der Koordinationsformen zwischen beruflicher und hochschulischer Handlungskoordination Bildung im Kontext Durchlässigkeit Koproduktion Die Akteure verabreden und realisieren gemeinsam, wie hoch Durchlässigkeit gefördert wird und entwickeln hierfür bildungsbereichsübergreifende Maßnahmen. Kooperation Die Akteure in den Bildungsbereichen stimmen ihre Aktivitäten untereinander ab und stellen Anschlussfähigkeit her. Die Kooperation kann unterschiedlich formalisiert sein.. Transparenz Die Akteure in den Bildungsbereichen ermöglichen die wechselseitige Information über Inhalte und Regelungen, die niedrig durchlässigkeitsrelevant sind Abbildung 5 Koordinationsformen im Kontext Durchlässigkeit nach Intensitätsgrad Allerdings: eine eindeutige Zuordnung von Durchlässigkeitsformaten strukturiert nach Integrationsgrad ist nicht möglich. ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Governance-Modell Durchlässigkeit Koordinationsformen konvergent Durchlässigkeitsformate hybrid Makro Meso transitiv Mikro informativ Akteurs-Ebenen im Bildungssystem ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Gradueller institutioneller Wandel? Displacement (Beseitigung alter und Einführung neuer Regeln): Die duale Berufsbildung überarbeitet ihr Regelwerk kompetenzorientiert und richtet sich curricular an einer Anschlussfähigkeit zu hochschulischen Bildungsgängen aus; Layering (Einführung neuer Regeln zusätzlich zu bereits existierenden): Die duale Berufsbildung erweitert ihr Angebot und Regelwerk um durchlässigkeitsfördernde Bildungsformate in Kooperation mit der hochschulischen Bildung; Drift (Die Veränderung der Wirkung existierender Regeln vor dem Hintergrund einer sich verändernden Umwelt): Die duale Berufsbildung reduziert sich auf Angebote für leistungsschwächere marktbenachteiligte Schülerinnen und Schüler; Conversion (Existierende Regeln werden formal beibehalten und für neue Zwecke genutzt): Die duale Berufsbildung wird als alternativer Zugang zu Hochschulen verstanden; Exhaustion (schleichenden Auflösung ): angesichts des Rückzugs von Betrieben und Lernenden aus der beruflichen Bildung, vor allem aber außerhalb des Kontexts Durchlässigkeit. (nach Theorie des graduellen Wandels (MAHONEY /THELEN 2010b// Streeck/Thelen 2005)) Aber differenziert nach Prinzipien der beruflichen Bildung: Dualitätsprinzip: Stärkung durch neue Formen der Integration von Theorie und Praxis (unklar, Rolle der berufsbildenden Schulen) Berufsprinzip: Employability = Beruf? Konsensprinzip: Einbindung der Sozialpartner, insbs. der Gewerkschaften ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
Durchlässigkeitscluster? Integrationsgrad der Bildungsformate konvergent hybrid transitiv informativ Konkurrenz (Drift) Intensität der Handlungskoordinationen ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
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BIBB – Empfehlung Durchlässigkeit 2010 Themen der Empfehlung: 1. Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung 2. Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge 3. Bedarfsgerechte Angebote für beruflich Qualifizierte 4. Finanzierung 5. Information und Beratung ®
BIBB – Aktualisierung der Empfehlung zu Durchlässigkeit • Gleichwertigkeit beruflicher und hochschulischer Bildung; Erhöhung der Wertschätzung für die berufliche Bildung; • Herausstellung beruflicher Entwicklungsperspektiven und Karrieremöglichkeiten, die berufliche und hochschulische Bildungsphasen miteinander verbinden, Ausbau von Kooperationen; • Stärkung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung sowie zwischen hochschulischer und beruflicher Bildung; • stärkere Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte und Anerkennung von in der beruflichen Bildung erworbenen Kompetenzen; • Integration von Studienaussteigenden und Studienabsolvent/innen in die berufliche Aus- und Fortbildung und die Anerkennung von erbrachten Studienleistungen; Ausschöpfung von Verkürzungsmöglichkeiten; • Studien- und Berufsorientierung für alle Schulformen der Sek I und Sek II; Qualitätskriterien im Hinblick auf die Durchlässigkeitsorientierung; • individuelle und unabhängige Beratungsangebote für beruflichen Aufstieg; • politische Handlungsansätze zur Überwindung rechtlicher und ökonomischer Hürden für Durchlässigkeit (bspw. Altersbegrenzung BAföG); • Gute Praxisbeispiele für Anrechnung vorab erworbener Kompetenzen in beruflicher und hochschulischer Bildung sowie • weiteren politischen Gestaltungsbedarf. ®
Vielen Dank! hemkes@bibb.de ® Barbara Hemkes, AB 4.2 –Präsentation Forschungsprojekt, Stand Oktober 2018
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