SchadenS-meldungen! Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungsländer - Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer auch für Entwicklung und ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kurzgutachten Peter Lanzet Schadens- meldungen! Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungsländer Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer auch für Entwicklung und Umwelt nutzen
Inhalt Zusammenfassung 3 Einleitung 4 Schadensmeldungen 5 Die Europäische Finanztransaktionssteuer 5 Ansteckungswege der Eurokrise 6 Die wirtschaftliche Ausgangssituation 6 Schadensmeldung 1: Wachstumseinbruch 7 Schadensmeldung 2: Exportrückgang 9 Schadensmeldung 3: Währungsverfall und Verlust an Devisenreserven 10 Schadensmeldung 4: Kapitalabfluss 11 Schadensmeldung 5: Rückgang des Tourismus 11 Schadensmeldung 6: Migrantenüberweisungen rückläufig 12 Schadensmeldung 7: Rückgang von Direktinvestitionen 13 Schadensmeldung 8: Kapitalzuflüsse sinken 15 Schadensmeldung 9: Leistungsbilanzverluste 16 Schadensmeldung 10: Zunahme der Verschuldung 17 Schadensmeldung 11: Einbruch der Entwicklungshilfe 18 Fazit 20 Fußnoten 21 Ressourcen 22 Abkürzungen 23 Über den Autor 23 Impressum: Schadensmeldungen! Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungsländer Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer auch für Entwicklung und Umwelt nutzen Autor: Peter Lanzet, Redaktion: Peter Wahl, Gestaltung: martinbrombacher.de Berlin, Juni 2013
Zusammenfassung Die Eurokrise hat in den Entwicklungsländern erheb- ▶ Von einer Verlangsamung des Wachstums in China liche Schäden angerichtet. Nachdem die globale Fi- können die chinesischen Direktinvestitionen be- nanzkrise von 2007 bereits zu schweren Belastungen troffen sein. Das kann in Angola, der DR Kongo, geführt hatte, kam ab 2010 die Eurokrise dazu und Niger, Myanmar, Kambodscha und Laos einen hat ihrerseits die wirtschaftliche und soziale Ent- Schock auslösen, da diese Länder 80% der chine- wicklung des Südens gebremst. sischen Investitionen in Niedrigeinkommenslän- dern auf sich vereinigen; ▶ Die Verluste beim Wirtschaftswachstum für alle Entwicklungsländer betrugen 2012 237,6 Mrd. ▶ 13 afrikanische Niedrigeinkommensländer haben USD; 2010 ein gegenüber 2007 stark gewachsenes Leis- tungsbilanzdefizit, acht davon liegen über 10%; ▶ Afrikanische Entwicklungsländer reagierten mit einem Rückgang von 10% ihrer Exporte auf jedes ▶ Die krisenvorbeugende Aufstockung von Devi- Prozent Wachstumsrückgang in Europa; senreserven vieler Entwicklungsländer hat Inves- titionen in die Wirtschafts- und Sozialentwicklung ▶ Währungsverluste: gebremst, da diese Mittel nicht mehr für Entwick- • Ein Drittel der Währungen der Länder Afri- lung zur Verfügung standen; kas südlich der Sahara verloren 2011 10% ihres Wertes (Kenia 13%, Tansania 7%, Uganda 18%); ▶ Mehrere Entwicklungsländer mussten sich höher • Um dem durch Kapitalflucht verursachten Wäh- verschulden, um allzu große Haushaltsdefizite zu rungsverfall entgegen zu wirken, mussten die vermeiden; Länder in Südasien ihre Devisenreserven ein- setzen; ▶ In mehreren Geberländern ist die Entwicklungs- • Kapitalabfluss ab September 2011 bescherte den hilfe bereits gesunken, ab 2013 wird sie global sta- Währungen Brasiliens, Mexikos, Chiles und Ko- gnieren. lumbiens einen Wertverlust von 10%. Aus all diesen Gründen sind die EU, die Eurozone ▶ Der Tourismus in Afrika südlich der Sahara ging und ihre Mitgliedsstaaten in besonderem Maße in der 2011 um 3% zurück; Pflicht, zur Abmilderung der Folgen der von ihnen zu verantwortenden Krise auf die Entwicklungslän- ▶ 13 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer, der beizutragen. Das Verursacherprinzip kann nicht die viele Arbeitsmigranten in die EU schicken, an den Grenzen der EU Halt machen. Zudem liegt es haben Überweisungseinbußen hinnehmen müs- im Interesse der Europäer, wenn ihr weltwirtschaft- sen. Bis 2012 wurde das Niveau von 2008 nicht liches Umfeld stabil bleibt. Andernfalls kann eine wieder erreicht; Spirale nach unten in Gang gesetzt werden, die eine Überwindung der Eurokrise noch erschwert. Daher ▶ Rückgang ausländischer Direktinvestitionen muss ein Teil der Einnahmen aus der Finanztransak- (ADI): tionssteuer, die jetzt im Rahmen der sog. Verstärkten Zusammenarbeit von elf EU-Mitgliedsstaaten vorbe- • von 2011 auf 2012 ca. 100 Mrd. USD geringere reitet wird, zur Finanzierung von Umwelt und Ent- ADI Zuflüsse in die Entwicklungsländer, davon wicklung bereit gestellt werden. ca. 23 Mrd. USD pro Jahr (gut 40%) in Afrika; • um 150 Mrd. USD verminderte Zuflüsse von Bankkrediten; • ca. 100 Mrd. USD weniger Portfolio-Zuflüsse auf die Finanzmärkte der Entwicklungsländer; • ca. 250 Mrd. USD mehr Nettokapitalabfluss aus den Entwicklungsländern. 3
Einleitung In den Entwicklungsländern ist noch über Jahrzehnte ner Depression. Auch die Situation in Italien, Irland, ein solides Wachstum in allen Sektoren der Wirt- Zypern und Slowenien ist äußerst kritisch. Als Gan- schaft erforderlich. Die Finanz- und Eurokrise hat zes steht die Eurozone 2013 vor einer Rezession und viele von ihnen ein beträchtliches Stück zurückge- selbst die vermeintlich robusten Volkswirtschaften worfen. Jetzt brauchen sie die Unterstützung derje- wie die deutsche werden günstigstenfalls nur mini- nigen, die mal über der Stagnation liegen. Die Krise der öffent- lichen Haushalte vor allem in Südeuropa ist ungelöst. • die Möglichkeit dazu haben, Das bisherige Krisenmanagement konnte die Lage • und die eine erhebliche Mitschuld an den Schäden nicht unter Kontrolle bringen. Ein Ende der Proble- haben, die durch Finanz- und Eurokrise aufgetre- me ist nicht abzusehen. ten sind. Angesichts der engen Verflechtungen in der Welt- Fast alle Entwicklungsländer wachsen über 5% pro wirtschaft und der bedeutenden Rolle, die Euro- Jahr. Das ist auch ein Erfolg der Entwicklungszusam- pa darin spielt, wirkt sich die Krise auf die gesamte menarbeit, die über Jahrzehnte Grundlagen- und Weltwirtschaft aus. Während andere Industrieländer Aufbauarbeit in allen Sektoren geleistet hat. Afrika und einige Schwellenländer über eigene Ressourcen hat sein Steueraufkommen von 2002 bis 2011 auf 520 und Instrumente verfügen, die Krise zu bekämpfen, Mio. USD verdreifacht. Sieben Länder Südlich der ist dies bei vielen Entwicklungsländern nicht der Fall. Sahara werden in den nächsten fünf Jahren zu den am Europa ist die wichtigste Exportdestination für nicht schnellsten wachsenden Ländern der Welt gehören. wenige der armen Länder.2 Sie haben zur Entstehung Dabei haben auch Länder ohne Öl- oder Goldvor- der Krise nicht beigetragen, der Internationale Wäh- kommen große Fortschritte gemacht. Das Millenni- rungsfonds (IWF) nennt sie in Bezug auf die Krise umsentwicklungsziel der Primarschulbildung ist für sogar „zufällig Anwesende (innocent bystanders).“ Afrika in Reichweite, die großen AIDS-Programme Europa muss daher seine Verantwortung für die Schä- haben greifbare Erfolge erzielt.1 den wahrnehmen, die es verursacht hat. Gut die Hälfte aller Menschen (3,76 Mrd.) lebt aber wei- Das entscheidende Argument dafür ist das Verur- terhin von weniger als zwei USD pro Tag, davon 1,29 sacherprinzip. Abstrakt wird es von fast allen poli- Mrd. auf dem Elendsniveau von unter 1,25 USD. Eini- tischen Lagern anerkannt. Aber es fehlt das Verständ- ge Millenniumsentwicklungsziele werden 2015 besser nis dafür, dass dieses Prinzip nicht an den EU-Außen- als andere erreicht werden. Asien, vor allem China, grenzen enden kann. Je enger Entwicklungsländer trägt überproportional zur Zielerreichung bei. Afrika wirtschaftlich mit Europa verbunden sind, desto und Südasien werden auch weiterhin die größten Ar- größere Schäden hat die europäische Krise auch bei mutsbevölkerungen beherbergen. ihnen angerichtet. Es kann eine Spirale nach unten entstehen, in der die endogene Entwicklung der Euro- Aus ganz Europa setzen sich seit Mitte der 90er Jahre krise und das internationale Umfeld sich wechsel- Entwicklungspolitiker, heterodoxe Ökonomen und seitig und negativ verstärken. Daher ist es nicht nur Organisationen aus der Zivilgesellschaft für die Ein- eine Frage der Verantwortung Europas gegenüber führung einer Finanztransaktionssteuer (FTS) ein. den schwächeren Akteuren in der Weltwirtschaft, Jeweils ein Drittel des Aufkommens der FTS soll für wenn die Unterstützung von Entwicklungsländern Entwicklungszusammenarbeit und zur Herstellung Teil des gesamten Krisenmanagements ist, sondern von Klimagerechtigkeit zur Verfügung gestellt wer- liegt auch in dessen Eigeninteresse. den. Im folgenden Text stehen die ökonomischen und z.T. Die Eurokrise hat zu dramatischen Verwerfungen in sozialen Konsequenzen der Eurokrise für Entwick- den Krisenländern der Eurozone geführt. Griechen- lungsländer im Mittelpunkt. Allerdings wirkt die land, Portugal, Spanien befinden sich de facto in ei- Krise auch darüber hinaus auf andere Problemlagen, 4 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
wie z.B. die Umwelt. Insbesondere absorbiert die Kri- der Entwicklungsländer zurück und trifft hier wiede- se die Fähigkeit der Entwicklungsländer, die unab- rum die verwundbarsten Gruppen der Bevölkerung hängig und schon lange vor Finanz- und Eurokrise besonders hart. Umwelt und Entwicklung sind des- bestehenden Herausforderungen wie Klimawandel, halb zwei Seiten einer Medaille. Sinken die finanziellen Verlust der biologischen Vielfalt, Wüstenbildung, Ressourcen – und das gilt gleichermaßen für den Verschmutzung von Flüssen und Ozeanen etc. zu be- Staatshaushalt, den Privatsektor und die Haushalte – kämpfen. Die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, so schränkt das die Spielräume für Klimaschutzmaß- reichen bei weitem nicht.3 Die Klimaverhandlungen nahmen weiter ein. Die Verwendung von Einnah- zur Fortführung des Kyoto-Protokolls stagnieren, men aus der FTS sowohl zur Armutsbekämpfung als während die physikalischen und chemischen Prozesse auch zur internationalen Klimafinanzierung ist die der Klimaerwärmung unberührt von den Schwierig- logische Konsequenz daraus. Wenn in diesem Text keiten multilateraler Verhandlungen weitergehen und von den ökonomischen und sozialen Problemen der die Welt sich auf eine Erwärmung um 4 Grad Celsius Entwicklungsländer die Rede ist, so sind die ökologi- zubewegt. Die ungebrochene Degradation der Um- schen Dimensionen daher immer als integraler Be- welt wirkt auf die soziale und ökonomische Situation standteil mitzudenken. Schadensmeldung Der vorliegende Bericht identifiziert entstandene Verstärkten Zusammenarbeit (Enhanced Coopera- Verluste am Entwicklungsfortschritt in den Entwick- tion5) gegeben. Dies ist ein Verfahren, das es einer lungsländern und formuliert Schadensmeldungen. Gruppe von mindestens neun Mitgliedsländern er- Nach dem Verursacherprinzip müssen Politik und laubt, ein Projekt im Rahmen der EU-Regeln durch- Finanzmärkte Verantwortung für die angerichteten zuführen, auch wenn die anderen sich nicht daran „Kollateralschäden“ übernehmen und einen Beitrag beteiligen. Inzwischen haben sich elf Länder der zu Ihrer Behebung leisten. Die Ausschüsse für Aus- Initiative angeschlossen.6 wärtiges und Entwicklung des Europäischen Parla- ments bereiten z. Zt. auf dieser Argumentationsbasis eine Resolution für das Europäische Parlament vor. Die Europäische Die Europa-Parlamentarier fordern eine globale Finanztransaktionssteuer Finanztransaktionssteuer, „die als innovativer Fi- Die EU-Kommission erarbeitete einen Vorschlag, der nanzierungsmechanismus für Entwicklung und zur den Vorstellungen der Zivilgesellschaft recht nahe- universalen Durchsetzung ökonomischer und sozialer kommt. Er sieht eine breite Steuerbasis vor (Aktien, Rechte dienen kann.“4 Anleihen, Derivate), schlägt einen Steuersatz von 0,1% für Aktien und Anleihen sowie 0,01% für De- Frankreich, das bereits 2012 eine unilaterale Finanz- rivate vor. Zudem sind weitgehende Maßnahmen ge- transaktionssteuer eingeführt hatte, will bis zu 10% gen Steuerumgehung vorgesehen. Das zu erwartende der Einnahmen für Umwelt und Entwicklung zur Gesamtaufkommen der FTS in elf Ländern soll zwi- Verfügung stellen. Anfang 2013 hat die EU grünes schen 30-35 Mrd. Euro pro Jahr liegen.7, 8 Licht für die Einführung der FTS im Rahmen der 5
Nun ist die Diskussion über die künftige Verwendung inlandsprodukt pro Kopf 2010 die Summe von 3.750 der Mittel entbrannt. EU-Parlament und Kommissi- USD nicht übertraf. Das britische Overseas Develop- on wollen die Einnahmen ins EU-Budget fließen las- ment Institute (ODI) hat im Mai 2012 zur Frage der sen. Außer bei Frankreich gibt es dagegen erhebliche Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungs- Vorbehalte bei den anderen Ländern, einschließlich länder eine Studie veröffentlicht, auf die hier u.a. Be- Deutschlands. Frankreich steht der Forderung von zug genommen wird. Entwicklungshilfsorganisationen offen gegenüber, bis zu 10% des Aufkommens für die Entwicklungs- hilfe zu nutzen.9 Frankreichs Präsident François Hol- Die wirtschaftliche lande sprach sich dafür aus, einen weiteren Teil der Ausgangssituation Mittel für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit in Die konjunkturellen Vorhersagen des IWF, der Europa auszugeben. Auch die Bundeskanzlerin kann OECD, der UNCTAD oder der UN/DESA spielen sich vorstellen, einen Teil der Mittel dafür zu ver- eine orientierende Rolle für Wirtschaftsplaner und wenden. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Investoren. Gegenwärtig wird sowohl beim IWF als mit den Einnahmen aus der FTS teils dringend nö- auch im UN-Spektrum vor einem sehr verzögerten tige Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Ab- Aufschwung bzw. vor den Risiken eines weiteren Ab- bau der Jugendarbeitslosigkeit in Europa setzen, teils schwungs gewarnt.12 Auffang- und Vorsorgelösungen für Krisen im Ban- kensektor finanzieren und Schuldendienste leisten.10 Gleichzeitig sehen IWF/Weltbank und die UN die wirtschaftlichen Aussichten in den Entwicklungslän- Inzwischen haben sich die drei Oppositionsparteien dern als insgesamt ermutigend an. Beim Wachstum im Bundestag dafür ausgesprochen, einen Teil der des Bruttoinlandsprodukts (BIP, ermittelt auf USD- Einnahmen für Entwicklungs- und Umweltfinanzie- Basis) wird von 5,9% ausgegangen, beim pro-Kopf rung zu verwenden.11 Auch Entwicklungsminister BIP (ermittelt auf Basis lokaler Währungen) von Niebel möchte, dass ein Teil der Steuereinnahmen in 3,3%.13 Unter anderem in der Weltbank diskutieren sein Budget fließt. Experten mögliche Rezessionsszenarien mit Auswir- kungen auf die Entwicklungsländer:14 Ansteckungswege • Ausschluss weiterer europäischer Volkswirtschaf- der Eurokrise ten (Zypern, Malta, Spanien, Irland) vom Zugang zu den Finanzmärkten mit negativen Auswirkun- Mit der Globalisierungswelle der letzten Jahrzehnte gen auf die Wachstumschancen in allen Eurolän- haben die Verflechtungen in der Weltwirtschaft eine dern und darüber hinaus; neue Qualität bekommen. Die Verbindungen sind so zahlreich, intensiv und komplex geworden, dass • Die sich erholende Konjunktur in den USA und Veränderungen in einem Land oder in einer Region anderen Industrieländern wird durch einseitige unweigerlich Auswirkungen auf andere Länder und und überzogene Austeritätspolitik abgewürgt; Regionen haben. Bei größeren Krisen wird die ge- • Die hohen Investitionsraten Chinas schmelzen samte Weltwirtschaft erfasst, wie beim Einbruch der aufgrund von Nachfrageschwächen ab; Weltkonjunktur nach dem Finanzcrash 2008. Dabei haben die meisten Entwicklungsländer das zusätzli- • Ansteigen der Energiepreise. che Problem, dass ihre Volkswirtschaften gegenüber externen Schocks besonders verwundbar sind. Untersucht werden im vorliegenden Text insbeson- dere die von der Eurokrise verursachten Entwick- lungen in den am wenigsten entwickelten Ländern (LLDCs), Niedrigeinkommensländern (LICs) bzw. den Unteren Mitteleinkommensländern (LMICs). Das sind insgesamt 94 Länder auf der Liste des Ent- wicklungskomitees der OECD, in denen das Brutto- 6 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 1 Wachstumseinbruch Grafik 1: Globales BIP-Wachstum Grafik 2: Konjunkturaussichten prekär Percentage change 8 5 Emerging and developing economies 4.1 4.1 Policy scenario 7 4 4.0 4.5 6 Baseline 5 3.8 3 2.7 4 3.2 3 World 2 2.2 2.4 2 1.4 1 1 Downside 0 Advanced economies scenario 1.1 0 -1 0.2 -2 -1 2011 2012 2013 -2 -2.1 Quelle: IMF staff estimates -3 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: UN/DESA Tabelle 1: Ländergruppe/ BIP Veränderungen/Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Zentral- und Osteuropa 6.4 3.1 -3.6 4.5 5.2 1.9 2.5 3.1 3.4 3.7 3.7 Asiatische Entwicklungsländer 10.3 7.9 6.9 9.5 7.7 6.6 7.1 7.4 7.6 7.6 7.6 Lateinamerika und Karibik 5.6 4.2 -1.5 6.1 4.5 3.1 3.8 4.0 4.0 3.9 3.9 Mittlerer Osten und Nord Afrika 6.2 4.5 2.5 5.0 3.2 5.2 3.6 3.8 4.3 4.4 4.5 Afrika südl. der Sahara 6.4 5.5 2.7 5.3 5.1 4.9 5.7 5.5 5.7 5.6 5.7 Quelle: IWF/WEO Database 2012 Tabelle 2: Verlust der Wirtschaftleistung 2012 - 2013 Weltkonjunkturdaten: Das UN/DESA (Department Die BIP- Verluste 2011 für alle Entwicklungsländer of Economic and Social Affairs) geht von drei mög- betragen 237,6 Mrd. USD. lichen Weltkonjunkturszenarien für 2013/2014 aus, wobei es die Abschwungrisiken als genauso wahr- Region BIP-Verlust in USD Mrd. scheinlich bezeichnet, wie die Chancen des Auf- Welt insgesamt -1,168.7 schwungs. Grund ist die starke Abhängigkeit des Entwicklungsländer -237.6 Aufschwungs von der Nachfrage aus den Industrie- Ost Asien & Pazifik -47.1 ländern, gerade auch von den Euroländern sowie Europa & Zentral Asien -36.5 die Möglichkeit erheblicher Preisschwankungen für Lateinamerika & Karibik -25.1 Wirtschafts- und Verbrauchsgüter und bei den Kosten Mittlerer Osten NA -47.4 für Kredite und Kreditausfallversicherungen. Afrika Südl. Sahara -5.3 Südasien -61.8 Die folgenden Zahlen (Tab.1) verdeutlichen, dass die Quelle: ODI, 2012:44 Wachstumsraten in den Entwicklungs- und Schwel- lenländern insgesamt und in den Ländern Afrikas südlich der Sahara den Stand von vor 2007 auch in Auf der Basis von Weltbank-Daten kommen die den kommenden Jahren nicht erreichen werden. Autoren der ODI-Studie für 2011 zu erheblichen Sie haben als Folge der Finanz- und der Eurokrise BIP-Verlusten, wobei die Verluste der Länder Afrikas Wachstumseinbrüche von zwischen 1,5 und 4,5% südlich der Sahara noch vergleichsweise gering aus- bezogen auf das BIP von 2006 zu verkraften. fallen etwa im Vergleich zu Südasien. 7
Grafik 3: Handel der LIC/LMIC Länder mit EU, BRICs und China Anteil der LIC/LMIC-Länder in Richtung Anteil ihrer Importe EU BRICs und China LICs LMICs LICs LMICs 40 25 25 20 35 20 20 15 % of total export value % of total export value % of total export value % of total export value 30 25 15 15 20 10 15 10 10 10 5 5 5 5 0 0 0 0 05 06 07 08 09 10 05 06 07 08 09 10 05 06 07 08 09 10 05 06 07 08 09 10 EU 27 BRICs China EU 27 BRICs China EU 27 BRICs China EU 27 BRICs China Anfälligkeitsindikatoren Handel: Trotz der zunehmenden Bedeutung des 17 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer Chinahandels der Niedrig- und Unteren Mittelein- wickeln über 25% ihrer gesamten Im- bzw. Exporte kommensländer behält deren Handel mit der EU noch mit der EU ab und 15 Länder erwirtschaften über 5% das größere Volumen (Daten bis 2010, Quelle ODI). ihrer Wirtschaftsleistung durch den Export in die EU Aber die abnehmende Tendenz ist eindeutig (s. Gra- (siehe Tab. 3 und Grafik 4). fik 3). Tabelle 3: LICs/LMICs mit hoher Handelsabhängigkeit von der EU Reporting country Group % of total Reporting country Group % of total exports to imports to EU27, 2010 EU27, 2010 Cape Verde LMIC 94.1 Cape Verde LMIC 78.1 São Tomé and Principe LMIC 81.5 São Tomé and Principe LMIC 66.8 Mozambique LIC 62.4 Morocco LMIC 49.2 Morocco LIC 60.1 Moldova LMIC 44.2 Cameroon LMIC 59.7 Senegal LMIC 46.5 Gambia, The LIC 55.2 Togo LIC 44.2 Armenia LMIC 49.8 Egypt, Arap Rep. LMIC 43.6 Cote d´Ivoire LMIC 39.1 Cameroon LMIC 39.9 Moldovia LMIC 36.8 Ukraine LMIC 32.3 Malawi LIC 36.8 Ghana LMIC 31.6 Sri Lanka LMIC 35.0 Mozambique LIC 31.4 Belize LMIC 31.3 Burkina Faso LIC 30.6 Burundi LIC 31.0 Gambia, The LIC 30.2 Uganda LIC 31.0 Georgia LMIC 28.4 Egypt, Arap Rep. LMIC 30.3 Burundi LIC 28.2 Ethiopia LIC 29.5 Armenia LMIC 25.6 Quelle: ODI 2012 8 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Länder, die primär nach Europa exportieren und sich Dabei reagieren Luxusgüterexporte anfälliger auf auf einige wenige stark konjunkturabhängige Pro- Nachfrageeinbrüche als Güter des täglichen Bedarfs. dukte spezialisiert haben, sind den Auswirkungen Außerdem reagiert die globalisierte Wertschöpfung der Eurokrise am schutzlosesten ausgeliefert. In Af- in multinationalen Produktionsketten empfindlicher rika gehören zu diesen Länder auch die Öl-, Boden- auf Störungen und Ausfälle als eher traditionelle For- schatz-, Baumwoll- und Kakaoproduzenten (ODI, men der Wertschöpfung. 2012: 4-6). Schon als Folge der Finanzkrise 2007 war der Afri- kanische Handel um 30% geschrumpft. Vor allem die nordafrikanischen Länder waren betroffen. Sie Grafik 4: Länder mit über 5% BIP schicken 58% ihres Exports in die EU. Auch die Län- aus Export in die EU der der Communauté Financière Africaine (CFA), die Zimbabwe 36,4% ihres Exports in die EU einführen, mussten ei- Burundi Sri Lanka nen Rückgang ihres Handels hinnehmen. Ähnliches Moldova gilt für Inseln wie die Seychellen, Kap Verden und Belize Madagascar Mauritius, die stark vom Tourismus abhängen. Die Malawi Cambodia Afrikanische Entwicklungsbank sah 2011 afrikani- Ukraine sche Handelsrisiken wie folgt konzentriert: Cameroon Nigeria Guyana Morocco Mozambique Tabelle 4: Afrikanische Handelsrisiken Cote d´Ivoire aufgrund regionaler Konzentration 2011 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% 18% Quelle: ODI 2012 % of total exports Export Destinati- Export Concen- to EU (2008) on Concentration tration Index Index (avg. 2008- (avg. 2008-2010) Die Elfenbeinküste, Mosambik, Marokko, Guyana, 2010) Nigeria, Kamerun, Madagaskar, Malawi, Burundi, North Africa 58.1 36.1 45.0 Zimbabwe, die Kap Verden und Sao Tomé und Prin- CFA Franc Zone 36.4 36.4 23.4 cipe in Afrika sowie die Ukraine, Moldau, Kambo- West Africa 28.5 39.0 58.6 dscha, Belize und Sri Lanka können über ihren Southern Africa 27.1 48.9 14.1 Außenhandel von den krisenhaften Entwicklungen Central Africa 26.9 56.0 83.4 in der EU und der Eurozone sehr leicht angesteckt East Africa 17.3 39.4 13.6 werden. Africa 40.1 42.2 42.1 Quelle: AfDB 2011 Schadensmeldung 2 Exportrückgang Mitte 2011 verlieren wichtige afrikanische Exportpro- Instabile Währungen: dukte erheblich an Wert. Die Afrikanische Entwick- Afrika Südlich der Sahara: 27 Länder haben ihre lungsbank schätzt, dass ein Prozent BIP-Rückgang Währungen eng an den Euro gekoppelt, 13 weitere in den OECD-Ländern bei Afrikanischen Ländern zu binden ihre Währungen z.T. an den Dollar, z.T. an einem 10%igen Rückgang des Exports und 2,5%igen den Euro. Bekannt unter ersteren sind z.B. die sechs Importrückgang führt. westafrikanischen und acht zentralafrikanischen Länder der CFA, die weiterhin eng an die französi- 9
Grafik 5: Exportpreise wichtiger afrikanischer Exportprodukte 500 Cotton 400 Cocoa 300 200 100 Coffee Arabica 0 Jan-00 Jul-00 Jan-01 Jul-01 Jan-02 Jul-02 Jan-03 Jul-03 Jan-04 Jul-04 Jan-05 Jul-05 Jan-06 Jul-06 Jan-07 Jul-07 Jan-08 Jul-08 Jan-09 Jul-09 Jan-10 Jul-10 Jan-11 Jul-11 Quelle: AfDB 2011 sche Wirtschaft angeschlossen sind und den direkt wenn die Nachfrage von dort stagniert. Im Grunde an den Euro gebundenen Franc CFA als Zahlungs- geht es ihnen ähnlich wie den Mitgliedsländern der mittel verwenden. Wie die Eurozone insgesamt, so Eurozone, die durch die Einheitswährung ihre Wech- konnten sie die Schwäche des Außenwertes des Euro selkurshoheit aufgegeben haben. Im Krisenfalle fehlt in 2010 und 2012 für günstigere Exporte von Petrole- ihnen dann, ähnlich wie Griechenland, Portugal, um, Koka, Kaffee, Erdnüsse außerhalb der Eurozone Spanien etc. die Möglichkeit, durch Abwertung ihren nutzen. Export zu stützen. Je nach Wettbewerbsfähigkeit ist ihr Export bei ei- nem stärkeren Euro rückläufig und kann nicht durch vermehrte Exporte in die Eurozone ersetzt werden, Schadensmeldung 3 Währungsverfall und Verlust an Devisenreserven Wegen des Verfalls der Preise für Güter und Dienst- Südasien: 40% der Exporte aus Südasien gehen in leistungen verloren ein Drittel der Währungen in die EU, hauptsächlich nach Deutschland und Frank- den Ländern Südlich der Sahara 10% an Wert. 2011 reich. Bangladesch, Sri Lanka und die Malediven fiel der südafrikanische Rand um 3,2% aufgrund der spüren Marktveränderungen in Europa direkt. geringeren Nachfrage nach den Bodenschätzen des Landes. Kenia, Tansania und Uganda mussten Wert- Um im Herbst 2011 dem durch Kapitalflucht verur- verluste ihrer Währungen um 13%, 7% bzw. 18% sachten Währungsverfall entgegen zu wirken, mussten hinnehmen.15 Die Währungen der Seychellen und die Länder in Südasien ihre Devisenreserven einset- von Mauritius sind vom Rückgang des Tourismus zen, was ihre Währungen erneut schwächte. betroffen. Alle Öl-importierenden Länder mussten aufgrund ihrer wachsenden Ölrechnungen Wertver- Lateinamerika und die Karibik exportieren 15% luste hinnehmen. ihrer Außenhandelsgüter nach Europa. Ihre Export- wachstumsraten nahmen von 2011 gegenüber 2010 nur geringfügig ab.16 10 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 4 Kapitalabfluss Die regionalen Börsen verzeichneten ab September Exporte in drei Märkte, von denen die EU am meisten 2011 einen substantiellen Kapitalabfluss, der den aufnimmt (20%), während die Exporte nach China Währungen Brasiliens, Mexikos, Chiles und Kolum- (10%) stark vom erwähnten Problem der globalisier- biens einen Wertverlust von 10% bescherte. ten Wertschöpfungsketten betroffen sind. In Ostasien, insb. in den Philippinen, Malaysia, In- Die Ostasiatischen Währungen mussten in der Folge donesien und Thailand reagieren die Volkswirtschaf- Kapitalabflüsse hinnehmen. Der Wert des philippi- ten ebenfalls empfindlich auf Nachfrageeinbrüche nischen Peso, den es am Härtesten getroffen hat, gab der EU. Die Philippinen schicken fast die Hälfte ihrer von 2009 bis 2013 um gut 17% nach.17, 18 Schadensmeldung 5 Rückgang des Tourismus Tourismus: Die Kap Verden, Gambia, Kenia, Tansa- Tabelle 5: Tourismus in nia, Mauritius, Seychellen, etc. sind diejenigen afri- Prozent aller Exporte kanischen Niedrigeinkommensländer, die ganz be- sonders vom Rückgang des Tourismus betroffen 2006 2007 2008 2009 2010 sind.19 Über die wirtschaftlichen Auswirkungen die- Am wenigsten 5.7 6.5 5.9 7.2 5.5 ses Rückgangs insgesamt entscheidet dabei auch die entwickelte Länder Exportstruktur eines Landes. Tansania ist relativ di- Niedrigeinkommens- 11.3 13.5 13.1 13.8 7.6 versifiziert, hat einen relevanten Rohstoffsektor und länder landwirtschaftlichen Export. Das Ausbleiben von Untere Mittelein- 6.7 7.0 6.5 7.2 5.3 Touristen schadet demgegenüber erheblich mehr in kommensländer Ländern, die auf diese Form des Dienstleistungsex- Untere und Mittlere 5.9 5.9 5.5 6.3 5.0 Einkommensländer ports stark spezialisiert sind, wie z. B. die Kap Verden Mittlere Einkommens- 5.9 5.8 5.4 6.2 4.9 oder die Seychellen. länder Afrika Südlich 7.4 7.4 6.4 7.6 6.9 Die Verluste nach der Finanzkrise betrugen 2010 bei der Sahara den Niedrigeinkommensländern 6,2% weniger an- Quelle: ODI/WDI kommende Touristen. Das Bild ist zwar insgesamt positiv, aber die Schätzungen der World Tourism Organisation gehen für 2011 für Afrika südlich der Sahara von einer Verlangsamung des Wachstums des Tourismus von 3% aus.20 11
Schadensmeldung 6 Migrantenüberweisungen rückläufig Migranten schicken dringend benötigte Mittel an • Die Überweisungen der Arbeitsmigranten aus El ihre Familien für Konsum, Mieten, Bildungskosten, Salvador, Jamaika, Honduras, Guyana, Nicara- Anschaffungen und kleinere Investitionen, etc. In gua, Haiti und Guatemala geraten durch die Re- Niedrigeinkommensländern wie Bangladesch, Af- zession in der Eurozone unter Druck; ghanistan, Burkina Faso, Zimbabwe, Mosambik, • Migrantenüberweisungen und Tourismusein- Mali, Haiti, Nepal, Eritrea, DR Kongo ist der Anteil künfte sind wichtige Wachstumsstimuli in Län- der Migrantenüberweisungen an der Wirtschaftsleis- dern wie den Philippinen oder den kleineren Insel- tung des Landes am höchsten. Für die Kap Verden, staaten. Die Rezession in der Eurozone reduziert Gambia, die Philippinen und Nigeria ist die EU die diese Einkünfte z.T. erheblich. wichtigste Quelle für Überweisungen ihrer Arbeits- migranten. 13 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer, die viele Arbeitsmigranten in Länder der EU schicken, Die Weltbank schreibt 2012 in Ihrem Bericht über die haben spürbare Überweisungseinbußen hinnehmen globalen Wirtschaftsaussichten:21 müssen. Nach einer Phase des starken Wachstums der Überweisungen bis 2008 brachen sie 2009 ein. • Eine Vertiefung der Eurokrise würde in Südasien Sie haben sich bis 2012 nicht wieder auf das Niveau zu geringeren Migrantenüberweisungen, zu we- von 2008 erholt. niger Exporten und zu geringeren Direktinvesti- tionen führen; Tabelle 6:Migrantenüberweisungen Länder mit mehr als 5% - Anteil Grafik 6: 2005 - 10 in % des BIP Migrantenüberweisungen am BIP 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Uganda Am wenigsten 5.4 5.8 6.0 5.3 6.5 6.4 Belize entwickelte Länder Pakistan Egypt, Arab Rep. Niedrigeinkommens- 5.4 6.6 7.3 8.1 7.9 8.0 Morocco länder Cape Verde Untere Mittelein- 4.1 4.1 4.2 4.4 4.3 3.9 Philippines kommensländer Sri Lanka Guatemala Untere und Mittel- 2.0 2.0 2.0 1.9 1.9 1.7 Nigeria einkommensländer Bangladesh Moldova Mitteleinkommens- 1.9 1.9 1.9 1.8 1.8 1.6 Nicaragua länder Gambia, The Afrika Südlich 1.6 1.9 2.5 2.3 2.5 2.2 El Salvador der Sahara Guyana Honduras Quelle: ODI 2012:9 Samoa Haiti Kyrgyz Republic Tajikistan 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Quelle: ODI 2012 12 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Tabelle 7: Migrantenüberweisungen (in Mio. USD) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 1 Algerien 1.2 1.3 1.4 1.4 1.3 1.1 1.1 1.0 2 Elfenbeinküste 0,4 0,5 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,5 3 Ägypten 2.4 2.9 3.3 3.0 2.7 2.5 2.6 2.6 4 Äquatorial Guinea 3.0 3.4 3.7 3.7 3.4 3.4 3.6 3.9 5 Gabun 0,5 0,6 0,6 0,7 0,7 0,7 0,7 0,7 6 Mosambik 4.5 5.4 6.7 6.8 6.2 6.4 7.2 7.0 7 Philippinen 1.4 1.8 2.1 2.4 2.4 2.5 2.6 2.8 8 Rwanda 3.0 3.3 4.7 6.0 5.3 5.2 5.6 5.5 9 Seychellen .. .. 3.0 2.7 3.9 3.3 3.2 2.7 10 Slowenien 0,9 1.1 1.4 1.9 1.6 1.5 1.7 1.6 11 Sri Lanka 7.9 8.8 10.7 11.8 10.3 10.5 11.5 11.0 12 Tansania 0,4 1.0 1.6 2.5 1.7 2.3 3.0 3.7 13 Sambia 1.2 1.2 1.3 1.4 1.1 1.5 1.4 1.4 Summen 27.4 31.8 41.7 45.5 41.6 41.9 45.4 44.8 Quelle: Weltbank22 Schadensmeldung 7 Rückgang von Direktinvestitionen Unter den Finanzflüssen spielen die Auslandsinves- ADI-Zuflussraten aus der EU von um die 20% beson- titionen (ADI) eine wichtige Rolle. Investitionen ders anfällig für eine stockende Wirtschaftsentwick- stärken die einheimische Währung, erhöhen die lung in der EU. Europäische Investoren tragen mit Geldmenge im Lande und den verfügbaren Kredit, zwischen 20% und 30% den größten Anteil der Di- verbilligen die Zinsen und erleichtern es dem Staat, rektinvestitionen in die Niedrigeinkommensländer. im Inland nicht vorhandene Produkte einzuführen. Während die Zuflüsse aus aller Welt nach Ostasien/ Ein Übermaß an ADI kann allerdings auch die Infla- Pazifik und Lateinamerika zunehmen, haben Südasi- tion anheizen, wie nach der Finanzkrise in Brasilien en, Osteuropa und Zentralasien, der Mittlere Osten oder Indonesien. Ihr Zu- oder Abnehmen hat daher und Nordafrika sowie Afrika südlich der Sahara sta- einen besonders starken Einfluss auf den Konjunk- gnierende oder gar abnehmende ADI-Zuflüsse. Die turverlauf eines Landes. neueren europäischen Zahlen (s. Tab 8) bestätigen diesen Trend. In den afrikanischen Niedrigeinkom- Den Folgen abnehmender ADI aus der EU sind u.a. mensländern sind die Investitionen 2011 zurückge- die sich entwickelnden kleinen Inselstaaten (SIDS23) gangen, verursacht durch die Eurokrise. Ein positiver ausgesetzt. Die SIDS finanzieren im Durchschnitt 9% Effekt ist dabei: Europa investierte etwas weniger in ihres BIP über die ADI, Timor Leste und die Solo- Steuerparadiese. monen sogar über 30%. Mit je 6% folgen die Niedrig- einkommens- und die rohstoffabhängigen Entwick- Abflüsse und Transfers: Entwicklungsland zu sein lungsländer. Unter den Niedrigeinkommensländern bedeutete in der Regel auch immer per Saldo („Net- sind Liberia, die DR Kongo und Niger mit jährlichen to“, s. Grafik 9.) mehr Kapital aufgrund von Im- 13
Grafik 7: ADI-Zuflüsse nach Regionen Beteiligungen der EU-27 im Tabelle 8: (in Mrd. USD) Rest der Welt (in Mrd. Euro) 2008 2009 2010 2011 8,000 Afrika 29.2 37.3 40.4 38.9 7,000 Südafrika 54.9 72.2 75.6 79.5 6,000 Südamerika 207.0 229.3 314.4 352.9 5,000 Asien 496.7 541.4 652.4 728.2 4,000 Indien 18 27 34.8 46.4 3,000 Ozeanien 84.9 91.8 127.3 134.2 2,000 Steuerparadiese 578.8 659.6 730.5 650.7 1,000 Quelle: Eurostat 201324 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 East Asia & Pacific Europe and Central Asia Latin America & Caribbean Middle East & North Africa South Asia Sub-Saharan Africa Quelle: ODI 2012:13 portnotwendigkeiten auszuführen, als Zuflüsse zu Grafik 8: Nettokapitalflüsse in erhalten. Das ist einer der Gründe, warum Entwick- Entwicklungsländer (in Mrd. USD) lungsländer sich so sehr um ADI bemühen und bereit sind, entsprechende Kompromisse mit Investoren zu 350 700 machen. Grafik 8 versteht unter „Netto“ den Abzug 300 600 250 von Steuern und Gebühren für Kapitalzuflüsse in Ent- 200 500 wicklungsländer.25 150 400 100 300 50 Die Zuflüsse in Entwicklungsländer nehmen im Kri- 200 0 senjahr 2008 stark ab und erholen sich auch in den -50 100 Folgejahren unter dem Eindruck der Eurokrise nur -100 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011e 2012f 2013f sehr langsam. Gleichzeitig nehmen auch die Netto- kapitaltransfers (2010 insgesamt 859 Mrd. USD)26, 27 Portfolio equity inflows Bonds Bank lending aus den Entwicklungsländern auf bis zu 900 Mrd. Others FDI inflows USD zu, fallen wieder auf ca. 500 Mrd., nur um dann Quelle: ODI 2012:p37 Ende 2011 wieder auf gut 800 Mrd. USD anzustei- gen. Sieht man diese Entwicklung aus der Perspek- Grafik 9: Nettokapitaltransfer zwischen tive der Schäden, verursacht durch die Eurokrise, Entwicklungsländern (in Mrd. USD) ergeben sich: Billions of US Dollars • ca. 100 Mrd. USD geringere ADI Zuflüsse von 200.0 2011 auf 2012 und Erreichung des Vorkrisen- 0.0 stands (2007) in 2013; -200.0 • keine ausgewiesenen Minderzuflüsse bei Anleihen -400.0 und „anderen“ Zuflüssen; -600.0 • um 150 Mrd. USD verminderte Zuflüsse von -800.0 Bankkrediten -1.000.0 • ca. 100 Mrd. USD weniger Portfolio-Zuflüsse auf 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 die Finanzmärkte der Entwicklungsländer; Developing countries Economies in transition • sowie ca. 250 Mrd. USD mehr Nettokapitalabfluss LDCs aus den Entwicklungsländern. Quelle: UN/ DESA: 2013 p. viii 14 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Die Afrikanische Entwicklungsbank bestätigt einen Banken. Im September 2005 standen ca. 1,5 Billionen Verlust an ADI von ca. 23 Mrd. USD pro Jahr (gut USD ausstehende Kredite an die Entwicklungsländer 40%) für Afrika von 2009 bis 2012. Ägypten, Libyen in ihren Büchern. Bis 2011 hatte sich dieser Betrag und Tunesien hatten bis dato 35% der in Afrika in- mehr als verdoppelt auf 3,5 Billionen USD. Am vestierten ADI absorbiert. Aufgrund ihrer Lage als stärksten exponiert sind sie in Osteuropa, Asien und europäische Nachbarstaaten sind sie den Folgen eines dem Pazifik, viel weniger dagegen im Mittleren Osten ADI-Rückgangs aus Europa besonders stark ausge- und Afrika. Dennoch machen europäische Bankkre- setzt. Als zusätzlicher Effekt kommt die politische In- dite etwa 25% aller Ausleihen an den afrikanischen stabilität infolge des arabischen Frühlings hinzu. Die Privatsektor aus. Sie stellen über die Hälfte des Bank- Entwicklungsbank zweifelte daran, dass China und kapitals in Ländern wie Mosambik, Angola, Ghana, andere Schwellenländer diesen Rückgang der ADI Kamerun, Ruanda, Sambia und Tansania. Insbe- abfedern können.28 sondere der Telekommunikationssektor ist stark beliehen (ODI 2012:15). Übertragung der Eurokrise durch europäische Banken: Ein wichtiger Übertragungsweg der Kri- se in die Entwicklungsländer sind die europäischen Schadensmeldung 8 Kapitalzuflüsse sinken Im Falle einer stärkeren Beteiligung der europäi- diese Entwicklungsländer einen höheren Anteil ihrer schen Banken an der Finanzierung der europäischen Importe aus den BRIC-Ländern als aus der EU, wobei Staatsschulden werden die Institute ihre Niederlas- der chinesische Anteil kontinuierlich zunimmt. Es sungen verkaufen. Für diesen Fall sollten die Eigen- hängen aber weiterhin 17 Niedrig- und Untere Mittel- tumsveränderungen so gestaltet werden, dass sie die einkommensländer mit 25% bis 95% vom Import einheimischen Finanzsektoren nicht in Mitleiden- oder Export in die EU ab (ODI, 2012:4/5). schaft ziehen. 13 Länder aus dieser Gruppe haben seit 2005 konti- Anfälligkeit für langsameres Wachstum in Chi- nuierlich wachsende Handelsbeziehungen mit China. na: Besondere Sorge um die Konjunktur in den Ent- Die Statistiken zeigen keine Einschränkungen dieses wicklungsländern bereitet ein mögliches Erlahmen Handels nach der Finanzkrise. Auch seine ausländi- der Nachfragekraft der aufstrebenden Ökonomien schen Direktinvestitionen erweiterte China kontinu- der BRICSAM-Länder (Brasilien, Russland, Indien, ierlich in dieser Ländergruppe von 234 Mio. USD im China, Südafrika, Argentinien und Mexiko). Chinas Jahr 2005 auf 2,74 Mrd. USD in 2010, wobei lediglich Wachstum fiel von 10,4% in 2010 auf 9,2% in 2011, in 2008 eine kleinere Erhöhung als in den anderen eine weitere Reduzierung für 2012 auf 8,2% ist vor- Jahren stattfand. Daraus lässt sich schließen, dass hergesagt, bevor 2013 eine leichte Erhöhung auf 8,8% während der Krise sowohl der Handel als auch die eintreten soll. Der Anteil der Exporte der Niedrig- Direktinvestitionen Chinas für die Entwicklungslän- und Unteren Mitteleinkommensländer nach China der eine schockmindernde Wirkung entfalteten. nimmt stetig zu, während er in die EU ebenso stetig abnimmt. Bereits seit 2005 bzw. seit 2008 beziehen 15
Schadensmeldung 9 Leistungsbilanzverluste Das langsamere BIP-Wachstum Chinas wird mit Die Eurokrise hat in afrikanischen Ländern südlich dem Nachlassen der Nachfrage nach chinesischen der Sahara das Leistungsbilanzdefizit von 6% auf Waren aus der EU erklärt. Von der Verlangsamung über 10% getrieben (in Liberia und Tschad auf über des Wachstums in China werden die chinesischen 30% bzw. 40%) in Ostasien und dem Pazifik von Direktinvestitionen betroffen sein. Das würden dann 2% auf 4% und in Nordafrika auch zum Teil durch Angola, die DR Kongo, Niger, Myanmar, Kambod- den arabischen Frühling bedingt von +4% auf -6%. scha und Laos zu spüren bekommen, weil sie 80% 13 afrikanische Niedrigeinkommensländer haben der chinesischen Direktinvestitionen in Niedrigein- 2010 ein gegenüber 2007 stark gewachsenes Leis- kommensländer auf sich vereinigen (ODI, 201229). tungsbilanzdefizit, acht davon liegen über 10% (ODI, 2012:18). Indikatoren der wirtschaftlichen Devisenreserven: Ihre Höhe wirkt sich stark auf Widerstandsfähigkeit den Wechselkurs eines Landes und seine Import- kapazität aus. Der IWF empfiehlt den Entwick- Um der Ansteckung durch eine wirtschaftliche Krise lungsländern den Gegenwert der Rechnungen von zu widerstehen, ist es gut, wenn ein Land über einen mindestens zwei Monaten Importkosen an Devisen guten Leistungsbilanzüberschuss verfügt, also in Reserve („harte“ Währungen, Gold, IWF-Sonder- mehr exportiert als es importiert und daher auch über ziehungsrechte) zu halten. Die Zahlen legen den ausreichend Devisenreserven verfügt. Eine gerin- Schluss nahe, dass die Regierungen fast29 aller Niedrig- ge Auslandsverschuldung ist ein weiterer wich- einkommensländer die Politik der Erweiterung ihrer tiger Indikator für Widerstandsfähigkeit ebenso wie Devisenreserven sehr diszipliniert verfolgt haben, ein komfortabler Haushaltsüberschuss, der Spiel- denn diese wurden trotz der Krisen in fast allen Länder- raum für wirtschaftpolitische Alternativen eröff- gruppen und Regionen auf die Höhe der Kosten einer net. Schaut man aus der Perspektive der durch die vier- bis fünfmonatigen Importrechnung des jeweili- Finanz- und Eurokrise angerichteten Schäden auf gen Landes erweitert (ODI 2012:17-20). Das bedeutet, diese vier Faktoren, so ergibt sich ein unterschied- die Politik dieser Länder hat harte Nicht-Einfuhrent- liches Bild. Generell erlebten die Niedrig- und Un- scheidungen oder hohe Importzölle durchgesetzt teren Mitteleinkommensländer ein stetiges und gu- und ihre Devisenreserven für noch härtere Zeiten tes Wachstum zwischen 2002 und 2007 und waren angespart. 2008 daher in der Lage, Einbrüche abzufedern und vom wieder einsetzenden, allerdings schwächeren Wachstum 2009 und 2010 zu profitieren. Die Euro- krise 2011 traf dann viele Länder in einer Situation geschwächter Reserven. Leistungsbilanzen: Die Leistungsbilanzen bilden- den internationalen Handel unmittelbar ab (s. Grafik 3). Bei Entwicklungsländern ist nach Vorgaben des IWF ein Leistungsbilanzdefizit von 3% als normal zu betrachten, denn diese Länder werden zur Diversifi- zierung ihrer Wirtschaft i.d.R. höhere Ein- als Aus- fuhren haben. 16 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 10 Zunahme der Verschuldung Über die Schäden, die im Rahmen der Aufstockung schaftswachstums oder eingebrochener Exporte keine von Devisenreserven durch die Nicht-Einfuhr von neuen Kredite aufgenommen, weil sie sonst in Gefahr Medikamenten, technischen Instrumenten, Öl und geraten wären, die von IWF und Weltbank eifrig be- Energie, nicht vorgenommene Krankenhaus- oder wachte Schuldentragfähigkeitsgrenze zu überschrei- Infrastrukturmodernisierungen etc. entstanden sind, ten. Auch hier wird manche Investition in die Infra- liegen keine Daten vor. Legt man aber z.B. die Im- struktur oder die Produktivität eines Landes unter- portrechnung eines Monats aus dem Jahr 2011 von blieben sein, weil in der Krise die Voraussetzungen allen mit der EU besonders verbundenen afrikani- dafür fehlten. schen, karibischen und pazifischen Staaten in Höhe von 37 Mrd. USD oder die Monatsimportrechnung Haushaltsdefizite: Der IWF verlangt von seinen aller Niedrigeinkommensländer in Höhe von 17 Mrd. Mitgliedern, ihre Haushalte so zu bewirtschaften, zugrunde, wird deutlich, welche Opfer diese Länder dass sie nicht mehr als 2% Neuverschuldung p.a. auf- sich für die Erweiterung ihrer Devisenreserven auf- weisen. 2006 erzielten die allermeisten Entwicklungs- erlegen mussten.30, 31 länder einen Haushaltsüberschuss, ein fast histori- sches Datum! Diese Situation verschlechterte sich in Auslandsschulden: Der IWF hält eine Obergrenze den Folgejahren für fast alle Entwicklungsländer- von 60% des BIP für eine tragfähige Schuldenhöhe. gruppen. Haushaltsüberschüsse konnten einzig von Fünf Niedrig- und elf Untere Mitteleinkommens- den kleinen Inselstaaten (12%, 2007 und 2008) sowie länder lagen 2010 z.T. erheblich über dieser Grenze. von den am wenigsten entwickelten Staaten (zwi- Zehn davon sind erst nach 2007 in diese Situation schen 8% und 6%, 2007 und 2008) erwirtschaftet geraten. Zuvor hatten sie z.T. signifikant niedrigere werden. Die Haushalte der Niedrigeinkommenslän- Schuldenstände. der und der vom Rohstoffexport abhängigen Länder schlossen 2009 mit Defiziten von über 4% ab. Ab Bei den Komoren, Guyana, Armenien, Mauretanien, 2010 gelten unterschiedlich starke Verschlechterun- Nicaragua, Moldau und der Ukraine ist es offensicht- gen je nach Datenbasis (IWF oder Weltbank) für alle lich, dass sie sich auch aufgrund der Rezession in der Entwicklungsländer (außer den ostasiatischen Staa- EU zu höherer Neuverschuldung gezwungen sahen. ten und den Ländern im Pazifik (ODI 2012:23), also Viele Länder haben trotz des ausbleibenden Wirt- insgesamt einer Gruppe von ca. 90 Ländern. Diese Grafik 10: Auslandsschulden ausgewählter Länder 2007 – 2010 (in % vom BIP) LICs LMICs Sao/Principe Guinea-Bissau Ukraine Comoros Moldova Georgia Kyrgyz Republic Lao PDR Zimbabwe Belize Guinea Nicaragua Mauritania Gambia Armenia Togo New Guinea Tajikistan Guyana Bhutan 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Quelle: ODI 2012, WDR 2011 0 20 40 60 80 100 120 17
Tabelle 9: Zunahme der Staatsdefizite Region/Land 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Alle Schwellen- und Staatseinkommen in % des BIP 28.6 29.4 26.2 27.1 28.3 28.3 27.9 Entwicklungsländer Alle Schwellen- und Staatsausgaben in % des BIP 27.4 28.6 30.3 29.7 29.5 29.7 29.3 Entwicklungsländer Afrika Südlich der Sahara Staatseinkommen in % des BIP 27.7 29.5 24.2 25.3 28.3 27.3 27.2 Afrika südlich der Sahara Staatsausgaben in % des BIP 26.5 28.7 29.6 29.0 29.8 29.6 28.4 Elfenbeinküste -1 0 -0,2 0,9 -1,5 Marokko 0,6 2,5 2 1 -2,5 Guyana Nigeria -0,8 -2,1 -1,6 Madagaskar -0,4 -2,6 -1,9 Kap Verden -1,9 2,1 2,4 -3,6 Ukraine -1 -0,9 -1,4 -5,6 -6,5 -2,2 Moldau 0,2 -0,3 -0,4 -5,9 -2,5 - 2,5 Kambodscha -1,7 -0,8 -0,3 -2,3 -3,7 -4,2 Sri Lanka -6,9 -6,5 -6,5 -8,9 -7,2 -6,4 * Eigene Berechnungen, Quellen: WB, World Development Indicators32, CIA World Factbook33 breite Verschlechterung der Haushalte erklärt sich Entwicklungsländer ca. fünf Billionen USD Wirt- einzig aus dem Auftreten der Finanz- und später der schaftsleistung erwirtschaften, bedeutet jedes Pro- Eurokrise. zent Mindereinnahmen in Höhe von 50 Mrd. USD für das Staatseinkommen. Tabelle 9 zeigt die Höhe Fehlende Haushaltsmittel schlagen sofort auf Sozial- der Haushaltsdefizite einiger Länder, die vom Ein- und Entwicklungsmaßnahmen und auf die Umwelt- bruch des Handels mit der EU besonders betroffen politik eines Landes durch. Wie aus Tabelle 8 ersich- sind (s. Tab. 2). Die drastischsten Haushaltsdefizite tlich, nehmen die Defizite 2011 in Prozent des BIP mussten Sri Lanka, die Ukraine und Kambodscha zu, allerdings nicht mehr so stark wie direkt nach hinnehmen. der Finanzkrise 2008. Geht man davon aus, dass 100 Schadensmeldung 11 Einbruch der Entwicklungshilfe Zusätzlich zu den beschriebenen Einschränkungen moderater ausfielen und das 0,7%-Ziel nicht erreicht und Schäden reduziert die Eurokrise die Fähigkeit hätten. Für 2012 und 2013 war jeweils ein Soll von vieler Geberländer, ihre Ziele zur Mobilisierung von plus 5,9% und plus 0,9% geplant. Der Entwicklungs- Entwicklungshilfe zu verwirklichen. In Deutschland etat musste 2012 aber erstmals eine Reduzierung der haben verschiedene Bundesregierungen lange Zeit am ursprünglichen Etatansätze um 85 Mio. Euro und für sog. ODA-Stufenplan festgehalten, um bis 2015 über 2013 um 124 Mio. Euro hinnehmen.34 Von 2010 bis schrittweise Erhöhungen 0,7% des BNE für die Ent- 2013 ist der Haushalt des BMZ um insgesamt 7,4% wicklungszusammenarbeit aufzubringen. Und wirk- gestiegen, in den vier Jahren davor allerdings um lich sind bis 2011 Aufwüchse des BMZ- Etats (s. Gra- 38,8%. 2014 soll der Etat um 400 Mio. Euro sinken fik 11) zu verzeichnen, auch wenn sie zunehmend und auf diesem Niveau bis 2016 verharren.35 18 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Grafik 11: Trends in der Entwicklungshilfe Tabelle 10: Netto-Entwicklungshilfe 1995-2011 (Mrd. USD) Zuwachsraten des BMZ-Etats (2003 - 2013) Veränderung des BMZ-Haushalts (Einzelplan 23) gegenüber dem Vorjahr (in Prozent) 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 1995 - 2000 - 2007 2008 2009 2010 2011 Soll Plan 1996 2001 Deutschland 7,5 5,0 12,3 13,9 12,1 12,9 14,1 Alle €-Länder 24,6 17,9 44,7 51,9 48,5 49,2 49,7 Vorjahreslevel EU-Geber- 31,4 25,8 61,5 70,9 67,2 69,6 72,0 -0,1 -0,4 4,9 5,2 17,1 7,8 9,9 4,2 0,9 5,9 0,6 länder Total DAC 57,4 53,3 104,2 121,9 119,7 128,4 134,0 Quelle: TDH/DWHH 2012 Quelle: OECD/DAC Bei den Euro- und den EU-Ländern bilden die Zah- Entwicklungsländerebene zur Verfügung stehen sol- len (s. Tab. 10) den Einschnitt durch die Krise ab 2008 len, auch Country Programmable Aid (CPA) genannt. deutlich ab, der außer in 2009 von anderen Geber- Nach Meinung des Entwicklungskomitees haben ländern 2010/2011 wieder aufgefangen wurde. sich die CPA-Daten als belastungsfähiges Instrument der Vorhersage erwiesen. Der ehemalige Chef des Prognose der Entwicklung der ODA: Das Ent- Entwicklungskomitees der OECD, Brian Atwood, wicklungskomitee der OECD versucht die Vorher- zeigte Mitte 2012, dass bereits 2011 um 2,4% oder 2,3 sagbarkeit von Entwicklungshilfe zu verbessern. Zu Mrd. USD weniger verfügbare Mittel als geplant auf diesem Zweck sammelt es Planungsdaten der Geber der Länderebene zur Verfügung gestanden hatten. von offizieller Entwicklungshilfe. Es konzentriert sich Er fürchtete, die CPA werden ab 2013 stagnieren.38 dabei auf die Listung der geplanten Mittel, die auf Grafik 12 zeigt, dass die Zuwächse bei den CPA bis 2012 drastisch zurückgehen und sich 2014 und 2015 bei knapp über Null einpendeln. Da die CPA ca. 56% Hoffnung auf mehr ODA – Innovative Finan- zierungsmöglichkeiten Seit mehr als einem Jahr- zehnt setzen verschiedene Bundesregierungen ihre Hoffnung auf innovative Finanzierungsmechanis- Grafik 12: CPA Höhe und men, u.a. auf Emissionszertifikate, um zusätzliche Mittel für die ODA bereitzustellen. Der Verkauf Veränderung 2005 -15 von Emissionszertifikaten hat die Hoffnungen bis- 120 25% her nicht erfüllt, die Preise für die Zertifikate liegen Total CPA (2011 USD billion) 20% 100 z.Z bei ca. 4 Euro.36 Netzwerke der deutschen Zivil- Percent change from 15% gesellschaft fordern, die Hälfte des Aufkommens 80 previous year 10% aus den Emissionszertifikaten der Anpassung an 60 5% die Klimaveränderungen und der Entwicklung er- 40 0% neuerbarer Energien zuzuführen, gegenwärtig sind -5% es nur 18,3%. Die Aufkommensvorhersagen stim- 20 men nicht optimistisch. Der Energie- und Klima- 0 -10% fonds (EKF) hat zu viele Aufgaben und zu wenig 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2012 2013 2014 2015 -15% Aufkommen, daher ist nicht mit ins Gewicht fal- Total CPA (left axis) DAC countries (right axis) lenden Beiträgen für die Entwicklung und Armuts- All donors (right axis) Mulitlateral agencies bekämpfung zu rechen. Seit 2006 sind aus dem (incl. EU; right axis)U Vermögen 475 Mio. Euro freigegeben worden.37 Quelle: OECD/DAC 19
Tabelle 11: Die Geber im Vergleich, Anteil ihre ODA am BNE BNE 1,1 1,02 1,0 1,00 0,99 0,9 0,86 0,8 0,75 0,7 0,6 0,56 0,53 0,52 0,52 0,5 0,46 0,46 0,4 0,40 0,35 0,31 0,31 0,3 0,29 0,29 0,28 0,27 0,2 0,20 0,19 0,18 0,12 0,11 0,1 0 or n xe en än g Gr iede ark ita e Be n Fi en d an d Sc ch tsc eiz str d DA K ien sg a Sp mt Po ien se l ste d h SA n n he ea d eu ga br nd in ad D bur lan Fr an Au lan Ö elan eic an pa N ede ie lie Quelle: OECD/DAC iec or ei Lu weg i a D hw N rtu U nn al lg an N em C an oß rla Ja Ita Irl nl es kr rr Gr K nn h m hw Sc eu der Gesamt-ODA ausmachen, ist von einer Stagnati- 2020 um insgesamt 6,3 Mrd. Euro, also 900 Mio. on bei den OECD-Gebern auszugehen.39 Das ist eine Euro pro Jahr zurückzuführen. Die Finanz- und die beunruhigende Entwicklung für die Armen dieser Eurokrise haben diese Trendumkehr ausgelöst. Glo- Welt, denn sie weist auf eine Trendumkehr hin. bal wird die Entwicklungshilfe ab 2013 stagnieren. Damit wird erheblicher finanzieller Schaden für das Mitte Januar 2013 beschloss der Europäische Rat globale öffentliche Gut der Entwicklung angerichtet. die Entwicklungshilfe im EU-Haushalt von 2014 bis Fazit Der Befund ist eindeutig: Die Krise der EU und der Da ein Ende der Krise in der EU und der Eurozone Eurozone hat beträchtliche negative Auswirkungen nicht absehbar ist, werden die negativen Krisenfol- auf die Entwicklungsländer. Zwar konnte infolge des gen für die Entwicklungsländer anhalten. Deshalb ist Rohstoffbooms und der damit verbundenen hohen die Verwendung der Einnahmen der Finanztrans- Wachstumsraten vor 2008 der Schock der Finanz- aktionssteuer auch für Umwelt und Entwicklung im krise etwas abgemildert werden. Als dann aber die Sinne des Verursacherprinzips eine Verpflichtung für Krise in der Eurozone 2010 ausbrach, traf sie auf eine Europa. Die Übernahme von Verantwortung für die bereits geschwächte Widerstandsfähigkeit der Volks- Auswirkungen der europäischen Krise auf Dritte sind wirtschaften des Südens. Auch wenn es zunehmend zudem kein Akt der Uneigennützigkeit, sondern fai- Verlagerungstendenzen gibt und die Wirtschaftsbe- re Beziehungen zu den Entwicklungsländern liegen ziehungen zwischen den Entwicklungsländern und auch im langfristigen Interesse der EU selbst. den BRICs-Staaten – und hier vor allem mit China – auf Kosten der Beziehungen mit der EU zunehmen, ist dies ein schmerzhafter Anpassungsprozess für die Entwicklungsländer. 20 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Sie können auch lesen