SchadenS-meldungen! Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungsländer - Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer auch für Entwicklung und ...

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Kurzgutachten Peter Lanzet

  Schadens-
meldungen!
Auswirkungen der Eurokrise
auf die Entwicklungsländer
Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer
auch für Entwicklung und Umwelt nutzen
Inhalt
Zusammenfassung                                                     3
Einleitung                                                          4
Schadensmeldungen                                                   5
  Die Europäische Finanztransaktionssteuer                          5
  Ansteckungswege der Eurokrise                                     6
  Die wirtschaftliche Ausgangssituation                             6
Schadensmeldung 1: Wachstumseinbruch                                7
Schadensmeldung 2: Exportrückgang                                   9
Schadensmeldung 3: Währungsverfall und Verlust an Devisenreserven  10
Schadensmeldung 4: Kapitalabfluss                                  11
Schadensmeldung 5: Rückgang des Tourismus                          11
Schadensmeldung 6: Migrantenüberweisungen rückläufig               12
Schadensmeldung 7: Rückgang von Direktinvestitionen                13
Schadensmeldung 8: Kapitalzuflüsse sinken                          15
Schadensmeldung 9: Leistungsbilanzverluste                         16
Schadensmeldung 10: Zunahme der Verschuldung                       17
Schadensmeldung 11: Einbruch der Entwicklungshilfe                 18
Fazit                                                              20

Fußnoten                                                                     21
Ressourcen                                                                   22
Abkürzungen                                                                  23
Über den Autor                                                               23

Impressum:

Schadensmeldungen! Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungsländer
Einnahmen aus Finanztransaktionssteuer auch für Entwicklung und Umwelt nutzen
Autor: Peter Lanzet, Redaktion: Peter Wahl, Gestaltung: martinbrombacher.de
Berlin, Juni 2013
Zusammenfassung
Die Eurokrise hat in den Entwicklungsländern erheb-    ▶   Von einer Verlangsamung des Wachstums in China
liche Schäden angerichtet. Nachdem die globale Fi-         können die chinesischen Direktinvestitionen be-
nanzkrise von 2007 bereits zu schweren Belastungen         troffen sein. Das kann in Angola, der DR Kongo,
geführt hatte, kam ab 2010 die Eurokrise dazu und          Niger, Myanmar, Kambodscha und Laos einen
hat ihrerseits die wirtschaftliche und soziale Ent-        Schock auslösen, da diese Länder 80% der chine-
wicklung des Südens gebremst.                              sischen Investitionen in Niedrigeinkommenslän-
                                                           dern auf sich vereinigen;
▶   Die Verluste beim Wirtschaftswachstum für alle
    Entwicklungsländer betrugen 2012 237,6 Mrd.        ▶   13 afrikanische Niedrigeinkommensländer haben
    USD;                                                   2010 ein gegenüber 2007 stark gewachsenes Leis-
                                                           tungsbilanzdefizit, acht davon liegen über 10%;
▶   Afrikanische Entwicklungsländer reagierten mit
    einem Rückgang von 10% ihrer Exporte auf jedes     ▶   Die krisenvorbeugende Aufstockung von Devi-
    Prozent Wachstumsrückgang in Europa;                   senreserven vieler Entwicklungsländer hat Inves-
                                                           titionen in die Wirtschafts- und Sozialentwicklung
▶   Währungsverluste:                                      gebremst, da diese Mittel nicht mehr für Entwick-
    • Ein Drittel der Währungen der Länder Afri-           lung zur Verfügung standen;
      kas südlich der Sahara verloren 2011 10% ihres
      Wertes (Kenia 13%, Tansania 7%, Uganda 18%);     ▶   Mehrere Entwicklungsländer mussten sich höher
    • Um dem durch Kapitalflucht verursachten Wäh-         verschulden, um allzu große Haushaltsdefizite zu
      rungsverfall entgegen zu wirken, mussten die         vermeiden;
      Länder in Südasien ihre Devisenreserven ein-
      setzen;                                          ▶   In mehreren Geberländern ist die Entwicklungs-
    • Kapitalabfluss ab September 2011 bescherte den       hilfe bereits gesunken, ab 2013 wird sie global sta-
      Währungen Brasiliens, Mexikos, Chiles und Ko-        gnieren.
      lumbiens einen Wertverlust von 10%.
                                                    Aus all diesen Gründen sind die EU, die Eurozone
▶   Der Tourismus in Afrika südlich der Sahara ging und ihre Mitgliedsstaaten in besonderem Maße in der
    2011 um 3% zurück;                              Pflicht, zur Abmilderung der Folgen der von ihnen
                                                    zu verantwortenden Krise auf die Entwicklungslän-
▶   13 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer, der beizutragen. Das Verursacherprinzip kann nicht
    die viele Arbeitsmigranten in die EU schicken, an den Grenzen der EU Halt machen. Zudem liegt es
    haben Überweisungseinbußen hinnehmen müs- im Interesse der Europäer, wenn ihr weltwirtschaft-
    sen. Bis 2012 wurde das Niveau von 2008 nicht liches Umfeld stabil bleibt. Andernfalls kann eine
    wieder erreicht;                                Spirale nach unten in Gang gesetzt werden, die eine
                                                    Überwindung der Eurokrise noch erschwert. Daher
▶   Rückgang ausländischer Direktinvestitionen      muss ein Teil der Einnahmen aus der Finanztransak-
    (ADI):                                          tionssteuer, die jetzt im Rahmen der sog. Verstärkten
                                                    Zusammenarbeit von elf EU-Mitgliedsstaaten vorbe-
    • von 2011 auf 2012 ca. 100 Mrd. USD geringere reitet wird, zur Finanzierung von Umwelt und Ent-

      ADI Zuflüsse in die Entwicklungsländer, davon wicklung bereit gestellt werden.
      ca. 23 Mrd. USD pro Jahr (gut 40%) in Afrika;
    • um 150 Mrd. USD verminderte Zuflüsse von

      Bankkrediten;
    • ca. 100 Mrd. USD weniger Portfolio-Zuflüsse

      auf die Finanzmärkte der Entwicklungsländer;
    • ca. 250 Mrd. USD mehr Nettokapitalabfluss aus

      den Entwicklungsländern.

                                                                                                             3
Einleitung
In den Entwicklungsländern ist noch über Jahrzehnte  ner Depression. Auch die Situation in Italien, Irland,
ein solides Wachstum in allen Sektoren der Wirt-     Zypern und Slowenien ist äußerst kritisch. Als Gan-
schaft erforderlich. Die Finanz- und Eurokrise hat   zes steht die Eurozone 2013 vor einer Rezession und
viele von ihnen ein beträchtliches Stück zurückge-   selbst die vermeintlich robusten Volkswirtschaften
worfen. Jetzt brauchen sie die Unterstützung derje-  wie die deutsche werden günstigstenfalls nur mini-
nigen, die                                           mal über der Stagnation liegen. Die Krise der öffent-
                                                     lichen Haushalte vor allem in Südeuropa ist ungelöst.
• die Möglichkeit dazu haben,                        Das bisherige Krisenmanagement konnte die Lage
• und die eine erhebliche Mitschuld an den Schäden nicht unter Kontrolle bringen. Ein Ende der Proble-

  haben, die durch Finanz- und Eurokrise aufgetre- me ist nicht abzusehen.
  ten sind.
                                                     Angesichts der engen Verflechtungen in der Welt-
Fast alle Entwicklungsländer wachsen über 5% pro wirtschaft und der bedeutenden Rolle, die Euro-
Jahr. Das ist auch ein Erfolg der Entwicklungszusam- pa darin spielt, wirkt sich die Krise auf die gesamte
menarbeit, die über Jahrzehnte Grundlagen- und Weltwirtschaft aus. Während andere Industrieländer
Aufbauarbeit in allen Sektoren geleistet hat. Afrika und einige Schwellenländer über eigene Ressourcen
hat sein Steueraufkommen von 2002 bis 2011 auf 520 und Instrumente verfügen, die Krise zu bekämpfen,
Mio. USD verdreifacht. Sieben Länder Südlich der ist dies bei vielen Entwicklungsländern nicht der Fall.
Sahara werden in den nächsten fünf Jahren zu den am Europa ist die wichtigste Exportdestination für nicht
schnellsten wachsenden Ländern der Welt gehören. wenige der armen Länder.2 Sie haben zur Entstehung
Dabei haben auch Länder ohne Öl- oder Goldvor- der Krise nicht beigetragen, der Internationale Wäh-
kommen große Fortschritte gemacht. Das Millenni- rungsfonds (IWF) nennt sie in Bezug auf die Krise
umsentwicklungsziel der Primarschulbildung ist für sogar „zufällig Anwesende (innocent bystanders).“
Afrika in Reichweite, die großen AIDS-Programme Europa muss daher seine Verantwortung für die Schä-
haben greifbare Erfolge erzielt.1                    den wahrnehmen, die es verursacht hat.

Gut die Hälfte aller Menschen (3,76 Mrd.) lebt aber wei-   Das entscheidende Argument dafür ist das Verur-
terhin von weniger als zwei USD pro Tag, davon 1,29        sacherprinzip. Abstrakt wird es von fast allen poli-
Mrd. auf dem Elendsniveau von unter 1,25 USD. Eini-        tischen Lagern anerkannt. Aber es fehlt das Verständ-
ge Millenniumsentwicklungsziele werden 2015 besser         nis dafür, dass dieses Prinzip nicht an den EU-Außen-
als andere erreicht werden. Asien, vor allem China,        grenzen enden kann. Je enger Entwicklungsländer
trägt überproportional zur Zielerreichung bei. Afrika      wirtschaftlich mit Europa verbunden sind, desto
und Südasien werden auch weiterhin die größten Ar-         größere Schäden hat die europäische Krise auch bei
mutsbevölkerungen beherbergen.                             ihnen angerichtet. Es kann eine Spirale nach unten
                                                           entstehen, in der die endogene Entwicklung der Euro-
Aus ganz Europa setzen sich seit Mitte der 90er Jahre      krise und das internationale Umfeld sich wechsel-
Entwicklungspolitiker, heterodoxe Ökonomen und             seitig und negativ verstärken. Daher ist es nicht nur
Organisationen aus der Zivilgesellschaft für die Ein-      eine Frage der Verantwortung Europas gegenüber
führung einer Finanztransaktionssteuer (FTS) ein.          den schwächeren Akteuren in der Weltwirtschaft,
Jeweils ein Drittel des Aufkommens der FTS soll für        wenn die Unterstützung von Entwicklungsländern
Entwicklungszusammenarbeit und zur Herstellung             Teil des gesamten Krisenmanagements ist, sondern
von Klimagerechtigkeit zur Verfügung gestellt wer-         liegt auch in dessen Eigeninteresse.
den.
                                                      Im folgenden Text stehen die ökonomischen und z.T.
Die Eurokrise hat zu dramatischen Verwerfungen in sozialen Konsequenzen der Eurokrise für Entwick-
den Krisenländern der Eurozone geführt. Griechen- lungsländer im Mittelpunkt. Allerdings wirkt die
land, Portugal, Spanien befinden sich de facto in ei- Krise auch darüber hinaus auf andere Problemlagen,

4 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
wie z.B. die Umwelt. Insbesondere absorbiert die Kri-   der Entwicklungsländer zurück und trifft hier wiede-
se die Fähigkeit der Entwicklungsländer, die unab-      rum die verwundbarsten Gruppen der Bevölkerung
hängig und schon lange vor Finanz- und Eurokrise        besonders hart. Umwelt und Entwicklung sind des-
bestehenden Herausforderungen wie Klimawandel,          halb zwei Seiten einer Medaille. Sinken die finanziellen
Verlust der biologischen Vielfalt, Wüstenbildung,       Ressourcen – und das gilt gleichermaßen für den
Verschmutzung von Flüssen und Ozeanen etc. zu be-       Staatshaushalt, den Privatsektor und die Haushalte –
kämpfen. Die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen,    so schränkt das die Spielräume für Klimaschutzmaß-
reichen bei weitem nicht.3 Die Klimaverhandlungen       nahmen weiter ein. Die Verwendung von Einnah-
zur Fortführung des Kyoto-Protokolls stagnieren,        men aus der FTS sowohl zur Armutsbekämpfung als
während die physikalischen und chemischen Prozesse      auch zur internationalen Klimafinanzierung ist die
der Klimaerwärmung unberührt von den Schwierig-         logische Konsequenz daraus. Wenn in diesem Text
keiten multilateraler Verhandlungen weitergehen und     von den ökonomischen und sozialen Problemen der
die Welt sich auf eine Erwärmung um 4 Grad Celsius      Entwicklungsländer die Rede ist, so sind die ökologi-
zubewegt. Die ungebrochene Degradation der Um-          schen Dimensionen daher immer als integraler Be-
welt wirkt auf die soziale und ökonomische Situation    standteil mitzudenken.

                              Schadensmeldung
Der vorliegende Bericht identifiziert entstandene       Verstärkten Zusammenarbeit (Enhanced Coopera-
Verluste am Entwicklungsfortschritt in den Entwick-     tion5) gegeben. Dies ist ein Verfahren, das es einer
lungsländern und formuliert Schadensmeldungen.          Gruppe von mindestens neun Mitgliedsländern er-
Nach dem Verursacherprinzip müssen Politik und          laubt, ein Projekt im Rahmen der EU-Regeln durch-
Finanzmärkte Verantwortung für die angerichteten        zuführen, auch wenn die anderen sich nicht daran
„Kollateralschäden“ übernehmen und einen Beitrag        beteiligen. Inzwischen haben sich elf Länder der
zu Ihrer Behebung leisten. Die Ausschüsse für Aus-      Initiative angeschlossen.6
wärtiges und Entwicklung des Europäischen Parla-
ments bereiten z. Zt. auf dieser Argumentationsbasis
eine Resolution für das Europäische Parlament vor.      Die Europäische
Die Europa-Parlamentarier fordern eine globale          Finanztransaktionssteuer
Finanztransaktionssteuer, „die als innovativer Fi-
                                                        Die EU-Kommission erarbeitete einen Vorschlag, der
nanzierungsmechanismus für Entwicklung und zur
                                                        den Vorstellungen der Zivilgesellschaft recht nahe-
universalen Durchsetzung ökonomischer und sozialer
                                                        kommt. Er sieht eine breite Steuerbasis vor (Aktien,
Rechte dienen kann.“4
                                                        Anleihen, Derivate), schlägt einen Steuersatz von
                                                        0,1% für Aktien und Anleihen sowie 0,01% für De-
Frankreich, das bereits 2012 eine unilaterale Finanz-
                                                        rivate vor. Zudem sind weitgehende Maßnahmen ge-
transaktionssteuer eingeführt hatte, will bis zu 10%
                                                        gen Steuerumgehung vorgesehen. Das zu erwartende
der Einnahmen für Umwelt und Entwicklung zur
                                                        Gesamtaufkommen der FTS in elf Ländern soll zwi-
Verfügung stellen. Anfang 2013 hat die EU grünes
                                                        schen 30-35 Mrd. Euro pro Jahr liegen.7, 8
Licht für die Einführung der FTS im Rahmen der

                                                                                                              5
Nun ist die Diskussion über die künftige Verwendung      inlandsprodukt pro Kopf 2010 die Summe von 3.750
der Mittel entbrannt. EU-Parlament und Kommissi-         USD nicht übertraf. Das britische Overseas Develop-
on wollen die Einnahmen ins EU-Budget fließen las-       ment Institute (ODI) hat im Mai 2012 zur Frage der
sen. Außer bei Frankreich gibt es dagegen erhebliche     Auswirkungen der Eurokrise auf die Entwicklungs-
Vorbehalte bei den anderen Ländern, einschließlich       länder eine Studie veröffentlicht, auf die hier u.a. Be-
Deutschlands. Frankreich steht der Forderung von         zug genommen wird.
Entwicklungshilfsorganisationen offen gegenüber,
bis zu 10% des Aufkommens für die Entwicklungs-
hilfe zu nutzen.9 Frankreichs Präsident François Hol-    Die wirtschaftliche
lande sprach sich dafür aus, einen weiteren Teil der     Ausgangssituation
Mittel für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit in
                                                         Die konjunkturellen Vorhersagen des IWF, der
Europa auszugeben. Auch die Bundeskanzlerin kann
                                                         OECD, der UNCTAD oder der UN/DESA spielen
sich vorstellen, einen Teil der Mittel dafür zu ver-
                                                         eine orientierende Rolle für Wirtschaftsplaner und
wenden. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will
                                                         Investoren. Gegenwärtig wird sowohl beim IWF als
mit den Einnahmen aus der FTS teils dringend nö-
                                                         auch im UN-Spektrum vor einem sehr verzögerten
tige Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Ab-
                                                         Aufschwung bzw. vor den Risiken eines weiteren Ab-
bau der Jugendarbeitslosigkeit in Europa setzen, teils
                                                         schwungs gewarnt.12
Auffang- und Vorsorgelösungen für Krisen im Ban-
kensektor finanzieren und Schuldendienste leisten.10
                                                         Gleichzeitig sehen IWF/Weltbank und die UN die
                                                         wirtschaftlichen Aussichten in den Entwicklungslän-
Inzwischen haben sich die drei Oppositionsparteien
                                                         dern als insgesamt ermutigend an. Beim Wachstum
im Bundestag dafür ausgesprochen, einen Teil der
                                                         des Bruttoinlandsprodukts (BIP, ermittelt auf USD-
Einnahmen für Entwicklungs- und Umweltfinanzie-
                                                         Basis) wird von 5,9% ausgegangen, beim pro-Kopf
rung zu verwenden.11 Auch Entwicklungsminister
                                                         BIP (ermittelt auf Basis lokaler Währungen) von
Niebel möchte, dass ein Teil der Steuereinnahmen in
                                                         3,3%.13 Unter anderem in der Weltbank diskutieren
sein Budget fließt.
                                                         Experten mögliche Rezessionsszenarien mit Auswir-
                                                         kungen auf die Entwicklungsländer:14

Ansteckungswege                                          •   Ausschluss weiterer europäischer Volkswirtschaf-
der Eurokrise                                                ten (Zypern, Malta, Spanien, Irland) vom Zugang
                                                             zu den Finanzmärkten mit negativen Auswirkun-
Mit der Globalisierungswelle der letzten Jahrzehnte
                                                             gen auf die Wachstumschancen in allen Eurolän-
haben die Verflechtungen in der Weltwirtschaft eine
                                                             dern und darüber hinaus;
neue Qualität bekommen. Die Verbindungen sind
so zahlreich, intensiv und komplex geworden, dass        •   Die sich erholende Konjunktur in den USA und
Veränderungen in einem Land oder in einer Region             anderen Industrieländern wird durch einseitige
unweigerlich Auswirkungen auf andere Länder und              und überzogene Austeritätspolitik abgewürgt;
Regionen haben. Bei größeren Krisen wird die ge-
                                                         •   Die hohen Investitionsraten Chinas schmelzen
samte Weltwirtschaft erfasst, wie beim Einbruch der
                                                             aufgrund von Nachfrageschwächen ab;
Weltkonjunktur nach dem Finanzcrash 2008. Dabei
haben die meisten Entwicklungsländer das zusätzli-       •   Ansteigen der Energiepreise.
che Problem, dass ihre Volkswirtschaften gegenüber
externen Schocks besonders verwundbar sind.

Untersucht werden im vorliegenden Text insbeson-
dere die von der Eurokrise verursachten Entwick-
lungen in den am wenigsten entwickelten Ländern
(LLDCs), Niedrigeinkommensländern (LICs) bzw.
den Unteren Mitteleinkommensländern (LMICs).
Das sind insgesamt 94 Länder auf der Liste des Ent-
wicklungskomitees der OECD, in denen das Brutto-

6 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 1
                                                Wachstumseinbruch

Grafik 1: Globales BIP-Wachstum                                  Grafik 2: Konjunkturaussichten prekär

                                                                      Percentage change
 8                                                              5
                  Emerging and developing economies                     4.1     4.1                                          Policy scenario
 7
                                                                4                                              4.0                                  4.5
 6                                                                                      Baseline
 5                                                                                                                                           3.8
                                                                3                                                      2.7
 4                                                                                                                                                   3.2
 3
                                World
                                                                2                                                            2.2            2.4
 2                                                                                           1.4
 1                                                              1                                                    Downside
 0        Advanced economies                                                                                         scenario                        1.1
                                                                0
-1                                                                                                                                         0.2
-2                                                              -1
             2011		                 2012		              2013
                                                                -2                                   -2.1
Quelle: IMF staff estimates
                                                                -3
                                                                       2006   2007      2008       2009     2010     2011     2012        2013     2014
                                                                Quelle: UN/DESA

Tabelle 1: Ländergruppe/ BIP Veränderungen/Jahr

                                        2006     2007   2008   2009     2010          2011         2012      2013       2014          2015         2016
Zentral- und Osteuropa                    6.4     3.1   -3.6    4.5       5.2          1.9          2.5        3.1           3.4          3.7        3.7
Asiatische Entwicklungsländer            10.3     7.9    6.9    9.5       7.7          6.6          7.1        7.4           7.6          7.6        7.6
Lateinamerika und Karibik                 5.6     4.2   -1.5    6.1       4.5          3.1          3.8        4.0           4.0          3.9        3.9
Mittlerer Osten und Nord Afrika           6.2     4.5    2.5    5.0       3.2          5.2          3.6        3.8           4.3          4.4        4.5
Afrika südl. der Sahara                   6.4     5.5    2.7    5.3       5.1          4.9          5.7        5.5           5.7          5.6        5.7
Quelle: IWF/WEO Database 2012

                                                                 Tabelle 2: Verlust der Wirtschaftleistung
                                                                 2012 - 2013
Weltkonjunkturdaten: Das UN/DESA (Department Die BIP- Verluste 2011 für alle Entwicklungsländer
of Economic and Social Affairs) geht von drei mög- betragen 237,6 Mrd. USD.
lichen Weltkonjunkturszenarien für 2013/2014 aus,
wobei es die Abschwungrisiken als genauso wahr- Region                                                             BIP-Verlust in USD Mrd.

scheinlich bezeichnet, wie die Chancen des Auf- Welt insgesamt                                                              -1,168.7

schwungs. Grund ist die starke Abhängigkeit des Entwicklungsländer                                                           -237.6
Aufschwungs von der Nachfrage aus den Industrie- Ost Asien & Pazifik                                                           -47.1
ländern, gerade auch von den Euroländern sowie Europa & Zentral Asien                                                          -36.5
die Möglichkeit erheblicher Preisschwankungen für Lateinamerika & Karibik                                                      -25.1
Wirtschafts- und Verbrauchsgüter und bei den Kosten Mittlerer Osten NA                                                         -47.4
für Kredite und Kreditausfallversicherungen.        Afrika Südl. Sahara                                                            -5.3
                                                                 Südasien                                                      -61.8
Die folgenden Zahlen (Tab.1) verdeutlichen, dass die
                                                                 Quelle: ODI, 2012:44
Wachstumsraten in den Entwicklungs- und Schwel-
lenländern insgesamt und in den Ländern Afrikas
südlich der Sahara den Stand von vor 2007 auch in                Auf der Basis von Weltbank-Daten kommen die
den kommenden Jahren nicht erreichen werden.                     Autoren der ODI-Studie für 2011 zu erheblichen
Sie haben als Folge der Finanz- und der Eurokrise                BIP-Verlusten, wobei die Verluste der Länder Afrikas
Wachstumseinbrüche von zwischen 1,5 und 4,5%                     südlich der Sahara noch vergleichsweise gering aus-
bezogen auf das BIP von 2006 zu verkraften.                      fallen etwa im Vergleich zu Südasien.

                                                                                                                                                          7
Grafik 3: Handel der LIC/LMIC Länder mit EU, BRICs und China

                Anteil der LIC/LMIC-Länder in Richtung                                                                                                                         Anteil ihrer Importe
                EU BRICs und China

                               LICs                                                                      LMICs                                                                 LICs                                                                   LMICs
                          40                                                                        25                                                                    25                                                                  20
                          35
                                                                                                    20                                                                    20
                                                                                                                                                                                                                                              15
% of total export value

                                                                          % of total export value

                                                                                                                                                % of total export value

                                                                                                                                                                                                                        % of total export value
                          30
                          25                                                                        15                                                                    15
                          20                                                                                                                                                                                                                  10
                          15                                                                        10                                                                    10
                          10                                                                                                                                                                                                                      5
                                                                                                     5                                                                     5
                           5
                           0                                                                         0                                                                     0                                                                      0
                                05     06    07    08     09   10                                        05     06    07    08     09   10                                      05     06    07    08     09   10                                     05     06    07    08     09   10
                                     EU 27        BRICs        China                                          EU 27        BRICs        China                                        EU 27        BRICs         China                                      EU 27        BRICs        China

Anfälligkeitsindikatoren
Handel: Trotz der zunehmenden Bedeutung des 17 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer
Chinahandels der Niedrig- und Unteren Mittelein-                                                                                              wickeln über 25% ihrer gesamten Im- bzw. Exporte
kommensländer behält deren Handel mit der EU noch                                                                                             mit der EU ab und 15 Länder erwirtschaften über 5%
das größere Volumen (Daten bis 2010, Quelle ODI).                                                                                             ihrer Wirtschaftsleistung durch den Export in die EU
Aber die abnehmende Tendenz ist eindeutig (s. Gra-                                                                                            (siehe Tab. 3 und Grafik 4).
fik 3).

Tabelle 3: LICs/LMICs mit hoher Handelsabhängigkeit von der EU

Reporting country                                                   Group                                              % of total            Reporting country                                                 Group                                        % of total
                                                                                                                      exports to                                                                                                                       imports to EU27, 2010
                                                                                                                      EU27, 2010
Cape Verde                                                          LMIC                                                   94.1              Cape Verde                                                        LMIC                                                 78.1
São Tomé and Principe                                               LMIC                                                   81.5              São Tomé and Principe                                             LMIC                                                 66.8
Mozambique                                                          LIC                                                    62.4              Morocco                                                           LMIC                                                 49.2
Morocco                                                             LIC                                                    60.1              Moldova                                                           LMIC                                                 44.2
Cameroon                                                            LMIC                                                   59.7              Senegal                                                           LMIC                                                 46.5
Gambia, The                                                         LIC                                                    55.2              Togo                                                              LIC                                                  44.2
Armenia                                                             LMIC                                                   49.8              Egypt, Arap Rep.                                                  LMIC                                                 43.6
Cote d´Ivoire                                                       LMIC                                                   39.1              Cameroon                                                          LMIC                                                 39.9
Moldovia                                                            LMIC                                                   36.8              Ukraine                                                           LMIC                                                 32.3
Malawi                                                              LIC                                                    36.8              Ghana                                                             LMIC                                                 31.6
Sri Lanka                                                           LMIC                                                   35.0              Mozambique                                                        LIC                                                  31.4
Belize                                                              LMIC                                                   31.3              Burkina Faso                                                      LIC                                                  30.6
Burundi                                                             LIC                                                    31.0              Gambia, The                                                       LIC                                                  30.2
Uganda                                                              LIC                                                    31.0              Georgia                                                           LMIC                                                 28.4
Egypt, Arap Rep.                                                    LMIC                                                   30.3              Burundi                                                           LIC                                                  28.2
Ethiopia                                                            LIC                                                    29.5              Armenia                                                           LMIC                                                 25.6

Quelle: ODI 2012

8 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Länder, die primär nach Europa exportieren und sich        Dabei reagieren Luxusgüterexporte anfälliger auf
    auf einige wenige stark konjunkturabhängige Pro-           Nachfrageeinbrüche als Güter des täglichen Bedarfs.
    dukte spezialisiert haben, sind den Auswirkungen           Außerdem reagiert die globalisierte Wertschöpfung
    der Eurokrise am schutzlosesten ausgeliefert. In Af-       in multinationalen Produktionsketten empfindlicher
    rika gehören zu diesen Länder auch die Öl-, Boden-         auf Störungen und Ausfälle als eher traditionelle For-
    schatz-, Baumwoll- und Kakaoproduzenten (ODI,              men der Wertschöpfung.
    2012: 4-6).
                                                               Schon als Folge der Finanzkrise 2007 war der Afri-
                                                               kanische Handel um 30% geschrumpft. Vor allem
                                                               die nordafrikanischen Länder waren betroffen. Sie
    Grafik 4: Länder mit über 5% BIP
                                                               schicken 58% ihres Exports in die EU. Auch die Län-
    aus Export in die EU
                                                               der der Communauté Financière Africaine (CFA), die
  Zimbabwe                                                     36,4% ihres Exports in die EU einführen, mussten ei-
    Burundi
   Sri Lanka                                                   nen Rückgang ihres Handels hinnehmen. Ähnliches
    Moldova                                                    gilt für Inseln wie die Seychellen, Kap Verden und
       Belize
 Madagascar                                                    Mauritius, die stark vom Tourismus abhängen. Die
      Malawi
  Cambodia
                                                               Afrikanische Entwicklungsbank sah 2011 afrikani-
     Ukraine                                                   sche Handelsrisiken wie folgt konzentriert:
  Cameroon
      Nigeria
     Guyana
    Morocco
Mozambique                                                     Tabelle 4: Afrikanische Handelsrisiken
Cote d´Ivoire
                                                               aufgrund regionaler Konzentration 2011
                0%     2%   4%   6%   8% 10% 12% 14% 16% 18%

    Quelle: ODI 2012                                                               % of total exports Export Destinati- Export Concen-
                                                                                   to EU (2008)       on Concentration tration Index
                                                                                                      Index (avg. 2008- (avg. 2008-2010)
    Die Elfenbeinküste, Mosambik, Marokko, Guyana,                                                    2010)

    Nigeria, Kamerun, Madagaskar, Malawi, Burundi,             North Africa                58.1           36.1                 45.0
    Zimbabwe, die Kap Verden und Sao Tomé und Prin-            CFA Franc Zone              36.4           36.4                 23.4
    cipe in Afrika sowie die Ukraine, Moldau, Kambo-           West Africa                 28.5           39.0                 58.6
    dscha, Belize und Sri Lanka können über ihren              Southern Africa             27.1           48.9                 14.1
    Außenhandel von den krisenhaften Entwicklungen             Central Africa              26.9           56.0                 83.4
    in der EU und der Eurozone sehr leicht angesteckt          East Africa                 17.3           39.4                 13.6
    werden.                                                    Africa                      40.1           42.2                 42.1

                                                               Quelle: AfDB 2011

                                        Schadensmeldung 2
                                                  Exportrückgang

    Mitte 2011 verlieren wichtige afrikanische Exportpro-      Instabile Währungen:
    dukte erheblich an Wert. Die Afrikanische Entwick-         Afrika Südlich der Sahara: 27 Länder haben ihre
    lungsbank schätzt, dass ein Prozent BIP-Rückgang           Währungen eng an den Euro gekoppelt, 13 weitere
    in den OECD-Ländern bei Afrikanischen Ländern zu           binden ihre Währungen z.T. an den Dollar, z.T. an
     einem 10%igen Rückgang des Exports und 2,5%igen           den Euro. Bekannt unter ersteren sind z.B. die sechs
    Importrückgang führt.                                      westafrikanischen und acht zentralafrikanischen
                                                               Länder der CFA, die weiterhin eng an die französi-

                                                                                                                                           9
Grafik 5: Exportpreise wichtiger afrikanischer Exportprodukte

500
                                                                                                                                                                                          Cotton
400
                                                                                                                                               Cocoa
300

200

100
                                                                                          Coffee Arabica
  0
      Jan-00
               Jul-00
                        Jan-01
                                 Jul-01
                                          Jan-02
                                                   Jul-02
                                                            Jan-03
                                                                     Jul-03
                                                                              Jan-04
                                                                                       Jul-04
                                                                                                Jan-05
                                                                                                         Jul-05
                                                                                                                  Jan-06
                                                                                                                           Jul-06
                                                                                                                                    Jan-07
                                                                                                                                             Jul-07
                                                                                                                                                      Jan-08
                                                                                                                                                               Jul-08
                                                                                                                                                                        Jan-09
                                                                                                                                                                                 Jul-09
                                                                                                                                                                                          Jan-10
                                                                                                                                                                                                   Jul-10
                                                                                                                                                                                                            Jan-11
                                                                                                                                                                                                                     Jul-11
 Quelle: AfDB 2011

 sche Wirtschaft angeschlossen sind und den direkt                                                                                                              wenn die Nachfrage von dort stagniert. Im Grunde
 an den Euro gebundenen Franc CFA als Zahlungs-                                                                                                                 geht es ihnen ähnlich wie den Mitgliedsländern der
 mittel verwenden. Wie die Eurozone insgesamt, so                                                                                                               Eurozone, die durch die Einheitswährung ihre Wech-
 konnten sie die Schwäche des Außenwertes des Euro                                                                                                              selkurshoheit aufgegeben haben. Im Krisenfalle fehlt
 in 2010 und 2012 für günstigere Exporte von Petrole-                                                                                                           ihnen dann, ähnlich wie Griechenland, Portugal,
 um, Koka, Kaffee, Erdnüsse außerhalb der Eurozone                                                                                                              Spanien etc. die Möglichkeit, durch Abwertung ihren
 nutzen.                                                                                                                                                        Export zu stützen.

 Je nach Wettbewerbsfähigkeit ist ihr Export bei ei-
 nem stärkeren Euro rückläufig und kann nicht durch
 vermehrte Exporte in die Eurozone ersetzt werden,

                                                                               Schadensmeldung 3
                           Währungsverfall und Verlust an Devisenreserven

 Wegen des Verfalls der Preise für Güter und Dienst-                                                                                                            Südasien: 40% der Exporte aus Südasien gehen in
 leistungen verloren ein Drittel der Währungen in                                                                                                               die EU, hauptsächlich nach Deutschland und Frank-
 den Ländern Südlich der Sahara 10% an Wert. 2011                                                                                                               reich. Bangladesch, Sri Lanka und die Malediven
 fiel der südafrikanische Rand um 3,2% aufgrund der                                                                                                             spüren Marktveränderungen in Europa direkt.
 geringeren Nachfrage nach den Bodenschätzen des
 Landes. Kenia, Tansania und Uganda mussten Wert-                                                                                                               Um im Herbst 2011 dem durch Kapitalflucht verur-
 verluste ihrer Währungen um 13%, 7% bzw. 18%                                                                                                                   sachten Währungsverfall entgegen zu wirken, mussten
 hinnehmen.15 Die Währungen der Seychellen und                                                                                                                  die Länder in Südasien ihre Devisenreserven einset-
 von Mauritius sind vom Rückgang des Tourismus                                                                                                                  zen, was ihre Währungen erneut schwächte.
 betroffen. Alle Öl-importierenden Länder mussten
 aufgrund ihrer wachsenden Ölrechnungen Wertver-                                                                                                                Lateinamerika und die Karibik exportieren 15%
 luste hinnehmen.                                                                                                                                               ihrer Außenhandelsgüter nach Europa. Ihre Export-
                                                                                                                                                                wachstumsraten nahmen von 2011 gegenüber 2010
                                                                                                                                                                nur geringfügig ab.16

 10 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 4
                                           Kapitalabfluss

Die regionalen Börsen verzeichneten ab September           Exporte in drei Märkte, von denen die EU am meisten
2011 einen substantiellen Kapitalabfluss, der den          aufnimmt (20%), während die Exporte nach China
Währungen Brasiliens, Mexikos, Chiles und Kolum-           (10%) stark vom erwähnten Problem der globalisier-
biens einen Wertverlust von 10% bescherte.                 ten Wertschöpfungsketten betroffen sind.

In Ostasien, insb. in den Philippinen, Malaysia, In-       Die Ostasiatischen Währungen mussten in der Folge
donesien und Thailand reagieren die Volkswirtschaf-        Kapitalabflüsse hinnehmen. Der Wert des philippi-
ten ebenfalls empfindlich auf Nachfrageeinbrüche           nischen Peso, den es am Härtesten getroffen hat, gab
der EU. Die Philippinen schicken fast die Hälfte ihrer     von 2009 bis 2013 um gut 17% nach.17, 18

                              Schadensmeldung 5
                                 Rückgang des Tourismus

Tourismus: Die Kap Verden, Gambia, Kenia, Tansa- Tabelle 5: Tourismus in
nia, Mauritius, Seychellen, etc. sind diejenigen afri-     Prozent aller Exporte
kanischen Niedrigeinkommensländer, die ganz be-
sonders vom Rückgang des Tourismus betroffen                                      2006   2007   2008   2009   2010
sind.19 Über die wirtschaftlichen Auswirkungen die-
                                                           Am wenigsten            5.7    6.5    5.9    7.2   5.5
ses Rückgangs insgesamt entscheidet dabei auch die         entwickelte Länder
Exportstruktur eines Landes. Tansania ist relativ di-      Niedrigeinkommens-     11.3   13.5   13.1   13.8   7.6
versifiziert, hat einen relevanten Rohstoffsektor und      länder
landwirtschaftlichen Export. Das Ausbleiben von            Untere Mittelein-       6.7    7.0    6.5    7.2   5.3
Touristen schadet demgegenüber erheblich mehr in           kommensländer
Ländern, die auf diese Form des Dienstleistungsex-         Untere und Mittlere     5.9    5.9    5.5    6.3   5.0
                                                           Einkommensländer
ports stark spezialisiert sind, wie z. B. die Kap Verden
                                                           Mittlere Einkommens-    5.9    5.8    5.4    6.2   4.9
oder die Seychellen.
                                                           länder
                                                           Afrika Südlich          7.4    7.4    6.4    7.6   6.9
Die Verluste nach der Finanzkrise betrugen 2010 bei        der Sahara
den Niedrigeinkommensländern 6,2% weniger an-              Quelle: ODI/WDI
kommende Touristen. Das Bild ist zwar insgesamt
positiv, aber die Schätzungen der World Tourism
Organisation gehen für 2011 für Afrika südlich der
Sahara von einer Verlangsamung des Wachstums des
Tourismus von 3% aus.20

                                                                                                                 11
Schadensmeldung 6
                        Migrantenüberweisungen rückläufig

Migranten schicken dringend benötigte Mittel an                •   Die Überweisungen der Arbeitsmigranten aus El
ihre Familien für Konsum, Mieten, Bildungskosten,                  Salvador, Jamaika, Honduras, Guyana, Nicara-
Anschaffungen und kleinere Investitionen, etc. In                  gua, Haiti und Guatemala geraten durch die Re-
Niedrigeinkommensländern wie Bangladesch, Af-                      zession in der Eurozone unter Druck;
ghanistan, Burkina Faso, Zimbabwe, Mosambik,
                                                               •   Migrantenüberweisungen und Tourismusein-
Mali, Haiti, Nepal, Eritrea, DR Kongo ist der Anteil
                                                                   künfte sind wichtige Wachstumsstimuli in Län-
der Migrantenüberweisungen an der Wirtschaftsleis-
                                                                   dern wie den Philippinen oder den kleineren Insel-
tung des Landes am höchsten. Für die Kap Verden,
                                                                   staaten. Die Rezession in der Eurozone reduziert
Gambia, die Philippinen und Nigeria ist die EU die
                                                                   diese Einkünfte z.T. erheblich.
wichtigste Quelle für Überweisungen ihrer Arbeits-
migranten.
                                                     13 Niedrig- und Untere Mitteleinkommensländer,
                                                     die viele Arbeitsmigranten in Länder der EU schicken,
Die Weltbank schreibt 2012 in Ihrem Bericht über die
                                                     haben spürbare Überweisungseinbußen hinnehmen
globalen Wirtschaftsaussichten:21
                                                     müssen. Nach einer Phase des starken Wachstums
                                                     der Überweisungen bis 2008 brachen sie 2009 ein.
• Eine Vertiefung der Eurokrise würde in Südasien
                                                     Sie haben sich bis 2012 nicht wieder auf das Niveau
   zu geringeren Migrantenüberweisungen, zu we-
                                                     von 2008 erholt.
   niger Exporten und zu geringeren Direktinvesti-
   tionen führen;

Tabelle 6:Migrantenüberweisungen                                       Länder mit mehr als 5% - Anteil
                                                               Grafik 6:
2005 - 10 in % des BIP                                         Migrantenüberweisungen am BIP

                     2005   2006   2007   2008   2009   2010
                                                                        Uganda
Am wenigsten          5.4    5.8    6.0    5.3    6.5    6.4              Belize
entwickelte Länder                                                     Pakistan
                                                               Egypt, Arab Rep.
Niedrigeinkommens-    5.4    6.6    7.3    8.1    7.9    8.0           Morocco
länder                                                             Cape Verde
Untere Mittelein-     4.1    4.1    4.2    4.4    4.3    3.9        Philippines
kommensländer                                                         Sri Lanka
                                                                     Guatemala
Untere und Mittel-    2.0    2.0    2.0    1.9    1.9    1.7            Nigeria
einkommensländer                                                    Bangladesh
                                                                       Moldova
Mitteleinkommens-     1.9    1.9    1.9    1.8    1.8    1.6
                                                                      Nicaragua
länder
                                                                  Gambia, The
Afrika Südlich        1.6    1.9    2.5    2.3    2.5    2.2        El Salvador
der Sahara                                                              Guyana
                                                                      Honduras
Quelle: ODI 2012:9                                                       Samoa
                                                                           Haiti
                                                               Kyrgyz Republic
                                                                      Tajikistan
                                                                                   0   5   10   15   20   25   30   35   40

                                                               Quelle: ODI 2012

12 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Tabelle 7:       Migrantenüberweisungen (in Mio. USD)
                             2005    2006    2007   2008    2009   2010   2011   2012
  1 Algerien                  1.2     1.3     1.4    1.4     1.3    1.1    1.1    1.0

  2 Elfenbeinküste            0,4     0,5     0,6    0,6     0,5    0,5    0,5    0,5
  3 Ägypten                   2.4     2.9     3.3    3.0     2.7    2.5    2.6    2.6
  4 Äquatorial Guinea         3.0     3.4     3.7    3.7     3.4    3.4    3.6    3.9
  5 Gabun                     0,5     0,6     0,6    0,7     0,7    0,7    0,7    0,7
  6 Mosambik                  4.5     5.4     6.7    6.8     6.2    6.4    7.2    7.0
  7 Philippinen               1.4     1.8     2.1    2.4     2.4    2.5    2.6    2.8
  8 Rwanda                    3.0     3.3     4.7    6.0     5.3    5.2    5.6    5.5
  9 Seychellen                  ..      ..    3.0    2.7     3.9    3.3    3.2    2.7
10 Slowenien                  0,9     1.1     1.4    1.9     1.6    1.5    1.7    1.6
11 Sri Lanka                  7.9     8.8    10.7   11.8    10.3   10.5   11.5   11.0
12 Tansania                   0,4     1.0     1.6    2.5     1.7    2.3    3.0    3.7
13 Sambia                     1.2     1.2     1.3    1.4     1.1    1.5    1.4    1.4
     Summen                  27.4    31.8    41.7   45.5    41.6   41.9   45.4   44.8

Quelle: Weltbank22

                            Schadensmeldung 7
                         Rückgang von Direktinvestitionen

Unter den Finanzflüssen spielen die Auslandsinves-         ADI-Zuflussraten aus der EU von um die 20% beson-
titionen (ADI) eine wichtige Rolle. Investitionen          ders anfällig für eine stockende Wirtschaftsentwick-
stärken die einheimische Währung, erhöhen die              lung in der EU. Europäische Investoren tragen mit
Geldmenge im Lande und den verfügbaren Kredit,             zwischen 20% und 30% den größten Anteil der Di-
verbilligen die Zinsen und erleichtern es dem Staat,       rektinvestitionen in die Niedrigeinkommensländer.
im Inland nicht vorhandene Produkte einzuführen.           Während die Zuflüsse aus aller Welt nach Ostasien/
Ein Übermaß an ADI kann allerdings auch die Infla-         Pazifik und Lateinamerika zunehmen, haben Südasi-
tion anheizen, wie nach der Finanzkrise in Brasilien       en, Osteuropa und Zentralasien, der Mittlere Osten
oder Indonesien. Ihr Zu- oder Abnehmen hat daher           und Nordafrika sowie Afrika südlich der Sahara sta-
einen besonders starken Einfluss auf den Konjunk-          gnierende oder gar abnehmende ADI-Zuflüsse. Die
turverlauf eines Landes.                                   neueren europäischen Zahlen (s. Tab 8) bestätigen
                                                           diesen Trend. In den afrikanischen Niedrigeinkom-
Den Folgen abnehmender ADI aus der EU sind u.a.            mensländern sind die Investitionen 2011 zurückge-
die sich entwickelnden kleinen Inselstaaten (SIDS23)       gangen, verursacht durch die Eurokrise. Ein positiver
ausgesetzt. Die SIDS finanzieren im Durchschnitt 9%        Effekt ist dabei: Europa investierte etwas weniger in
ihres BIP über die ADI, Timor Leste und die Solo-          Steuerparadiese.
monen sogar über 30%. Mit je 6% folgen die Niedrig-
einkommens- und die rohstoffabhängigen Entwick- Abflüsse und Transfers: Entwicklungsland zu sein
lungsländer. Unter den Niedrigeinkommensländern bedeutete in der Regel auch immer per Saldo („Net-
sind Liberia, die DR Kongo und Niger mit jährlichen to“, s. Grafik 9.) mehr Kapital aufgrund von Im-

                                                                                                             13
Grafik 7: ADI-Zuflüsse nach Regionen                                          Beteiligungen der EU-27 im
                                                                             Tabelle 8:
        (in Mrd. USD)                                                        Rest der Welt (in Mrd. Euro)
                                                                                                                     2008            2009                2010           2011
8,000
                                                                             Afrika                                   29.2               37.3             40.4           38.9
7,000
                                                                             Südafrika                                54.9               72.2             75.6           79.5
6,000
                                                                             Südamerika                             207.0           229.3                314.4          352.9
5,000
                                                                             Asien                                  496.7           541.4                652.4          728.2
4,000
                                                                             Indien                                        18              27             34.8           46.4
3,000
                                                                             Ozeanien                                 84.9               91.8            127.3          134.2
2,000
                                                                             Steuerparadiese                        578.8           659.6                730.5          650.7
1,000
                                                                             Quelle: Eurostat 201324
   0
         2005        2006      2007      2008         2009      2010
             East Asia & Pacific                Europe and Central Asia
             Latin America & Caribbean          Middle East & North Africa
             South Asia                         Sub-Saharan Africa
        Quelle: ODI 2012:13

        portnotwendigkeiten auszuführen, als Zuflüsse zu Grafik 8: Nettokapitalflüsse in
        erhalten. Das ist einer der Gründe, warum Entwick- Entwicklungsländer (in Mrd. USD)
        lungsländer sich so sehr um ADI bemühen und bereit
        sind, entsprechende Kompromisse mit Investoren zu 350                                                                                                                         700

        machen. Grafik 8 versteht unter „Netto“ den Abzug 300                                                                                                                         600
                                                             250
        von Steuern und Gebühren für Kapitalzuflüsse in Ent- 200                                                                                                                      500

        wicklungsländer.25                                   150                                                                                                                      400
                                                                              100
                                                                                                                                                                                      300
                                                              50
        Die Zuflüsse in Entwicklungsländer nehmen im Kri-                                                                      200
                                                               0
        senjahr 2008 stark ab und erholen sich auch in den -50                                                                 100
        Folgejahren unter dem Eindruck der Eurokrise nur -100                                                                  0
                                                                     2006    2007    2008    2009 2010   2011e  2012f  2013f
        sehr langsam. Gleichzeitig nehmen auch die Netto-
        kapitaltransfers (2010 insgesamt 859 Mrd. USD)26, 27          Portfolio equity inflows      Bonds           Bank lending
        aus den Entwicklungsländern auf bis zu 900 Mrd.               Others                        FDI inflows

        USD zu, fallen wieder auf ca. 500 Mrd., nur um dann Quelle: ODI 2012:p37
        Ende 2011 wieder auf gut 800 Mrd. USD anzustei-
        gen. Sieht man diese Entwicklung aus der Perspek-
                                                             Grafik 9: Nettokapitaltransfer zwischen
        tive der Schäden, verursacht durch die Eurokrise,
                                                             Entwicklungsländern (in Mrd. USD)
        ergeben sich:
                                                                                          Billions of US Dollars
        •   ca. 100 Mrd. USD geringere ADI Zuflüsse von                        200.0

            2011 auf 2012 und Erreichung des Vorkrisen-                           0.0
            stands (2007) in 2013;
                                                                              -200.0
        •   keine ausgewiesenen Minderzuflüsse bei Anleihen
                                                                              -400.0
            und „anderen“ Zuflüssen;
                                                                              -600.0
        •   um 150 Mrd. USD verminderte Zuflüsse von
                                                                              -800.0
            Bankkrediten
                                                                             -1.000.0
        •   ca. 100 Mrd. USD weniger Portfolio-Zuflüsse auf
                                                                                        2000

                                                                                               2001

                                                                                                      2002

                                                                                                             2003

                                                                                                                    2004

                                                                                                                           2005

                                                                                                                                  2006

                                                                                                                                           2007

                                                                                                                                                  2008

                                                                                                                                                          2009

                                                                                                                                                                 2010

                                                                                                                                                                        2011

                                                                                                                                                                               2012

            die Finanzmärkte der Entwicklungsländer;
                                                                                               Developing countries                      Economies in transition
        •   sowie ca. 250 Mrd. USD mehr Nettokapitalabfluss                                    LDCs
            aus den Entwicklungsländern.
                                                                             Quelle: UN/ DESA: 2013 p. viii

        14 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Die Afrikanische Entwicklungsbank bestätigt einen         Banken. Im September 2005 standen ca. 1,5 Billionen
Verlust an ADI von ca. 23 Mrd. USD pro Jahr (gut          USD ausstehende Kredite an die Entwicklungsländer
40%) für Afrika von 2009 bis 2012. Ägypten, Libyen        in ihren Büchern. Bis 2011 hatte sich dieser Betrag
und Tunesien hatten bis dato 35% der in Afrika in-        mehr als verdoppelt auf 3,5 Billionen USD. Am
vestierten ADI absorbiert. Aufgrund ihrer Lage als        stärksten exponiert sind sie in Osteuropa, Asien und
europäische Nachbarstaaten sind sie den Folgen eines      dem Pazifik, viel weniger dagegen im Mittleren Osten
ADI-Rückgangs aus Europa besonders stark ausge-           und Afrika. Dennoch machen europäische Bankkre-
setzt. Als zusätzlicher Effekt kommt die politische In-   dite etwa 25% aller Ausleihen an den afrikanischen
stabilität infolge des arabischen Frühlings hinzu. Die    Privatsektor aus. Sie stellen über die Hälfte des Bank-
Entwicklungsbank zweifelte daran, dass China und          kapitals in Ländern wie Mosambik, Angola, Ghana,
andere Schwellenländer diesen Rückgang der ADI            Kamerun, Ruanda, Sambia und Tansania. Insbe-
abfedern können.28                                        sondere der Telekommunikationssektor ist stark
                                                          beliehen (ODI 2012:15).
Übertragung der Eurokrise durch europäische
Banken: Ein wichtiger Übertragungsweg der Kri-
se in die Entwicklungsländer sind die europäischen

                             Schadensmeldung 8
                                   Kapitalzuflüsse sinken

Im Falle einer stärkeren Beteiligung der europäi-         diese Entwicklungsländer einen höheren Anteil ihrer
schen Banken an der Finanzierung der europäischen         Importe aus den BRIC-Ländern als aus der EU, wobei
Staatsschulden werden die Institute ihre Niederlas-       der chinesische Anteil kontinuierlich zunimmt. Es
sungen verkaufen. Für diesen Fall sollten die Eigen-      hängen aber weiterhin 17 Niedrig- und Untere Mittel-
tumsveränderungen so gestaltet werden, dass sie die       einkommensländer mit 25% bis 95% vom Import
einheimischen Finanzsektoren nicht in Mitleiden-          oder Export in die EU ab (ODI, 2012:4/5).
schaft ziehen.
                                                          13 Länder aus dieser Gruppe haben seit 2005 konti-
Anfälligkeit für langsameres Wachstum in Chi- nuierlich wachsende Handelsbeziehungen mit China.
na: Besondere Sorge um die Konjunktur in den Ent- Die Statistiken zeigen keine Einschränkungen dieses
wicklungsländern bereitet ein mögliches Erlahmen          Handels nach der Finanzkrise. Auch seine ausländi-
der Nachfragekraft der aufstrebenden Ökonomien            schen Direktinvestitionen erweiterte China kontinu-
der BRICSAM-Länder (Brasilien, Russland, Indien,          ierlich in dieser Ländergruppe von 234 Mio. USD im
China, Südafrika, Argentinien und Mexiko). Chinas         Jahr 2005 auf 2,74 Mrd. USD in 2010, wobei lediglich
Wachstum fiel von 10,4% in 2010 auf 9,2% in 2011,         in 2008 eine kleinere Erhöhung als in den anderen
eine weitere Reduzierung für 2012 auf 8,2% ist vor-       Jahren stattfand. Daraus lässt sich schließen, dass
hergesagt, bevor 2013 eine leichte Erhöhung auf 8,8%      während der Krise sowohl der Handel als auch die
eintreten soll. Der Anteil der Exporte der Niedrig-       Direktinvestitionen Chinas für die Entwicklungslän-
und Unteren Mitteleinkommensländer nach China             der eine schockmindernde Wirkung entfalteten.
nimmt stetig zu, während er in die EU ebenso stetig
abnimmt. Bereits seit 2005 bzw. seit 2008 beziehen

                                                                                                              15
Schadensmeldung 9
                                 Leistungsbilanzverluste

Das langsamere BIP-Wachstum Chinas wird mit             Die Eurokrise hat in afrikanischen Ländern südlich
dem Nachlassen der Nachfrage nach chinesischen          der Sahara das Leistungsbilanzdefizit von 6% auf
Waren aus der EU erklärt. Von der Verlangsamung         über 10% getrieben (in Liberia und Tschad auf über
des Wachstums in China werden die chinesischen          30% bzw. 40%) in Ostasien und dem Pazifik von
Direktinvestitionen betroffen sein. Das würden dann     2% auf 4% und in Nordafrika auch zum Teil durch
Angola, die DR Kongo, Niger, Myanmar, Kambod-           den arabischen Frühling bedingt von +4% auf -6%.
scha und Laos zu spüren bekommen, weil sie 80%          13 afrikanische Niedrigeinkommensländer haben
der chinesischen Direktinvestitionen in Niedrigein-     2010 ein gegenüber 2007 stark gewachsenes Leis-
kommensländer auf sich vereinigen (ODI, 201229).        tungsbilanzdefizit, acht davon liegen über 10% (ODI,
                                                        2012:18).

Indikatoren der wirtschaftlichen                        Devisenreserven: Ihre Höhe wirkt sich stark auf
Widerstandsfähigkeit                                    den Wechselkurs eines Landes und seine Import-
                                                        kapazität aus. Der IWF empfiehlt den Entwick-
Um der Ansteckung durch eine wirtschaftliche Krise
                                                        lungsländern den Gegenwert der Rechnungen von
zu widerstehen, ist es gut, wenn ein Land über einen
                                                        mindestens zwei Monaten Importkosen an Devisen
guten Leistungsbilanzüberschuss verfügt, also
                                                        in Reserve („harte“ Währungen, Gold, IWF-Sonder-
mehr exportiert als es importiert und daher auch über
                                                        ziehungsrechte) zu halten. Die Zahlen legen den
ausreichend Devisenreserven verfügt. Eine gerin-
                                                        Schluss nahe, dass die Regierungen fast29 aller Niedrig-
ge Auslandsverschuldung ist ein weiterer wich-
                                                        einkommensländer die Politik der Erweiterung ihrer
tiger Indikator für Widerstandsfähigkeit ebenso wie
                                                        Devisenreserven sehr diszipliniert verfolgt haben,
ein komfortabler Haushaltsüberschuss, der Spiel-
                                                        denn diese wurden trotz der Krisen in fast allen Länder-
raum für wirtschaftpolitische Alternativen eröff-
                                                        gruppen und Regionen auf die Höhe der Kosten einer
net. Schaut man aus der Perspektive der durch die
                                                        vier- bis fünfmonatigen Importrechnung des jeweili-
Finanz- und Eurokrise angerichteten Schäden auf
                                                        gen Landes erweitert (ODI 2012:17-20). Das bedeutet,
diese vier Faktoren, so ergibt sich ein unterschied-
                                                        die Politik dieser Länder hat harte Nicht-Einfuhrent-
liches Bild. Generell erlebten die Niedrig- und Un-
                                                        scheidungen oder hohe Importzölle durchgesetzt
teren Mitteleinkommensländer ein stetiges und gu-
                                                        und ihre Devisenreserven für noch härtere Zeiten
tes Wachstum zwischen 2002 und 2007 und waren
                                                        angespart.
2008 daher in der Lage, Einbrüche abzufedern und
vom wieder einsetzenden, allerdings schwächeren
Wachstum 2009 und 2010 zu profitieren. Die Euro-
krise 2011 traf dann viele Länder in einer Situation
geschwächter Reserven.

Leistungsbilanzen: Die Leistungsbilanzen bilden-
den internationalen Handel unmittelbar ab (s. Grafik
3). Bei Entwicklungsländern ist nach Vorgaben des
IWF ein Leistungsbilanzdefizit von 3% als normal zu
betrachten, denn diese Länder werden zur Diversifi-
zierung ihrer Wirtschaft i.d.R. höhere Ein- als Aus-
fuhren haben.

16 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Schadensmeldung 10
                                         Zunahme der Verschuldung

      Über die Schäden, die im Rahmen der Aufstockung                 schaftswachstums oder eingebrochener Exporte keine
      von Devisenreserven durch die Nicht-Einfuhr von                 neuen Kredite aufgenommen, weil sie sonst in Gefahr
      Medikamenten, technischen Instrumenten, Öl und                  geraten wären, die von IWF und Weltbank eifrig be-
      Energie, nicht vorgenommene Krankenhaus- oder                   wachte Schuldentragfähigkeitsgrenze zu überschrei-
      Infrastrukturmodernisierungen etc. entstanden sind,             ten. Auch hier wird manche Investition in die Infra-
      liegen keine Daten vor. Legt man aber z.B. die Im-              struktur oder die Produktivität eines Landes unter-
      portrechnung eines Monats aus dem Jahr 2011 von                 blieben sein, weil in der Krise die Voraussetzungen
      allen mit der EU besonders verbundenen afrikani-                dafür fehlten.
      schen, karibischen und pazifischen Staaten in Höhe
      von 37 Mrd. USD oder die Monatsimportrechnung                   Haushaltsdefizite: Der IWF verlangt von seinen
      aller Niedrigeinkommensländer in Höhe von 17 Mrd.               Mitgliedern, ihre Haushalte so zu bewirtschaften,
      zugrunde, wird deutlich, welche Opfer diese Länder              dass sie nicht mehr als 2% Neuverschuldung p.a. auf-
      sich für die Erweiterung ihrer Devisenreserven auf-             weisen. 2006 erzielten die allermeisten Entwicklungs-
      erlegen mussten.30, 31                                          länder einen Haushaltsüberschuss, ein fast histori-
                                                                      sches Datum! Diese Situation verschlechterte sich in
      Auslandsschulden: Der IWF hält eine Obergrenze                  den Folgejahren für fast alle Entwicklungsländer-
      von 60% des BIP für eine tragfähige Schuldenhöhe.               gruppen. Haushaltsüberschüsse konnten einzig von
      Fünf Niedrig- und elf Untere Mitteleinkommens-                  den kleinen Inselstaaten (12%, 2007 und 2008) sowie
      länder lagen 2010 z.T. erheblich über dieser Grenze.            von den am wenigsten entwickelten Staaten (zwi-
      Zehn davon sind erst nach 2007 in diese Situation               schen 8% und 6%, 2007 und 2008) erwirtschaftet
      geraten. Zuvor hatten sie z.T. signifikant niedrigere           werden. Die Haushalte der Niedrigeinkommenslän-
      Schuldenstände.                                                 der und der vom Rohstoffexport abhängigen Länder
                                                                      schlossen 2009 mit Defiziten von über 4% ab. Ab
      Bei den Komoren, Guyana, Armenien, Mauretanien,                 2010 gelten unterschiedlich starke Verschlechterun-
      Nicaragua, Moldau und der Ukraine ist es offensicht-            gen je nach Datenbasis (IWF oder Weltbank) für alle
      lich, dass sie sich auch aufgrund der Rezession in der          Entwicklungsländer (außer den ostasiatischen Staa-
      EU zu höherer Neuverschuldung gezwungen sahen.                  ten und den Ländern im Pazifik (ODI 2012:23), also
      Viele Länder haben trotz des ausbleibenden Wirt-                insgesamt einer Gruppe von ca. 90 Ländern. Diese

      Grafik 10: Auslandsschulden ausgewählter Länder 2007 – 2010 (in                               % vom BIP)
                   LICs                                                                LMICs

                                                                        Sao/Principe
 Guinea-Bissau                                                              Ukraine
      Comoros                                                              Moldova
                                                                            Georgia
Kyrgyz Republic
                                                                           Lao PDR
     Zimbabwe                                                                 Belize
        Guinea                                                            Nicaragua
                                                                         Mauritania
       Gambia
                                                                           Armenia
          Togo                                                          New Guinea
      Tajikistan                                                             Guyana
                                                                             Bhutan
                   0      20   40   60   80   100   120   140   160
      Quelle: ODI 2012, WDR 2011                                                       0       20   40   60    80    100        120

                                                                                                                           17
Tabelle 9: Zunahme der Staatsdefizite
Region/Land                                                                      2007      2008    2009    2010    2011    2012    2013

Alle Schwellen- und                    Staatseinkommen in % des BIP               28.6      29.4    26.2    27.1    28.3    28.3    27.9
Entwicklungsländer
Alle Schwellen- und                    Staatsausgaben in % des BIP                27.4      28.6    30.3    29.7    29.5    29.7    29.3
Entwicklungsländer
Afrika Südlich der Sahara              Staatseinkommen in % des BIP               27.7      29.5    24.2    25.3    28.3    27.3    27.2

Afrika südlich der Sahara              Staatsausgaben in % des BIP                26.5      28.7    29.6    29.0    29.8    29.6    28.4

Elfenbeinküste                                                   -1                  0      -0,2     0,9    -1,5
Marokko                                                         0,6                2,5        2       1     -2,5
Guyana
Nigeria                                                        -0,8               -2,1      -1,6
Madagaskar                                                     -0,4               -2,6      -1,9
Kap Verden                                                     -1,9                2,1       2,4    -3,6
Ukraine                                                          -1               -0,9      -1,4    -5,6    -6,5    -2,2
Moldau                                                          0,2               -0,3      -0,4    -5,9    -2,5   - 2,5
Kambodscha                                                     -1,7               -0,8      -0,3    -2,3    -3,7    -4,2
Sri Lanka                                                      -6,9               -6,5      -6,5    -8,9    -7,2    -6,4
* Eigene Berechnungen, Quellen: WB, World Development Indicators32, CIA World Factbook33

breite Verschlechterung der Haushalte erklärt sich Entwicklungsländer ca. fünf Billionen USD Wirt-
einzig aus dem Auftreten der Finanz- und später der schaftsleistung erwirtschaften, bedeutet jedes Pro-
Eurokrise.                                            zent Mindereinnahmen in Höhe von 50 Mrd. USD
                                                      für das Staatseinkommen. Tabelle 9 zeigt die Höhe
Fehlende Haushaltsmittel schlagen sofort auf Sozial- der Haushaltsdefizite einiger Länder, die vom Ein-
und Entwicklungsmaßnahmen und auf die Umwelt- bruch des Handels mit der EU besonders betroffen
politik eines Landes durch. Wie aus Tabelle 8 ersich- sind (s. Tab. 2). Die drastischsten Haushaltsdefizite
tlich, nehmen die Defizite 2011 in Prozent des BIP mussten Sri Lanka, die Ukraine und Kambodscha
zu, allerdings nicht mehr so stark wie direkt nach hinnehmen.
der Finanzkrise 2008. Geht man davon aus, dass 100

                                       Schadensmeldung 11
                                    Einbruch der Entwicklungshilfe

Zusätzlich zu den beschriebenen Einschränkungen                               moderater ausfielen und das 0,7%-Ziel nicht erreicht
und Schäden reduziert die Eurokrise die Fähigkeit                             hätten. Für 2012 und 2013 war jeweils ein Soll von
vieler Geberländer, ihre Ziele zur Mobilisierung von                          plus 5,9% und plus 0,9% geplant. Der Entwicklungs-
Entwicklungshilfe zu verwirklichen. In Deutschland                            etat musste 2012 aber erstmals eine Reduzierung der
haben verschiedene Bundesregierungen lange Zeit am                            ursprünglichen Etatansätze um 85 Mio. Euro und für
sog. ODA-Stufenplan festgehalten, um bis 2015 über                            2013 um 124 Mio. Euro hinnehmen.34 Von 2010 bis
schrittweise Erhöhungen 0,7% des BNE für die Ent-                             2013 ist der Haushalt des BMZ um insgesamt 7,4%
wicklungszusammenarbeit aufzubringen. Und wirk-                               gestiegen, in den vier Jahren davor allerdings um
lich sind bis 2011 Aufwüchse des BMZ- Etats (s. Gra-                          38,8%. 2014 soll der Etat um 400 Mio. Euro sinken
fik 11) zu verzeichnen, auch wenn sie zunehmend                               und auf diesem Niveau bis 2016 verharren.35

18 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
Grafik 11:           Trends in der Entwicklungshilfe                         Tabelle 10: Netto-Entwicklungshilfe
                                                                                              1995-2011 (Mrd. USD)
                 Zuwachsraten des BMZ-Etats (2003 - 2013)
                 Veränderung des BMZ-Haushalts (Einzelplan 23)
                 gegenüber dem Vorjahr (in Prozent)

                  2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013                                                             1995 - 2000 - 2007 2008 2009 2010 2011
                                                               Soll Plan                                                              1996 2001
                                                                                              Deutschland                                7,5     5,0     12,3    13,9     12,1    12,9       14,1

                                                                                              Alle €-Länder                            24,6     17,9     44,7    51,9     48,5    49,2       49,7
Vorjahreslevel

                                                                                              EU-Geber-                                31,4     25,8     61,5    70,9     67,2    69,6       72,0
                  -0,1   -0,4   4,9    5,2   17,1   7,8   9,9   4,2   0,9   5,9   0,6         länder
                                                                                              Total DAC                                 57,4    53,3 104,2 121,9 119,7 128,4 134,0

                 Quelle: TDH/DWHH 2012                                                           Quelle: OECD/DAC

                 Bei den Euro- und den EU-Ländern bilden die Zah-                             Entwicklungsländerebene zur Verfügung stehen sol-
                 len (s. Tab. 10) den Einschnitt durch die Krise ab 2008                      len, auch Country Programmable Aid (CPA) genannt.
                 deutlich ab, der außer in 2009 von anderen Geber-                            Nach Meinung des Entwicklungskomitees haben
                 ländern 2010/2011 wieder aufgefangen wurde.                                  sich die CPA-Daten als belastungsfähiges Instrument
                                                                                              der Vorhersage erwiesen. Der ehemalige Chef des
                 Prognose der Entwicklung der ODA: Das Ent-                                   Entwicklungskomitees der OECD, Brian Atwood,
                 wicklungskomitee der OECD versucht die Vorher-                               zeigte Mitte 2012, dass bereits 2011 um 2,4% oder 2,3
                 sagbarkeit von Entwicklungshilfe zu verbessern. Zu                           Mrd. USD weniger verfügbare Mittel als geplant auf
                 diesem Zweck sammelt es Planungsdaten der Geber                              der Länderebene zur Verfügung gestanden hatten.
                 von offizieller Entwicklungshilfe. Es konzentriert sich                      Er fürchtete, die CPA werden ab 2013 stagnieren.38
                 dabei auf die Listung der geplanten Mittel, die auf                          Grafik 12 zeigt, dass die Zuwächse bei den CPA bis
                                                                                              2012 drastisch zurückgehen und sich 2014 und 2015
                                                                                              bei knapp über Null einpendeln. Da die CPA ca. 56%
                 Hoffnung auf mehr ODA – Innovative Finan-
                 zierungsmöglichkeiten Seit mehr als einem Jahr-
                 zehnt setzen verschiedene Bundesregierungen ihre
                 Hoffnung auf innovative Finanzierungsmechanis-
                                                                                              Grafik 12: CPA Höhe und
                 men, u.a. auf Emissionszertifikate, um zusätzliche
                 Mittel für die ODA bereitzustellen. Der Verkauf
                                                                                              Veränderung 2005 -15
                 von Emissionszertifikaten hat die Hoffnungen bis-                                                     120                                                                  25%
                 her nicht erfüllt, die Preise für die Zertifikate liegen
                                                                                        Total CPA (2011 USD billion)

                                                                                                                                                                                            20%
                                                                                                                       100
                 z.Z bei ca. 4 Euro.36 Netzwerke der deutschen Zivil-
                                                                                                                                                                                                    Percent change from

                                                                                                                                                                                            15%
                 gesellschaft fordern, die Hälfte des Aufkommens                                                        80
                                                                                                                                                                                                       previous year

                                                                                                                                                                                            10%
                 aus den Emissionszertifikaten der Anpassung an                                                         60                                                                  5%
                 die Klimaveränderungen und der Entwicklung er-
                                                                                                                        40                                                                  0%
                 neuerbarer Energien zuzuführen, gegenwärtig sind
                                                                                                                                                                                            -5%
                 es nur 18,3%. Die Aufkommensvorhersagen stim-                                                          20
                 men nicht optimistisch. Der Energie- und Klima-                                                         0
                                                                                                                                                                                            -10%

                 fonds (EKF) hat zu viele Aufgaben und zu wenig                                                          2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2012 2013 2014 2015
                                                                                                                                                                                            -15%

                 Aufkommen, daher ist nicht mit ins Gewicht fal-
                                                                                                                                Total CPA (left axis)                   DAC countries (right axis)
                 lenden Beiträgen für die Entwicklung und Armuts-                                                                                                       All donors (right axis)
                                                                                                                                Mulitlateral agencies
                 bekämpfung zu rechen. Seit 2006 sind aus dem                                                                   (incl. EU; right axis)U
                 Vermögen 475 Mio. Euro freigegeben worden.37
                                                                                              Quelle: OECD/DAC

                                                                                                                                                                                              19
Tabelle 11: Die Geber im Vergleich, Anteil ihre ODA am BNE
BNE
1,1
      1,02
1,0          1,00 0,99

0,9
                         0,86

0,8
                                0,75
0,7

0,6
                                       0,56
                                              0,53 0,52 0,52
0,5
                                                               0,46 0,46
0,4                                                                        0,40
                                                                                  0,35
                                                                                         0,31 0,31
0,3                                                                                                  0,29 0,29 0,28
                                                                                                                    0,27

0,2                                                                                                                        0,20 0,19 0,18

                                                                                                                                            0,12 0,11
0,1

 0
       or n
       xe en
       än g
Gr iede ark

        ita e

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       an d

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DA K ien

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                   h
                SA

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                  n
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              lan

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               lie
                                                                                                                                                        Quelle: OECD/DAC

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           Ita
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            nl
            es
           kr

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          nn

            h
          m
         hw
     Sc

    eu

der Gesamt-ODA ausmachen, ist von einer Stagnati- 2020 um insgesamt 6,3 Mrd. Euro, also 900 Mio.
on bei den OECD-Gebern auszugehen.39 Das ist eine Euro pro Jahr zurückzuführen. Die Finanz- und die
beunruhigende Entwicklung für die Armen dieser    Eurokrise haben diese Trendumkehr ausgelöst. Glo-
Welt, denn sie weist auf eine Trendumkehr hin.    bal wird die Entwicklungshilfe ab 2013 stagnieren.
                                                  Damit wird erheblicher finanzieller Schaden für das
Mitte Januar 2013 beschloss der Europäische Rat globale öffentliche Gut der Entwicklung angerichtet.
die Entwicklungshilfe im EU-Haushalt von 2014 bis

                                                                                         Fazit
Der Befund ist eindeutig: Die Krise der EU und der                                                   Da ein Ende der Krise in der EU und der Eurozone
Eurozone hat beträchtliche negative Auswirkungen                                                     nicht absehbar ist, werden die negativen Krisenfol-
auf die Entwicklungsländer. Zwar konnte infolge des                                                  gen für die Entwicklungsländer anhalten. Deshalb ist
Rohstoffbooms und der damit verbundenen hohen                                                        die Verwendung der Einnahmen der Finanztrans-
Wachstumsraten vor 2008 der Schock der Finanz-                                                       aktionssteuer auch für Umwelt und Entwicklung im
krise etwas abgemildert werden. Als dann aber die                                                    Sinne des Verursacherprinzips eine Verpflichtung für
Krise in der Eurozone 2010 ausbrach, traf sie auf eine                                               Europa. Die Übernahme von Verantwortung für die
bereits geschwächte Widerstandsfähigkeit der Volks-                                                  Auswirkungen der europäischen Krise auf Dritte sind
wirtschaften des Südens. Auch wenn es zunehmend                                                      zudem kein Akt der Uneigennützigkeit, sondern fai-
Verlagerungstendenzen gibt und die Wirtschaftsbe-                                                    re Beziehungen zu den Entwicklungsländern liegen
ziehungen zwischen den Entwicklungsländern und                                                       auch im langfristigen Interesse der EU selbst.
den BRICs-Staaten – und hier vor allem mit China
– auf Kosten der Beziehungen mit der EU zunehmen,
ist dies ein schmerzhafter Anpassungsprozess für die
Entwicklungsländer.

20 Schadensmeldungen | Steuer gegen Armut
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