RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO

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RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
1 | 2020

    MITGLIEDER
RUNDSCHREIBEN

DGHO
                 2   VERANSTALTUNGEN
                                         22   VERANSTALTUNGEN
                                                                   32
Staffelwechsel       Frühjahrstagung          Jahrestagung 2020
bei der DGHO         18. bis 19. März 2020    Call for Abstracts
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO

    Prof. Florian Weißinger, Prof. Diana Lüftner, Prof. Carsten Bokemeyer, PD Dr. Ingo Tamm,
    Prof. Maike de Wit, Prof. Michael Hallek, Prof. Lorenz Trümper, Prof. Hermann Einsele (v. l. n. r.)

    Staffelwechsel bei der DGHO
                                 (MO) In einer gemeinsamen Sitzung                          Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
                                 am 15. Januar 2020 hat der ausgeschie-                     der Geschäftsstelle bedanken sich bei
                                 dene Vorstand dem neuen Vorstand die                       dem ausgeschiedenen Vorstand für die
                                 Amtsgeschäfte übergeben.                                   vertrauensvolle Zusammenarbeit und
                                                                                            wünschen dem neuen Vorstand alles
                                 Dem neuen Vorstand gehören an:                             Gute!

                                 • Prof. Lorenz Trümper
                                   Geschäftsführender Vorsitzender
                                 • Prof. Hermann Einsele
                                   Vorstandsvorsitzender
                                 • Prof. Maike de Wit
                                   Mitglied im Vorstand
                                 • PD Dr. Ingo Tamm
                                   Mitglied im Vorstand

       Impressum
       Die Mitglieder-Rundschreiben der DGHO                   Beiträge geben nicht notwendigerweise die Auf-    Steuer-Nr. 1127/027/37914 (FA für Körperschaf-
       werden in der Regel viermal pro Jahr heraus­            fassung des Vorstandes der DGHO oder der DGHO     ten I Berlin); Handelsregister HRB 119462 B
       gegeben.                                                selbst wieder. Alle Rechte wie Nachdruck, auch    (AG Charlottenburg)
                                                               von Abbildungen, Vervielfältigungen jeder Art,
       Zuschriften bitte an:                                   Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung,    Die DGHO, deren Vorstand und die DGHO Service
       Hauptstadtbüro der DGHO e. V.                           Vortrag, Funk, Tonträger und Fernsehübertra-      GmbH übernehmen keine Gewähr für die Richtig-
                                                                                                                                                                     Foto: Dirk Bleicker, DGHO e. V. (+ Titelbild)

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       Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO:               DGHO Service GmbH                                 nung kann marken- oder warenzeichenrechtlich
       Prof. Dr. med. Lorenz Trümper                           Alexanderplatz 1 · 10178 Berlin                   geschützt sein, auch wenn das Zeichen ® oder ein
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2   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO

INHALT                                                 Editorial
                               1 | 2020
                               März                    L    iebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                            liebe Mitglieder,
                                                       als neuer Vorstand, der sein Amt am
                                                                                                     sellschaften (AWMF) beim Jour Fixe.
                                                                                                     Für unser Fachgebiet drohende Engpäs-
                                                                                                     se können so früh adressiert werden.
                                                       1. Januar dieses Jahres angetreten hat,       Eine Aufgabe der Fachgesellschaften ist
                                                       möchten wir uns ganz herzlich beim            auch die Identifikation und Bewertung
                                                       ausgeschiedenen Vorstand für seine er-        möglicher Therapiealternativen wie ak-
                                                       folgreiche Arbeit bedanken. Dem großen        tuell bei Epirubicin.
                                                       Engagement von Prof. M    ­ ichael H
                                                                                          ­ allek,
                                                       Prof. Carsten Bokemeyer, Prof. Diana          Im Herbst des vergangenen Jahres wur-
                                                       Lüftner und Prof. Florian W ­ eißinger ist    de Larotrectinib als erstes sogenanntes
DGHO                                                   es zu verdanken, dass unsere Fachge-          tumoragnostisches, d. h. primär durch
                                                       sellschaft so hervorragend dasteht. In        die molekulare Alteration indiziertes
Editorial���������������������������������������� 3   den vergangenen Jahren wurden viele           Arzneimittel in der EU zugelassen. Die-
Arzneimittelengpässe���������������� 4                Projekte erfolgreich realisiert, andere       se Zulassung stellt uns vor neue Her-
                                                       Vorhaben auf den Weg gebracht. Wir            ausforderungen. NTRK-Genfusionen
NTRK-Inhibitoren������������������������� 9           möchten – gemeinsam mit den Mitglie-          sind selten und heterogen. Gemeinsam
ESH und DGHO schließen                                 dern unserer Fachgesellschaft – dazu          mit der Deutschen Gesellschaft für Pa-
Kooperation�������������������������������� 8         beitragen, diese Initiativen voranzutrei-     thologie, der Gesellschaft für Pädia­
                                                       ben und erfolgreich umzusetzen.               trische Onkologie und Hämatologie,
DGHO-Stipendieninitiative������ 16
                                                                                                     der Österreichischen Gesellschaft für
                                                       Ein Thema, das uns immer wieder be-           Hämatologie und Medizinische Onko-
DGHO Historische                                       schäftigt, sind Lieferengpässe bei Arz-       logie sowie der Schweizerischen Gesell-
Forschungsstelle                                       neimitteln. Auch wenn wirkliche Ver-          schaft für Medizinische Onkologie hat
                                                       sorgungsengpässe eher selten sind, ist        die DGHO ein Positionspapier mit Emp-
Geschichte in der Onkologie:                           die Verunsicherung bei PatientInnen,          fehlungen zu Diagnostik und Therapie
Ein Thema für klinische Fort-                          ÄrztInnen und ApothekerInnen hoch.            bei NTRK-Inhibitoren herausgegeben.
bildungen und Tagungen������� 17                      In der Hämatologie und Onkologie sind
                                                       Versorgungsengpässe besonders dra-            Die Hämatologie und Onkologie ist ei-
                                                       matisch, wenn unverzichtbare Arznei-          nes der innovativsten Gebiete der Me-
Deutsche Stiftung für junge                            mittel fehlen und mitunter angesetzte         dizin, und die Förderung des ärztlichen
Erwachsene mit Krebs                                   Therapien verschoben werden müssen.           und wissenschaftlichen Nachwuchses
                                                       Der Deutsche Bundestag hat am 13. Fe-         ist von zentraler Bedeutung für unser
Treffpunkte�������������������������������� 18        bruar 2020 das „Gesetz für einen fairen       Fachgebiet. Die in diesem Jahr zum
Umzug der Stiftung in                                  Kassenwettbewerb in der gesetzlichen          zehnten Mal stattgefundene Junioraka-
neue Räumlichkeiten��������������� 18                 Krankenversicherung“ beschlossen. Im          demie im Kloster Seeon hat deutlich
                                                       Gesetz sind wichtige Punkte enthal-           gemacht, dass wir es als lebendige und
Promotionsstipendium������������� 19
                                                       ten, die die DGHO wiederholt gefordert        bunte Fachgesellschaft schaffen, junge
                                                       hatte. Dazu gehören die Meldepflicht          Menschen für unser Fach zu interessie-
Veranstaltungen                                        von Lieferengpässen bei univerzicht-          ren und zu begeistern. Unser besonde-
                                                       baren und die Lagerhaltung von versor-        rer Dank gilt den ReferentInnen!
DGHO-Juniorakademie����������� 20                     gungskritischen Arzneimitteln sowie
                                                       die Verstetigung des Jour Fixe beim           Vom 9. bis zum 12. Oktober 2020 findet
DGHO-Frühjahrstagung����������� 22
                                                       Bundesinstitut für Arzneimittel und           in Basel die Jahrestagung statt. Im Na-
Infektiologie-Seminar��������������� 25               Medizinprodukte (BfArM). Die DGHO             men des Kongresspräsidenten Markus
3. Interdisziplinäre                                   vertritt die Arbeitsgemeinschaft Wis-         Manz dürfen wir Sie schon heute herz-
Frauenkonferenz���������������������� 27              senschaftlicher Medizinischer Fachge-         lich einladen!

Veranstaltungshinweise����������� 28
Jahrestagung 2020 –
Call for Abstracts���������������������� 32

DGHO Intern                                            Lorenz Trümper                                Hermann Einsele
                                                       Geschäftsführender Vorsitzender               Vorsitzender
Kongresspräsidentschaft
Jahrestagung 2021������������������ 29
Bewerbungen um die
Mitgliedschaft��������������������������� 30
                                                       Maike de Wit                                  Ingo Tamm
                                                       Mitglied im Vorstand                          Mitglied im Vorstand

                                                                                                           DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020   3
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO

    Arzneimittelengpässe in der Onkologie
    Management verbessert – Bedrohung bleibt

    (MO) Der Text wurde am 26. November
    2019 als Pressemitteilung veröffentlicht.

    A    uch in diesem Jahr sind Liefer-
         engpässe bei Arzneimitteln in
    Deutschland ein großes Thema. Zwar
    sind wirkliche Versorgungsengpäs-
    se weiterhin selten, die Verunsiche-
    rung bei PatientInnen, ÄrztInnen und
    ApothekerInnen ist aber hoch. Die
    Engpässe des letzten Sommers haben
    auch die Onkologie betroffen. Bei vie-
    len KrebspatientInnen ist die medika-
    mentöse Tumortherapie ein zentrales      Prof. Martin Schulz, Prof. Karl Broich, Prof. Michael Hallek, Prof. Bernhard Wörmann, Michael Hennrich (v. l. n. r.)
    Element der Behandlung. Von der Ver-
    fügbarkeit eines Arzneimittels kann die Überlebenschance               der pharmazeutischen Industrie besondere Problemlagen rasch
    abhängen. Die DGHO hatte bereits im März 2017 einen Band               identifizieren und mögliche Lösungswege für die Versorgungs-
    ihrer Gesundheitspolitischen Schriftenreihe zu der Thema-              sicherheit der Patientinnen und Patienten anstoßen. Deshalb
    tik herausgegeben. Nun diskutiert sie aufgrund der weiter              begrüßen wir ausdrücklich, dass unsere Handlungsmöglichkei-
    bestehenden Probleme, welche weiteren Schritte zur Siche-              ten im Sinne des Patientenschutzes künftig weiter ausgebaut
    rung erforderlich und sinnvoll sind.                                   werden.“

    Arzneimittelengpässe sind ein welt-                                             Frühzeitige Einbindung von
    weites Problem. Die Ursachen sind viel-                                         Fachgesellschaften
    fältig, die Auswirkungen sind in jedem                                          Den Aspekt des Versorgungsmanagements verdeutlichte
    Land unterschiedlich. Zwar muss sich                                            Hallek: „Am Beispiel des Lieferengpasses von Etopophos im
    nicht jeder Lieferengpass zwingend zu                                           Jahr 2016 haben wir gelernt, wie wichtig die frühzeitige Einbin-
    einem Versorgungsengpass entwickeln,                                            dung der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften
    wenn es aber zu Schwierigkeiten bei                                             und anderer betroffener Akteure ist. Unmittelbar nach Bekannt-
    der Versorgung kommt, kann es sowohl                                            werden der geplanten Kontingentierung von Etopophos haben
    bei Erwachsenen als auch bei Kindern                                            wir gemeinsam mit der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie
    zur Verschlechterung der Prognose          Prof. Michael Hallek                 und Hämatologie (GPOH) und dem Bundesverband Deutscher
    führen. Dass Arzneimittelengpässe seit                                          Krankenhausapotheker (ADKA) Empfehlungen erarbeitet, die
    Jahren ein Problem sind, betonte Prof. Dr. med. Michael Hal-                    die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Etopophos,
    lek (zum Zeitpunkt der Pressekonferenz Geschäftsführender                       bei denen aus medizinischen Gründen nicht auf das alkohollös-
    Vorsitzender der DGHO), Direktor der Inneren Medizin I –                        liche Etoposid zurückgegriffen werden kann, sicherstellen konn-
    Onkologie, Hämatologie, Klinische Infektiologie, Klinische                      ten.“
    Immunologie, Hämostaseologie, Internistische Intensivme-
    dizin an der Universitätsklinik Köln und des Centrums für                       Apotheken müssen entlastet werden
    Integrierte Onkologie (CIO) Köln Bonn: „Wir stellen fest, dass                  Die Sicht der ApothekerInnen verdeut-
    die Anzahl der Lieferengpässe von Arzneimitteln in den vergan-                  lichte Prof. Dr. rer. nat. Martin Schulz,
    genen Jahren leider zugenommen hat. Das ist völlig inakzep-                     Vorsitzender der Arzneimittelkommis-
    tabel. Dass sich Lieferengpässe nicht automatisch zu Versor-                    sion der Deutschen Apotheker (AMK),
    gungsengpässen entwickeln, haben wir nur einer gemeinsamen                      Berlin: „Die Problematik der Liefer-
    Kraftanstrengung verschiedener Akteure zu verdanken.“                           engpässe hat sich in den letzten Jahren
                                                                                    deutlich verschärft. Von den etwa 450
    Erste wichtige Schritte sind gemacht                                            Millionen Rabattarzneimitteln in der
                              Ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr              GKV waren 2017 ca. 4,7 Millionen nicht
                              Transparenz und verbessertem Infor-                   lieferfähig. 2018 waren es 9,3 Millionen.    Prof. Martin Schulz
                              mationsfluss, so Prof. Dr. med. Karl                  Das ist eine Verdoppelung! Jedes 50. ra-
                              Broich, Präsident des Bundesinstituts                 battfähige Arzneimittel war betroffen. Dieser Trend hält mit 7,2
                              für Arzneimittel und Medizinproduk-                   Millionen Packungen allein im ersten Halbjahr 2019 an.“ Un-
                              te (BfArM), war die Implementierung                   tersuchungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts e.V.
                              eines Jour Fixe im Jahr 2016. „Durch                  (DAPI) zeigten, dass mengenmäßig vor allem Schmerzmit-
                              die gute Zusammenarbeit im Jour Fixe                  tel, Blutdrucksenker und Antidepressiva betroffen waren.
                              können wir im engen Austausch mit den                 Für die Apotheken bedeutet dies nach Ansicht von Schulz
    Prof. Karl Broich         medizinischen Fachgesellschaften und                  vor allem viel Arbeit: „60 Prozent wenden mindestens 10

4   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
Arzneimittelengpässe in der Onkologie                                                                                           DGHO

                                   Prozent ihrer Arbeitszeit dafür auf, Lieferengpässe zu mana-            der Produktion bedingt sind. Qualitätsmängel können in
                                   gen. Neun von zehn ApothekenleiterInnen sagen, dass Liefer-             allen Produktionsstätten auftreten. Die DGHO fordert die
                                   engpässe das größte Ärgernis in ihrem Arbeitsalltag sind. Wir           Förderung und die zuverlässige Überwachung von Produk-
                                   wissen aus einer Umfrage bei den AMK-Referenzapotheken,                 tionsstätten nach EU-Standard.
                                   dass Apotheken trotz dieser Hindernisse stets versuchen, die
                                   adäquate Arzneimittelversorgung in Deutschland sicherzustel-          Politik ist gefordert
                                   len und damit die Patientensicherheit zu wahren. Dies bedarf          Dass das Thema von Liefer- und Ver-
                                   hoher fachlicher Expertise, interprofessioneller Zusammenar-          sorgungsengpässen auch in der politi-
                                   beit und einer intensiven Beratung der PatientInnen, denn nicht       schen Debatte angekommen ist, mach-
                                   immer steht ein Arzneimittel eines anderen Herstellers mit dem        te Michael Hennrich (CDU), Mitglied im
                                   identischen Wirkstoff als vollwertige Alternative zur Verfügung.      Bundestag und Obmann im Ausschuss
                                   Dann muss beispielsweise Rücksprache mit dem verschreiben-            für Gesundheit, deutlich: „Patientin-
                                   den Arzt zwecks einer Alternativverordnung gehalten werden,           nen und Patienten sind zurecht beunru-
                                   oder die Versorgung des Patienten wird durch Anfertigung eines        higt, wenn ihr gewohntes Arzneimittel in
                                   Rezepturarzneimittels sichergestellt.“ Letzteres bestätigten          der Apotheke nicht erhältlich ist. Daher
                                   laut Schulz über 55 Prozent der befragten Krankenhausapo-             müssen wir Lieferengpässen von Medika-    Michael Hennrich
                                   theken und knapp 20 Prozent der öffentlichen Apotheken.               menten nachhaltiger vorbeugen und eine
                                   Schulz ergänzte: „Wir fordern seit langem, dass Probleme in           dauerhaft zuverlässige Versorgung mit sicheren Arzneimitteln
                                   der Lieferkette vor allem frühzeitig erkannt und kommuniziert         gewährleisten.“ Mit dem jüngst verabschiedeten Gesetz für
                                   werden müssen. Es bedarf jetzt einer gesetzlichen Meldepflicht        mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) hat
                                   für pharmazeutische Unternehmen, umfassende Informationen             der Gesetzgeber zwar verschiedene Maßnahmen verankert.
                                   allen Beteiligten schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, da-      Darüber hinaus sind aber eine ganze Reihe von weiterge-
                                   mit Apotheken rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen können.“           henden Schritten notwendig. Dazu gehörten, so Hennrich,
                                                                                                         Transparenz über das Liefer- und Marktgeschehen, verbind-
                                   DGHO fordert konkrete Maßnahmen                                       liche Meldepflichten, längere Vorratshaltung, Exportbe-
                                   Mit Blick auf die von Schulz angespro-                                schränkung im Falle bestehender Lieferengpässe, Anpassung
                                   chenen weiterhin bestehenden Defizi-                                  der Ausschreibungs- und Vergabemodalitäten und Erhöhung
                                   te erläuterte Prof. Dr. med. Bernhard                                 der Marktchancen und damit den Absatz für Arzneimittel
                                   Wörmann, Medizinischer Leiter der                                     „Made in Europe“.
                                   DGHO, die in der von der DGHO vor-
                                   gelegten Aktualisierung enthaltenden                                  Trotz aller positiven Entwicklungen:
                                   Forderungen zur Vermeidung von Lie-                                   Die Bedrohung bleibt
                                   fer- und Versorgungsengpässen. Diese                                  Zum Abschluss der Pressekonferenz betonte Hallek, dass
                                   sind u. a.:                                                           das Thema von Liefer- und Versorgungsengpässen trotz al-
                                                                                Prof. Bernhard Wörmann   ler positiven Entwicklungen nichts an Brisanz und Dramatik
                                   • Register mit Meldepflicht:                                          eingebüßt hat. „Wir haben es in den vergangenen Jahren lei-
                                     Ein Register ist (in der Onkologie) nur brauchbar, wenn es          der viel zu oft erlebt, dass wir als Ärztinnen und Ärzte mit der
                                     zuverlässig über alle Arzneimittel einschließlich der sup-          Situation konfrontiert waren, dass unverzichtbare Arzneimittel
                                     portiven Therapie Auskunft gibt. Die DGHO fordert ein               nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung standen. Wir soll-
                                     verpflichtendes Register für alle Lieferengpässe.                   ten im Sinne unserer Patientinnen und Patienten alles dafür
                                                                                                         tun, dass in der Bundesrepublik Deutschland mit ihrem exzel-
                                   • Schutz unverzichtbarer Arzneimittel:                                lenten Gesundheitssystem so etwas nicht mehr an der Tages-
                                     Im März 2019 hat sich der Jour Fixe im Positionspapier zu           ordnung ist.“
                                     „Liefer- und Versorgungsengpässen beim BfArM zur Ver-
                                     tragsgestaltung zwischen Kliniken und pharmazeutischen
                                     Unternehmen mit dem Ziel einer Verbesserung der Liefer-              Die im Rahmen der Pressekonferenz vorgestellte
                                     fähigkeit versorgungsrelevanter Basistherapeutika in Kli-            ­Aktualisierung und der 9. Band der Gesundheits­
                                     niken“ auf Kriterien versorgungskritischer Lieferengpässe             politischen Schriftenreihe der DGHO „Arzneimittel­
                                     verständigt. Wirksame Maßnahmen zur Umsetzung der                     engpässe am Beispiel der Hämatologie und Onko­logie“
                                     Forderungen für die Onkologie sind:                                   können heruntergeladen werden unter:
                                     · Vorratshaltung                                                      R https://www.dgho.de/publikationen/schriftenreihen/
Fotos: Dirk Bleicker, DGHO e. V.

                                     · Verträge mit langfristiger Liefersicherheit                         arzneimittelengpaesse

                                   • Förderung qualitativ hochwertiger Herstellung von                    Die Aufzeichnung der Pressekonferenz vom
                                     Arzneimitteln:                                                       26. November 2019 ist unter folgendem Link abrufbar:
                                     Das BfArM ging 2016 davon aus, dass 90 Prozent der Lie-              R https://youtu.be/lw3OHJ6zCeM
                                     ferengpässe bei Arzneimitteln durch Qualitätsmängel in

                                                                                                                                      DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020   5
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO

    Epirubicin in der Therapie solider Tumore
    Aktuelle Empfehlungen

    Die Stellungnahme wurde von der DGHO in Kooperation mit der
    Deutschen Gesellschaft für Urologie und der Deutschen Gesell-
    schaft für Senologie erarbeitet.

    Zusammenfassung                                                      Geschichte
    Epirubicin gehört zu den Anthrazyklinen, strukturchemisch            Epirubicin ist ein Wirkstoff aus der Substanzklasse der An-
    ist es ein 4‘-Epimer von Doxorubicin. In der Versorgung wird         thrazykline [1]. Strukturchemisch unterscheidet es sich von
    Epirubicin am häufigsten bei Patienten* mit Mammakarzi-              Doxorubicin nur in der Konfiguration des 4’-C Atoms, in dem
    nom eingesetzt. Es ist aber auch bei weiteren fortgeschritte-        es nicht in axialer (Doxorubicin), sondern in äquatorialer
    nen soliden Tumoren zur systemischen Therapie und beim               Stellung angeordnet ist. Erste klinische Studien zu Epiru-
    Blasenkarzinom zur intravesikalen Therapie zugelassen.               bicin wurden ab den späten 70er Jahren durchgeführt. Die
                                                                         erste Zulassung von Epirubicinhydrochlorid erfolgte 1982
    Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte                   in Frankreich. In den USA wurde das Arzneimittel erst 1999
    (BfArM) hat die Fachkreise über einen Lieferengpass bei              durch die Food and Drug Administration (FDA) für die adju-
    Epirubicin informiert. Hintergrund sind Schwierigkeiten bei          vante Therapie des nodal positiven Mammakarzinoms zuge-
    einem der größten Hersteller, Synbias Pharma Ltd (Donetsk,           lassen.
    Ukraine), mit Hinweis auf die aktuellen politischen Gegeben-
    heiten in der Region. Es ist derzeit unklar, ob die Kapazitäten      Indikationen
    von Zulassungsinhabern, die alternative Wirkstofflieferan-           Epirubicin ist in mehreren Indikationen zugelassen. Eine
    ten nutzen, für eine vollständige Kompensation ausreichen.           Übersicht über Zulassungen und Empfehlungen aus aktuel-
                                                                         len Leitlinien gibt Tabelle 1.
    Die Sorge vor einem Versorgungsengpass ist Anlass für diese
    aktuellen Empfehlungen zum Einsatz von Epirubicin:                   In den meisten zugelassenen Indikationen wird Epirubicin
      • In den zugelassenen und in den nach aktuellen Leitlini-          auch in den aktuellen Leitlinien erwähnt. Ausnahme ist das
        en empfohlenen Indikationen der systemischen Thera-              fortgeschrittene Ovarialkarzinom. Beim Adenokarzinom des
        pie kann Epirubicin durch Doxorubicin ersetzt werden,            distalen Ösophaguskarzinom wird Epirubicin analog zum
        ohne dass das Therapieziel einer Verlängerung der Über-          fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens eingesetzt, ist
        lebenszeit gefährdet wird.                                       aber formal nicht zugelassen.
      • Unter Epirubicin treten gegenüber Doxorubicin bei glei-
        cher Dosierung weniger Nebenwirkungen auf, insbe-                Epirubicin steht nicht auf der aktuellen WHO Model List of
        sondere Übelkeit/Erbrechen, Neutropenie und kardiale             Essential Medicines [15].
        Toxizität. Bei Verwendung von Doxorubicin anstelle von
        Epirubicin muss die Dosis an die jeweilige, in Leitlinien
        empfohlene Standarddosierung angepasst werden.                   * Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.

    Tabelle 1: Indikationen zum Einsatz von Epirubicin

      Indikation                                          Applikation                Zulassung                   aktuelle Leitlinien
      (alphabetische Reihenfolge)

      Blasenkarzinom                                      intravesikal               X [2]                       S3 [3]

      Hepatozelluläres Karzinom                           systemisch                                             S3 [4]

      Lungenkarzinom (kleinzellig)                        systemisch                 X                           Onkopedia [5], S3 [6]

      Magenkarzinom, fortgeschritten                      systemisch                 X                           Onkopedia [7], S3 [8]

      Mammakarzinom                                       systemisch                 X                           AGO [9], Onkopedia [10],
                                                                                                                 S3 [11]

      Ösophaguskarzinom (distal), fortgeschritten         systemisch                                             Onkopedia [12], S3 [13]

      Ovarialkarzinom, fortgeschritten                    systemisch                 X

      Weichgewebssarkome, fortgeschritten                 systemisch                 X                           Onkopedia [14]

6   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
Epirubicin in der Therapie solider Tumore                                                                                     DGHO

Tabelle 2: Empfehlungen zum Ersatz von Epirubicin bei einem Versorgungsengpass

  Indikation                                 Therapeutische Alternative                 Evidenz

  Blasenkarzinom                             Doxorubicin, Mitomycin C                   indirekter Vergleich

  Hepatozelluläres Karzinom                  Doxorubicin                                indirekter Vergleich

  Lungenkarzinom (kleinzellig)               Doxorubicin                                indirekter Vergleich

  Magenkarzinom                              Doxorubicin                                indirekter Vergleich

  Mammakarzinom                              Doxorubicin                                randomisierte kontrollierte Studien

  Ösophaguskarzinom (Adeno-Ca.)              Doxorubicin                                indirekter Vergleich

  Weichgewebssarkome                         Doxorubicin                                randomisierte kontrollierte Studien

Vergleich von Epirubicin und Doxorubicin
                                                                  raler Blasenresektion (TUR-B). Die einmalige, postoperative,
Wirksamkeit                                                       intravesikale Frühinstillation von Zytostatika (Doxorubicin,
Die meisten randomisierten Studien zum Vergleich von Epi-         Epirubicin oder Mitomycin C) führt zu einer signifikanten
rubicin gegenüber dem früher eingeführten Doxorubicin             Senkung des Rezidivrisikos. Die dabei eingesetzten und in
wurden bei Patientinnen mit Mammakarzinom durchge-                Leitlinien empfohlenen Zytostatika wurden gegenüber Kon-
führt. Dabei wurden sowohl Monotherapien als auch Kom-            trollen, aber nicht untereinander verglichen [21].
binationstherapien verglichen. Bei gleicher Dosierung fan-
den sich keine Unterschiede in den Ansprechraten und im           Sicherheit/Nebenwirkungen
Gesamtüberleben [16, 17]. Das günstigere Nebenwirkungs-           Bei gleicher Dosis trat in den randomisierten Studien zum
spektrum hat zum vermehrten Einsatz von Epirubicin in             Mammakarzinom unter Epirubicin gegenüber Doxorubicin
Studien geführt, bei denen höhere Dosierungen mit dem Ziel        signifikant weniger Übelkeit/Erbrechen, Neutropenie und
einer höheren Wirksamkeit eingesetzt wurden. Dabei zeig-          kardiale Toxizität auf [16]. In den vergleichenden EORTC-
ten sich beim Mammakarzinom in den Metaanalysen höhere            Studien bei Patienten mit Weichteilsarkomen wurden in den
Ansprechraten, aber keine Verlängerung der Gesamtüberle-          Epirubicin-Armen bei gleicher Dosierung niedrigere Raten
benszeit [16].                                                    an Neutropenie und Alopezie registriert [18].

Auch bei Patienten mit Weichteilsarkomen wurde Epirubicin         Die kardialen Nebenwirkungen sind mit Blick auf die Lang-
zunächst in gleicher, dann in höherer Dosierung gegenüber         zeitkomplikation einer irreversiblen Kardiomyopathie von
Doxorubicin verglichen. Dabei zeigten sich moderate Un-           besonderem Interesse. Bei Kindern/Jugendlichen ist dieses
terschiede in den Ansprechraten, aber keine signifikanten         Problem von geringer Bedeutung [22], steigt aber mit zuneh-
Unterschiede in Bezug auf das progressionsfreie und das Ge-       mendem Alter der Patienten. In neueren Metaanalysen zur
samtüberleben [18].                                               Kardiotoxizität wurde neben Doxorubicin und Epirubicin auch
                                                                  liposomales Doxorubicin verglichen. Dabei zeigten sich bei
In den weiteren zugelassenen oder empfohlenen Indikati-           Nicht-Überschreiten der kumulativen Toxizitätsgrenzen keine
onen war zuerst die Wirksamkeit von Doxorubicin gezeigt           signifikanten Unterschiede zwischen Doxorubicin und Epiru-
worden, z. B. beim fortgeschrittenen Adenokarzinom des            bicin, aber eine signifikant niedrigere Kardiotoxizität von lipo-
Magens [19]. Basierend auf in-vitro-Untersuchungen und in         somalem Doxorubicin gegenüber Doxorubicin [23, 24].
Analogie zu den vergleichenden Daten beim Mammakarzi-
nom wurden dann Therapieschemata entwickelt, in denen             Eine belastende Nebenwirkung von Anthrazyklinen ist das
Epirubicin Doxorubicin ersetzte. Ziel war vor allem eine Do-      Risiko von Paravasaten. Diese können sowohl unter Epiru-
sissteigerung des Anthrazyklins bei gleicher oder geringerer      bicin als auch und Doxorubicin auftreten, und erfordern die
Toxizität [20]. Epirubicin-haltige Regime gehören heute zum       sofortige Einleitung von Gegenmaßnahmen.
Standard in der systemischen Therapie des fortgeschrittenen
Adenokarzinoms von Magen und Ösophagus [7, 8, 12, 13].            Empfehlungen
                                                                  Aus den vorliegenden Daten lassen sich Empfehlungen zum
Eine andere Indikation ist die intravesikale Gabe bei Patienten   Ersatz von Epirubicin durch andere Zytostatika ableiten,
mit klinisch nicht-invasivem Blasentumor nach transureth-         ­siehe Tabelle 2.                                     »

                                                                                               DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020    7
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO                                                                                                                 Epirubicin in der Therapie solider Tumore

    Referenzen
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        Magenkarzinom_Diagnostik_Therapie_Adenokarzinome_oesophagogastra-                 cancer: meta-analyses of long-term outcome among 100.000 women in
        ler_Uebergang_2019-12.pdf                                                         123 randomised trials. Lancet 379:432-444, 2012. DOI: 10.1016/S0140-
    9. Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie: Diagnostik und Therapie              6736(11)61625-5
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                                                                                          Drugs 45:788-856, 1993. DOI: 10.2165/00003495-199345050-00011
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    ESH und DGHO                                                                          motherapy for advanced pancreatic and gastric cancer. DOI: 10.1200/
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    schließen Kooperation                                                             21. Sylvester, R.J., W. Oosterlinck, and J.A. Witjes, The schedule and duration
                                                                                          of intravesical chemotherapy in patients with non-muscle-invasive blad-
                                                                                          der cancer: a systematic review of the pu blished results of randomized cli-
                                                                                          nical trials. Eur Urol 53:709-719, 2008. DOI: 10.1016/j.eururo.2008.01.015
    Die ESH European School of                                                        22. Stöhr W, Paulides M, Brecht I et al.: Comparison of epirubicin and doxoru-
    Hema­tology setzt sich für die                                                        bicin cardiotoxicity in children and adolescents treated within the German
    Weiterbildung der ärztlich Tätigen                                                    Cooperative Soft Tissue Sarcoma Study (CWS). J Cancer Res Clin Oncol
                                                                                          132:35-40, 2006. DOI: 10.1007/s00432-005-0041-0
    im Bereich der Hämatologie
                                                                                      23. Van Dalen, Michiels EMC, Caron HN, Kremer LCM: Different anthracycline
    und ihrer verwandten                                                                  derivates for reducing cardiotoxicity in cancer patients (Review). Cochrane
    medizinischen Gebiete ein.                                                            Database of Systematic Reviews. Issue 5, 2010. Art. No.: CD005006. Latest
    Die ESH wurde 1985 gegründet                                                          edition, 2016. DOI: 10.1002/14651858.CD005008.pub4
    und bietet in Europa Konferenzen und Seminare                                     24. Yamaguchi N, Fujii T, Aoi S et al.: Comparison of cardiac events associated
                                                                                          with liposomal doxorubicin, epirubicin and doxorubicin in breat cancer: a
    zur Grundlagenforschung, Entwicklung neuer                                            Bayesian network meta-analysis. Eur J Cancer 51:2314-2320, 2015. DOI:
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    https://www.esh.org/                                                              Die Stellungnahme wurde von Prof. Dr. Bernhard Wörmann zu-
                                                                                      sammen Prof. Dr. Sara Brucker (Universitätsklinikum Tübingen,
    Die ESH und die DGHO haben eine Kooperation                                       Forschungsinstitut für Frauengesundheit, Tübingen), Prof. Dr.
    geschlossen, die es den DGHO-Mitgliedern                                          Marc-Oliver Grimm (Universitätsklinikum Jena, Urologische
    ermöglicht alle Veranstaltungen der ESH mit                                       Klinik und Poliklinik, Jena), Prof. Dr. Bernd Kasper (Univer-
    einem Rabatt in Höhe von 20 % zu buchen.                                          sitätsmedizin Mannheim, Interdisziplinäres Tumorzentrum,
    Diese Vereinbarung gilt ab sofort für zwei Jahre.                                 Mannheim), Prof. Dr. D. Lüftner (Charité Campus Virchow,
    Bei Online-Anmeldungen zu Konferenzen der ESH                                     Med. Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tu-
    können DGHO Mitglieder über einen separaten                                       morimmunologie, Berlin), und Prof. Dr. Jochen Schütte (Über-
    Anmelde-Button und unter Angabe ihrer DGHO-                                       örtliche Schwerpunktpraxis für Hämatologie/Onkologie/ambu-
    Mitgliedsnummer ihre Buchung abschließen.                                         lante Tumortherapie, Düsseldorf) erarbeitet.

8   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO

NTRK-Inhibitoren als sogenannte
tumoragnostische Arzneimittel
Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie

Die Stellungnahme wurde von der DGHO in Kooperation mit           • Die Selektion der geeigneten Methodik zum Nachweis von
der Deutschen Gesellschaft für Pathologie, der Gesellschaft für     NTRK-Genfusionen hängt von der zu erwartenden Präva-
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, der Österreichischen        lenz, den beteiligten Genen und dem Tumortyp ab. Gold-
Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie sowie der Schwei-        standard sind RNA-NGS-basierte Verfahren. Die Pan-TRK-
zerischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie erarbeitet.       Immunhistologie kann bei Tumorentitäten mit niedriger
                                                                    Prävalenz von NTRK-Fusionsgenen als vorgeschaltetes
1. Zusammenfassung                                                  Screening-Verfahren eingesetzt werden, Ausnahme sind
Im September 2019 wurde Larotrectinib (Vitrakvi®) als ers-          Hirntumoren aufgrund der hohen Hintergrundexpression
tes, sogenanntes tumoragnostisches, d. h. primär durch die          von NTRK im ZNS. Bei Entitäten, in denen eine Multi-
molekulare Alteration indiziertes Arzneimittel in der Euro-         genanalytik den diagnostischen Standard darstellt, sollen
päischen Union (EU) zugelassen. Larotrectinib wird als Mo-          NTRK-Translokationen inkludiert werden. Die molekular-
notherapie zur Behandlung von erwachsenen und pädiatri-             biologischen Analysen müssen in die weiteren Schritte der
schen Patienten* mit soliden Tumoren und Nachweis einer             Diagnostik integriert sein.
neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion
eingesetzt. Es ist zugelassen bei lokal fortgeschrittener oder    NTRK-Inhibitoren sind eine neue, wirksame Therapieopti-
metastasierter Erkrankung, für die keine zufriedenstellen-        on für Tumorpatienten mit nachgewiesenen, erworbenen
den Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Die Zulassung          NTRK-Genfusionen in den Tumorzellen. Die Ansprechra-
von Larotrectinib in der Schweiz steht noch aus. Als weiterer     ten sind hoch, die Wirkung tritt schnell ein. Allerdings ist
NTRK-Inhibitor wurde Entrectinib (RozlytrekTM) im Juni 2019       die Datenlage noch lückenhaft, bedingt durch die Seltenheit
in Japan und im August 2019 von der US-amerikanischen Zu-         dieser Aberrationen, ihre Heterogenität mit Auftreten in un-
lassungsbehörde FDA zugelassen, ebenfalls für NTRK-Fusi-          terschiedlichen Tumorentitäten mit unterschiedlich aggres-
ons-positive solide Tumoren ohne Organbezug.                      siver Biologie und durch die kurze Nachbeobachtungszeit
                                                                  der Zulassungsstudien. Wir empfehlen die Einleitung einer
Diese Zulassung stellt uns vor neue Herausforderungen.            NTRK-Diagnostik bei den geeigneten Patienten spätestens
NTRK-Genfusionen sind selten und heterogen. Unsere Emp-           während der letzten leitliniengerechten Therapielinie. Zu-
fehlungen sind:                                                   sätzlich sollten Patienten in einer palliativen Therapiesitu-
• Die Indikation zur Anforderung einer Testung auf Nach-          ation über die Möglichkeit des Vorhandenseins einer NRTK-
  weis von NTRK-Genfusionen soll zielgerichtet erfolgen. Es       Fusion informiert werden und die Testung ggf. im Rahmen
  gibt zwei patientenrelevante Ziele:                             einer gemeinsamen Entscheidungsfindung bereits in einer
  · Diagnose: Bei einigen seltenen Tumorerkrankungen ist          früheren Therapielinie erfolgen. Die Einleitung einer Thera-
    der Nachweis des Fusionsgens ETV6-NTRK3 entschei-             pie mit NTRK-Inhibitoren erfolgt entitätenspezifisch unter
    dend für die exakte Diagnose und sollte zum Zeitpunkt         Berücksichtigung verfügbarer Therapieoptionen und patien-
    der Diagnosestellung erfolgen. Bei diesen Patienten           tenindividueller Faktoren.
    ist der Nachweis zudem prädiktiv für den Einsatz eines
    NTRK-Inhibitors.                                              Alle Behandlungen sollten im Rahmen klinischer Studien
  · Therapie: Die zielgerichtete Testung auf eine NTRK-           durchgeführt oder in qualitätsgesicherten, prospektiv ange-
    Fusion ist indiziert, wenn bei positivem Testergebnis der     legten Registern dokumentiert werden. Register sollen in-
    Einsatz eines NTRK-Inhibitors bei dem jeweiligen Krank-       ternational vernetzt sein und einen Vergleich mit Daten aus
    heitsbild die bestverfügbare Behandlung im Vergleich          krankheitsbezogenen, klinischen Registern ermöglichen. Sie
    mit anderen Therapieoptionen darstellt. Die Testung soll      sollen auch Erkenntnisse über primäre und sekundäre Resis-
    rechtzeitig eingeleitet werden. Das Untersuchungsmaterial     tenzmechanismen liefern.
    soll repräsentativ für den aktuellen Krankheitsstatus sein.
    Die Entscheidung über die bestverfügbare Behandlung           2. Hintergrund
    orientiert sich an den individuellen Therapiezielen des       Die systemische Therapie von Tumorpatienten erlebt derzeit
    Patienten und dem Vergleich mit den verfügbaren Al-           einen bisher einmaligen Innovationsschub. Basis sind Fort-
    ternativen. Die vergleichende Bewertung erfolgt in der        schritte der Grundlagenforschung, vor allem in der Identifi-
    Regel nicht tumoragnostisch, sondern auf der Basis von        kation therapeutisch relevanter genetischer Veränderungen
    Daten, die im Kontext von Organbezug und Histologie er-       in den Tumorzellen, aber auch in der Interaktion der Tu-
    hoben wurden.                                                 morzellen mit ihrer Umgebung, z. B. mit dem Immunsystem.
• In die Bewertung der Sicherheit von NTRK-Inhibitoren,           Entscheidend für die Entwicklung wirksamer Arzneimittel
  auch im Hinblick auf Medikamenten-Interaktionen, sollen         auf der Basis molekularer Aberrationen war die Identifika-
  Daten unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus allen          tion sogenannter Treiberalterationen. Diese bezeichnen ins-
  bisherigen Behandlungen einfließen. Hier muss zwischen          besondere aktivierende Mutationen, aber auch Genfusionen,
  den Erfahrungen bei Erwachsenen und bei Kindern/Ju-             die entscheidend für die Entstehung und/oder die Ausbrei-
  gendlichen differenziert werden.                                tung der malignen Erkrankung sind [1]. Viele dieser moleku-

                                                                                             DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020   9
RUNDSCHREIBEN MITGLIEDER - Staffelwechsel bei der DGHO
DGHO                                                                    NTRK-Inhibitoren als sogenannte tumoragnostische Arzneimittel

     laren Aberrationen sind nicht spezifisch für eine bestimmte      mit ungedecktem medizinischem Bedarf aufgenommen. Eine
     maligne Erkrankung, sondern können bei sehr unterschied-         Zulassung für die EU und für die Schweiz besteht bisher nicht.
     lichen Malignomen auftreten. Entsprechend können zielge-
     richtete, für eine bestimmte Erkrankung entwickelte Arz-         3. Grundlagen
     neimittel auch bei anderen Tumorentitäten mit identischer        Die NTRK-Rezeptoren (synonym: TRK-Rezeptoren) sind
     molekularer Veränderung wirksam sein. Der Türöffner für          eine Familie von Tyrosinkinasen. Unterschieden werden
     die klinische Einführung kleiner zielgerichteter Moleküle        NTRK1 (TRKA), NTRK2 (TRKB) und NTRK3 (TRKC). Nach der
     war Imatinib für die Therapie der ABL/BCR positiven chro-        Embryogenese haben sie physiologisch eine zentrale Funk-
     nischen myeloischen Leukämie (CML) [2]. Imatinib ist inzwi-      tion in der Entwicklung des Nervensystems. Liganden sind
     schen für 5 weitere, maligne Erkrankungen zugelassen [3].        Neurotrophine.

     Die Wirksamkeit eines zielgerichteten Inhibitors kann in         Erworbene, molekulare Aberrationen mit Beteiligung der
     verschiedenen Indikationen stark variieren. So reichen die       NTRK-Gene werden in sehr unterschiedlichen Malignomen
     Ansprechraten der Inhibitoren bei BRAF V600-Mutationen           gefunden. Dabei sind aus pathophysiologischer und klini-
     von >90% [4] bei der Haarzellleukämie über 50% [5] beim          scher Sicht zwei Krankheitsgruppen zu differenzieren.
     Melanom bis zu
NTRK-Inhibitoren als sogenannte tumoragnostische Arzneimittel                                                               DGHO

Die Translokation ETV6-NTRK3 wurde auch beim Strahlen-             Während das genetische Bild sehr heterogen ist, ist der da-
therapie-induzierten, papillären Schilddrüsenkarzinom [15]         durch induzierte biochemische Prozess homogener. Die
und bei der sogenannten „Philadelphia-Like ALL“ gefunden           Genfusionen führen zur konstitutiven Aktivierung oder
[16].                                                              Phosphorylierung der Kinasedomäne von NTRK und damit
                                                                   zur Stimulation von Signalübertragungswegen der Zellproli-
3.2. Malignome mit Nachweis anderer NTRK-Genfusio-                 feration und des Überlebens. Der Prozess ist schematisch in
nen                                                                Abbildung 1 dargestellt.
Die erste Genfusion TPM3-NTRK1 wurde bereits 1982 beim
kolorektalen Karzinom publiziert [1]. Bei vielen anderen Ma-       4. Diagnostik
lignomen wurden Fusionen der drei Kinasen (NTRK1, NTRK2            Voraussetzung für den Einsatz eines NTRK-Inhibitors ist
und NTRK3) mit unterschiedlichen Partnergenen gefunden,            der Nachweis einer NTRK-Genfusion. Anders als in der FDA-
bisher wurden über 25 Fusionspartner identifiziert [17, 18, 19].   Zulassung müssen in der EU-Zulassung keine bekannten, er-
                                                                   worbenen Resistenzmutationen ausgeschlossen werden.
Im Kindesalter können neben infantilen Fibrosarkomen
NTRK1-3-Genfusionen insbesondere bei niedrig- und hoch-            Die Anforderung einer NTRK-Diagnostik ist zielgerichtet. Es
gradigen Gliomen auftreten, bei hochgradigen Gliomen im            gibt zwei Indikationen:
ersten Lebensjahr wird in bis zu 30% eine NTRK-Fusion nach-        • Diagnosesicherung bei klinischem und histologischem
gewiesen [20, 21]. Auch bei anderen Weichgewebstumoren               Verdacht auf eine Entität, in der der Nachweis einer NTRK-
bei Kindern und Erwachsenen, z. B. gastrointestinalen Strom-         Fusion diagnostisch richtungsweisend ist. Dazu zählen
tumoren (GIST), Spindelzellsarkomen, undifferenzierten               u. a. infantile Fibrosarkome, kongenitale mesoblastische
Sarkomen, myoperizytären/myofibroblastischen Tumoren                 Nephrome, sekretorische Mamma- oder Speicheldrüsen-
wurden NTRK-Genfusionen nachgewiesen. Kürzlich wurden                karzinome, aber auch niedriggradige Gliome des Kindes-
NTRK1-Fusionen als pathognomonisch für sogenannte „lipo-             alters ohne die charakteristische KIAA1549-BRAF Fusion
fibromatosis-like neural tumors“, beschrieben [22].                  oder BRAF V600E-Mutation, infantile hochgradige Gliome
                                                                     und andere Weichgewebstumore bei Kindern und Erwach-
Neben Fusionen sind weitere Aberrationen wie Punktmu-                senen (siehe Abschnitt 3.2).
tationen, Insertionen, Deletionen und Genamplifikationen           • Onkologische Indikation zur Therapie mit einem NTRK-
in den NTRK-Genen gefunden worden u. a. bei der akuten               Inhibitor bei Nachweis einer NTRK-Fusion gegeben, siehe
myeloischen Leukämie (AML), bei kolorektalem Karzinom,               Kapitel 5.
Lungenkarzinom, Melanom, Neuroblastom, Ovarialkar-
­
zinom und Weichgewebssarkomen. Diese Veränderungen                 Die Durchführung der molekularbiologischen Analysen
können onkogen sein. Ihre Relevanz im Einzelfall und ihre          muss in die weiteren Schritte der Diagnostik integriert sein.
funktionelle Bedeutung sowie Sensitivität gegenüber NTRK-          Wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaften haben
Inhibitoren ist bisher nicht vollständig klar.                     Anfang 2019 in einem Positionspapier die verschiedenen
                                                                   Schritte eines integrativen Ansatzes molekularer Diagnostik
                                                                   beschrieben. Das angepasste Vorgehen in Bezug auf NTRK-
                                                                   Genfusionen ist in Abbildung 2 graphisch dargestellt [23, 24].

                                                                   Für den Nachweis von NTRK-Genfusionen und die Indikation
                                                                   zur Therapie mit einem NTRK-Inhibitor stehen verschiede-
                                                                   ne technische Möglichkeiten zur Verfügung. Der Einsatz der
                                                                   jeweiligen Methodik hängt vor allem von der Fragestellung,
                                                                   ggf. auch von der Erfahrung und den Ressourcen ab [23, 25].

                                                                   Immunhistologie
                                                                   Die Pan-TRK-Immunhistologie kann bei Tumorentitäten mit
                                                                   niedriger Prävalenz von NTRK-Fusionsgenen als vorgeschal-
                                                                   tetes Screening-Verfahren eingesetzt werden. In jedem Fall
                                                                   und in allen Konstellationen muss ein positives Ergebnis in
                                                                   der Immunhistologie mittels Next-Generation-Sequencing
                                                                   (NGS)/Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH) als fu-
                                                                   sionspositiv bestätigt werden. Je niedriger die Sensitivität,
                                                                   umso höher das Risiko für falsch-negative Ergebnisse.

                                                                   Aktuelle Daten eines Zentrums ergeben für die Pan-NTRK-
Abbildung 1: Mechanismus der Signalübertragung durch chimäre       Immunhistologie eine Sensitivität von 88% und eine Spezifi-
NTRK-Genfusionen [17]                                              tät von 81% [25]. Eine besonders hohe Sensitivität fand sich

                                                                                               DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020   11
DGHO                                                                                   NTRK-Inhibitoren als sogenannte tumoragnostische Arzneimittel

     Abbildung 2: Indikation und Durchführung molekularer Diagnostik zum Nachweis von NTRK-Genfusionen

     bei NTRK1-(96%) und bei NTRK2-(100%) Fusionen, ebenso                         100%, aber nur eine Sensitivität von 81%. Ursächlich für die
     beim kolorektalen Karzinom, Lungen-, Schilddrüsen-, Pan-                      falsch-negativen Ergebnissen in fokussierten DNA-basierten
     kreaskarzinom und bei biliären Tumoren (jeweils 100%). Die                    Assays sind biologische und technische Gründe wie das feh-
     Detektion des Vorliegens einer NTRK3-Fusion mittels Im-                       lende Abgreifen intronischer/intergenischer Bruchpunktre-
     munhistologie ist mit einer geringeren Sensitivität verbun-                   gionen und schwer lesbare GC-reiche Regionen [23].
     den (ca. 80%) [25].
                                                                                   Fokussierte Assays auf RNA-Ebene, die das Fusionstranskript
     Die NTRK-Immunhistologie erfordert Erfahrung, da posi-                        nachweisen, weisen eine höhere Sensitivität auf. Allerdings
     tive Signale in diversen Zellkompartimenten vorkommen                         ist zu beachten, dass es sich bei den eingesetzten Verfahren
     können. Zudem sind NTRKs auch ohne Fusionsereignis in                         nicht um eine vollständige Transkriptomanalytik handelt
     einigen neural oder glattmuskulär differenzierten Tumoren                     und somit auch hier, in Abhängigkeit vom verwendeten As-
     überexprimiert, damit ist die Immunhistochemie bei Hirntu-                    say, falsch-negative Ergebnisse möglich sind.
     moren zur Diagnostik nicht geeignet.
                                                                                   Detaillierte technische Kenntnisse zu den Vor- und Nachtei-
     Next-Generation-Sequencing (NGS)-basierte Verfahren                           len der einzelnen NGS-basierten Assays sind für die Inter-
     RNA-NGS-basierte Verfahren mit Erfassung aller Tran-                          pretation und Kommunikation der Testergebnisse von zen-
     skript-Varianten gelten als derzeitiger Goldstandard zum                      traler Bedeutung.
     definitiven Nachweis von NTRK-Fusionsgenen [23, 25]. Bei
     NGS-Verfahren zur Detektion einer NTRK-Genfusion ist zwi-                     NGS oder FISH-Analytik (s. u.) sollte im Hochprävalenzset-
     schen RNA- und DNA-basierten Methoden zu unterscheiden.                       ting als bevorzugtes diagnostisches Verfahren zum Einsatz
     DNA-NGS-basierte Verfahren haben eine Spezifität von fast                     kommen, siehe Abbildung 2.

12   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
NTRK-Inhibitoren als sogenannte tumoragnostische Arzneimittel                                                                      DGHO

Zudem sollte in Entitäten, in denen eine Multigenanalytik       biditäten. In der Zulassungsstudien zu Larotrectinib waren
insbesondere unter Einschluss von Translokationen den di-       viele Kinder und Jugendliche eingeschlossen.
agnostischen Standard darstellt, die zur Anwendung kom-
mende RNA-NGS-Methodik so modifiziert werden, dass sie          5.2. Wirksamkeit
unmittelbar NTRK-Translokationen inkludiert.                    Die Wirksamkeit eines Arzneimittels kann tumoragnostisch
                                                                erfasst werden, um einen Eindruck vom Einfluss des Arz-
Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH)                       neimittels auf die relevanten Endpunkte zu gewinnen. Re-
Die Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung (FISH) kann als          levante Endpunkte in der palliativen Behandlungssituation
dreifache FISH (für NTRK1/2/3) ebenso wie RT-PCR-Verfah-        bei Krebspatienten sind vor allem Gesamtüberlebenszeit,
ren zum Nachweis von bekannten Fusionsereignissen bei Tu-       progressionsfreies Überleben mit Verbesserung klinischer
morentitäten mit hoher Prävalenz von NTRK-Fusionsgenen          Parameter oder Funktionserhalt (PFS plus), Lebensqualität,
eingesetzt werden. Bei Szenarien mit niedriger Prävalenz        Patient-Reported-Outcome und unerwünschte Wirkungen.
und/oder hoher Diversität von möglichen Fusionspartnern
ist FISH als Primärdiagnostikum nicht indiziert.                Die der EMA-Zulassung zugrundeliegenden Daten zur Wirk-
                                                                samkeit von Larotrectinib sind auf Ansprechrate und Dau-
                                                                er des Ansprechens begrenzt. Die Gesamtansprechrate von
5. Therapie                                                     Larotrectinib in dem gemischten Patientenkollektiv lag bei
Die Zulassung von Larotrectinib erfolgte auf der Basis von      72%, der Median der Remissionsdauer war zum Zeitpunkt
drei Phase I/II-Studien [26-30].                                des Datenschnittes für die Zulassung nicht erreicht. Das Al-
                                                                ter der Patienten lag im Median bei 47 Jahre (0–80 Jahre).
5.1. Sicherheit                                                 Die Daten sind in Tabelle 1 mit den Informationen aus der
Die Sicherheit von Larotrectinib (Vitrakvi®) wurde bei 125      deutschen Fachinformation zusammengefasst [30].
Patienten erfasst, 30% der Patienten waren pädiatrisch. Ne-
benwirkungen im Grad 3/4 traten bei 5% der Patienten auf,       Tabelle 1: Ansprechraten und Ansprechdauer bei Einsatz
nicht bei Kindern und Jugendlichen. Die häufigsten Ne-          von Larotrectinib [30]
benwirkungen waren (in absteigender Häufigkeit): Fatigue
                                                                    Tumortyp                                 N1     ORR2          DOR3
(32%), erhöhte ALT (31%), Schwindelgefühl (30%), erhöhte
                                                                    Weichteilsarkom4                         21     81            78
AST (29%), Obstipation (29%), Übelkeit (26%), Anämie (24%)
                                                                    Speicheldrüse                            17     88            91
und Erbrechen (20%). Larotrectinib ist ein schwacher Inhibi-
tor von CYP3A, ein Induktor von CYP2B6 und ein Inhibitor            Infantiles Fibrosarkom                   13     92            60
von OATP1B1. Sicherheitsdaten zu Kindern und Jugendli-              Schilddrüse                              10     70            86
chen unter Langzeitexposition von Larotrectinib liegen nicht        Primärer ZNS-Tumor5                      9      11            n. e.6
vor, vor allem liegen keine Daten zu spezifisch pädiatrischen       Lunge                                    7      71            75
unerwünschten Wirkungen wie Einfluss auf Wachstum, Pu-              Melanom                                  7      43            50
bertät und die neurokognitive Entwicklung vor.                      Kolon                                    6      33            n. e.6
                                                                    Gastrointestinaler Stromatumor           4      100           67
Für die FDA-Zulassung von Entrectinib (Rozlytrek®) wurden
                                                                    Knochensarkom                            2      50            0
Daten von 51 Patienten mit ROS1-positivem NSCLC und
von 54 Patienten mit NTRK-Genfusionen erfasst [31-34].              Cholangiokarzinom                        2      SD9, n. a.7   n. z.8
Auch unter Entrectinib war die Rate von Nebenwirkungen              Kongenitales mesoblastisches             1      100           n. e.6
                                                                    Nephrom
im Grad 3/4 niedrig. Die häufigsten Nebenwirkungen waren
(in absteigender Häufigkeit): Fatigue, Obstipation, Dysgeu-         Appendix                                 1      SD9           n. z.8
sie, Ödeme, Verwirrtheit, Diarrhoe, Übelkeit, Dysästhesie,          Brust                                    1      PD   9
                                                                                                                                  n. z.8
Dyspnoe, Myalgie, kognitive Störungen, Gewichtszunahme,             Pankreas                                 1      SD   9
                                                                                                                                  n. z.8
Husten, Erbrechen, Fieber, Arthralgie und Sehstörungen.             Alle                                     102    72            75
Bei erwachsenen und bei pädiatrischen Patienten wurde ein
vermehrtes Auftreten von Knochenfrakturen im Zusammen-          1
                                                                     N – Anzahl der Patienten
hang mit Entrectinib beobachtet. Entrectinib ist ein mäßig-     2
                                                                     ORR – Ansprechrate (Overall Response Rate) in %
gradiger bis starker Inhibitor von CYP3A Inhibitoren und ein
                                                                3
                                                                     DOR – Remissionsdauer (Duration Of Response); Anteil der Patienten in
                                                                     Remission nach 12 Monaten, in %
mäßiggradiger bis starker Induktor von CYP3A.                   4
                                                                     Beurteilung durch ein unabhängiges Expertenkomitee anhand von RECIST
                                                                     Version 1.1
Insbesondere bei seltenen Erkrankungen ist es sinnvoll, die     5
                                                                     Beurteilung durch ein unabhängiges Expertenkomitee anhand von RANO-
Sicherheit aller behandelten Patienten zu erfassen. Voraus-          Kriterien und RECIST Version 1.1
                                                                6
                                                                     n. e. – nicht erreicht
setzung für eine Bewertung ist, dass die Kollektive in den      7
                                                                     n. a. – nicht auswertbar
Studien repräsentativ für die Patienten im deutschen, öster-    8
                                                                     n. z. – nicht zutreffend
reichischen und schweizerischen Versorgungskontext sind.        9
                                                                     PD – Progress (Progressive Disease), SD – stabile Erkrankung (Stable
Das betrifft insbesondere das Altersspektrum und Komor-              Disease)

                                                                                                   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020       13
DGHO                                                                                  NTRK-Inhibitoren als sogenannte tumoragnostische Arzneimittel

     Die der FDA-Zulassung zugrundeliegenden Daten zur Wirk-                     in den letzten Jahren zunehmend zusätzlich nach biologi-
     samkeit von Entrectinib bei soliden Tumoren mit NTRK-                       schen Parametern stratifiziert waren. Starke Empfehlungen
     Genfusionen sind ebenfalls auf die Ansprechrate und die                     in Leitlinien erfordern den direkten Vergleich verschiedener
     Dauer des Ansprechens begrenzt. Die Gesamtansprechrate                      Therapien und besonders in der Onkologie nachhaltige Da-
     von Entrectinib in dem gemischten Patientenkollektiv lag                    ten zum Einfluss der Therapie auf die Gesamtüberlebenszeit.
     bei 57%, die Remissionsdauern reichen von 2,8 – 26,0 Mona-
     te. Das Alter der Patienten lag im Median bei 57 Jahre (21–83               Damit ergibt sich für die Einordnung der NTRK-Inhibitoren
     Jahre). Die Daten sind in Tabelle 2 aus der US-amerikani-                   zum jetzigen Zeitpunkt ein heterogenes Bild. Die Entschei-
     schen Fachinformation zusammengefasst [34].                                 dung zum Einsatz eines NTRK-Inhibitors wird bei einem
                                                                                 pädiatrischen Patienten mit fortgeschrittenem infantilem
     Tabelle 2: Ansprechraten und Ansprechdauer bei Einsatz                      Fibrosarkom oder infantilem hochgradigen Gliom und weni-
     von Entrectinib [34]                                                        gen oder keinen weiteren Therapieoptionen früher gestellt
                                                                                 werden als bei einem erwachsenen Patienten mit metasta-
         Tumortyp                                   N1   ORR2      DOR3
                                                                                 siertem, solidem Tumor, für den mehrere zugelassene Arz-
         Weichteilsarkom4                           13   46        2,8-15,15
                                                                                 neimittel zur Verfügung stehen.
         Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom         10   70        1,9-20,16
         Speicheldrüse                              7    86        2,8-16,56     Der Einsatz von NTRK-Inhibitoren in der Erstlinientherapie
         Mammakarzinom                              6    83        4,2-14,86     von NTRK-Fusion positiven Tumoren im Kindes- und Ju-
         Schilddrüsenkarzinom                       5    20        7,9           gendalter sollte nur im Rahmen von prospektiven Studien
         Kolorektales Karzinom                      4    25        4,86          erfolgen. Bei pädiatrischen Tumoren ohne verfügbare Stan-
         Neuroendokrine Karzinome                   3    PR7       5,66          dardtherapie oder bei Hochrisikoerkrankungen mit primär
         Pankreaskarzinom                           3    PR, PR7   7,1-12,9
                                                                                 infauster Diagnose kann im Einzelfall auch der Einsatz in der
                                                                                 Primärtherapie diskutiert werden. Wichtig ist in jedem Fall,
         Gynäkologische Karzinome                   2    PR7       20,36
                                                                                 eine Meldung und Dokumentation dieser seltenen Fälle auf
         Cholangiokarzinom                          2    PR   7
                                                                   9,3
                                                                                 der nationalen Ebene im Kontext der entitätsspezifischen
         Alle                                       54   57        458           Studien und Register der Gesellschaft für Pädiatrische Onko-
                                                                                 logie und Hämatologie (GPOH) durchzuführen.
     1
          N – Anzahl der Patienten
     2
          ORR – Ansprechrate (Overall Response Rate) in %
     3
          DOR – Remissionsdauer (Duration Of Response) in Monaten                Bei Erwachsenen ist die Heterogenität der Tumortypen
     4
          Beurteilung durch ein unabhängiges Expertenkomitee anhand von RECIST   noch größer. Die Beurteilung der bestverfügbaren Therapie
          Version 1.1                                                            muss neben der Wirksamkeit der zur Verfügung stehenden
     5
          Spannbreite
                                                                                 Therapieoptionen auch die mit dem Alter zunehmende Ko-
     6
          zensiert
     7
          PR – partielle Remission
                                                                                 morbidität sowie die Art und den Schweregrad möglicher un-
     8
          Anteil der Patienten in Remission nach 12 Monaten, in %                erwünschter Nebenwirkungen berücksichtigen. Auch bei Er-
                                                                                 wachsenen sollen alle Behandlungen im Rahmen klinischer
     Innerhalb der jeweiligen Tumortypen waren die Patienten-                    Studien durchgeführt oder in qualitätsgesicherten Registern
     kollektive der Zulassungsstudien für beide Arzneimittel un-                 mit internationaler Vernetzung dokumentiert werden.
     terschiedlich, u. a. in Bezug auf die Histologie und die Anzahl
     der Vortherapien. Dabei wurde mit beiden NTRK-Inhibitoren                   Für alle Patienten gilt, dass die Einleitung einer Diagnostik
     ein Ansprechen auch bei Patienten mit mehr als 2 syste-                     zum Nachweis einer NTRK-Genfusion nur dann sinnvoll ist,
     mischen Vortherapien beobachtet. Die bisher vorgestellten                   wenn die Therapie mit einem NTRK-Inhibitor (bei positi-
     Daten zur medianen Gesamtüberlebenszeit der jeweiligen                      vem Ergebnis) die bestverfügbare Therapie darstellt oder der
     Studienpopulation liegen für Larotrectinib bei 44,4 Monaten                 Nachweis der Fusion in histopathologisch unklaren Fällen
     [35] und für Entrectinib bei 23,9 Monaten [36].                             diagnostisch wegweisend ist. Bei entsprechender Indikation
                                                                                 sollte sie rechtzeitig erfolgen.
     Das Ansprechen auf die NTRK-Inhibitoren ist rasch, die me-
     diane Zeit liegt für Larotrectinib bei 1,8 Monaten (0,9 – 6,1)              6. Literatur
                                                                                 1. Pulciani S, Santos E, Lauver AV et al.: Oncogenes in solid human tumours. Nature
     [35]. Das ermöglicht eine rasche Beurteilung der Wirksam-                      300:539-542, 1982. DOI: 10.1038/300539a0apart
     keit, bei Nichtansprechen die Beendigung der Therapie.                      2. Druker BJ, Guilhot F, O‘Brien SG, et al.: Five-year follow-up of patients receiving
                                                                                    imatinib for chronic myeloid leukemia. N Engl J Med 355:2408-2417, 2006. PMID:
                                                                                    17151364
     5.3. Indikationsstellung und klinischer Nutzen                              3. https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/glivec
     Die Empfehlungen zum Einsatz eines neuen Arzneimittels                      4. Chapman PB, Hauschild A, Robert C, et al. Improved survival with vemurafenib in
                                                                                    melanoma with BRAF V600E mutation. N Engl J Med 364:2507-2516, 2011. DOI:
     im Rahmen von Leitlinien und in der individuellen Entschei-                    10.1056/NEJMoa1408868
     dung mit dem Patienten erfolgen nicht tumoragnostisch.                      5. Tiacci E, Trifonov V, Schiavoni G et al.: BRAF mutations in hairy-cell leukemia. N
     Sie erfordern eine Einordnung in den jeweiligen Therapie-                      Engl J Med 364:2305-2315, 2011. PMID: 21663470
                                                                                 6. Hyman DM, Puzanov I, Subbiah V et al.: Vemurafenib in Multiple Nonmelanoma
     standard. Dieser basiert auf klinischen Studien, die in der                    Cancers with BRAF V600 Mutations. N Engl J Med 373:726-736, 2015. DOI: 10.1056/
     Vergangenheit vor allem nach Tumorentität und Stadium,                         NEJMoa1502309

14   DGHO Mitgliederrundschreiben 1/2020
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